REESEN 7 - Sommer 2022 - DE

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LUX E M B U R G S

R E I S E MAGAZ I N

I t a l i e n Mülle r t h a l

M e c k l e n b u r g e r

Azor e n Breg enze r wal d

Ale n t e j o B u r n i n g

N°07

S e e n p l a t t e

B e r l i n M a n

To g o


BOLOGNA BETWEEN HISTORICAL AND CULINARY TREASURES

3 flights per week

Book in your travel agency, in your Luxair Travel Store or on luxair.lu


Das italienische Sprichwort „Wer es langsam und locker angeht, der bleibt gesund und kommt weit“, oder auch in Kurzform „Langsam, aber sicher“, war nie treffender als jetzt, wo wir vorsichtig zu alten Gewohnheiten zurückkehren und wieder anfangen zu reisen. Der Spruch trifft aber auch auf uns zu, denn wir haben uns Zeit genommen, Luxemburgs Reisemagazin komplett zu überarbeiten. Was Sie in Händen halten, ist ein völlig neues REESEN. Wir dachten, es sei an der Zeit, unser Reisemagazin auf ein neues Level zu bringen, und haben dem Heft ein Facelift verpasst und es in vielen Punkten verbessert. Ab sofort ist das Heft nur noch einsprachig, und mit der Unterstützung von Ihnen, liebe Leser, und unserer Werbepartner wird sich ab 2023 die Erscheinungsfrequenz verdoppeln (von zwei- auf viermal pro Jahr). Eine französische und eine englische Version werden hinzukommen, genau wie bei KACHEN, um der besonderen luxemburgischen Sprachsituation Rechnung zu tragen. Wir haben Platz für größere Fotos und inspirierende Texte geschaffen, in der festen Überzeugung, dass ein Reisemagazin vor allem zum Träumen anregen soll. Sei es von nahen und fernen Zielen, die wir irgendwann einmal selbst erkunden wollen, oder von Destinationen, die unerreichbar sind, uns aber dennoch

zum Reisen im Kopf verführen. Wir haben unseren Reisejournalisten völlig freie Hand gelassen beim Geschichtenerzählen. Niemand braucht ein Reisemagazin, das Informationen und Tipps auflistet, die Sie mit einem Klick im Netz finden. Wir wollen Sie zum Träumen, zum Miterleben, zum Staunen verführen, und unsere Autoren geben ihre ganz persönlichen Erfahrungen wieder, authentisch und anschaulich. Ab sofort gibt es auch in jedem Heft eine Coverstory zu einer bestimmten Destination auf mehr als zwanzig Seiten. Vieles hat sich verändert, und die gezwungene Pause, die uns die Pandemie auferlegte, hat uns bewusst gemacht, wie privilegiert wir im kleinen Luxemburg sind, dass wir uns (außer in Lockdownzeiten) seit jeher frei bewegen können und reisen dürfen, wohin wir wollen. Die Luxemburger sind ein reisefreudiges Völkchen. Ob das nun an der zentralen Lage mitten in Europa liegt, daran, dass wir weder Berge noch Meer haben, oder einfach an einem angeborenen Entdeckerdrang, das mag jeder für sich entscheiden. Vielleicht (oder besser: hoffentlich) reisen wir nun mit einem Quäntchen mehr Bewusstsein für die Schönheit unserer Erde und deren Vergänglichkeit sowie dem Wissen, wie wichtig es ist, die Natur zu erhalten und demnach nachhaltiger zu reisen und bewusster zu genießen.

E D I TO R IAL

„Chi va piano va sano e va lontano.“

Bibi Wintersdorf Chefredakteurin & Herausgeberin

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I N H A LT


I N H A LT

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M Ü L L E RT H A L T R AV E L T R E N D S E S C H 2022 T R A U M H OT E L M E C K L E N B U R G E R S E E N P LAT T E C OV E R STO RY I TA L I E N A ZO R E N A L E N T EJ O D I G I TA L N O M A D S BERLIN B R E G E N ZE RWA L D BURNING MAN TO G O


M Ü L L E RT HAL

Im Tal der tanzenden Felsen

Text Joscha Remus

Fotos Raymond Clement

Die Natur kann spannende Geschichten erzählen. Ganz besonders wilde und verwegene erzählt sie uns in der Region Müllterthal (Mëllerdall). Geschichten, die tiefe Einblicke in die Entstehung all der bizarren Felsengärten, Schluchten, Spalten, Plateaus und Höhlen geben, die hier, in einem der weltweit schönsten Natur- und Geoparks, zu sehen sind.

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Seit diesem Frühjahr ist der „Naturund Geopark Mëllerdall“ stolzes Mitglied im internationalen Netzwerk der UNESCO Global Geoparks. Es war Patrick Deboulle, einem offiziellem Wanderf rer des Regionalen Tourismusbüros Müllerthal vergönnt, damals in der Bewerbungsphase zwei der UNESCO-Experten zu einigen eolo is en Wundern der egion zu führen. Diese Geschichte interessierte mich. Im Mai bat ich Patrick, den lokalen Rundwanderweg B2 bei Berdorf, den er den Entscheidern der UNESCO damals gezeigt hatte, noch einmal mit mir zu erwandern. Gespannt war ich darauf, was dieser begnadete Geschichtenerzähler und Naturkenner alles zu berichten hatte – und besonders, was die UNESCO letztlich dazu bewegte, den Naturund Geopark Mëllerdall als Global Geopark anzuerkennen. 2019 war eine Bewerbung schon einmal abgelehnt worden. Kurz nach der Begrüßung er-

zählt Patrick, dass es eben nicht ausreicht, sich nur auf das geologische Erbe und die Schönheit dieser Landschaft zu verlassen. Wi ti sei au die in indun des Naturparks ins weltweite Netzwerk und die lokalen Gemeinden. at rli ann man all die Wanderwege in der Region Müllerthal auf eigene Faust erkunden. Doch wer nicht nur den Steinen und Vögeln lauschen, sondern auch spannende Geschichten hören möchte, sollte die Touren mit einem Wanderf rer oder einer Wanderf rerin buchen. Auf in die größte Galerie Luxemburgs! Bereits vor Beginn der B2-Tour erfahre ich im schönen Holzbau des Tourist Info Berdorf einiges über die Kraft eines 200 Millionen Jahre alten Ur-Meeres, das damals das ganze Pariser Becken, die Eifel und Luxemburg bedeckte. Aus der Zeit des Trias und Jura sind einige Relikte dieses Ozeans hier zu sehen.


M Ü L L E RT HAL OBEN Die Region Müllerthal ist spannend. Unter diesem Felsüberhang namens os ur emeinde effin en entdeckte man menschliche Skelettreste aus der Mittelsteinzeit. Der „erste Luxemburger“ wird denn auch nach dem Fundort Loschi genannt.

UNTEN Ein Gefühl wie im Urwald. Die im Artikel beschriebenen moos ewa senen äume findet man im Natur- und Geopark Müllerthal nicht nur auf dem B2 - Berdorf Trail, sondern auch auf dem B1 - dem Beaufort-Trail.

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Panoramasicht auf Echternach. Sehenswert in der Region ist auf jeden all au die Wolfss lu t die si gleich oberhalb des nordwestlichen Stadtrandes on terna efindet.

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las lares Wasser flie t an der al tuff uelle im Tal der Schwarzen Ernz über einen Felsvorsprung in ein e en. m esten ist dieser rt er den lo alen Wanderwe W m mit Start an der erin er illen oder er Route 3 vom Mullerthal Trail aus zu erreichen.

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M Ü L L E RT HAL Der Volksmund nennt sie Teufelskrallen. Die kleinen, schwarzen, krallenförmigen Gebilde sind versteinerte Muscheln. Die ehemaligen Meeresbewohner stammen aus einer Zeit, als das heute im Natur- und Geopark Mëllerdall zu sehende Sand- und Mergelgestein noch der Boden des Ur-Meeres war. Die schönen fossilen Grypaea arcuata, eben jene Teufelskrallen, sollte man auf eden all eim Wandern lie en lassen. Wie alles was man auf dem Boden oder den Felswänden entdeckt. „Außer Plastik“, sagt Patrick, „das darf man getrost aufheben und mitnehmen.“ er Wanderwe erdorf ist nur ilometer lan a er man findet ier auf leinstem aum alles, was das Müllerthal ausmacht. Grotten, Höhlen, Schlüfe (schmale ur än e lateaus S lu ten und einen naturbelassenen Wald. ine spe ta uläre els Landschaft, eine Erlebniswanderung mit Abenteuergarantie. Für Patrick Deboulle ist dies einer der s nsten Wanderwe e in der egion Müllerthal. Er beschreibt das Naturwunder, das wir nun betreten, auf seine unnachahmliche Art als eine geologische Kunstgalerie, die zwar keine Türen hat, aber dennoch hundert Eingänge. Ein Ort, so sagt er, an dem die beste nstlerin der Welt e en die atur i re allers nsten Wer e unter freiem Himmel ausstellt. Schon nach wenigen Schritten erreichen wir die wildromantische Felsenschlucht des Roitzbachs uets e . eim stie ins Tal wird es deutlich kühler. Irgendwie fühle ich mich durch die bizarren

Felsen und die Farne hier an Jurassic Park erinnert. Einige Buchen scheinen mit ihrem weiten Wurzelwer die elsen er lettern zu wollen. Andere moosbedeckte Bäume haben bereits die Felsen gesprengt und tragen so zur Erosion bei. Farne, Moose und Flechten lieben die hohe Luftfeuchtigkeit. Weil der u em ur er Sandstein die Fähigkeit besitzt, sehr viel Wasser aufzune men und dieses Wasser na und na an die flanzen a zu e en f rt dies hier am Roitzbach zu einer sehr üppigen, durch das feuchte Mikroklima begünstigten Vegetation. Urwald-Feeling. Die Werkzeuge der Künstlerin Natur Grün in allen Schattierungen. Moos bedeckt die herumliegenden Steinbrocken und Felsen. Auch umgefallene Bäume sind von einem Mantel aus Moos bedeckt. Zu den Wer zeu en die der nstlerin Natur hier zur Verfügung stehen, zä len der Wind die Temperatur der ru das Wasser und e en au die äume mit i ren Wurzeln. Ein Baum stützt tatsächlich einen schief stehenden Felsen, der aussieht, als sei er irgendwie ins Rutschen gekommen. Er hält den s rä en elsen mit seinem Wurzeln wie mit einem Korsett. Als wolle die belebte und unbelebte Natur hier eine Symbiose eingehen. Rutschende oder gar wandernde Felsen sind hier keine Seltenheit, sagt Patrick. Die Geologin des Natur- und Geoparks Mëllerdall Dr. Birgit Kausch hat mir das bereits einmal erklärt.

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Rutschungen entstehen überall an Hängen aus tonigen Mergelschichten. Einsickerndes Grundwasser wirkt dabei auf dem Lehm wie ein Gleitmittel. Durch den Druck und die Schwerkraft beginnen selbst riesige Felsen talwärts zu rutschen oder sich zu neigen. Patrick zeigt auf einen Solitär – einen einsamen Felsen, der sich von seiner Felsfamilie verabschiedet hat und nun erdutzt einsam auf dem Wald oden ruht. Natürlich fallen Patrick Deboulle dazu auch immer Mythen und Geschichten ein. Entstanden sind viele dieser Sagen, weil die Menschen früherer Zeit sich eben diese Wanders aft und das Tanzen der Felsen nicht erklären konnten. Wer atte s on die raft i antische Felsen zu einem Plateau aufzutürmen? Da musste einfach der Teufel seine Hand im Spiel haben. Und so heißt ein Ort auf unserer Wanderstre e tatsä li au Teufelsinsel äiwelsinsel . Plateau mit Weitblick Etwas anspruchsvoll wird es dann schließlich auch noch. Zuerst einmal erall dort auf der Wanderung, wo die Eiszeit sich als Steinmetz, als Bildhauer und Gestalter der Felslandschaft verwirklicht hat. Wasser dran ier zwis en die größten Sandsteinblöcke, sprengte sie ab oder schnitt sich beharrlich in den Sandfelsen hinein und schuf so spektakuläre Schluchten, Durchgänge und Grotten. an wo l elei ter Wanderer passt nicht durch diese engen Einschnitte, die schmalen Felsdurch-

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M Ü L L E RT HAL ie o lla o ler elsen ist ein Steinbruch. Hier haben bereits die Römer Steingut für Bauten gewonnen. Später wurden hier Mühlsteine für die Klöster und Mühlen der Region gebrochen.

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er Wanderf rer atri e oulle und da inter der utor Joscha Remus auf der Metallbrücke am Berdorf 2 - Track. Aufgenommen von Gaby Frisch, die unsere gesamte Wandertour mit der oto amera e leitet at. © Gaby Frisch

lässe, die hier auch Schlëffe genannt werden. Die spektakulärsten Schluchten sind die sogenannten Siweschlëff. Die „sieben Schluchten“ bezeichnen ein Felslabyrinth aus sieben kaum dreißig Zentimeter breiten und bis zu zwanzig Meter tiefen Einschnitten. Sicherlich wagt sich auch nicht jeder die steile Eisenleiter hoch, die einen von der Räuberhöhle hinauf in den Adlerhorst bringt. Die Plateaus, wie die Teufelsinsel und das Ruetsbechplateau, sind übrigens wunderschöne Aussichtspunkte, die einen weiten Blick bis nach Deutschland oder die Burg Beaufort gewähren und einen zur Rast einladen. Entzückte UNESCO-Vertreter Ich kann mir sehr gut vorstellen, wie entzückt und verzaubert die

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beiden Vertreter der UNESCO gewesen sein müssen, als ihnen Patrick Deboulle diese märchenhafte Kulisse zeigte. Bei unserer ersten emeinsamen Wanderun auf dem Berdorf-2-Track begleitete uns im Sommer 2021 auch Claude Petit, der Direktor des Natur- und Geoparks Müllerthal. Auch er war begeistert, wie lebendig und humor oll ein uter Wanderf rer den ens en all diese Wunder nahebringen kann. Durch gutes Storytelling wird auch die Einbindung geologischer Schätze und traditionellen Wissens ins lo ale Erbe gewahrt. ur Wanderf rer wie atrick erfährt man, dass es hier viele Bäume gibt, die die Luxemburger wie die Franzosen Houx und die englischsprachigen Besucher Holly nennen. Eine intelligente Stech-

palme mit schönen roten Früchten, aus deren Holz übrigens Harry Potters Zauberstab gefertigt ist. Man lernt etwas über tanzende Felsen, geheimnisvolle Fischgrätenmuster im Stein, die wundervollen Fähigkeiten eines sehr seltenen Farns, man lernt, dass jeder Baum eine Vorder- und eine Rückseite hat und auch etwas über die geheimnisvollen Beleuchtungen eines Römerwegs, der hier entlangführt. Der hier beschriebene Rundwanderweg Berdorf 2 ist nur ein Beispiel für die Schönheit des UNESCO Global Geoparks Mëllerdall. Der Landschaftsfotograf Raymond Clement hat auch andere zauberhafte Orte dieser Gegend ins Bild gesetzt. Denn der jüngste aller luxemburgischen Naturparks kann mit einigen Kunstwerken der Natur aufwarten.


M Ü L L E RT HAL

Breviarium

DEUTSCHLAND

Berdorf Echternach Osweiler

MÜLLERTHAL

49° N 6° O

Bech

www.mullerthal.lu info@mullerthal.lu

Unbedingt Ta e or dem ew ns ten Termin eine ef rte Wanderun unter den o en aufgeführten Links, am besten aber telefonisch – buchen. Die beste Zeit ist das Frühjahr und der er st unter der Wo e. n edin t erwandern sollte man die Wanderwe e in erdorf in eaufort in terna dur die ro arti e Wolfss lu t den undwanderwe Autopedestre Müllerthal-Consdorfer Mühle-Müllerthal und die Route 2 vom Müllerthal-Trail eine Ta e Tour . ie S l sser in eaufort und aro ette sind a solut se enswert.

Bloß nicht ... schlechte Schuhe tragen. Viele sandrutschige Naturtreppen und sandige Passagen können ohne das geeignete Schuhwerk gefährlich sein. Man sollte die Landschaft so elassen wie man sie orfindet. eiden sollte man die rotten und len im Winter da sie au Winter uartiere f r seltene ledermausarten sind. ie Tiere rau en i re Winterru e um zu erle en. an sollte die mar ierten We en ni t erlassen da man a seits dieser We e seltene flanzen zertreten nnte.

Geheimtipp In Osweiler lohnt ein Abstecher zum Homburger Hof, ein solidarisch geführter auern etrie . Wer m te ann einmal in der Wo e einen or mit auf dem of hergestellten Produkten beziehen. In Bech bei Echternach und in der Consdorfer Mühle sollte man die lokale Mikrobrauerei besuchen und das sehr schmackhafte Bier genießen. Absolut sehenswert: die Glasbläserei Pascale Seil in Berdorf.

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T R E N DS T R AV E L

OBEN Verschmutzte Meere bedrohen ihren Bestand: Reinigung von Meeresschildkröten in Thailand.

© Bamboo Travel

UNTEN Wiederaufforstung schafft auch Rückzugsräume für bedrohte Wildtiere: aumpflanza tion im orden T ailands.

© Bamboo Travel

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T R E N DS T R AV E L

Die neue Art des Reisens

ls i on der S nfang 2020 in Luxemburg dazu eingeladen wurde, mich im Rahmen der Ausstellung World Press Foto in einem Podiumsgespräch zum Thema „Die Zukunft des Reisens“ zu äußern, konnte ich, gemeinsam mit der Autorin und erle erin Susanne aspers on vielen positiven Trends berichten. Hoffnungsvolle Trends wie Mikroa enteuer Sta ation und Slow Travel. Doch abschließend kam auch die Frage auf: Zerstören wir denn als Reisende nicht immer per se auch das, was wir suchen, indem wir es finden Mittlerweile habe ich viele wunderbare Menschen mit tollen Ideen kennengelernt. Reisen macht, wenn man Gutes dabei tut, eben doppelt so iel Spa . So ermuntert eidi lei er die sich mit ihrer Reiseagentur Bamboo Travel für nachhaltiges und

verantwortungsvolles Reisen einsetzt, ihre Reisegäste dazu, sich mit den ten und reuden der in eimis en dire t auseinanderzusetzen und ins lokale Leben einzutauchen. Vor allem liegen ihr Urlaubsprojekte in kleinen Gemeinschaften, abseits des Massentourismus am erzen. ommunit ased Tourism nennt si dieser neue, horizonterweiternde Reisetrend, bei dem durch gemeinsame tionen mit in eimischen traditionelle Kultur unmittelbar erlebbar wird. Bamboo Travel arbeitet bevorzugt mit kleineren, lokalen Agenturen zusammen, um individuelle und möglichst nachhaltige Reiseideen umzusetzen. Alle Mitarbeiter or rt werden fair eza lt und sozialverträglich behandelt. Und für jede abgeschlossene Reise wird ein äum en im orden T ailands epflanzt.

Text Joscha Remus

Eins ist klar: Wir können nicht mehr so reisen, wie wir es über Jahrzehnte gewohnt waren. Nachhaltigkeit und klimabewusstes Reisen rücken immer mehr in den Vordergrund. Mikroabenteuer, Staycation, Slow & Fair & Green Travel, Voluntourismus sowie gemeindebasiertes Reisen heißen einige der neuen Reisetrends. Wie also werden wir künftig verreisen?

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T R E N DS T R AV E L

Wahrer Ökotourismus ist Hilfetourismus. Sei es in osta i a wo reiwilli e f r den S ild r tens utz an den Stränden patrouillieren, um potenzielle Wilderer abzus re en und die istplätze der S ild r ten zu do umentieren. Schnorcheln kombiniert mit Ocean Cleaning eim ean ea leanin in S dt ailand at der e emalige Weltumsegler und Ökoaktivist In o lan e samt rau a a und einem Team in den letzten a ren tonnenweise Plastikmüll aus den zeanen efis t und an den Stränden ein esammelt. u i war 2022 drei Monate in Thailand, um ei diesem se r sinn ollen ngagement mitzumachen. llein auf Spenden asis und dank vieler ehrenamtlicher Helfer segelt Ingo Blanke durch die Andamanensee und entfernt indonesis e lipflops ietnamesis e lasti flas en oder mala sis es St ropor aus den ewässern. eim se elnden ean leanin so Blanke, müsse man beim Ankern auch besonders auf Korallen achten und möglichst Mooring-Bojen verwenden. Der Reisetrend, sich ökologisch oder sozial dire t or rt e renamtlich zu engagieren, nennt sich Voluntourismus. Aus den Worten Volunteering und Tourismus zusammengesetzt, beschreibt diese Reiseform engagierte Öko-Arbeit, wobei natürlich, insbesondere bei In o lan e und seinen Se elt rns der Spa das S nor eln und Tauchen nicht zu kurz kommen.

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T R E N DS T R AV E L ea leanin im S den T ailands. rew und elfer auf dem Katamaran Mango. © Ingo Blanke

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T R E N DS T R AV E L

Turmfalke über dem Tempelhofer Feld in Berlin. © Manfred Herz

im

ompass uallen erliner uarium. erliner

uarium

Manchmal gebiert der neue Zustand der Welt, in dem wir uns alle seit zwei a ren efinden gar eigenartige neue Begriffe. Sta ation ist einer on i nen. Tina Hoffmann, deren Blog genau diesen amen trä t sie t die Vorteile dieser Art des Reisens vor allem in der spontanen Mögli eit des r undens s nell erreichbarer Ziele. Gerade vor der eigenen Haustür lassen sich Mikroabenteuer (noch so ein neuer

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Reisetrend) und überraschende Dinge erleben. Reisen vor der Haustür in esonderer Tipp an muss nicht um die halbe Welt reisen, um pazifis e ompass uallen r ckenechsen oder Färberfrösche zu sehen. Ich habe diese schönen Tiere ier in erlin im uarium entdeckt. Der Amateurfotograf Manfred Herz zeigt mir über dem Tempel-

hofer Feld in Berlin Mäusebussarde, Stie litze eunt ter und raureier. in Turmfal e r ttelt ele ant enau über uns auf dem ehemaligen Flugfeld. Bewegt sich in der Luft auf der Stelle und spä t na äusen. Genau diese entspannte Form des „Reisens vor der Haustür“ fasziniert mich. Ich freue mich auf das Bummeln und Flanieren. Ins langsame Flanieren könnte ich mich gerade regelrecht verlieben. Und in all das, was i da ei eues entde e.



E S C H 2022

Naturschätze und Industriegeschichte am Minett Trail

Text Marion Finzi

Fotos Emile Hengen

De Minett. So nennen die Einheimischen das „Land der roten Erde“, das sich im Süden Luxemburgs erstreckt und im Laufe der Zeit viele Entwicklungen durchlebt hat. Diese Region wurde maßgeblich durch den Abbau von Eisenerz und die Stahlindustrie geprägt. Diesem leuchtend roten Eisenerz verdankt sie übrigens auch ihren Beinamen. Heute ist die Minett-Region ein touristisches Gebiet, das neben seiner schönen Natur auch für eben diese industrielle Vergangenheit bekannt ist.

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Nach der Stahlkrise in den 1970erJahren musste sich die Region wirtschaftlich umorientieren. Die zahlreichen Zeugen der vom Stahl geprägten Vergangenheit aber blieben erhalten und ließen ein Gebiet entstehen, das seine großen und kleinen Besucher mit interessanten Besichtigungsmöglichkeiten überrascht. Im Rahmen des Man and the Biosphere-Programms der UNESCO, in das die Region mit dem Projekt „Minett UNESCO Biosphere“ aufgenommen wurde, entstand die Idee, einen regionalen Wanderweg anzulegen, der alle bedeutenden Städte, touristischen Pole und historischen Standorte im Süden der Region untereinander verbindet: der Minett Trail. Die Strecke, die Naturschätze und Industriegeschichte kombiniert, wird dieses Jahr im Rahmen

der europäischen Kulturhauptstadt Esch2022 um neue kulturelle und touristische Aktivitäten erweitert. Prägende Erlebnisse An der 90 km langen Strecke des Minett Trail erwarten die Besucher ganz unterschiedliche und vielseitige Erlebnisse, die alle auf ihre Art prägende Eindrücke hinterlassen. Dazu gehören Tagebaustätten, wo Eisenerz abgebaut wurde, unterirdische Bergwerkstollen, in denen der Besucher selbst in die Rolle eines Bergmanns schlüpfen kann, sowie neu angelegte, moderne Bereiche, die alles über die Bergbaugeschichte der Region erzählen. Einer dieser sehenswerten Orte sind die imposanten Hochöfen von Belval, die einst zu den größten Eisen- und Stahlwerken Luxemburgs gehörten. Nach dem Abstich, der


E S C H 2022 OBEN Der Planetenweg: Auf 13 Erklärtafeln kann man viel lernen über die Sonne, die Planeten, aber auch über andere Himmelskörper wie Asteroiden und Kometen.

UNTEN Der Minett Trail möchte die Wanderer ganz nahe an die für die Region typischen Naturlandschaften heranführen.

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E S C H 2022

An der 90 km langen Strecke des Minett Trail erwarten die Besucher ganz unterschiedliche und vielseitige Erlebnisse. © ORT Sud

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E S C H 2022 Öffnung des Hochofenverschlusses onnte das fl ssi e o eisen ablaufen. Im angrenzenden Stahlwerk wurde es dann zu verschiedenen Stahlsorten weiterverarbeitet. Wenn Sie autna na empfinden möchten, wie es den Minenarbeitern bei ihrer Arbeit erging und welchen Weg sie tagtäglich in den dunklen Bergwerken zurücklegen mussten, besuchen Sie am besten den Minett Park Fond-de-Gras. Hier führt die Grubenbahn „Minièresbunn“ von dem friedvollen Ort Lasauvage durch die dunklen, langen Stollen bis zum Fond-deGras, der früheren Umladestation für Eisenerz. Welchen Gedanken die Bergarbeiter wohl auf diesen langen Fahrten durch den stillen, tiefen Berg nachhingen? Wenn Ihnen diese Zeitreise gefallen hat, unternehmen Sie gleich noch eine Tour mit dem „Train 1900“, ein Dampfzug, der in Petingen startet und ebenfalls über eine Strecke, die früher dem Abtransport von Eisenerz diente, bis zum Fond-deGras rattert. Man kann aber auch im Fond-de-Gras losfahren. Der Minett Trail möchte die Wanderer ganz nahe an die für die Region typischen Naturlandschaften heranführen. Darüber hinaus ermutigt er aber auch dazu, einen Zeitsprung in die bewegte Geschichte dieses „Lands der roten Erde“ zu wagen und sich auch mit den menschlichen Schicksalen aus dieser Zeit auseinanderzuset-

zen. Zum Beispiel im Nationalen Bergbaumuseum: Das Erzgrubenmuseum in Rümelingen zeigt in den unterirdischen Stollen Geräte, Maschinen und Archivdokumente, die von einem Jahrhundert technischer Entwicklung zeugen. Wenn Sie Lust haben, machen Sie einen kurzen Abstecher ins fünf Minuten entfernte Dorf Kayl. Hier können Sie in einer Kapelle in einer Grotte die „Léiffrächen“ begrüßen. Welche Wünsche und Ängste die Bergmänner ihr wohl schon in den vergangenen Jahrzehnten anvertraut haben? Das Viertel NeiSchmelz in Düdelingen ist ein perfektes Beispiel für den gelungenen Übergang von der Vergangenheit zur Zukunft. Düdelingen wird auch die „Schmiede des Südens“ genannt. Die ehemali e Industrieflä e dort wurde im Rahmen eines städtebaulichen Projektes so gestaltet, dass nicht nur neuer Wohnraum geschaffen, sondern auch das Industrieerbe bewahrt wurde und heute ein fester Bestandbild des Stadtbilds von Düdelingen ist. Absolut sehenswert! Unvergessliche Nächte Um das Hautnah-Erlebnis des Minett Trail richtig auszureizen, sollten Sie unbedingt in einer der elf „Kabaisercher“ übernachten, die an der Strecke eingerichtet wurden. Märchenschloss, Grundschule, Wasserturm und Zugwaggon: Wo wollten Sie schon immer mal

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E S C H 2022

Das sogenannte „Skip“ beinhaltet unter anderem Workshops für Kinder, Jugendliche und Senioren im Rahmen von Esch2022.

schlafen? Für welches Ambiente Sie sich auch entscheiden, vereinen diese Unterkünfte den Charme der Vergangenheit mit dem Design von heute und bereiten ihren Besuchern eine komfortable Nacht nach einem prägenden Tag auf dem Minett Trail. So werden selbst die Nächte zwischen den eindrucksreichen Wandertagen zum unvergesslichen Erlebnis. Wer gerne mehr über diese originellen Unterkünfte erfahren möchte, nimmt sich etwas Zeit für die Ausstellung „Walk on the Minett Trail“ (Hall Fondouq in Düdelingen), die die Geschichte jeder einzelnen dieser elf „Kabaisercher“ aufgreift. Esch2022-Projekte am Minett Trail Das Projekt „Landscapes“ gibt zehn jungen Künstlern, die mehrheitlich

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aus dem Minett stammen, die Gelegenheit, die landschaftlichen Veränderungen in den beiden vom Bergbau geprägten Gemeindegebieten Kayl und Rümelingen auf ihre ganz eigene Weise zu interpretieren. Das „Comité National Audiovisuel“ hat gemeinsam mit dem Künstler Michel Feinen und der Bühnenbildnerin Anouk Schiltz das Projekt „Stëmme vun der Schmelz“ ins Leben gerufen, das sich um die Zeitzeugen des ehemaligen Stahlwerks in Düdelingen dreht. Das Projekt versteht sich als eine Hommage an die ehemaligen Arbeiter und soll deren mühevolle Arbeit würdigen. Im Rahmen des Multimediaprojektes werden Stationen mit bleibenden audiovisuellen Spuren auf dem Gelände eingerichtet. Auch die ehemaligen Industriestandorte Möllerei und Massenoire

in Esch-Belval wurden in Ausstellungsbereiche umgewandelt und widmen sich der elektronischen Kunst. Die Möllerei ist ein riesiges Industriegebäude, in dem früher Koks und Erz für die Hochöfen gelagert wurden. Im Nordteil, der seit 2018 nach jahrelangen Umbauarbeiten für Besucher geöffnet ist efindet si eute das Luxembourg Learning Center. Der restaurierte Südteil ist jetzt über eine Brücke mit dem Hochofen A verbunden und verfügt über eine ori inelle usstellun sflä e on 500 m2, die sich über drei Geschosse verteilt. Hier gibt es auch eine Aussichtsplattform. Das Gebäude Massenoire („schwarze Masse“) war eine Produktionshalle für Stopfmasse (auf Teerbasis), mit der die Gießlöcher in den Hochöfen gestopft wurden.


E S C H 2022

Breviarium

Minett Trail

LUXEMBURG

Differdange

Bettembourg Esch-sur-Alzette

Dudelange

49° N 5° O www.minetttrail.lu www.esch2022.lu

FRANKREICH

Unbedingt Besuchen Sie regelmäßig die Website Esch2022, um über alle aktuellen Veranstaltungen auf dem Laufenden zu bleiben! Bevor Sie zu Ihrer Wanderung in der Region aufbrechen, können Sie sich mit dem Reiseführer „Zoom Minett“ schon einen ersten Eindruck von der Region, ihrer Geschichte, ihren Wandermöglichkeiten und Sehenswürdigkeiten verschaffen.

Bloß nicht ... auf die Uhr schauen. Lassen Sie sich alle Zeit, um auf dem Minett Trail zu wandern und die für dieses rote Land so typische Natur ausgiebig zu erkunden und mehr über die bewegte Industriegeschichte der Region zu erfahren.

Über Esch2022 Neben Esch an der Alzette gehören auch die zehn anderen luxemburgischen Gemeinden des Verbands ProSud und die acht Orte des französischen Gemeindeverbands „Pays Haut Val d’Alzette“ (CCPHVA) zu „Esch2022“, die Europäische Kulturhauptstadt 2022. Das grenzüberschreitende Kulturhauptstadtprojekt steht unter dem Motto „Remix Culture“. Die Ausarbeitung und Umsetzung aller Themen geschieht in enger Zusammenarbeit zwischen den Städten, Ministerien und anderen Partnern. Esch2022 wird von der gemeinnützigen Organisation „Capitale européenne de la culture 2022 asbl“ verwaltet. 2022 tragen noch zwei weitere Städte den Titel einer Kulturhauptstadt, Kaunas in Litauen und Novi Sad in Serbien.

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T RAU M H OT E L

OBEN Gastgeber Theresa und ihr Mann Jean-Marc empfangen Sie mit einem Lächeln und verwöhnen Sie ab der ersten Minute.

UNTEN Der Bauernhof aus dem Jahr 1850 erstrahlt in neuer Pracht.

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T RAU M H OT E L

Ein geheimes Hotel in einer malerischen Naturlandschaft

„I had a dream …“ Die Geschichte des Hazelnut House begann mit einem Traum. Ein Traum, den Theresa, Autorin von acht Kochbüchern und freie Autorin und Moderatorin für das Fernsehen, schon lange hegte. „Ich träumte schon immer von einem Ort der herzlichen Begegnung mitten in der Natur.“ Im Jahr 2018 entdeckte Theresa im Osten von Luxemburg ein liebevoll renoviertes Gutshaus von 1851 mit angrenzender Streuobstwiese und alten Obstbaumbeständen. Hier gründete sie die Welt von Hazelnut House als Ort für ihre kulinarischen Workshops und exklusive

Events. Doch es fehlte eine passende Übernachtungsmöglichkeit für die Gäste zum Eintauchen in diese einzigartige Welt mitten in der Natur. „Ich dachte, dass wir das später, vielleicht in zwanzig Jahren, erschaffen könnten“, vertraut sie uns an. Und dann ging alles ganz schnell. Manchmal schenkt uns der Zufall Gelegenheiten, die wir am Schopfe ergreifen müssen. Und genau das hat Theresa getan. Sie übernahm in unmittelbarer Fußnähe zum bestehenden Hazelnut House mit ihrem Mann ein zerfallenes Bauernhaus. Das alte Bauernhaus von 1850 wurde von Theresa und ihrem Mann quasi in letzter Sekunde vor dem Abriss gerettet. Vierzehn Monate dauerte die Restaurierung. In diesem winzigen Dorf im Müllerthal steht neben lediglich sechs weiteren Häusern

Text Marion Finzi

Willkommen im Hazelnut House, ein Gästehaus mit einem großen Herzen, das im Rhythmus der Jahreszeiten schlägt.

Fotos Ramunas Astrauskas

Am liebsten würden wir diesen Ort für uns behalten. Er ist wie ein wunderschöner Traum, aus dem man nicht erwachen möchte. Als würde er wie eine Seifenblase zerplatzen, wenn auch andere ihn entdeckten. Aber dieses kleine Hotel oben auf dem Berg von Girsterklaus, das Theresa Baumgärtner und ihr Ehemann mit so viel Liebe und Herzblut geschaffen haben, ist einfach zu schön, um es nicht zu verraten.

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T RAU M H OT E L

die Girsterklause, die älteste Wallfahrtskapelle Luxemburgs, ansonsten gibt es hier nichts. Welch ein Geschenk in der heute schnelllebigen Zeit! Wiesen, Obstgärten, Blumen und Vogelgezwitscher bestimmen das idyllische Dorfambiente. Eine intakte, stille Natur, die zum Entschleunigen einlädt. Mit den Wanderwegen des berühmten Mullerthal Trail, die durch das Dorf verlaufen, ist das Hazelnut House die ideale Unterkunft für alle, die sich bei Spaziergängen gern ein paar Tage von der restlichen Welt abschirmen möchten. Steigen Sie frühmorgens noch im Schlafanzug die Treppen hinab, machen Sie es sich mit einem heißen, kräftigen Kaffee auf der Terrasse gemütlich und schauen Sie zu, wie auch die Sonne langsam aus ihrem Schlaf erwacht und mit ihren ersten Strahlen die umliegende Landschaft in ein sanftes, verträumtes Licht taucht. Ein Haus mit einer Seele Gleich beim Betreten des Hazelnut House spüren Sie das warmherzige, einladende und gleichzeitig ästhetische Ambiente. Bei der Restaurierung haben die Besitzer großen Wert darauf gelegt, die alte Seele des Hauses zu bewahren, damit es sich mit einer natürlichen und schlichten Gestaltung harmonisch und wie selbstverständlich in die Landschaft fügt.

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T RAU M H OT E L Traumhaftes Frühstück mit warmer Brioche, hausgemachter Marmelade und frischen Eiern von Theresas Hühnerschar, am mit Feldblumen geschmückten Gemeinschaftstisch.

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T RAU M H OT E L

Was gibt es Schöneres, als mit Blick auf die Natur im Schaukelstuhl zu „entschleunigen“?!

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T RAU M H OT E L So schön können alte Mauern sein. Geradezu edel in Kombination mit modernen Möbeln und minimalistischem Dekor!

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T RAU M H OT E L

Die von Theresa sorgfältig ausgewählten Kräuter, mit denen sie ihre Gerichte verfeinert.

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T RAU M H OT E L Das in sanftem, hellem Beige gestrichene Haus besitzt noch seine ursprünglichen Fensterläden und Holzbalken. Steinmauern wurden freigelegt und unterstreichen den authentischen Rahmen. Die Eingangstür ist mit Sandsteinen eingefasst, die von einem alten Haus in Rosport stammen. „Diese kleinen Details haben in meinen Augen eine große Bedeutung, denn genau sie sind es, die dem Ort seine Seele einhauchen“, erklärt Theresa. Das wahre Glück liegt hier in den kleinen Dingen. Im rd es oss efindet si das Esszimmer, das mit seinen vielen Fenstern vom Tageslicht verwöhnt wird und die Gäste zum Frühstück und Abendbrot empfängt. Der lange Holztisch stammt aus einem Kloster in Limpertsberg. Hier nimmt man sich gerne die Zeit, die liebevoll zubereiteten Mahlzeiten zu genießen. Wer möchte, kann mit den anderen Gästen zwanglos plaudern. Jeden Abend bereiten Theresa und ihr Team in der auf den Saal reichenden Küche ein saisonfrisches Menü zu. Die Küche ist für Theresa, die leidenschaftlich gerne kocht, das Herzstück des Hauses. „Ich hatte schon immer eine Vorliebe für die-

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T RAU M H OT E L

Blick in die offene Küche, wo Theresa und ihr Team mit Liebe und Leidenschaft für Sie kochen. Sogar Mitmachen ist erlaubt!

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se offenen Küchen, die man immer in den englischen Cottages sieht“, gibt Theresa zu. Die weißen Steinmauern und Möbel aus Naturholz strahlen eine minimalistische Natürlichkeit aus. Für die warmen, fröhlichen Farbtupfer sorgen die kleinen Blumensträuße hier und da, die vom Team selbst auf den Wiesen und im Garten epfl t werden und im a reszeitlichen Rhythmus mit den unterschiedlichsten Farben immer wieder neue Stimmungen erzeugen. Draußen umarmt eine Natursteinmauer aus den für das Müllerthal typischen Sandsteinen einen Teil des Gartens. In ein paar Hochbeeten wurden gerade erst Kräuter und essbare Blumen ausgesät, die schon in wenigen Wochen einen wunderbaren Duft verströmen und auch den Gerichten am Gästetisch

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ein besonderes Aroma verleihen werden. Von der Holzterrasse aus, auf der es sich in der klaren Morgenluft herrlich frühstücken lässt, schweift der Blick über das sanft geschwungene Tal. Das Hotel verfügt über neun liebevoll gestaltete Zimmer von unterschiedlicher Größe, die sich über zwei Etagen verteilen. Im rd es oss efindet si ein barrierefreies Familienzimmer. Die bewusst minimalistische Einrichtung der Zimmer in warmen Weiß-, Grau-, Holz- und Goldtönen nimmt die Farben der Natur auf. Die restaurierten Sandsteinmauern und Eichenbalken erhalten so genügend Raum, die Seele des Hauses wirken zu lassen. Die individuell gefertigten Möbelstücke vereinen warme Lodenwollstoffe, Leinen, Messing und Holz und stammen

allesamt aus kleinen europäischen Designhäusern. Jedes Zimmer hat eine völlig unverbaute Sicht auf die umliegende Natur und Landschaft. Ein erholsamer Ausblick, der den Herzschlag beruhigt und auf eine Nacht mit sanften Träumen einstimmt. in li tdur fluteter entraum mit Blick über die kleine Kapelle und die weite Naturlandschaft ergänzt das Hazelnut House zu einem einzigartigen Ort für Hochzeiten und Corporate Retreats. Das Hazelnut House ist ein authentischer, altehrwürdiger Ort, an dem die Zeit still steht, damit wir genau von diesem so wertvollen es en profitieren nnen unserer Zeit. Danke Theresa, dass du deinen Traum zu unserer Wirklichkeit gemacht hast.



S E E N P L AT T E M EC K L E N B U R G I S C H E

Land der tausend Seen-Süchte

Text Joscha Remus

Fotos Tourismusverband MV, Felix Gänsicke

Die Mecklenburger Seenplatte ist ein wunderbar ruhiges Fleckchen Erde. Das Land der Schlösser, Seerosen und Haubentaucher lässt sich auf dem Wasser genauso gut erkunden wie mit dem Rad.

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„Ist das alles Mineralwasser hier?“, fragt mich Lars, der achtjährige Sohn meines Freundes. Vor uns liegt der Breite Luzin, ein glasklarer, unfassbar durchsichtiger See. Er zählt zu den sehr wenigen sogenannten Klarwasserseen – die saubersten Seen Deutschlands. Viele der über 2.200 Seen in Mecklenburg-Vorpommern weisen eine hohe Qualität auf. Im fla en ferwasser der offiziellen Badestelle kann man kleine Fischschwärme und zarte Wasserpflanzen eo a ten. as estimmungsbuch weist die Fische als Kleine Maränen aus, die zur amilie der a sfis e zä len. Über eine Woche sind wir nun bereits mit dem Kanu im Naturpark Feldberger Seenlandschaft unter-

wegs und kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Ein Ort zum seen-süchtig werden Aus dem Schilfgürtel ist der Ruf einer Rohrdommel zu hören. Diesen Vogel zu Gesicht zu bekommen wäre allerdings ein sehr seltener Glücksfall. Der scheue Vogel brütet versteckt im Rohrund Schilfdickicht. Vom Campingplatz am Breiten Luzin radeln wir noch spät hinüber zum Schmalen Luzin. Den See haben wir tags zuvor befahren. Ein Naturgenuss zu sehen, wie hier die Wälder dire t an die fer des Sees reichen. Da man an den steil a fallenden fern mit dem addelboot aber nur schwerlich anlegen kann, radeln wir nun am See


S E E N P L AT T E M EC K L E N B U R G I S C H E OBEN Müritz kommt aus dem Slawischen und bedeutet „kleines Meer. Zum meistgefangenen Fisch in der Müritz zählt der Zander. Aber auch kapitale Barsche, Aaale und Hechte kann man hier fangen.

UNTEN Viele der 1.000 Bade- und Angelseen sind durch kleine Flüsse und Kanäle vernetzt. Da lässt sich ganz entspannt mit einem Hausboot über die Mecklenburgischen Seen gleiten.

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S E E N P L AT T E M EC K L E N B U R G I S C H E

Ein wunderschöner Steg am Breiten Luzin im Naturpark Feldberger Seenlandschaft. Der Breite Luzin ist der dritttiefste See in Mecklenburg-Vorpommern.

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S E E N P L AT T E Abenteuer auf dem Hausboot Diese einmalig schöne Landschaft mit ihren über 1.000 Bade- und Angelseen ist ein Geschenk der letzten Eiszeit. Die mächtigen Gletscher hinterließen bei ihrem Rückzug dabei nicht nur dieses Seenaradies sondern au iele el und beachtliche Berge und legten so manchen Findling ab. „Zum Dahinschmelzen schön“, schwärmt Lilly, als wir ihr etwas über die Vergangenheit dieser Seen vorlesen. Doch am meisten fasziniert sind

wir alle – Erwachsene und Kinder gleichermaßen – von der einmaligen Gelegenheit, ein Bunbo zu mieten. Nein, es handelt sich hier nicht um ein neumodisches Fitness-Gerät, sondern um ein schwimmendes Ferienhäuschen – ein so genanntes Bungalow-Boot –, kurz Bunbo genannt. Auf einigen der mecklenburgischen Seen ist das Schippern ohne Bootsführerschein erlaubt. Bereits nach einer kurzen Einweisung kann man als Hobbyskipper lostuckern. Auf unserem Bootshäuschen, das die Kinder Ilsebilse getauft haben, gibt es alles, was das Herz begehrt. Zwei Kabinen, einen Schrank, Bad, Toilette, kleine Küche, gemütliche Schlafkoje und eine Hängematte gleich auf der Badeplattform. Wahlweise kann man von dort ins Wasser hüpfen oder von einer Badeleiter sanft und leise in den See gleiten. Das zwölf Meter lange Hausboot ist kinderleicht zu manövrieren. Die wichtigsten Regeln der Binnenschifffahrt für die Hausboote heißen: Ruderbooten, Segelyachten und Kanus rechtzeitig ausweichen und wer von rechts kommt, hat Vorfahrt. That’s it! Mit zirka zehn Stundenkilometern gleiten wir friedlich und ruhig über den Müritz-See und durch einige Kanäle. Die Kinder studieren die Seekarte, suchen mit dem Fernglas die Seeufer ab und geben Kommandos.

M EC K L E N B U R G I S C H E

entlan um die Stelle wiederzufinden, die Lars und die zehnjährige Lilly vom Wasser aus entdeckt hatten. Ein an einen Baum geknüpftes Seil erlaubt es dort, sich direkt om fer ins Wasser zu s wingen. Der Schmale Luzin ist so derartig klar, dass er sich auch wunderbar als Tauchspot eignet. Über uns schraubt sich ein Greifvogel in den flammend roten immel der untergehenden Sonne. Nach einem herrlichen Abendessen im Alten Zollhaus geht es zurück in unsere Zelte. Am Morgen, gleich nach dem Frühstück, steigen die beiden Kinder schon auf i re S retter um si auf die Suche nach Graureihern zu machen. Wir Erwachsenen verfolgen die beiden Stehpaddler ganz entspannt von der Hängematte aus, Morgenkaffee und Vogelkonzert inklusive.

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S E E N P L AT T E M EC K L E N B U R G I S C H E

Für Hausboot-Anfänger ist Deutschlands größtes Binnengewässer, der Müritzsee, zu empfehlen. Hier gibt es ausrei end latz um Wendemanöver zu üben. Keine Sorge, viel Erfahrung ist nicht nötig. Dank edrosselter otoren und der robefahrt ist das Seefahren sehr einfach und auch die Manöver an den Schleusen sind nicht schwieriger als uto inpar en mit iel latz. Manche Hausboote, wie die von Locaboat, bieten sogar den Komfort einer kleinen Ferienwohnung, Backofen inklusive. Wir aber freuen uns an diesem heißen Sommertag vor allem über den Kühlschrank. Tausendjährige Eichen und Märchenschlösser ttra ti e usflu sziele i t es an der Mecklenburger Seenplatte zur Genüge. Seien es die über hundert Schlösser, Guts- und Herrenhäuser, die einen Einblick in die prächtige Vergangenheit der Region geben – wie das Schweriner Schloss, das aussieht, als entstamme es einem grimmschen Märchen. Oder Naturwunder wie die S prämierten u enwälder und die tausendjährigen Eichen von Ivenack. Die Kinder wünschen sich natürlich beides. Wobei der Baumkronenpfad an den Ivenacker Eichen, einigen der mächtigsten und ältesten Bäume Deutschlands, noch einmal ein ganz besonderer Höhepunkt ist. Die Mecklenburger Seenplatte ist eben nicht nur etwas für Wasserratten, sondern auch für alle, die sich – kurz mal eben – in die Lüfte schwingen wollen.

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S E E N P L AT T E M EC K L E N B U R G I S C H E Ein Highlight: Ballonfahrt mit Blick auf das Müritzeum in Waren, das große Natur-Erlebniszentrum mit Vogelwelt, Aquarienlandschaft und Musemsgarten.

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Usedom Ivenack

Schwerin Schweriner Schlossgarten

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S E E N P L AT T E M EC K L E N B U R G I S C H E

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Unbedingt in Spazier an im S weriner S loss arten. as S loss ist die unumstrittene erle aller 2.000 Herrenhäuser und Schlösser der Region. Flanieren vom Feinsten. Wandeln über und unter Tausendjährigen sollte man unbedingt an den Ivenacker Eichen. Ein imposanter aumwipfelpfad s win t si er das amwild e e e und den i en ar . rani Beobachtung im Müritz-Nationalpark und eine Abenteuerfahrt auf der Draisine durch die Mecklenburger Schweiz (Dargun).

Bloß nicht ... im letzten Moment buchen! Denn die Mecklenburgische Seenplatte wird zusehends beliebter. Vor allem Übernachtungen sollte man rechtzeitig buchen. Für die Anreise empfe len wir einen lu on u em ur na sedom dann mit dem ietwa en eine Stunde an die größte Seenplatte Mitteleuropas.

Geheimtipp m wunders n laren leesensee i t es im rt en ow einen leinen lpa a of. Die schönen, beruhigenden Tiere werden hier sogar zur Entspannungstherapie eingesetzt. s i t au einen s en orfladen in dem i mir ein se r wei es opf issen für meine Übernachtungen unterm Sternenzelt gekauft habe.

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OBEN Der Asinelli-Turm (rechts) ist der höchste schiefe Turm Italiens: 97,20 Meter hoch und um 1,3° geneigt.

UNTEN Die Piazza Maggiore vom Asinelli-Turm aus gesehen.

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Der Nabel der Welt

Bologna – die Stadt der zwei Türme und der Spaghetti Bolognese? Ja und nein. Ja: Bologna ist und wird immer die Stadt der Türme bleiben. Zwischen 1100 und 1300 wurden dort rund hundert Türme gebaut. Heute sind davon nur noch 22 übrig und die beiden berühmtesten davon – der Asinelli (der höchste schiefe Turm Italiens) und der Garisenda – zieren sämtliche Stadtwappen und Souvenirs von Bologna. Nein: „Spaghetti Bolognese“ hat es in Wirklichkeit nie gegeben – zumindest nicht hier. Zwar findet man sie auf den Speise arten mittelmäßiger Restaurants und Betriebskantinen auf der ganzen Welt, aber nicht hier in Bologna. Bologna steht für Kultur, Tradition, Farbe und vor allem für Lebensfreude. Wenn man die Stadt mit Adjektiven beschreiben möchte, so ist sie Bologna – la Dotta (die Gelehrte), Bologna – la Rossa (die Rote), Bologna – la Grassa (die Fette). Und zwar in exakt dieser Reihenfolge, um auch dem Wohlklang der

Aussprache dieser Adjektive in der italienischen Sprache gerecht zu werden. Bologna – die Gelehrte, weil hier im Jahr 1088 die älteste Universität der westlichen Welt gegründet wurde, und aufgrund sämtlicher Formen von Kunst und Kultur, die in Bologna gediehen sind und sich nach wie vor weiterentwickeln. Bologna – die Rote, aufgrund der Rottöne der typischen „Bologneser Ziegelsteine“ (es wurden bis zu 350 Nuancen gezählt), die im Laufe der Jahrhunderte für den Bau der Stadt verwendet wurden, aufgrund der politischen Orientierung der Stadt, in der die Kommunistische Partei von der Nachkriegszeit bis 1999 die politische Szene beherrschte, und aufgrund der Farbe der von Ducati, Ferrari, Lamborghini und Maserati gebauten Rennwagen. Bologna – die Fette, weil sie seit jeher die italienische Hauptstadt des Essens ist, die auf lokale Erzeugnisse setzt und diese auf einfache und köstliche Weise verarbeitet.

Text Maurizio Maffei

An der für ihren geraden Verlauf bekannten Via Emilia liegen die beiden Städte Bologna und Modena, die unseren Ausgangspunkt für eine Reise in die Poebene darstellen – eine der fruchtbarsten und gastfreundlichsten Gegenden Italiens. Die Schwerpunkte dieser Erkundungstour liegen auf Kultur, Kunst und Gastronomie.

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Wer hat die größte Basilika? Beginnen wir unseren Besuch in der Stadt der Kultur und der Architektur auf der Piazza Maggiore, wo sich die Basilika San Petronio, die Basilika des Schutzpatrons von olo na efindet. war andelt es sich dabei nicht um den nur wenige Schritte entfernten Dom, zweifelsohne jedoch um ein etwas spezielleres Gotteshaus. Ursprünglich von Arduino Arriguzzi entworfen, sollte sie größer als der Petersdom in Rom werden und eine Länge von 180 Metern aufweisen. Doch der 1390 begonnene Bau wurde nicht wie ursprünglich geplant vollendet, sondern bei 132 Metern Länge, 66 Metern Breite und 47 Metern Höhe eingestellt. Auch die Marmorverkleidung der Fassade, ein Werk von Jacopo della Quercia, wurde nicht vollendet. a landläufi er einun war es das ontifi at das die erti stellung des Projekts verhinderte, indem es einen Teil der erforderlichen Gelder zurückhielt. In dieser Basilika wurde Karl V. im Jahr 1530 zum Kaiser des Hei-

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ligen Römischen Reiches gekrönt. Im Inneren der asili a efindet sich auf der linken Seite ein einzigartiger, 67,72 Meter langer Meridian, der durch ein Loch in der Decke der Basilika tagtäglich die Messung der Mittagszeit ermöglicht. Genial im Zeitalter der Pest uf der iazza a iore efindet sich auch der Neptunbrunnen, umrahmt von den Statuen der Nereiden, dessen Formen und Wasserspiele absolut spektakulär sind. Wenn man den Brunnen von hinten betrachtet und auf den einzigen andersfarbigen Stein blickt, der sich vom grauen flaster a e t der ietra della Vergogna), sieht man, wie der Bildhauer Giambologna mit den Perspektiven spielte, um die Männlichkeit des Meeresgottes zu überspitzen: der Finger von Neptuns Hand erinnert gewollt an einen erigierten Penis. Ebenfalls auf der Piazza Magiore efindet si der errli e Baukomplex des Palazzo del Podestà mit dem Torre dell’Arengo und dem Palazzo Re Enzo.


OBEN Die Basilika San Petronio, die nicht nach dem ursprünglichen Entwurf fertiggestellt wurde, ist nach wie vor von einzigartiger Schönheit.

UNTEN Neptun und die Nereiden: Von der sogenannten „Pietra della Vergogna“ aus betrachtet, ergibt sich einem eine unerwartete Perspektive auf die Skulptur.

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UNESCO-Erbe: Die Portici von Bologna ertsrecken sich über 62 km.

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Die Wallfahrtskirche Madonna di San Luca, eine Oase der Ruhe auf 280 Meter Höhe.


Zwar ist der Palast nicht immer zugänglich, doch bei einem Spaziergang bis zum viereckigen Torbogen (Voltone del Podestà/Gewölbe des Podestà) werden Sie überrascht sein, wie deutlich der Klang der Stimmen zwischen zwei gegenüberliegenden Ecken übertragen wird. Dabei handelt es sich um ein ausgeklügeltes akustisches System, mit dem Geistliche Leprakranken die Beichte abnehmen konnten, ohne dabei selbst eine Ansteckung zu riskieren. Es erinnert uns daran, dass es sich bei der Covid-Pandemie letztlich nur um die jüngste von vielen Pandemien handelt, die uns im Laufe der Jahrhunderte heimgesucht haben. Auf der gegenüberliegenden Seite efindet si der istoris e Palazzo d‘Accursio, Sitz der Stadtverwaltung von Bologna. Kultur und Wissenschaft Die Gründe, weshalb Bologna als „die Gelehrte” bezeichnet wird, werden einem bei einem Besuch des Archiginnasio (1562/63), des Teatro Anatomico (1637) und der

Biblioteca (1838) schnell klar: ein einzigartiges und erfrischendes Ambiente, das in keiner Universitätsstadt so deutlich wird wie hier. Nur 500 m entfernt von hier wurde am 25. April 1874 Guglielmo Marconi geboren, der 1909 den Nobelpreis für Physik erhalten at und allen als rfinder des adios bekannt ist (Marconi-Patent US586,193 vom 13. Juli 1897). Wenn Sie Zeit und Lust haben, besuchen Sie das Marconi-Museum, das 15 km von Bologna entfernt liegt. Die Arkadengänge Weiter geht es entlang der Arkadengänge (portici), von denen aus Sie die Stadt bei jedem Wetter und zu jeder Tageszeit genießen können. Die in das Weltkulturerbe der UNESCO aufgenommenen Arkaden wurden ab dem 12. Jahrhundert erbaut und dienten insbesondere der Förderung des städtischen Wohnungsbaus. Um Nachtschwärmer darauf hinzuweisen, den Schlaf der „Normalbürger“ nicht zu stören, gibt es eine schöne Tafel mit der Aufschrift

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Wie Noten auf dem gastronomischen Notenblatt: der Tortellino von Bologna. © Alice Brignani

„Wir sollten uns nachts nicht hier aufhalten.“ Schlendert man über die Strada Maggiore, bemerkt man am Eingang zu den Corte Isolani Touristen mit Reiseführern in der Hand, deren Blick nach oben gerichtet ist um die drei feile ausfindi zu machen, die in den hölzernen Arkaden stecken. Um dieses Phänomen ranken sich zahlreiche Legenden, doch höchstwahrscheinlich steckt dahinter lediglich einer von unzähligen Studentenstreichen. Wenn Sie sich in den Straßen der Stadt verirren, könnten Sie auf die Marmortafel stoßen, die die Wer statt mar iert in der lfieri

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Maserati am 1. Dezember 1914 mit dem Bau seiner Autos begann. Die Arkadengänge erstrecken sich über 62 km vom Herzen der Altstadt bis hin zur Wallfahrtskirche Santuario della Madonna di San Luca. Der letzte Arkadengang ist 3,5 km lang und überwindet einen Höhenunterschied von 215 Metern bis zum Gipfel des Hügels auf 280 Metern Höhe. Er ist ein beliebtes Ziel für Läufer und andere Outdoor-Sportler. Und das ist noch nicht alles … Leider ist unser Platz hier knapp bemessen. Unsere Reise zur Ent-

deckung der Schönheit und des Vergnügens auf der Via Emilia geht online weiter. Suchen Sie auf www. reesenmag.lu nach „Via Emilia“, um mehr über Modena, Ravenna und Parma zu erfahren. Und vergessen Sie nicht, Ihre gastronomische Entdeckungsreise mit uns zu vervollständigen, indem Sie uns auch auf www.kachen.lu weiter lesen (suchen Sie erneut nach „Via Emilia“). Der Liedermacher Francesco Guccini bezeichnet die Stadt Bologna in einem Lied als den „Nabel der Welt“. Beim Anblick der köstlichen Tortellini kann ich ihm nur beistimmen.


Breviarium

44° N 11° O www.bolognawelcome.com

LOMBARDEI

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EMILIA-ROMAGNA Modena Bologna LIGURIEN

TOSKANA

MARKEN

Unbedingt iazza a iore asili a San etronio eptun runnen und fl ti er li auf die Nereiden), Voltone del Podestà, Teatro Anatomico und der innere Arkadengang des Archiginnasio, die Arkadengänge und der Kräutermarkt. Die Basilika Santo Stefano und der Komplex der 7 Kirchen. Wenn Sie Zeit haben, besuchen Sie San Luca (aber nicht zu Fuß!). Im Restaurant sollten Sie zumindest diese „wirklich traditionellen Gerichte“ ausprobieren: Tagliatelle al Ragù, Lasagne, Tortellini in Brodo, Tortelloni al Ripieno Fresco del Giorno, Gnocco Fritto (oder Crescentina), Friggione Bolognese. Trinken Sie dazu stets ein Glas Lambrusco (in den 6 DOC-Auswahlen) oder einen Pignoletto.

Bloß nicht .... vergessen, die Öffnungszeiten und Einlasskriterien zum Teatro Anatomico zu überprüfen. Nach Spaghetti Bolognese suchen. Versuchen, die Wallfahrtskirche Madonna di San Luca zu Fuß zu erreichen, was nur für geübte Läufer geeignet ist. Benutzen Sie den Bus (ab Piazza Malpighi alle 15 Minuten, 1 Euro für eine 16-minütige Fahrt) oder das Taxi (von wo und wann Sie wollen, 11-13 Euro für eine 8-minütige Fahrt).

Geheimtipp Schnelle und einfache Anreise: LUXAIR-Flüge nach Bologna, 3 Flüge pro Woche. Vom Flughafen ins Zentrum in weniger als 8 Minuten mit dem schnellen Marconi Express, einchecken und das Gepäck im Starhotel Excelsior (5 Sterne, ca. 1 km vom Zentrum entfernt) abstellen: und schon kann es losgehen.

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S I Z I L I E N

Siziliens Ostküste – Fesselnde Kontraste

Text Jenny Biver

Eingebettet zwischen dem Ionischen Meer auf der einen und dem mächtigen Ätna auf der anderen Seite faszinieren die von den erstarrten Lavaströmen geprägten Landschaften Ost-Siziliens mit ihrem Charme und ihren Widersprüchen. Während die Küstenstadt Catania einen Einblick in das urige und rustikale Sizilien bietet, gleicht ihre Nachbarin Taormina einem idyllischen Zipfel vom Paradies, wo das italienische Dolce Vita herrscht.

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Lassen Sie sich bei Ihrer Ankunft von den aschgrauen Straßen mit ihren grauschwarzen Gebäuden und den bröckelnden und rußigen Fassaden nicht irritieren, denn das Leben hier ist alles andere als grau in grau. Schauen Sie einfach mal nach oben: Von Balkon zu Balkon spannen sich Wäscheleinen, beladen mit bunten Socken und Hemden, und geben intime Einblicke in das authentische und heitere Leben der Stadt. Mit einem kurzen Blick in die Vergangenheit lässt sich die nüchterne Farbpalette schnell erklären. Nachdem die Stadt mehrmals durch Vulkanausbrüche und Erdbeben zerstört worden war, erstand sie im 17. Jahrhundert buchstäblich wieder aus der Asche: Die Bewohner bauten sie eigenhändig mit dem dunklen Lavastein wieder auf, weshalb sie auch die „schwarze Stadt“ genannt wird. Doch nicht nur natürliche Ereignisse haben

die Stadt heimgesucht und geprägt. Catania blickt auch auf eine bewegte Geschichte zurück, die von Menschenhand geschrieben wurde. Griechen, Römer, Franzosen, Spanier, Araber und schließlich Italiener haben hier ihre Spuren hinterlassen. Die barocke Kathedrale Sant’Agata ragt eingezwängt zwischen den Überresten eines antiken römischen Amphitheaters hervor. In der Mitte der Piazza Duomo steht die Fontana dell’Elefante. Der Brunnen stellt einen lächelnden Elefanten aus schwarzem Lavastein dar, der auf dem Rücken einen ägyptischen Obelisken aus Granit trägt. Der Elefant, der von den Catanesen liebevoll Liotru genannt wird, soll magische Kräfte besitzen und die Stadt vor dem unberechenbaren Ätna schützen. Das Künstlerviertel San Berillo ist das vielleicht bestgehütete Geheimnis Catanias und ein Beweis


S I Z I L I E N OBEN Das Kunstviertel San Berillo: ein Ort, an dem Straßenkunst sowie kreatives Recycling angesagt sind und botanische Kompositionen wuchern.

UNTEN Die Fontana dell’Elefante, eine kuriose Lavastein-Skulptur eines lächelnden Elefanten, der einen ägyptischen Obelisken trägt.


S I Z I L I E N

Der Fischmarkt von Catania ist ebenso eine Zurschaustellung der Schätze des Meeres wie der authentischen sizilianischen Mentalität.

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S I Z I L I E N dafür, dass die Stadt auch mit der Zeit zu gehen weiß. Obwohl das Viertel auf eine lange und komplizierte Geschichte als Randbezirk zurückblickt, in dem einst die größten Bordelle Europas dominierten, hat es sich mit der Zeit in einen Ort verwandelt, an dem Straßenkunst sowie kreatives Recycling angesagt sind und botanische Kompositionen wuchern. Dieser ruhige Flecken liegt abseits vom städtischen Trubel. Nur wer genau hinschaut, entdeckt das kleine, handbemalte Holzschild, das in seine Richtung weist. Machen Sie es sich mit einem Glas Spritz in einer der schrulligen Trattorias gemütlich, deren einladende Terrassen die Innenhöfe des Viertels in Beschlag genommen haben. Nicht weit von diesem kreativen Stadtteil entfernt liegt auch schon die Via Gemmellaro, ein eklektisches Ausgehviertel, in das die jungen Hipster jede Nacht ausschwärmen. In der Via Santa Filomena reihen sich die Restaurants aneinander. Hier können Sie nach Herzenslust alles probieren, was die sizilianische Küche zu bieten hat. Die berühmte Pastasauce alla Norma, die einer Oper des in Catania geborenen Komponisten Bellini benannt wurde, wird aus Tomaten, Auberginen und Ricotta zubereitet. Vielleicht liegt es am Appetit nach dem

langen Fußmarsch durch die Stadt oder an der geheimnisumwobenen, allgegenwärtigen Präsenz des Ätna, aber die einzelnen Aromen von Gemüse, Kräutern und anderen frischen Zutaten sind hier viel geschmacksintensiver. Wenn es etwas gibt, das die Seele Catanias auf den Punkt bringt, dann ist es der turbulente A’Piscaria. Laut, hektisch und seit jeher Männersache – der Fischmarkt ist ebenso eine Zurschaustellung der Schätze des Meeres wie der authentischen sizilianischen Mentalität. Auf Zehenspitzen zwischen den eng gedrängten Ständen durch die Pfützen zu waten, die getränkt sind vom lut der e pften S wertfische und Seeigel, begleitet vom lautstarken Rufen und Feilschen der Fischhändler, ist in jeder Hinsicht ein Erlebnis. Der Markt wird natürlich von Fischrestaurants eingerahmt, in denen der Fisch nicht frischer und die Kundschaft nicht einheimischer sein könnte. In den Gassen rund um den Fischmarkt reihen sich überall, wo Platz ist, Stände mit Obst, Gemüse und Fleischwaren aneinander. Das quirlige Suk-Ambiente ist ein weiteres Zeugnis für das Verschmelzen verschiedener Epochen und Kulturen.

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S I Z I L I E N

Die Fahrt nach Norden an der Küste entlang führt Sie durch eine Landschaft, die durch das Aufeinanderprallen von Lava und Meer geformt wurde. Eine Stunde von Catania entfernt liegt der malerische Ferienort Taormina, der auf einer Klippe über dem smaragdgrünen Wasser des Ionischen Meeres und der berühmten Isola ella t ront. it seinen pfirsi farbenen Häusern, schachbrettarti epflasterten lätzen und schicken Boutique-Hotels könnte er nicht unterschiedlicher sein als Catania, um die Kontraste Siziliens zu verkörpern. Schon in der Antike hingen Römer und Griechen hier dem Müßiggang nach. Und noch heute inspiriert die Küstenstadt Taormina ihre Besucher: von Goethe bis Garbo, von Hemingway bis Hepburn – sie alle kamen hierher, um das sizilianische Dolce Vita zu genießen. Taormina – malerischer Ferienort Hemingway sagte einst, Taormina „sei so schön, dass es den Augen weh tue“. Bei einem Bummel über den Corso Umberto, die Hauptstraße zwischen den beiden an-

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tiken Stadttoren Porta Messina und Porta Catania, kann man sich dem zauberhaften mediterranen Flair dieses mit Drillingsblumen bewachsenen Paradieses tatsächlich nicht entziehen. Die Piazza IX Aprile lockt mit ihren Terrassen zum Aperitivo und zum Beobachten der geschäftig vorbeieilenden Einheimischen und verträumt bummelnden Touristen. Wenn Sie dann genug vom Mens enrummel a en fl ten Sie in einen der öffentlichen Gärten (Giardini della Villa Comunale), überraschend ruhige Orte mit schattenspendenden Olivenbäumen und Zypressen. Und dann ist da noch das Teatro Greco Romano, das vielleicht schönste Zeugnis des historischen und kulturellen Mosaiks, das Sizilien verkörpert. Das antike Theater wurde von den Griechen erbaut, von den Römern erweitert und dient auch heute noch künstlerischen Darbietungen aller Art als Bühne. Und selbst wenn gerade keine Aufführun stattfindet eweist die spe takuläre Aussicht vom Amphitheater, dass die Natur noch immer das schönste Schauspiel zu bieten hat.


S I Z I L I E N Das Teatro Greco Romano, das vielleicht schönste Zeugnis des historischen und kulturellen Mosaiks, das Sizilien verkörpert.

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S I Z I L I E N

Der Ätna nimmt und der Ätna gibt, sagt das lokale Sprichwort, und eine Sache, die er besonders gerne gibt, sind Pistazien.

Ihre Geschichten faszinieren und doch stehen die von Menschenhand geschaffenen Wunder Siziliens im Schatten des höchsten aktiven Vulkans in Europa, der seit einigen Jahren auch Teil des UNESCO-Weltnaturerbes ist. Jahrhunderte von Eruptionen haben eine mondähnliche Landschaft aus schwarzen Hügeln geschaffen, die auf einer Mittelmeerinsel gar unwirklich wirkt. A’Muntagna, „der Berg“, wie er im lokalen Dialekt genannt wird, ist und bleibt das Wahrzeichen der Landschaften Ost-Siziliens. Da der rund 3.350 Meter hohe Vulkan noch immer aktiv ist, soll-

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te man meinen, dass die Einheimischen vor ihm auf der Hut sind. Nein, im Gegenteil: Sie nennen ihn liebevoll Mama Ätna und sind sehr stolz auf alles, was die mit Lava angereicherte, fruchtbare Erde ihnen schenkt. Das „grüne Gold Siziliens“ Der Ätna nimmt und der Ätna gibt, sagt das lokale Sprichwort, und eine Frucht, die hier besonders gut gedeiht, ist die Pistazie. Diese grüne Mandel, das „grüne old Siziliens findet i ren We in jedes Gericht, vom Frühstück bis zum Abendbrot. Probieren Sie unbedingt ein süßes Cannoli, ein ty-

pisch sizilianisches Cremeröllchen mit Pistazien und Ricotta. Der Parco dell’Etna, der Regionalpark, der sich rund um den Ätna erstreckt, kann das ganze Jahr über auf eigene Faust oder im Rahmen von Führungen erkundet werden. Wir legen Ihnen ans Herz, das Wissen und die Leidenschaft der einheimischen Führer*innen zu nutzen - aus Sicherheitsgründen, aber auch, um mehr über die tiefe Verbundenheit unter den Menschen zu erfahren, die um den Berg herum leben, sowie über die außergewöhnliche Normalität, die ein Leben in Symbiose mit einem schlafenden Drachen mit sich bringen kann.


S I Z I L I E N

Breviarium

KALABRIEN

Palermo Taormina Ätna SIZILIEN

Catania

37° N 14° O www.visitsicily.info

Unbedingt Von Pistazien inspirierte Gerichte sind ein Muss! Essen Sie Penne alla Catanese in der Trattoria da Antonia, Pizza Pistachio im Il Sale und einen grünen Burger im L’Horloge. Die berühmteste Kathedrale Catanias, die Cattedrale di Sant’Agata, sollte man von innen bewundern. Wer jedoch einen Blick auf die Stadt und den im Hintergrund lauernden Ätna werfen möchte, sollte die engen Treppen zur Kuppel der Badia di Sant’Agata, einer römisch-katholischen Kirche aus dem 18. Jahrhundert hinaufsteigen.

Bloß nicht Mieten Sie kein Auto. Ein kurzer Blick auf die Millionen verbeulter und zerkratzter Autos, die überall und an den seltsamsten Stellen geparkt sind, und Sie werden schnell verstehen, warum: Parken ist so gut wie unmöglich, wenn Sie es denn heil an Ihr Ziel schaffen, indem Sie durch die engen Straßen navigieren und versuchen, mit dem ziemlich chaotischen Fahrstil der Sizilianer mitzuhalten. Das Busund Zugsystem zwischen den größeren Städten ist sehr gut, und es gibt auch Fahrten zum und vom Ätna-Nationalpark.

Geheimtipp Das Künstlerviertel San Berillo ist an sich schon ein verstecktes Kleinod, aber wenn Sie mehr von Catanias künstlerischer Seite sehen wollen, sollten Sie sich den Hafen anschauen. Hier werden Sie von gigantischen Wandgemälden empfangen, die auf eine Reihe von Industriesilos gemalt wurden, von denen eines tatsächlich das größte Wandgemälde der Welt ist. Der portugiesische Künstler Alexandre Farro hat auf der Rückseite der Silos Kunstwerke versteckt, die von der mythischen und vielfältigen Geschichte Catanias inspiriert sind.

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TOS KANA

OBEN Tierischer Besuch: Mit Wildschweinen ist in der ländlichen Toskana vielerorts zu rechnen.

UNTEN Hügel und Zypressen: Die Symmetrie der Landschaft beruhigt Augen und Gemüt.

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TOS KANA

Nach dem Dessert kommen die Wildschweine In Italien gerät Urlaub auf dem Bauernhof besonders naturnah – und bietet dazu hohen kulinarischen Erkenntnisgewinn. Zum Beispiel in der Toskana.

„Alle zogen die Füße hoch, da waren die Tiere auch schon weg.“ Die Gäste machen große Augen. Schon am Vorabend hatten während des Abendessens Rehe vorbeigeschaut. Die Natur und ihre Protagonisten machen sich nicht schlecht als Kulisse für Grazias Kochkunst, die auf besten Zutaten und bodenständigen regionalen Gerichten basiert. Der Hügel über dem Tal des Arno verwandelt sich nach Einbruch der Dämmerung in Wildnis, dazu plaudern die Gäste miteinander und mit den Gastgebern, die zu jedem Baum und jedem Stein eine Geschichte kennen. Für die deutschsprachigen Gäste ist angenehm, dass die beiden, die viele Jahre lang in Köln le ten auf euts so fl ssi erzählen wie auf Italienisch. Text Stefanie Bisping

Es ist fast dunkel, die frittierten Zucchini, hausgemachten Tagliatelle mit Ragú und auch die hauchdünnen Scaloppine mit Zitronensauce nebst Salat aus grünen Bohnen, roten Zwiebeln und süßen Tomaten sind längst aufgegessen, als auf der Terrasse Unruhe entsteht. Äste knacken, Schnauben und lautes Trappeln durchbrechen die Stille. Keine zwanzig Meter vom Tisch entfernt trabt eine Gruppe Wildschweine den Hang hinauf. „Die kommen wegen der Birnen“, sagt Grazia Busso, die eben noch das Rezept für ihre Kalbsschnitzel erklärte. Auf Fallobst haben die Tiere es abgesehen, und das nicht zum ersten Mal. „Einmal ist eine WildschweinSau mit zehn Frischlingen unter der voll besetzten Tafel durchgerannt“, erzählt ihr Mann Riccardo.

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TOS KANA

Riccardo und Grazia Busso kauften das Landgut im Sprengel San Donato in Fronzano, nachdem sie sich an einem trüben Wintertag vor zwölf Jahren jäh in das im 16. Jahrhundert erbaute Haus und seine noch älteren Nebengebäude verliebt hatten – trotz des desolaten Zustands der Gebäude. Die Grundmauern des ehemaligen Stalls, heute das Domizil der beiden, datieren aus dem Jahr 1020. Knapp zehn Hektar Land mit Wald und 830 Olivenbäumen gehören zum Gutshof, der nach umfassender Sanierung als Agriturismo mit fünf Gästezimmern und einer Suite wiedergeboren wurde, dekoriert mit vielen Erinnerungsstücken, von Grazias Brautstrauß hinter Glas bis zu Familienfotos. Mit Urlaub auf dem Bauernhof ist dieser Begriff nur unzureichend übersetzt, denn für den echten Agriturismo gilt, dass er eigene Produkte herstellen und anbieten muss. Die Spannbreite der Betriebe, von denen es alleine in der Toskana über 2.500 gibt, reicht vom bescheidenen Bauernhof bis zum Landschloss. Meist geht es persönlich zu. Die Gäste essen zusammen, das ist Teil des Konzepts.

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In Zeiten der Pandemie diniert man mit Sicherheitsabstand und stets im Freien. Das Essen steht im Mittelpunkt Ein Faible für die regionale Küche eint die Gäste ebenso wie der Wunsch, mehr über die Toskana zu erfahren. Dafür sorgen die Gastgeber. Das Essen steht im Mittelpunkt der Aufklärungsarbeit, schließlich ist dies Italien. Grazia kocht allabendlich Menüs, die sie im Morgengrauen ersonnen hat und die überwiegend aus Produkten und Erzeugnissen aus eigenem Anbau bestehen – von der Marmelade über das Olivenöl und zahlreiche Gemüsesorten bis hin zum abschließenden Limoncello. Riccardo pendelte bis vor kurzem zwischen der Toskana und Köln, wo er jahrzehntelang ein Reisebüro betrieb. Nun kümmert auch er si aupt erufli um den riturismo i t Tipps f r usfl e nach Florenz, Arezzo oder zur Abtei von Vallombrosa und organisiert für die Gäste Besuche bei Produzenten regionaler Spezialitäten. „Wenn man sich in anderen Ländern umschaut, erkennt man, dass das Essen in Italien anders


TOS KANA Oase über dem Arno-Tal: Der historische Gutshof Podere Picciolo ist heute ein liebevoll geführter Agriturismo.

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TOS KANA

Ein Platz in der Sonne: Die Terrasse des Gutshofs Podere Picciolo bietet traumhafte Aussichten.

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TOS KANA betrachtet wird“, formuliert er diplomatisch die unumstößliche Tatsache, dass Nachlässigkeit in kulinarischen Fragen zu den Dingen gehört, die Italiener nicht zu tolerieren gewillt sind. So nimmt Riccardo die Gäste mit zum Einkauf in San Giovanni Valdarno. In dem mittelalterlichen Städt en findet samsta s normalerweise in der Altstadt ein Markt statt, der sich von der Piazza vor dem Palazzo d’Arnolfo aus dem 12. Jahrhundert in die umliegenden Straßen ausbreitet; wegen Corona ist er auf den Parkplatz des Fußballstadions verlegt worden, wo mehr Platz ist. Die längste Focaccia der Welt Als erstes geht es zum Bäcker. Zwar backt Grazia alles selbst, doch will Riccardo ihnen das kleine, nach Brot und Mortadella duftende Geschäft L’Antico Forno zeigen, das es zu überregionalem Ruhm gebracht hat. Denn Inhaber Alessandro Canu stellte am 15. Juli 2018 die mit 120,94 Metern längste Focaccia der Welt her. So ist es im Guinness Buch der Rekorde und auf einem Schild an der Fassade nachzulesen.

Die Gäste probieren und nicken zustimmend. Fast noch besser wird es auf dem Markt, wo sie Lacrima dell‘Aiata kosten, einen zarten Peccorino aus der Provinz Grosseto. Bei den Metzgern seines Vertrauens kauft Riccardo Florentiner Steaks fürs Grillen am Abend. Die Brüder Andrea und Carlo Fabbrini führen das Geschäft ihres Großvaters weiter und zählen zu den selten gewordenen Metzgern, die noch traditionellen Tarese Valdorno herstellen. Dieser köstliche, luftgetrocknete Schinken von mehr als zweihundert Kilogramm schweren Schweinen bringt die Vereinigung Slow Food ins Schwärmen. Für ihn wird die gesamte Schweinehälfte samt Bauch und Rücken verwendet, so dass der Schinken zwanzig Kilogramm oder mehr wiegt und stolze achtzig Zentimeter lang ist. Sechzig bis neunzig Tage muss der mit Pfeffer, Knoblauch, Wacholder und Kräutern behandelte Schinken reifen. „Und zwar im optimalen Klima, damit er nicht zu schnell trocken wird“, sagt Andrea Fabbrini. Er schneidet einen Tarese auf und richtet Probierteller mit dem kostbaren Schinken, mit Trüffel- und

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TOS KANA

Der traditionelle Tarese Valdorno: ein köstlicher, luftgetrockneter Schinken von mehr als zweihundert Kilogramm schweren Schweinen.

Fenchelsalami an und öffnet dazu eine Flasche Chianti. Dann beginnt er mit der Vorbereitung der gewalti en florentinis en Stea s die er unter Riccardos konzentriertem Blick weisungsgemäß in dicke Scheiben geschnitten hat. Mit Knoblauch, Rosmarin, Salbei und Zitronenschale würzt Fabbrini sie, dann kommen Pfeffer, Salz und Chili hinzu; schließlich wickelt er sie liebevoll in Papier. Kochinteressierte Urlauber dürfen Grazia bei der Herstellung frischer Pasta zusehen oder helfen; seit die Pandemie etwas von ihrem

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Schrecken verloren hat, ist das zunehmend wieder möglich. Ansonsten bringt sie mit jedem Gang auch ein Rezept aus der Küche. Für den Grillabend hat sie anstelle der Pasta als ersten Gang einen Salat aus Dinkel, Kapern, Artischocken, Gurken, Peccorino und Minze bereitet, denn neben den Steaks und den ebenfalls in San Giovanni Valdarno erworbenen Salsicce und Rippchen, die Riccardo im gemauerten Grill perfekt gart, schafft man nicht allzu viel. Ein Stück Brot vielleicht, fast ohne Salz gebacken, denn seit einer unverschämten Besteuerung

von Salz zu Beginn des 16. Jahrhunderts verzichtet man in der Toskana darauf. Die Küchengeschichten sind ebenso unterhaltsam wie Riccardos Berichte über die bekannteren unter den Nachbarn, zu denen im Umkreis Sting und Russell Crowe gehören. Von Letzterem sehe man nichts, Sting hingegen, der einen passablen Wein mache und ein Restaurant für amerikanisches Publikum betreibe, sei öfter in Figline Valdarno anzutreffen. Die Steaks sind weich wie Butter. Die Wildschweine lassen heute nichts von sich hören.


TOS KANA

Breviarium

EMILIA-ROMAGNA

Florenz

San Giovanni Valdarno

San Donato Fronzano

TOSKANA

UMBRIEN

43° N 11° O www.visittuscany.com

LATIUM

Unbedingt Auf dem Gutshof Podere Picciolo schlemmen und schlafen ist Balsam für Seele und Sinne. Er liegt in San Donato in Fronzano auf dem Gemeindegebiet von Reggello, der Olivenöl-Hauptstadt der Toskana. Florenz ist seit jeher Schauplatz von Geniestreichen und Geistesblitzen - und ein usflu in die wunders ne Stadt un erzi t ar. inen esu ei i elan elos s nem na ten „David“ sollte man dabei ebenso wenig auslassen wie Streifzüge am Ufer des Arno und durch die Boutiquen und Geschäfte des historischen Zentrums.

Bloß nicht … mit dem Auto anreisen! Wer mit dem Zug nach Florenz reist (ab Reggello), spart sich die kräftezehrende Parkplatzsuche. Zwar hat man vom beliebten Parkplatz auf der Piazza Michelangelo einen wunderschönen Ausblick über Florenz. Aber der lässt sich noch besser genießen, wenn nicht der Motor beim Warten auf einen freien Platz heiß läuft. Mit der Bahn ist man in 21 Minuten mitten im Geschehen. Arezzo erreicht man ab Reggello in 40 Minuten mit dem Zug.

Geheimtipp Neben den bekannten Kunststädten besitzt die Toskana viele weniger bekannte Perlen. in usflu na oppi f rt dur wunders ne ands aften in das auf einem el ele ene im Mittelalter bedeutsame und später in Vergessenheit geratene Städtchen. Trotz (oder wegen) seiner Lage abseits der touristischen Routen ist es Mitglied der Vereinigung „Die schönsten Orte Italiens“. Dominiert wird die Stadt vom Castello dei Conti Guidi, in dem einst die Adelssippe Guidi residierte und die heute ein sehenswertes Museum beheimatet.

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AP U L I E N

Dolce Vita in Perfektion

Text Susanne Freitag

Apulien: Die Region am Absatz Italiens lockt mit Trullis, Gaumenfreuden, Millionen von Olivenbäumen und herzlichen Gastgebern.

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Nino Rotas Soundtrack zu Francis Ford Coppolas „Der Pate“ tönt kratzig von dem alten Kofferschallplattenspieler, der auf einem Holzstuhl am Eingang zu „Da Silvé“ aufgebaut ist. Im kleinen Vorraum schmücken bunte Kacheln die Wände und das Holzregal an der Wand ist prall gefüllt mit Relikten aus den 1970er-Jahren, einschließlich eines dunkelroten Wählscheibentelefons. Maria Valentini und ihr Sohn Silvestro haben nicht nur ein kleines Museum geschaffen, sondern mit ihrem Zwei-Mann-Restaurant in der Altstadt von Fasano auch einen kulinarischen Geheimtipp in Apulien kreiert. Die Gäste sitzen an fünf Tischen direkt vor dem Restaurant und direkt auf der Straße. Silvestro baut das ganze Restaurant nachmittags auf und abends, wenn der letzte Besucher gegangen ist, wieder ab – Tag für Tag. Einen Platz bekommt nur, wer vorher reserviert hat. Punkt 20 Uhr geht es los und um 23 Uhr ist Schluss. Dazwischen zaubert Maria ein Menü aus wundervollen Speisen

der Region wie Frischkäse mit Honig, Peccorino mit Marmelade, gegrillte Auberginen und selbstgemachte Pasta. Jedes Gericht, das sie auf den Tisch stellt, kündigt sie mit vielen Gesten und einem Schwall an italienischen Erklärungen zu den Zutaten an. Ob man alles versteht, spielt keine Rolle. Was zählt, ist der Geschmack der Leckereien in den Steingutschälchen und Silvestros freundschaftlich kümmernde Art, jeden Gast als etwas ganz Besonderes zu behandeln. Krönender Abschluss des fulminanten Mahls sind Marias selbstgebackene Kekse und Silvestros gebrannter Schnaps mit allerlei interessanten Ingredienzen wie Ingwer, Zitronen und Pfeffer. Nach einer herzlichen Verabschiedung kehren die Gäste glücklich in ihr Feriendomizil zurück, in dem Wissen, einen ganz besonderen Abend erlebt zu haben. Gekommen um zu bleiben „Ich wusste, dass ihr euch bei Silvé wohlfühlen würdet“, freut sich Caroline Groszer. Die Deutsch-


AP U L I E N OBEN Sie sind allgegenwärtig: Olivenbäume, soweit das Auge reicht. Schätzungen gehen von 50 bis 60 Millionen Exemplaren aus.

UNTEN Das Stadtbild von Alberobello ist von den Trulli, den leuchtend weißen, runden Häuschen mit kegelförmigem Dach geprägt.

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AP U L I E N

Ein malerischer Ort: Ostuni ist auch als „Città Bianca“ bekannt – die weiße Stadt.

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AP U L I E N Schweizerin ist Expertin, wenn es um Geheimtipps in und um Fasano geht und Insiderin für Kunst, Design und Mode. Diese Tipps hat sie auch in einen Reiseführer über die südöstliche Region integriert. Vor rund 20 Jahren ist Caroline nach einem Urlaub in Apulien hängen geblieben. „Ich habe in Cisternino eine Immobilie gekauft und eine Bed-and-Breakfast-Unterkunft daraus gemacht“, erinnert sie sich. „Das lief richtig gut.“ Kein Wunder, denn bei der Immobilie handelte es sich um einen Trullo, ein für Apulien typisches Rundhaus mit spitzem Steindach. Mittlerweile besitzt Caroline vier historische Gebäude, die unter dem Namen Alchimia Collection zusammengefasst sind: eine Masseria – ein Gutshof inmitten von Olivenbäumen zwischen Fasano und dem Hafenstädtchen Savelletri –, ein Komplex aus zwei Trulli oberhalb von Fasano, ein antikes Stadthaus im Zentrum Fasanos und ein Apartment in einem historischen Turm in der Nähe der Kathedrale der „weißen Stadt“ Ostuni. Von der Dachterrasse aus blickt man auf die malerische Altstadt und die Barockkirche Santa

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AP U L I E N

Maria Maddalena. Alle Zimmer und Wohnungen in Carolines Häusern, die von Gästen aus der ganzen Welt gemietet werden, sind mit viel Liebe zum Detail eingerichtet und lassen die Herzen von Designliebhabern höherschlagen. Doch zurück zu den Geheimtipps: Die apulische Küche ist sicher keiner mehr. Die Region am Absatz Italiens hat sich mit ihren Köstlichkeiten längst einen Namen unter den Gourmets gemacht. Die Küche basiert hauptsächlich auf Gemüse, handgemachten Nudelvarianten und Olivenöl in Verbindung mit Fisch oder Fleisch. In den Küstenorten und den Stränden zwischen Bari und Brindisi wimmelt es nur so von Restaurants mit allen erdenklichen Fischgerichten. Allein im kleinen Fischerstädtchen Savelletri gibt es rund ein Dutzend Restaurants die T unfis arpa io und anderen fangfrischen Fisch servieren. Wohl das kleinste, aber auch das beste, ist das MòMò direkt an der Promenade. Dort kocht Inhaber Antonio Legrottaglie in der kleinen, offenen Küche selbst, und wer will, kann ihm dabei über die Schulter schauen. Der wahre Schatz Apuli-

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ens liegt aber hinter der Küste: Olivenbäume, soweit das Auge reicht. Schätzungen gehen von 50 bis 60 Millionen aus, gezählt hat sie aber noch niemand. Auf den rund sieben Kilometern Land, die zwischen Savelletri und Fasano liegen, sind sie allgegenwärtig. Luxus und Privatsphäre Inmitten dieses Labyrinths aus knorrigen, verwachsenen Bäumen liegen, weit verstreut, einzelne Gutshöfe, die so genannten Masserien, gebaut aus dem typischen, hellen Tuffstein der Region. In vielen der prächtigen Höfe kann man übernachten – vorausgesetzt, man findet sie. ie We e sind sandi schmal und an beiden Seiten von kleinen Mäuerchen begrenzt. Die bekannteste Masseria der Region ist die riesige Borgo Egnazia im Hinterland von Savelletri. Festungsgleich steht sie da und gewährt ihren mitunter prominenten Gästen größtmöglichen Luxus und Privatsphäre. Wer es günstiger und unprätentiöser mag, wohnt in einem der unbekannteren Häuser und genießt die herzliche Gastfreundschaft der Eigentümer.


AP U L I E N Die Masseria Alchimia: ein Gutshof inmitten von Olivenbäumen zwischen Fasano und dem Hafenstädtchen Savelletri.

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Breviarium

AP U L I E N

MOLISE

APULIEN

Bari

KAMPANIEN

Savelletri Fasano Ostuni Alberobello Brindisi BASILIKATA

40° N 16° O KALABRIEN

www.viaggiareinpuglia.it

Unbedingt Unerlässlich ist ein Abstecher nach Alberobello, nur eine halbe Autostunde von Savelletri entfernt. Das Stadtbild ist von den Trulli, den leuchtend weißen, runden Häuschen mit kegelförmigem Dach geprägt, die auch heute noch als Wohnhäuser genutzt werden. Unweit von Lecce lädt ein malerischer Naturpool zum Baden in kristallklarem Wasser ein. Die Grotta della Poesia ist Teil der archäologischen Stätte von Roca Vecchia. Sie liegt etwas erste t ist a er mit ilfe on oo le aps ut zu finden. Wer un est rt aden m te sollte früh am Tag dorthin fahren.

Bloß nicht ... er asten. Wer pulien esu t sollte eit mit rin en und f r usfl e mit dem uto nicht auf vorgeplante Routen beharren. Überall gibt es kleine, charmante Orte, die es sich lohnt zu entdecken. Nur keine Scheu vor den schmalen Sträßchen, die durch die Olivenhaine führen! Man fühlt sich zwar wie im Labyrinth, aber keine Sorge, es gibt immer einen Weg heraus und meistens liegen die schönsten Masserien versteckt mittendrin.

Geheimtipp Apulien ist die Region der Masserien! Es gibt rund 2.000 der festungsähnlichen Anlagen und viele sind zu Gästehäusern und Hotels umfunktioniert worden. Eine der schönsten ist die Masseria Grieco in Osturi. Das Fünf-Sterne-Hotel repräsentiert mit seinem antiken Baukörper, Torbögen, Terrassen und acht charmanten Trulli nicht nur die traditionelle apulische Architektur, sondern ist auch eine Oase der Ruhe inmitten einer wunderschönen Landschaft.

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Dolce Vita in Apulien Kultur, Geschichte und Kaffee-Traditionen in Süditalien

Ebenso wie die Kunst und Kultur gehört auch der Kaffee zu Italien. Diese abwechslungsreiche Reise zeigt Ihnen die Juwelen Apuliens, die wunderschönen Landschaften und spektakulären Küsten, die malerischen Altstädte mit ihren engen Gassen und die prachtvollen Kirchen und Kathedralen. Sie unternehmen kulinarische Streifzüge durch die Welt der Oliven, des Weines und des Mozzarellas, um auch die kulinarischen Schätze der Region und ihre Geschichte(n) kennen zu lernen. Das tägliche Sahnehäubchen ist eine Tasse Kaffee, fast jeder Ort in Apulien hat seine eigene Kaffeetradition und -kreation. Gekrönt wird die Reise vom Besuch einer handwerklichen Kaffee-Rösterei – und wer noch tiefer in die Welt des Kaffees eintauchen möchte, hat beim optional zubuchbaren Besuch der in ganz Italien bekannten Kaffee-Rösterei QUARTA CAFFE die perfekte Gelegenheit dazu. Sie wohnen in besonderen Unterkünften mit viel Charme und Geschichte: in historischen Gebäuden in der Altstadt von Carovigno und in einem ehemaligen Palazzo inmitten der wunderschönen Altstadt von Otranto. Die Reise finden Sie unter https://bollig-tours. lu/unsere-lieblingsreisen/ und über diesen QR-Code:

11 Tage: 11.10.2022 - 21.10.2022 Kleingruppe: max. 16 Reisegäste ab 2.145,00€ p.P.

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AZO R E N

OBEN São Miguel, die größte unter den Azoreninseln, serviert ihren Besuchern einen Cocktail aus den Vorzügen aller ihrer Nachbarinnen.

UNTEN Berg und Küste gehen fast nahtlos ineinander über. Dazwischen erstreckt sich lediglich ein breiter Gürtel aus grünen Wiesen.

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AZO R E N

São Miguel, die feurige Insel Mit ihren blauen und grünen Vulkanseen und kurvenreichen Bergstraßen, ihren Küstendörfern und sattgrünen Weidelandschaften bringt sie alle Reize der Azoren unter einen Hut. Mit ihren schwefelhaltigen Thermalquellen und ihrer großzügigen Gastronomie ist sie zu jeder Jahreszeit ein attraktives Reiseziel, nicht zuletzt durch das Azorenhoch, das mit einem wolkenlosen Himmel auch für ein sonniges Gemüt sorgt.

Sattgrüne und feuchte Gipfelhänge Jede einzelne hat ihren ganz eigenen, charakteristischen Charme. Und das besondere an São Miguel liegt genau hier: Die größte unter den Azoreninseln serviert ihren Besuchern einen Cocktail aus den Vorzügen aller ihrer Nachbarinnen: Vulkane und ihre Kraterseen; natürliche Thermalbäder; Fischerhäfen und Küstendörfer; weiße Häuser und strahlende Barockkirchen; die unzähligen Miradouros (Aussichtspunkte) der Küste; die kurvien We e an den er flan en die großzügige und geschmackvolle Küche mit dem Besten, was Land und Meer zu bieten haben.

Fotos Pascal Michel

Von einer Insel dieses vulkanischen Archipels zur anderen zu hüpfen klingt ziemlich verlockend. Pico, Faial, Terceira, Flores ...

Text Philippe Bourget

Sind wir noch in Europa? Oder schon auf einem anderen Kontinent? Bei der Ankunft in der Hauptstadt Ponta Delgada auf der größten der azorischen Inseln lässt die eo rafis e es affenheit der Landschaft schnell an den Erdkundekenntnissen zweifeln. Von den neun größeren Inseln des Archipels liegen sieben auf der eurasischen Platte. Flores und Corvo, die zur nordwestlichen Inselgruppe gehören, sind Teil der nordamerikanischen Platte. Von Luxemburg aus sind es etwa 4,5 Flugstunden bis auf die Azoren, die Strecke zwischen São Miguel und New York ist kaum länger. Ein Archipel zwischen zwei Welten sozusagen. Ein Archipel, das natürlich portugiesisch ist, aber eine enge Verbindung zu den USA und anada pfle t wo eine ro e azorische Gemeinschaft lebt.

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AZO R E N

Fahren Sie zum Lagoa do Fogo tief im Inselinneren. Brechen Sie gleich im Morgengrauen zu Ihrer Wanderung auf. Mit ein bisschen Glück verzieht sich der dicke Nebel, der über dem Wasser hängt, und gibt den Blick frei auf das stille, glatte Wasser des Kratersees, auf dem die ersten Sonnenstrahlen glitzern. Sonst gibt es nichts, keine Häuser, keine Verbauungen. Nur ein paar schreiende Möwen, sattgrüne und vom Nebel und Morgentau nass triefende Steilhänge, oft au ein teuflis pfeifender Wind. Berg und Küste gehen fast nahtlos ineinander über. Dazwischen erstreckt sich lediglich ein breiter Gürtel aus grünen Wiesen, die von den Hängen in den Atlantik zu rutschen scheinen, was die gemütlich grasenden Kühe kaum beeindruckt. Vulkanische Amphitheater Auf einen Lavastrom werden sie nicht treffen. Die Krater von São Miguel liegen seit dem 17. Jahrhundert im Tiefschlaf. Die berühmteste vulkanische Stätte, Sete Cidades (dt.: Sieben Städte), ist eine sogenannte Caldera, eine kesselförmige Landschaftsstruktur vulkanischen Ursprungs mit mehreren Seen, die sich in den Vertiefungen eingebettet zu Füßen der mit dichtem Nadelwald bewachsenen Kraterhänge ge-

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bildet haben. Diese kreisrunden Wasserlinsen liegen reglos direkt über den Magmakammern. Der Lagoa Azul, der blaue See, ist mit dem Lagoa Verde, dem grünen See, über einen schmalen Durchlass verbunden, über den sich eine Brücke spannt. Der Azul-See schmiegt sich an die halbrunde Form der Caldera, deren steile Kraterwände 600 Meter in die Höhe schießen. Der auffrischende Wind zieht den Vorhang auf und gibt die Bühne frei für das paradiesische Schauspiel der Natur. Wohlig-warme Schwefelquellen Auch Furnas im Osten besitzt einen großen Kratersee. Der Ort ist bekannt für seine schwefelhaltigen Bäder. Das Bild von Furnas, der einzige Ort, an dem noch vulkanische Aktivität aufgezeichnet wird, ist geprägt von Fumarolen, vulkanischen Dampfaustrittsstellen. Schwefelgeruch hängt in der Luft. Heiße, dampfende Bäder am Seeufer oder, wenn es etwas schicker sein soll, im Außenpool des Terra Nostra Garden Hotels: Auf São Miguel verwöhnt Sie die Natur mit angenehmen Wellnessmomenten. Die Milch der seelenruhig weidenden Kühe ist nicht die einzige landwirtschaftliche Ressource von São Miguel. Bananenfelder erstrecken sich, so weit das Auge reicht; weiße Gewächshäuser, in denen


AZO R E N Mit ein bisschen Glück verzieht sich der dicke Nebel, der über dem Lagoa Fogo hängt, und gibt den Blick frei auf das stille, glatte Wasser des Kratersees.

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AZO R E N

Die einzige Teeplantage innerhalb der Europäischen Union ist ein Beweis dafür, dass die Tropen nicht weit sein können. © Philippe Bourget

Ananas reifen, reihen sich aneinander. Etwas außerhalb von Ponta el ada efindet si die Santo Antonio Plantage, mit einer 100 % biologischen Bewirtschaftung, und nur eine von den insgesamt 200 Plantagen der Insel. Auf São Miguel werden jährlich 800 Tonnen Ananas produziert und nur die Portugiesen kommen in den Genuss dieser süßen und sonnigen Frucht, die sonst nicht weiter für den Export bestimmt ist. Sogar Tee wächst hier. Die hoch gelegene Teeplantage Gorreana mit Blick auf die Nordküste, die einzige übrigens innerhalb der Europäischen Union, ist ein Beweis dafür, dass die Tropen nicht weit sein können ...

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Die Gastronomie ist unumstritten ein weiterer Vorzug des Reiseziels. Sie sind sich nicht sicher, welchen Fisch sie bestellen sollen? Garoupa, írio, sargo, boca-negra ... Egal, sie alle schmecken, ob gegrillt oder in Sauce, einfach ausgezeichnet. Die Küchenchefs kombinieren lokale Traditionen mit einem Hauch von Exotik und servieren eine kreative, schmackhafte Küche, zum Beispiel in den Restaurants A Colmeia und A Terra Azor in Ponta Delgada oder im Hotel Santa Barbara Eco-Beach Resort in Ribeira Grande. Und was wäre São Miguel ohne ihre schönen, hochgelegenen Dörfer. Die weißen Glockentürme der Kirchen mit barocken Fassa-

den schauen auf den azurblauen Atlantik hinunter und sind eines der Wahrzeichen der Azoren. Häfen im Kleinformat Gekalkte Wände, manuelinische Dekorationselemente und kleine Cafés, beliebte Treffpunkte bei den Einheimischen, prägen das idyllische Bild dieser kleinen, verträumten Bergdörfer. Hänge stürzen sich mit einem Gefälle von 20 % bis ins Meer und zu den Häfen an der Küste hinunter. Die Häfen sind trotz ihrer winzigen Größe eine unverzichtbare Verbindung zur restlichen Welt dieses Volkes, das auf der Schwelle zweier Kontinente lebt.


AZO R E N

Breviarium

Pilar da Bretanha Lagoa Azul & Verde

SÃO MIGUEL

Ribeira Grande

Ponto Delgada

Lagoa do Fogo

Furnas

37° N 25° W www.visitazores.com

Unbedingt Im Nordwesten der Insel hatte uns das Dorf Pilar da Bretanha mit seinem Namen fasziniert. Seiner etwas verzwickten Geschichte nach sollen sich ursprünglich Siedler aus Großbritannien oder der französischen Bretagne dort niedergelassen haben – Historiker sind sich da nicht ganz sicher und viele gehen davon aus, dass es hauptsächlich von Portugiesen gegründet wurde. Keine schriftliche Aufzeichnung, keine Tafel erinnert an die Geschichte eines Dorfes, das heute isoliert liegt und in Vergessenheit geraten ist.

Bloß nicht ... ohne Allradantrieb unterwegs sein. Vom Dorf Sete Cidades im Westen der Insel aus folgt ein Kammweg dem Kraterrand des Azul-Sees. Nichts für schwache Nerven und auch hartgesottene Abenteurer sollten hier sehr umsichtig sein. Eine schwindelerregende und äußerst windige Strecke, die aber mit fantastischen Ausblicken auf den See belohnt. Am Miradouro das Cumeeiras, der auch über eine Straße vom Küstendorf Pilar da Bretanha aus erreichbar ist, eröffnet sich mit einem Mal eine Sicht auf das vulkanische Amphitheater, die einfach von verblüffender, unwirklicher Schönheit ist.

Geheimtipp An den Hängen des Vulkans Fogo bietet das Naturbad Caldeira Velha eingelassen in einer sattgrünen, dichten Vegetation den idealen Rahmen für Tiefenentspannung im schwefelhaltigen Thermalwasser. Seine Naturpools mit den heißen Dämpfen aus der Tiefe versprechen einen puren Genussmoment. Ein gut ausgebauter Waldweg führt in nur wenigen Gehminuten zu den heißen Quellen mitten in der abgeschiedenen, ruhigen Natur.

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AZO R E N

Die Stars der Azoren? Die Pottwale natürlich!

Text Martine Carret

Fotos Pascal Michel

Seit dem Verbot der Pottwaljagd im Jahr 1986 hat die Inselgruppe der Azoren ihre Fabriken in Museen umgewandelt, während Fischer und Walspäher zu Naturführern oder Bootskapitänen wurden. Steigen Sie an Bord und machen Sie sich mit uns auf die Suche nach den Giganten der Ozeane.

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Suchen Sie das Blau des endlos erscheinenden Atlantischen Ozeans mit den Augen ab. Halten Sie Ausschau nach einem Geysir, einer Präsenz. Wenn Meeressäugetiere zum Atmen an die Wassero erflä e ommen atmen sie warme Luft aus, die sich sogleich in feine Wassertröpfchen verwandelt, die aus den Fluten herausschießen. Oder spitzen Sie die Ohren, um dem Schnaufgeräusch, das dabei entsteht, zu lauschen. Auf der Insel Pico, auf der wir mit unserem Boot von Aqua Azores angeschirrt sind, suchen wir vergeblich den Horizont mit unseren Augen ab. Nichts. Das Festrumpfschlauchboot, auf dem wir uns efinden s au elt auf den Wellen nur so hin und her. Wir drehen unsere Köpfe in alle Richtun en und neifen unsere u en zusammen, um noch besser sehen zu nnen in der offnun in-

mitten der Wassermassen eines der Tiere zu erspähen. In den eine Million Quadratmeter großen azorischen Gewässern wurden nicht weniger als 28 Arten von Zahn- und Wangenwalen nachgewiesen. a ann man seine an e einen in freier Wildbahn beobachten zu dürfen, einfach nicht verpassen! Während einige Arten nur selten und mit iel l zu eo a ten sind, da es sich sozusagen nur um ur reisende andelt ann man anderen leichter begegnen, wie den emeinen elfinen ro en T mmlern und und opfdelfinen die si hier angesiedelt haben. Der Star hier vor Ort ist und bleibt jedoch zweifellos der Große Pottwal (lat. Physeter macrocephalus), auch „Weißer Wal“ oder lie e oll o i enannt wie ihn 1851 der Schriftsteller Herman Melville bezeichnete. Sein englischer Name „sperm whale“ bezieht


AZO R E N OBEN Der Star der Azoren ist und bleibt zweifellos der Große Pottwal, auch „Weißer Wal“ oder liebevoll o i enannt.

UNTEN Das Festrumpfschlauchboot, auf dem wir uns efinden s au elt auf den Wellen nur so hin und her.

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AZO R E N

emeine elfine sor en mit i ren Sprüngen für eine lebendige und mitreißende Show.

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AZO R E N sich auf das Spermaceti, eine weißliche Substanz aus Wachsen und Triglyceriden, die sich in den Schädelhöhlen des Pottwals ansammelt. Diese war vor allem im 19. Jahrhundert sehr begehrt und wurde zur Herstellung von Kerzen, Seifen und osmeti a erwendet. Wurde nicht gar ganz Paris, die berühmte „Stadt der Lichter“, mithilfe dieses geruchlosen und nicht brennbaren Öls beleuchtet?! Eine stolze Vergangenheit Um 1860 landeten etwa 100 ameri anis e a ds iffe auf den Azoren. Auf allen Inseln wurden leine tten e aut. on den Landzungen derselben Inseln aus schlug man auch Alarm, wenn in der Ferne ein asymmetrischer, um 45 ° geneigter Geysir auftauchte. Das musste wohl wieder ein Pottwal sein, da nur er über ein einziges S-förmiges Atemloch auf der lin en Seite erf t. undert a re lan wurden sie e a t und es wurden immer weniger. it a ren e ann mein ater als uderer auf einem leinen Walfangschiff“, erzählt Manuel Franis o osta r. ire tor des useu dos balleeiros (dt. Walmuseum) in Lajes do Pico. „Man musste sich erst beweisen, bevor man harpunieren durfte. r onnte die S reie der Tiere die et tet wurden aum ertragen. Sie erinnerten ihn an weinende Kinder. Aber in den 1950er Jahren war diese Arbeit eine Frage des erle ens die li eit dem lend zu ent ommen.

Auf den neun Inseln des Archipels erzä len alte a ri en die eute Museen sind, nüchtern von dieser luti en er an en eit. ein at os eine S uld ef le nur eine sachliche Beschreibung ehemali er ra ti en. Faszinierende Begegnungen ier ein S nau eräus endlich!!!! Die Annäherung an die Tiergruppe folgt strengen Regeln: ni t zu s nell und ni t dire t darauf zusteuern, heißt es. Unser Kapitän schneidet ihnen nie den Weg ab oder trennt ein Junges von seiner Mutter. Es sind sieben Pottwale, davon zwei Weibchen mit ihren Kälbern, die sich friedlich vor unseren ehrfürchtigen Augen fortbewegen. Am Nachmittag sollten wir das l a en au no undopfdelfine Wale o ne ostrum die man an i rem ziemli u li en opf er ennen ann eo a ten zu d rfen. nd dann ommen au no emeine elfine mit i rem urzen s na elf rmigen Maul angeschwommen. Und das gleich vielleicht 30, 40 oder gar 50 an der Zahl. Sie scheinen im Ta t der Wellen zu tanzen ihre spitz zulaufenden schwarzwei el en lan en s immern mit der Wasserspiegelung. Damit verdienen sie nicht nur den ersten Schönheitspreis, sondern sorgen mit ihren vielen Sprüngen gleichzeitig für eine lebendige und mitreißende Show. Was für ein fantastisches Schauspiel!

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AZO R E N

Die seltenen Grindwale verfügen über einen re t ara teristis en u el auf der Oberseite ihres Kopfes.

Wie, es ist Zeit, in den Hafen zur zu e ren uf einen all erade ste en rindwale i re Nasenspitze aus dem Wasser! Diese seltenen Wale verfügen nämli er einen re t ara teristis en u el auf der erseite ihres Kopfes, wodurch man sie lei t er ennen ann. etzt a er e t es zur die Sonne e t ald unter i ts da Gerade nähert sich da noch ein weiterer Pottwal, dessen mächtiger Rüen aus dem Wasser erausra t Pottwale unter Beobachtung Zwischen den Inseln Pico und Faial dauert die Überfahrt mit der Fähre dreißig Minuten. Der Zielhafen Horta zeichnet sich durch seine riesige ole aus die mit unten res en

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es m t ist. edes S iff das den tlanti er uert und auf den zoren auftan t interlässt e endort seinen dru es ni t zu tun soll n l rin en. Am Pier bereitet sich Lisa Steiner darauf vor, auf dem Schnellboot von Norberto Diver zum „Whale Watching“-Platz zu nehmen. in eeresausflu me r als seien Tausende von Beobachtungen seit 1988 nicht schon genug. ie S wanzflosse eines ottwals ä nelt einem in era dru er lärt sie. Sie at eine un erwechselbare, einzigartige Form. So nnen wir edes Tier fast sein ganzes Leben lang verfolgen.“ Sie erwendet lu eTra er eine auf nstli er Intelli enz asierende Softwarelösung, mit der sie Über-

einstimmun en feststellen ann „Ich lade meine Bilder hoch“, erlärt uns isa warte ein paar Minuten, und wenn ein Pottwal bereits in meinem 8.000 Fotos dien nline atalo re istriert ist findet er i n au . an i rer r eit in om ination mit der anderer Forscher*innen onnten eini e der Wale au weitab der Azoren wieder geortet werden. Einige Männchen wandern na orwe en oder zum ap erde, andere wurden sogar im Golf on e i o oder auf den a amas gesichtet. Die Weibchen hingegen scheinen ihr ganzes Leben zusammen zu verbringen und migrieren nur innerhalb des azorischen Archipels sowie nach Madeira oder den Kanarischen Inseln.


AZO R E N

Breviarium

Madalena

PICO

38° N 28° W www.aquaacores.pt

Aqua Açores Whale Whatching

Unbedingt as useum orto im ist eine e emali e Walfan fa ri die dire t am Wasser e aut wurde, um das Anschleppen und anschließende Häuten der Tiere zu erleichtern. ampf essel S la tplattform Spe und no en essel leis m le o mas ine ... alles ist in seinem ursprünglichen Zustand geblieben. Ein Besuch, der unter die Haut geht. as eter af Sport e er er t eine un ertroffene Sammlun on es nitzten und ra ierten ottwal no en und zä nen. it diesem elie ten unst andwer das den amen S rims aw trä t onnten si die Walfän er etwas eld dazu erdienen.

Bloß nicht ... enttäus t sein. e e nun en mit Walen sind au er ew nli do der zean ist ein oo und es ann au einmal sein dass si I nen eine Tiere zur eo a tun zei en und das o wo l die W ale Wat in eranstalter und Walspä er i r estes tun um Sie zufrieden zu stellen. Wenn Sie auf See s nell ran werden fra en Sie or der reise I re n rzt rztin um at. ersu en Sie I re eise so an ene m wie nur m li zu estalten.

Geheimtipp uf den zoren le ende ottwale ro und emeine elfine sind rundsätzli eer im Winter st rmis sein was die Wanderfis e sind ein es en des

e T mmler wie au lipper einer war und opfdelfine das anze a r er zu se en. enno ann das eo a tun s edin un en eeinträ ti en ann. zeans sie ommen wann sie ust a en

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AL E N T EJ O

OBEN Nehmen Sie sich bei Spaziergängen die Zeit, nach Störchen und ihren Nestern zu suchen, die an der Flanke der Klippen liegen.

UNTEN Im Frühling färben bunte Felder die Landschaft und die Tiere suchen Schatten unter den majestätischen Eichen.

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AL E N T EJ O

Eine Reise durch das Herz der Natur Ich erinnere mich an ein Gefühl der Ruhe, das mich während meines Aufenthalts immer wieder erfüllen sollte. Ich erinnere mich auch daran, mir die Zeit genommen zu haben, einen in seinem Nest brütenden Storch detailgetreu aufs Papier zu bringen. Ich erinnere mich, wie der Sonnenuntergang vor meinen Augen den Himmel mit all seinen Farben bemalte, die von gelb- und orangefarbenen Nuancen bis hin zu dezentem Rosa reichten. Ich erinnere mich, mit welch einer Verzückung ich den Nachthimmel betrachtete und seine funkelnden Sterne zählte. Ich erinnere mich noch ganz genau an all diese Gefühle und noch eine Menge anderer Sinneseindrücke. Dort, wo der Wald noch das Sagen hat … Wenn Sie Fotos des Alentejo gesehen haben, haben Sie bestimmt die vielen Schirmkiefern entdeckt, die den Menschen, aber auch den Tieren an heißen Sommertagen wertvollen Schatten spenden. Die-

se Baumart produziert jedoch vor allem Pinienkerne. Diese in Portugal sehr beliebten nussigen Kerne, die man vor allem zum Backen verwendet, werden zu fast 90 % nach ganz Europa exportiert, insbesondere ins Nachbarland Spanien und auch nach Frankreich. Neben den Kiefern werden Ihnen sicherlich auch die zweifarbigen Bäume am Straßenrand aufgefallen sein. Stellen Sie sich einen Baum vor, dessen Stamm zum Teil bereits seine Rinde verloren und sich rötlich verfärbt hat, während die Blätter noch grün sind. Dabei handelt es sich um die berühmten Korkeichen, aus denen bereits seit Jahrzehnten das „natürliche Gold“, d. h. Kork, gewonnen wird. Auf den Alentejo entfallen etwa 85 % der gesamtportugiesischen Korkproduktion und 54 % der weltweiten Produktion von Kork, was ihn zur führenden Region in der Korkgewinnung auf unserer Erde macht. Geduld ist für die Korkproduzenten ein Muss, da sie ihre Bäume erst in einem Alter von 25 Jahren zum ersten Mal schälen

Text Marion Finzi

Lassen Sie mich Ihnen hier über all die Schätze berichten, die die Natur des Alentejo zu bieten hat, jene idyllische Küstenregion Portugals, die sich südlich von Lissabon am Atlantik erstreckt.

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AL E N T EJ O

d rfen. ana findet die rnte alle neun Jahre statt, wobei der Kork im Laufe der Jahre immer weiter an Dichte gewinnt. Dieses Material, das zwar in der Raumgestaltung ein wenig altmodisch anmutet, birgt jedoch die eine oder andere verkannte oder wenig bekannte Eigenschaft. Tatsächlich wird ein großer Teil der Korkproduktion aus dem Alentejo in die USA exportiert, wo der Kork in den Händen der NASA als Isoliermaterial für Raumschiffe verwendet wird, aber auch in Hollywood, um Spezialeffekte zu erzielen! Unter dicht beblätterten Eichen, die wie Sonnenschirme aussehen und auch deren Effekt mit sich bringen, ernähren sich zahlreiche schwarze Wildschweine munter von Eicheln und Wurzeln. Aus ihrer zu 100 % natürlichen Ernährung resultiert ein qualitativ hochwertiger Schinken, der Pata Negra aus dem Alentejo, der mittlerweile sehr beliebt ist und sogar mit dem gleichnamigen Schinken aus dem benachbarten Spanien konkurriert. Die Ebenen und Hügel bedecken Olivenbäume, Eukalyptusbäume, Bougainvilleas, die sie in eine atemberaubende Blüten-

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pracht hüllen, und Zitronenbäume, die sich unter ihren gelben Früchten beugen. … und Tiere unter Schutz stehen Neben jener unglaublichen Flora lebt im Alentejo auch eine große Anzahl von unterschiedlichen Tierarten. Das emblematischste aller Tiere der Region ist wohl der Storch, der aus dem örtlichen Leben nicht wegzudenken ist. Diese Vögel mit ihrem schwarzweißen efieder i ren lan en d nnen Beinen und orangefarbenen Schnäbeln haben hier die Schornsteine und Strommasten erobert, wo sie ihre Nester bauen. Über die gesamte Region verteilt wurden kürzlich nicht weniger als rund 5.000 Storchennester gezählt! Diese ehemaligen Zugvögel sind mittlerweile sesshaft geworden, da sie im Alentejo das ganze Jahr er pro lemlos a run finden und somit keinen Grund haben, im Winter da onzuflie en. u wenn insbesondere die Reisfelder von diesen Vögeln auf der Suche nach Insekten in Mitleidenschaft gezogen werden, bringt der Storch in Portugal Glück und seine Präsenz wird sehr geschätzt. Und wenn man sich all die Störche ansieht, die wie aufgefädelt auf


AL E N T EJ O Neben einer unglaublichen Flora lebt im Alentejo aber auch eine große Anzahl von unterschiedlichen Tierarten.

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AL E N T EJ O

Der winzige, typische Fischerhafen von Carrasqueira bei Comporta ist bei Sonnenuntergang einen Besuch wert.

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AL E N T EJ O den Stromleitungen sitzen, müssen die Portugiesen ganz schön viel Glück haben! Und wenn es Ihnen doch eher die Wassertiere angetan haben, hat die Region noch eine Überraschung für Sie. Unglaublich, aber wahr: Seit einigen Jahren leben in der Mündung des Sado eine Handoll elfine Um zur Erhaltung vom Aussterben bedrohter Arten beizutragen, wurden in der Region Alentejo außerdem zwei iberische Luchse neu beheimatet. Den Sternen ganz nah 2012 wurde der Alqueva-See zum UNESCO-Schutzgebiet für die Sternbeobachtung erhoben. Dieser See am Guadiana, einer der größten künstlichen Seen Europas, der 2002 angelegt wurde, hat dazu beigetragen, den örtlichen Tourismus wieder anzukurbeln und gleichzeitig die sagenhafte Flora und Fauna der Region zu bewahren. So wird rund um den See die öffentliche Beleuchtung auf ein Minimum reduziert, um die Lichtbelastung zu verringern und optimale Bedingungen für die Beobachtung des Sternenhimmels zu gewährleisten.

Das am See errichtete OLA-Zentrum (Observatory Lake Alqueva) lädt Anfänger und Experten zu faszinierenden Sternbeobachtungen ein. Dank einer professionellen Ausrüstung und einem/einer fachkundigen Führer*in kann man mehr über die verschiedenen Sternbilder erfahren und vor allem den Mond, Uranus, Jupiter, und Saturn mit seinem berühmten Ring bestaunen. Sie können sich auch die Zeit nehmen, den See auf andere Weise zu erkunden – indem Sie für einen Tag ein Boot mieten, um sich dem schweigsamen Rhythmus der Natur anzupassen. Tagsüber stehen Schwimmen, Wassersport und Angeln auf dem Programm. Abends können Sie sich dann auf dem Boot unter dem Sternenhimmel sanft in friedliche Träume schaukeln lassen. Vom Ozean bis ins Landesinnere Wenn Sie auf Ihrer Reiseroute durch die Region Alentejo aus dem Staunen nicht mehr herauskommen möchten, sollten Sie insbesondere folgenden drei Dörfern (hier von Nord nach Süd) einen Besuch abstatten.

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AL E N T EJ O

2012 wurde der Alqueva-See zum UNESCO-Schutzgebiet für die Sternbeobachtung erhoben.

Comporta, zwischen Land und Meer Dieser bei Lissabonnern wie Touristen gleichermaßen beliebte Badeort bietet endlos lange Sandstrände zum Surfen, Schwimmen und Chillen. Nur wenige Meter vom Atlantik entfernt erwartet Sie wenngleich eine ganz andere Atmosphäre: endlose Reisfelder, auf denen sich Störche, Kraniche oder sogar Flamingos bedienen und bewundern lassen. Denken Sie auch an einen Blitzbesuch des winzigen Hafens von Carrasqueira, wo sich die Einheimischen und die Restaurants der Region mit Meeresfrüchten und frischem Fisch eindecken. Lassen Sie sich nicht durch den Zugang über wacklige Pfahlkonstruktionen aus der Ruhe bringen: Sie sind de-

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finiti sta iler als sie ausse en und bringen Sie sicher ans Ziel.

Verein das Gepäck von einer Tagesetappe zur nächsten.

Porto Covo, das blau-weiße Dorf Bewundern Sie in diesem friedlichen Dorf die Häuser aus weißem Kalk, die mit ihrem stellenweise blauen Anstrich richtig malerisch wirken. Die Hauptstraße führt Sie nach unten bis an die Klippen, die Ihnen einen atemberaubenden Ausblick auf die Weite des Ozeans gewähren. Lassen Sie sich von der salzigen Luft die Nase kitzeln und von den rauschenden Wellen in den Schlaf wiegen. Hier führt auch eine Wanderroute namens „Fisherman Trail“ vorbei. Für all diejenigen, die nur mit dem Nötigsten auf dem Rücken wandern möchten, transportiert ein lokaler

Monsaraz, ein malerisches Dorf aus dem Mittelalter Dieses winzige Dorf im Landesinneren ragt von einem Hügel über das Tal. Lassen Sie Ihren Blick über die weiten Ebenen und den Alqueva-See in der Ferne schweifen. Verlieren Sie sich in seinen s malen epflasterten assen erklimmen Sie das hochgelegene alte Schloss und bewundern Sie am Abend den Sonnenuntergang, der nach und nach den Sternen Platz macht. Wenn Sie sich später an diese Reise zurückerinnern, werden viele dieser Sterne wieder in Ihren Auen aufleu ten.


AL E N T EJ O

Breviarium

ZENTRAL-PORTUGAL

Monsaraz

Comporta

SPANIEN

ALENTEJO

Porto Corvo

38° N 7° W www.visitalentejo.pt

ALGARVE

Unbedingt Der „Fishermen Trail“ verläuft von Porto Corvo bis nach Lagos. Mit 13 Etappen von etwa 20 Kilometern am Tag bietet dieser herrliche Wanderweg einen fantastischen Einblick in die wilde Natur entlang der Klippen. Die Route kann man in voller Länger oder über mehrere ausgewählte Etappen genießen. Nach Bedarf gibt es auch einen Rucksacktransport von einer zur nächsten Station.

Bloß nicht ... vergessen die lokalen Weine zu verkosten! Die Weinberge der Region tragen fast 15 % der portu iesis en Weinprodu tion. usfl e zu den erdades den lo alen Wein tern eignen sich bestens, um die Kunst der portugiesischen Weine kennenzulernen und gleichzeitig einen Eindruck vom Land zu bekommen. Besonders zu empfehlen ist die grandiose Herdade da Malhadinha Nova.

Geheimtipp Wenn Sie die Region näher kennenlernen möchten, lohnt es sich, einen lokalen Reiseführer zu engagieren! Professionelle Guides sind meist Ortsansässige, die das Gebiet wie kein anderer kennen und Ihnen auch mehr über die Geschichte und das Leben im Alentejo erzählen können. Wenden Sie sich an das lokale Fremdenverkehrsamt, um eine Liste anerkannter Reiseführer zu erhalten.

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N O MADS D I G I TA L

Lang(sam) & digital um die Welt Als digitale Nomaden auf einer Weltreise, die nicht endet.

Text & Fotos Laura Lichter

Henrik (32) und ich, Laura (31), haben das „normale“ Leben aufgegeben: Die gemütliche Wohnung in Köln, attraktive Jobaussichten, die Nähe zu Freunden und Familie. Seit fast fünf Jahren sind wir als Paar in der Welt unterwegs. Wir reisen als Selbstständige, Couchsurfer, Adventure-Biker und VanCamper stets mit Laptops und Platz für Abenteuer im Gepäck.

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Wie es dazu kam Vor 2017 haben wir alles gemacht, was die Gesellschaft von uns erwartete: Nach dem Abitur rein ins Businessstudium; ab in die Niederlande, wo wir uns kennenlernten. Wir absolvierten Praktika in China und am ods a ualifizierten uns beide für ein Double-DegreeStudium in England und hingen ein Masterstudium in Marketing bzw. Sport-Management dran. Wir waren damit beschäftigt, unsere Ziele zu erreichen und den „üb-

lichen“ Erwartungen zu entsprechen: Traumjobs bei namhaften Unternehmen, schöne Wohnung, Sicherheit. Gleichzeitig lösten Einblicke in alternative Lebensweisen und digitale Technologien schleichend ein Umdenken in uns aus. Konnte „Karriere machen“ auch anders gelebt werden? Was wir brauchten, war Mut, Neues auszuprobieren, das sich ortsunabhängig umsetzen ließ. Der „klassische“ Weg fühlte sich nicht mehr richtig an. Stattdessen fühlten wir uns bekräftigt, unser Leben im Sinne unserer Leidenschaft zu gestalten: dem Reisen. Wir wollten hinaus, die Welt kennenlernen, nicht fremd- sondern selbstbestimmt sein. Statt 9-to-5 wollten wir unsere Zeit und Fähigkeiten in uns selbst und unser eigenes Business investieren. Wir wollten erfahren, wie andere Menschen leben und wirklich frei sein – minimalistisch, o ne Wo nsitz. a s laflosen


N O MADS D I G I TA L OBEN Gemeinsam mit unserem ou surfin ast e er ars einem pensionierten Colonel aus der indischen Armee, feierten wir das Holi Festival in Mathura & Vrindavan, Indien.

UNTEN Unterwegs auf dem ManaliLeh Highway in Indien treffen digitale Nomaden auf waschechte Nomaden beim Schafescheren.

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N O MADS D I G I TA L

Mit unserem in Teesäcke gewickelten Gepäck erkundeten wir mit unserem indischen Motorrad die Wunder Pakistans.

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N O MADS D I G I TA L Nächten ließen wir die Routine des Alltags hinter uns und brachen auf in ein Leben als digitale Nomaden. Ortsunabhängig arbeiten, langsam reisen Digitale Nomaden sind Unternehmer*innen und Freelancer*innen, die ihrer Arbeit online nachgehen, ohne an einen festen Wohnsitz gebunden zu sein. Eine Reise nach Marokko legte den Grundstein für unsere erste Geschäftsidee. Mit unserer Marke „trente-quatre & cinq“ produzierten wir Lederprodukte mit Familienbetrieben in Fès und verkauften sie im eigenen Onlineshop. In Kambodscha buchten wir uns in einen Co-working Space ein, um uns mit „Learning-by-doing“-Mentalität auf YouTube zum Thema Webdesign weiterzubilden. Den Verkauf unserer Ledertaschen stellten wir zwei Jahre später ein. Wir hatten experimentiert, Erfolge gefeiert, aus Fehlschlägen gelernt. Missen möchten wir die Erfahrung nicht, denn sie brachte uns dorthin, wo wir heute sind. In den letzten drei Jahren haben wir uns die Online-Marketing-Agentur

„Deskless“ aufgebaut. Mit unserem Hintergrund in Business und Marketing und unseren Kompetenzen in Content Marketing, WebDesign und Werbeanzeigen erstellen wir heute Marketinglösungen für unsere Kunden*innen. Für Henrik und mich bedeutet ein Online-Business vor allem Freiheit: Freiheit, uns auszuprobieren und uns Zeit zu nehmen für Dinge, die uns interessieren. Dabei entwickelte sich unser Reisestil immer weiter weg vom schnelllebigen Abhaken von Touristen-Attraktionen und hin zu langsamem Reisen und bewussten Begegnungen mit Einheimischen. Per Anhalter reisten wir mit 108 Mitfahrgelegenheiten 7.000 km von Vietnam nach Indien. Hier kauften wir uns ein Motorrad und setzten damit unser Abenteuer für weitere 35.000 km nach Deutschland fort: zu Gast bei neuen Freunden durch Couchsurfin die aptops stets da ei mit schnelleren Internetverbindungen als in der Heimat. Die Reise führte uns weiter durch Indien, Nepal und Pakistan. Ob im Co-working Space oder im Lieblingscafé – wir

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N O MADS D I G I TA L

entschieden, wo wir arbeiteten. Wir übernachteten in Tempeln und Polizeistationen in Indien und Myanmar, unterrichteten Englisch in Vietnam, fuhren Panzer in der Wüste Ladakhs und waren Ehrengäste im iranischen Konsulat in Lahore, Pakistan. Wir lernten Gastfreundschaft von Kulturen, die wir nicht kannten, und von Menschen, deren Sprachen wir nicht verstanden. Die Corona-Pandemie konfrontierte uns plötzlich mit der Fragilität unseres Nomadenlebens: Während in Deutschland der erste Lockdown verabschiedet wurde, strandeten wir im Iran. Das sanktionierte Land würde uns in den nächsten vier Monaten vor neue erufli e und emotionale Herausforderungen stellen. Die Unterstützung neuer iranischer Freunde half uns, in der Wüstenstadt Kerman ein temporäres Zuause zu finden. ie andemie zwang uns, unsere Pläne zu ändern. Um verantwortungsbewusst weiterzureisen, bauten wir zurück in Deutschland einen Kastenwagen zu unserem autarken Eigen-

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eim um. ls mo iles omeoffi e und Vierjahreszeiten-Fahrzeug bietet uns der Van die Möglichkeit, Arbeiten und Reisen weiterhin in Vollzeit zu genießen. Unser Vanlife führte uns nach Nord-Norwegen, wo wir an der Grenze zu Russland als Dozenten und Hundeschlittenführer in den arktischen Winter eintauchten. Dort arbeiteten wir zeitweise ortsgebunden, denn minus 30 °C erfordern eine klassische Unterkunft. Wie es weitergeht Oft werden wir gefragt, wie lange wir den Laptop-Lifestyle leben werden. Unsere Antwort ist immer die gleiche: Wir wissen es nicht. Ortsunabhängig möchten wir weiterhin diverse Projekte mit Leidenschaft betreiben, die uns ein Einkommen sichern. Reisen ist nicht länger Urlaub, sondern Bestandteil unseres Seins. Wir m ten fle i el lei en f r unerwartete Möglichkeiten, die das Leben für uns bereithält. Das ist für uns das Reizvolle am selbstständigen Nomadenleben.


N O MADS D I G I TA L Ein etwas anderer Arbeitsplatz in Norwegen: Laura als Hundeschlittenführerin.

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B E R L I N

OBEN Die Tegeler Hafenbrücke wird im Volksmund auch „Sechserbrücke“ genannt. Der „Sechser“ war das Entgeld (fünf Pfennige), die der Fischer als Obolus für die Überfahrt mit dem Kahn entgegennahm, als es noch keine Brücke gab.

UNTEN Berlin ist auf jeden Fall eine Seefahrt wert. Denn die Stadt zählt 50 Seen, wobei einige, wie hier der Müggelsee, für manchen auch schon aussehen können wie ein kleines Meer.

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B E R L I N

Berlin – die grüne Wasserstadt Wer hätte das gedacht? Die deutsche Hauptstadt zählt 70 Inseln und 960 Brücken. Das sind mehr als doppelt so viele wie in der Lagunenstadt Venedig. Als eine der grünsten Städte Europas ist Berlin heute Heimat von Wasserbüffeln, Turmfalken und Bibern. Wie wäre es also vor dem abendlichen Kulturbummel mit dem Besuch eines der letzten Fischerdörfer der Stadt? Doch erzähle ich Besuchern, dass es in Berlin 70 Inseln, 50 Seen, acht Kanäle und die drei Hauptfl sse a el Spree und a me gibt, bleibt vielen vor Staunen der Mund offen stehen. Dabei habe ich die vielen kleineren Flüsse wie Erpe, Panke, Wuhle und Bäke noch gar nicht erwähnt. Wer wollte, könnte 330 Kilometer allein auf den Wasserwegen Berlins zurücklegen. Berlin ist eine Stadt voller Wunder. Es gibt alte Mühlen, Eiszeitseen und sogar Fischerdörfer mit Wasserbüffeln und einer Ruderfähre. Also dann mal los ins entspannte, ins ruhige Berlin … Wasserbüffel und Eisvögel Wenn man jemanden mit verbundenen Augen in das drei Kilometer nördlich vom Großen Müggelsee gelegene Erpetal führen und den Blick dann freigeben würde, käme wohl kaum jemand auf die Idee, in Berlin zu sein. Was ich sehe, sind

Text Joscha Remus

Früher habe ich Besucher in meiner Stadt Berlin gerne tagsüber auf die Museumsinsel zum Pergamonmuseum und zur Nofretete geführt. Abends sind wir dann ins Wintergarten-Varieté oder in Clärchens Ballhaus zum „Schwoofen“, also zum Tanzen, gegangen. Klar sind das heute immer noch wunderbare Kultur-Orte, die man unbedingt gesehen haben sollte. Doch in den letzten Jahren habe ich meine bunte Stadt ganz neu entdecken dürfen. Was ich da fand, war überraschend wild, grün und vor allem nass – denn Berlin ist vor allem eine Natur- und Wasserstadt, die man heutzutage auch gerne mal mit dem Floß oder dem Boot erkunden sollte. Einer der bekanntesten deutschen Reiseführer wirbt mit dem Spruch: „Berlin – wer Ruhe rau t ist ier definiti fals . Doch das stimmt so nicht. Klar lebt die Hauptstadt von ihrem Ruf als Partystadt.

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B E R L I N

blühende Wiesen, ein mäandernder Flusslauf, Reiher und Wildenten, die mit kräftigem Flügelschlag das Weite suchen. Weite, jede Menge Weite. Denn Berlin ist nicht nur großartig, sondern auch ziemlich groß. Wer hätte gedacht, dass man Manhattan fünfzehnmal in Berlin unterbringen könnte? Würde man die vier Millionen Einwohner Berlins gleichmäßig über die Stadt verteilen, ständen viele von ihnen überraschenderweise inmitten uralter Eichen, oore oder eideflä en. Auf meiner Wanderung durchs Erpetal, dieses Naturschutzgebiet im Südosten der Stadt, höre ich vor allem Vogelgezwitscher. Ich staune über die Wasserbüffel, die mich verdutzt aus dem hohen, ungemähten Gras oder dem Wasser des Flusslaufs anschauen. Über 47 Brutvogelarten bauen hier ihre Nester. Seit einigen Jahren nutzen auch wieder Biber und Fischotter das Tal der Erpe. Als Berliner bin ich ziemlich stolz auf all diese Renaturierungserfolge und darauf, ein so schönes Paradies quasi direkt vor der Haustür zu haben. Bei meinem letzten Besuch hatte ich stolz einen Eisvogel und einen Moorfrosch entdeckt, der übrigens streng geschützt ist. Ein Naturführer verspricht mir besonders geschützte, seltene flanzenarten wie Sumpfdotter lume, Kuckuckslichtnelke und Sumpfschwertlilie. Dazu auch seltene

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Tiere wie Ringelnatter, Grasfrosch, Sumpfrohrsänger und Neuntöter. Gut zu wissen, dass diese Tiere hier in den Feuchtgebieten nun wieder zu den Hauptstadtbewohnern zählen und eine halbe Million Quadratmeter Wildnis in Berlin seit Jahrzehnten bewusst renaturiert wird. Da das Landschaftsschutzgebiet jährlich überschwemmt wird, kommt man bereits nach einer Viertelstunde Fußmarsch vom S-Bahnhof Hirschgarten an Röhrichtinseln und feuchten Wiesenflä en or ei so ald man si der Erpe nähert. Dieser 32 Kilometer lan e e enfluss der Spree ist vielen Berlinern nach wie vor völlig unbekannt, was nicht von Nachteil ist, wenn man die wilde Einsamkeit sucht. Ruderfähre im alten Fischerdorf Der Gang über die Dorfstraße von a nsdorf mit i ren alten flastersteinen macht einem unweigerlich klar, dass man hier im ländlichen Berlin gelandet ist. Die Müggelspree schimmert mit ihrem klaren Wasser immer wieder zwischen den Häusern durch. Das Fischerhaus der Familie Thamm liegt genau gegenüber der Dorfkirche, dem markantesten Gebäude des kleinen Angerdorfes. Rechts am Haus vorbei geht es hinunter ans Wasser. Im Frühling und Sommer ist dieser Ort schon deshalb nicht zu verfehlen, weil einem aus dem Biergarten unten


B E R L I N Die Erpe ist ein 32 Kilometer langer e enfluss der Spree. er lusslauf wurde von der Eiszeit geprägt. Das nach dem Fluss benannte Erpetal ist heute ein Naturschutzgebiet.

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B E R L I N

ndreas T amm der letzte erufsfis er vom Müggelsee. Daneben seine Tochter Maria, die nun – als erste Fischerin Berlins – in seine Fußstapfen treten wird. © Dagmar Schwelle

an der Müggelspree ein fröhliches Stimmengewirr entgegenhallt. Der einzige Fischer des Müggelsees hat hier in unmittelbarer Nähe zum Anlegesteg der Motorfähre 23 seine Fischräucherei und seinen Fischverkauf. Seit über 50 Jahren ist Andreas Thamm nun s on erufsfis er. erzeit bildet er seine Tochter Maria zur Fischerin aus. Wenn sie seine Nachfolge antritt, wird Maria T amm die erste erufsfis erin des Müggelsees sein, seit es das uralte Fischergut von 1550 überhaupt gibt. Damals lebten vornehmlich noch Slawen im kleinen Fischerort. Während hier heute

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fangfrisch Karpfen und geräucherte, goldschimmernde Makrelen, Rotbarsche und Aale verkauft werden, zeigt sich auf der anderen Seite des Gewässers bereits die Fähre. Sie ist genauso einzigartig wie das denkmalgeschützte Fischerboot, mit dem der Fischer auf den See hinausfährt. Denn sie ist die einzige Ruderfähre Berlins. Die Fährlinie F24, die genau hier zwischen Rahnsdorf und Müggelheim verkehrt, bringt ihre Passagiere tatsächlich handrudernd auf die andere Seite. Im Sommer wechselt sie sich allerdings mit einer Elektrofähre ab.

Ich frage Andreas Thamm, einen von sechs aktiven Berufsbinnenfis ern in erlin na seinen eheimtipps für die Hauptstadt. „Kennst du den ältesten Baum Berlins oben im Tegeler Forst?“, fragt mich Fischer Thamm. „Die Dicke Marie. Eine stolze knorrige Stieleiche ist das. Und auf dem Weg dahin siehst du die schönste Fußgängerbrücke Berlins, die Sechserbrücke. Eine sehr hübsche rote Fachwerkbogenbrücke. Wusstest du übrigens, dass es in Berlin über 960 Brücken gibt. Mehr als doppelt so viele …“ „Jaja, mehr als doppelt so viele wie in Venedig“, ergänze ich stolz.


B E R L I N

Breviarium

BERLIN

Restaurant De Maufel

Erpetal

Tempelhofer Hafen

Rahnsdorf Müggelsee

52° N 13° O www.visitberlin.de

BRANDENBURG

Unbedingt Keinesfalls verpassen sollte man De Maufel, das einzige Luxemburger Restaurant außerhalb des Großherzogtums. „Die Luxemburger, die uns besuchen, sollen Heimweh bekommen“, sagt Inhaber Luc Wolff und präsentiert Coq au Riesling oder den legendären Flammkuchen (Leonhardtstr. 13, de-maufel.com). Absolut sehenswert ist auch das Futurium (Alexanderufer 2), die Bockwindmühle Marzahn und eine Lokomotive mitten im Wald (Schöneberger Südgelände).

Bloß nicht ... Autofahren in der Stadt – schon wegen der teuren Parkplätze. Ganz besonders vermeiden sollte man eine Fahrt mit dem Auto durch die meist verstopfte Karl-Marx-Straße in Neukölln. Sie ist seit Jahren ein Ärgernis. Die ewige Baustelle kostet einfach zu viele Nerven. Am schnellsten und besten bewegt man sich in Berlin mit der Metro unter der Erde oder der Linie 1 – Hochbahn über der Erde. Entspannt ist auch eine Fahrt mit dem Doppeldeckerbus.

Geheimtipp Mitten in Berlin gibt es überraschenderweise einen Hafen. Der unbekannte Tempelhofer Hafen ist sozusagen ein kleines St. Tropez im Herzen der Stadt. Bei Regen ist das Aquarium der absolute Geheimtipp. Es ist eines der artenreichsten Aquarien der Welt, in dem es sogar Krokodile und Riffhaie gibt und – Achtung – Dinosaurier. Besonders Kinder lieben diesen Ort der Naturwunder.

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B R EG E N Z E RWAL D

Im Bregenzerwald ist das Erbe innovativ

Text & Fotos Philippe Bourget

Dieses bergige Gebiet, ganz in der Nähe der Schweiz, mit idyllischen Dörfern und Almen, begeistert uns mit seiner Natur und seinen Traditionen. Die Region hat eine Expertenposition in Sachen innovatives Handwerk und nachhaltige Landwirtschaft und nutzt ihr Jahrhunderte altes Know-how, um eine gerechtere Zukunft zu schaffen … die auch dem Tourismus zugutekommt.

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Der Tourismus in Österreich geht weiter über Wien, Salzburg und Tirol hinaus. Im äußersten Westen des Landes hat der wenig bekannte Bregenzerwald Qualitäten, die seine Nachbarn nicht haben – nun ja, zumindest nicht in diesem Maße. Natürlich ist hier wie in ganz Österreich der Empfang herzlich, die Leistungen sind von erstklassiger Qualität und die bergigen Landschaften sind mit ihren tiefgrünen Wäldern eine Wohltat für die Augen. Aber eine Sache ist doch anders: Diese Region hat sich über die traditionellen Vorzüge hinaus voll und ganz der nachhaltigen Entwicklung verschrieben. Das Ergebnis spiegelt sich in der Landschaft wider: Die Almwiesen sind intakt erhalten, die Dörfer glänzen schon von Weitem. In der landwirtschaftlichen Produktion setzt man auf Lokales, Qualität und kurze Beschaffungswege. Honigfarbene Häuser Dieses Gebiet im Bundesland Vorarlberg in der Nähe von Bayern und der Schweiz ist vor allem für

Touristen aus Westeuropa einfach zu erreichen. Die Autofahrt ab Zürich dauert 2 Stunden, von München aus sind es 2,5 Stunden und ab Luxemburg-Stadt 6,5 Stunden. Bei der Ankunft wird klar, warum die schönen Dörfer schon von Weitem so strahlen. Traditionell werden die Dächer der Häuser mit Kiefernschindeln gedeckt. Ob quadratisch oder abgerundet verleihen diese Schindeln den Häusern einen besonders urigen Charme. Im Sonnenlicht erstrahlen die Hausfassaden in einem zauberhaften Honiggelb. Sei es in Au, Schoppernau, Schwarzenberg, Bezau, Egg ... In allen diesen leinen epfle ten Dörfern, die wie gelbe Tupfer vor die begrünten Hänge der Berge gesetzt scheinen, wird man dieser traditionellen Architektur einfach nie überdrüssig. Werkraumhaus, eine Plattform für handwerkliche Innovation Die Architektur überrascht einfach immer wieder aufs Neue, allein schon, weil sie neben den altbewährten Bautechniken auch über-


B R EG E N Z E RWAL D OBEN Ein mit Holzschindeln gedecktes Haus in Bezau.

UNTEN Traditionelle Häuser in Au, einem der schönsten Dörfer im Bregenzerwald. Als Zeichen ihrer Opulenz haben einige bis zu sieben Reihenfenster im Erdgeschoss.

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B R EG E N Z E RWAL D

An den Hängen des Diedamskopfes in Schoppernau, wie auch anderswo im Gebiet, wird extensive Landwirtschaft und Viehzucht betrieben, um die natürlichen Ressourcen und die Landschaft zu schützen.

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B R EG E N Z E RWAL D all mit innovativen Elementen aufwartet. Neben einem traditionellen Einfamilienhaus mit sechs, wenn nicht sieben Fenstern im Erdges oss or denen ppi epflanzte Blumenkästen hängen, steht in der Regel ein modernes Architektenhaus mit originellem Design. Neben den nicht aus der Landschaft wegzudenkenden Schindeln hat dieses Haus aber auch Solarmodule auf dem Dach und bezieht sein Heißwasser über ein Biomasseheizwerk. Und genau dieser Mix steht für den Bregenzerwald: das bewährte Know-how kombiniert mit neuen Technologien. Ein für Besucher offener Ort mit Bar und Bücherei verkörpert ebendieses Bestreben: das Werkraumhaus in Andelbusch. Diese Plattform für handwerkliche Ausstellungen und Inno ationen efindet si in einem modernen Gebäude aus Glas und Holz und vereint unter seinem Dach etwa hundert Handwerker. Zimmermann, Käser, Brauer, Textilverarbeiter … teilen hier mit internationalen Designern ihr Wissen und ihr Geschick. Die Erfindun en esi nm el ampen

Dekogegenstände … zeugen von der uners pfli en reati ität. „Es herrscht hier ein gewisser gemeinschaftlicher Sinn für die Qualität. Die Handwerker beschränken sich nicht auf ihre eigene Tätigkeit, was zählt, ist die Zusammenarbeit, und das ist sehr effektiv!“, erklärt Belinda Rukschici, die Direktorin. Bergkäse aus Rohmilch Ebenso effektiv ist die Erhaltung der Landschaften, ein weiterer Punkt, dem viel Bedeutung beigemessen wird. Im Rahmen eines nationalen Programms fördert der Bregenzerwald gerechte Umweltpraktiken. Die Landwirte betreiben eine extensive Viehzucht und eine sogenannte Dreistufen-Landwirtschaft, bei der die Bauern mit ihrem Vieh im jahreszeitlichen Kreislauf vom Tal bis auf die Alpe ziehen. Das Ergebnis: ein Postkartendekor mit grünen, saftigen Rasenflä en in den Tälern an ässen und auf den Sommerweiden, die immer wieder Zeit haben, sich zu erholen. Ein Gewinn auch für die unendlichen Spazier- und Wandermöglichkeiten in der Region.

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B R EG E N Z E RWAL D

Die an das Restaurant angrenzende handwerkliche Brennerei Löwen in Au stellt starke Spirituosen her, die direkt aus in den er en eernteten flanzen gewonnen werden.

Der auf nachhaltige Bewirtschaftung spezialisierte Hof Metzler in mit seinem ofladen ist ein Paradebeispiel. Sowohl bei der Bauweise der Gebäude als auch bei der Energieversorgung setzt die Familie seit Jahren bei allem auf „grün“. Die Metzlers züchten Ziegen und Kühe, deren Milch für die Herstellung von Käse (darunter der berühmte Bergkäse aus Rohmilch) und sogar Kosmetika verwendet wird. Der hier seit 35 Jahren waltende Sinn für Innovation hat den Hof berühmt gemacht. Die Molke dient der Herstellung on autpfle eprodu ten die in Österreich und sogar in Deutschland, in der Schweiz und in Frankreich vertrieben werden. „Unser

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Sortiment umfasst 40 Referenzen. Und wir stellen auch die Kosmetika für die Marke Susanne Kaufmann er remium fle eprodu te aus pflanzen asierten In altsstoffen aus Österreich, Anm. d. Red.]“, erklärt uns Magdalena Metzler zu Recht mit Stolz. Frauenmuseum Hittisau Sind nicht die Frauen das Geheimnis hinter dem Einfallsreichtum im Bregenzerwald? Schließlich scheint hier nichts ohne sie möglich zu sein. Sie waren verpfli tet si um alles zu mmern, wenn ihre Männer mit ihrem Wissen im Ausland hausieren gingen – die Handwerker aus Au, Experten in der barocken Architek-

tur, haben beim Bau bedeutender Monumente in der Schweiz und in Frankreich mitgewirkt. Die Frauen haben den Ruf, selbstständig, unabhängig und stark zu sein. Der Besuch im Frauenmuseum in Hittisau beweist es. Als weltweit einziges Museum dieser Art im ländlichen Raum würdigt es mit seinen Ausstellungen ihren Mut, ihre Bürden und ihr Leiden. Der Bregenzerwald ist weder verschlafen, noch ruht er sich auf seinen Errungenschaften aus. Konservativ zu sein und Traditionen zu pflegen, wie man es üblicherweise aus Bergregionen kennt, hindert den Bregenzerwald nicht daran, sich innovativ und zukunftsorientiert zu zeigen.


B R EG E N Z E RWAL D

Breviarium

DEUTSCHLAND

Bodensee Bregenz

SCHWEIZ

Bezau

Egg Schwarzenberg Au

BREGENZERWALD

Schoppernau

VORARLBERG

TIROL

47° N 9° O www.bregenzerwald.at

Unbedingt Unvergesslich ist die herrliche Luft an der österreichischen Riviera. 30 Minuten vom Bregenzerwald entfernt glänzt die Stadt Bregenz am Ufer des Bodensees mit ihrem Kulturprogramm, das mit den Opernfestspielen auf der größten Seebühne der Welt seinen Höhepunkt erreicht. Die obere Altstadt, das Vorarlberger Museum und die Uferpromenade gehören fest zum klassischen Besichtigungsprogramm, das genau wie die Traditionen nicht aus der Mode kommt.

Bloß nicht Enttäuscht waren wir vom Angelika Kauffmann Museum in Schwarzenberg. Faszinierend ist das Leben dieser Malerin des 18. Jahrhunderts, deren Vater aus diesem Dorf im Bregenzerwald stammte, ganz bestimmt: Sie war schließlich eine der berühmtesten Porträtmalerinnen im Zeitalter der Aufklärung und ihre Gemälde sind in mehreren Museen auf der ganzen Welt zu sehen. Aber leider hängen nur sehr wenige ihrer Werke hier im Museum. Wir trösten uns mit dem Anblick und dem Besuch des Hauses, ein schöner historischer Bau aus dem 16. Jahrhundert.

Geheimtipp Lassen Sie sich eine Naturwanderung mit Katharina Moosbrugger nicht entgehen. Die Naturführerin erklärt Ihnen alles über das Fohramoos, eine Moorlandschaft, die sich über das Gemeindegebiet von Schwarzenberg in Vorarlberg erstreckt. Hinter einem See bedeckt ein Laub- und Nadelwald den lockeren Torfboden. Hier und da blitzt auf den Lichtungen die Sonne durch das Blätterdach. Moos und kleine Blumen fühlen sich in der schwammigen, nassen Erde besonders wohl. Eine faszinierende, urtümliche Landschaft, der unsere Vorfahren mit Respekt begegneten und die heute noch etwas Mystisches versprüht.

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MAN B U R N I N G

OBEN Einige Installationen auf der Playa laden zum Interagieren ein.

UNTEN Die Laternenanzünder sind ein wichtiger Teil des Burning Man. Sie sind ein Symbol der Gemeinschaft und ein deutliches Zeichen dafür, dass der Tag vorbei ist und die Magie des Abends bald hereinbrechen wird.

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MAN B U R N I N G

Festival mit Suchtcharakter

Nichts aufzulösen und der Natur im Niemandsland rund 200 Kilometer nördlich von Reno wieder für gut elf Monate Zeit zum Durchatmen zu geben. Alles, was eben noch da war, ist plötzlich wieder verschwunden. Der bisweilen ohrenbetäubende Lärm weicht einer fast schon gespenstischen Ruhe, bevor Ende August beziehungsweise Anfang September der Burning Man wieder von Neuem zum Leben erwacht. Wobei der Burning Man eigentlich nie schläft. Denn frei nach gängiger Fußball-Philosophie ist nach dem Burning Man gleich vor dem Burning Man. Soll heißen, die einen versuchen, sich schnellstmöglich wieder eines der begehrten Festival-Tickets zu sichern, die anderen überlegen bereits, mit wel em aus eflippten utfit mit welchem skurrilen Gefährt, mit welchem Workshop, Kunstwerk oder n e ot sie die euaufla e

Text Karsten-Thilo Raab

Die Wüste lebt. Besser gesagt, die Wüste bebt. Und wie. Dort, wo das ganze Jahr über nichts als gleißende Hitze und nächtliche Kälte, Sand, Staub und Geröll ist, herrscht schon bald wieder für acht Tage der absolute Ausnahmezustand. Vom 28. August bis 5. September 2022 steigt in der Black Rock Desert im US-Bundesstaat Nevada das legendäre Burning Man Festival. Nicht nur das ungewöhnliche Setting in der staubigen Einöde eines ausgetrockneten Salzsees lässt das Ganze zu einem Event der Superlative avancieren. Ein Spektakel, zu dem sich rund 75.000 Festival-Jünger auf den beschwerlichen wie langen Weg in die Wüste machen. Pilgerstätte für die riesige Zahl der Feierlustigen ist eine gigantische Pop-up-Stadt, die Jahr für Jahr für wenige Tage aus dem Wüstensand erwächst, um sich dann genauso schnell wieder im

Fotos Jane Hu - janehu.com

Einmal im Jahr versammeln sich Zehntausende in der Black Rock Desert in Nevada, um anlässlich des Burning Man Festivals mit Black Rock City eine temporäre Stadt aus dem Boden zu stampfen, die sich der Gemeinschaft, der Kunst, dem Selbstausdruck und der Selbstständigkeit widmet. Ein Schmelztiegel der Kreativität, gepaart mit einem besonderen Sinneserlebnis.

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MAN B U R N I N G

des Festivals bereichern könnten. Denn der Burning Man ist einfach anders als andere Feiermarathons. Für die einen ist er die Mutter aller Festivals, für andere eine bloße Ansammlung von Durchgeknallten on ealitätsfl tlin en on Tagträumern, von Drogen- und Sexsüchtigen. Ein temporärer Treffpunkt von Hippies und Normalos, von Weltverbesserern und Sinnsuchenden. Ein Ort ohne Kommerz Soweit, so allgemein. Tatsächlich ist der Burning Mann ein bisschen von all dem, gleichzeitig aber auch iel me r. in rt o ne die li en Konventionen, ohne gesetzliche Regelungen, ohne das Diktat des Alltags. Und, was für viele noch viel un ew nli er ist ein rt o ne Kommerz, an dem Geld keine Rolle spielt. Hier wird nichts in barer Münze bezahlt. Vielmehr ist alles im wahrsten Sinne des Wortes ein Geben und Nehmen. Das Notwendige oder das Begehrte werden getauscht oder einfach mal einem anderen frei von jeglicher Bedingung oder erpfli tun erlassen. Manchmal wird mit einem Lächeln, einem Kuss oder einer Umarmung bezahlt, manchmal mit einer Mahlzeit, einem Bier oder tatkräftiger Unterstützung bei einem Vorhaben. Zugegeben, das klingt ein wenig utopisch – und doch funktioniert dies bestens. Auch weil sich alle Teilnehmer an die Vorgaben halten. Neben dem Verzicht auf alle gängigen Zahlungsmittel ist für

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viele das Handy-Fasten die wohl größte Herausforderung. Zum einen gibt es weder (ausreichend) Strom noch Empfang in der Wüste, zum anderen gehört es zur Philosophie des Burning Man, den Moment zu erleben und zu genießen. Mit dem Smartphone in der Hand oder dem Finger auf dem Auslöser der Kamera funktioniert dies definiti ni t. „Die ersten Stunden ohne Smartphone fühlt man sich fast wie ein Junkie auf kaltem Entzug“, unterstreicht Rob Watkins. Gleichzeitig räumt der Engländer, der bereits viermal das Festival besucht hat, ein, dass einem dadurch erst bewusst wird, wie oft man tatsächlich den sprechenden Knochen in die Hand nimmt oder auf das Display starrt. „Irgendwie ist es befreiend, mal für einige Tage auf das Handy zu verzichten“, ergänzt der Mittdreißiger aus Swindon in der Grafschaft Wiltshire. Er habe dadurch wieder gelernt, dem Gegenüber die volle Aufmerksamkeit zu schenken und einfach mal zuzuhören. Zumal nicht nur für Rob gerade auch die zufälligen Begegnungen, die zwanglosen Gespräche mit Wildfremden einen Teil der Faszination „Burning Man“ ausmachen. „Hier interessiert keinen, wo du herkommst oder womit du deine Brötchen verdienst. Standesdünkel ist allen fremd.“ Nicht nur Rob empfindet das zwan lose iteinander während des Festivals als absolute Bereicherung.


MAN B U R N I N G „The Sanctuary“ von Michael Birch testet seine Flammenwerfer. „Art Cars“ sind bewegliche Fahrzeuge und Skulpturen beim Burning Man.

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MAN B U R N I N G

„Desert Guard“ von Lu Ming. Der mongolische Stahlkrieger war 15 Meter hoch und wog 12 Tonnen.

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MAN B U R N I N G Die „Burner“, wie die Festival-Teilnehmer liebevoll genannt werden, erweisen sich dabei nicht nur aus Robs Sicht als eine gigantisch große Gruppe an Gute-Launeären. ffen interessiert und unternehmungslustig. Schrill, extravagant und verrückt gekleidete Feierbiester mit schier unglaublichem Durchhaltevermögen. Motto: Schlaf wird völlig überschätzt. Permanenter Schlafentzug Dies liegt zum einen daran, dass in allen Ecken und Winkeln der Playa, wie das Festivalgelände genannt wird, fast rund um die Uhr DJs mehr oder weniger heiße t men aufle en. er au daran, dass die Quecksilbersäulen bereits in den Morgenstunden schnell auf Temperaturen weit jenseits der 30-Grad-Marke klettern, so dass in den Wohnmobilen und erst recht in den Zelten überhaupt nicht an Schlaf zu denken ist. Trotz des permanenten Schlafentzugs wirken die meisten Burner überaus energiegeladen, ja, fast schon berauscht. Was, ehrlicherweise, hier und da auch mit dem Konsum von Drogen und/oder Alkohol zusammenhängt. „Hier kann einfach jeder so sein, wie er will, und dabei seine eigenen Grenzen und Phantasien ausleben“, meint die Kanadierin Jane Bullock, die die Mischung aus Musik, Kunst und Kostümen als einen großen, nicht enden wollenden Sinnesrausch wertet. Sie selber trägt neben Fellmütze und Taucherbrille lediglich eine äußerst knappe, kurze Glitzerhose

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MAN B U R N I N G

in schillernden Grüntönen sowie pinkfarbene Stiefel mit hohen Absätzen. er er rper ist na ezu unbedeckt. Eine offene Netzweste umhüllt Schultern und Teile der Arme. Die Brustwarzen sind mit blumenförmigen Nippelklebern verdeckt, sonst verwehrt nichts den Blick auf Janes Rundungen. Ein Look, mit dem Jane in ihrer Wa l eimat in Sprin field im S Bundesstaat Illinois wohl niemals auf die Straße gehen würde. In Black Rock City nimmt niemand Anstoß daran. Jeder zieht hier das an, worauf er oder sie gerade Lust hat. Manchmal ist dies ein verrückter Hut oder eine andere kuriose Kopfbedeckung, manchmal ein knallbuntes Kostüm oder ein Pelzmantel, manchmal sind dies Lack und Leder und manchmal ist das fast gar nichts. Denn auch Nacktsein ist in der künstlichen Wüstenstadt durchaus an der Tagesordnung. Gelebte Toleranz „Beim Burning Man geht es nicht um den perfekten Körper oder darum, wer sich teure Designerklamotten leisten kann, sondern um gelebte Toleranz und Akzeptanz und darum, neue Formen der Gemeinschaft kennenzulernen“, erklärt Jane Bullock, als ein latz pfi er ann mit stattli em Bauch und zahllosen Tätowierungen unsere kleine Gesprächsrunde unterbricht. „Braucht einer von euch vielleicht eine Umarmung?“, fragt er lächelnd. Schon hält er Jane liebevoll in den Armen. Und die Kana-

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dierin genießt den kurzen Augenblick sichtlich. Dann dreht sich der gut gelaunte Kojak-Verschnitt um und bietet auch mir eine Umarmun an. der ättest du lie er ein ompliment fasst er fli nach. Er heiße Scott, sprudelt es aus ihm raus, und er wolle den Festivalbesuchern einfach nur für einen Moment ein Glücksgefühl vermitteln. Eine nette Geste, die von vielen liebend gerne angenommen wird. Scott ist beileibe nicht der einzige, der sich Gedanken macht, wie er mit den anderen Burnern in Kontakt kommen beziehungsweise wie er sich im positiven Sinne in die wahllos zusammengewürfelte Gemeinschaft in der Black Rock Wüste einbringen kann. Jeder versucht auf seine Art, einen Beitrag zum Festival zu leisten. Die einen haben sich auf Zuneigungen im Vorbeigehen spezialisiert, andere fertigen in monatelanger Arbeit oft gigantische Kunstwerke an. Wiederum andere präsentieren ihre ungewöhnlichen und nicht selten riesigen Phantasiegefährte, mit denen sie – begleitet von bewundernden wie faszinierten Blicken – die Playa rauf und runter rollen. Die sogenannten „Mutant Vehicles“, von denen mehrere Hundert beim Festival zu bestaunen sind, sind skurrile Fahrzeuge mit noch skurrileren Aufbauten, die im normalen Straßenverkehr nicht zugelassen wären. äufi er lei ar den Mottowagen beim Karneval – nur ungleich spektakulärer, witziger und ungewöhnlicher.


MAN B U R N I N G „Burner“ posieren vor „Identity Awareness - Family“ von Shane Pitzer. Ein großes Metallherz wird von vier Familienmitgliedern gehalten und symbolisiert Stärke und Zusammenhalt.

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MAN B U R N I N G

„The Great Train Wreck“, eine künstlerische Interpretation eines Frontalzusammenstoßes von zwei Holzzügen von Collaborative Artisans Reno-Sacramento.

Neben Hunderten, zum Teil fast schon monumentalen Kunstinstallationen und rauschenden TechnoPartys hat der Burning Man aber noch mehr zu bieten. Eines der Herzstücke des Festivals sind die so genannten Camps, wo Burner rund um die Uhr eigene kleine Mini-Events, Partys oder Workshops organisieren. Auch hier gibt es nichts, was es nicht gibt. Der Boen spannt si om aarefle ten über Stromerzeugung mit Hilfe von Zitronen und dem Bau von Solar-Kochgeräten bis hin zu Tantra und r asmus ursen oder

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dem Poetry Doctor, der seelischen Schmerz mit einem Gedicht zu heilen versucht. Feierliche Brandstiftung Besonders stimmungsvoll wird alles nach Einbruch der Dunkelheit, wenn die Dance Floors der Freiluftdiskotheken ebenso wie die Kunstwerke farbenprächtig illuminiert sind. Abschließender Höhepunkt jedes Burning Man ist, wenn die gleichnamige Holzskulptur in der Mitte von Black Rock City zusammen mit zahlreichen Kunstwerken und dem jährlich an-

ders gestalteten Tempel feierlich in Brand gesetzt wird. Die Wüste ist dann fast taghell erleuchtet, Feuerwerkraketen explodieren wie zum Jahreswechsel und die Menge feiert eine letzte rauschende Partynacht, bevor am nächsten Morgen mit dem Kater das große Aufräumen beginnt. Denn nach dem Burning Man ist bekanntlich vor dem Burning Man. Und bis dahin soll niemand der Black Rock Desert ansehen, was sie in den Tagen vor dem amerikanischen Labor Day, dem ersten Montag im September, erlebt hat.


MAN

IDAHO

B U R N I N G

Breviarium

OREGON

Black Rock City

Reno Carson City

NEVADA

Las Vegas

40° N 119° W www.burningman.org

KALIFORNIEN

Unbedingt Essen, Trinken, Hygieneartikel (vor allem Toilettenpapier) sowie große Mengen an Wasser für die gesamte Dauer des Aufenthalts mitbringen. Zu kaufen gibt es nahezu nichts in Black Rock City. Lediglich im Center-Camp sind Wasser, Kaffee, Tee, Softdrinks sowie Eiswürfel erhältlich. Wegen der regelmäßigen Sandstürme sollte ein Mund- und Nasenschutz nicht im Gepäck fehlen. Das gleiche gilt für eine Sonnenbrille.

Bloß nicht ... Müll zurücklassen. Die Festival-Besucher sind aufgefordert, das Gelände so zu verlassen, wie sie es vorgefunden haben. Das Schlagwort lautet hier „Matter out of Place”, kurz „Moop“. Ein Ausdruck, der klarstellen soll, dass alles, was nicht in die Wüste gehört, ausnahmslos wieder mitgenommen werden soll. Umweltschützer stehen dem Festival dennoch mehr als skeptisch gegenüber, auch weil Tausende von Autos, Wohnmobile, Lastwagen und Flugzeuge für die kurze Festivalzeit eingesetzt werden, um alles, was benötigt wird, in die Black Rock Desert zu transportieren.

Geheimtipp m ande der la o esert findet si ein aleidos opis er e sir der napp ier Meter aus dem Boden ragt und natürliches, heißes Quellwasser spuckt. Einer misslungenen Bohrung vor gut 100 Jahren ist es zu verdanken, dass aufgrund des geothermischen Drucks bis heute Wasser aus dem sich daraus gebildeten Fly Geyser sprudelt.

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TO G O

Eine Symphonie aus Grün und Rot

Text & Fotos Martine Carret

Von Norden nach Süden bietet Togo sehr unterschiedliche Anblicke. Seine größte Breite beträgt nur 160 km bei einer Länge von 579 km. Die Atlantikküste erstreckt sich über kaum 51 Längskilometer, wobei die Wellen dort zum Baden zu stark sind. Reesen nimmt Sie mit auf eine Entdeckungsreise durch die togolesischen Landschaften, wo sich trockenes Buschland und üppig grüner Regenwald abwechseln.

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In der Ferne sind Türmchen zu erkennen, die wie die Zinnen eines Märchenschlosses aussehen. Um sie herum ist die Halbgebirgslandschaft schroff, ockerfarben, nur karg bewachsen und vor allem trocken. Der rote Staub des Laterits klebt sich sofort an unserer Haut fest. Es gibt nur wenige Plantagen, ein oder zwei Mangobäume, die Nahrung liefern, und einige mit Stroh bedeckte Yamsfelder, die man an den kleinen Erdhügeln erkennen kann, ähnlich wie die Kartoffelfelder, die angehäufelt werden. In der Trockenzeit macht die Yamswurzel, eine Knolle, die sich sehr gut aufbewahren lässt, das Hauptnahrungsmittel der Menschen in Nordtogo aus. Während wir uns auf das Dorf Bassamba zubewegen, wird klar, dass die uralte Bauform seiner Häuser an das hier herrschende sehr heiße und trockene Klima an-

gepasst ist. Die Takiènta-Häuser bestehen aus Lehm, der mit Büffeldung, Karité- und Nérénüssen gemischt wurde ... Diese Art von Behausungen mit ihren Türmchen hat sich das Volk der Batammariba, das auch Tamberma genannt wird, was so viel wie die „Maurer der Erde“ bedeutet, ausgedacht: Die Tür deutet immer nach Westen, um dem Wind aus dem Osten den Rücken zuzukehren, und wird durch Fetische geschützt, denn im Erdgeschoss sind nicht nur die Tiere (vor allem Hühner) untergebracht, dort walten auch die Geister der Vorfahren. Auf der a terrasse efinden si leine runde Zimmer zum Schlafen sowie kegelförmige, mit Stroh gedeckte Speicher, in denen die Vorräte an Yamswurzel, Maniok und Mehl gelagert werden. Takiènta bedeutet „die Bewachende“. Früher schützte diese Art


TO G O OBEN Im Norden Togos sind Häuser mit Türmchen der ganze Stolz der Bewohner. Hier zeigt uns eine Frau einen Getreidespeicher auf dem Dach.

UNTEN Im Tamberma-Dorf Koutammakou, das von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurde, improvisieren Frauen einen rituellen Tanz.

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TO G O

In Afrika, wie hier in der Nähe zu Ghana, verschmelzen die ockerfarbenen Farben der Erde immer wieder mit dem Grün der üppigen Vegetation.

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Nur verheirateten Frauen ist es erlaubt, traditionelle Kopfbedeckungen mit Hörnern zu tragen.

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TO G O Häuser seine Bewohner vor feindlichen Angriffen: Durch die Schießscharten in den Mauern konnten Pfeile abgefeuert werden. Die Männer arbeiten auf den Feldern und die Frauen kümmern sich um die Mahlzeiten. Wenn Sie welche sehen, die bei Zeremonien und Tänzen mit Antilopenhörnern verzierte Helme tragen, bedeutet das, dass sie verheiratet sind. Jungen und Mädchen ist es nicht erlaubt, diese Helme zu tragen. Diese Häuser im Nordosten Togos und das Gebiet um sie herum, das den Namen Koutammakou trägt und rund 50.000 Hektar Ackerland und Wälder umfasst, wurden 2004 als „lebendige Kulturlandschaft“ des UNESCO-Weltkulturerbes anerkannt. In den Dörfern besteht das Sippensystem weiter. Sie alle werden immer noch von einem „Fetischisten“ im ursprünglichen Sinne, d. h. einem Mann in einem Lendenschurz, beschützt, der Geister und Gottheiten anruft, vor allem um eine gute Ernte zu erbitten. Er muss auch die Verbindung zwischen den auf dem Friedhof begrabenen Toten und den unsichtbaren Mächten der Unterwelt aufrechterhalten, die bei großangelegten Aufnahmeritualen angerufen werden. Im Jahr 2008 hat das Immaterielle Kulturerbe (IKE) der UNESCO ein „Programm zum Schutz des immateriellen Kulturerbes der Batammariba von Koutammakou“ ins Leben gerufen, das die Weitergabe von Wissen fördert. Das Ziel

ist auch, die Auswüchse eines unverantwortlichen Tourismus zu verhindern. Der Feuertanz der Tem Es geht über die Nationalstraße 150 km weiter Richtung Süden. Am Straßenrand verkaufen zahlreiche Händler an bunten Ständen Obst und Gemüse. Bei Einbruch der Dunkelheit entdecken wir im Dorf Kparatao mit staunenden Augen den Feuertanz, der von der traditionell lebenden Volksgruppe der Tem praktiziert wird. Stehen sie unter der Wirkung irgendeines Krauts, eines Getränks oder eines Öls, das die Speiseröhre, den Mund und die Haut schützt? Wie halten sie nur die Hitze der Flammen aus? Niemand weiß es wirklich. Etwa 45 Minuten lang, im wilden Rhythmus von Trommeln und Gesang, stellt sich ein Mann nach dem anderen diesem unglaublichen Spektakel. Einer der Männer schluckt sogar Rasierklingen, nach bewährter Magiermethode. Durch den nach hinten gebeugten Kopf mit gestrecktem Nacken und die Lockerung des oberen Schließmuskels der Speiseröhre gelangt die Klinge direkt in den Magen, ohne auch nur an einer einzigen Stelle die Speiseröhre zu berühren. Ein anderer der Tänzer kaut regelrecht ein Stück brennende Holzkohle, bevor er es herunterschluckt. Ein fantastisch anmutendes Ritual, das den Mut der Männer unter Beweis stellt. Eine wahrhaftig ver-

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TO G O

blüffende Demonstration, die uns im wahrsten Sinne des Wortes die Sprache verschlägt. Das Lächeln der Schulkinder Noch 100 km weiter südlich, im Zentrum des Landes, sollten wir in Agbadi eine Schule besuchen. Zweifellos die bereicherndste Erfahrung dieser Reise. Hier versammeln sich Tag für Tag rund 250 Kinder im Alter von 3 bis 12 Jahren in ein paar Klassenzimmern, in der die warme Luft fast steht. Es gibt keine Fenster, a er in den o en Wänden efinden sich zumindest kleine Öffnungen. Wir sehen Tafeln an den Wänden, Kreide, kleine Schiefertafeln zum Schreiben, einige Hefte, Holztische. Die Kinder motivieren sich gegenseitig, indem sie lauthals ihr Mantra „Ayaya, ayaya, super!“ rufen, wobei der Daumen auf diejenigen gerichtet wird, die das „Super!“ verdient haben, weil sie die richtige Antwort gegeben haben. Niemand wird stigmatisiert, wenn er eine falsche Antwort gibt, im Gegenteil, jeder Schüler der Gruppe wird immer weiter ermutigt. „Ich möchte Hebamme werden“, erklärt die neunjährige Grace. „Ich will Arzt werden“, verrät uns ein kleiner Junge, während der neunjährige Salomon heute bereits weiß: „Ich werde einmal Minister sein. Um ... zu regieren!“ In dieser togolesischen Schule gibt es keine städtische Kantine, wie man sie in Europa kennt. Mittags isst das Kind einfach gar nichts, wenn die Eltern ihm kein

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Essen mitgegeben haben; oder es schnappt sich in der Mangosaison eine Frucht von einem der Bäume im Hof. Beobachten zu können, wie sich diese Kinder gierig auf ihre Additionsaufgaben stürzen und sich in den Französischstunden oder bei Rezitationen bemühen, geht einem wirklich unter die Haut. Sie wollen lernen, um eines Tages einen richtigen Beruf ausüben zu können, um eine Chance zu haben, ihr Dorf zu verlassen und ein erfolgreiches Leben zu führen. Der Trend zum Öko-Tourismus Die Straße führt noch weiter nach Süden, bevor sie in den Westen des Landes abzweigt. Wir kommen in Kuma Konda, auf dem Hochplateau der Berge Agou und Kloto an, wo wir Prosper Nyanu, „Schmetterling“ genannt, kennenlernen. In den 1980er-Jahren jagte Prosper Schmetterlinge und nagelte sie an Holzbretter, um sie an reiche, leidenschaftliche Sammler zu verkaufen. Heute, unter dem Einfluss zweier ranzosen die i n in die Tier und flanzenwelt einf rten, ist der Spezialist für Lepidopteren und Käfer, der alle Biotope seiner Heimatregion in- und auswendig kennt, zum Naturführer geworden. Mit ihm unternehmen wir eine Nachtwanderung durch den Missahoe-Wald zu den natürlichen Essenzen seiner Region (Iroko, Mahagoni und sein „Bernstein“, Akazie, Borassus, Mango ... und den är erpflanzen. r zeigt uns unter anderem die sehr


TO G O In der Schule von Agbadi ist die Ernsthaftigkeit der Schulkinder beeindruckend. Mit Schiefertafeln als einzigem Schulmaterial lernen sie gewissenhaft, um eines Tages „Doktor, Professor, Minister ...“ zu werden.

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TO G O

In Kparatao hat sich die Volksgruppe der Tem auf den Feuertanz spezialisiert. Mit nackten Oberkörpern laufen die Männer über das Feuer und schieben sich glühende Holzstücke tief in die e len. ne S merzen zu empfinden ohne sich zu verbrennen. Spektakulär.

s ne flanze aladium i olor die auf rund i rer mit ar fle en übersäten Blätter auch „Malerpalette“ genannt wird. Er erklärt uns, dass durch das Auspressen frischer Teakbaumblätter ein brauner Saft entsteht, der zum Färben verwendet wird. Er erzählt uns auch, dass Teak (Tectona grandis) als Holz erstmals Anfang des 20. Jahrhunderts aus Südostasien importiert wurde und sich wunderbar an die sehr kontrastreichen klimatischen Bedingungen und geologischen Gegebenheiten in Togo angepasst hat. Auch wenn der Missahoe-Wald grundsätzlich dem Staat gehört,

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dürfen die Dorfbewohner durch Steinhügel abgegrenzte Parzellen bewirtschaften und dort Kakaound Kaffeebäume anbauen. Nachdem das Land mehrere Wellen der Entforstung erlebt hat, wurde 1977 mit dem 1. Juni ein Tag des Baumes bestimmt. Dieser Tag symbolisiert die Wiederaufforstung, den Kampf für den Umweltschutz und die nachhaltige Entwicklung. Des Weiteren wurde in Missahoe ein Komitee zur kollektiven Waldverwaltung eingerichtet, welches dazu beigetragen hat, dass seit den 2000er-Jahren wieder regelmäßig neue Mahagoni- und Irokoäume epflanzt werden.

Nach einer rund 30-minütigen Wanderung durch den Wald, der immer dunkler zu werden und sich mit seltsamen Geräuschen und vor allem dem Gequake von Fröschen zu füllen scheint, stoßen wir auf ein unglaubliches Schloss, das hier in den 1940er-Jahren von dem französischen Anwalt Raymond Viale erbaut wurde. Der Ort ist wunderschön, das Panorama atemberaubend und der Besuch dieses ehemaligen, heute verfallenen Palastes romantisch und gespenstisch zugleich, besonders wenn der goldene Mondenschein durch unheimlich wirkende, grauschwarze Wolken zu brechen beginnt.


TO G O

Breviarium

BURKINA FASO

GHANA

Bassamba BENIN

Kparatao

TOGO

Agbandi

8° N 1° O

Kuma Konda

www.republicoftogo.com

Lomé

Unbedingt Togo besuchen Sie am besten mit einem spezialisierten Reiseveranstalter, der über das Land ausreichend Bescheid weiß. Unsere Wahl: TransAfrica, wo man zahlreiche Rundreisen zu bestimmten Themenschwerpunkten anbietet: Natur/Kultur, Festlichkeiten u. a.

Bloß nicht ... Vorurteile und Vorbehalte auf Ihre Reise mitbringen. Afrika muss man mit offenen Augen erleben, genießen und auskosten, selbst wenn die Unterkünfte manchmal recht rustikal ausfallen. Die Atlantikküste ist zum Baden mehr oder weniger ungeeignet, sodass davon abgeraten wird, wenn es nicht sogar verboten ist (Wasserwalzen, reißende Strömungen, Bodenwellen). Kein Kind darf am Strandrand alleine gelassen werden, auch nicht in zehn Zentimeter tiefem Wasser.

Tipp To o ist on ortu al aus mit einem ire tflu errei ar. or allem in der e enzeit (Mückenzeit) wird eine Malariaprophylaxe empfohlen. Lassen Sie sich diesbezüglich von Ihrem Arzt/Ihrer Ärztin beraten. In jedem Fall vorgeschrieben ist allerdings eine Impfung e en el fie er. u wenn Sie sie or me r als ze n a ren dur ef rt a en sollten Sie wissen, dass eine erneute Impfung nicht notwendig ist. Die WHO geht inzwischen davon aus, dass die Impfung „lebenslangen“ Schutz bietet.

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Nächster Halt: Griechenland!

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