Sophia-Maria Elender Lavinia A. Wagner
KLEINSTADTREPARATUR Konzept
Inhalte
Kontext & Impressionen Die Lage 10 Eine Stadtführung in Bildern
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Nutzungen am Stadtplatz 40 Leerstand am Stadtplatz
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Der Charakter der Stadt - Eine Suche
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Urbane und rurale Qualitäten
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Vision & Strategie
Platzzonierung 64 Nutzungsergänzungen 68 Stadtbad und Hotel Post
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Strategie 74 Synergien 76
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Im Rahmen unserer Masterarbeit haben wir uns zunächst mit der Frage beschäftigt, worin für uns die Qualitäten der Stadt Tittmoning liegen. Im Folgenden wollen wir einen kleinen Einblick in unsere Überlegungen geben. In Form von Fotografien, Karten und Skizzen haben wir diese Gedanken dokumentiert, um uns in der Ausarbeitung der darauf folgenden Bearbeitung eines einzelnen Gebäudes beziehen zu können.
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KONTEXT & IMPRESSIONEN
Region & Stadt
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MÜNCHEN
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BURGHAUSEN
~20 KM
TITTMONING
LAUFEN
TRAUNSTEIN
SALZBURG
Abb. 1.1: Luftbild, Google Maps
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Die Lage
Die Kleinstadt Tittmoning liegt im Südosten Oberbayerns, an der Landkreisgrenze Traunstein-Berchtesgadener Land. Sie liegt direkt an der Salzach, dem Grenzefluss zu Österreich. Die Stadt wurde auf einem Hochplateau der Salzachebene errichtet. Sie ist eingebettet in eine Landschaft aus Hügeln, Feldern, der Salzachau und den zur Stadt gehörenden Dörfern. Bei schönem Wetter reicht der Blick bis in die Alpen. Im Umkreis von 25 km liegen die Städte Traunstein, Trostberg, Laufen und Burghausen, die das lokale Angebot der Kleinstadt ergänzen. Mit einer Distanz von 40km nach Salzburg und 120 km nach München liegt ein breites kulturelles und wirtschaftliches Angebot in der Nähe. Tittmoning ist damit trotz seiner ländlichen Umgebung und seines kleinstädtischen Charmes keineswegs schlecht gelegen. Im näheren Umfeld sind zwei Badeseen und zahlreiche Naherholungsgebiete in Fahrrd-Distanz erreichbar. DerChiemsee, das Salzkammergut und die Salzburger Alpen sind eine Stunde Autofahrt entfernt.
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Eine Stadtführung in Bildern
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Abb. 2.1: Luftbild 1:5.000: Bayernatlas
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Vervielfältigu
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ung nur mit Erlaubnis des Herausgebers
0: Die Burg und der Blick von der Burg ins Salzachtal 1: Im „Ponlachtal“ auf dem Weg zur Burg 2: Der Mühlbach fließt durch die Gebäude, die die Wasserkraft früher nutzten 3: Stufen in Richtung Burgberg 4: Der Mühlbach fließt teils verdeckt durch die Gassen und über den Stadtplatz 5: Der Stadtplatz 6: Blick durch die Lutzengasse in Richtung Stadtplatz 7: Gärten hinter der Stadtmauer 8: Biotop und Bachlauf in der Wasservorstadt 9: Der Siechenbach 10: Plätte am Salzachufer
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Nutzungen am Stadtplatz
Mit diversen Einzelhandels- und Dienstleistungsbetrieben, sowie zahlreichen Gastronomiebetrieben weist der Tittmoninger Stadtplatz eine beachtliche Nutzungsvielfalt auf. Ärzte (Zahnarzt und Gemeinschaftspraxis), viele kulinarische Angebote, eine Apotheke, ein Getränkemarkt, ein Fachhandel für Haushaltswaren, eine Metzgerei, ein Bioladen und der Spezialitätenladen „Wein und Kas“ gehören zum Dienstleistungs-, Erlebnis- und Konsumangebot des Stadtplatzes. Da ein Großteil der Bausubstanz unter Denkmalschutz steht und kleine Flächenzuschnitte besitzt, ergeben sich insgesamt schwierige Rahmenbedingungen für die Gebäudenutzung. Vor diesem Hintergrund weist die historische Altstadt Tittmonings ein sehr gut ausgestattetes Nutzungsspektrum auf. Bewährt haben sich am Tittmoninger Stadtplatz vor allem Nischenangebote, die über den normalen Einzelhandel hinausgehen und dem Besucher oder Konsumenten ein besonderes Erlebnis bieten. Auf dem Platz selbst finden zusätzlich noch Wochenmärkte statt. Der Tittmoninger Stadtplatz lebt von den im Erdgeschoss angesiedelten Betrieben, Läden und Nutzungen. Sie greifen auf den Stadtplatz hinaus und schaffen eine Aktivität und Lebendigkeit, die diesem zum Zwecke von Handel, Märkten und öffentlichem Leben geschaffenen Platz gerecht wird. Abb. 3.1: Nutzungskartierung am Tittmoninger Stadtplatz
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01 Rathaus, Touristeninformation 02 Augenoptikgeschäft, Aktion Regenbogen 03 Bioladen 04 Bekleidungsgeschäft, Versandservice 05 Fahrschule 06 Zahnarzt 07 Fliesenleger 07 Café „Robert Schemmerer“, Werbeagentur 08 Kunstgalerie „La GAart“, Webdesigner 09 Bistro „Merlin“ 10 Restaurant „No Problem“ 11 Versicherungsagentur Allianz 12 Apotheke 13 Versicherungsmakler 14 Juweliergeschäft 15 Schönheitssalon, Fahrradladen 16 Sehenswürdigkeit Stadtturm 17 Lebensmittelhändler „Kas und Wein 18 Praxis für ganzheitliche Thereapie 19 VR Bank 20 Klosterkirche Allerheiligen 21 Grundschule 22 Bestatter 23 Friseursalon 24 Tattoostudio 25 Bäckerei „Bichler“, Fotostudio 26 Griechisches Restaurant „Poseidon“ 27 Friseursalon 27.1 Blumenladen 28 Fitnessstudio 29 Sparkasse 29.1 Planungsbüro Blüml 30 Haushaltswaren 30.1 Ärztehaus / Gemeinschaftspraxis, Infrastruktur | Verwaltung Physiotherapeut Gesundheitsversorgung 31 Second-Hand-Computer 32 Fotograf Nahversorgung | Einzelhandel 33 Metzgerei Dienstleistung | Büro 34 Lottoannahmestelle, Schreibwaren 35 Restaurant „Florianistube“ Gastronomie 36 Bäckerei „Manfred Geigl“ Sehenswürdigkeit 37 Eiscafé „San Marco“ Treffpunkt 37. 1 Augenoptiker 38 Pfarrkirche St. Laurentius 39 Friseursalon 40 Änderungsscheiderei 41 Sehenswürdigkeit Westturm 01 Rathaus, Touristeninformation 42 Evangelische Freikirche, 02 Augenoptikgeschäft, Aktion Regenbogen 03 Bioladen Heilpraktiker 04 Bekleidungsgeschäft, Versandservice 43 Musikgeschäft, Friseursalon, Arzt, 05 Fahrschule Tattostudio 06 Zahnarzt 44 Immobilienmakler, Fotograf 07 Fliesenleger 07 Café „Robert Schemmerer“, Werbeagentur 45 Verlag 08 Kunstgalerie „La GAart“, Webdesigner 46 IT-Support 09 Bistro „Merlin“ 47 Jugendtreff 10 Restaurant „No Problem“ 48 Pizzeria „Zum Tor“, Versandservice 11 Versicherungsagentur Allianz 49 Getränkemarkt, Heilpraktiker 12 Apotheke 13 Versicherungsmakler 50 Buswartehäuschen 14 Juweliergeschäft 51 Pflegeheim 15 Schönheitssalon, Fahrradladen
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Infrastruktur | Verwaltung Gesundheitsversorgung Nahversorgung | Einzelhandel Dienstleistung | Büro Gastronomie21
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Sehenswürdigkeit Stadtturm Lebensmittelhändler „Kas und Wein Praxis für ganzheitliche Thereapie (Heilpraktiker) VR Bank Klosterkirche Allerheiligen Grundschule Bestatter Friseursalon Tattoostudio Bäckerei „Bichler“, Fotostudio Griechisches Restaurant „Poseidon“ Friseursalon Blumenladen Fitnessstudio Sparkasse Planungsbüro Blüml Haushaltswaren Ärztehaus / Gemeinschaftspraxis, Physiotherapeut Second-Hand-Computer Fotograf Metzgerei Lottoannahmestelle, Schreibwaren Restaurant „Florianistube“ Bäckerei „Manfred Geigl“ Eiscafé „San Marco“ Augenoptiker Pfarrkirche St. Laurentius Friseursalon Änderungsscheiderei Sehenswürdigkeit Westturm Evangelische Freikirche, Heilpraktiker Musikgeschäft, Friseursalon, Arzt, Tattostudio Immobilienmakler, Fotograf Verlag IT-Support Jugendtreff Pizzeria „Zum Tor“, Versandservice Getränkemarkt, Heilpraktiker Buswartehäuschen Pflegeheim
Sehenswürdigkeit Treffpunkt
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Rathaus, Touristeninformation Augenoptikgeschäft, Aktion Regenbogen Bioladen Bekleidungsgeschäft, Versandservice Fahrschule Zahnarzt Fliesenleger Café „Robert Schemmerer“, Werbeagentur Kunstgalerie „La GAart“, Webdesigner Bistro „Merlin“ Restaurant „No Problem“ Versicherungsagentur Allianz Apotheke
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Leerstand am Stadtplatz
Leerstände, aber auch fremdgenutzte Ladenlokale beeinträchtigen die Funktionsvielfalt und das Erscheinungsbild der Stadt. Besonders im südlichen Bereich des Stadtplatzes finden sich zahlreiche Leerstände. Die Gebäude- und Immobilienstruktur ist das größte Problem des Stadtplatzes. Die kleinen Flächen lassen zum Beispiel keine großflächigen Lebensmittelmärkte zu, wie sie aufgrund der Anforderungen des heutigen Konsumenten und des Sortimentumfangs gewünscht sind. So entwickelte sich neben dem Stadtplatz an der Laufener Straße ein zusätzlicher Nahversorgungsstandort. Dies führte in der Vergangenheit bereits zum Abzug weiterer Versorgungsorgane vom Stadtplatz und resultierte auch im Rückzug des Einzelhandels aus der Altstadt. Erkennbar ist dies auch an den Folgenutzungen, die sich in manchen Ladenlokalen etablierten.
Abb. 4.1: Leerstand am Stadtplatz
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Die Leerstände zeigen unterschiedliche Ausprägungen. Teilweise findet sich keine Neunutzung für das Ladenlokal im Erdgeschoss, teilweise scheint die Ausstattung und der Flächenzuschnitt der Obergeschosse den Wohnbedürfnissen nicht mehr gerecht zu werden und teilweise stehen sogar ganze Gebäude leer. Bei Teilleerständen der Erdgeschoss-Zone handelt es sich vor allem um Fluktuationsleerstände, die grundsätzlich, soweit die Räumlichkeiten den Anforderungen neuer Nutzungen entsprechen, gut weitervermietet werden könnten. Besorgniserregend sind beobachtbare Dauerleerstände. Hinzu kommen Leerstände von Gebäuden, die so stark sanierungsbedürftig sind, dass sie in ihrem aktuel-
Leerstand Ergeschoss Leerstand Obergeschoss Leerstand Erd- und Obergeschosse
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len Zustand nicht vermietet oder überhaupt nicht mehr genutzt werden können.1 Dazu gehören das alte Postgebäude, das Gebäude des Gasthofs Geiselbrechtinger und der Münchner Hof. Alle drei Immobilien zeichnen sich insbesondere durch ihre Größe und Fläche aus, die eine umfassende Neunutzung des ganzen Gebäudes ermöglicht und erfordert. Dafür muss Vorarbeit geleistet werden. Die drängende Frage nach dem Nutzungsbedarf und einer sinnvollen und wünschenswerten Nutzung der Gebäude auf dem Stadtplatz muss gewissenhaft erörtert und entschieden werden.
Heinritz, Salm & Stegen: Leerstandsstudie. 2013, S.13ff. 1
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Sinnvoll wäre ein zentral von der Stadt verwaltetes und gesteuertes Leerstands- und Nutzungsmanagement, das etwaigen Leerstand sorgsam erfasst und kartiert, vorhandene Mängel aufnimmt, den Zustand und vorgeschlagene Neunutzungen bewertet oder die Besitzer*innen der leerstehenden Gebäude aktiv bei der Findung angemessener Nutzungsmöglichkeiten unterstützt. Veranstaltungen zum Thema Leerstand und zum Umgang mit diesem, aber auch Finanzierungsanreize können zu einer allgemeinen Auseinandersetzung mit der schwierigen Situation und zur Ideenfindung beitragen. Die Frage nach der Art der Nutzung (Hotel, Gastronomie, usw.) muss in der Diskussion wichtig bleiben. Was braucht die Stadt Tittmoning? Irrelevante und redundante Nutzungen fördern nur wiederkehrenden Leerstand. In Form von Bürgerbeteiligungsprozessen kann der Bedarf abgewogen werden. Auch das miet- oder kostenfreie Testen von möglichen Neunutzungen kann dabei helfen zu bewerten, ob eine Idee in der Realität Anklang findet. Die vergangenen Jahre haben gezeigt: Bei der Revitalisierung und Neuvermietung von Gewerbeflächen muss vor allem auf einen spezialisierten Einzelhandel und Nischenangebote gesetzt werden, da diese Angebote am meisten Anklang am Stadtplatz finden.
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Abb. 4.2-4.12: Leerstand am Stadtplatz
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VISION & STRATEGIE Qualitäten erlebbar machen
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Der Charakter der Stadt - Eine Suche Spaziergang durch den Querschnitt Tittmonings
Wer mit dem Auto oder Bus durch Tittmoning fährt ist beeindruckt von dem langgestreckten repräsentativen Stadtplatz, gefasst von den Gebäuden im Inn-SalzachStil mit ihren Vorschussmauern. Durchreisende Niederländer*innen auf dem Weg in die österreichischen Alpen halten kurz um in der Metzgerei eine Leberkässemmel zu kaufen oder im Stadtcafé eine Kaffee zu trinken. Was einem bei der Durchreise verborgen bleibt ist, dass die Qualität Tittmonings nicht allein auf seinen Stadtplatz zu begrenzen ist. Vielmehr bietet die Stadt in ihrem Querschnitt ein vielseitiges Raumerlebnis, das einen innerhalb weniger Meter von der mittelalterlichen Burg, an Gärten und rauschenden Bächen vorbei in schmale steinerne Gassen führt. Wer den Stadtplatz quert, taucht dort kurz in den Trubel ein. Einkaufende Passanten, der Verkehr der Bundesstraße, wartende Busse, in den Gastgärten sitzende Familien und freitags der Bauernmarkt. Auf der Ostseite des Platzes verschwindet man wieder in einer Gasse, im Schatten hochaufragender Steingebäude, bevor die Stadt plötzlich an der durchbrochenen Stadtmauer endet und in einen von Gärten gerahmten Weg mündet. Hier befindet sich die Kante des Hochplateaus auf dem die Stadt liegt. Wer dem Weg bergab folgt, gelangt an die Ausläufer der Salzachau. Hier hört man den Verkehr nur noch in der Ferne, dominierend ist das Vogelgezwischer. Wer jetzt noch über den Damm klettert und den Urwald der Salzachau durchquert, gelangt an das Salzachufer. Auf der gegenüberliegenden Seite liegt schon Österreich. In diesem, der Topographie des Ortes folgende Spazier-
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gang, liegt in unseren Augen eine wichtige räumliche Qualität der Stadt. Diesen Querschnitt mit seinen verschiedenen Sequenzen würden wir in unserem Konzept gerne erfahrbar machen - für Tittmoninger*innen und Besucher*innen.
Mühlenweg +
Wir greifen in unserem Konzept den in der Vergangenheit bereits angedachten Mühlenweg auf und erweitern ihn. Der Bach, dem der Weg folgt, ist eng mit der Entwicklung der Stadt verknüpft. Zahlreiche Mühlen entlang des Gewässern nutzten seine Energie. Gleichzeitig liegt in diesem Querschnitt der Stadt auch der Grund für ihre Existenz. Die Burg auf der Kuppe bot einen guten Überblick, die Stadt war auf dem darunterliegenden Plateau vor Hochwasser geschützt und trotzdem direkt am Fluss - der Verkehrsader - gelegen, die den Ort erst zu einem Handelknotenpunkt machte. Der Mühlenweg+ wird untersützt von verschiedenen Punkten und Aktivitäten, die die Menschen an die Orte abseits des Stadtplatzes locken. Angefangen auf der Burg mit dem wiederbelebten Café, am Bach und den Gebäuden mit den sichtbaren Mühlrädern vorbei, gelangt man zur Postgasse mit dem traditionsreichen Hotel Post und seiner Bar - dem Anknüpfungspunkt für Besucher*innen. Im gegenüberlegenen Badehaus können Tittmoninger*innen und Gäste in den verschiedenen Becken die Seele baumeln lassen. Für das morgendliche Schwimmen im Sommer, gibt es zwischen Stadt und Salzachau, den vom Stadtbach gespeisten Schwimmteich. Direkt nebenan finden sich die Stadtgärten, wo die Kleinstadtbewohner*innen ihr eigenes Gemüse kultivieren können. An dem vormals vernachlässigten
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Startpunkt in die Salzachau gibt es im Sommer eine kleine temporäre Bar, an der auch Kanus gemietet werden können, um die verzweigten Arme der renaturierten Salzach zu erkunden.
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Verkehr
Wer der Frage nachgeht, wie das Konzept Kleinstadt flexibel, urban und zukunftsfähig sein kann, kommt am Thema Verkehr nicht vorbei. Um in Zukunft auch die Fortbewegung ohne Auto möglich zu machen, wäre eine verbesserte Anbindung an den Bahnhof Wiesmühl wichtig. So könnte in Zukunft das Pendeln nach Salzburg oder München und die Anreise von Gästen ohne eigenen PKW funktionieren. Auch eine bessere Verknüpfung mit Laufen und Burghausen kann in Zukunft ältere und junge Menschen ohne Führerschein oder eigenen PKW unabhängiger machen und hoffentlich auch die ein oder andere Kleinstadtbewohner*in von der Anschaffung eines eigenen PKWs abhalten. Der Stadtplatz sollte in Zukunft wieder mehr sein können, als ein rieser Parkplatz. Auch eine Verknüpfung von ÖPNV und Sharingangeboten für Elektroautos und Bikes kann denn Umstieg erleichtern. Der positive Nebeneffekt wäre, dass Wochenendurlauber*innen aus München ohne eigenen PKW anreisen und sich je nach Bedarf ein Fahrrad für eine Tour zum See oder ein Auto für den Trip in die Alpen mieten können. Um das PKW-Aufkommen in der Stadt zu verringern, ist es wichtig, „fußläufige“ Entfernungen auf attraktiven Wegen zu den täglichen Besorgungen zu gewährleisten. So kann eine neue Radweg-Verbindung vom Stadtzentrum zum Supermarkt und den vorgelagerten Wohngebieten das Auto überflüssig machen. 10 Minuten an der stark befahrenen Bundesstraße entlangzuspazieren fördert die Motivation auf das Auto zu verzichten nicht.
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BADEHAUS
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MÜHLENWEG BADEHAUS
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BAR & HOTEL
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RENATURIERTE SALZACH
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Burghausen 19 km
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Radweg Salzachau Radweg Salzachau0,5 km Österreich Österreich 0,5 km 19 km Burghausen Burghausen 19 km
ÖPNV ÖPNVANBINDUNG ANBINDUNG
Radweg Salzachau Radweg Salzachau Laufen 19km Laufen 19km
Legende Legende Fußweg Fußweg Radweg Radweg Busverbindung B20 Busverbindung B20
Abb. 5.1 (S.54): Die Aktivitätspunkte am Mühlenweg+ Abb .5.2 (S.56): Querschnitt durch die Stadttopographie Abb. 5.3: Durchwegungskonzept
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Laufen 17km, Salzburg 40 km LaufenBergtouren 17km, Salzburg 40 km ca. 60 km + Schigebiete
Urbane und rurale Qualitäten
Die Attraktivität der Kleinstadt liegt in der Überschneidung zwischen urbanen und ruralen Qualitäten. Im Stadtgebiet der Kleinstadt lässt sich alles zu Fuß erledigen, ein lebendiger öffentlicher Raum ist der zentrale Treffpunkt und Kommunikationsort. Verschiedene gastronomische und kulturelle Angebote bereichern das Freizeitangebot - zum Teil am Ort selbst, zum Teil können diese Bedürfnisse im nahegelegenen Salzburg erfüllt werden. Gleichzeitg ist man in nur wenige Fahrradminuten im Grünen oder am See. Die Kontakte sind direkter und es gibt mehr Mitgestaltungsmöglichkeiten als in der Großstadt. Niedrigere Mieten ermöglichen es, ein eigenes Arbeitszimmer zu haben oder eine Ladenfläche anzumieten um das neue Geschäftskonzept zu testen oder das langerträumte Atelier einzurichten. Um eine Kleinstadt lebensfähig und lebenswert zu erhalten, stehen Lebendigkeit und Attraktivität des Zentrums, sowie die Bewahrung ihrer städtischen Qualtiäten im Fokus. Um den Stadtplatz nicht zu einer Kulisse verkommen zu lassen, ist dessen Rolle im täglichen Leben der Bewohner*innen wichtig. Um Leerstand in Erdgeschoßzonen entgegenzuwirken, muss das Angebot so interessant sein, dass es eine interessante Alternative zum online Shopping bietet. Gastronomie und Läden, die die Bedürfnisse des täglichen Bedarfs decken, werden ergänzt durch Handwerk und Kunst, den Orten an denen tagtäglich Produktivität stattfindet sowie Ladenkonzepte, die das Erlebnis in den Vordergrund stellen. Auch neue Konzepte wie Co-Working Spaces oder
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Nachbarschaftswerkstätten können zu neuen Treffpunkten werden, die Aktivität am Stadtplatz halten. Die Förderung von Inititativen im Kunst- und Kulturbereich trägt zu einem attraktiven Angebot bei. Das interessante Lebensumfeld der Kleinstadt lockt im Idealfall auch neue Einwohner*innen an, die Alternativen zu Einfamilienhaussiedlungen oder Großstadtleben suchen und von den Entfaltungsmöglichkeiten der Kleinstadt profitieren. Das können jüngere Alleinlebende und Paare sowie Senior*innen sein, denen eine zentrale Wohnung und ein lebendiges Umfeld wichtiger sind, als ein großer Garten vor der Tür. Von vielen dieser Qualitäten könnte auch der Binnentourismus profitieren. Da der Trend in den letzten Jahren immer mehr zu regionalen Zielen und Aktivurlaub geht, könnte die vielseitige Kleinstadt das perfekte Ziel für den Kurzurlaub werden. Dafür muss die Infrastruktur mit einem kleinen aber feinen Hotel und einer ausreichenden ÖPNV Verbindung gerüstet sein. Vom Tourismus können im Umkehrschluss auch Gastronomie und Läden sowie Freizeitangebote profitieren.
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AKTIVITÄT in die Kernstadt ZURÜCKBRINGEN
NEUE GESCHÄFTSMODELLE ERMÖGLICHEN
NEUE EINWOHNER*INNEN GEWINNEN
- neue Geschäftsideen fördern - attraktive Arbeits- und Lebensorte für Selbstständige und Gründer schaffen - Kunst- und Kulturinitiativen unterstützen
- junge Erwachsene: Jobs in der Industrie/ Gründungsabsichten / Selbstständige - ältere Stadtflüchtige: Reduziertes Arbeitspensum i.d. Stadt, suchen Erholung und neues aktives Umfeld
QUALITÄTEN DES LEBENS IN DER KLEINSTADT ENTWICKELN
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RURALE QUALITÄTEN
URBANE QUALTIÄTEN
- Beteiligungs- und Gestaltungsmöglichkeiten - Natur und Outdooraktivitäten i. d. Nähe - erschwingliche Mieten
- kurze Wege im Alltag (Versorgung/ Gesundheit/ Gastronomie) - Kulturangebot (30 min ÖPNV) - lebendiger Öffentlicher Raum als Treffpunkt - arbeiten an „Third places“
- Aktivierungstools entwickeln - Beteiligung von Bürger*innen - Vermittlung und Beratung für Hausbesitzern
TOURISMUS FÖRDERN - Erholung und Natur - Outdooraktivitäten / Radtourismus - historische Stadt als Sehenswürdigkeit - interessante Gastronomie und Läden - Ausflugsziele in der Umgebung
MOBILITÄT - ÖPNV Anbindung an die nächsten größeren Städte + Bahnhof - Verbesserung lokaler Radanbindung - Verknüpfung mit Sharingangeboten
Abb. 6.1: Die Qualitäten der Kleinstadt entwickeln
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Platzzonierung Der Stadtplatz in Tittmoning wurde mit fortschreitender Nutzung des Automobils immer mehr in seiner Funktion zu einem Parkplatz degradiert. Die Denkmäler und Statuen sind nicht nur umrahmt von Kastanienbäumen, sondern gehen unter zwischen den vielen parkenden Autos. Der Platz in seiner Weite, Imposanz, Schönheit und Urbanität ist für Besucher kaum mehr erfahrbar. Wenige Orte laden ein zum konsumfreien und ruhenden Aufenthalt und Verweilen in dem Platzgefüge. Lediglich ein paar verlorene Bänke sind auf dem Platz verteilt, wurden um die Brunnen gruppiert oder am wieder freigelegten Stadtbach aufgestellt.Der Blick von den Bänken lässt leider nicht den Stadtplatz mit seiner eindrucksvollen umringenden Bebauung bestaunen, sondern wird schnell durch die parkenden Autos und SUVs, die aus der sitzenden Perspektive noch dominanter dem Betrachter auf Augenhöhe begegnen, weiter eingeschränkt. Zudem wälzt sich durch den Tittmoninger Stadtplatz die endlose Blechlawine des Verkehrs der Bundesstraße B20. Diese Hauptverkehrsader von Ostbayern in Richtung Alpen zerschneidet den Stadtplatz der Länge nach in zwei Hälften. Nur mit viel Glück gelingt den Fußgängern der schnelle Wechsel über die viel befahrene Straße, da nicht einmal ein Zebrastreifen beide Seiten des Stadtplatzes verbindet. So dominieren heute die Autos den Stadtplatz, parkend und durchfahrend. Für Fußgänger und Fahrradfahrer, für die Menschen, die hier leben und arbeiten wollen oder müssen und für Besucher, die nach Tittmoning zum Einkaufen kommen oder um das Dienstleistungsangebot zu nutzen, ist kaum Platz. Um die Erlebbarkeit des Platzes zu verbessern und den Platz aufzuwerten sollten verschiedene Bereiche geschaf-
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fen werden. Dazu gehören vor allem autofreie Zonen. Die Wirkung der Denkmäler auf dem Platz wird verbessert, indem man sie „freischaufelt“. Um die Denkmäler und Brunnen werden Aufenthaltsbereiche angelegt, die wirklich zum Aufenthalt einladen und das öffentliche Leben zurück auf den Platz bringen. Durch wechselnde Veranstaltungen auf dem „Marktplatz“, wie Märkte, Konzerte, Sommertheater wird der Platz wieder mehr ins städtische Leben integriert. Eine umfassende ÖPNV-Anbindung vom Stadtplatz aus bietet neben einer Bushaltestelle auch die Möglichkeit zum Car-Sharing und einen Fahrradverleih an. Im Bereich des „Bürgermarktes“ werden Kurzzeitparkflächen für die Besucher und Kunden der am Stadtplatz ansässigen Läden und Dienstleistungen ausgewiesen. Die Langzeitparker und Anwohner des Stadtplatzes erhalten neue Parkmöglichkeiten außerhalb und werden aus dem Zentrum verbannt. Durch eine Aufweitung des Stadtbaches mit der Möglichkeit dort auch mal die Füße ins Wasser baumeln zu lassen, bekommt diese Lebensader aus früher Zeit eine neue Bedeutung für die Bewohner und wird wieder, wie damals, Teil des heute auf dem Stadtplatz stattfindenden Geschehens. Außerdem wird das Thema Wasser, das Tittmoning seit jeher prägt, wieder mehr erlebbar. Der Platz lebt davon, dass es keine hierarchisch angeordneten und extra zonierten Geh- und Radwege gibt, sondern, dass sich eine flächig-gleichmäßige Erscheinung weit erstreckt. Dieser Charakter sollte bei einer Umstrukturierung beibehalten werden. Damit würde der Stadtplatz als Markt- und Handelsplatz seinem Namen wieder gerecht werden als Ort an dem Menschen gerne leben, arbeiten, sich treffen und sich aufhalten. Er sollte nicht in unserer durch das Auto geprägten Mobilität weiterhin zu einem Abstellplatz für Automobile und zu einer Hauptverkehrsader degradiert werden.
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Bushaltestelle Hub (Carsharing, Leihräder)
Markt, Konzerte, Veranstaltungen
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Markt, Konzerte, Veranstaltungen
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Aufenthaltsraum am Stadtbach
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Pavillion a 13
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Repräsentativer Pavillion Stadtraum vor Rathaus
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Ausruhen am Storchenbrunnen
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18
a
18
24
21
a
20
22
a
22
3
19
d
22
b
23
19
4
c 22
Pavillion 1a
1
r. 2
N Hs
Bushaltestelle Hub (Carsharing, Leihräder)
freientscheidbar anhand EG-Nutzung Markt und Veranstaltungsfläche Aufenthaltsraum Gastronomie
Repräsentativer Stadtraum vor Rathaus
5
4 Aufenthaltsraum am Stadtbach
6
Bushaltestelle Hub (Carsharing, Leihräder)
5
Ausruhen am Storchenbrunnen
Abb. 7.1: Mögliche Nutzungszonen am Stadtplatz
67 Pavillion
Aufenthaltsraum freientscheidbar anhand EG-Nutzung am Stadtbach Markt und Veranstaltungsfläche Aufenthaltsraum Gastronomie
6
Nutzungsergänzungen
Der Stadtplatz wird aufgrund seiner geschichtlichen Entwicklung namentlich in Herren- und Saumarkt differenziert. Der „Herrenmarkt“ beschreibt den nördlichen und breiteren Teil des Stadtplatzes. Dort befand sich ursprünglich der Stadtplatz Tittmonings. Der südliche schmale Platzbereich jenseits des Stadtbachs entsteht als „Saumarkt“ nach dem Stadtbrand von 1571, weil die dort befindliche mittige Häuserzeile aus Feuerschutzgründen nicht mehr wiedererrichtet wurde. Er wurde Teil des weitläufigen Stadtplatzes, nachdem 1816 die Katharinenkapelle, die am südlichen Ufer des Stadtbachs errichtet war, abgebrochen wurde. Getrennt werden die beiden Platzbereiche durch den Stadtbach. Es wird vermutet, dass zwischen den beiden Teilen des Platzes auch eine soziale Trennung bestand. Am Herrenmarkt wurde damals öffentlich Recht gesprochen, große Märkte abgehalten und dort befanden sich die repräsentativen Bauwerke. Der „Saumarkt“ hingegen verdankt seinen Namen den stattfindenden Viehmärkten. Dort fand eher das einfach bürgerliche Leben statt. Diese „Trennung“ kann in die heutige Zeit transferiert werden, in eine vage und schemenhafte Unterteilung des Stadtplatzes in die Zone „Marktplatz“ rund um das Rathaus und die Zone „Bürgermarkt“ rund um den Storchenbrunnen im Süden. Abb. 8.1: Mögliche Konzepte für die Revitalisierung der leerstehenden Gebäude
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Dabei wird die Zone „Marktplatz“ um administrative Angebote ergänzt, wie ein Stadtarchiv, eine leichter auffindbare Touristeninformation und das Leerstands-
1 1
1
HOTE
HOTEL | BAR HOTEL | BAR 2
2 2
STADT
3 STADTBAD | CAFÉ STADTBAD | CAFÉ
33
RKT RKT KTPLATZ“ KTPLATZ“
HERRENMARKT ZONE „MARKTPLATZ“
3
3 3
GRÖ Z.B. B
1 GRÖSSERE NUTZUNG GRÖSSERE NUTZUNG Z.B. BRAUEREI MIT BAR Z.B. BRAUEREI MIT BAR
2
SAUMARKT ZONE „BÜRGERMARKT“
SAUMARKT SAUMARKT ZONE „BÜRGERMARKT“ ZONE „BÜRGERMARKT“
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und Nutzungsmanagement im Kontext des Rathauses. Zudem könnte auf dem „Marktplatz“ wieder mehr öffentliches Leben stattfinden, das den Stadtplatz belebt aber auch die Attraktivität für Touristen fördert. Dazu gehören Aktionen und Attraktionen am Stadtplatz, Veranstaltungen, aber auch das Schaffen von Aufenthaltsräumen. Auch Bars oder Cafés, die ein Nachtleben anbieten, können das Nutzungsensemble des Stadtplatzes mit zusätzlicher Attraktivität ergänzen. Genauso wie ein Hotel, ein Stadtbad oder vielleicht eine Brauerei zusätzliche Gründe schaffen, um Tittmoning zu besuchen. Diese Maßnahmen, Nutzungen und Angebote können Anziehungsgründe darstellen und Tittmoning auch für einen längeren Aufenthalt attraktiv machen. Der südliche Teil des Stadtplatzes jenseits des Stadtbachs wird zur Zone „Bürgermarkt“, zum öffentlichen Wohnzimmer der Tittmoninger. Auch dort könnten informelle Aufenthaltsräume geschaffen werden, aber auch eine Aneignung des Stadtraums durch die Bewohner sollte möglich sein, damit der Platz belebt wird. Es bestünde auch die Möglichkeit in den umliegenden Gebäuden Co-Working-Bereiche oder Seminarräume anzubieten, die ein interessantes Arbeitsumfeld für Selbständige oder auch für von Zuhause aus arbeitende Anwohner bereitstellen. Nischenangebote für die Anwohner aber auch Besucher, die auf dem Stadtplatz besonderen Anklang finden, könnten dort ebenfalls ihren Platz finden. Dazu gehören beispielsweise Atelierräume für Töpfer, Goldschmiede, Schneider und Künstler, aber auch spezielle kulinarische Angebote, ein Spielecafé und Räume für die Bewohner 65plus. Die Nutzungen im Erdgeschoss sind wichtig für die Be-
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lebung des Stadtplatzes durch einen direkten Bezug in den öffentlichen Raum. In Form von Schaufenstern, Eingangsbereichen mit aufgetellten Waren oder auch durch die Tische, die vor Restaurants auf dem Stadtplatz angeordnet werden, greifen die Erdgeschossnutungen in den öffentlichen Raum des Platzes ein.
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Stadtbad und Hotel Post
Die drei größten gesamthaft leerstehenden Gebäude am Stadtplatz sind die Gebäude Stadtplatz Nummer 41, 42 und 58 (Abb S. 73). In unserer architektonischen Ausarbeitung eines Beispiels haben wir uns deshalb auf zwei dieser Gebäude konzentriert. Einerseits auf das seit mehreren Jahren leerstehende Gasthaus und Hotel „Alte Post“ (Nr. 42), andererseits auf das gegenüberliegende Gebäude „Geiselbrechtinger“. Die bereits seit Jahrhunderten als Beherberungsstätte genutzte ehemalige Poststation wire im Entwurf wieder zu einem Hotel. Die die denkmalgeschützte Substanz wird sorgfältig renoviert, auf der platzabgewandten Seite des Grundstücks ergänzen ein Neu- und Anbau das Enseble. Der Entwurf für das gegenüberliegenden Gebäude Nr. 41 steht ganz im Zeichen der Verbundenheit der Stadt mit dem Wasser. Als Stadtbad ergänzt es den Platz einerseits um eine öffentliche Einrichtung und nutzt andererseits die räumlichen Qualitäten des großen Gewölbesaals und des Rückgebäudes. Hotel und Stadtbad stehen in gegenseitiger Ergänzung. An der Schnittstelle zwischen Tourismus und Angebot des täglichen Bedarfs können Sie die Anziehungskraft der Stadt nach außen verstärken und gleichzeitig einen Mehrwert für die lokale Bevölkerung schaffen.
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73
Strategie
NEGATIVER STAUS QUO
MASSNAHMEN / VORGEHEN / ZIELE
Be
Leerstand
Leerstandsmanagement > Systematische Erfassung > Beratungsangebot für Hausbesitzer
Bedarfskatalog erstellen > Was wird im Stadtzentrum gebraucht? > Beteiligungsprozess
Platz Ziele definieren > Wie soll der Stadtplatz genutzt werden? > Als „was“ wird der Stadtplatz gesehen? Parkplatz oder Wohnzimmer der Bürger?
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Um
n? ? r?
Beginn der Aktivierungsstrategien
Spezifische Nutzungen Umbau Geiselbrechtinger Umbau Post Hotel geht in Betrieb Stadtbad geht in Betrieb
mehr Besucher mehr Leben
> Temporäre Nutzungen für Leerstände > Kunstplatz (zehntägiges Kulturfestival) findet wieder statt > Aufenthaltsbereiche
Planungsphase
?
AKTIONEN / ERGEBNISSE
Umgestaltung Platz > Weniger parkende Autos > Rückgewinnung als öffentlicher Raum / Raum städtischen Lebens > evtl. Bau Parkhaus > Reaktivierung Bach
Abb. 10.1: Strategie zur Revitatisierung des Stadtkerns
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Synergien
LOKALE AKTEURE
EINWOHNER*INNEN
STADTRAUM
GASTRONOMIE LÄDEN KUNST & KULTUR
FIRMEN
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TOURISMUS
STADTBAD
HOTEL
Abb. 11.1: Synergien zwischen neuem Stadtbad, Hotel und Stadtraum.
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Impressum Sophia-Maria Elender Lavinia A. Wagner Teil der Masterarbeit am Lehrstuhl für Entwerfen und Konstruieren, Technische Universität München, Wintersemester 2020/21 © 2021 Urherberinnen der Darstellungen und Bilder - soweit nicht anders angegeben Sophia-Maria Elender und Lavinia A. Wagner