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Der Brennerkorridor
from manufakt 04/2023
by lvh.apa
SCHLAGADER DER WIRTSCHAFT, UMWELT UND POLITIK. DABEI LEBENSADER FÜR DEN AUSTAUSCH VON WAREN UND DEM DAMIT VERBUNDENEN WOHLSTAND.
Der Brennerkorridor ist eine der Hauptverkehrsadern Europas. Als historische Verbindung zwischen Nord-, Süd- und Osteuropa stellt er ein Bindeglied, nicht nur zwischen Kulturen, sondern auch Menschen und vor allem Waren dar. In den frühen 60er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde mit dem Bau der Brennerautobahn begonnen, um dem stetg zunehmenden Verkehr gerecht zu werden.
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Einerseits bedeutet diese wichtge Verkehrs- und Handelsverbindung Wohlstand mit großen touristschen und wirtschaflichen Möglichkeiten für die angrenzenden Gebiete, andererseits haben der daraus resulterende Verkehr und die Schadstofemissionen negatve Auswirkungen auf Mensch und Natur. Mehr denn je steht der Brennerkorridor daher aktuell im politschen und wirtschaflichen Fokus. Die Brennerautobahn ist die vom alpenquerenden LKW-Verkehr am stärksten betrofene Autobahn.
Jährlich fahren rund 2,5 Millionen LKWs über den Brennerpass, der Transitanteil beträgt 83 Prozent. Italien wickelt 60 Prozent seines Warenaustauschs über den Brenner ab. Um dieser Verkehrsbelastung entgegenzuwirken, wurden von Österreich strikte Fahrverbotsregelungen für LKWs erteilt: Ein Nachtahrverbot gekoppelt mit einer Nachtmaut (welche doppelt so hoch ist wie die Maut untertags) und einem Fahrverbot an Samstagvormitagen. Dies führt häufg, Wochentags auf beiden Spuren zu kilometerlangen LKW-Kolonnen, der PKW-Verkehr muss über nur eine Spur abgewickelt werden. Diese Staus und deren Auswirkungen sind nicht nur in Südtrol, sondern bis nach Bayern zu spüren.
„Das Nachtahrverbot gehört abgeschaf, weil es wegen der Staus und dem damit verbundenen Stoterverkehr unökologisch und aufgrund der Doppelmaut obendrein noch unwirtschaflich ist und somit jeder LKW bis 05:00 Uhr morgens vor der Grenze ansteht, um loszufahren“, erklärt Astrid Huezs, Geschäfsführerin des Logistk-Unternehmens Alpentrans und Sprecherin der Warentransporteurinnen und-transporteure im lvh. „Man baut doch keine Infrastrukturen, damit man sie nur teilweise nutzen kann, oder setzt sie so ein, dass Bevölkerung und Wirtschafsteilnehmer Nachteile aus umweltechnischer, wirtschaflicher und menschlicher Sicht haben“, so Huez weiter. In der Diskussion ist auch der Vorschlag eines „Slot-Systems“. Die Südtroler Politk hat dieses System einer Vorbuchung für LKWs in einer Machbarkeitsstudie vorgestellt. Zurzeit laufen entsprechende Gespräche mit den Regierungen der Alpenstaaten, doch Huez zeigt sich skeptsch. „Ich kann es mir aktuell mit Nachtahrverbot und Blockabfertgung nicht als lösungsbringend vorstellen; außerdem fehlen noch die praktschen und technischen Details: wie funktoniert es in der Praxis, wer ist berechtgt Fahrten zu buchen, wie viele Fahrten darf jedes Unternehmen buchen?“.
Der italienische Infrastrukturminister Mateo Salvini traf sich vor Kurzem mit Landeshauptmann Arno Kompatscher und dessen Trentner Kollegen Maurizio Fugat in Bozen. Er pocht auf den Grundsatz des freien Warenverkehrs innerhalb der EU und die Einhaltung dieser Regeln durch Österreich: „Österreich muss zunächst das EU-Recht einhalten. Danach wird die italienische Regierung bereit sein, alle Lösungen zu diskuteren, um die Auswirkungen des Transitverkehrs zu mildern“, so der Infrastrukturminister. Huez begrüßt diesen Ansatz. „Grundsätzlich schließe mich hier Minister Salvini an: diese Verbote für den Güterverkehr müssen vorher abgeschaf werden, um dann konkrete neue Wege einzuschlagen, welche mit allen Betrofenen, lokal, natonal und auf EU-Ebene neu verhandelt werden“.
Auch der lvh möchte eine gemeinschafliche Lösung des Problems. „Der freie Warentransport ist der Grundpfeiler für eine funktonierende Wirtschaf“, so lvh-Präsident Martn Haller. „Es muss eine zufriedenstellende Lösung für alle gefunden werden, denn von einem freien Warenverkehr profteren nicht nur die Warentransporteurinnen und -transporteure, sondern auch die Verbraucher, die Wirtschaf und damit wir alle.“
Durch den dringend erforderlichen Neubau der 1.804m langen Lueg-Brücke, die ein wichtger Abschnit der Brennerautobahn ist, wird es in Zukunf zu weiteren Belastungen auf dieser Strecke kommen - Verkehrsbehinderungen und-einschränkungen sind vorprogrammiert.
Ist die Verlagerung des Warentransports auf die Schiene eine Lösung?
Der Bau des Brenner Basistunnels (BBT) begann 2008. Als gemeinsames Projekt, fnanziert von Italien, Österreich und der Europäischen Union, wird er mit 64 km der längste Eisenbahntunnel der Welt sein. Eine Reduzierung der Fahrtzeit von derzeit 85 Minuten auf nurmehr 25 Minuten soll weiteren Anreiz schafen, den Verkehr auf die Schiene zu verlegen. Bereits heute laufen über die alte Brenner-Schiene knapp 30 Prozent der Transporte, 15 Millionen Tonnen pro Jahr. Zum Vergleich: Durch den Schweizer Gothard-Basistunnel laufen 16 Millionen Tonnen, praktsch gleich viel wie über die alte Brenner-Schiene. Die Fertgstellung des BBT ist jedoch frühestens für 2032 geplant.
Astrid Huez wirbt indess für einen realistschen Konsens: „Es nützt nichts, dass wir uns hinter der Wahrheit verstecken: Wir werden konstant mehr Verkehr haben und wir wollen unseren Wohlstand erhalten oder sogar steigern; also müssen wir die Nutzung der Verkehrswege diesen Tatsachen anpassen, wenn wir nicht völlig im Stau erstcken möchten.“
Prognosen bestätgen diese Ansicht, bis 2035 rechnet man mit einer Steigerung der Transportgüter von 50 Prozent auf der Straße und 50 Prozent auf der Schiene. Das würde bedeuten, dass auf der Brennerautobahn auch weiterhin 2,5 Millionen LKW fahren würden, zuzüglich müsste der Transport auf der Schiene seine Kapazitäten um über 200 Prozent, Stand heute, steigern. Neben der Abschafung des Nachtahrverbots, nennt Huez daher weitere konkrete Vorschläge, um den Kollaps auf der Straße zu verhindern: „Investtonsprogramme für umweltentlastenden Transport auf Straße und Schiene und damit verbunden mehr Lärmschutzwände längs der Brennerautobahn, sowie eine drite Autobahnspur bis Bozen aus dem Süden.“
Die Probleme des Warentransports über den Brennerkorridor werden also sicher nicht weniger werden. Es bedarf gemeinschaflicher Anstrengungen und innovatver Lösungen, um den Herausforderungen für Mensch, Umwelt und Wirtschaf entsprechend zu begegnen.