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RESTART SÜDTIROL Die wichti gsten Forderungen des Südti roler Handwerks

Restart Südtirol Phase III

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FÜR DIE PHASE III, DEN ÜBERGANG IN DEN NORMALBETRIEB, SIND NOCH EINIGE WICHTIGE ENTSCHEIDUNGEN AUSSTÄNDIG. DER LVH HAT DIE WICHTIGSTEN FORDERUNGEN FÜR DAS HANDWERK ZUSAMMENGEFASST.

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ie Phase 2 wurde offi ziell eingeläutet: Die Wirtschaft ist dabei in der Zeit von Covid-19 wieder zu starten. Auf nati onaler als auch auf lokaler Ebene hat die Politi k in der Phase I und der Phase II versucht, Abfederungsmaßnahmen insbesondere für die Wirtschaft , die Arbeitnehmer aber auch für die Familien auf dem Weg zu bringen. Das sind Maßnahmen, die die Betriebe für den Übergang in die Phase III bzw. in den Normalbetrieb stärken und rüsten sollen. „Uns ist vor allem wichti g, dass man die Überlegungen anstellt, welche konjunkturellen Maßnahmen mitt el und langfristi g von politi scher Seite initi iert werden müssen, um zu vermeiden, dass das Handwerk als tragende Säule der Südti roler Wirtschaft Schaden erleidet“, betont lvh-Präsident Marti n Haller.

Es stehe dabei zu viel auf dem Spiel:

01

Über 13.000 Betriebe, davon die Mehrheit Familienbetriebe

02

Über 44.000 Beschäft igte

03

Ein heterogener Sektor, der sich aufgrund der Betriebsstruktur als krisenresistent gezeigt hat

04

Ein Sektor, der einen großen Beitrag zur Nahversorgung vor Ort leistet

05

Der Sektor, der den höchsten Anteil an Lehrlingsausbildung im Land leistet

06

Ein innovati ver Sektor, der auch internati onal konkurrenzfähig ist.

Um ein möglichst großes Spektrum an Ideen zu sammeln, hat das Präsidium je ein Treff en mit mitt elgroßen Handwerksbetrieben und eines mit Kleinstund Kleinbetrieben organisiert. Das Ergebnis dieser Treff en soll nun als Diskussionsbasis zur Formulierung eines strategischen Dokumentes für das Handwerk dienen.

UNTERSTÜTZUNGSMASSNAHMEN FÜR DIE BETRIEBE

Das Land hat eine Reihe von fi nanziellen Unterstützungsmaßnahmen beschlossen. Zum einen den Verlustbeitrag für Unternehmen mit bis zu fünf Beschäft igten und andererseits Maßnahmen zur Stärkung der Liquidität im Betrieb durch begünsti gte Darlehen. Der Betrachtungszeitraum dieser Maßnahmen ist fokussiert auf die Monate März, April und Mai 2020, wo ein Umsatzrückgang von 50 Prozent nachgewiesen werden muss. Für viele Sektoren des Handwerks ist dieser Betrachtungszeitraum aber zu eng gesetzt, da sich die Auswirkungen erst sehr viel später bemerkbar machen.

Das Handwerk fordert

Einrichtung eines Härtefonds für all jene Betriebe, die ihre Täti gkeit sehr viel später aufnehmen können als all die anderen Bereiche, die schritt weise bereits arbeiten. Es ist dies einerseits der Bereich der Personentransporte mit über 500 Kleinst- und Kleinunternehmer die zum Teil große Investi ti onen getäti gt haben, die nicht mehr bedient werden können. Andererseits ist auch der Bereich der handwerklichen Eventdienstleister hart von der Krise betroff en. Es ist unwahrscheinlich, dass dieser Bereich heuer noch starten kann.

Erweiterung des Betrachtungszeitraumes für den Nachweis des Umsatzrückganges. Aufgrund einer verzögerten Auswirkung der Krise durch einen Überhang an durchzuführenden Auft rägen, muss eine Auff angmaßnahme für all jene Betriebe geschaff en werden, die die Hilfsmaßnahmen bezogen auf den Zeitraum März bis Mai 2020 nicht in Anspruch nehmen können. Unabhängig von der Betriebsgröße.

Viele Betriebe müssen sich aufgrund der Krise neu orienti eren. Es verschieben sich Kundensegmente, Märkte aber auch die Entwicklung neuer Produkte ist jetzt eine Notwendigkeit, um das Überleben der Betriebe zu sichern.

Die Politik muss die Betriebe auf diesen Weg unterstützten, indem Anreize in Form von höheren Förderbeiträgen geschaffen werden. Das sollte sowohl was die Beratung, Ausbildung und Wissensvermittlung anbelangt, aber auch die Förderung im Bereich der Innovationsförderung erfolgen.

UNTERSTÜTZUNGSMASSNAHMEN FÜR DEN GESAMTSEKTOR HANDWERK

Das Handwerk hat im Bereich der Solidarität bereits vor mehreren Jahren einen Meilenstein gesetzt indem es den Sanitätsfonds auf lokaler Ebene gegründet hat und die Solidaritätsabgabe für das Handwerk – und zwar ab dem 1. Mitarbeiter – eingeführt hat. Dieser Fonds wurde nunmehr über fünf Jahre gespeist und ein Gesamtbetrag von knapp über fünf Millionen Euro angesammelt. Das Handwerk wird somit einer der wenigen Sektoren sein, welche im Stande ist mit eigenen Mitteln den Lohnausgleich zu schultern. Für die anderen Sektoren muss die Politik diesen Ausgleich schultern. Das Handwerk fordert daher von der Politik, dass dem Handwerk proportional der Betrag als Ausgleich zugesichert wird, den die anderen Sektoren von der öffentlichen Verwaltung für die Zahlung des Lohnausgleichs erhalten haben.

KONJUNKTURELLE MASSNAHMEN

Nachdem die private Nachfrage besonders im Tourismusbereich voraussichtlich Einbußen erleiden wird, ist es umso wichtiger, dass die öffentliche Nachfrage forciert wird. Hier spielt das Land eine große Rolle aber auch die Lokalkörperschaften und Sonderbetriebe des Landes.

Das Handwerk fordert

Vorziehen von Investitionsmaßnahmen, die mittelfristig geplant waren. Durch diese Maßnahmen können gezielt gesteuert Ausgleichsmaßnahmen gesetzt werden, um bei einem Rückgang der privaten Nachfrage Arbeit zu generieren und um somit die Arbeitsplätze zu sichern. Dies setzt zwei weitere Maßnahmen voraus: > Konsequente Anwendung des lokalen Vergabegesetzes. Dies bedeutet die Ausschreibung in Gewerken und somit eine direkte Stärkung der lokalen Unternehmen und der lokalen

Kreisläufe. > Die Entbürokratisierung der Ausschreibungsprozeduren und die Schaffung der Voraussetzung für Direktvergaben von Seiten der öffentlichen Verwaltung.

Was den Bereich der Raumordnung anbelangt muss sichergestellt werden, dass es beim Übergang von der „alten“ zur „neuen“ Raumordnung keinen Stillstand im Bereich des Bauwesens gibt. Die Lokalverwaltungen müssen in die Lage versetzt werden, die Bauanträge möglichst bis zum 30.06.2020 zu genehmigen. Um die auch die private Investitionstätigkeit zu stimulieren ist es notwendig auch entsprechende finanzielle Anreize zu bieten wie z.B. die Reduzierung der Erschließungskosten und der Baukostenabgabe.

Der Bereich des Personentransportes muss massiv unterstützt werden, um die vielen kleinen Familienbetriebe vor dem Aus zu retten und auch die Arbeitsplätze in diesem Bereich zu sichern. Aufgrund der Reduzierung der Passagierzahlen sowohl im Reisebusbereich als auch bei den 9-Sitzer Fahrzeugen wird es nötig sein, den Fuhrpark für die Durchführung des öffentlichen Personennahverkehrs zu potenzieren. Hier muss auf die privaten Mietwagenunternehmer zurückgegriffen werden. Dies ist die beste Abfederungsmaßnahme für diesen Bereich (bei den Busunternehmern).

Im Bereich der Kleinstunternehmer im Mietwagensektor (Fahrzeuge bis zu neun Sitzplätze) muss sichergestellt werden, dass die Fixkosten für den Schülertransport für die nicht durchgeführten Leistungen schnellstmöglich ausbezahlt werden. Für viele Unternehmer ist dies die Haupteinnahmequelle und somit existenzsichernd.

Der Sektor des Personentransport muss beim Ankauf von neuem Rollmaterial unterstützt werden. Durch die Reduzierung der Passagierzahlen sind die Unternehmer gezwungen, zusätzliches Rollmaterial anzukaufen. Besonders trifft dies auch den Bereich des Schülertransportes. Zudem müssen hier neue Ermächti - gungen von Seiten der Gemeinde ausgegeben werden. Um eine weitere Fragmenti erung des Sektors zu vermeiden, sollten diese neuen Ermächti gungen möglichst an bereits bestehende Unternehmen ausgegeben werden.

FISKALISCHE MASSNAHMEN

Der Wirtschaft skreislauf muss aber auch durch Maßnahmen fl ankierend unterstützt werden, die die Investi ti onsbereitschaft sowohl im B2B Bereich als auch im B2C Bereich steigert.

Das Handwerk fordert

Sonderabschreibungen für betriebliche Investi ti onen im Maschinen- und Anlagenpark im Ausmaß von 200 Prozent. Dies kurbelt die Gesamtwirtschaft an.

Um die Ausgaben im privaten Bereich zu stützen, soll eine steuerliche Absetzbarkeit für handwerkliche Leistungen, sowie dies bereits im Ausland der Fall ist, eingeführt werden. Diese beiden letztgenannten Maßnahmen müssen auf staatlicher Ebene durchgesetzt werden. Die Lokalpoliti k und unsere Vertreter in Rom müssen in dieser Hinsicht akti v werden.

Um eine unmitt elbare Wirkung auf die Liquiditätssituati on unserer Betriebe zu haben, muss die Zahlung der GIS für das Jahr 2020 nicht nur verschoben, sondern in seiner Gesamtheit ausgesetzt werden.

SOZIALPOLITISCHE MASSNAHMEN

Die derzeiti ge Situati on ermöglicht es nicht allen Familien mit Kindern, dass beide Ehepartner ihre Arbeit wieder voll aufnehmen. Hier fordert das Handwerk, dass vor allem für die Sommermonate die Voraussetzungen geschaff en werden, dass genügend Angebot für eine Kindersommerbetreuung gegeben ist. Der lvh bietet sich hierzu an, Angebot zu schaff en. Die Politi k muss die Initi ati ven aber konsistent fi nanziell unterstützen.

GERT LANZ Regional- und Landtagsabgeordneter

„Wenn nicht das Handwerk, wer dann?“

Der Sektor punktet mit Aus-und Weiterbildung, Regionalität, Qualität und Innovati on. Das Handwerk hat die Voraussetzungen, um die Krise zu überwinden, so Lanz.

Wie sollten sich lokale Betriebe in Phase 3 in Bezug auf Sicherheitsmaßnahmen, Investi ti onen und innovati ve Wege verhalten?

Die vergangenen Wochen haben uns gezeigt, dass wir alle viele Bereiche neu überdenken müssen. Insofern beginnt die Herausforderung damit, dass sich jeder Gedanken macht, wie sein Angebot auch in der Zukunft am Markt ankommt und welche Maßnahmen zu ergreifen sind. Die Themen Sicherheit, Regionalität, Qualität, Innovati on etc. bekommen hier eine völlig neue Bedeutung und müssen gefüllt werden.

Was werden Ihrer Meinung nach, die größten Schwierigkeiten sein?

Die größte Herausforderung und somit zugleich die größte Chance liegt darin, wie es uns und jedem einzelnen gelingt, seine Täti gkeit langfristi g zu denken.

Glauben Sie, dass das Südti roler Handwerk das Zeug dazu hat, diese Krise unbeschadet zu überstehen?

Ich frage Sie: Wenn nicht das Handwerk in Südti rol wer dann? Natürlich wird es auch im Handwerk massive Einschnitt e aufgrund der Krise geben, jedoch baut das Handwerk seit jeher auf Aus- und Weiterbildung, auf lokale Kreisläufe, auf Qualität und auf Innovati on. Das heißt, dass die Werkzeuge vorhanden sind. In Zukunft werden diese Themen stärker und bewusster gespielt werden müssen, und das geht nur gemeinsam!

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