REESEN 13 - 02/2024 - DE

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N°13 02/24

LUXEMBURGS MAGA ZIN FÜR REISEN & KULINARIK

ENTDECKUNGSREISE

L AOS: REICH A N K U LT U R , EXQUISITER KÜCHE UND GASTLICHKEIT

HOCHGENUSSPERLE

WIEN: EINE S TA D T, D I E M A N SICH AUF DER ZUNGE ZERGEHEN LASSEN KANN

LUXEMBURG

AUCH HIER G I B T E S P L ÄT Z E , DIE UNS VOM A L LTA G E N T F Ü H R E N

1 0, 5 0 € LU X E M B U R G E U R O PA : 1 2 € W E LT : 1 5 ,9 0 €


Unterwegs mit der

Pancake! Photographie

VisitLuxembourg-App


E D I TO R IAL

Die Kraft des Reisens Mit dieser Ausgabe von REESEN möchten wir Ihnen die Wartezeit bis zum Sommer mit Geschichten und Entdeckungen versüßen, die Ihre Reiselust wecken und die Vorfreude auf kommende Urlaubsabenteuer steigern soll. Dieses Heft erzählt von der Vielfalt des Reisens – von glamourösen Zufluchtsorten, die von Luxus und Schönheit zeugen, bis hin zu Orten, die uns mit der rauen Wirklichkeit konfrontieren, wie die der Arbeiter in den Schwefelminen von Ijen. Unsere Reisejournalisten entführen Sie in Gegenden, die weit entfernt vom Alltäglichen liegen, Fleckchen, von denen Sie ohne ihre Berichte vielleicht nie gehört hätten. Sie laden uns ein, über unseren Platz in der Welt nachzudenken, unsere Privilegien zu erkennen und ermutigen uns zu einem Reisen mit offenen Augen und Herzen. In einer Zeit, in der globale Herausforderungen und Konflikte unseren Alltag prägen, betont REESEN die Kraft des Reisens als Mittel, um Brücken zwischen Kulturen zu bauen. Reisen sind wertvolle Lektionen über die Welt und uns selbst, sie lassen uns die kleinen Freuden des

Lebens neu schätzen und bereichern unser Dasein durch erweiterte Horizonte. Dabei steht die reine Freude am Entdecken und Erleben im Vordergrund. Wir wünschen uns, dass Sie in dieser Ausgabe von REESEN nicht nur Inspiration für Ihre nächsten Urlaube finden, sondern auch die Neugierde verspüren, die Welt in all ihrer wunderbaren Vielfalt zu erkunden. Ganz gleich, ob es sich um eine kurze Auszeit an der idyllischen Mosel handelt oder um das große Abenteuer in den eisigen Weiten der Antarktis – jede Reise birgt das Potenzial, unvergesslich zu werden. REESEN ist dabei beides, ein treuer Wegbegleiterauf Ihren tatsächlichen Reisen oder ein Fenster zur Welt, durch das Sie bequem von zu Hause aus in ferne Länder blicken können. Wo auch immer Sie der Sommer hinführen mag, ob in realen oder gedanklichen Reisen – tun Sie es mit einem tiefen Gefühl von Herzlichkeit und Verstand. So wird jede Reise, unabhängig von ihrem Ziel, zu einer Bereicherung Ihres Lebens und lässt Sie Teil einer globalen Gemeinschaft von Reisenden werden, die Wissen, Toleranz und Freude über Grenzen hinweg teilen.

Bibi Wintersdorf Chefredakteurin & Herausgeberin

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I N H A LT


30 38 44 50 52 56 58 66 74 84 94 102 116 122

BÜCHER LU X E M B U R G NEWS WIEN

KAISERSCHMARRN

NIZZA

S A LAT N I Ç O I S E

GENF S Ü DT I R O L T R A U M H OT E LS M A R B E L LA IN ZAHLEN M A L LO R C A

E N S A I M A DA M A L LO R Q U I N A

HÖRI

BÜLLE-DÜNNE

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KO LU M B I E N

A R E PA S

J AVA LAO S

LA R B / LA A P

AFRIKA A N TA R K T I S

I N H A LT

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B Ü C H E R

Salt & Silver am Meer

CityTrip Luxemburg

500 Streifzüge

Thomas Kosikowski & Johannes Riffelmacher

Joscha Remus

Kath Stathers

Luxemburg, Hauptstadt des gleichnamigen Großherzogtums, liegt malerisch an den Flüssen Alzette und Pétrusse, die tiefe Täler in den Sandstein gegraben haben. Im Labyrinth der Bockund Pétrusse-Kasematten taucht man tief in die Vergangenheit der Stadt ein. Die attraktive Museumslandschaft verheißt abwechslungsreiche Stunden, das Kirchberg-Viertel tut sich mit innovativer Architektur hervor und in den Gassen der Oberstadt findet sich so manches Designoder Delikatessengeschäft. Per Panoramalift oder Standseilbahn schwebt man sanft in die grünen, idyllischen Unterstädte Pfaffenthal und Grund, die zum Spazieren und Entspannen einladen. Dieser aktuelle Reiseführer Luxemburg ist der ideale Begleiter, um alle Seiten der pittoresken Hauptstadt des Großherzogtums selbstständig zu entdecken.

Entdecken Sie die Welt durch die Augen berühmter Künstler und Schriftsteller mit einem Buch, das als Reiseführer dient und auf den Spuren von Edward Hopper, Laura Ingalls, Rainer Maria Rilke, Oscar Wilde, Stieg Larsson und Amy Winehouse wandelt. Diese umfassende Sammlung bietet detailliert recherchierte Wanderungen und Routen an den Schauplätzen ihrer Werke, illustriert mit Karten und Fotos. Die Routen reichen von einfachen Spaziergängen bis zu mehrtägigen Touren und sind nach Kontinenten, Ländern und Themen sortiert. Ein inspirierendes Buch für Wanderlustige und Kulturbegeisterte, die die Welt durch die Kreativität und Geschichten bedeutender Persönlichkeiten neu erleben möchten. Ein unverzichtbarer Guide für die Planung Ihrer nächsten kulturellen Entdeckungsreise.

Nach einem Jahrzehnt kulinarischer Reisen rund um den Globus erfüllen sich Cozy & Jo ihren Traum und eröffnen ihr eigenes Restaurant direkt am Meer. Ihre abenteuerliche Geschichte, von den ersten Schritten in einer WG-Küche bis zum erfolgreichen KüchenchefDuo, erzählen sie in 70 inspirierenden Rezepten. Ihr Lokal an der Nordseeküste bietet nicht nur einen atemberaubenden Blick, sondern auch eine Speisekarte, die mit lokalen Zutaten und den raffinierten Aromen ihrer Weltreisen - von Beirut über Tel Aviv bis nach Südkorea begeistert. Jedes Gericht spiegelt ihre Reise und die Leidenschaft für das Kochen wider, einfach nachzukochen mit der Garantie für echten Geschmack. 264 Seiten Brandstätter Verlag ISBN 978-3-7106-0782-0

144 Seiten Reise Know-How Verlag ISBN 978-3-8317-3875-5

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400 Seiten Knesebeck Verlag ISBN 978-3-9572-8848-6


LUXEMBOURG’S WINE REGION

hiking. biking. nature. wellness and more.

visitmoselle.lu


LUX E M B U R G

Ein herausragendes Merkmal von Luxemburgs Weinregion sind natürlich die beeindruckenden Weinberge.

OBEN

© Thomas Jutzler

Als Abschluss einer geführten Tour ist eine Weinverkostung ein absolutes Muss!

UNTEN

© Mike Zenari

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LUX E M B U R G

Vielfältig, grenzenlos und wunderschön Die Moselregion ist ein versteckter Schatz mitten im pulsierenden Herzen Europas. Zwischen den Ländern Frankreich, Deutschland und Luxemburg gelegen, bietet sie eine einzigartige Mischung aus Naturschönheit, reicher Kultur und kulinarischer Raffinesse. Mit atemberaubenden Landschaften, renommierten Weinbergen, historischen Denkmälern und vielfältigen Outdoor-Aktivitäten ist sie ein Traumziel für Reisende, die authentische Entdeckungen suchen.

Bekannt für ihre Qualitätsweine und Crémants ist die Moselregion Luxemburgs ein wahres Paradies für Weinliebhaber. Die terrassierten Weinberge, die sich entlang der malerischen Ufer der Mosel erstrecken, sind Ausgangslage für die Produktion von Weinen von Finesse. Moderne Methoden treffen auf Tradition. Beliebt sind nicht nur Crémants, sondern unter anderem auch Riesling, Weiß- und Grauburgunder. Es gibt viele Möglichkeiten, die Vielfalt des Weinangebots zu entdecken, von Weintouren bis hin zu Weinveranstaltungen wie den traditionellen Weinfesten von Frühling bis Herbst. So findet zum Beispiel alljährlich am Pfingstwochenende das Weinevent Wine Taste Enjoy statt, die Veranstaltung der offenen Weinkeller entlang der gesamten Luxemburger Mosel. Winzer, Kellereien und Brennereien öffnen ihre Türen für Verkostungen, Kellereibesichtigungen sowie kulinarische Spezialitäten und bieten auch geführte Wanderungen an. Die

perfekte Gelegenheit, die Luxemburger Mosel, ihre Winzer und die hervorragenden Weine und Crémants zu entdecken. Weintourismus at its best! Auf den Pfaden von Natur, Wein und Kultur Neben der Weinkultur bekommt man auch eine reiche Natur geboten. Zahlreiche markierte Wanderwege ermöglichen es Outdoor-Enthusiasten, die Region zu Fuß zu erkunden. Egal, ob Neuling oder erfahrener Wanderer, es finden sich Routen für alle Schwierigkeitsgrade. Der neue Komfort-Wanderweg in Remich richtet sich vor allem an gemütlichere Wanderer und ermöglicht eine barrierefreie aktive Entdeckung der Region. Mit einem Fokus auf der „Perle der Mosel“ bietet dieser 4 km lange Weg eine ausgezeichnete Alternative für Familien mit kleinen Kindern, Menschen mit eingeschränkter Mobilität oder Wandereinsteiger.

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LUX E M B U R G

Als besondere Highlights unter den Wanderrouten versprechen die drei „Traumschleifen“, die vom Deutschen Wanderinstitut mit dem „Wandersiegel Premiumweg“ ausgezeichnet wurden, kilometerlanges Wandervergnügen inmitten unterschiedlichster Landschaften. Die Traumschleife „Manternacher Fiels“ führt durch das gleichnamige Naturschutzgebiet und begeistert mit kühlschattigen Wäldern, seltenen Pflanzen und riesigen Felsschichten. Die Traumschleife „Wein- und Naturpfad Palmberg“ beginnt im Winzerdorf Ahn und präsentiert eine gelungene Mischung aus steilen Muschelkalkfelsen, Weinbergen, abwechslungsreichen Wäldern und einem einmaligen Naturschutzgebiet mit altem Buchsbaumbestand und Orchideenwiesen. Die Traumschleife „Schengen grenzenlos“ bietet atemberaubende Ausblicke ins Moseltal nach Luxemburg, Frankreich und Deutschland und ermöglicht Wanderern, das grenzenlose Europa im historischen Schengen hautnah zu erleben. Kultur pur an der Mosel – eine Erfahrung für alle Sinne! Bleiben wir noch kurz im Dreiländereck. Schengen, berühmt für die historischen Vereinbarungen, die 1985 die europäischen Grenzen öffneten, ist ein unverzichtbares Ziel in der Moselregion Luxemburgs. Dieses malerische Dorf am Ufer der Mosel bietet eine charmante Mischung aus Kultur und Geschichte. Besucher können das Europäische Museum erkunden, am Fluss entlangspazieren und die herrliche Panoramaaussicht über die Mosel vom Markusberg aus genießen. Warum nicht eine geführte Wanderung mit einer Weinprobe verbinden und anschließend die kulturelle Entdeckungsreise mit einem Besuch in einem der zahlreichen kleinen Museen der Region bereichern? Von der Luftfahrt über Traditionen und Bräuche bis hin zur Geschichte des Buchdrucks in Luxemburg und natürlich dem Wein decken sie eine breite Palette von Themen ab.

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LUX E M B U R G

LINKS Im Kulturhuef in Grevenmacher kann man sich mit der Druckgeschichte Luxemburgs vertraut machen.

© PANCAKE! Photographie

Die Nationensäulen sowie andere Denkmäler sind im Außenbereich des „Centre Européen Schengen“ zu finden.

RECHTS

© PANCAKE! Photographie

Die Traumschleife Manternacher Fiels präsentiert beeindruckende Naturszenen.

UNTEN

© Oliver Raatz

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LUX E M B U R G

An der Traumschleife in Ahn bietet der Palmberg eine herrliche Aussicht auf das malerische Winzerdorf Ahn.

OBEN

© PANCAKE! Photographie

LINKS Entlang der Fahrradroute „Velo Romanum“ offenbaren sich römische Schätze.

© PANCAKE! Photographie

Das Domaine Thermal in Mondorf, Luxemburgs einziges Thermalbad, bietet Besuchern eine außergewöhnliche Entspannung.

RECHTS

© Mondorf Domaine Thermal

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LUX E M B U R G Die Architektur der Moselregion stellt ein weiteres herausragendes Merkmal dar. Charmante traditionelle Winzerdörfer präsentieren mit ihren wunderschön renovierten, umgestalteten oder modern erweiterten alten Häusern wahrhafte Schätze. Via mosel’ bietet einen Einblick in die architektonisch wertvollsten Weingüter und Weinorte im grenzüberschreitenden Moseltal, die aufgrund ihrer qualitativen touristischen Infrastruktur und bemerkenswerten historischen oder zeitgenössischen Architektur sorgfältig ausgewählt wurden. Baukunst-Enthusiasten kommen hier nicht zu kurz. Freizeitoase Wem eher nach Entspannung und neuer Energie ist, der sollte dem renommierten Spa, Domaine Thermal in Mondorf-lesBains, einen Besuch abstatten und die heilenden Eigenschaften der Thermalquellen in modernen und luxuriösen Einrichtungen voll auskosten. Ob bei einer individuell abgestimmten Spa-Behandlung, einer wohltuenden Wellness-Sitzung oder einfach nur beim Genießen der Thermalbecken – der Spa-Bereich verspricht eine revitalisierende und beruhigende Erfahrung für Körper und Geist. Wer dennoch lieber auf Spannung statt Entspannung setzt, dem bietet das Casino 2OOO Spiel, Spaß und Emotionen an 365 Tagen im Jahr. Hier gibt es aber auch erstklassige Gastronomie und ein vielfältiges Eventprogramm in einer glamourösen und dennoch gemütlichen Atmosphäre. Die Moselregion Luxemburgs ist ein vielseitiges Reiseziel, das für jeden etwas zu bieten hat. Ob Sie Weinliebhaber, Wanderfreund, Architektur-Enthusiast oder einfach nur auf der Suche nach Entspannung sind, hier finden Sie eine Vielzahl von Aktivitäten, die all Ihre Wünsche erfüllen. Erkunden Sie diese malerische Region und lassen Sie sich von ihrem einzigartigen Charme verzaubern. visitmoselle.lu

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LUX E M B U R G

Fernweh-Restaurants in Luxemburg Text Lydia Mutsch

Ihr letzter großer Urlaub liegt bereits monatelang hinter Ihnen und der nächste steht noch in den Sternen? Der Berufsalltag hat Sie fest im Griff und das Wetter hat sich gegen Sie verschworen? Dann sind Sie ein klarer Fall für ein Fernweh-Restaurant! Manzoku, Thai Celadon und Madame Jeanette gehören eindeutig zu dieser Spezies! Sie haben eine Gemeinsamkeit, die sie besonders geeignet für fernwehgepackte, reisefiebrige und wanderlustige Menschen macht: Sie bieten genau die Art von Kulissenwechsel an, den wir sonst eigentlich nur aus dem Urlaub kennen!

Fernweh-Restaurants sind weder die Brasserie mit Tageskarte, wo wir uns mit den Arbeitskollegen treffen, noch das Familienrestaurant, wo wir Stammkunde sind, und schon gar nicht das In-Lokal, in dem wir uns fürs coole Dinner unter Freunden verabreden. Sie sind auch keine Sterne-Restaurants, die man in jedem gehobenen Gastronomieführer über Luxemburg findet. Sie sind einfach anders und deshalb lieben wir sie so! Ramen-Nudelsuppe: Japanese Soulfood at its best! Waren Sie schon einmal in Japan? Das faszinierende Trendziel am anderen Ende der Welt, das Tradition und Moderne wie kaum ein anderes Land miteinander verbindet, ist eines der Länder, wo Ihre Sehnsucht nach Kontrast und Andersartigkeit mit Sicherheit gestillt wird. Auch die lokale Kulinarik ist etwas ganz Besonderes. Die japanische Küche, die an Frische und Kreativität kaum zu überbieten ist, gilt nicht umsonst als eine der besten, anspruchsvollsten und

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gesündesten Küchen der Welt. Und trotzdem: das eigentliche Nationalgericht der Japaner war, ist und bleibt die traditionelle Ramen-Nudelsuppe, die nach jahrhundertealten Rezepten hergestellt wird. Allein in Tokyo soll es über 5.000 Ramen-Lokale geben. Falls Sie nicht zu den Glücklichen gehören, die gerade eine Japanreise planen und die besten Ramen an Ort und Stelle zu testen beabsichtigen, so sind Sie bei der authentischen Ramen-Bar Manzoku in Luxemburg-Hollerich in allerbesten Händen! Eine selbstgemachte Ramen-Nudelsuppe ist ein richtiges Wohlfühlessen. Bei Manzoku wird „Japanese Soul Food“ serviert und das sagt eigentlich alles! Übrigens betreibt Manzoku auf der gegenüberliegenden Straßenseite einen wunderbaren japanischen Lebensmittelladen. Falls Sie auf der Suche nach hochwertigen Zutaten für Ihr japanisches Rezept sind oder einfach nur (wie ich!) süchtig nach den unbeschreiblich guten japanischen Reisküchlein Mochi sind, so sind Sie hier an der richtigen Adresse!


LUX E M B U R G Manzoku Ramen Bar 153, Av. du Dix Septembre L-2551 Luxemburg manzoku_soulfood

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LUX E M B U R G

Restaurant Madame Jeanette 9, Rue de Strasbourg L-2561 Luxemburg Tel.: +352 29 96 60 10 madamejeanette.lu

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LUX E M B U R G Urlaubsfeeling mit Ceviche und Pisco Sour Kennen Sie Chimichanga de Camarón (Weizentortilla mit gegrillten Scampi, Sweet Chili Mayonnaise, Guacamole, grünem Reis und Corn Ribs) oder Costillas de Res (12 Stunden gegarte Beef Ribs mit hausgemachter BBQ-Sauce, Röstzwiebeln und zerstampften Kartoffeln)? Möchten Sie ein Ceviche mit rohem Lachs oder Thunfisch bestellen, gewürzt mit Tigermilch (einer Mischung aus Limette, Ingwer, Sellerie, Chili und Knoblauch) oder mit einer Ponzu-Sauce (eine japanische Spezialität mit Zitrusfrüchten, Soja und Thunfisch/Bonito-Flocken)? Finden Sie auch, dass dabei ein (richtiger!!) Pisco Sour am besten passt, DER Kult-Cocktail, dessen Urheberrechte sowohl die Peruaner als auch die Chilenen für sich beanspruchen? Dann nehmen Sie schnellstmöglich Kurs auf ein modernes Bar-Restaurant in Luxemburg-Stadt, das eine sehr schmackhafte lateinamerikanische Küche serviert. Dazu bietet Madame Jeanette eine große Auswahl an Weinen an (auch im Glas!), das Ganze in einem Mix aus unaufgeregtem, urbanem Ambiente und lockerer Stilvielfalt. Eines ist sicher: Dieses kleine, cozy Restaurant in der Rue de Strasbourg, ganz in der Nähe der wunderbaren Épicerie fine Thym & Citron und der renommierten Poissonnerie Kraken, tut nicht nur dem Gaumen, sondern auch der Seele gut!

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LUX E M B U R G

Würzige und parfümierte Küche wie im Strand-Restaurant Ihre Urlaubsnostalgie schwelgt mehr Richtung Thailand? Sie haben besonders gute Erinnerungen an dieses schöne Land mit den wunderbaren Stränden, den freundlichen Menschen und der köstlichen, delikat parfümierten Landesküche? Sie denken noch immer an Ihre Lieblingssuppe, die verführerische Tom Ka Kai mit Hähnchen, Kokosnuss und Koriander, den würzigen, leicht pikanten Duck Curry oder das herrlich duftende Scampi-Gericht mit thailändischem Basilikum? Der Strand und die Palmen schaffen es leider nicht in die Luxemburger Oberstadt, doch die gehobene thailändische Küche finden Sie sehr wohl bei uns: im eleganten, stilvollen Thai Celadon, das mit seinem gelungenen Dekor im Kolonialstil besonders ansprechend ist. Eines meiner Lieblingsgerichte im Thai Celadon sind die Bangkok Spare Ribs mit Sesamöl, dazu ein eiskaltes thailändisches Singha-Bier. Sie können es mir glauben: Dabei kommen wahre Glücksgefühle auf! Und wenn Sie die Augen schließen, sind Sie nicht mehr in Luxemburg, 200 Meter vom großherzoglichen Palais entfernt, sondern in einem wunderbaren Strand-Restaurant auf Ihrer thailändischen Lieblingsinsel ...

Restaurant Thai Celadon 1, Rue du Nord L-2229 Luxemburg Tel.: +352 47 49 34 thai.lu

Weil sie anders sind und uns zum Träumen bringen Bei allen Restaurants gilt: Walk-ins sind willkommen! Aber um Enttäuschungen zu vermeiden, empfehlen wir Ihnen, Ihren Tisch im Voraus zu reservieren. Sicher ist sicher! Reisen ist aufregend. Reisen öffnet neue Horizonte. Reisen weckt den Entdecker in uns. Wie schön, dass es auch bei uns Plätze und Orte gibt, die uns vom Alltag entführen und uns zum Träumen bringen!

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LUX E M B U R G

Noch mehr FernwehRestaurants zum Verlieben 1 Restaurant El Barrio Wie in einem dieser belebten, kreativen Tapas-Restaurants in Barcelona fühlen Sie sich im El Barrio in Luxemburg-Kirchberg, das die besten spanischen Spezialitäten für Sie bereithält und das Sie bequem und ohne Parkplatzsorgen ab „Glacis“ mit der Tram erreichen können.

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elbarrio.lu

2 Restaurant-Bar Paname Eine der sympathischsten urbanen Cocktailbars mit Restaurant und internationalem Flair ist das originelle, im Luxemburger Bahnhofsviertel gelegene Paname, wo Sie sich aus irgendeinem Grund immer in Flirtlaune und wie m Urlaub fühlen.

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paname.lu

4 Restaurant Mad About Perú Falls Sie eher im Süden des Landes auf der Suche sind, so ist das kleine peruanische Restaurant Mad About Perú (das mittlerweile ein weiteres Lokal in Luxemburg-Stadt hat) eine gute Adresse, nicht nur um einen köstlichen Ceviche zu genießen, sondern auch um einen der besten Pisco Sour Luxemburgs zu probieren!

madaboutperu.lu

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3 Restaurant Naga Ebenfalls im Süden befindet sich Naga, ein sehr geschmackvoll und exotisch eingerichtetes Restaurant in Monnerich, nur 12 km von Luxemburg-Stadt entfernt. Auf Ihrem Teller vermischen sich Einflüsse des Orients, Düfte aus Asien oder aus dem Mittelmeerraum. Ein klarer Fall von Fernweh-Adresse!

naga-dining.lu

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N EWS

Pass-Power Jedes Jahr veröffentlicht das internationale Migrations- und Steuerberatungsunternehmen „Nomad Capitalist“ den sogenannten „Passport Index“: Ein Ranking, das die „Macht“ der verschiedenen Pässe anhand von Kriterien wie Reisefreiheit, Steuervorteile und individuelle Freiheiten klassifiziert. Nachdem Luxemburg im Jahr 2022 den ersten Platz belegt hatte, müssen wir uns dieses Jahr mit einem stabilen vierten Platz zufriedengeben. Die Krone schnappt sich dieses Jahr die Schweiz, gefolgt von Irland und Portugal. Deutschland findet sich auf einem geteilten sechsten Platz, während Frankreich und Belgien gemeinsam auf Platz 18 rangieren. Die USA landen auf Platz 44, weit hinter vielen ihrer westlichen Verbündeten. Das Schlusslicht bilden der Jemen, Irak und Afghanistan. Fest steht: Wer die Welt erkunden will, braucht das richtige Werkzeug – manchmal ist es ein Schweizer Messer, manchmal ein Schweizer Pass.

Weltraum-Dinner Deluxe Im Jahr 2025 zündet das Kopenhagener Alchemist Restaurant die Triebwerke Richtung All! Dank einer Kooperation mit SpaceVIP zaubert Sternekoch Rasmus Munk ein himmlisches Menü in der Stratosphäre. Für einen schlanken Preis von 495.000 Dollar pro Nase erleben sechs privilegierte Passagiere nicht nur kulinarische Hochgenüsse an Bord des Spaceship Neptune, des ersten klimaneutralen Raumfahrzeugs, zusätzlich werden sie in maßgeschneiderte Anzüge von Ogier gehüllt, gefertigt mit den fortschrittlichsten Textiltechnologien, eigens für diese Mission entworfen. Ein wahrhaft himmlisches Abenteuer: Sterneküche im wahrsten Sinne des Wortes!

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N EWS

Digital Detox Insel Handys aus, Natur an! Finnland präsentiert Ulko-Tammio, die erste handyfreie Insel weltweit. Im östlichen finnischen Meerbusen gelegen, ist sie das Sommerziel für alle, die den Kopf endlich mal für ein paar Tage aus der digitalen Welt herausbekommen wollen. Statt Likes und Shares gibt’s hier frische Luft, seltene Pflanzen und leere Strände. Freiwilliges Handyverbot, aber keine Sorge, das Netz bleibt. Zelten oder Hüttenurlaub? Beides möglich. Entdeckt, wie erholsam das echte Leben sein kann – fernab vom Bildschirm. Wer braucht schon WLAN, wenn er Walgesänge haben kann?

Schlemmen auf Schienen Viele historische Bahnhöfe weltweit erleben zurzeit ein Makeover, bei dem Gastronomie und Bars im Mittelpunkt stehen. Ob nun die neuen kulinarischen Hotspots in der Moynihan Train Hall in New York wie das „Irish Exit“ und „Yono Sushi“, die Marktstände in Torontos Union Station oder die unterirdische Bar „Platform 1“ in der Central Station in Glasgow – die Bahnstationen laden zunehmend zum Verweilen ein. Im südenglischen Somerset hat dieses Jahr im ehemaligen Bahnhof das stylishe Hotel „The Newt“ seine Türen geöffnet – komplett mit Käserei, Café und eigener Ciderbrauerei. Mit den Neuerungen locken die Bahnstationen nicht nur Reisende an, sondern werden auch zu beliebten Treffpunkten bei den Locals.

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W I E N

Klassischer Wiener Tafelspitz im Restaurant Gmoakeller am Heumarkt.

OBEN

© WienTourismus/Julius Hirtzberger

Das Glanzlicht des Café Sacher ist weit über die Grenzen Österreichs bekannt: die Sachertorte.

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© WienTourismus/Paul Bauer

Luxair bietet 16 Direktflüge pro Woche nach Wien an. luxair.lu

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W I E N

Hochgenussperle Wien Text Joscha Remus

Zehn Jahre hintereinander wurde die Donaustadt Wien nun schon zur Stadt mit der weltweit höchsten Lebensqualität gekürt. Ein weiterer Titel ist nun hinzugekommen: Wien, die grünste Stadt der Welt. Ein guter Grund, all den Lobeshymnen einmal nachzugehen. Dabei stellt man dann erstaunt fest: Wien ist nicht nur eine atemberaubende Naturschönheit und ein historisches Glanzstück, sondern auch eine Stadt, die man sich tatsächlich auf der Zunge zergehen lassen kann.

Als poetischer Reporter kenne ich viele Städte, bei denen mir das Herz übergeht. Buenos Aires, Kopenhagen, Istanbul – aber Wien sticht dann, aus guten Gründen, noch einmal heraus. Ich schlendere durch die Donauperle und lande sogleich im Genussreich der Sinne, denn Wien strotzt nur so vor grünen, sinnlichen Orten. Paradiesisches Auenflair im grünen neuen Prater, sich dann sattsehen an den weißen Magnolien im Stadtpark, dem blühenden Flieder am naturhistorischen Museum und dem prachtvollen, zart duftenden weiß-rosa Blütenteppich der japanischen Kirschblüten auf der Donauinsel. Plätschernde Quellgärten samt Sonnengruß, von einem idyllischen Kirschbaumhain gesäumte Pagoden auf der Donauinsel – ein grandioses Geschenk Japans anlässlich des tausendjährigen

Jubiläums Österreichs im Jahr 1996. Mittlerweile ist das zartsinnige Wunder der Kirschblüten ein Spektakel, das alleine schon einen Wienbesuch rechtfertigt. Es gibt fünf japanische Gärten in Wien. Eine einzige Augenweide ist der Setagayapark im 19. Bezirk. Fliegende Edelsteine und dörfliche Oasen Nach all den Weinbergen, Grünoasen und Prachtgärten fehlt noch das wilde Herz von Wien: die rauschende, frei fließende und sich durch einen wahrhaftigen Dschungel und Nationalpark windende Donau. Mit dem Paddelboot durch traumhaft schöne Auen, mit urtümlichsten Wasser- und Schilflandschaften, Bibern und Seeadlern. Stundenlang glänzende Augen bekommen vom buntschimmernden Gefieder der prachtvollen Eisvögel – den Juwelen der Lüfte.

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W I E N

Wer mitten in Wien die laute Stadt hinter sich lassen möchte, sollte ins schönste Grätzl gehen, das Servitenviertel, und sich dort ein schattiges Plätzchen gegenüber der sommergelben Barockkirche auf der Terrasse eines Cafés suchen. Grätzln sind kleine Viertel mit einem fast dörflichen Ambiente. Am liebsten würde ich für immer hier in der Servitengasse bleiben. Tolle Beisln, diese gutbürgerlichen Wiener Lokale, die ausgezeichnetes Essen servieren. Cafés in Hülle und Fülle sowie die elegant durch Blumenarrangements vom Gehweg separierten Schanigärten, Oasen der Einkehr, die sich am Flair des gegenüberliegenden Klosters orientieren. Wer trotzdem noch Sehnsucht nach Trubel verspürt: vom Servitenviertel sind es nur wenige Gehminuten zu all den Attraktionen in der Mitte des 1. Bezirks. Meine Empfehlungen hier: Weltmuseum, Schmetterlingshaus und Schönlaterngasse. Saiblingsfilet in Bienenwachs Wiener Schnitzel, Tafelspitz, Sachertorte und Kaiserschmarren: Als Hochgenuss der Gaumenfreuden sind diese Gerichte der Wiener Küche unverwechselbar und weltweit bekannt. Diese Klassiker werden in Wien auch von der Hochgastronomie serviert und natürlich nur ganz dezent neu interpretiert. Eines der weltbesten Wiener Schnitzel bekommt man bei Meissl & Schadn, wo ich den Schnitzelworkshop wärmstens empfehlen kann, bei dem man auch lernt, was eine gute Kusskruste ausmacht.

Den Herrn Genussreporter zieht es aber nun ins Steirereck im Stadtpark. Ein kulinarisches Paradies, das seit Jahren zu den zwanzig besten Restaurants der Welt zählt! Das Milchkalbfleisch für das Wiener Schnitzel ist im Steirereck zwei Wochen gereift und wird nach elegantem Schmetterlingsschnitt und Klopfen mit einer Mischung aus Rapsöl, geklärter Butter und Schweineschmalz souffliert, indem das heiße Fett durch permanentes Schwenken in der Pfanne über das Schnitzel gespült wird. Die größte Offenbarung aber ist der Saibling im Bienenwachs. Vor meinen Augen gart das Filet, indem es im Holzrahmen vollständig mit vierundachtzig Grad heißem Bienenwachs bedeckt wird. Nach zehn Minuten wird das Ganze gekippt und das wunderbar saftige Fleisch mit Basilikumkresse garniert und mit Rote-Rübensucco, Saiblingskaviar und Safran-Rahm serviert. Aber auch das Pogusch-Lamm mit Marchfelder Artischocken, Selleriekohl und Ysop bleibt in allerbester Erinnerung. Wien ist ein Schlaraffenland. Besucht auch die Genuss-Manufakturen, wo viele süße Träume mit Blüten und Kräutern verfeinert werden, und natürlich die legendären Cafés wie das Demel, das Central oder das Anzengruber und Savoy – Letztere sind nicht allzu touristisch. Allesamt sind es ideale Orte für das Dolce far niente auf Wiener Art. Zum Abschluss noch ein wagemutiger kleiner Tipp: Im Brioche & Brösl werden Wiener Klassiker wie Schnitzel oder Tafelspitz neu erfunden und als Burger serviert.

Süße Träume im Café Central. © WienTourismus/Paul Bauer

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W I E N Der berühmte und köstliche Apfelstrudel im Café Central. © WienTourismus/Paul Bauer

Eines der besten Wiener Schnitzel gibt’s im Restaurant Meissl & Schadn.

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© WienTourismus/Julius Hirtzberger

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1 Kirschenhain auf der Donauinsel In der Nähe der Jedleseer Brücke

kirschenhain.at

5 Cafe Demel Kohlmarkt 14 A-1010 Wien Tel.: +4315351717

demel.com

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2 Setagayapark Gallmeyergasse 4 A-1190 Wien Tel.: +43140008042

bit.ly/Setagayapark

6 Café Central Herrengasse 14 A-1010 Wien Tel.: +4315333763

cafecentral.wien

3 Restaurant Meissl & Schadn Schubertring 10 – 12 A-1010 Wien Tel.: +43190212

meisslundschadn.at

7 Café Anzengruber Schleifmühlgasse 19 A-1040 Wien Tel.: +4315878297

anzengruber.cafe

4 Restaurant Steirereck Am Heumarkt 2a A-1030 Wien Tel.: +4317133168

steirereck.at

8 Restaurant Brioche und Brösl Rotenturmstraße 21 A-1010 Wien Tel.: +43 676 777 0677

briocheundbroesel


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W I E N



R E Z E PT

So schmeckt Wien Denkt man bei Wiener Küche nur an Würstel und Schnitzel, hat man die süße Seite Wiens noch nicht gekostet! Das Kronjuwel unter den Desserts? Der Kaiserschmarrn. Ursprünglich ein einfaches Bauerngericht aus Mehl, Eiern, Milch und Schmalz, avancierte es im 19. Jahrhundert zu einer verfeinerten Delikatesse, die sich in den bürgerlichen Kaffeehäusern und adeligen Salons der Hauptstadt großer Beliebtheit erfreute. Laut einer Anekdote soll der Schmarrn zu Ehren von Kaiser Franz Joseph, dem Gemahl der legendären Kaiserin Sissi, benannt worden sein. Ein Gericht von bescheidener Herkunft und kaiserlicher Eleganz, einfach zubereitet und königlich köstlich!

Kaiserschmarrn 2 Personen 5 Minuten 10 Minuten

∙ 125 ml Milch ∙ 2 gehäufte EL Mehl ∙ 2 Eier ∙ 1 Prise Salz ∙ etwas Zitronenschale (unbehandelt) ∙ etwas Öl zum Backen ∙ Rosinen (nach Geschmack) ∙ 1 EL Zucker ∙ 1 EL Butter ∙ Zwetschgenröster, Apfelmus oder Kirschenröster

Eiklar zu Schnee schlagen. Milch mit Mehl, Dottern, Salz und Zitronenschale schaumig rühren und mit Eischnee vermischen. 3 Öl in einer beschichteten Pfanne erhitzen und die Masse hineingeben, Rosinen darüber verteilen und die Pfanne abdecken. Sobald die Masse am Boden goldgelb ist, die Masse vierteln und wenden, dann auf der anderen Seite goldgelb backen. 4 Mit 2 Holzspachteln in kleine, mundgerechte Stücke zerteilen. 5 Butter in die Pfanne geben (das nennt sich in Österreich „glänzen“), Zucker dazugeben und leicht karamellisieren lassen, dann untermengen, anrichten und mit Staubzucker bestreuen. 6 Mit Zwetschgenröster, Apfelmus oder Kirschenröster servieren. 1 2

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N I Z Z A

Ein kulinarischer Streifzug durch Nizza Text & Fotos Philippe Bourget

Promenade des Anglais, Mittelmeer, strahlender Sonnenschein im Sommer wie im Winter: Das ist Nizza. Die italienisch anmutende Stadt im Süden Frankreichs verführt mit einer reichen kulinarischen Kultur, die auf ihrer Geschichte und hochwertigen Terroir-Produkten beruht. Die Gastronomie, das wird schnell klar, hat hier einen ganz besonderen Stellenwert.

Wie wäre es mit einem Gourmet-Aufenthalt in Nizza? Natürlich bleibt auch noch Zeit für den Strand, die berühmte Promenade des Anglais, kulturelle Hochburgen (wie das Matisse- und das Chagall-Museum) und charmante Hotels. Immerhin ist „Nissa la Bella“ seit dem 19. Jahrhundert eine unangefochtene Größe des Städte- und Badetourismus. Die gastronomische Dimension ist jedoch das Sahnehäubchen, das diese Reise zu einem echten Leckerbissen macht. Socca – eine wahre Institution Wenn die Nizzaer eines meistern, dann die Kunst des guten Essens. Die Marktstände auf dem berühmten Cours Saleya sprechen Bände über die Vielfalt des lokalen Terroirs: Feldsalat aus Mandelieu, Chayoten aus Villefranche-sur-Mer, Zitrusfrüchte aus Menton, Gemüse aus der Var-Ebene ... So viele Aromen, die

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hier und in den zahlreichen Restaurants der Stadt angeboten werden. Ein ganz besonderes Schmankerl ist gleich hier auf dem Markt zu haben. Am Stand „Chez Theresa“ stehen die Kunden zur Mittagszeit Schlange. Seit knapp 100 Jahren serviert dieser zur Institution gewordene Stand Socca, einen Fladen „aus Kichererbsenmehl, Olivenöl, Wasser, Salz und Pfeffer“, erklärt Inhaberin Sophie. Dort gibt es zudem weitere lokale Spezialitäten zu kaufen: Pissaladière (Zwiebelkuchen), Petits farcis niçois (gefülltes Gemüse) und Tourtes sucrées de blettes (süße Mangold-Küchlein). Der wahre Nizza-Salat Um mehr zu erfahren, geht es Richtung Vieux-Nice ins Kulinarik-Atelier Les Petits Farcis. Hier steht Rosa Jackson am Herd, eine Kanadierin mit einer unbeschreiblichen Liebe für die Stadt und ihre kulinarischen Traditionen. Den Teilnehmern ihrer


N I Z Z A Die Promenade des Anglais und der Strand Castel.

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Der Lebensmittelmarkt auf dem Cours Saleya.

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N I Z Z A

LINKS Die frisch gebackene Socca im Chez Theresa.

Die Altstadt von Nizza, ein Hauch von Italien.

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Die Terrasse des Seen, Roof-TopBar-Restaurant des Fünf-Sterne-Hotels Anantara Plaza: ein atemberaubender Blick auf die Stadt!

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N I Z Z A Workshops bringt sie bei, Socca zuzubereiten. Das Gericht, das ursprünglich für Arbeiter gedacht war, ist zwar recht schlicht, die Zubereitung braucht jedoch ihre Zeit. Und so wird hier der Socca-Teig geknetet, ohne dabei die Zwiebeln für die Pissaladière zu vergessen, die mit Thymian, zwei Lorbeerblättern, einigen schwarzen Oliven und Pissalat (Sardellencreme) gewürzt werden, ehe alles in den Ofen kommt. Und auch beim berühmten Nizza-Salat wird Wert auf Authentizität gelegt: „Tomaten, kleine rohe Artischocken, Paprika, Radieschen, Thunfisch in Öl, Lauchzwiebeln, Oliven, Sardellen, ein gevierteltes gekochtes Ei. Aber niemals Kartoffeln, Bohnen oder Reis!“, erklärt Rosa und fügt hinzu, dass dieser Salat typischerweise im Winter zubereitet wird. Gütesiegel „Cuisine Nissarde“ Wer Vieux-Nice sagt, sagt auch Kulturerbe. Am Fuße des Schlosshügels entführt uns unser Feinschmecker-Spaziergang in ein Wirrwarr charmanter Gässchen, die von ockerfarbenen Gebäuden mit Jalousien und Kirchen mit barocken Giebeln gesäumt werden. Das Herz dieser Stadt mit italienischem Flair erinnert daran, dass Nizza, nachdem es lange Zeit zum Königreich Sardinien gehörte, Frankreich erst 1860 eingegliedert wurde. In diesem Labyrinth kehren wir in der Rue Droite im Chez Acchiardo ein, das für seine „Cuisine Nissarde“ (Nizzaer Küche) bekannt ist. Auf der Speisekarte des bald 100 Jahre alten Familienrestaurants stehen Nizzaer Ravioli, Pestosuppe, Gnocchis, Daube (Ragout) und Pannacotta ... Wir halten auch in der Rue Gilly im Fournil Zielinska an, wo es köstliches Brot aus alten Mehlsorten zu kaufen gibt. Zum Abendessen reservieren wir in der Bar aux Oiseaux, Rue Saint-Vincent, wo Joackim Salliot, ein ehemaliger Sternekoch aus der Normandie, Meereserzeugnisse in köstliche Gerichte verwandelt – allen voran die Bourride (Fisch-Ragout). Unterwegs erhaschen wir einen Blick auf den Couvent de la Visitation. Nach jahrelangen Arbeiten eröffnet in diesem ehemaligen Kloster im Juni ein Fünf-Sterne-Hotel.

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N I Z Z A

Kandierte Früchte, Olivenöl, lokale Weine Die Schatzsuche in den Nizzaer Stadtvierteln mit den eleganten Häusern aus dem 19. Jahrhundert geht weiter. Wir halten in der Konditorei Auer gegenüber der Oper in der Rue Saint-François de Paule. Seit 1820 stellt diese aus der Schweiz stammende Familie kandierte Früchte und Schokolade her. Gleiches gilt für die Familie Florian, deren Confiserie am Quai Papacino von mehr als einem Jahrhundert zuckrig-süßem Savoir-faire zeugt. Der Erfolg beider Unternehmen ist auf die reichhaltige Obstauswahl der Region zurückzuführen. Nahezu gegenüber der Pâtisserie Auer ist auch die Boutique Nicolas Alziari einen Besuch wert. Seit 1868 wird dort renommiertes Olivenöl hergestellt. Nebenan in der Rue Bosio erinnert der Weinkeller Cave Bianchi seit nunmehr 165 Jahren daran, dass Nizza auch eine Weinregion ist. Dort findet man den einzigen AOP-Wein Frankreichs, der auf einem Stadtgebiet angebaut wird: den Vin de Bellet. Neun Winzer teilen sich einen 70 Hektar großen Weinberg oberhalb der Stadt. Bei einem Besuch des Weinguts Château de Crémat, das über Nizza thront, lässt sich mehr über das Terroir und diese lagerfähigen Weine erfahren. Wo, wenn nicht dort, würde man besser verstehen, dass Nizza zwar den Luxus liebt, aber auch eine volkstümliche Stadt ist, deren schlichte, schmackhafte Küche das Ergebnis einer doppelten, provenzalischen und transalpinen, Identität ist?

Babel Babel, Cocktailbar und Restaurant in idealer Lage, mit Platz in der Sonne und Blick aufs Meer.

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La Part des Anges, Hochburg für Weinverkostungen in Nizza.

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1 Villa Saint-Hubert Ein charmantes Hotel in der Nähe des Bahnhofs Nice-Ville. Eine Art Familienpension, sehr gepflegt, mit einem fantastischen Empfang.

2 Nuances Inmitten einer sehr originellen und sehr dunklen „Deko“ kostet man hier das Überraschungsmenü des Küchenchefs Andrea Angehrn.

3 Le Patio Eine luxuriöse mediterrane Küche in diesem Restaurant des Hotels La Pérouse am Ende der Promenade des Anglais.

4 Chez Theresa Der Hotspot für „Socca“, eine lokale Spezialität auf Basis von Kichererbsenmehl. Das muss man einfach probiert haben!

villasainthubert.com

nuances-restaurant.com

bit.ly/le-patio-nice

cheztheresa.fr

5 Les Petits Farcis Hier lernt man, leckere Nizzaer Rezepte zuzubereiten. Lehrmeisterin ist die Kanadierin Rosa Jackson, die sich so sehr in die Stadt verliebt hat, dass sie dortgeblieben ist.

petitsfarcis.com

6 Bar des Oiseaux Diese Bar an einer Straßenecke im VieuxNice bietet lokale Spezialitäten in einem schicken, kunstvollen Ambiente. Sehr guter Empfang.

bit.ly/oiseaux-nice

7 Chez Acchiardo Träger des Gütesiegels „Cuisine Nissarde“. Das Restaurant wird seit drei Generationen von derselben Familie betrieben. Auf der Karte stehen lokale Rezepte.

bit.ly/acchiardo

8 The Deck Hotel Das Thema Meer und Schiffe ist in diesem Vier-Sterne-Hotel allgegenwärtig: Weiß und Blau, Schiffsbodenparkett, Bullaugen ... Eine MittelmeerReise, mitten in Nizza.

deck-hotel.com

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R E Z E PT

So schmeckt Nizza Der Salat Niçoise gehört zu den Mythen von Nizza. Das emblematische Rezept hat sich im Laufe der Zeit verändert, zudem hatte jedes Viertel, jedes Dorf und jede Familie eine eigene Version. Der Salade Niçoise gehört im Wesentlichen zur mündlichen Überlieferung und ist nicht in alten Rezeptbüchern zu finden. Das bedeutet jedoch nicht, dass es keine Regeln gibt. Der Salat wird deshalb „niçoise“ genannt, weil er ausschließlich Produkte aus Nizza enthält. Die Bewohner des Comté machen seit jeher einen Salat aus dem, was sie gerade zur Hand haben. Zwar hat der große Escoffier gekochte Kartoffeln und Bohnen hinzugefügt, aber er wurde in Villeneuve Loubet geboren, das damals zum Departement Var gehörte! Jeder gute Nizzaer weiß, dass es im Salat Niçoise keine gekochten Zutaten gibt (außer den hartgekochten Eiern, natürlich).

Salat Niçoise 8 Personen 20 Minuten 8 Minuten

∙ 100 g Mesclun ∙ 500 g Tomaten ∙ 100 g Frühingszwiebeln ∙ 100 g Stangensellerie ∙ 400 g kleine violette ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙

Artischockenherzen (je nach Saison) 160 g kleine grüne Paprikaschoten für den Salat 250 g lange Radieschen, sogenannte 18-Tage-Radieschen 50 g schwarze Oliven aus Nizza 400 g Févette (je nach Saison) 200 g Thunfisch in Olivenöl 8 in Salz eingelegte Sardellen (oder 16 Filets) 20 g Knoblauch 100 ml Olivenöl 4 Eier 8 bis 12 Basilikumblätter (je nach Geschmack) feines Salz Pfeffer aus der Mühle

Varianten ∙ Rotweinessig ∙ 200 g Gurke

Das Gemüse waschen. Die Radieschen putzen, dabei die ganzen Radieschen mit den zarten Blättern aufbewahren. 2 Eine breite, zuvor mit Knoblauch eingeriebene Schüssel mit Mesclun auslegen. Die Tomaten vierteln, auf den Mesclun-Blättern anordnen und salzen. Das Sellerieweiß und den weichen Teil (Herz) der Artischocken, die grünen Paprikaschoten und die Frühlingszwiebeln fein schneiden. Die Gartenbohnen (in der Saison) hinzufügen. Das Gemüse wird flach auf den Tomaten angerichtet, wobei man auf eine ansprechende Präsentation achten sollte, und mit Salz bestreut. Es gibt keine Probleme beim Servieren, da es sich nicht um einen Salat handelt, den man mischt. Den Thunfisch in größeren Stücken und das gehackte Basilikum hinzufügen und mit den geviertelten hartgekochten Eiern, den Sardellenfilets und den schwarzen Oliven aus Nizza dekorieren. 3 Im letzten Moment das Olivenöl und den gemahlenen Pfeffer darübergeben. 1

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G E N F

Der Springbrunnen Jet d’Eau im Genfersee ist mit seinem bis zu 140 Meter hohen Wasserstrahl weit vom Land und aus der Luft zu sehen.

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© GeneveTourisme

Das Stadtbild ist von eindrucksvollen Gebäuden geprägt, im Hintergrund ragen die schneebedeckten Schweizer Alpen hoch empor.

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© GeneveTourisme

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G E N F

Savoir vivre in Genf Text & Fotos Wibke Carter

Genf ist vor allem als Geschäftssitz vieler renommierter Banken und internationaler Organisationen bekannt. Aber die „kleinste Metropole der Welt“, wie die Stadt manchmal genannt wird, fasziniert mit ihren Museen, den nahen Alpen und den vielen Schokoladenläden!

Das Wahrzeichen von Genf ist der Jet d‘Eau. Der Springbrunnen im Genfer See, der 1891 – ursprünglich als Sicherheitsventil, um den Druck einer nahe gelegenen hydraulischen Anlage zu kontrollieren – installiert wurde, ist von fast überall zu sehen, sogar, wenn man die Stadt in 10 km Höhe überfliegt. Im Jahr 1951 wurde der Jet d‘Eau an seinen heutigen Standort verlegt und die maximale Höhe des Wasserstrahls auf fast 140 Meter erweitert. Lange Zeit war es die höchste Fontäne der Welt. „Ein altes katholisches Gesetz besagt, dass nichts höher als die Kathedrale sein darf“, erklärt Stadtführerin Margaux Cañellas. „Als ein arabischer Prinz einen höheren Springbrunnen errichtete, wurde ein Referendum abgehalten, ob der Wasserstrahl nochmals erhöht werden sollte. Aber die Einwohner waren besorgt, dass sie dann

die Alpen nicht mehr sehen könnten, und so verloren wir den Rekord.“ Wer das Wahrzeichen genauer betrachten möchte, kann am Quai du Mont Blanc eine einstündige Schifffahrt buchen. Vom Boot aus hat man dann einen phantastischen Blick auf den Jet d‘Eau, den Mont Blanc (Europas höchsten Berg) und die mondänen BelleÉpoque-Villen am Ufer. Für kleinere Fahrten stehen „Mouettes“, eine Art Wassertaxi, zur Verfügung. „Im Sommer entspannen die Leute am See, sonnen sich oder treiben Wassersport“, sagt die Genferin Trishala Ratnapala. „Ein beliebter Ort sind die Bains des Pâquis, öffentliche Bäder und Saunen aus dem 19. Jahrhundert, die auf einer künstlichen Halbinsel errichtet wurden.“ Zwischen Luxus und Natur Beim Flanieren durch Genf sind das internationale Flair und die über 500-jährige

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G E N F

Tradition der Uhrmacher, Edelsteinschleifer und Juweliere gleichermaßen spürbar. Die großen Namen der Luxusindustrie säumen die Promenade. Viele renommierte Hersteller wie Patek Philippe – die Marke unterhält auch ein Museum in der Stadt – oder Rolex sind nach wie vor in der Stadt ansässig. Im Genfer Stadtpark Jardin Anglais, der 1855 angelegt wurde, zeugt die berühmte Blumenuhr, l’Horloge fleurie, von der Genfer Uhrmacherkunst. Um sicherzustellen, dass die Pflanzen je nach Jahreszeit blühen, wird die Blumendekoration der Uhr viermal im Jahr erneuert. Eine weitere Grünfläche ist der Parc des Bastions. Er befindet sich auf dem Gelände eines ehemaligen botanischen Gartens, sodass hier viele Grünpflanzen erhalten geblieben sind. Besucher können mit den Einheimischen Riesenschach spielen, den Einar-Palast erkunden oder die Reformationsmauer mit ihren überlebensgroßen Statuen der calvinistischen Anführer Beza, Calvin, Farel und Knox besichtigen. Schokolade ohne Ende Die Altstadt wird von der Cathédrale Saint-Pierre dominiert, aber das eigentliche Zentrum ist der alte Place du Bourgde-Four. Forschungen zufolge wurden auf diesem Platz bereits in der Römerzeit Stadtversammlungen abgehalten und im Mittelalter Vieh verkauft. Heute sind der Justizpalast, der prächtige Brunnen, die lutherische Kirche und die „Clementine“Statue die wichtigsten Sehenswürdigkeiten. Am Place du Bourg-de-Four lässt es sich gemütlich einen Kaffee trinken. Das Restaurant Les Armures, bekannt für seine lokalen Gerichte wie die Filets de Perches, ist nur einen kurzen Spaziergang entfernt.

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G E N F LINKS L’horloge fleurie befindet sich im Park Jardin Anglais und besteht aus ungefähr 6.500 Blütenpflanzen und Sträuchern.

© GeneveTourisme

Der Parc des Bastions ist ein beliebter Treffpunkt für Einheimische, um Schach oder Tischtennis im Freien zu spielen.

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In Genf wimmelt es nur so von namhaften Chocolatiers, deren Geschichte oft mehrere Generationen zurückreicht.

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© GeneveTourisme

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G E N F

Boutique-Direktorin Marion Pezzaglia verkauft unter anderem Pralinen, die es seit 1922 bei Favarger gibt.

Margaux Cañellas verrät auf der Chocolate Flavours Tour alles über die Anfänge von Schokolade.

Die Schweiz ist berühmt für ihre Schokolade, und Genf macht diesem Ruf alle Ehre. Hunderte von süßen Kreationen werden jeden Tag von über dreißig Chocolatiers hergestellt, von etablierten Produzenten wie Lindt und Stettler bis hin zu kleineren wie Sweetzerland und Favarger. Letztere ist eine der ältesten Schokoladenmanufakturen der Stadt, bis zu zweihundert Jahre alte Originalrezepte werden hier

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gehütet. „Unser berühmtestes Produkt, die Avalines, wurde 1922 kreiert. Avelines werden aus Kakaokuvertüre, frischer Schweizer Milch, Haselnüssen, Mandeln und Vanille aus Madagaskar hergestellt“, erklärt Boutique-Direktorin Marion Pezzaglia. Mit dem „Choco Pass“ können Naschkatzen bei sieben Genfer Chocolatiers vorbeischauen und in aller Ruhe die besten Schokoladen probieren.

Wer dann immer noch Platz im Magen hat, kann bei der Chocolate Flavours Tour alles über die Herkunft von Schokolade erfahren, sechs Verkostungen genießen und vielleicht die Frage klären, ob weiße Schokolade wirklich Schokolade ist. „Ich kann dazu nichts sagen“, lacht Margaux Cañellas. „Ich bin eine neutrale Schweizerin!“ Aber am Ende ist es auch egal, wenn das Schokoladenkoma nah ist.


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1 Les Armures Das Les Armures ist eine gute Wahl für traditionelle Gerichte. Das älteste Café von Genf serviert lokale Spezialitäten wie Kalbsgeschnetzeltes „Zürcher Art“, Schweizer Bratwurst vom Grill oder Käse-Fondue.

2 La Potinière Entspannt geht es in diesem Café bei Tag (und Bar bei Nacht) zu. Hier treffen sich die Genfer auf ein Bier, zum Brunch und Cocktailschlürfen. Es befindet sich direkt am See, neben dem Jardin Anglais.

lesarmures.ch

The Woodward Das Hotel befindet sich in einem 1901 erbauten Gebäude mit herrlichem Blick auf den Genfer See. Als kleinstes Fünf-Sterne-Hotel der Stadt mit nur 26 Suiten hat es außerdem zwei Restaurants und ein Guerlain Spa. 4

oetkercollection.com

3 Chez Philippe Im Chez Philippe finden Feinschmecker im Herzen von Genf eine Art New Yorker Meatpacking-DistrictAtmosphäre. Der renommierte Küchenchef Philippe Chevrier leitet dieses Mekka für Fleischliebhaber.

lapotinieregeneve.com

Du Rhône In diesem Geschäft gibt es nicht nur Regale voller süßer Verführungen, sondern auch die Möglichkeit, bei einem Gourmet-Schokoladen-Workshop in die Fußstapfen eines Meister-Chocolatiers zu treten. Suchtgefahr! 5

durhonechocolatier.ch

chezphilippe.ch

CERN Kirchen gibt es viele, aber öffentlich zugängliche Einrichtungen für Kernforschung? Das CERN bietet Besuchern die einmalige Gelegenheit, das Streben der Menschheit, die Geheimnisse des Universums zu entschlüsseln, zu erleben. 6

weltmaschine.de

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S Ü DT I R O L

Nicht ohne Käse und Knödel Text & Fotos Stefanie Bisping

Beim Kochkurs und in der Käserei lernen Südtirol-Reisende, dass sich Urlaubsglück exportieren lässt.

Nicht jeder Mensch kann in Südtirol leben. Für die Region ist das gut; für Besucher ist die Anerkennung dieser Tatsache nicht immer leicht. Kulinarische Mitbringsel helfen, das der Region eigene Lebensgefühl zu Hause noch eine kleine Weile weiter zu genießen. Viele Hotels und Ferienbauernhöfe ermöglichen ihren Gästen zusätzlich, einen Teil des hiesigen Glücks dauerhaft in den Alltag zu integrieren – in Form von Knödeln, dessen Zubereitung ihnen während des Aufenthalts vermittelt wird. Die Teigerzeugnisse sind Südtirols Nationalgericht und für viele Urlauber Inbegriff Südtiroler Wohllebens. Nur natürlich, dass sie im Mittelpunkt fast aller Kochkurse stehen. „Dabei sind Knödel traditionell die Kost der armen Leute“, weiß Regina Gruber, Seniorchefin im Tratterhof in Meransen. Sie erlernte die Zubereitung von Mutter und Großmutter und unterweist nun ein-

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mal in der Woche ihre Gäste in dieser essenziellen Fertigkeit. „Man brauchte mit ihnen Brot- und Speckreste auf.“ Zukäufe waren kaum nötig: Mehl und Eier hatte man selbst, auch getrocknetes Brot, weil nur im Frühjahr und im Herbst gebacken wurde. Heute werden Knödel gerne als Beilage zu Gulasch oder wenigstens mit einem Salat gereicht. In alten Zeiten, bevor Südtirol zu einer der wohlhabendsten Regionen Italiens wurde, stellten Speckknödel oder Käsenocken mehrmals pro Woche das Abendessen. Kein Hexenwerk Ein Hexenwerk ist die Zubereitung nicht: Mit dem Kleinschneiden von drei bis vier Tage alten Brötchen geht es los. „Je trockener es ist, desto besser“, erklärt Regina Gruber. Bei der Milch ist Fingerspitzengefühl gefragt: „Da sollte man nie


S Ü DT I R O L Regina Gruber, Seniorchefin im Tratterhof, führt die Gäste persönlich in die Kunst der Knödelherstellung ein.

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Aus dem Teig kreisrunde Knödel formen, in Salzwasser kochen und anrichten: Der Weg zum Knödelglück ist kurz.

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S Ü DT I R O L Das Tratterhof Mountain Sky Hotel über Meransen verbindet Aussichten zum Träumen mit Wellness und authentischer Südtiroler Gastlichkeit. © Tratterhof

nach Rezept gehen. Es kommt darauf an, wie hart oder weich das Brot ist.“ Als Faustregel gilt: Je älter und trockener das Brot, desto mehr Milch ist notwendig. Im Zweifelsfall lieber sparsam mit der Milch umgehen. „Ist der Teig zu weich, zerfallen die Knödel beim Kochen“, warnt Regina Gruber. Für 26 Knödel – die sich problemlos einfrieren lassen und bei Bedarf von der Tiefkühltruhe gleich ins kochende Wasser kommen dürfen – kalkuliert sie etwa 300 Milliliter Milch und 600 Gramm getrocknetes Brot. Zusammen mit sechs oder sieben Eiern – „eines mehr oder weniger spielt keine Rolle“ – wird die Milch zum Brot gegeben. „Etwas salzen und Schnittlauch oder Petersilie zugeben, dann kann die Masse etwas ziehen.“ Unterdessen brutzelt bereits eine halbe Zwiebel in Sonnenblumenöl, bis sie braun wird. Das Zwiebelöl kommt nun mit dem gewürfelten Speck zu den übrigen Zutaten. Ganz wichtig: „Man darf den Speck nicht in Öl braten, dann wird er hart“, so die Expertin. Gibt man ihn stattdessen nur in den Teig und ein wenig Öl darüber, entfaltet er sein volles Aroma. Zur Optimierung der Konsistenz wird ein Löffel Mehl untergemischt – schon ist der Teig fertig. Bei Käsenocken ersetzen Käsereste den Speck; Regina Gruber gibt zusätzlich einen Klecks Gorgonzola in die Mitte. Nach zehn Minuten Ruhezeit lassen sich mit nassen Händen Knödel formen, wobei die der Gäste nicht ganz so gleichmäßig rund geraten wie die der geübten Hausherrin. Zwölf bis fünfzehn Minuten müssen sie nun in reichlich Salzwasser kochen – Zeit für eine Verschnaufpause oder um den Krautsalat anzurichten, der hier schon bereitsteht. Der Tratterhof wurde 1650 erstmals unter dem Namen Trota erwähnt, was den kleinsten Hof eines Dorfs bezeichnet. Lange soll sich daran nichts ändern; mit einem Hektar Wiese, etwas Wald, zwei Kühen und einigen Ziegen

ist der Hof auch in den Siebzigerjahren, nun bereits im Besitz der Familie Gruber, noch der kleinste in Meransen. Als Regina Hinteregger und Franz Gruber einander 1976 in der Seilbahn begegnen und sich ineinander verlieben, steht Südtirol an der Schwelle zum Tourismuszeitalter. Nach der Hochzeit 1981 macht das junge Paar aus dem Hof eine Pension mit fünfzehn Zimmern. Heute ist es als Tratterhof Mountain Sky Hotel ein schickes Haus mit Spa-Landschaft und Sky-Pool mit Blick über Eisack- und Pustertal – eine Entwicklung, wie sie für ambitionierte Südtiroler Familienbetriebe ähnlich typisch ist wie die ständige Verfügbarkeit von Speckknödeln, Käsenocken und guten Weinen. Leidenschaft für gutes Essen Die Knödel der Gäste sind unterdessen zur Vollendung gegart. Die Käsenocken werden nun mit Parmesan und zerlassener Butter beträufelt, die Speckknödel bekommen Gesellschaft vom Krautsalat. Nun beginnt der schönste Teil der Lehrstunde: die Verkostung in der Bauernstube samt Erfahrungsaustausch über Küchen- und kulinarische Urlaubserlebnisse. Denn außer einem Faible für die Bergwelt eint die Gäste eine Leidenschaft für gutes Essen – auch deshalb sind sie hier. Und so öffnen Produzenten bereitwillig Fertigungsstätten, Hofläden oder beides für die Urlauber. Einer von ihnen ist Stefan Köhl, der bei Deutschnofen auf 1.360 Meter Höhe Käse produziert. „Mein Vater macht die Milchwirtschaft, ich den Käse“, erklärt Stefan Köhl. Seit 2007 führt der heute 37-Jährige seine Hofkäserei, in der er ausschließlich Milch der eigenen dreißig Grauvieh-Kühe verwendet. „Sie muss nicht entrahmt werden, weil sie weniger Fett enthält als die anderer Kühe“, erläutert Köhl. „Ich kann sie so verwenden, wie die Kuh sie gibt.“ Besonders wohlschmeckend

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sei sie außerdem. Dafür sorgen die kräuterreichen Almwiesen, auf denen die Tiere die langen Sommer verbringen. Stefan Köhl war erst siebzehn, als er ein Praktikum in einer Hofkäserei absolvierte. Sofort wusste er: „Das mache ich zu Hause auch.“ Seine Familie, die den aus dem 14. Jahrhundert stammenden Lehrnerhof 1906 übernahm, hat hier immer Grauvieh gehalten. Nun kam zur Milch der Käse. Sobald er die Ausbildung zum Molkereifachmann beendet hatte, ging es los. Heute stellt Köhl zehn Käsesorten her, für die er in Deutschland und Italien zahlreiche Preise abgeräumt hat. Michael Steiner, Jahrgang 1994, übernahm nach der Ausbildung in Österreich und einem Praktikum in der Schweiz die elterliche Käserei Eggemoa in Mühlwald nahe Sand in Taufers. Mit der Milch der eigenen fünfzehn Braunvieh-Kühe, die von April bis Oktober auf der Weide grasen, sowie der Milch, die er beim Hof seines Vertrauens zukauft, stellt er ein Dutzend preisgekrönte, mit Fichtenrinde, Wacholderbeeren oder heimischen Kräutern verfeinerte Rohmilchkäsesorten her. Pfeffer und Paprika, die hier nicht wachsen, verarbeitet Steiner nicht. Seine Käse sind konsequent regional. Es muss nicht immer Kuhmilch sein. Manuel Zingerle, 1984 geboren, setzt auf die Ziege – oder vielmehr auf 160 Ziegen. Vor wenigen Monaten hat er die Käserei Unteregger in Vals vom Vater übernommen und produziert hier mehrere Rohmilchkäse: den nach der ersten Ziege des Hofs benannten Weichkäse „Sissi“, die nach Familienmitgliedern benannten Produkte Berni, Ricki, Viktor und Friedl sowie Ziegenkäse mit Bockshornklee und mit grünem Pfeffer. Seine Tiere kennt er ganz genau. Viele kann er am Gesicht unterscheiden, erzählt er. „Aber jede Einzelne erkenne ich von hinten am Euter.“ Denn er sieht die Tiere zweimal am Tag beim Melken aus die-

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ser Perspektive. Auch sonst weiß er viel über die Weiße Deutsche Edelziege, so der Name der Rasse. Manchmal sei sie eigensinnig, zickig aber nicht. Menschliche Züge trage sie auch: „Sie ist ein Feinschmecker. Oft sehe ich, wie ein Tier einen besonders zarten Halm aus dem Heu zieht und an ihm knuspert wie an einer Salzstange.“ Meisterkurs in Milchtechnologie Weil die Tiere wählerisch sind, aber auch mit Rücksicht auf ihre Gesundheit, füttert Zingerle nur Heu und Luzerne. Im Sommer grasen die Tiere auf der Wiese oberhalb des Stalls. „Der Papa hatte die Idee, eine Käserei zu gründen“, erzählt Zingerle. Weil auch Menschen mit Laktoseintoleranz Ziegenmilch vertragen, entschied er sich für Ziegenkäse. 2008 kaufte er Kitzlein, Anfang 2009 begann die Produktion mit achtzig Tieren. Der Sohn, gelernter Zimmermann, half mit. Bald war so viel zu tun, dass Manuel dem Bau von Blockhäusern nur noch einen Teil seiner Zeit widmen konnte. „Mit 26 habe ich mich dann wieder in die Berufsschule gesetzt und in Österreich den Molkereifachmann gemacht.“ Ein Jahr später folgte der Meisterkurs in Milchtechnologie, mittlerweile ist er auch diplomierter KäseSommelier. Heute verarbeitet er 100.000 Liter im Jahr, seinen Alltag bestimmen die Melkzeiten um sechs und achtzehn Uhr. Nach Reifezeiten von drei Wochen bis zehn Monaten werden die Käse in Formen abgefüllt und für zwei bis 36 Stunden ins Salzbad gegeben. Aus der Molke, der Restflüssigkeit, lässt Manuel Zingerle Kosmetikprodukte herstellen. Vater Richard macht die Arbeit im Stall, Manuel die Käserei, die Büroarbeit und den Vertrieb, Mutter Bernadette kümmert sich um den Hofladen. Neben Hart-, Weich- und Schnittkäsen liegt hier auch Ziegensalami in der Theke. Die Ziege ist nützlich bis zuletzt.


S Ü DT I R O L Michael Steiner arbeitet in seiner Käserei Eggemoa bei Sand in Taufers nur mit Produkten aus der Region - vor allem Milch der eigenen Kühe.

Tipps für Gourmets und Gourmands Knödel Viele Hotels bieten für ihre Gäste Kochstunden an. Im Tratterhof Mountain Sky Hotel über Meransen ist der Knödelkurs bei Seniorchefin Regina Gruber für Gäste kostenlos. tratterhof.com

Auch auf zahlreichen Ferienbauernhöfen gibt es einschlägige Kochkurse; eine Übersicht findet sich auf der Webseite. roterhahn.it/de

Käse Stefan Köhl produziert seine Käse im Schatten der Berggipfel Rosengarten und Latemar (Lehnerweg 15, Deutschnofen), sein Hofladen ist montags bis samstags von 9 bis 11 Uhr geöffnet und nach Anmeldung. info@hofkaeserei.it Manuel Zingerle produziert in seiner Käserei Unteregger in Vals Ziegenkäse. Er weiß: Ziegen mögen eigensinnig sein, aber zickig sind sie nicht.

Michael Steiner betreibt in einem abgeschiedenen Tal in Mühlwald die Käserei Eggemoa und bietet im Hofladen Verkostungen an. 15 Euro, Anmeldung unter info@eggemoa.com, weitere Informationen: eggemoa.com

Manuel Zingerle bietet in seiner Käserei Unteregger Hofführungen mit anschließender Verkostung. 8 Euro, Anmeldung unter: info@unteregger.it

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T RAU M H OT E LS

Almyra Hotel Luxuriöser Rückzugsort mit Spa

Baur au Lac Zeitlose Eleganz trifft Moderne

Paphos

Zürich

Das Almyra Hotel in Paphos empfängt anspruchsvolle Gäste mit Luxus, Stil und Erholung. Es bietet modernes Design inmitten mediterraner Vegetation direkt am Meer und ist unkompliziert über den Flughafen Paphos zu erreichen – perfekt also für einen Mädelsausflug. Im ALMYRASPA, einem Erwachsenen-Spa, erwarten Gäste moderne Behandlungen, gesundes Essen im Freien, Dampfbäder, große Pools und private Dachterrassen-Workouts. Für Shoppingbegeisterte führt die Almyra Boutique KULT Designer-Marken wie Gucci und Prada. Die fünf Restaurants des Hotels bieten zyprische Fusion-Küche mit frischen lokalen Produkten – von der entspannten Mosaics Frühstücksbar über Notios mit japanischmediterranen Gerichten bis zum Ouzeri, wo zyprische Spezialitäten und Ouzo am Meer serviert werden. Der Antasia Beach Club, am besten Strand von Paphos, hält für Hotelgäste Sonnenliegen bereit (Vorreservierung nötig), ideal, um tagsüber zu entspannen oder abends zu feiern.

Das Baur au Lac wurde 1844 von dem Österreicher Johannes Baur eröffnet und wird heute in der sechsten Generation von der Familie Kracht geführt. Im Herzen von Zürich, nur einen Steinwurf von der exklusiven Einkaufsmeile und bedeutenden kulturellen Attraktionen entfernt, gilt das Baur au Lac als eines der besten Hotels der Welt. Die Zimmer sind exklusiv, zeitlos und elegant, dennoch mit zeitgenössischen Akzenten, moderner Kunst und einer Prise Hollywood-Glamour ausgestattet. Sie bestechen durch den spektakulären Blick über den hoteleigenen malerischen Park und den schillernden Zürichsee mit Blick bis zu den Alpen. Die Zimmer werden jedes Jahr renoviert und im Sommer 2024 wird ein neues Restaurant eröffnet.

almyra.com

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bauraulac.ch


T RAU M H OT E LS

Puente Romano Historischer Charme und Luxus

Villa Igiea Neues Leben für Palermos Juwel

Marbella

Palermo

Das Puente Romano Marbella, 1974 als exklusive Residenz an der „Costa del Sol“ erbaut und von Prinz Alfonso von Hohenlohe initiiert, ist heute ein ikonisches Fünf-SterneResort, das als „Bestes Resort“ von Condé Nast Traveller ausgezeichnet wurde. Mit seiner historischen Römerbrücke, drei privaten Villen, 162 Suiten in botanischen Gärten, über zwanzig Restaurants und Bars inklusive NOBU und CIPRIANI sowie einem umfassenden Angebot an Wellness- und Sporteinrichtungen, darunter ein renommierter Tennisclub und ein Six-Senses-Spa, lockt das Resort Gäste aus der ganzen Welt an. Es bietet zudem spezielle Programme für Kinder und Teenager und liegt an Marbellas Goldener Meile, nahe dem Flughafen Malaga.

Die Villa Igiea, ein unter Denkmalschutz stehendes Anwesen mit 100 Zimmern und Blick über den Golf von Palermo, wurde im Juni 2021 von den Rocco Forte Hotels nach umfangreicher Renovierung neu eröffnet. Als sizilianisches Juwel der Hotelgruppe wurde der historische Jugendstilpalast unter Leitung von Olga Polizzi und in Zusammenarbeit mit Paolo Moschino sowie Philip Vergeylen von Nicholas Haslam Ltd. restauriert, wobei der Glamour des 19. Jahrhunderts erhalten blieb. Ursprünglich eine Privatvilla, transformierte sie der Architekt Ernesto Basile im Auftrag der Familie Florio in ein Luxushotel, das bald Adel, Würdenträger und Hollywood-Größen anzog. bit.ly/villa-igiea

puenteromano.com

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MAR B E L L A

Marina Canas lädt zur Verkostung in den Weinbergen von Cortijo Los Aguilares.

OBEN

Rund 150 Schweine leben auf dem Gelände des Weinguts.

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MAR B E L L A

Gaumenfreuden an der Costa del Sol Text & Fotos Susanne Freitag

Zwischen Marbella und Estepona bringen Hotelrestaurants und Weingüter geschmackliche Höhepunkte auf den Teller und Tavernen musikalische Leidenschaften auf die Bühne.

Von der Terrasse des Restaurants La Loggia im Anantara Villa Padierna Palace Benahavís Marbella Resort blicken die Gäste über einen der drei Golfplätze des Hotels und den See. Mittags steht das Restaurant ganz im Zeichen der Küche Málagas. Serviert werden alte Rezepte aus der Region, etwa Seeteufel-Gazpachuelo – eine cremige Suppe mit Kartoffelstückchen, Scampi und einem Hauch von Knoblauch – und aromatische blaue Fleischtomaten aus dem GuadalhorceTal. Und Naschkatzen können den Churros, ein Brandteiggebäck mit Schokoladensauce, nur schwer widerstehen. Glückliche Schweine und edle Tropfen Weinliebhaber zieht es dagegen in die Serranía de Ronda, eine der südlichsten Weinregionen Europas. Von Benahavís geht es anderthalb Stunden über eine

kurvenreiche Straße zum familiengeführten Weingut Cortijo Los Aguilares in der Nähe von Ronda. Auf dem 600 Hektar großen Gelände wird lediglich auf 25 Hektar Wein angebaut. Die restliche Fläche mit jahrhundertealten Steineichen und Buschland ist das Zuhause von 150 wildlebenden Iberico-Schweinen. Wer Glück hat, trifft sie auf einer der geführten Touren mit Marina Canas und Anna Rodríguez. Sie begleiten die Gruppen über Stock und Stein und versorgen sie mit Informationen über den Anbau und die Handlese von Merlot, Syrah, Tempranillo, Cabernet Sauvignon, Petit Verot und Pinot Noir. Die etwa acht Kilometer lange Wanderung endet mit einer Verkostung delikater Rotweine, Salami und Iberico-Schinken vor einem ehemaligen Banditenunterschlupf mitten in den Weinbergen.

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MAR B E L L A Blick vom Restaurant La Loggia auf Golfplatz und See des Anantara Villa Padierna Palace Benahavís Marbella Resorts.

Blaue Tomaten und leidenschaftlicher Flamenco.

Das flüssige Gold und die Seele Andalusiens Neben dem sonnenverwöhnten Rebensaft punktet die Region auch mit einer anderen Spezialität: Olivenöl – das flüssige Gold, das auf keinem Tisch der vielen Einkehrmöglichkeiten fehlen darf. David Gallardo produziert es für verschiedene Spitzenhotels und Gastronomen der Region und unterhält den kleinen Verkaufsladen D.Oliva in der Altstadt von Marbella. Auf Wunsch bietet er Verkostungen an, bei denen die Gäste lernen, dass extra natives Öl die Königin unter den Olivenölen ist und dass

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man für einen Liter Öl 25 Kilogramm grüne, aber nur fünf Kilogramm schwarze Oliven benötigt. Neben klassischen Ölen hat Gallardo auch 25 ausgefallene kreiert, etwa mit Zusätzen wie Tomaten und Basilikum, Wasabi, weißem Trüffel oder Carolina Reaper Chili – laut Gallardo „das wahrscheinlich schärfste Olivenöl der Welt“. Von Marbellas Altstadt geht es zurück in die „gastronomische Ecke der Costa del Sol“, wie die Gemeinde Benahavís auch genannt wird. Im Zentrum des gleichnamigen Bergdorfes finden sich unzählige Tapas-Bars und Restaurants,

darunter die Taberna Fantástica. In dem alten Herrenhaus serviert Küchenchef Aquiles Fernández lokale Spezialitäten wie geröstetes Brot mit Tomaten, cremige Kroketten und gebackene Blutwurst. Jeden Freitagabend bieten außerdem Juanjo Alcántara und Ana Guerrero mit ihrem Quartett eine leidenschaftliche Flamenco-Show.

anantara.com/de/villa-padierna-marbella cortijolosaguilares.com dolivaonline.com latabernafantastica.es


MAR B E L L A

Breviarium

FRANKREICH

Madrid PORTUGAL

SPANIEN

04

Estepona

Marbella

36° N 4° W visitcostadelsol.com

Unbedingt Probieren sollte man den traditionellen Ostern-Nachtisch Torrijas, eine Art Arme Ritter, die statt in Butter in Olivenöl ausgebacken werden. Für vier bis sechs Portionen braucht man Baguette oder Hefezopf vom Vortag, einen Liter Milch, vier Eier und extra natives Olivenöl. Zunächst werden die Brotscheiben ein paar Minuten in Milch eingelegt, dann in der Eiermasse gewendet und in der Pfanne ausgebacken. Am Schluss wendet man die Torrijas in einer Mischung aus Zucker und Zimt. Dazu passt Eiscreme, Honig oder Sirup.

Bloß nicht Zu viele Tapas bestellen! Auch wenn es reizt, so viele wie möglich der kleinen Köstlichkeiten zu probieren: Generell reichen zwei bis drei pro Person als Vor- und vier als Hauptspeise. Typisch spanisch ist das abendliche Tapas-Hopping von Bar zu Bar. Aber Vorsicht: Getrennte Rechnungen sind unüblich, besser, man teilt den Betrag.

Geheimtipp Ein echter Geheimtipp ist Ronda zwar nicht mehr, und auch wenn sie etwas von der Popularität aus den 1990er-Jahren eingebüßt hat, so ist sie immer noch sehenswert. Sie liegt an der Route der weißen Dörfer Andalusiens und auch die beiden anderen, Frigilina und Casares, sind nicht weit entfernt. Besonders sehenswert sind die 98 Meter hohe Brücke Puente Nuevo und die Stierkampfarena aus dem 18. Jahrhundert. spain.info/de/reiseziel/ronda

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Z AH L E N I N

Galaktische Abenteuer Text Charel Heinen

Weltraumtourismus: Nicht mehr nur ein Trip für Astronauten und Sci-Fi-Autoren, sondern eine echte Ticketoption – wenn auch (noch) für die eher besser betuchte Erdbevölkerung. Die Idee, dass man für ein kurzes Abenteuer im All nicht mehr die NASA anrufen muss, sondern einfach sein Sparkonto plündert, klingt fast zu kosmisch, um wahr zu sein. Und doch: Dank einer Handvoll visionärer Unternehmen ist der Sprung in die Schwerelosigkeit mittlerweile nur noch ein Ticket entfernt. Diese Pioniere, die „Galaktischen Sechs“, haben den Weltraumtourismus von einer Utopie in eine recht teure Realität verwandelt. Sie versprechen nicht nur kurzlebige Adrenalinstöße oberhalb der Kármán-Linie, sondern planen auch Ausflüge, die buchstäblich über den Mond hinausgehen. Stellen Sie sich vor: Sie, ja genau Sie, könnten in den exklusiven Club der Mondtouristen eintreten.

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Klingt nach einem teuren Spaß? Absolut. Aber wer hat gesagt, dass Sternenstaub billig ist? In einer Zeit, in der das Weltall nicht mehr nur Astronauten und Teleskopen vorbehalten ist, erleben wir eine galaktische Goldgräberstimmung. Der Kosmos öffnet seine Tore für die wagemutigen Seelen (eine exklusive Runde, zugegeben), die bereit sind, die Grenzen des Bekannten zu überschreiten. Ob diese Euphorie die Kosten für einen Trip ins All dem Boden näherbringt, steht in den Sternen. Bis dahin bleibt der Weltraumtourismus ein fesselndes Abenteuer für diejenigen, die träumen, weit über den Wolken zu schweben – mit einer Prise Abenteuerlust im Herzen.


Z AH L E N US-Dollar kostete ein Ticket bei Virgin Galactic im August 2023 für einen ca. 90 minütigen Flug ins All.

6

private Raumfahrtunternehmen* haben sich bis dato auf dem Markt für Weltraumtourismus eingenistet.

5

dieser Unternehmen planen bis 2030 touristische Flüge zum Mond.

I N

450.000 15

Minuten dauert im Durchschnitt ein suborbitaler Touristenflug.

2025 plant Space X, den ersten Weltraumtouristen zum Mond zu schicken.

36 % 100 90 %

der Teilnehmer einer Umfrage von „YouGov.de“ aus dem Jahr 2016 würden ins Weltall reisen, wenn Geld keine Rolle spielen würde.

Kilometer hoch liegt die sogenannte Kármán-Linie, die den Beginn des Weltraums definiert.

aller Weltraumtouristen erleben nach ihrer Reise den „Overview-Effekt“ – einen völligen Perspektivwechsel auf die Erde und die Menschheit.

8.000.000.000 US-Dollar ist der von Experten der Wall Street geschätzte gesamte Marktwert des Weltraumtourismus bis 2030.

* Blue Origin, Space X, Virgin Galactic, Axiom Space, Orbital Assembly und Zephalto

Quellen: tagesschau.de, tui.com, yougov.de, marketwatch.com, grandviewresearch.com, spacex.com, euronews.com

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MAL LO R CA

Bei einem Rundgang durch die Salinen zeigt Laura Calvo, wie Salz gewonnen wird. Die Salzfelder sind ein sensibles Ökosystem.

OBEN

Das kostbare Flor de Sal besteht aus blumenförmigen Kristallen. Viele Spitzenköche lieben das Salz aus Mallorca.

UNTEN

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MAL LO R CA

In Handarbeit: Meersalz und Weine auf Mallorca Text & Fotos Wibke Carter

Die Baleareninsel ist bekannt für ihre traumhaften Strände und ihr türkisfarbenes Wasser, aber auch für den Lärm am Ballermann und Touristenströme in Palma. Doch es gibt noch eine andere Seite – in Es Trenc zum Beispiel, wo in mühsamer Handarbeit Salz gewonnen wird.

„Archäologische Funde zeigen, dass auf Mallorca die erste Salzgewinnung im 4. Jh. v. Chr. während der antiken karthagischen Besiedlung stattfand, doch die meisten Funde stammen aus der Römerzeit“, sagt Laura Calvo. „Wir wissen, dass es auf der ganzen Insel Salzminen gab, aber heute betreiben wir mit den Salinas d’Es Trenc die einzigen auf der Insel.“ Salz ist nicht gleich Salz Die Salzminen befinden sich hinter dem langen weißen Sandstrand von Es Trenc, wo das Meerwasser landeinwärts durch einen Kanal zu natürlichen und künstlichen Teichen fließt. Dank des kristallklaren Wassers, der hohen Temperaturen und der sanften Brise während der langen Sommertage entsteht durch den Verdunstungsprozess in den riesigen „Pfannen“ reines, hochwertiges Salz.

Das ganz unten im Becken gewonnene sal communal wird nur industriell verwendet, zum Beispiel für die Herstellung von Spülmaschinensalz. Aus der mittleren Schicht stammt das normale Speisesalz oder sal marine virgen. Das ganz oben schwimmende und in den kleinsten Teichen gewonnene Flor de Sal (wie auch Fleur de Sel) besteht aus blumenförmigen Kristallen und wird von Hand gesammelt. Es handelt sich dabei um das reinste Salz und enthält mehr als achtzig Mineralien, es ist sehr gesund und wird gerne von Spitzenköchen zum Würzen verwendet. Es dauert ungefähr ein halbes Jahr, bis aus Wasser Salz wird, und wenn es so weit ist, dann türmt es sich in weißen Bergen gen Himmel. „An meinem zweiten Arbeitstag hatten wir einen starken Sommerregen. Ich dachte, wir gehen pleite“, lacht General Manager Wolfgang

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MAL LO R CA

Antonio „Toni” Gutmayer Mota. „Aber so leicht schmelzen die Salzberge nicht.“ Eine Tatsache, die auch der Werbeindustrie nicht entgangen ist: Im Hochsommer verwandeln sich die glitzernden Kristalle für Spots in „Schneegletscher”. Besucher von Es Trenc können neben der Salzgewinnung auch seltene Tiere und Pflanzen im Naturschutzgebiet Es Trenc Salobrar de Campos sehen. Rund um die Salinen hat sich ein einzigartiges Ökosystem mit 170 verschiedenen Arten entwickelt. Neben Fischadlern, Rohrweihen und Kranichen finden sich auch 400 wilde Flamingos, die in den Feuchtgebieten einen idealen Lebensraum für sich entdeckt haben. Der Salinenkrebs, der in hypersalinen Gewässern lebt, schmeckt den dünnbeinigen Bewohnern besonders gut und sorgt für die typische rosa Färbung ihres Gefieders. Wein zum Selbermachen Ungefähr dreißig Autominuten weiter nördlich liegt Can Feliu. Staubige Sandwege führen über sanfte Hügel hinauf zur Finca mit ihren weitläufigen Anbauflächen, wo Hähne über den gepflegten Hof stolzieren und die Gäste begrüßen. Seit 1999 bauen Carlos Feliu, ein studierter Agraringenieur mit einem Master in Önologie, und seine Frau Marta auf dem familiären Gut verschiedene Rebsorten an. „Wir stellten unseren ersten Wein, einen Cabernet Sauvignon, im Jahr 2003 her. Alle sagten, der Wein sei großartig. Vor zwei Jahren habe ich mit meinem Onkel eine Flasche dieses Jahrgangs aufgemacht und musste feststellen: Wir haben nichts gelernt. Dies ist immer noch der beste Wein“, schmunzelt Carlos Feliu. Daraufhin beschloss er, sich neues Wissen anzueignen, die Produktion zu verbessern und in moderne Technik zu investieren. Statt der anfänglichen 900 Liter werden mittlerweile 90.000 – darunter Merlot, Shiraz und balearischen Callet – auf Can Feliu produziert. Der Qualität der Lese hat das keinen Abbruch getan. Noch immer wird von Hand geerntet, das Gut verzichtet auf Pestizide sowie den

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MAL LO R CA

LINKS Pferde, Katzen und Federvieh tummeln sich auf dem Anwesen Can Feliu zwischen Weinreben und Olivenbäumen.

Merlot, Shiraz und balearischer Callet werden von Carlos Feliu auf seinem biodynamischen Weingut angebaut.

RECHTS

© Natxo Bassil

Die Trauben werden von Hand geerntet, auf Pestizide, Hefe und tierische Gelatine wird bei der Herstellung des Weins verzichtet.

UNTEN

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MAL LO R CA

Für das FERA-Restaurant wird von Can Feliu eigens hochwertiges Olivenöl hergestellt. © Natxo Bassil

Zusatz von Hefe oder tierischer Gelatine, verwendet eigenen Dünger und ist Demeter-zertifiziert. Wer auf den Geschmack gekommen ist, kann selbst zum Winzer werden. „In den Anfangsjahren wollte ich eigentlich keinen Wein machen und nur die Trauben verkaufen. Anfangs funktionierte das auch, aber eines Tages, kurz vor der Ernte, sprang der Käufer ab. Frustriert fuhr ich los und kaufte alle auf der Insel verfügbaren Edelstahltanks“, erklärt Carlos Feliu. Weinliebhaber suchen sich ihre eigenen Rebsorten unter Anleitung aus und verpflichten sich, mindestens ein Fass (ungefähr 200 Flaschen) abzunehmen, das dann auf Can Feliu bis zur Abfüllung

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lagert. Danach wird der Wein an die Besitzer versendet. Salz, Brot und Oliven In den Sommermonaten wird es trubelig auf der 26 Hektar großen Finca – dann stehen in kurzer Zeit Weinlese und Olivenernte an. Seit drei Jahren wird hier Olivenöl produziert und seit zwei Jahren auch Olivenblatttee nach dem Rezept eines alten Priesters, der diesen täglich trinkt. Einige Erzeugnisse des Weinguts werden nur auf Bestellung und in kleinen Mengen, wie beispielsweise für das Restaurant Fera in Palma, hergestellt. Dort steht seit 2017 der Österreicher Simon Petutschnig als Chefkoch und Miteigentümer höchst erfolgreich am Herd. „Eine Zutat, die in

meiner Küche nicht fehlen darf, ist mallorquinisches Olivenöl”, sagt der Kärntner. „Wir stellen unser eigenes aus der Sorte Arbequina her. Dazu reiche ich Salz, Brot, Oliven und Aioli und fertig ist der kleine Snack.” Der Trend zur Nutzung von lokalen Produkten (Kilometer-0-Bewegung) hat weltweit zugenommen – das FERA ist da keine Ausnahme. Zutaten wie Fisch und Meeresfrüchte werden auf dem bekannten Mercado del Olivar in Palma gekauft, Kräuter frisch in der Natur gesammelt und mallorquinische Besonderheiten wie Salicorn (Meeresspargel) oder Pinienzweige aufgetischt. Und das wichtigste Küchengewürz überhaupt kommt, wie sollte es anders sein, aus den Salinas d’Es Trenc.


MAL LO R CA

Breviarium

Pollença

Sóller

MALLORCA Palma Can Feliu

Salinas d’Es Trenc

39° N 3° O seemallorca.com

Unbedingt Einer der besten Tagesausflüge ist eine Fahrt mit dem berühmten restaurierten Zug von Palma nach Sóller. Die Strecke, die seit 1912 in Betrieb ist, führt durch die Berge der Serra de Tramuntana und endet im charmanten Städtchen Sóller. Nach Belieben lässt sich dieser Ausflug verlängern: Die historische Straßenbahn fährt durch Orangenhaine nach Port de Sóller. trendesoller.com

Bloß nicht Mallorca will weg vom Partyinsel-Image und hat in den letzten Jahren Gesetze zur Reduzierung des Alkoholkonsums erlassen. Alkohol trinken am Strand und auf der offenen Straße ist an der Playa de Palma mit einem Bußgeld von bis zu 3.000 Euro belegt. Bier, Wein, Sangria, Gin und Co. dürfen nach 21.30 Uhr in Läden oder an Automaten nicht mehr verkauft werden. Und es gibt vermehrte Einlasskontrollen am Ballermann.

Geheimtipp Das luxuriöse Son Brull Hotel & Spa liegt fünf Minuten von Pollença entfernt und hat nur 23 Zimmer. Das ehemalige Kloster aus dem 18. Jahrhundert garantiert dank seiner erhöhten Lage am Hang absolute Privatsphäre und einen Blick über ein grünes Tal. Aber auch wenn Sie nicht hier übernachten, lohnt sich ein Stopp: Im Restaurant 365 zaubert Andreu Segura mallorquinische Delikatessen. sonbrull.com

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R E Z E PT

So schmeckt Mallorca Mallorcas kulinarische Landschaft ist eine Vielfalt an Aromen, die von der abwechslungsreichen Geschichte und der mediterranen Umgebung der Insel geprägt sind. Die Gastronomie der Insel zeichnet sich durch eine Fülle von frischen lokalen Produkten, Meeresfrüchten und Fleisch aus, die mit den Kräutern und Gewürzen der Insel aromatisiert werden. Eine der bekanntesten und beliebtesten Delikatessen der Insel ist die Ensaïmada Mallorquina, ein Zeugnis der reichen Backtradition Mallorcas. Dieses leichte, luftige Gebäck, das sich durch seine charakteristische Spiralform und seine zarte Süße auszeichnet, wird aus Mehl, Eiern, Zucker und Schweineschmalz, dem so genannten Saïm, hergestellt. Ursprünglich wurde die Ensaïmada bei großen Festen und Feiern verzehrt. Inzwischen hat sie sich zu einem Symbol der mallorquinischen Identität und der kulinarischen Handwerkskunst entwickelt, das täglich von den Einheimischen genossen wird und bei den Besuchern sehr beliebt ist.

Ensaïmada Mallorquina 6 Personen 1 Stunde 20 Minuten

∙ 250 g kräftiges Weißmehl ∙ 80 g Zucker ∙ ca. 70 g Wasser ∙ 1 großes Ei (55 g) ∙ 25 g Schweineschmalz ∙ 7 g frische Hefe oder 2 TL Trockenhefe

∙ 200 g Schweineschmalz ∙

für die Füllung Puderzucker

Das Schmalz aus dem Kühlschrank nehmen und bei Raumtemperatur stehen lassen, während der Teig vorbereitet wird. 2 Mehl, Zucker, Wasser, 2 EL Schweineschmalz und Eier in die Rührschüssel der Küchenmaschine geben und den Teig etwa 30 Minuten mit dem Knethaken langsam kneten. Den klebrigen Teig während des Knetens von den Seiten und vom Knethaken abschaben. Wenn Sie mit den Händen kneten, lassen Sie den Teig zwischen den Knetvorgängen ruhen. Sobald der Teig ausreichend elastisch ist, die zerbröckelte frische Hefe hinzufügen und einige Minuten kneten, bis die Hefe eingearbeitet ist. 3 Den Teig zu einer Kugel formen und die Oberseite leicht einölen. In eine gut geölte Schüssel geben, mit einem feuchten Tuch oder Plastikfolie abdecken und mindestens eine Stunde lang ruhen lassen. 1

Um den Teig zu dehnen, benötigen Sie eine große, ebene, geölte Fläche. Den Teig aus der Schüssel nehmen und leicht plattdrücken. Mit einem leicht bemehlten Nudelholz den Teig zu einem 3-4 cm dicken Rechteck ausrollen. 5 Das Schmalz gleichmäßig auf dem Teig verteilen. 6 Den Teig weiter dehnen, indem Sie an den Rändern ziehen und dann Ihre Hand unter den Teig legen und ihn mit der Handfläche vorsichtig nach außen ziehen. Wenn der Teig dünn ausgezogen ist - er sollte glatt und fast durchsichtig sein -, vom längeren Ende her mit dem Einrollen beginnen, bis Sie eine gleichmäßige Rolle erhalten haben. 7 Ein flaches Blech einfetten oder mit Backpapier auslegen und die Rolle dann vorsichtig zu einer Spirale drehen. Darauf achten, dass zwischen den Rollen etwas Platz bleibt, da sie sich während der Gärzeit ausdehnen. Mit einem Tuch oder einer Plastikfolie abdecken und mindestens 12 Stunden, besser noch länger, gehen lassen. 4

Am nächsten Tag 1 Den Backofen auf 180 ºC vorheizen. Die Ensaïmada 20-30 Minuten backen, bis sie durchgebacken und goldgelb ist. Die Ensaïmada vom dem Blech nehmen und auf einem Gitterrost abkühlen lassen. Nach dem Auskühlen großzügig mit Puderzucker bestäuben.

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H Ö R I

Auf den Spuren des Künstlers Text & Fotos Annette Frühauf

Die beschauliche Halbinsel Höri liegt am Bodensee – zwischen Radolfzell und dem schweizerischen Stein am Rhein. Während des letzten Jahrhunderts bezauberte sie zahlreiche Künstler. Der Maler Otto Dix war einer von ihnen und blieb über dreißig Jahre lang – bis zu seinem Tod vor 55 Jahren.

Die Villa der Familie Dix liegt hoch über dem Untersee, dem kleineren Teil des Bodensees, umgeben von üppigem Grün. Von den Fenstern mit den weißen Sprossen blickt man bis zum gegenüberliegenden Steckborn am schweizerischen Ufer. Während der Sommermonate dümpeln Motor- und Segelboote vor dem kleinen Badeplatz, der unterhalb des Hauses liegt. Die Vögel zwitschern in den Bäumen, die tief verwurzelt dem Starkwind trotzen, der ab und zu über den See fegt. Die bunten Blumen sind die ersten Anzeichen des Sommers im Garten, der immer noch ganz ähnlich bepflanzt ist wie zu Zeiten der Familie Dix. Seit 2013 gehört das ehemalige Wohnhaus der Künstlerfamilie zum Kunstmuseum Stuttgart, das eine der weltweit bedeutendsten

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Dix-Sammlungen besitzt. Bei der Restaurierung wurde der Charakter der Räume erhalten, in denen Otto Dix mit seiner Frau Martha und den drei Kindern lebte. Im Musikzimmer im Erdgeschoss wartet der schwarze Flügel nur darauf, bespielt zu werden. Ess- und Wohnzimmer laden zum Verweilen ein – dank des Mediaguides tauchen Besucherinnen und Besucher in das Familienleben ein und lauschen beim Rundgang ihren Geschichten. Eine hölzerne Treppe führt in den ersten Stock, vorbei an Anita Berber. Das bekannte Bildnis der Tänzerin ist kein Original, denn das hängt im Kunstmuseum der Landeshauptstadt. Die Frau in Rot mit den eingefallenen Wangen wirkt ausgezehrt und unter dem Kleid zeichnet sich ihr magerer Körper ab. Dennoch


H Ö R I Kurz vor der Schweizer Grenze wird der See immer schmaler und geht in den Rhein über.

OBEN

Die Villa der Familie Dix ließ Martha bauen - dank einer Erbschaft.

UNTEN

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H Ö R I

LINKS Vom Esszimmer blickt man über den See und bis zum Schweizer Ufer.

Die Kinder durften ihrem Vater im Atelier Gesellschaft leisten.

RECHTS

Bei den Führungen in der Kirche in Kattenhorn geht es um die biblischen Motive der Fenster.

UNTEN

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H Ö R I zieht ihr Porträt die Blicke der Vorübergehenden auf sich. Die Reproduktionen der Originale, die einst die Wände des ganzen Hauses zierten, sollen als solche erkennbar sein. Damit die zeitliche Distanz zur Gegenwart deutlich wird, wirken die Bilder so, als hätten sie mit den Jahren einen farblosen Abdruck an der Wand hinterlassen. Auch das Atelier von Otto Dix, einer der bekanntesten Maler des 20. Jahrhunderts und wichtiger Protagonist der Neuen Sachlichkeit, erweckt mit den Malutensilien und der Staffelei den Eindruck einer kurzen Schaffenspause, als käme der Hausherr demnächst von einem Spaziergang durchs „Paradies“ zurück. Als „ein schönes Paradies, zum Kotzen schön“, bezeichnete Dix die Höri, wenn er wieder einmal sein Leben in Berlin vermisste, das er 1933 nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten für immer verließ. Versteckte Wandmalereien Neben dem Atelier befindet sich der Salon von Martha und im Stock darüber die Kinderzimmer von Nelly, Ursus und Jan. Bei den öffentlichen Führungen geht es auch in den Keller. Hier bemalten Dix und einige seiner Gäste wohl bei einem Fastnachtsfest die Wände. Die Figuren der alemannischen Fastnacht wirken so lebendig wie vor fast sechzig Jahren. Daneben sind Karikaturen von Freunden oder berühmten Persönlichkeiten zu sehen. Die Wandmalereien waren lange Zeit unbekannt, gut versteckt hinter Kellerregalen. Bei den Restaurierungsmaßnahmen wurden sie dann wiederentdeckt. Die Szenen zeugen von rauschenden Festen, die hier im Haus stattgefunden haben sollen – Dix’ Versuche, etwas Großstadtflair auf die Höri zu bringen. Sein Atelier in Dresden gab der in Gera geborene Künstler deswegen wohl niemals auf.

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H Ö R I

Der Schriftsteller und Nobelpreisträger Hermann Hesse verbrachte acht Jahre in Gaienhofen.

Nicht nur Otto Dix flüchtete vor den Nationalsozialisten auf die idyllische Halbinsel nahe der Schweiz. Der Maler Max Ackermann verbrachte die Kriegsjahre in Hornstaad, nachdem er in Stuttgart seinen Lehrauftrag verloren hatte. Der Brückemaler Erich Heckel kam 1944 auf die Höri und blieb wie Dix bis zu seinem Tod. Die Gräber der beiden befinden sich auf dem Friedhof in Hemmenhofen. Auch Hermann Hesse, Ludwig Finckh und Helmuth Macke lebten auf der Höri. Das Hesse Museum und der Garten des Mia-und-Hermann-Hesse-Hauses im benachbarten Gaienhofen, Richtung Radolfzell, können ebenfalls besichtigt werden. In Wangen, Richtung Schweizer

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Grenze, entführt das Archäologische Museum in die Kulturen des fünften bis ersten Jahrtausends vor Christus. Die Pfahlbauten, die hier gut verborgen im Wasser schlummern, gehören zu den ältesten am Bodensee und sind Teil des UNESCO-Weltkulturerbes. Knapp fünf Kilometer entfernt, weiter am Seeufer entlang, liegt Kattenhorn. Über dem mediterran anmutenden Ort liegt die evangelische Petruskirche, für die Otto Dix gleich mehrere Fenster mit biblischen Szenen gestaltet hat. Ihre Ausdruckskraft und Lebendigkeit ändern sich mit dem Einfall der Sonnenstrahlen. Kurz vor der Schweizer Grenze geht der See in den Rhein über. Auf einer kleinen In-

sel befindet sich hier das Kloster Werd, das durch einen hölzernen Steg mit dem Land verbunden ist – fernab vom Alltag. Die Mittelalterstadt Stein am Rhein gehört bereits zur Schweiz und ist bekannt für ihre prächtigen Fassadenmalereien an den Fachwerkhäusern. Die moralisierenden Szenen sind die frühesten erhaltenen Fassadenmalereien der Renaissance in der Schweiz. Wer seinen Blick hebt, schaut auf die Burgruine Hohenklingen, die 594 m hoch auf dem Schiener Berg thront. Der Bergrücken erstreckt sich über die ganze Höri. Gut vorstellbar, dass Otto Dix all diese Orte besucht hat – welcher wohl sein Lieblingsort am See gewesen ist?


H Ö R I

Breviarium

DEUTSCHLAND

Radolfzell

HÖRI

Schienen

Stein am Rhein

Horn

Hemmenhofen

BODENSEE

Öhningen

SCHWEIZ

47° N 8° O halbinsel-hoeri.de

Unbedingt Eines der Restaurants auf der Höri besuchen und die rote Höri-Bülle probieren. Die milde, aromatische Zwiebel wird traditionell auf der Halbinsel angebaut und ist eine von der EU geschützte Spezialität. Jedes Jahr wird am ersten Sonntag im Oktober in einem der Höri-Orte das Bülle-Fest gefeiert – zu Ehren der Zwiebel.

Bloß nicht Die zahlreichen versteckten Orte verpassen, wie die wildromantische Klingenbachschlucht, die sich am Ortsrand von Öhningen befindet. Oder den Ausblick vom Friedhof in Horn links liegen lassen. Von hier schweift der Blick über den Untersee bis nach Konstanz und die Schweizer Alpen. Auch nicht auslassen sollte man den Besuch im Falconera. Das mit einem Michelin-Stern ausgezeichnete Restaurant liegt etwas versteckt unterhalb des kleinen Örtchens Schienen. falconera.de

Geheimtipp Abtauchen und die Ruhe der Höri mit einem Wellnesstag krönen, beispielsweise beim Day-SPA im Hotel Hirschen in Horn, im Hotel Höri in Hemmenhofen oder in der Bora Sauna in Radolfzell. hotelhirschen-bodensee.de

hoeri-am-bodensee.de

bora-sauna.de

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R E Z E PT

So schmeckt Höri Die Bodensee-Region, ein Eldorado für Feinschmecker dank ihrer fruchtbaren Böden und des milden Klimas, ist die Heimat außergewöhnlicher Lebensmittel. Darunter ragt besonders die Kultzwiebel vom Bodensee hervor, die nicht nur durch ihre markante rote Farbe, sondern auch durch ihren ausgeprägten Geschmack besticht. Die Zwiebel trägt das EU-Gütesiegel „geschützte geografische Angabe“, und wird von den Bauern auf der Höri Halbinsel angebaut. Oft wird sie direkt am Stand am Straßenrand oder in den Hofläden verkauft. Es gibt sie auch als Souvenir, und zwar als geflochtenen Zwiebelzopf, und am ersten Oktober jedes Jahres findet das Büllefest statt. Dann gibt es Büllebrot, Büllesuppe, Büllemaultaschen oder herzhaften Kuchen mit Büllebelag.

Bülle-Dünne - Zwiebelkuchen 2 Personen 5 Minuten 10 Minuten

Für den Teig ∙ 350 g Mehl ∙ etwas Hefe ∙ 150 g lauwarmes Wasser ∙ 1–2 EL Öl ∙ etwas Salz Für den Belag ∙ 5–6 große Höri-Bülle (rote Speisezwiebel) ∙ 2 Eier ∙ 1 EL Mehl oder Speisestärke ∙ 2 EL Butter ∙ 200 g Sahne ∙ 200 g Schmand ∙ 1–2 EL gehackte Petersilie ∙ Salz ∙ Pfeffer ∙ Muskat

Mehl in eine Schüssel geben, eine Mulde formen und etwas lauwarmes Wasser zugeben und mit der zerbröselten Hefe mischen. 2 Den Vorteig etwa 15 Minuten gehen lassen. 3 Restliches Mehl, Wasser, Öl und Salz dazugeben und zu einem geschmeidigen Teig kneten. 4 Je länger der Teig geht, desto bekömmlicher ist er. 5 Zwiebeln in dünne Scheiben schneiden und in der Butter andünsten und würzen. 6 Die restlichen Zutaten mit den abgekühlten Zwiebeln mischen und auf ein mit dem Teig ausgelegtes Backblech geben. 7 Im vorgeheizten Backofen bei 250 °C 20–25 Minuten backen, dann mit Petersilie bestreuen und lauwarm servieren. 1

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I S TA N B U L

Natürlich erreicht man die asiatische Seite bequem mit der Marmaray, der unter dem Bosporus verlaufenden Bahn. Doch wer den wahren Zauber der Stadt atmen möchte, sollte die Fährschiffe nehmen.

OBEN

Ob Köfte-Burger, Auberginenröllchen oder Baklava: Istanbul ist die kulinarische Brücke zu wundervollen Geschmackswelten.

UNTEN

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I S TA N B U L

Istanbul – Poesie der Gaumenfreuden Text Joscha Remus

Die über wilde Hügel hindrapierte Stadt am Bosporus ist ein rauschendes Fest. Nirgendwo kann man sich schöner verlieren. Sei es in einem grünen Fischerdorf, einem Feinschmecker-Tempel oder aber auf einer Insel der Winde.

Ich schaue vom Galataturm übers Wasser hinüber zum Lichterteppich des asiatischen Ufers von Kadıköy, dem Stadtteil der Blinden, wie er in einer Legende genannt wird. In der Ferne verschmelzen die Hügel, die Moscheen, die Bäume und Minarette in der Dämmerung miteinander und erscheinen im Kontrast der untergehenden Sonne als rostrot illuminierter Scherenschnitt. Über dem glitzernden Wassertuch des Goldenen Horns erscheint der Himmel wie eine in Flammen gesetzte Bühne. Istanbul, du Schöne. Die Stadt am Bosporus ist voller Magie und Zauber. Bereits die Winde der Stadt erscheinen einem Lyrikband entnommen. Im August gibt es den Wind der Störche. Es gibt den Wind der Kastanien, den der Amseln, der Makrelen und im Herbst dann

auch den Wind der Weinlese. Mein Liebling aber ist Yıldız – der Sternenwind –, ein freiheitsliebender Wind, der auch Hüzün – einen melancholischen Weltschmerz – verursachen kann. Yildiz, der an den riesigen Reklametafeln zu rütteln vermag wie ein wildes, eingesperrtes Tier. Sternenwind! Wenn schon die Winde wie Wunder klingen, darf es nicht erstaunen, dass auch die kulinarischen Köstlichkeiten Istanbuls verheißungsvolle Namen tragen. Feenseide und der verzauberte Bauchnabel Die Food-Autorin Refika Birgül empfing mich einst auf der Galatabrücke mit einem Lächeln und einer Süßspeise, die sie die betrunkene Fee nannte. Es handelte sich um eine Variation des Gerichts,

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I S TA N B U L

dessen deutsche Ingredienz Zuckerwatte vom im Türkischen verwendeten Begriff Pișmaniye – Feenseide – locker in den Schatten gestellt wird. Meine Geschmacksknospen erinnern sich an das geminzte Nussbutter-Lamm, das – wie mir Refika sagte – in einem Kampot-Pfefferboot schläft. Nun traf ich in diesem Frühling die Poetin und Künstlerin Yeșim Ağaoğlu, die mir neue kulinarische Überraschungen zeigte und mich durch den Stadtteil Yeșilköy führte. Yeșilköy ist ein am Meer gelegener Stadtteil, bei dem man sich fragt, warum all die schönen historischen Holzhäuser und günstigen Fischrestaurants noch nicht längst von den Touristen geflutet wurden. Es ist März und keine fremde Seele ist zu sehen. Yeșilköy bedeutet übersetzt Grünes Dorf und ich staune mich durch die Speisekarten. Womit beginnen? Wie wäre es mit: Der verzauberte Bauchnabel oder der Iman fiel in Ohnmacht, ein köstliches AuberginenGericht, das im Türkischen Iman Bayıldı heißt. Ein Vorbeter soll beim Verzehr einst aufgrund des überaus betörenden Geschmacks mit einem Lächeln auf den Lippen sein Bewusstsein verloren haben. Aromen wie auf fliegenden Teppichen Natürlich verfolgt einen in Istanbul, diesem über sieben Hügel hingeworfenen Häuserteppich, das Thema Essen und Trinken auf Schritt und Tritt. Bereits frühmorgens wehen mir die Düfte der Kastanienröster in die Nase. Für mich ist es zu einem hübschen Ritual geworden, vor dem Frühstück erst einmal zum Sesamkringelverkäufer am Stand in Kumkapı zu schlendern, der direkt am Meer sein hübsches, rotweiß lackiertes Glaswägelchen aufgebaut hat. Fliegende Händler spielen mit der Gunst des Augenblicks und bieten an der Wasser-Allee ihre AuberginenFeigengerichte oder Sürprizli Lokma –

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I S TA N B U L LINKS Einladende Auslage mit Meeresfrüchten im ehemaligen Fischerdorf Yeșilköy.

Neben osmanischen Holzhäusern bietet Yeșilköy auch mediterrane Villen.

RECHTS

Kleine Dörfer, Parkanlagen, Palmen, Villen und Paläste säumen die Ufer am Bosporus.

UNTEN

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I S TA N B U L

Die Zeitschrift Yemek ve Kültür, also „Essen und Kultur“, bietet historische und aktuelle Einblicke in orientalische Gourmetwelten.

OBEN

LINKS Früchte - wie für ein Gemälde liebevoll arrangiert.

Nahe dem Taksim-Platz findet man süße Sünden, wohin das Auge reicht.

RECHTS

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I S TA N B U L fritierte Backwaren – an. Wie auf kleinen fliegenden Teppichen schweben diese Köstlichkeiten samt ihren orientalischen Aromen auf kleinen Tellern an mir vorüber zu den Gästen der Strandbar. Worin die türkische Küche wirklich unschlagbar ist, sind die meze – die Amuse-Bouches. Die Poetin Yeșim nennt mir die schier unglaubliche Summe von 1.515 türkischen Vorspeisen, die auch im Guinnessbuch der Rekorde zu finden sind. Wer einmal kabak kızartması, frittierte Auberginenscheiben mit Knoblauchjoghurt, yaprak dolması, gefüllte Weinblätter, oder haydari, Püree aus Spinat, Schafskäse und Joghurt, probiert hat, glaubt sich in einem kulinarischen Märchen aus 1.001 Nacht. Abgerundet wird der Traum für mich gerne durch einen frisch gemachten Joghurtdrink, zum Beispiel einen kühlen Mango-Ayran. Der Mann, der im Ofen geboren wurde Ich sitze mit Musa Dağdeviren in seinem Restaurant Ciya im asiatischen Stadtteil Kadiköy über einer Ausgabe des von ihm gegründeten Gourmet-Magazins Yemek ve Kültür. Das Gourmet-Magazin (dt. Essen & Kultur) stellt monatlich ausgefallene Gerichte, seltene Kulturpflanzen und uralte historische Rezepte vor. Musa, der nach eigener Aussage quasi in einem Ofen geboren wurde, also bereits in einem Restaurant aufgewachsen ist, ärgert sich über prüde konservative Kräfte, die jahrhundertealte Namen für türkische Gerichte gerne abschaffen würden. Das traditionelle Gericht die Lippen der Geliebten soll, so Musa, nun zukünftig als Mond-Nachtisch auf den Speisekarten stehen. „Aber weißt du, ein lachender Essigverkäufer macht bessere Geschäfte als ein Honigverkäufer mit saurem Gesicht.“ Also macht auch Musa fröhliche

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Der Weizen-Keșkek im Restaurant Ciya. Das türkische Gericht zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Miene zu diesem kuriosen Namensspiel und bietet einfach weiterhin ein Gericht an, das als köstlicher Frauen-Bauchnabel die Rangliste der Desserts ganz oben anführt. Ich erzähle ihm von meiner neuesten Entdeckung, einem tscherkessischen Huhn mit Walnüssen (çerkez tavuğu) und Musa strahlt über das ganze Gesicht. Er lässt mich eine neue Kreation einer traumhaft guten Mangold-Bulgur-Sarması verkosten und serviert dann persönlich ein Gericht, das er als das Rezept der

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alten Jungfrau anpreist. Ein mit sonnengetrocknetem Gemüse verzauberter Auflauf. Natürlich bietet Musa zu all seinen Köstlichkeiten gerne auch eine schöne Geschichte als Beilage an. So erzählt er mir von Carlo Petrini, dem Slowfood-Begründer, der einst Stammgast im Ciya war und sich nicht satt sehen, riechen und schmecken konnte an all den traditionellen gesunden und köstlichen Gerichten, die auch ich nun gerne noch im Laufe meines Aufenthalts genießen werde: Fukara köftesi – Bulgurbällchen mit Baumnüssen,

Kreuzkümmel, Tomaten, Chili und Minze oder Musas Kirsch-Kebab mit Granatapfelkernen und geschmortem Lamm mit Quitten. Viel Spaß bei der poetisch-kulinarischen Genussreise durch Istanbul und Afiyet olsun – guten Appetit! Adresse Das Restaurant Ciya Sofrası des Starkochs Musa Dağdeviren mit seinen drei Filialen finden Sie in der Güneşli Bahçe Sk. 43 im Stadtteil Kadıköy. Metrostation: Kadiköy.


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Breviarium

GEORGIEN

Istanbul ARMENIEN

Ankara IRAN

TURKEI

SYRIEN

IRAK

41° N 28° O istanbul.goturkiye.com

Unbedingt Neben dem im Text erwähnten Stadtteil Yeșilköy, der übrigens bequem mit der unter dem Bosporus durchführenden Metro namens Marmaray zu erreichen ist, sollte man auch dem deutsch-türkischen Buchcafé nahe des Tünel unbedingt einen Besuch abstatten. Man findet diese tolle Kombi aus Kaffee, Apfelkuchen und Büchern nur wenige Schritte von der Metrostaion Șișhane entfernt in der Hauptstraße İstiklâl Caddesi: Türk Alman Kitabevi & Cafe.

Bloß nicht In manchen Restaurants Istanbul werden keine alkoholischen Getränke angeboten. Der Vorteil: Diese Restaurants sind durchgehend günstiger als die oft überteuerten Lokale, in denen auch Wein, Bier und Whiskey angeboten werden. Also keinesfalls einfach in irgendein Restaurant gehen und sich dann dort darüber empören, wenn keine Weine angeboten werden. Vorab einfach klug machen! Meiden sollte man übrigens AbendRestaurants, die an aufwändiger Lichtreklame nicht sparen und vor denen man aufdringlich angesprochen wird.

Geheimtipp Was wäre ein Besuch Istanbuls ohne einen Besuch des versunkenen Palastes und der Prinzeninseln? Die größte der Inseln im Marmarameer namens Büyükada erreicht man mit einer Fähre (Abfahrt in Kabataș) in 75 Minuten. Eine Kutschfahrt auf der autofreien Insel Büyükada ist ebenso empfehlenswert wie der Besuch des dortigen größten Holzhauses der Welt. Der versunkene Palast heißt auch Yerebatan-Zisterne und besticht durch seine 2.500-jährige Geschichte, seine atemberaubende Architektur und eine einmalige Illumination der unterirdischen Säulen- und Wasserwunder.

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So schmeckt Istanbul Dieses traditionelle Gericht aus Weizen und Fleisch wird häufig bei Hochzeiten und Beschneidungszeremonien serviert. Für dieses türkische Gericht können Sie Lamm, Rind oder Huhn verwenden. Bei der Auswahl von rotem Fleisch ist jedes Teilstück geeignet, besonders schmackhaft ist das Gericht jedoch, wenn Sie das Nackenstück verwenden. Gekocht in Fleischbrühe und serviert mit langsam gegartem Lammfleisch, gewürzt mit einer würzigen Butter aus Kreuzkümmel und Paprikaflocken, verdient das gemütliche Haferschleimgericht einen Platz in jeder Winterküche.

Keșkek - Traditioneller türkischer Weizeneintopf mit Fleisch 4 Personen 2 Stunden 2 Stunden

∙ 600 g vorgekochter Lammnacken* ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙

oder gleichwertige Stücke 250 g eingeweichter Aşurelik buğday (geschälter Weizen) 1,5 l heißes Wasser 500 ml Knochen-/Fleischbrühe 1 EL Salz 100 g Butter Pul biber / Aleppo-Pfefferflocken gemahlener Kreuzkümmel Zitronensaft

* Das Fleisch zusammen mit dem Gemüse (Knollensellerie oder Staudensellerie, in große Stücke geschnittene Karotten und Zwiebeln sowie Zwiebelspalten zusammen mit einigen Knoblauchzehen, Pfefferkörnern und einem Lorbeerblatt) in einen Slow Cooker oder Dutch Oven geben und die niedrigste Temperatur einstellen. Wenn das Fleisch am Knochen etwa 10–12 Stunden lang gekocht hat, wird es sehr zart und löst sich vom Knochen. Es entsteht auch eine sehr schmackhafte Brühe.

Den eingeweichten Weizen, das heiße Wasser und die Brühe in einen großen Topf mit Antihaftbeschichtung geben, abdecken, zum Kochen bringen und auf kleiner bis mittlerer Flamme 1,5 bis 2 Stunden kochen lassen (nach der Hälfte der Zeit umrühren). 2 Den Brei salzen bei sehr schwacher Hitze kräftig umrühren, bis er die gewünschte Konsistenz erreicht hat (ein dicker, klebriger und cremiger Brei, bei dem die Körner ganz und weich bleiben). 3 Das vorgekochte Fleisch erwärmen (oder in den Brei mischen). 4 In einem kleinen Topf/einer kleinen Pfanne die Butter schmelzen und eine gute Prise Kreuzkümmel und die Paprikaflocken einrühren. 5 Zum Anrichten auf jeden Teller ein Bett aus Weizeneintopf geben, das Fleisch darauflegen, mit der würzigen Butter übergießen und vor dem Servieren großzügig mit Zitronensaft beträufeln. 1

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KO LU M B I E N

Die große Kolumbien-Reise Text & Fotos Philippe Bourget

Berge, Ebenen und Wälder, Karibisches Meer und Pazifischer Ozean: Kolumbien ist ein Land voller Kontraste. Fernab vom Stigma der Unsicherheit, das ihm anhaftet, machen präkolumbianische Ruinen, Kaffeeplantagen und Kolonialstädte die Entdeckungsreise durch dieses vielfältige, gastfreundliche Land zum Erlebnis.

Eine Reise durch Kolumbien? Nein, mehrere! Wie sonst sollte man der enormen geografischen und kulturellen Vielfalt dieses Landes gerecht werden? Ganz klar: Kolumbien lässt sich nicht an einem Tag entdecken. Im Südosten ist der Amazonas ein Reiseziel für sich. Die weiten Ebenen der Llanos sind ein „Wilder Osten“, der die Herzen aller Abenteurer höherschlagen lässt. Auf einer Reise die Karibik und den Pazifischen Ozean sehen? Möglich, aber kompliziert. Wer sich jedoch mindestens zwei Wochen Zeit nimmt, kann die Highlights dieser Destination kennenlernen, die sich auf einer Nord-Süd-Achse an die drei Kordilleren des Landes anschmiegen. Vom Departamento del Cauca im Süden bis nach Cartagena am Karibischen Meer vereinen die Hänge der West-, Zentral- und Ostkordillere und die Täler, die

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sie trennen, nicht nur den Großteil der Bevölkerung, sondern auch die wichtigsten Sehenswürdigkeiten des Landes. Berge, Flüsse (der Río Magdalena und der Río Cauca), Wüsten, Wälder, Kaffeeplantagen, präkolumbianische Ruinen, Kolonialstädte ... Das Land gewährt Reisenden auf diesem breiten Streifen einen intimen Blick hinter die Kulissen. Geheimnisvolle Steinskulpturen in San Agustín Los geht es im Süden. Dort, wo sich die Überreste der präkolumbianischen Zivilisationen befinden. Der archäologische Park San Agustín im Departamento del Huila ist Teil des Weltkulturerbes der UNESCO und beherbergt auf einer Fläche von fast 80 Hektar Grabskulpturen, die halb Mensch, halb Tier sind. Die ältesten stammen aus der Zeit um 3000 v. Chr., die


KO LU M B I E N Der Berg des Vulkans Puracé auf der Straße von San Agustín nach Popayán, zwischen den Departements Huila und Cauca im Süden des Landes.

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LINKS

Die Skyline von Cartagena.

Präkolumbianische Grabstelen im Archäologischen Park von San Agustín, im Süden des Landes.

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KO LU M B I E N

LINKS Ein Chiva, ein traditioneller kolumbianischer Bus.

Sortieren von Kaffeebohnen auf der Finca La Cabaña im Departemento del Huila im Süden des Landes.

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Popayán, die „weiße Stadt“.

UNTEN

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KO LU M B I E N jüngsten wurden einige Jahre vor der Ankunft der Spanier errichtet. In San Agustín zeigt sich Kolumbien auch von seiner theatralischen Seite. In dieser kleinen Stadt in 1.700 Metern Höhe kommen die Menschen abends wie zu einem bunten, lauten Ballett in den schachbrettartigen Straßen zusammen, die von Geschäften und farbenfrohen Wohnhäusern gesäumt sind. Ponchos, Motorräder mit drei Passagieren, Chivas (lokale Busse) mit brummenden Motoren ... Der Charme von San Agustín ist allgegenwärtig. Die umliegende Natur kann sich ebenfalls sehen lassen. So zum Beispiel auf der Finca La Cabaña von Luis Alejandro, einer Kaffeeplantage. Seit über einem halben Jahrhundert baut die Familie an feuchten Hängen die Arabica-Kaffeesorten Geisha, Bourbon und Catura an. Die roten Beeren aus biologischem Anbau werden noch immer von Hand gepflückt. Und dann ist da auch noch die wilde, ungezähmte Natur: die Kandelaberkakteen in der Tatacoa-Wüste, der Río Magdalena mit seiner tiefgrünen Umgebung und die unendlichen Weiten der Kordilleren mit ihren kunterbunten Kolibris. Popayán, die weiße Stadt Fünf Stunden mit dem Bus dauert es von San Agustín nach Popayán. Eine unerbittliche Reise über schlechte Straßen, die jedoch einige Highlights bietet. So zum Beispiel die Überquerung des Río Mazamorras in über 3.000 Metern Höhe. Auf beiden Seiten des tiefen Canyons lauert der dichte, geheimnisvolle Wald, in dem Tapire und Brillenbären leben. Etwas weiter thront der kahle Kamm des Vulkans Puracé über einer Heide voller Frailejon, einer dickblättrigen Hochlandpflanze. Am Ende dieser langen Reise ist die Freude über die Ankunft in Popayán groß. Die Hauptstadt des Departamento

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KO LU M B I E N

del Cauca ist ein perfektes koloniales Rechteck. Ihre makellos weißen Häuser haben ihr den Beinamen „weiße Stadt“ eingebracht. Die Stadt ist religiös und konservativ. Hier wimmelt es geradezu von Kirchen und ehemaligen Klöstern, von denen einige heute Universitäten beherbergen. Popayán ist eine der größten Studentenstädte des Landes. Auf der Reise gen Norden ist ein Zwischenstopp in Cali, der Welthauptstadt des Salsa, angesagt. Und auch ein Halt in Bogotá darf nicht fehlen. In 2.600 Metern Höhe erstreckt sich die Hauptstadt weit über den Cerro de Monserrate hinaus. Die dortige Kirche und die Panoramaterrassen ziehen sonntagmorgens stets zahlreiche Rolos (Einwohner Bogotás) an, die diesen frommen Hügel mit der Standseilbahn erklimmen. Zwei Tage in dieser Megametropole lassen ausreichend Zeit, um sich in La Candelaria, dem Szene- und Streetart-Viertel der Stadt, umzusehen. Auf dem Markt von Paloquemao gibt es zudem eine große Auswahl von lokalen Produkten zu entdecken. Ebenso bietet sich ein Besuch in den Museen Museo del Oro (Goldmuseum) und Museo Botero an. Medellín und der ewige Frühling Im weiteren Verlauf der Strecke lädt Medellín für eine oder zwei Nächte zum Verweilen ein. Diese Stadt ist nicht nur als Heimat des berüchtigten Drogenbarons Pablo Escobar bekannt, sondern trägt dank des angenehmen Klimas der Zentralkordillere auch den Namen „Stadt des ewigen Frühlings“. Mit ihren Seilbahnen, die in die oberen Stadtviertel führen, dem Kunstmuseum Antioquia und dem historischen Zentrum weiß Medellín seine Besucher zu verzaubern. Die Altstadt, die derzeit renoviert wird, ist tagsüber voller Leben, abends aber eher unsicher. Der Norden zeigt sich auch an der Ostkordillere von einer besonders schönen Seite, wie im 320 km von Bogotá entfernten Barichara. Träfe man dort keine Touristen, so könnte man meinen, dass sich in diesem erdfarbenen Dorf

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KO LU M B I E N Blick auf Bogotá vom Monserrate-Hügel aus.

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LINKS Stand mit Avocados (Größe XL!) auf dem PaloquemaoMarkt in Bogotá.

Die Botero-Sammlung im MAMU (Museo de Arte Miguel Urrutia) in Bogotá.

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Barichara, eines der schönsten Kolonialdörfer Kolumbiens.

Landschaft in Barichara.

mit seinen steilen, gepflasterten Straßen seit 1705 nichts verändert hat. Dasselbe gilt für Villa de Leyva. Hier gibt es den größten quadratischen Platz des Landes zu bestaunen, der von niedrigen Gebäuden umgeben ist, sowie unzählige Kolonialhäuser mit Innenhöfen, in denen sich heute Hotels, Restaurants und Cafés befinden. Und dann – endlich – Cartagena.

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Diese eher karibisch als kolumbianisch anmutende Stadt am Meer setzt dieser außergewöhnlichen Reise die Krone auf. Die von Mauern umgebene Altstadt, gegründet im Jahr 1533, kommt mit niedrigen Häusern, altehrwürdigen Villen, blumengeschmückten Plätzen, Kirchen, Arkadengalerien und Boutique-Hotels daher. In der Nähe des Mejía-Theaters,

im Innenhof eines ehemaligen Klosters, der nun zur Universität gehört, lädt das Grab des großen kolumbianischen Schriftstellers García Márquez zu einem Moment der Stille ein. Die Aufdringlichkeit der Straßenverkäufer kommt da etwas ungelegen ... Neben den schlechten Straßen ist dies der einzige Wermutstropfen des Aufenthalts.


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Breviarium

Cartagena

VENEZUELA

PANAMA

Barichara Medellín

Bogotá KOLUMBIEN Popayán San Agustín

4° N 74° W colombia.travel/de

BRASILIEN

ECUADOR

PERU

Unbedingt Das Museo Botero in Bogotá ist absolut sehenswert. Es befindet sich im MAMU (Museo de Arte Miguel Urrutia) und wurde zu Lebzeiten des Künstlers gegründet. Es umfasst 123 Gemälde und Skulpturen von Fernando Botero sowie 85 Werke aus seiner Privatsammlung. Mit dabei sind Großmeister wie Picasso, Monet, Miró, Bacon, Calder, Giacometti, Chagall, Renoir, Klimt. banrepcultural.org/bogota/museo-botero

Bloß nicht Die Grenzgebiete zu Ecuador und Venezuela, Regionen, in denen Schmuggel aller Art betrieben wird. Einige Viertel sollten tagsüber oder abends aus Sicherheitsgründen ebenfalls nicht besucht werden. Wer sich an die Empfehlungen hält, wird keinerlei Probleme haben.

Geheimtipp Gutes Essen darf auf dieser Reise natürlich nicht fehlen. Besonders zu empfehlen ist das vielfältige, teils unbekannte Obst (XXL-Avocados, Guánabanas, Feijoas, Lulos, Tamarillos), gegrilltes oder geschmortes Fleisch sowie Flussforellen. Reis, schwarze Bohnen und Kochbananen gehören ebenso auf den Speiseplan wie Arepas (Maisfladen). Getrunken werden gerne Fruchtsäfte, Agua de Panela (Wasser mit Rohrzucker) und das „Nationalbier“ Aguila.

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So schmeckt Kolumbien Die Küche Kolumbiens ist ein faszinierender Ausdruck der kulturellen Vielfalt des Landes, geprägt durch eine Vermischung von indigenen Traditionen, spanischen Einflüssen und afrikanischen Elementen, die sich im Laufe der Jahrhunderte zu einer einzigartigen kulinarischen Identität verschmolzen haben. Diese Vielfalt spiegelt sich in einer breiten Palette von Gerichten wider, von den küstennahen Ceviches bis hin zu den herzhaften Eintöpfen der Andenregion. Arepas, ein grundlegendes Element der kolumbianischen Küche, dienen hierbei als kulinarisches Symbol der Einheit, indem sie in nahezu jedem Teil des Landes mit lokalen Variationen genossen werden. Neben den Arepas bereichern andere Spezialitäten wie Bandeja Paisa, Sancocho und Empanadas die Geschmacksvielfalt Kolumbiens, die zusammen ein lebhaftes Mosaik regionaler Geschmäcker bilden.

Arepas 10 Stück 20 Minuten 10 Minuten

∙ 300 g vorgekochtes ∙ ∙ ∙ ∙

weißes Maismehl (Masarepa, Harina P.A.N.)* 500 ml warmes Wasser 1 TL Salz Butter oder Öl (Avocado, Kokos) zum Braten Käse (optional, für die Füllung)

* Erhältlich in Latinooder Asiashops oder online

Das Maismehl, warmes Wasser und Salz in einer großen Schüssel vermischen, bis ein glatter Teig entsteht. Es wird empfohlen, den Teig 5 bis 10 Minuten ruhen zu lassen. Der Teig soll feucht, aber nicht klebrig sein. Je nach Bedarf etwas Wasser oder Mehl für die richtige Konsistenz hinzufügen. 2 Den Teig in gleich große Portionen teilen und jede Portion zu einer Kugel formen. Anschließend jede Kugel zu einem etwa 1,2 cm dicken Fladen drücken. 3 In einer Pfanne etwas Butter oder Öl auf mittlerer Stufe erhitzen. Die Arepas von jeder Seite etwa 5–7 Minuten braten oder bis sie goldbraun sind und eine Kruste aufweisen. 4 Die Arepas werden warm serviert. Optional können sie aufgeschnitten und mit Butter, Käse, Frischkäse, Bohnenmus, Avocado oder oder nach Belieben gefüllt werden. 1

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Das Herausbrechen der Schwefelbrocken in den beißenden Dämpfen des Vulkans ist laut den Bergmännern der schwierigste Teil ihrer Arbeit, das mühevolle Abtransportieren im Vergleich wesentlich angenehmer.

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Nur wenige der Arbeiter leisten sich den Luxus einer Gasmaske, denn sie bekommen kein Arbeitsmaterial oder Schutzkleidung von den Betreibern der Mine zur Verfügung gestellt.

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Höllische Minen Text & Fotos Laurent Nilles

Der Osten der indonesischen Insel Java ist Vulkanland. Im Krater des Ijen befindet sich eine der letzten aktiven Sulfurminen der Welt, wo das gelbe Mineral unter schwierigsten Bedingungen von Hand abgebaut wird. Wir begleiten die Minenarbeiter einen Tag lang und erleben den wohl härtesten Job Indonesiens mit eigenen Augen.

Beißender Schwefeldampf jagt mir Tränen in die Augen und der penetrante Geruch von faulen Eiern steigt mir in die Nase. Trotz Atemschutzmaske spüre ich schon nach wenigen Minuten, wie die giftigen Gase mir die Schleimhäute reizen und den Hals austrocknen. Jumanto lacht. Seit zwanzig Jahren schon baut er Schwefel in den Minen des Ijen-Vulkans ab, die stinkenden Dampfschwaden sind für ihn Alltag. Auf eine schützende Maske verzichtet er: „Zu teuer!“ „Gold des Teufels“ nennen die Einheimischen das gelbe Mineral und ein Besuch im Osten der indonesischen Insel Java lässt ahnen, wie der Name entstanden sein mag. Im Krater des Vulkans erstreckt sich eine existenzfeindliche Geröllwüste, eingehüllt in den fahlen ät-

zenden Atem des Berges. Der paradiesisch anmutende See im Innern des Vulkankraters verlockt zwar auf den ersten Blick zum Baden, doch Satan ist listig und der schöne Schein trügt. Das türkisblaue Wasser ist durch die ständigen Zuflüsse an flüssigem Schwefel hoch säurehaltig, ätzender als Batterieflüssigkeit und definitiv nicht zum Schwimmen geeignet. Schwerstarbeit Pflanzliches oder gar tierisches Leben suche ich im Krater vergeblich, nur die Menschen sind mutig, gierig, verzweifelt oder vielleicht auch dumm genug, um den schädlichen Ausstößen der Unterwelt zu trotzen. Höllisch schwer ist tatsächlich der Job der Bergmänner. Als einziges Zugeständnis an die Moderne wurde ein Sys-

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tem aus Keramikrohren installiert, welche die vulkanischen Dämpfe aus den Fumarolen leiten und die Kondensation der Sulfurgase beschleunigen. In dicken Schichten kristallisieren diese am Ausgang der Rohre, wo die Männer die glühend heißen Brocken festen Schwefels mit bloßen Händen oder einer rostigen Eisenstange abbrechen. Im dichten Nebel der giftigen Gase, die nackten Füße in billigen Plastiksandalen, ohne Schutzkleidung, nur wenige mit Atemmaske, füllen sie ihre einfachen Bastkörbe mit dem Gestein. Mit dem Abbau des Schwefels im Innern des Kraters ist die Arbeit jedoch noch längst nicht getan. Bezahlt werden die Minenarbeiter erst, wenn sie das Sulfur an der Wiegestation, drei Kilometer von der Mine entfernt, am Fuß des Vulkans abliefern. Für den längsten Teil des Weges behelfen die Männer sich mit Handkarren, um ihre Ausbeute talwärts zu befördern. Doch zuerst müssen sie die gefüllten Körbe mühsam über einen engen, steilen Pfad von der Mine bis zum dreihundert Meter höheren Kraterrand schleppen. Auf halbem Weg nach oben begegne ich Supeno, der kurz rastet. Er zeigt mir die tiefen Narben auf seinen Schultern, die von der jahrelangen Schwerstarbeit zeugen: „Als ich jünger war, konnte ich bis zu hundert Kilo Schwefelsteine in den Körben tragen. Heute schaffe ich nur noch achtzig.“ Neue Möglichkeiten Jedes Kilo zählt, denn die Entlohnung der Arbeiter wird nach Gewicht berechnet. Tausend Rupien, umgerechnet knapp sieben Cent, bekommen sie pro Kilo Sulfur. Zweimal pro Tag machen die Bergmänner die beschwerliche Tour zur Mine und können so bis zu fünfzehn Euro verdienen – vergleichsweise viel Geld in der Region, wo der Durchschnittslohn weniger als zweihundert Euro monatlich beträgt. In der benachbarten Fabrik werden die Schwefelstücke von Verunreinigungen befreit und anschließend weiterverkauft. Der Schwefel aus den Minen des Ijen kommt unter anderem in der Produktion von Zucker, Streichhölzern und Gummireifen zum Einsatz.

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J AVA LINKS Teils mit bloßen Händen brechen die Männer das noch heiße Gestein ab.

Als dünne Plättchen verlässt der von Unreinheiten befreite Schwefel die Fabrik.

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Grobe Verschmutzungen entfernen die Fabrikarbeiter mit der Machete.

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VORHERIGE SEITE Die lebensfeindliche Geröllwüste und der ätzende Kratersee präsentieren sich bei Sonnenaufgang von ihrer besten Seite.

Bis zu hundert Kilo Schwefelgestein transportieren die Arbeiter in einfachen Bastkörben auf ihrem Rücken aus der Mine heraus.

Doch die Produktion sinkt, denn die Anziehungskraft des Schwefelabbaus schwindet: Gab es vor wenigen Jahren noch mehr als zweihundert Arbeiter, ackern heute nur noch knapp fünfzig Männer in den Schwefelfeldern. Der boomende Tourismus bietet den Einheimischen neue Einnahmequellen. Mehr als viertausend Besucher, die meisten davon aus dem Inland, kommen mittlerweile täglich, angezogen von der natürlichen Schönheit des Vulkans und des „blauen Feuers“, einem Phänomen, welches auftritt, wenn die flammbaren Schwefelgase sich entzünden. Für etwas mehr als dreißig Euro können die Touristen sich in rollstuhlähnlichen Karren auf den Berg ziehen lassen, um so ohne eigene Anstrengungen in den

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Genuss des Naturschauspiels zu kommen. Auch wenn dieses, mir befremdlich wirkende, Angebot den Graben zwischen den wohlhabenden Ausflüglern und den ehemaligen Minenarbeitern anschaulich unterstreicht, scheinen Letztere durchaus zufrieden mit dem besseren Verdienst für die weniger gefährliche, wenn auch noch immer kräftezehrende Arbeit. Die Arbeit der verbleibenden Bergleute hingegen wird durch die Touristen nicht einfacher: Mehr als einmal muss ich beobachten, wie rücksichtslose Smartphone-Knipser sich in den Weg der schwer beladenen Männer stellen, um ein Foto zu ergattern. Anstelle ihnen auf dem engen Pfad aus dem Krater Platz zu machen, drängeln sich ganze Gruppen an

ihnen vorbei und zwingen die Minenarbeiter trotz der Last auf deren Schultern zum Warten. Supeno und Jumanto zeigen sich dennoch nicht unglücklich über den Strom der Besucher. Manchmal bekommen sie ein Trinkgeld für ein Foto, und der Verkauf von kleinen, aus dem heißen Schwefel gegossenen Figuren hilft ebenfalls, ihren Verdienst aufzubessern. Klagen würden die Männer trotz all der Strapazen nie. Sie sind stolz auf ihre Arbeit. Mitleid wollen sie auf keinen Fall, über Respekt für ihre Tätigkeit freuen sie sich. Sie lachen viel, sind geduldig und freundlich. Sie halten zusammen und unterstützen sich gegenseitig. Sie sind stärker als die Hölle. Der Teufel muss sich ärgern.


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Breviarium

LAMPUNG

Jakarta

MADURA

JAVA

Ijen-Vulkan Licin

BALI

8° S 114° O indonesia.travel/de

Unbedingt Auch wenn die Minenarbeiter ohne Atemschutz arbeiten, empfiehlt es sich unbedingt, eine Gasmaske auszuleihen, besonders wenn Sie den Weg zu den Minen in den Krater antreten möchten. Ist der beißende Dampf am Aussichtspunkt oben am Kraterrand noch gut auszuhalten, kann es in der Nähe der Fumarolen schnell unerträglich werden.

Bloß nicht Viel zu oft versperren respektlose Touristen den Minenarbeitern den Weg, um ein Erinnerungsfoto zu schießen, und kümmern sich nicht um die schwere Last auf den Schultern der Männer auf dem steilen Weg zum Kraterrand. Bitte tun Sie das nicht, die Arbeit in den Schwefelminen ist schwer genug.

Geheimtipp Die Hauptattraktion Ostjavas sind zwar die Vulkanlandschaften, doch es empfiehlt sich, ein wenig Zeit für die Erkundung der Umgegend einzuplanen. Bei einem Nachmittagsausflug auf dem Fahrrad, zum Beispiel rund um die Ortschaft Licin, lassen sich ohne Hektik pittoreske Reisterrassen und authentische Dörfer entdecken.

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Entdeckungsreise an den Ufern des Mekong Text & Fotos Laurent Nilles

Während 2023 fast dreißig Millionen internationale Touristen Thailand besuchten und dreizehn Millionen Vietnam, zählte das benachbarte Laos nur bescheidene drei Millionen. Ein Glücksfall für entdeckungslustige Reisende, denn in dem Binnenstaat gibt es zwar keine Strände, doch dafür glänzt das kleine Land mit viel Kultur, toller Küche und freundlichen Menschen.

Wenn Mönche fluchen würden, wäre jetzt wohl der geeignete Moment dafür. Schwere Regentropfen prasseln auf die roten Dachziegel von Wat Xieng Muan, einem von vierunddreißig buddhistischen Klöstern, die das historische Stadtbild von Luang Prabang, der alten Königsstadt Laos‘ prägen. Die letzten Vorbereitungen für Ban Ouk Phansa, das Fest zum Abschluss der buddhistischen Fastenzeit, sind in vollem Gange und die jungen Novizen gerade dabei, den Hof des Tempels mit farbenfrohen Papierlaternen zu schmücken, als der Himmel seine Schleusen öffnet. Obwohl sich seit dem späten Morgen immer mehr dunkle Wolken vor die Sonne schoben, wollte niemand so richtig mit Regen rechnen, denn Ende Oktober ist Trockenzeit am Mekong und seit mehr als zwanzig Jahren wurde das beliebte Lichterfest immer zuverlässig von Niederschlägen verschont. Hastig retten die Mönche nun die fragilen Leuchten aus

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durchsichtigem Seidenpapier vor den Wassermassen und errichten notdürftig ein schützendes Planendach über dem prachtvollen, mehrere Meter langen Papierdrachen, der in wochenlanger Detailarbeit gebaut wurde. Auf keinen Fall darf dieses Meisterwerk heute schon dem Regen zum Opfer fallen! Prachtvolle Zeremonien Erst in der folgenden Nacht, zum Höhepunkt der Feierlichkeiten, hat der grazile, doch imposante Drache seinen großen Auftritt: Von hunderten Kerzen beleuchtet wird er, zusammen mit mehr als zwanzig anderen dieser ephemeren Kunstwerke, in einer festlichen Prozession durch die bunt geschmückten Straßen getragen und anschließend dem mächtigen Strom des Mekongs übergeben: ein Opfer an die Nagas, die Wassergeister, von denen man sich im Gegenzug Segen und Glück verspricht.


L AOS Mit hunderten Lampions in allen Größen und Formen dekorieren die Mönche ihre Klöster und Tempel für Ban Ouk Phansa.

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Riesige Drachenboote aus Seidenpapier werden anlässlich des Lichterfests auf dem Mekong zu Wasser gelassen.

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LINKS Der prächtige Kopfschmuck der Frauen der Akha-Volksgruppe ist mit Silbermünzen aus der französischen Kolonialzeit verziert.

Die Yao leben im äußersten Norden des Landes, an der Grenze zu China.

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Der allmorgendliche Almosengang der Mönche in Luang Prabang findet noch vor Sonnenaufgang statt.

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L AOS Doch auch heute zeigen sich die Wassergeister bereits gnädig und der Regen lässt kurz vor Einbruch der Dunkelheit nach. Zehntausende, wenn nicht sogar hunderttausende Kerzen und Laternen werden in der ganzen Stadt angezündet und tauchen die geschwungenen Dächer, die goldverzierten Reliefs und die funkelnden Glasmosaiken auf den Fassaden der Klöster in ein magisches Licht. Einheimische und Besucher spazieren bis tief in die Nacht von Tempel zu Tempel, von Wat Xieng Thong über Wat Sensoukharam zu Wat Wisunalat, bestaunen die Lichtinstallationen und schießen Erinnerungsfotos. Viel Schlaf gibt es nicht, denn der nächste Tag wird noch vor Sonnenaufgang mit dem Almosengang der Mönche eingeläutet. Die Gläubigen warten in geordneter Reihe geduldig auf den Bürgersteigen, wenn hunderte safranfarben gewandete Mönche in meditativer Stille aus den Klöstern strömen. Anlässlich des Fests wollen besonders viele Menschen gutes Karma sammeln und die Mönche werden reich beschenkt. Kulturelle Vielfalt Was für Luang Prabang seine Mönche und Tempel, sind für das Land Laos seine Menschen mit ihrer beeindruckenden kulturellen Vielfalt. Neben den Lao Loum, welche knapp zwei Drittel der Einwohner ausmachen, erkennt der laotische Staat mehr als vierzig verschiedene Volksgruppen offiziell an. Vor allem in den ländlichen Gegenden leben Hmong, Khmu, Lan Tan, Tai Lue, Yao und Akha zwischen Reisfeldern, Wasserfällen und Karstbergen noch oft in typischen, zum Schutz gegen Ungeziefer und ungebetene Besucher auf Stelzen erbauten Holzhäusern. Sie bauen Reis, Mais und Gemüse an, weben, färben und besticken nach alter Tradition Stoffe aus Baumwolle und Seide und produzieren Lao Lao, eine Art „Whisky“ auf Reisbasis. Jede der ethnischen Minderheiten ist stolz auf ihre über Generationen vererbten Trachten, mit jeweils eigenen Mustern und Besonderheiten: Die Frauen der Hmong tragen kreisrunde, mit geometrischen Formen verzierte Hüte, die Yao eine Art Turban und mit rotem Plüsch besetzte Blusen gegen die Kälte in den Bergen,

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während die Akha ihren Reichtum mit auf ihrer Kopfbedeckung angebrachten, in der Sonne funkelnden Silbermünzen zur Schau tragen. Besonders im Norden des Landes zwischen Nong Khiaw, Phongsaly und Muang Sing werden die Traditionen noch gepflegt, selbst wenn der florierende Handel mit dem benachbarten China der Region auch einige fremd am Platz wirkende, in protzigem Barockstil errichtete Neubauten beschert hat. Spuren der Vergangenheit Weitaus harmonischer bettet sich Wat Phu, seit 2001 UNESCO-Weltkulturerbestätte, in die sattgrüne Landschaft am Fuß des Bergs Lingamparwata in Laos‘ tropischem Süden. Die Tempelanlage der Khmer-Zivilisation reicht bis ins 11. Jahrhundert zurück und ist somit älter als das berühmte Angkor Wat im nicht weit entfernten Kambodscha. Vom Massentourismus verschont, entfalten die gut erhaltenen Ruinen besonders am frühen Morgen, wenn die ersten Sonnenstrahlen durch den Nebel dringen und nur ein paar einsame Mönche still über das Areal wandern, den malerischen Charme vergangener Epochen. Auch abseits der archäologischen Stätten scheint die Zeit hier an den Ufern des Mekong zwischen Champasak mit seiner Kolonialarchitektur und den nur per Boot erreichbaren Inseln des Si-PanDon-Archipels wie stehen geblieben. Mit Kanu und Netz oder mit abenteuerlich in die Wasserfälle des Flusses gesetzten Fischfallen bestreiten einheimische Kleinfischer ihren Lebensunterhalt. In den abgeernteten Reisfeldern grasen ein paar Büffel, deren Besitzer vor der feuchten Hitze in ihre schattigen Hängematten geflüchtet sind. Kinder und Jugendliche, in weißen Hemden und schwarzen Hosen oder Röcken gemäß der schulischen Kleiderordnung, radeln nach einem lehrreichen Tag über schmale Wege nach Hause. Hektik sucht man in Laos vergebens. Tief entspannt zeigt sich das Land von seiner besten Seite und die Laoten haben immer ein Lächeln auf den Lippen. Sogar in der Hauptstadt Vientiane mit knapp einer Million Einwohnern ist der Trubel überschaubar. Ein perfektes Reiseziel also, um Südostasien abseits von Verkehrschaos und Menschenmassen zu entdecken.

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L AOS Die Tempel von Wat Phu sind zwar weniger kolossal als die von Angkor Wat im benachbarten Kambodscha, dafür können sie mit einer einzigartigen Stimmung und wenig Touristen punkten.

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Inmitten der spektakulärsten Wasserfälle des Landes in Khone stellen die laotischen Fischer Tag für Tag ihren Wagemut unter Beweis.

OBEN

LINKS Kaum zu glauben, aber einer der beliebtesten Snacks in Laos ist Sai Gok, frisch gegrillte, gut gewürzte Fleischwurst.

49 verschiedene Volksgruppen sind in Laos offiziell anerkannt, darunter auch die Laven, die im Süden des Landes leben.

RECHTS

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L AOS

Die Fischer von Nong Khiaw verlassen sich auf aus Bambus geflechtete Fischfallen, die sie geschickt in der Strömung platzieren.

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L AOS Der Tempel von Phu Tat mit seiner überlebensgroßen Buddhastatue thront über der Provinzhauptstadt Oudomxay.

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L AOS

Reis ist ein wichtiges Grundnahrungsmittel in Laos, und mehr als 60 % der landwirtschaftlichen Flächen werden für den Reisanbau genutzt.

Auf dem BolavenPlateau wird Kaffee von international anerkannter Qualität angebaut.

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L AOS

Breviarium

CHINA

CHINA

Phongsaly MYANMAR

VIETNAM

Muang Sing Nong Khiaw

Luang Prabang

LAOS

19° N 102° O tourismlaos.org

Vientiane

THAILAND

Champasak

Lingamparwata

KAMBODSCHA

Unbedingt Auch wenn die laotische Küche international weniger bekannt ist als die seiner Nachbarn Thailand und Vietnam, so hat sie doch einiges zu bieten. Unbedingt probieren sollte man zum Beispiel das inoffizielle Nationalgericht Larb, einen erfrischenden, leicht sauren Salat aus gehacktem Fleisch. Eine gute Adresse ist das Restaurant Manda de Laos in Luang Prabang, doch eigentlich ist das Essen überall sehr lecker. mandadelaos.com

Bloß nicht Der frühe Vogel fängt den Wurm – für die Laoten beginnt der Tag noch vor Sonnenaufgang. Wer den rituellen Almosengang der Mönche oder die farbenfrohen Morgenmärkte in vollem Schwung erleben möchte, sollte ein paar Mal auf gemütliches Ausschlafen verzichten. Die unvergesslichen Eindrücke der frühen Morgenstunden entschädigen anschließend doppelt und dreifach für das Klingeln des Weckers zu ungöttlicher Stunde.

Geheimtipp In einer ruhigen Seitenstraße ein paar Gehminuten vom Zentrum der historischen Altstadt liegt das Villa Maly Boutique Hotel mit zweiunddreißig im Kolonialstil geschmackvoll eingerichteten Zimmern. 1938 vom Enkel des damaligen Königs erbaut, wurde das Anwesen in den letzten Jahren mit einem großzügigen Swimming Pool unter Palmen erweitert – perfekt, um bei einem erfrischenden Lao Mojito der Mittagshitze zu entfliehen. villa-maly.com

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R E Z E PT

So schmeckt Laos Die laotische Küche ist bekannt für die Verwendung frischer Zutaten und eine komplexe Geschmacksbalance, wodurch sie sich von den reichen kulinarischen Traditionen Südostasiens abhebt. Laap, auch Larb genannt, ist ein Zeugnis dieser Tradition und ein beliebter Salat, der gehacktes Fleisch mit der Spritzigkeit von Limetten, der Schärfe von Chili und dem Duft frischer Kräuter kombiniert. Dieses Gericht bietet nicht nur eine Explosion von Aromen bei jedem Bissen, sondern spiegelt auch die Einfachheit und Eleganz der laotischen Kochkunst wider, was es zu einem unverzichtbaren Erlebnis für jeden macht, der die Gastronomie des Landes erkunden will.

Larb / Laap - Fleischsalat aus Laos 4 Personen 15 Minuten 15 Minuten

∙ 50 g ungekochter Jasminreis ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ ∙

(oder klebriger/süßer Reis) 2 EL Pflanzenöl 3 Schalotten (in dünne Scheiben geschnitten) 570 g gemahlenes Hühnerfleisch* (für die beste Textur selbst mahlen oder kleinschneiden) 1/2 TL Zucker 2 EL Fischsauce Saft von 2 Limetten 1–2 Thai-Vogelchilis (in dünne Scheiben geschnitten) 3 Frühlingszwiebeln (in dünne Scheiben geschnitten) 15 g Koriander (grob zerkleinert) 30 g frische Minze (grob zerkleinert) Salz Salatblätter zum Servieren

* Das Gericht kann wahlweise mit Hühnchen, Schweine- ooder Rindfleisch zubereitet werden.

Den Reis in einem trockenen Wok oder einer Pfanne bei schwacher Hitze unter ständigem Rühren rösten, bis er goldgelb wird und duftet (ca. 10 Minuten). In einem Mörser und Stößel oder einer Gewürzmühle zu einem groben Pulver mahlen. Beiseitestellen. 2 Den Wok auf großer Flamme erhitzen und 2 EL Öl hineingeben. Die Hälfte der Schalotten in dem Öl knusprig braten. Die Schalotten aus dem Wok nehmen, das Öl dabei zurückbehalten. 3 Den Wok wieder auf hohe Hitze stellen, bis er raucht. Das gehackte Hühnerfleisch hinzugeben. Unter Rühren braten, bis das Hähnchen gebräunt und knusprig ist, dann Zucker, Fischsauce und Limettensaft hinzugeben. 4 Eine weitere Minute unter Rühren braten, dann das geröstete Reispulver, die Chilischoten, die restlichen rohen Schalotten, die Frühlingszwiebeln, den Koriander und die Minze hinzufügen. Eine weitere Minute unter Rühren braten, dann abschmecken und je nach Bedarf Salz oder mehr Chili, Zucker, Fischsauce und/ oder Limettensaft hinzufügen. 5 In Salatblättern anrichten und mit den zurückgelegten knusprigen Schalotten garnieren. 1

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AF R I KA

Endlich am Äquator in Gabun angekommen, nachdem sie ihn zuvor zweimal verfehlt hatte.

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Die ausgedehnte, offene Landschaft Südmarokkos, die sich der Sahara annähert.

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AF R I KA

Zurück nach Hause, zurück nach Afrika Text Bibi Wintersdorf

Fotos Dot Bekker

Bei einem Networking-Event in Luxemburg hatte ich vor einigen Jahren das Glück, Dot Bekker kennenzulernen. Zwischen uns hat es von Anfang an „geklickt“, und so habe ich, wie viele andere auch, im Laufe der Jahre mit großem Interesse Dots Reise zurück in ihr Heimatland Simbabwe verfolgt. Nun möchte ich ihre bewegende Geschichte mit den Lesern und Leserinnen von REESEN teilen.

Wie kam es, dass Sie nach 38 Jahren diese außergewöhnliche Reise nach Simbabwe gewagt haben? Und wie haben Sie sich darauf vorbereitet? Alles begann, als ich auf die Sechzig zuging. Ich war unzufrieden und hatte das Gefühl, mein Leben zu verschlafen. Ich wollte sichergehen, das Beste aus der mir verbleibenden Zeit zu machen. Also beendete ich meine 22-jährige Ehe, in der ich zunehmend unglücklich war, und ließ sozusagen alles zurück, ohne zu wissen, wo es hingehen sollte. Die Entscheidung, nach Simbabwe zurückzukehren, fiel nicht sofort. Aber als ich mich dazu entschlossen hatte, taten sich plötzlich viele Möglichkeiten auf. Ich traf meine eigenen Entscheidungen, musste niemandem mehr Rechenschaft ablegen. Die Vorbereitungen dauerten gut 2,5 Jahre. Ich arbeitete, kaufte einige Dinge, arbeitete weiter und kaufte weitere Dinge. Der Innenausbau des Vans dauerte

neun Monate, das Testen und Anpassen noch ein paar Monate mehr. Im November 2018, fünf Tage vor meinem 60. Geburtstag, verließ ich Barcelona auf einer Fähre Richtung Marokko. Sie waren mit einem 20 Jahre alten Ford Transit unterwegs. Inwiefern unterschied sich dieses Erlebnis von einer Reise mit einem Geländewagen? Mein Budget war sehr begrenzt. Ein Geländewagen wäre viel zu teuer gewesen. Ich kaufte also einen 1998er Ford Transit 2DW mit Rechtslenkung. Viele fanden ihn absolut ungeeignet für mein Reisevorhaben. Aber ich höre nicht mehr so gut wie früher, also habe ich ihn trotzdem genommen. (Sie lacht.) Die – teilweise nicht vorhandenen – Straßen waren meine größte Herausforderung. Es gab einige Orte, die ich schlicht nicht erreichen konnte, oft wegen des Sands, der zu meinem Hauptproblem werden sollte.

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AF R I KA

Aber mein solider Van war nicht nur mein Zufluchtsort nach einem anstrengenden Tag auf der Straße, sondern später noch drei Jahre lang mein Zuhause in Simbabwe. Den Kauf habe ich nie bereut. 8,5 Monate lang hat er mich auf 20.000 km durch siebzehn afrikanische Länder nach Simbabwe begleitet. Was waren einige der größten Herausforderungen, die Sie unterwegs meistern mussten? Was mich wirklich überrascht hat, war, wie heiß und feucht es war ... die ganze Zeit. Mein altes Auto hatte keine Klimaanlage. Zunächst hat es mich gestört, ständig verschwitzt zu sein, aber nach einer Weile war es mir egal. Ein Ventilator auf dem Armaturenbrett und ein nasses Bandana im Nacken halfen mir, durchzuhalten. Die allgegenwärtigen Moskitos waren eine weitere Herausforderung. Sie haben mir sicherlich literweise Blut abgezapft, aber glücklicherweise blieb ich von Malaria verschont. Dann die Straßen: Ein Drittel der Zeit gab es keine, und die Fahrbedingungen waren wirklich beängstigend. Aber mit jeder schlechten Straße lernte ich, solche Abschnitte besser zu meistern. Ein weiterer überraschender Punkt waren die zahlreichen Polizei- und Militärkontrollen … und die vielen Heiratsanträge, die ich bekam! Ihre Reise ist kein Urlaub, sondern verfolgt ein Ziel: Sie wollen die Bildung von Mädchen in Simbabwe fördern. Wie kam es dazu? Ich war schon in Luxemburg in Organisationen für Frauen und Gleichberechtigungsinitiativen engagiert. Ich war Präsidentin des Frauen-Netzwerks The Network. Als Frau, die Ungleichbehandlung selbst erlebt hat, ist es mir ein großes Anliegen, dagegen vorzugehen.

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AF R I KA LINKS Schwitzend im Dschungel von Guinea, begleitet von Führern und Fährtenlesern auf der Suche nach Schimpansen.

Im alten Holzkanu durch die Mangroven auf dem Gambia-Fluss.

RECHTS

In Mauretanien aus dem Sand geschoben werden... der Mann im Vordergrund wollte nicht aus dem Weg gehen.

UNTEN

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AF R I KA

Die „Tanzende Brücke“ in Ghana, bestehend aus zusammengebundenen Treibholzplanken über einer Flussmündung. Sie trägt diesen Namen, weil sich die gesamte Brücke bewegt, sobald man sie betritt.

Meine Recherchen zum Thema Gleichberechtigung haben ergeben, dass wir vor allem eines tun müssen, um die Situation in Simbabwe und auf dem gesamten afrikanischen Kontinent zu verbessern: die Bildung von Mädchen fördern. Länder mit ausgeprägterer Gleichberechtigung profitieren von besserer Gesundheit und Sicherheit innerhalb von Gemeinschaften. Frauen leisten einen positiven Beitrag zur Wirtschaft; Gewalt innerhalb von Familien und gegen Frauen nimmt ab; Kindern und ihrer Bildung wird ein höherer Stellenwert beigemessen. Ich hatte daher vor meiner Abreise einen kleinen Nonprofit-Verein in Luxemburg gegründet, über den ich Spenden von Privatpersonen erhalte. Diese nutze ich dazu, die Schulgebühren von Mädchen in der ländlichen Gegend, in der ich nun lebe, zu bezahlen. Was sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus? Nach meiner Reise durch Westafrika, Südafrika und Simbabwe kann ich

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sagen, dass es mir sehr viel Freude bereitet, unterwegs zu sein, neue Ort zu entdecken, bekannte Orte neu kennenzulernen und die unterschiedlichsten Menschen zu treffen. Im Moment gefällt es mir aber auch, sesshaft zu sein und mein Haus fertigzustellen. Ich liebe die Arbeit mit der ländlichen Gemeinschaft, die Empowerment-Projekte, den Weg hin zur Selbstversorgung. Aber ich bin ein unruhiger Mensch und ich habe im Hinterkopf die Idee – sofern ich genug Geld aufbringen kann –, durch Ostafrika zu fahren und die Wunder dieser Gegend zu erleben. Afrika ist so ein riesiger Kontinent. Es gibt so viel zu entdecken, dass es mir nie langweilig wird. Aber natürlich kehre ich dieses Mal nach Hause, nach Simbabwe, zurück. Wie wurden Ihre Erlebnisse, die Sie per Blog, Social Media und das Buch „Going Home to Africa“ geteilt haben, aufgenommen? Anfangs hatte ich nur eine FacebookSeite, „Going Home to Africa“, um meine

Erlebnisse für meine Freunde aufzuschreiben. Zu meiner Überraschung wurde die Leserschaft immer größer. Diese Seite ist eine Art Tagebuch. Ich halte sie weiter am Laufen, da so vielen Menschen meine Geschichten und mein neues, verrücktes Leben im Busch gefallen. Im Anschluss an meine Reise ermutigte man mich, meine Erlebnisse als Buch zu veröffentlichen. Da ich nicht daran geglaubt habe, dass sich ein Verleger dafür interessieren könnte, habe ich es selbst publiziert. In den meisten Ländern kann man es über Amazon beziehen. In Afrika ist es in einigen unabhängigen Läden erhältlich. Das Buch war recht erfolgreich, auch wenn es hätte besser laufen können. Aber meine Zeit und mein Netzwerk sind zurzeit sehr begrenzt. Ich arbeite auch an zwei neuen Büchern: Eines erzählt, wie es für mich war, nach 38 Jahren nach Simbabwe zurückzukehren, und das andere, warum ich mich dazu entschieden habe, in einer vollkommen autarken, ländlichen Gemeinschaft in Afrika zu leben.


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A N TA R K T I S

Antarktis – Einmalige Reise ins ewige Eis Text Bernard Pichon

Die sehr exklusiven Polarkreuzfahrten ziehen immer mehr Reisende in ihren Bann. Sind diese Abenteuer am äußersten Ende der Erde der letzte Ort, um dem Massentourismus zu entfliehen?

„Ist das wirklich real? Ich habe den Eindruck zu träumen ...“ Sophie traut ihren Augen kaum. In ihrem Rollstuhl ist sie hautnah bei der unglaublichsten RunwayShow der Welt dabei: Eine nahezu unendliche Parade von Eisbergen driftet langsam auf beiden Seiten des Schiffs vorbei. Pyramiden, Bögen, Wolkenkratzer und Kathedralen: Kein Eisberg gleicht dem anderen. Das wahrhaftige Ausmaß dessen, das da vorbeizieht, wäre kaum zu fassen, wären da nicht einige Seelöwen und Pinguine, die wie winzige Statisten die schiere Größe dieser Kulisse begreifbar machen. „Das ist die Reise meines Lebens“, sagt die junge Frau, die stolz ist, trotz ihres Sklerose-Leidens in diese riesige Eiswüste am Ende der Welt gereist zu sein. Eine Reise, die ohne die liebevolle Unterstüt-

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zung ihres Partners nicht möglich gewesen wäre. „Vor der Pandemie haben wir oft Kurzurlaube gemacht. Und wie so viele andere hatten wir im Anschluss großen Nachholbedarf in Sachen Reisen – Lust auf Massentourismus hatten wir allerdings nicht. Mit den Ersparnissen der Covid-Zeit konnten wir uns diese verrückte Reise leisten. Südpol-Kreuzfahrten sind unglaublich teuer und kosten rund 10.000 Euro für 10 Tage.“ Das Paar musste sich auch damit arrangieren, dass Sophie nicht an allen Ausflüge dieses Abenteuers teilnehmen kann, darunter die Landgänge, die mit einem Zodiac, einem Schlauchboot, stattfinden. Aber auch an Bord gibt es viel zu erleben: Wissenschaftler wie Geologen, Glaziologen und Ornithologen stehen als


A N TA R K T I S Die Begegnung mit den ersten Meeressäugern auf der Eisscholle ist immer ein aufregendes Erlebnis.

OBEN

© Vincent Eschmann

Die Polarschifffahrt profitiert heute von der gesamten Technologie, die es ermöglicht, gefahrlos zwischen den Eisbergen zu navigieren.

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© Antoine Merlet

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A N TA R K T I S

LINKS Die Pinguine sind perfekt an ihr Biotop angepasst und haben diese unwirtlichen Gebiete besiedelt.

© Jean-Felix Fayolle

Exploris One ist ein Schiff in menschlicher Größe, das für die extremen Bedingungen an den Polen konzipiert wurde.

RECHTS

© Vincent Eschmann

Die Natur bietet hier die extravaganteste Ausstellung von Eisskulpturen.

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© Bernard Pichon

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A N TA R K T I S Reiseleiter für einen regen Austausch zur Verfügung. Denn so exotisch diese Reise daherkommt, sie will auch Wissen vermitteln – in geselligem Rahmen und mit dem nötigen Komfort. Terra incognita Die Pole verströmen den unwiderstehlichen Duft eines unberührten Gebiets: vor allem die Antarktis, die sich von ihrem nördlichen Pendant allein schon durch ihre Größe (doppelt so groß wie Australien) unterscheidet, aber auch durch die absolute Menschenleere – abgesehen von ein paar internationalen Forschern, die, unsichtbar und zurückgezogen, ihrer Arbeit nachgehen. Auch die Fauna der Arktis und der Antarktis ist nicht dieselbe: Eisbären und Alkenvögel „oben“, Pinguine „unten“. Auf beiden Seiten unzählige, wenig scheue Säugetiere. Ein Historiker an Bord gibt einen Einblick in die Geschichte der Entdecker: Bereits William Smith, Roald Amundsen, und Jean-Baptiste Charcot waren fasziniert von dem sehr fotogenen Sommerlicht in diesen Breitengraden … und der ewigen Dunkelheit im Winter. Kein Wunder also, dass diese Polarkreuzfahrten nur im Südsommer (November bis Februar) in der Antarktis und ab Ende unseres Frühlings in der Arktis stattfinden. Die Temperatur ist dabei kein großes Problem. Bei bedecktem, windigem Wetter bietet die vom Kreuzfahrtveranstalter bereitgestellte Ausrüstung den nötigen Schutz. Sobald die Sonne herauskommt, ist Lagenlook angesagt, um sich Schicht für Schicht seiner Kleidung entledigen zu können. Das Wetter schlägt hier gerne Kapriolen, ändert sich von einer Minute zur nächsten. Der Kapitän und der Expeditionsleiter müssen bei der Ausarbeitung der Reiseroute und der Zwischenstopps viel Flexibilität beweisen.

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A N TA R K T I S

Und dann ist da die Seekrankheit. Vor allem in den ersten beiden Tagen zwischen dem Abfahrtshafen (Ushuaia) und der Antarktis gibt es kaum ein Entkommen. Dem Kap Horn eilt sein Ruf ebenfalls voraus. Selbst die erfahrensten Seeleute reagieren bei dieser rauen See empfindlich. Pflaster, die hinter die Ohren geklebt werden, helfen dabei, diese Hürde zu überwinden. Kapitän auf großer Fahrt Die Exploris One, ein Schiff der Eisklasse mit fünf Decks, ist 108 Meter lang und 16 Meter breit. Ihre Durchschnittsgeschwindigkeit beträgt 12,5 Knoten. Auf der Brücke steht Kommandant Christophe Colaris am Ruder. Dem 60-Jährigen wird auch nach den langen Jahren, die er seinen Beruf nun ausübt, niemals langweilig: „Wir haben 102 Crewmitglieder. Es ist ein Privileg, mit großartigem Fachpersonal und jungen Leutnants zu arbeiten, die alle vorankommen wollen. Mir gefällt auch das familiäre Ambiente des durch und durch französischen Kreuzfahrtunternehmens. Die Navigation im Polarmeer erfordert nicht nur technisches Wissen, sondern auch eine große Flexibilität für das Leben an Bord. Wenn das Essen unterbrochen werden muss, weil Wale gesichtet wurden, zögere ich keine Sekunde.“ Ozeanriesen und Schiffe Kreuzfahrten werden immer beliebter. Die in Richtung der Pole bilden da keine Ausnahme. Mehrere Anbieter, darunter Ponant, Silversea und Australis, verkehren in diesen Gewässern. Rund 100.000 Menschen haben 2023 die Antarktis besucht. 75.000 von ihnen sind dabei an Land gegangen. Exploris One ist das letzte Schiff, das sich diesen polaren Entdeckungsreisen angeschlossen hat. Eric Lustman, Mitgeschäftsführer der Gesellschaft, erklärt, dass ein Großteil der großen Passagierschiffe nicht dazu berechtigt sind, ihre Passagiere von Bord gehen zu lassen. Reisende, die in der Antarktis an Land

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A N TA R K T I S Wenn man sich an Land wagt, kann man diese unendlichen, außerirdisch anmutenden Räume ermessen.

OBEN

© Jean-Felix Fayolle

LINKS Auf der Brücke ist die Aufmerksamkeit des Kapitäns und seiner Crew ständig gefordert.

© Jean-Felix Fayolle

Der Komfort der oberen Kabinen steht dem eines VierSterne-Hotels in nichts nach.

RECHTS

© Bernard Pichon

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A N TA R K T I S

Jedes Einsteigen in die Zodiacs unterliegt einem strengen Sicherheitsprotokoll. © Vincent Eschmann

Das sagen die Experten

gehen möchten, müssen sich für kleinere Schiffe (mit bis zu 120 Passagieren) entscheiden, die für kurze, streng reglementierte Landausflüge in 10er-Gruppen berechtigt sind. Ein Landgang findet nämlich unter großen Vorsichtsmaßnahmen statt: So muss die gesamte Ausrüstung entstaubt und desinfiziert werden. Vor jeder Exkursion steckt ein Vortrupp eine Strecke ab, die die Besucher auf keinen Fall verlassen dürfen. Etwas an Land mitzunehmen ist ebenso strengstens verboten, wie etwas dort wegzunehmen – und sei es nur ein Stein. Hinknien ist nicht erlaubt, um Ruhe wird gebeten und zu Tieren müssen mindestens 5 Meter Abstand gehalten werden.

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Der Glaziologe Léo Decaux, einer der Experten an Bord, erklärt: „Die größten Bedrohungen für diesen Ort sind nicht Erderwärmung, Kontamination und Umweltverschmutzung, sondern das Unwissen darüber, was auf dem Spiel steht. Dieses Gebiet wird durch die Ausbeutung seiner Bodenschätze bedroht: Erdöl, Mineralien, Süßwasser. Der Antarktis-Vertrag vereint aktuell 50 Mitgliedsstaaten. Es ist von großer Wichtigkeit, dass er fortgeführt wird.“ Ein Besuch vor Ort ist in dieser Hinsicht mit Sicherheit das beste Mittel, um jeden einzelnen Touristen in einen Botschafter für diesen zerbrechlichen Ort zu machen. exploris.co

Die Umweltbilanz einer Kreuzfahrt in der Antarktis wird bereits durch die Flüge von Europa an die Südspitze Argentiniens beeinträchtigt. Michael Bravo, Professor für Geschichte und Geografie der Wissenschaft an der Universität Cambridge, zufolge ist „ein nachhaltiger und verantwortungsbewusster Tourismus möglich, aber er setzt eine rigorose Planung und Durchführung voraus“. Peter Wilson, Vorstandsmitglied des World Wide Fund For Nature (WWF), fügt hinzu: „Polartourismus sollte als Privileg und nicht als Recht angesehen werden. Die Touristen müssen sich darüber im Klaren sein, dass sie einen Einfluss auf die Umwelt haben und daher die strengen Regeln, die ihnen auferlegt werden, einhalten müssen.“ Die Kreuzfahrtindustrie lässt ihrerseits verlauten, dass sie in die umweltfreundlichsten Technologien investiert, darunter emissionsarme Kraftstoffe und Abwasseraufbereitungssysteme. Kontrolleure achten darauf, dass nichts in Meer abgeleitet wird. Sozusagen alle Gesellschaften sind Mitglieder der IAATO (Internationaler Verband der AntarktisReiseveranstalter), die sich für den respektvollen Umgang mit einem Kontinent einsetzt, der bis dato dem Frieden und der Wissenschaft gewidmet war.


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Herausgeberin & Chefredakteurin Bibi Wintersdorf Journalisten Lydia Mutsch, Charel Heinen, Joscha Remus, Philippe Bourget, Wibke Carter, Stefanie Bisping, Susanne Freitag, Annette Frühauf, Laurent Nilles, Bernard Pichon Lektorat Myriam Welschbillig Übersetzung Annegret Tripodi Art Direktor Marc Dostert Grafiker Enia Haeck Geschäftsführer Maurizio Maffei Druck johnen-print Luxembourg

Das Magazin REESEN und die Webseite reesenmag.lu sind Informationsmedien, die von dem nachstehenden Verlagshaus herausgegeben werden. Luxe Taste & Style S.à r.l. 50 % im Besitz von Bibi Wintersdorf und 50 % im Besitz von Maurizio Maffei. Firmensitz 4a, rue de Consdorf - L-6230 Bech Operativer Hauptsitz 11, Um Lënster Bierg - L-6125 Junglinster Redaktion redaktion@tasty.lu Anzeigen sales@tasty.lu Vollständige Informationen auf der Webseite www.tasty.lu ISSN: 2658-977X Die periodische Veröffentlichung wurde ordnungsgemäß bei der Nationalbibliothek von Luxemburg (BnL) gemäß den gesetzlichen Bestimmungen hinterlegt. © Alle Rechte vorbehalten. Jegliche Reproduktion oder Übersetzung, vollständig oder teilweise, ist strengstens untersagt ohne vorherige schriftliche Genehmigung des Herausgebers.

© 2024 Luxe Taste & Style S.à r.l. Alle Rechte vorbehalten. Nutzungslizenzen für Urheberrechte können von Luxorr Asbl bezogen werden. (Luxembourg Organisation For Reproduction Rights) www.luxorr.lu


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