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Das war der 13. Österreichische Anti-Korruptions-Tag
Die inhaltlichen Schwerpunkte des Anti-Korruptions-Tages des Bundesamtes zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) lagen heuer auf den Themen Compliance im Vergabe- und Beschaffungswesen der öffentlichen Verwaltung sowie dem Aktionsplan zur Nationalen Anti-Korruptionsstrategie.
Gleich eines vorweg: Im Grunde genommen sollte es bei Beschaffungen in der öffentlichen Verwaltung gar nicht zu Verstößen kommen. Dafür sorgt schließlich das Vergaberecht. Exakter, das Bundesvergabe
gesetz 2018, das bereits bestehende Regelungen ergänzt, die Vorbereitung von Vergabeverfahren enthält, Ausschlussgründe benennt und selbst einen Abschnitt für die
vergaberechtliche Selbstreinigung bereitstellt. Was das Thema so komplex macht, so führte Dr. Thomas Ziniel (VfGH) auf dem 13. AK-Tag des BAK 1 aus, ist die Tatsache,
dass sich der Regelungsgegenstand Vergaberecht immer weiter ausdehnt und sich
DIE AUTORIN
Brigitte Slepicka, BA MA MA, ist seit Anfang 2004 Mitarbeiterin des Bundesamtes zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) im Bundesministerium für Inneres, wo sie sich seit mehreren Jahren den Themen Compliance, Wertemanagement und Werteprozesse widmet.
auch auf andere Bereiche wie beispielsweise auf Bestimmungen zur Markterkundung, Vertragsänderungen und -kündigungen, erstreckt. Dem konterte Prof. Dr. Severin Glaser (WU Wien) mit dem Argument, dass doch der Wettbewerb im Vordergrund steht und vom Bieter außer Kraft gesetzt werden kann. Das wiederum ermöglicht allerdings eine Vielfalt an Möglichkeiten strafbaren Verhaltens sowohl im öffentlichen wie im privaten Sektor. Besonders beliebt sind die Straftatbestände der Untreue oder der Submissionsbetrug.
Der Faktor Mensch im Beschaffungsprozess
Präsident Dr. Wolfgang Peschorn (Finanzprokuratur) plädierte in seinem Vortrag einerseits für saubere Beschaffungsmaßnahmen und Handlungssicherheit durch die bestehenden haushaltsrechtlichen Vorgaben und andererseits die klare Verantwortungszuweisung für öffentliche Beschaffungen durch das Festlegen zwingender und nicht abdingbarer Vertragsbestimmungen. Auch die Transparenz der Anbieter und ihrer Kontakte oder das konkrete Hinterfragen von Querverbindungen hilft präventiv gegen schwer nachvollziehbare Gegengeschäfte oder sonstige Interessenskonfl ikte. Einen wesentlichen Anteil an Compliance bringen eindeutige organisatorische Rahmenbedingungen: Die Beschaffungsstrategie und -verantwortung sollte mit Hilfe einer Beschaffungsrichtlinie festgelegt werden, der Beschaffungsprozess von internen Kontrollsystemen und einem Risikomanagementsystem umfasst werden und praktische E-Vergabe-Tools sollten trotz hoher Qualitätsstandards in einem refl exiven Prüfungsprozess enthalten bleiben. Dennoch, argumentierten Dr. Rene Wenk (Rechnungshof) und Dr. Peschorn, zählt der Mensch im Gesamtzusammenhang am meisten, wenn es um die saubere Handhabung dieses sensiblen Themas geht. Eine gegenseitige Vorbildwirkung und der Strategie des „Tone from the Top“ bleibt neben einer glasklaren Transparenz das mächtigste Tool einer praktisch orientierten Korruptionsprävention.
Diskussion: Digitalisierung & Korruption
Im Rahmen des Kamingesprächs erörterten Mag. a Karin Mair (Deloitte), Mag. a Ursula Rosenbichler (BMöDS), DDr. Alexander Petsche (Baker McKenzie) und Mag. Dr. Daniel Weselka (BMBWF) in Begleitung des Moderators Wolfgang Keck die Kernfrage „Ist Digitalisierung Problem oder Lösung für Korruption, Prävention und Integrität?“ Dabei trat deutlich die Bedeutung der Grundhaltung der Menschen und ihrer Handlungsweisen zutage, die notwendig sind, um Korruption nachhaltig abzuschaffen. Digitale Transformation und Digitalisierung generell werden das Problem Korruption nicht von sich aus abschaffen können, aber je klarer der Mensch das Bild zu diesem Problem zeichnet, umso besser kann Digitalisierung intelligent und unterstützend dagegen eingesetzt werden. Die Diskussion brachte deutlich zutage, dass es weiterhin primär um die Grundhaltung des einzelnen Menschen und die damit verbundene Kommunikation gehen wird. Die aktuelle Gestaltungshoheit des Menschen und seiner Kultur muss unermüdlich eingefordert und aus den daraus geformten Überlegungen klare Ziele formuliert werden. Je klarer der Mensch das Bild von seiner Idee zur Korruptionsprävention zeichnet, umso sinnvoller und anwendbarer werden die digitalen Effekte. „Wir müssen mehr hinsehen“, appellierte Dr. Alexander Picker (Transpa rency International): Um Digitalisierung für den fehlerbehafteten Menschen wertvoll zu machen, müssen Hausverstand und Barrieren für Korruption bewusst eingebaut werden. Dazu muss die reale Welt genau auf ihre Korruptionsmechanismen hin geprüft und anschließend mit Indikatoren von Compliance verglichen werden, um Probleme aufzudecken und bewältigen zu können.
Mit dem Projekt „Transparente Gemeinde“ zeigte Dr. Johannes Schmid vom
© BAK
Österreichischen Städtebund, von welch überragender Bedeutung Vertrauen in die öffentliche Verwaltung ist. Um das Vertrauen beispielsweise auf kommunaler Ebene zu erschüttern, braucht es keinesfalls einen ausgewachsenen Bestechungsskandal, es reicht bereits ein Konfl ikt aus schädlichen Interessen im fi nanziellen, wirtschaftlichen oder persönlichen Bereich. Als Lösungsansätze bieten sich die Implementierung eines ComplianceManagement-Systems (CMS), die Einrichtung einer Internen Revision oder auch personelle Durchgriffsrechte an.
Diesem Vorschlag schloss sich auch Dr. Eleonore Dietersdorfer (Bundeskanzleramt) an. Gemeinsam mit ihrem Team ist es ihr gelungen, im Bundeskanzleramt erfolgreich ein CMS einzuführen. Neben den Grundlagen Strategie, Risikoanalyse und Verhaltenskodex sowie Information, Beratung und Schulungen sieht sich das Bundeskanzleramt Ressort- und gebietsköperschaftsübergreifend verantwortlich: Neben der Umsetzung der genannten CMS-Schwerpunkte wird ein wesentlicher Mehrwert durch ihre regelmäßige Evaluierung generiert. Eine wichtige Maßnahme, um die geforderte Transparenz und den öffentlichen Diskurs zu einer nachhaltigen Korruptionsprävention und Compliance weiterzuentwickeln, ist die Nationale-Anti-Korruptions-Strategie (NAKS).
Mag. Gregor Weber vom BMöDS wies mit Nachdruck darauf hin, dass es immer wichtiger wird, sich mit der kreativen Vermittlung von Compliance-Inhalten zu befassen. So haben spielerische Komponenten wie das Quiz oder neuartige E-Learning-Konzepte bereits Einzug in die Schulungssysteme gehalten.
Mag. Mirjam Steurer berichtete über die Handhabung des Risikomanagements im BMASGK. Die Risikobeschreibung und die qualitative Bewertung der Auswirkungsdimensionen von Risiken nehmen dort einen wesentlichen Anteil in der Gesamtanalyse ein.
Einfache und wirksame Maßnahmen von Korruptionsprävention präsentierte Mag. Gerhard Sieber vom BMNT. Auslöser für den Aufbau eines umfassenden strategischen Konzepts im BMNT war die Compliance-Prüfung durch den Rechnungshof. Nach einigen ersten Schritten, die sich vor allem um die Information aller Mitarbeiter über die wichtigen Compliance-Themen drehten, kam es zur Aufnahme von Compliance in die Ressourcen-, Ziel- und Leistungspläne und ihre Eingliederung in die Grundausbildung. Dienstrechtlich wesentliche Inhalte fanden ihren Niederschlag in eigens entwickelten Formularen und in der Erweiterung der Unterlagen zum Mitarbeitergespräch.
Dr. Christian Manquet (BMfVRDJ) rundete die Vortragsreihe mit einem Überblick zu den erreichten Maßnahmen im Rahmen der NAKS ab und führte die Teilnehmer mit Nachdruck zur Notwendigkeit einer konsequenten Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung im Sinne einer evaluierten Fortführung eines nächsten Aktionsplanes hin.
Der 13. Österreichische Anti-Korruptions-Tag stand somit in einem multiperspektivischen Fokus von Strafbarkeit im Vergabe- und Beschaffungswesen bis hin zu theoretischen und praktisch umgesetzten Compliance-Ansätzen in der Nationalen Anti-Korruptions-Strategie. Die vorgesehene Publikation der in diesem Artikel zusammengefassten Fachbeiträge lässt ein Werk mit fundiertem theoretischem und praktischem Wissen erwarten.
1) Der 13. Anti-Korruptions-Tag des BAK fand am 14. und 15. Mai 2019 in St. Pölten statt.