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Die letzte Meile
by LPV GmbH
Kampf um die „letzte Meile“
Lebensmittel schnell mal aus den Regalen im Shop zu nehmen, zu zahlen und dann zu gehen, ist heute nur noch eine Möglichkeit, wie Food-Kunden zum Produkt kommen. Die Performance auf der so genannten „letzten Meile“, vom Händler zum Kunden, wird künftig auch im Convenience-Markt darüber entscheiden, wer langfristig im Geschäft und wer auf der Strecke bleibt.
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TEXT HANS JÜRGEN KRONE bald versuchen, mit einer großen Finanzierungsrunde etwa hundert Millionen Euro für die weitere Expansion in Deutschland aufzutreiben.
Die Erwartungen sind also hoch. Konkret könnte das auch bedeuten, dass selbst Impulskäufe, bisher eines der wichtigsten Geschäftsfelder der Convenience Stores, digital möglich werden. Und wer zweifelt daran, dass mit der richtigen Technik und Organisation unterwegs auch immer mehr spontane Click & Collect-Einkäufe zum Sofortverzehr realistisch werden.
Disruption droht weltweit
Nach all dem verdichtet sich auch für diese Branche die Gefahr von Disruption, das heißt die potenzielle Zerstörung bisher bekannter und erfolgreicher Geschäftsmodelle. Unser Magazin Convenience Shop hat auch an dieser Stelle darüber berichtet. Heißt konkret: Andere Händler könnten
Von ihr ist immer häufiger die Rede, von der so genannte „letzten Meile“. Gemeint ist mit dem ursprünglich rein logistischen Fachbegriff, der Weg der Ware aus den Geschäften und Gastronomien in die Hände der Kunden. Es ist das letzte Teilstück eines oft langen Weges, den die Produkte bis dahin von der Herstellung durch Industrieunternehmen über den Großhandel zu den Händlern genommen haben. Bei Foodherstellern war bis vor einigen Jahren dieser letzte Wegabschnitt der Ware ganz einfach: Die Kunden gingen in den Handel und die Gastronomie, kauften die Produkte, verzehrten sie vor Ort oder nahmen sie mit, für unterwegs oder zu Hause. Die Convenience Stores haben diesen Weg der Kunden schneller, einfacher und angenehmer gemacht, weshalb man ihnen ihren Namen gegeben hat. Ihr Geschäft wird es hoffentlich noch lange geben, aber bei ihrem Bemühen, den Konsumenten eine bequeme Versorgung mit Lebensmitteln zu ermöglichen, treffen sie auf immer mehr Wettbewerber, die durch die Pandemie in ihrer Entwicklung weltweit Rückenwind bekommen haben, zumal aktuell Investoren hier das große Geschäft wittern.
Wie die Ware zum Kunden kommt
Durch die neuen digitalen Möglichkeiten können Produkte überall bestellt und durch Lieferservices, Paketversand, Pick-up-Stationen oder Click & Collect jederzeit in die Hände der Kunden gelangen. Der Grund dafür, dass dieses allseits aktuelle Thema, jetzt gerade auch in Bezug auf die Convenience-Branche so intensiv diskutiert wird, ist, dass es bisher die Kernkompetenz der Convenience Stores war, die Produkte für ihre Kunden schnell und bequem für unterwegs und zuhause zugänglich zu machen. Diese Kernkompetenz ist jetzt in Gefahr.
Schnelle, spontane Versorgung Denn wachsende digitale und logistische Konzepte sorgen dafür, dass neue Player jetzt auch die spontane Versorgung, in kürzester Zeit On-thego oder für zu Hause, bedienen können. Konzepte wie Dash Mart, und Go Puff in den USA haben es vorgemacht, oder auch Gorillas in Deutschland. Sie liefern Bestellungen innerhalb von zehn Minuten. Das könnte schneller sein als der spontane Besuch im einem nahen C-Store. Geradezu „blitzartig“, deshalb lautet ein neuer Fachbegriff dafür auch „FlashSupermarket“. Laut eines Berichts der Online-Plattform Deutsche Startups konnte der US-Ableger von Gorillas gerade eine Kapitalerhöhung um 44 Millionen US-Dollar verzeichnen und die deutsche Tochter, die bisher nur in Teilen von Berlin, Köln und Hamburg vertreten ist, will angeblich
Digitale Medien und Lieferservices gehen Hand in Hand und können ganz unterschiedlich eingesetzt werden.
Das so genannte Curbside-Pickup, bei dem die Ware für den Autotransport bereitgestellt wird, ist in den USA verbreitet.
künftig die Umsätze machen, die bisher den Convenience-Händlern vorbehalten waren, weil sie auf der letzten Meile eine bessere Performance liefern konnten.
Allerdings hat der traditionelle Convenience-Retail die Chance, sich ebenfalls weiter zu entwickeln. Das hat jetzt noch einmal der international wichtigste Convenience-Verband, die National Association of Convenience Stores (NACS) im Rahmen seiner internationalen Studie „Last mile fulfillment in convenience retail“ herausgearbeitet. Die Studie basiert auf der Grundlage einer globalen Befragung von Convenience-Retailern, die Ende 2020 veröffentlich wurde. Das Last Mile Survey unterstreicht folgerichtig, dass der Anlass für diese Analyse der NACS die Tatsache ist, dass durch diese neuen Last-Mile-Services anderer Anbieter der ConvenienceBranche Disruption droht.
Abzusehen war diese Entwicklung schon vor der Pandemie, doch durch die Pandemie, beginnend im vergangenen Jahr, ist bei entsprechenden Wettbewerbern aus ersten Überlegungen schnell gelebte Praxis geworden. Das gilt auch für die Verbraucher, und dabei offensichtlich gerade für jene, die sonst wohl nicht ohne weiteres zu solchen Versorgungsmöglichkeiten gegriffen hätten.
Die Convenience-Branche reagiert sehr deutlich
Doch es wäre ein Missverständnis zu meinen, dieser Situation sei die Convenience-Branche weltweit hilflos ausgeliefert. Auch das ergab die NACS-Befragung. Demnach bieten beispielsweise in Australien bereits 91 Prozent der Shop-Betreiber, in Europa 85 Prozent und in den USA 46 Prozent so genannte Last Mile Fulfillment Services an. Diese starke Zurückhaltung der US Convenience- Retailer ist dabei wohl offensichtlich ein wichtiger Beweggrund für die NACS, das Bewusstsein der Branche in dieser Hinsicht schärfen zu wollen. Die laut der Befragung von C-Stores weltweit am häufigsten angebotenen Last-Mile-Services sind digitale Bestellmöglichkeiten von Ware, die dann im Shop abgeholt werden kann, das so genannte In-Store-Pick Up. Dazu kommen laut der NACS-Befragung folgende weitere mögliche ServiceAngebote: ■ Mobile Bestellung und Lieferung der Ware nach Hause oder ins Büro ■ Mobile Bestellung und Lieferung oder Bereitstellung der Ware am
Shop-Standort für die Abholung per
Auto (Curbside Pickup). ■ Online-Bestellung per Webseite und
Lieferung nach Hause. ■ Aufstellung von Paketboxen, um eigene und/oder die Ware Dritter für
Kunden zugänglich zu machen. ■ Mobile Bestellung und Abholung an einem Drive Through-Fenster. ■ Bestellung über eingebaute Technik an der Zapfsäule und anschließende Abholung im Shop. ■ Bestellung an der Zapfsäule und
Lieferung an das stehende Auto der
Kunden durch Shop-Mitarbeiter. Eine Vielzahl der Anbieter wolle in den kommenden zwölf Monaten weitere Services hinzunehmen, die es in ihrem Shop noch nicht gebe, ergab die Befragung weiter. Dabei zeichne sich allerdings noch kein eindeutig favorisiertes Angebot ab. Von denjenigen, die Lieferdienste anbieten, setzen mehr als ein Drittel bei der Organisation auf eine Cloudlösung externer Partner (Off Premise) und bei der eigentlichen Lieferungen ganz auf Mitarbeiter von Partnern wie in den USA beispielsweise auf Uber. In Deutschland wären das dann Player wie Wolt (dazu unser Bericht auf Seite 22). Am häufigsten laufen entsprechende Bestellungen bei den Shops ausschließlich über die mobilen Apps solcher Partner, es gibt allerdings auch Konzepte von Convenience-Ketten die ganz auf eigene Technik und eigene Mitarbeiter setzen. So etwas gibt es in Deutschland bisher nur ganz vereinzelt bei EigentümerShops und einigen wenigen Nahversorgern.
Den Umsatz sichern
Die neuen Möglichkeiten werden demnach weltweit von C-Stores genutzt, um die Umsätze zu erhöhen oder zumindest dafür zu sorgen, dass diese nicht, angesichts des wachsenden Wettbewerbs, zu stark einbrechen. Die grundsätzlichen Befürchtungen, die Shop-Betreiber dabei haben, erläutert die NACS im Rahmen der Studie. Es geht um: ■ Kosten: Das ist verständlich, denn sollten solche Services nur das bisherige Geschäft ersetzten, dann sind die Kosten dafür sicherlich höher als ein schlichtes Angebot in den Regalen der Shops.
Viele Betreiber wollen in den kommenden zwölf Monaten weitere Services im Shop anbieten.
Shops müssen mithalten – wie auch immer Kunden den Einkauf wünschen.
■ Technische Herausforderungen:
Zusätzliches technisches Knowhow muss verfügbar sein und entsprechend bezahlt werden.
■ Mitarbeiter und Organisation: Es ist nicht einfach, die Erledigung der zusätzlichen Last Mile Fullfillment-
Services durch die Shop-Mitarbeiter so in den Arbeitsalltag zu integrieren, dass es sinnvoll und praktikabel ist und das eigentliche Store-Geschäft nicht negativ beeinflusst wird. Die Aufnahme solcher Services ist laut NACS insgesamt „eine Übung in der Ausbalancierung von Kosten, dafür, das Personal und den Betrieb nicht zu überlasten und sicherzustellen, dass die Kundenerwartungen erfüllt werden“, so die Studie.
Demjenigen Shop-Betreibern, die planen solche Service künftig anzubieten oder auszuweiten, spricht die NACS zumindest fünf Empfehlungen für das Vorgehen aus, die zu beachten seien:
1. Einzelhändler sollten für jede potenzielle Partnerschaft bei den Services eine Kosten-Nutzen-Analyse aufstellen und prüfen, ob die Arbeit mit eigenem Shop-Personal nicht die bessere Alternative ist.
2. Sichergestellt sein sollte, dass die Shop-Betreiber auch Zugriff auf die gesammelten Kundendaten haben und diese auswerten können, um die Vor- und Nachteile für das eigene Geschäft zu verstehen. Das könnte bei der Nutzung fremder Apps schwierig werden, deshalb sei auch die Option einer eigenen App zu prüfen.
3. Das Eigentumsrecht an den Kunden-Daten in diesem Geschäft müsse mit jedem Partner klar vertraglich geregelt werden. Dabei gilt es, sich von Seiten der Shop-Betreiber vor allem auch gegen unerlaubte Nutzung oder sogar den Weiterverkauf dieser Daten abzusichern.
4. Die Vorteile, die solche zusätzlichen Services bringen, müssen die Nachteile, die durch die stärkere Belastung des Shop-Personals entstehen deutlich übertreffen. Kundenwünsche noch besser zu erfüllen, dürfe nicht allein auf Kosten des ShopPersonals geschehen.
5. Auch wenn entsprechende Service-Angebote von WettbewerbsConvenience-Stores im Einzelfall fehlen, bedeute das nicht, dass die Kunden nicht hohe Standards in Sachen Lieferung, Abholung, Zahlungssysteme, digitale Informationen etc. haben. Diese Erwartungen müssen von allen Anbietern jederzeit beachtet und erfüllt werden. Gerade der letzte Punkt der Kundenerwartungen gilt nach dem überaus starken E-Commerce-Jahr 2020 auch für Akteure in Deutschland: Immer mehr Kunden wissen genau, was einen perfekten Last-Mile-Service, ob bei Pick-up, Click & Collect oder Home-Delivery ausmacht. Den wollen sie haben. Viel Kredit oder Verständnis für die Fehler von Neueinsteigern wird es nicht geben. Selbst wenn die Kunden sich nicht beschweren, werden sie dann wahrscheinlich einfach nicht mehr dort kaufen.
Nachhaltige Veränderungen
Fest steht für die Analysten der NACS, aber auch für viele andere Fachleute, dass das Angebot solcher Last-MileServices und das Auftauchen vieler neuer Player, die sich zu immer größeren Einheiten zusammenschließen werden, letztlich auch die Erwartungen der Kunden an bequemes Einkaufen nachhaltig verändern werden. Dem muss gerade die Branche, die sich „Convenience“ auf die Fahnen geschrieben hat, gerecht werden. Die Betreiber von C-Shops müssen sich vor so einer Entwicklung dann nicht fürchten, wenn sie sich auf dem Laufenden halten und an der richtigen Stelle mit der passenden und wirtschaftlich vernünftigen Strategie mitmachen.
Vieles spricht dafür, dass die konkreten Erfahrungen der Branche im Convenience-Retail die Shop-Betreiber mit ihrer Food-Expertise dann doch verstärkt zu wertvollen Partnern, vor allem der vielen neuen Player mit Herkunft aus dem Technik- und Software-Bereich, machen könnten. Wer schließlich wen dafür übernimmt, muss sich erst noch zeigen.
Das Whitepaper der NACS hält noch viele weitere ausführliche Infos bereit.
Ob Lieferung oder Abholung: die Entscheidung des Kunden bleibt sehr individuell.