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Tabakwaren Gefährliche Steuerpläne

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ANGRIFF AUF DIE E-ZIGARETTE

Die Bundesregierung plant eine Steuererhöhung für die Kategorie Tabakwaren. Erstmals sollen dadurch Tabakerhitzer genauso wie Zigaretten besteuert werden. Auch E-Zigaretten fallen nun unter diese Steuergesetzgebung. Die Branche befürchtet als Folge drastische Preiserhöhungen und wehrt sich.

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TEXT MARTIN HEIERMANN

Erneut kommen Steuererhöhung auf Takakwaren-Hersteller und -Handel zu. Die Bundesregierung hat das bereits angekündigt. Diesmal werden von der Maßnahme höchstwahrscheinlich auch E-Zigaretten betroffen sein. Die Erhöhung soll ab 2022 stufenweise umgesetzt werden. Allerdings gibt es bisher nur einen Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums, der noch mit den einschlägigen Branchenverbänden diskutiert wird. Ersten Äußerungen zur Folge, scheint es für eine solche Steuererhöhung auf Seiten der Verbände, eine gewisse Akzeptanz zu geben. Jedoch nur, was klassische Tabakwaren angeht.

So macht Steffen Kahnt, Geschäftsführer des Handelsverband Tabak, BTWE, gegenüber Convenience Shop deutlich, dass ein Stufenmodell für seinen Verband „grundsätzlich sehr intelligent und marktschonend“ sei. Auch Jörg Gerteisen, Geschäftsführer des Zigaretten-Herstellers Hermann Hauser, begrüßt „grundsätzlich eine schrittweise und moderate Anhebung“. Und auch Ralf Kalus, Key Account Manager Tankstelle beim Zigarren-Hersteller Arnold Andre, hält genauso wie der Bundesverband der Zigarrenindustrie grundsätzlich eine solche Steuererhöhung für marktkonform. Das vorliegende Modell gehe „aber für die Zigarrenindustrie an die Grenzen einer möglichen wirtschaftlichen Umsetzbarkeit“, so Kalus weiter. Den gleichen Standpunkt nimmt

Eine Flasche Liquid würde statt fünf Euro dann bis zu 13 Euro kosten.

Pläne für die Tabaksteuer

Die Tabaksteuer soll nach den Plänen des Bundesfinanzministeriums stufenweise im Zeitraum von 2022 bis 2026 angehoben werden. Eine Packung klassischer Zigaretten soll pro Jahr fünf Cent teurer werden, also am Ende der Erhöhung 25 Cent mehr kosten. Nach Auffassung der Branche „gerade so an der Grenze des Vertretbaren“. Tabakerhitzer sollen ab kommendem Jahr wie Zigaretten behandelt werden. Dadurch wären deutlich mehr Steuern fällig. E-Zigaretten und Liquids werden dann in die Tabaksteuergesetzgebung einbezogen und würden deutlich teurer werden. Bei E-Zigaretten mit Nikotin plant der Bund 2022 mit 135 Millionen Euro Steuereinnahmen. 2026 sollen es 896 Millionen Euro werden. Aus Sicht der Tabakbranche völlig unrealistisch. auch Jan Mücke ein. Der Geschäftsführer des Bundesverbandes Bundesverband der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse, BVTE, beschreibt die „für Zigaretten und Feinschnitt vorgeschlagenen Steueranpassungen als an der Obergrenze des Zumutbaren für Kunden und Hersteller“. Keinesfalls dürfe hier aufgesattelt werden.

„Politischer Fehler“

Deutlich mehr Widerstand gibt es gegen die staatlichen Steuerpläne für E-Zigaretten und Tabakerhitzern. Insbesondere die Besteuerung dieser Produkte nach deren Nikotingehalt steht im Kreuzfeuer. Jan Mücke spricht von einem „gesundheitspolitischen Fehler“ und „dem Ende für diese weniger schädlichen Erzeugnisse“. Dustin Dahlmann, Vorsitzender des Bündnisses für Tabakfreien Genuss, BFTG, und Gründer des E-Zigaretten-Herstellers Innocigs, rechnet vor: „Bei E-Zigarettenliquids verteuern sich die Produkte nach einer solchen Steuererhöhung um bis zu 160 Prozent. Eine Flasche Liquid würde statt wie bisher fünf Euro dann bis zu 13 Euro kosten.“ Rauchen würde im Vergleich zum Dampfen nach diesem Entwurf wieder günstiger sein, meint Dahlmann. „Dies verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz und wäre verfassungswidrig“, urteilt er.

Noch schärfer geht Michal Dobrajc, geschäftsführender Vorsitzender des Verbands des E-Zigarettenhandels, VdeH, mit den Plänen

ins Gericht: „Diese Steuerpläne machen fassungslos und man vermutet zunächst einen Rechenfehler. Eine derartige Verteuerung kann nur mit der Absicht erfolgen, den Konsum eines Produktes vollständig abzuwürgen.“

Zudem warnen die Verbände vor einem nationalen Alleingang. Sie verweisen auf negative Beispiele in Italien und Estland. In dem südeuropäischen Land musste eine hohe Steuer auf E-Zigaretten 2018 wieder um 90 Prozent gesenkt werden. Auch in Estland sei ein ähnliches Phänomen sichtbar geworden: Sowohl der Schwarzmarkt als auch der grenzüberschreitende Handel wuchsen so stark, dass ein Aussetzen der Steuer beschlossen wurde. Hinzu komme, dass die EU an einer Tabaksteuernovelle inklusive E-Zigarettensteuer arbeite, macht Dahlmann deutlich: „Wir erwarten erste Ergebnisse noch in diesem Jahr. Ein nationaler Alleingang macht keinen Sinn.“ Ähnlich argumentiert Steffen Kahnt vom BTWE. Der nationale Alleingang vernichte Unternehmen und Arbeitsplätze in Deutschland.

Ein weiterer wichtiger Diskussionspunkt ist der Verwaltungsaufwand: Jan Mücke vom BVTE argumentiert, dass die geplante Besteuerung nach Nikotingehalt und Volumen bei E-Liquids zu einem erheblichen administrativen Mehraufwand bei den Unternehmen und den Zollbehörden führe. „Deshalb treten wir für eine reine Volumenbesteuerung von nikotinhaltigen Liquids ein.“

Letztendlich seien auch die Erwartungen des Finanzministeriums an den Erfolg einer solchen Steuer nicht nach zu vollziehen, meint Dobrajc vom VdeH: „Sie entbehren jeder Realität, zumal durch die massive Verteuerung die Branche vernichtet wird, bevor es zu Steuereinnahmen kommt“, stellt er klar. Es sei unverständlich, weshalb Erfahrungen aus anderen Ländern ignoriert würden, während auf EUEbene Gespräche für eine harmonisierte Besteuerung stattfänden.

Für eine langfristig planbare Steuerpolitik will sich der BVTE einsetzen. Man werde sich bei den Parlamentariern für Änderungen am Gesetzentwurf bezüglich der E-Zigaretten- und Tabakerhitzerbesteuerung einsetzen. „Im Juni werden wir wissen, was der Gesetzgeber entschieden hat“, so Mücke.

„Diese Steuerpläne machen fassungslos und man vermutet zunächst einen Rechenfehler.“

MICHAL DOBRAJC VDEH

„Der geplante nationale Alleingang vernichtet Unternehmen und Arbeitsplätze in Deutschland.“

STEFFEN KAHNT BTWE

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