Compliance Praxis 3_2019

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Das war der 13. Österreichische Anti-Korruptions-Tag Die inhaltlichen Schwerpunkte des Anti-Korruptions-Tages des Bundesamtes zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) lagen heuer auf den Themen Compliance im Vergabe- und Beschaffungswesen der öffentlichen Verwaltung sowie dem Aktionsplan zur Nationalen Anti-Korruptionsstrategie.

Gleich eines vorweg: Im Grunde genommen sollte es bei Beschaffungen in der öffentlichen Verwaltung gar nicht zu Verstößen kommen. Dafür sorgt schließlich das Vergaberecht. Exakter, das Bundesvergabegesetz 2018, das bereits bestehende Regelungen ergänzt, die Vorbereitung von Vergabeverfahren enthält, Ausschlussgründe benennt und selbst einen Abschnitt für die vergaberechtliche Selbstreinigung bereitstellt. Was das Thema so komplex macht, so führte Dr. Thomas Ziniel (VfGH) auf dem 13. AK-Tag des BAK1 aus, ist die Tatsache, dass sich der Regelungsgegenstand Vergaberecht immer weiter ausdehnt und sich

DIE AUTORIN Brigitte Slepicka, BA MA MA, ist seit Anfang 2004 Mitarbeiterin des Bundesamtes zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) im Bundesministerium für Inneres, wo sie sich seit mehreren Jahren den Themen Compliance, Wertemanagement und Werteprozesse widmet.

auch auf andere Bereiche wie beispielsweise auf Bestimmungen zur Markterkundung, Vertragsänderungen und -kündigungen, erstreckt. Dem konterte Prof. Dr. Severin Glaser (WU Wien) mit dem Argument, dass doch der Wettbewerb im Vordergrund steht und vom Bieter außer Kraft gesetzt werden kann. Das wiederum ermöglicht allerdings eine Vielfalt an Möglichkeiten strafbaren Verhaltens sowohl im öffentlichen wie im privaten Sektor. Besonders beliebt sind die Straftatbestände der Untreue oder der Submissionsbetrug.

Der Faktor Mensch im Beschaffungsprozess Präsident Dr. Wolfgang Peschorn (Finanzprokuratur) plädierte in seinem Vor-

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trag einerseits für saubere Beschaffungsmaßnahmen und Handlungssicherheit durch die bestehenden haushaltsrechtlichen Vorgaben und andererseits die klare Verantwortungszuweisung für öffentliche Beschaffungen durch das Festlegen zwingender und nicht abdingbarer Vertragsbestimmungen. Auch die Transparenz der Anbieter und ihrer Kontakte oder das konkrete Hinterfragen von Querverbindungen hilft präventiv gegen schwer nachvollziehbare Gegengeschäfte oder sonstige Interessenskonflikte. Einen wesentlichen Anteil an Compliance bringen eindeutige organisatorische Rahmenbedingungen: Die Beschaffungsstrategie und -verantwortung sollte mit Hilfe einer Beschaffungsrichtlinie festgelegt werden, der Beschaffungsprozess von internen Kontrollsystemen und einem Risikomanagementsystem umfasst werden und praktische E-Vergabe-Tools sollten trotz hoher Qualitätsstandards in einem reflexiven Prüfungsprozess enthalten bleiben. Dennoch, argumentierten Dr. Rene Wenk (Rechnungshof) und Dr. Peschorn, zählt der Mensch im Gesamtzusammenhang am meisten, wenn es um die saubere Handhabung dieses sensiblen Themas geht. Eine gegenseitige Vorbildwirkung und der Strategie des „Tone from the Top“ bleibt neben einer glasklaren Transparenz das mächtigste Tool einer praktisch orientierten Korruptionsprävention.

Diskussion: Digitalisierung & Korruption Im Rahmen des Kamingesprächs erörterten Mag.a Karin Mair (Deloitte), Mag.a Ursula Rosenbichler (BMöDS), DDr. Alexander Petsche (Baker McKenzie) und Mag. Dr. Daniel Weselka (BMBWF) in Begleitung des Moderators Wolfgang

Keck die Kernfrage „Ist Digitalisierung Problem oder Lösung für Korruption, Prävention und Integrität?“ Dabei trat deutlich die Bedeutung der Grundhaltung der Menschen und ihrer Handlungsweisen zutage, die notwendig sind, um Korruption nachhaltig abzuschaffen. Digitale Transformation und Digitalisierung generell werden das Problem Korruption nicht von sich aus abschaffen können, aber je klarer der Mensch das Bild zu diesem Problem zeichnet, umso besser kann Digitalisierung intelligent und unterstützend dagegen eingesetzt werden. Die Diskussion brachte deutlich zutage, dass es weiterhin primär um die Grundhaltung des einzelnen Menschen und die damit verbundene Kommunikation gehen wird. Die aktuelle Gestaltungshoheit des Menschen und seiner Kultur muss unermüdlich eingefordert und aus den daraus geformten Überlegungen klare Ziele formuliert werden. Je klarer der Mensch das Bild von seiner Idee zur Korruptionsprävention zeichnet, umso sinnvoller und anwendbarer werden die digitalen Effekte. „Wir müssen mehr hinsehen“, appellierte Dr. Alexander Picker (Transparency International): Um Digitalisierung für den fehlerbehafteten Menschen wertvoll zu machen, müssen Hausverstand und Barrieren für Korruption bewusst eingebaut werden. Dazu muss die reale Welt genau auf ihre Korruptionsmechanismen hin geprüft und anschließend mit Indikatoren von Compliance verglichen werden, um Probleme aufzudecken und bewältigen zu können.

Praxisbeispiele: Compliance im öffentlichen Sektor Mit dem Projekt „Transparente Gemeinde“ zeigte Dr. Johannes Schmid vom

www.compliance-praxis.at

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