Vermieter-Fibel

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5. Hauptmiete – Untermiete

Wenn von einem „Bestandvertrag“ gesprochen wird, so wird üblicherweise darunter ein Vertrag verstanden, bei welchem der Eigentümer oder eine dem Eigentümer rechtlich gleichgestellte Person einem anderen den Gebrauch an einem bestimmten Gegenstand überlässt. Hauptmietverträge schließt sohin der Eigentümer einer Liegenschaft der Wohnungseigentümer die Mehrheit der Miteigentümer einer Liegenschaft ein Fruchtnießer der Liegenschaft der Mieter oder Pächter eines ganzen Hauses ab. Wenn der Mietgegenstand in den Anwendungsbereich des MRG fällt, so sind selbstverständlich all diese Vermieter an das MRG gebunden. Untermiete liegt vor, wenn ein Hauptmieter seinerseits das Mietobjekt ganz oder teilweise an einen Dritten weitergibt und diesem den Gebrauch an der Sache durch eine bestimmte Zeit hindurch oder auf unbestimmte Zeit gegen Entgelt überlässt. Zu beachten ist, dass der § 1 MRG, welcher die Anwendung dieses Gesetzes überhaupt auf Mietverhältnisse regelt, grundsätzlich nicht zwischen Hauptmiet- und Untermietvertrag unterscheidet, sondern Anknüpfungspunkt für die Anwendung des Gesetzes in diesem Fall der „Mietgegenstand“ ist, der die entsprechend im Gesetz definierten Merkmale aufweisen muss, um entweder in den Vollanwendungsbereich des MRG zu fallen oder „nur“ dem ABGB zu unterliegen. Im MRG sind aber bestimmte „Spezialregelungen“ für Untermietverhältnisse an Mietobjekten, welche grundsätzlich unter das Gesetz fallen, enthalten, die vom Untervermieter beachtet werden sollten. So definiert § 2 MRG die Unterschiede zwischen Haupt- und Untermiete (siehe oben), besonders zu beachten ist dabei die gesetzliche Bestimmung des § 2 Abs. 3 MRG, welche die sogenannte „Scheinuntermiete“ den Regeln über die Hauptmiete unterstellt. Wenn nämlich bei Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund daran zu zweifeln besteht, dass ein Hauptmietvertrag nur zur Untervermietung durch den Hauptmieter und zur Umgehung der einem Hauptmieter nach diesem Bundesgesetz zustehenden Rechte geschlossen wurde, so Der Bestandvertrag 33


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kann der Mieter, mit welchem der „Scheinuntermietvertrag“ geschlossen wurde, begehren, als Hauptmieter des Mietgegenstandes mit allen Rechten aus dem MRG anerkannt zu werden. Der Gesetzgeber hat beispielsweise eine Scheinuntermiete dann angenommen, wenn der Hauptmieter mehr als eine Wohnung im selben Gebäude zur Gänze untervermietet oder bei Vorliegen eines befristeten Hauptmietvertrages die Wohnung zur Gänze untervermietet. Der Beweis des Gegenteils, nämlich des Fehlens der Umgehungsabsicht, ist aber dennoch zulässig. Eine der wesentlichen Konsequenzen der Stellung als Untermieter auch im Vollanwendungsbereich des MRG ist, dass die Mietzinsbildungsvorschriften des MRG nicht bzw. nur eingeschränkt zur Anwendung kommen, der Untervermieter nur in eingeschränktem Ausmaß an die Mietzinsbildungsvorschriften des MRG gebunden ist. § 26 MRG regelt, dass bei einer gänzlichen Untervermietung eines dem MRG unterliegenden Mietgegenstandes der Untermietzins den vom Untervermieter zulässigerweise entrichteten Hauptmietzins um nicht mehr als 50% übersteigen darf. Dabei darf aber ein Hauptmieter, welcher Aufwendungen zur Verbesserung des Mietgegenstandes in das Untermietobjekt getätigt hat, diese wertmäßig angemessen berücksichtigen, sodass im Einzelfall durchaus auch ein höherer Untermietzins verlangt werden kann, wenn dies wirtschaftlich und sachlich gerechtfertigt ist. Zu beachten ist, dass der Befristungsabschlag in Höhe von 25%, welcher für ein dem MRG zur Gänze unterliegendes Mietobjekt bei befristeter Vermietung gewährt werden muss, auch im Fall der befristeten Untervermietung anzusetzen ist. Zu beachten ist auch noch, dass der Untermieter nur mit dem Hauptmieter und nicht mit dem Vermieter/Eigentümer in einem Rechtsverhältnis steht (mit Ausnahme der bewiesenen Scheinuntermiete). Ein Untermietvertrag kann daher praktisch vergleichbar zu einem Hauptmietvertrag gestaltet werden, alle rechtlichen Kriterien für den Hauptmietvertrag gelten sinngemäß auch für den Untermietvertrag. Unterliegt das Mietobjekt nicht dem MRG, so unterliegt selbstverständlich auch ein Untermietvertrag nicht dem MRG, zu beachten ist, dass bei einem solchen Hauptmietvertrag ein allfällig vereinbartes Untervermietbzw. Weitergabeverbot vom Hauptmieter zu beachten ist.

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Der entscheidende Nachteil des Untermietvertrages ist naturgemäß die Abhängigkeit des Untermieters vom Bestand des Hauptmietvertrages. Wird der Hauptmietvertrag vom Vermieter berechtigt aufgelöst oder aufgekündigt, so erlischt damit gleichzeitig auch der Untermietvertrag. In einem solchem Fall ist der Untermieter auf Schadenersatzansprüche gegen seinen Vermieter beschränkt, wurde der Hauptmietvertrag wegen finanzieller Schwierigkeiten des Hauptmieters gekündigt, so wird der Untermieter naturgemäß mit seinen Schadenersatzansprüchen beim Hauptmieter wenig ausrichten können, seine einzige Chance ist in einem solchen Fall der Versuch, entweder vom Eigentümer einen Hauptmietvertrag zu erhalten oder die Scheinuntermiete zu beweisen. 6. Abgrenzung Miete und Pacht

In der Praxis kann die Unterscheidung eines Mietvertrages von einem Pachtvertrag manchmal durchaus schwierig sein. Zu beachten ist, dass die von den Parteien gewählte Bezeichnung des Vertrages – wenn überhaupt – nur einen Hinweis auf den Inhalt des Vertrages darstellt, entscheidend ist einerseits das „Bestandobjekt“ als solches und die durch die vertraglichen Vereinbarungen ausgedrückte Interessenlage. Die manchmal schwierige Abgrenzung ist sowohl für den Bestandgeber als auch den Bestandnehmer von entscheidender Bedeutung, das Pachtverhältnis unterliegt ausschließlich den Regeln des ABGB, MRG kommt grundsätzlich nicht zur Anwendung. Generell kann gesagt werden, dass ein Pachtvertrag dann vorliegt, wenn das Bestandobjekt, also jener „Gegenstand“, welcher dem Bestandnehmer zum Gebrauch gegen Entgelt überlassen wird, in einem lebenden Unternehmen besteht, also eine organisierte Wirtschaftseinheit mit allen Grundlagen für eine Betriebsführung übergeben wird. Eine solche organisierte Erwerbsgelegenheit wird nur dort vorliegen, wo zusammen mit dem reinen „Betriebsobjekt“ auch ein Warenlager, Betriebsmittel, ein Kundenstock, allenfalls auch die Gewerbeberechtigung übertragen bzw. zur Verfügung gestellt wird. Eines der wesentlichen Kriterien für einen Pachtvertrag liegt vor, wenn zwischen Bestandgeber und Bestandnehmer vereinbart ist, dass der Bestandnehmer den Bestandgegenstand „gebrauchen“ muss, somit den ihm in Bestand gegebenen „Betrieb“ auch in Gewinnerzielungsabsicht betreiben muss.

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Für die Übergabe eines bloßen „Mietobjekts“ reicht die rechtliche Befugnis zum Gebrauch aus, der Mieter ist nicht verpflichtet, von seinem Recht auch tatsächlich Gebrauch zu machen, also den Mietgegenstand auch tatsächlich zu benutzen (im Bereich des MRG setzt er sich in einem solchen Fall allerdings einer allfälligen Kündigung eines ihm kündigungsgeschützt übergebenen Objektes aus). Werden also dem Bestandnehmer im Vertrag bestimmte Betriebsarten, Offenhaltezeiten etc. vorgeschrieben und sind auch sonst überwiegend die oben beschriebenen Merkmale erfüllt, so ist ein Pachtvertrag anzunehmen, welcher nur den Regeln des ABGB unterliegt, somit besteht auch für ein Bestandobjekt, welches sonst dem Kündigungsschutz des MRG unterliegen würde, eine Beendigungsmöglichkeit für den Verpächter nach Maßgabe des Vertrages und des ABGB, unabhängig vom Vorliegen allfälliger Kündigungsgründe nach dem MRG. Für den Vermieter zu beachten ist, dass auch eine noch so detailliert vorgenommene Gestaltung eines „Pachtvertragtextes“ das gegenständliche Bestandobjekt noch nicht zum „Pachtobjekt“ macht, sondern die Definitionskriterien und Beschreibungen im Vertrag naturgemäß auch „in der Natur“ tatsächlich vorhanden sein müssen, um zu vermeiden, dass sich der Bestandnehmer im Streitfall darauf beruft, dass das Bestandobjekt tatsächlich gar kein „lebendes Unternehmen“ war, sondern lediglich ein „Geschäftslokal“ und dafür Kündigungsschutz nach MRG bzw. auch die übrigen Rechte des Hauptmieters nach MRG, welche einem Pächter nicht zukommen würden, in Anspruch nimmt. Da Pachtverhältnisse in jeder Richtung „einzelfallbezogen“ sind, ist von der Verwendung eines bloßen Vertragstextes ohne kompetente fachliche Begleitung abzuraten. 7. Verbotene Vereinbarungen aus Anlass des Mietvertragsabschlusses

Bei Mietverträgen (Hauptmietverträge, aber auch Untermietverträge), welche dem Vollanwendungsbereich des MRG unterliegen, ist die Bestimmung des § 27 Abs. 1 MRG zu beachten, die Vereinbarungen, wonach der neue Mieter dafür, dass der frühere Mieter den Mietgegenstand aufgibt oder sonst ohne gleichwertige Gegenleistung dem Vermieter, dem früheren Mieter oder einem anderen etwas zu leisten hat, verbietet und ungültig macht. 36 Vermieter-Fibel


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Wenn also der Vermieter im Falle des Mieterwechsels vom neuen Mieter eine Zahlung erhält, so ist diese regelmäßig auf Übereinstimmung mit dem Gesetz zu überprüfen, wobei gleichgültig ist, ob der neue Mieter diese Zahlung an den Vermieter direkt leistet oder allenfalls auch der ausscheidende Hauptmieter einen entsprechenden Anteil des Ablösebetrages des neuen Mieters an den Vermieter weitergibt. Zulässig sind allerdings Vereinbarungen, wonach der Vermieter gleichsam ein „Entgelt“ dafür erhält, dass er auf die Kündigungsgründe des § 30 Abs. 2 Z 4 und Z 6 MRG verzichtet, somit erklärt, aus der gänzlichen Weitergabe des Mietobjekts oder aus einer vom Mieter gewünschten Leerstehung des Mietobjektes keine Rechtsfolgen abzuleiten. Eine solche Vereinbarung ist überdies nur dann gültig, wenn für den Mieter der Abschluss eines Mietvertrages ohne einen solchen Kündigungsverzicht des Vermieters sinnlos wäre (die Anmietung erfolgt von Anfang an deklariertermaßen zur Weitervermietung oder das Motiv des Mieters für die Leerstehung wird von Beginn an definiert). Die Höhe eines solchen „Kündigungsverzichtsablösebetrages“ darf den Hauptmietzins für zehn Jahre nicht übersteigen. Zulässig ist weiters die Bezahlung eines Ersatzbetrages für die tatsächlichen Übersiedlungskosten durch den Nachmieter und jener Betrag, den ein Nachmieter dem Vermieter ersetzt, welchen dieser gemäß § 10 MRG dem scheidenden Hauptmieter als Abgeltung für dessen Investitionen in das Mietobjekt zulässigerweise bezahlt hat. Ein Rückforderungsanspruch auf eine nach § 27 MRG verbotenen Ablösezahlung verjährt in zehn Jahren. Die Entgegennahme einer solchen verbotenen Ablöse stellt eine Verwaltungsübertretung dar, welche mit Geldstrafe bis zu EUR 15.000,00 bestraft werden kann.

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