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Weibliche Innovation

HANDWERK, START-UPS, NEUE TECHNOLOGIEN. EIN ERFAHRUNGSBERICHT VON ZWEI FRAUEN IM LVH UND DIE EINSCHÄTZUNG DES DEPUTY CEO DES NOI TECHPARKS.

Start-ups, Betriebsgründungen und- übernahmen stellen Herausforderungen, besonders für junge Menschen, dar. In diesem Zusammenhang haben wir zwei Frauen gebeten, uns zu erzählen, wie sie den Schritt in die Selbstständigkeit, bzw. die Übernahme eines Unternehmens erlebt haben. Außerdem haben wir dazu Hubert Hofer, den Deputy CEO des NOI Techparks interviewt. Silvia Schrentewein ist Grafik- und Webdesignerin. Für sie stand sehr früh fest, in welche Richtung sie gehen wollte. „Dass ich eines Tages einen kreativen Beruf ausüben möchte, habe ich bereits im Grundschulalter gewusst. Meine Leidenschaft für das Zeichnen hat mich zu einer Grafik-Ausbildung geführt. Es war immer wichtig für mich, das Zeichnen und Kreativ-Sein auch im Berufsalltag wiederzufinden“, zeigt sie sich von ihrem Beruf fasziniert. Positiv bewertet sie außerdem die Flexibilität. Als Grafik- und Webdesignerin kann sie ihr Büro zusammenklappen und mitnehmen, sich selbst also Arbeitsort und -zeit einteilen. Den Schritt in die Selbstständigkeit wagte sie Mitte 2022 als sie cova. web&design gründete. Seitdem ist sie auch Mitglied der Berufsgemeinschaft der Mediendesigner/innen im lvh, dessen Unterstützung sie hervorhebt. „Die Zusammenarbeit mit dem lvh ist immer professionell und freundlich. Von ihnen habe ich wertvolle Informationen für den Start in die Selbstständigkeit erhalten.“ Dabei bereitete sie sich sorgfältig vor, ließ sich Zeit und nutzte diese, um sich genügend Ressourcen anzueignen. Befürwortung und Unterstützung fand sie auch bei ihren Freunden und der Familie, welche sie immer wieder motiviert haben, an sich selbst und ihr Können zu glauben. „So ein Zuspruch ist wirklich Gold wert. Gezeigt hat es sich dadurch, dass ich dann effektiv den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt habe“, erklärt die Grafik- und Webdesignerin. Befürchtungen hatte sie wegen der Bürokratie und rechtlicher Fragen. „Natürlich stößt man auf ein paar Hindernisse. Da ich die kreative Welt gewöhnt war, war am Anfang das Thema Buchhaltung, Steuern und Rechte etwas überwältigend“, erläutert sie. „Aber mit genug Selbstvertrauen und Willenskraft kann man vieles meistern. Ich war positiv überrascht, dass alles so gut geklappt hat.“ Zeitmanagement ist ein weiterer Punkt, den es zu stemmen gilt. „Man muss erst lernen abzuschalten“, sagt Schrentewein. „Zum Beispiel wollte ich bei Krankheit einmal trotzdem arbeiten, um eine Deadline zu schaffen.“ Feste Zeiten und Grenzen seien von Anfang an wichtig. Als Herausforderungen bezeichnet sie, sich einen Kundenstock aufzubauen, vor allem in der Anfangszeit und sich in bisher unbekannten Welten zurechtzufinden, wie eben der Bürokratie. Wichtig sind für sie vor allem Beständigkeit, zufriedene Kundschaft mit angenehmen Beziehungen und entsprechend qualitätsreiche Arbeiten. Dabei dürfe man den Glauben an sich selbst und den Wert der eigenen Arbeit nie aus den Augen verlieren. Mit Selbstvertrauen begegnet die junge Unternehmensgründerin auch anderen Hürden. Manchmal sei es etwas schwierig, als junge Frau ernst genommen zu werden. Nicht selten würde nach dem „echten“ Chef gefragt. Vor allem bei Projektbeginn, wenn es um das Angebot und die Preisverhandlung geht, müsse man bei manchen Kundinnen und Kunden sehr selbstsicher auftreten, um nicht als „Gitschele” abgestempelt zu werden. Dabei gilt für die Grafik- und Webdesignerin: „Lass dich nicht unterkriegen!“ Das ist auch der Rat den sie anderen jungen Menschen und vor allem jungen Frauen gibt, die mit dem Gedanken spielen sich selbstständig zu machen. „Manchmal muss man einen Sprung in das kalte Wasser wagen, man weiß ansonsten nicht, ob es gelingt. Bereite dich aber ausreichend vor und lass dir Zeit.“

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Jana Mazzarol leitet zusammen mit ihrem Bruder Thilo das Familienunternehmen Schmidhammer aus Bruneck. Der Betrieb beschäftigt sich hauptsächlich mit Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärtechnik. Wie hat sie die Übernahme wahrgenommen? „Ich selbst habe diesen Schritt sehr emotional erlebt, da es der Schritt in die Selbstständigkeit war und ich folglich für jede Entscheidung verantwortlich bin“, erklärt Mazzarol. Dabei sei der Wunsch den Betrieb zu übernehmen schon immer da gewesen, sei es von ihren Eltern als auch von ihr selbst, sowie ihrem Bruder“, erklärt Mazzarol. Bereits 2019 begann sie, sich mit der Übernahme zu beschäftigen. „Dadurch, dass wir als Familie sowie unser Team an uns glaubte, konnten wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Jahr 2021 die neue Nachfolge kommunizieren und seit 2022 ist es ganz offiziell.“ Mit dem Gedanken beruflich in das Familienunternehmen einzusteigen, habe sie immer schon gespielt. Deshalb habe sie sich auch für ein Wirtschaftspsychologiestudium entschieden. „Dabei konnte ich schon nebenbei im Betrieb reinschnuppern. Es war dann ziemlich schnell klar, dass ich diese Chance nutzen will.“ 2019 ergab sich die Möglichkeit, die Personalverwaltung zu übernehmen und zeitgleich mit dem Anstieg der Verantwortung stieg, auch ihre Begeisterung. „Im Betrieb kann ich etwas bewegen, mich und meine Ideen einbringen, und es können sich der Betrieb und unsere Mitarbeiter/innen entwickeln“, so Mazzarol weiter. Unterstützung erhält sie dabei nicht nur von ihrer Familie. „Ich bin meinen Eltern sehr dankbar für das Vertrauen, das sie mir schenken. Auch unser Team unterstützt mich. Es gibt mir sehr viel Kraft und Motivation.“ Der Übergabeprozess ist dabei nicht zu unterschätzen. „Das ist nicht etwas, das von heute auf morgen geht und dauert einige Jahre. Hier kommen viele Emotionen ins Spiel, deshalb brauchte es viel Zeit, viele Gespräche und Geduld von allen Seiten“, weiß die Jungunternehmerin zu berichten. Herausforderungen gibt es dabei stetig zu bewältigen. „Sich zu behaupten, gehört dazu, vor allem als ich das erste Mal im Betrieb angefangen habe zu arbeiten. Wobei das, denke ich, überall so ist. Man wird kritisch beurteilt und von allen Seiten genau geprüft. Wird der Einsatz dann bewiesen, kommt das Vertrauen der Mannschaft“, ist Mazzarol überzeugt. Dabei gehe es auch gar nicht so sehr darum, ob der Chef ein Mann oder eine Frau sei. „Ich glaube, dass man da keine Unterscheidungen machen kann. Jeder Betrieb, egal ob dieser eher mehr Männer oder Frauen hat, hat seine eigenen Herausforderungen, die es zu lösen gilt.“ Ähnlich hält sie es mit dem Thema neue Technologien. „Ich strebe ein gesundes Wachstum an, möchte die Innovation fördern“, zeigt sich Mazzarol enthusiastisch. „Der Einsatz und die Investition ins eigene Unternehmen lohnen sich immer - manchmal sieht man es halt erst zu einem späteren Zeitpunkt.“ Für Kundinnen und Kunden, wie auch für Mitarbeiter/ innen möchte sie dabei gleichermaßen Wohlfühloasen schaffen. Anderen jungen Frauen, die ein Unternehmen gründen oder übernehmen möchten gibt sie folgende Botschaft mit auf den Weg: „Ich empfehle anderen jungen Frauen, selbstbewusst und selbstbestimmt ihren eigenen Weg zu gehen und Hindernisse als Chance zu sehen.“ Die Selbstständigkeit motiviert sie dabei tagtäglich. „Es fasziniert mich, dass ich jeden Tag mit einem Lächeln zur Arbeit gehe und abends mit voller Freude wieder rausgehe. Ich denke das hängt daran, dass es nie langweilig wird. Ich bekomme jeden Tag neue Herausforderungen und habe gleichzeitig viele Möglichkeiten sie zu lösen und kann dabei viel lernen.“

Interview

zum Thema innovative Start-ups

Welchen Stellenwert hat die Zusammenarbeit zwischen NOI Techpark und lvh?

Die Zusammenarbeit mit dem lvh ist für uns als NOI Techpark extrem wichtig. Wir richten uns mit unserer Forschungsinfrastruktur und unseren Services an Unternehmen jeglicher Größenordnung und somit sowohl an den großen Technologiehersteller als auch an den kleinen Handwerksbetrieb. Umso wichtiger ist eine niedrige Eintrittsschwelle in unser Innovationsviertel. Genau eine solche stellt der lvh mit der Abteilung Innovation & Neue Märkte dar. Handwerksbetriebe, die vom lvh betreut werden, wenden sich mit ihren Anliegen und Innovationsvorhaben direkt an den Verband. So entstehen zukunftsweisende Projekte und Innovation wird mehr und mehr zum fixen Bestandteil in Südtirols Handwerk.

Welche Projekte gibt es mit der Abteilung Innovation & Neue Märkte des lvh?

Eines, das ich hier besonders hervorheben möchte, ist die Zusammenarbeit zwischen dem Landesamt für Lehrlingswesen und Meisterausbildung, dem lvh, sowie uns und hat den Fokus, Innovation und Digitalisierung als zentrale Bausteine in die Meisterausbildung zu integrieren. Dies geschieht über Workshops in unseren Prototypenlaboren und den Austausch mit Fachleuten und Forschungsteams. Auch bei Events arbeiten wir mitunter eng zusammen, so etwa bei unseren Hackathons. Aus einer Challenge, die der lvh 2019 in einem unserer Hackathons präsentierte, entstand letztes Jahr ein Start-up. Beim letzten Hackathon im vergangenen November hingegen ging es um das Thema des Internet of Things und der Sensoren in Textilien, ein brennendes Thema der Branche, das wir mit Unterstützung des lvh aufgegriffen und als Challenge an junge Softwareentwickler/innen gestellt haben.

Inwiefern profitieren die Abteilung Innovation & Neue Märkte des lvh und der NOI Techpark voneinander?

Die Abteilung Innovation & Neue Märkte des lvh profitiert dank ihres Sitzes hier im Innovationsviertel vom dynamischen Umfeld und dem direkten Kontakt zu Forschungseinrichtungen, Unternehmen, Start-ups und Studierenden. Die kurzen Wege zu den richtigen Ansprechpersonen und den nötigen Kompetenzen ermöglichen es dem lvh, schnell und unkompliziert auf die Bedürfnisse der Betriebe einzugehen, die sich mit einer Innovationsanfrage an den Verband wenden. Wir als NOI Techpark wiederum profitieren natürlich vom Image des lvh: Die Abteilung Innovation & Neue Märkte vertritt den NOI Techpark bei den kleinen Handwerksbetrieben optimal.

Wie sehen Sie, mit Blick auf den Start-up Incubator des NOI Techpark, die Entwicklung des weiblichen Handwerks in Südtirol?

Wir konnten in den letzten Jahren mit Freude beobachten, dass sich immer mehr von Frauen gegründete und geführte Start-ups für eine Aufnahme in unseren Start-up Incubator bewerben. Aktuell sind es fünf Jungunternehmen an der Zahl, die von engagierten Frauen geführt werden und im NOI ihre Geschäftsidee weiterentwickeln. Eines davon kommt aus dem Bereich Schönheitspflege/Kosmetik und fand den Weg zu uns über den lvh.

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