LINKS! September 2019

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Fragend schreiten wir voran

Links!

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Politik und Kultur für Sachsen, Europa und die Welt September 2019

Das war vor noch nicht allzu langer Zeit eine Parteitagslosung der sächsischen Linken. Angesichts der Katastrophe vom 1. September muss man sie wieder aufnehmen, denn noch stehen wir ratlos da. Es sind die richtigen Fragen zu stellen und gute Antworten darauf zu finden, soll sich das ändern. Wir sind mit 10,4% der Stimmen in Sachsen auf den Stand unseres Anfangs im Jahr 1990 (10,2%) zurückgeworfen, obwohl wir dazwischen schon bei 23,6% standen und vier Wahlperioden lang (das sind 20 Jahre) die zweitstärkste Fraktion im Sächsischen Landtag stellten. Sind wir da plötzlich eingebrochen oder hat sich das lange angebahnt? Die Frage aller Fragen. Haben wir zu früh gejubelt, nicht mehr nur als PDS Ostpartei zu sein, sondern uns nach der Fusion mit der WASG als DIE LINKE gesamtdeutsch etabliert zu haben? War die Folge eine Vernachlässigung des Ostens und der besonderen Situation der Menschen, die dort leben? Was hätte deren Los mit Kapitalismus zu tun und wie kann man das verständlich erklären? Hat die Frage nach dem „Verständlich-Erklären“ etwas mit unserer Mitgliederentwicklung zu tun? Wieso kann man mit „Ende Gelände“ in Leipzig ein beachtliches Wahlergebnis erzielen, nicht aber im Lausitzer Kohlerevier? Haben wir Konzepte und Sprache, mit denen man Menschheitsinteressen (Klima) mit Gruppeninteressen (Arbeitsplatz) im Konfliktfall lösungsorientiert verbinden kann? Welchen Gebrauchswert hat eigentlich unsere Partei DIE LINKE? Wieso werden wir bei Kommunalwahlen in Leipzig stärkste Partei, man traut uns aber bei den gleichzeitig stattfindenden Europawahlen nur wenig zu? Kann das wer auf die Schnelle erklären? Juliane Nagel verteidigt in Leipzig ihr Direktmandat. Warum? Sie könnte es wahrscheinlich kaum anderswo. Oder? Dietmar Pellmann erkämpfte einst ein Direktmandat für den Landtag in Leipzig Grünau. Seinem Sohn gelang

ein noch größeres Kunststück, als er dort das Direktmandat für den Bundestag holte. Warum? Hätten die beiden das auch nach Belieben anderswo geschafft? Wieso machte unser Dorfkonsum drei Mal pleite, obwohl wir meinen, er wäre so wichtig? Haben wir alle eigentlich ausreichend begriffen, dass bei Wahlen eine Partei ihren Gebrauchswert zuvörderst für Menschen außerhalb der Partei nachweisen muss? DIE LINKE hat in Sachsen etwas über 7.000 Mitglieder. Würden uns nur diese wählen, wären wir weg vom Fenster. Das galt auch schon, als wir noch über 30.000 Mitglieder hatten. Ich frage deshalb, wie entstehen unsere Wahlprogramme? Sind es Programme, die Angebote machen, die weit über die Partei hinaus für Menschen verständlich und attraktiv sind, oder sind die stundenlangen quälenden Kämpfe oft nur um Worte und Satzzeichen eher dazu da, um in der Partei Harmonie zwischen allen letzten Gewissheiten herzustellen? Unterscheiden wir dabei immer ausreichend, dass wir mit einem Wahlprogramm vornehmlich über fünf Jahre künftiger Parlamentsarbeit Auskunft geben und nur sehr vermittelt auch in Geschichte eingreifen? Was hilft uns also die revolutionäre Attitüde und der Hinweis auf unser Ziel des Demokratischen Sozialismus? Verheimlichen sollten wir das nicht. Wie man es jedoch als Vorzug und Positivum, als mehrheitsfähige Zukunftsvorstellung in die Gesellschaft trägt, wer weiß und kann das wirklich? Politisches und ökonomische System bringen uns in Konkurrenz zu anderen und in Konkurrenz untereinander. Wie bewältigen wir das in Solidarität für das große Ziel sozialer Gerechtigkeit? Befragen wir uns kritisch. Und befleißigen wir uns bis zu umsetzbaren Antworten weniger einer Staatsraison, sondern sozialer Rebellion! • Peter Porsch


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