Ostdeutsches Energieforum August 2016 - Sonderausgabe der Leipziger Volkszeitung

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Anzeigen-Sonderveröffentlichung • 30. August 2016

EnErgiE

Unternehmer lassen die Muskeln spielen

Ja zur EnErgiEwEndE, nEin zu dErEn umsEtzung: 69 Prozent der Ostdeutschen sind für einen Wandel der Energieversorgung – neun Prozent weniger als vergangenes Jahr. Das Ergebnis einer aktuellen Studie des Energieversorgers enviaM in Zusammenarbeit mit der Uni Leipzig gibt zu Denken. Unmut erzeugen vor allem hohe und steigende Kosten sowie deren ungerechte Verteilung innerhalb Deutschlands. Ein Punkt, den Politik und Wirtschaft heute und morgen beim 5. Ostdeutschen Energieforum in Leipzig thematisieren. Der Tenor: Schluss mit Aktionismus und Aberglaube.


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OSTDEUTSCHES ENERGIEFORUM

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Dienstag, 30. August 2016 | NR. 203

Wirtschaft fordert Reform bei Netzentgelten

Als Hauptursache der höheren Stromkosten hat Kirpal die höheren Netzentgelte ausgemacht. Das liegt daran, dass in den neuen Ländern deutlich mehr erneuerbare Energien Strom produzieren als im Westen. So viel, dass ein Großteil in die alten Länder transportiert werden muss. Dafür sind Leitungen zu bauen. Die dafür erforderlichen Investitionen treiben die Netzentgelte hier in die Höhe. Kirpal fordert daher eine Reform bei diesen Entgelten. Unter anderem müsse es darum gehen, Betreiber neuer Anlagen für Sonnen- und Windenergie an den Ausbaukosten des Netzes zu beteiligen. „Die Kosten müssen gerecht verteilt werden“, verlangt auch Norbert Menke, Chef der Leipziger Stadtholding LVV, zu der auch die Stadtwerke gehören. Der Vorrang der Einspeisung regenerativer Energien hat dazu geführt, dass etwa Stromerzeugung aus Gaskraftwerken derzeit kaum noch rentabel ist. Die Kraftwerke der Stadtwerke produzieren nur noch halb so lange Strom wie früher. „Da fehlen uns Erträge.“

Lichtblicke in Leipzig a zur Energiewende, nein zu deren Umsetzung: 69 Prozent der Ostdeutschen sind für einen Wandel der Energieversorgung. Das zeigt eine Studie des Energieversorgers enviaM in Zusammenarbeit mit der Universität Leipzig. Das seien jedoch neun Prozent weniger als 2015, sagt der enviaMVorstandsvorsitzende Tim Hartmann. Dieser Wert sei damit erstmals seit Beginn der Befragung 2012 unter 70 Prozent gesunken. „Diese schwindende Zustimmung sollte uns zu denken geben“, betont Hartmann. Denn gleichzeitig habe mit 35 Prozent (2015: 43 Prozent) auch die Zahl derer abgenommen, die mit der Umsetzung der Energiewende zufrieden seien. Unmut erzeugten vor allem hohe und steigende Kosten sowie deren ungerechte Verteilung innerhalb Deutschlands. „In Summe sind die Netzentgelte in manchen ostdeutschen Regionen um bis zu 40 Prozent höher als in den alten Bundesländern“, erläuterte der Vorstandschef. Daher forderten der Studie zufolge 70 Prozent der Befragten eine gerechtere Verteilung der Kosten. Zudem rechneten 80 Prozent aufgrund der Energiewende mit weiter steigenden Strompreisen. „Die höheren Netzentgelte in Ostdeutschland sind vor allem auf den Modernisierungsbedarf der Stromnetze zurückzuführen“, erklärt der Geschäftsführer des Bundesverbands Erneuerbare Energie Hermann Falk. Das Preisgefälle sei aber nicht nur zwischen Ost und West, sondern auch bundesweit zwischen Stadt und Land groß. Abhilfe könnten aus Sicht des Verbands vereinheitlichte Netzentgelte schaffen.

Laut enviaM-Chef Hartmann gehören neben den neuen Bundesländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen zu den „von der Energiewende besonders betroffenen Regionen“. Dem Osten Deutschlands komme dabei eine „Vorreiterrolle“ zu. So Stanislaw deckten Wind, Sonne Tillich und Co. rein rechnerisch bereits 91 Prozent (2011: 49 Prozent) des Stromverbrauchs im enviaM-Netz ab, das sich über Teile von Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg erstreckt. Damit habe man das Ziel der Bundesregierung für 2050 schon übertroffen. „Die Sonderlasten auf ostdeutscher Seite spielen trotz dieser Bedeutung aber bislang eine zu geringe Rolle“, kritisiert Hartmann. Er forderte, ostdeutsche Stromverbraucher künftig stärker zu entlasten. So sollten beispielsweise Betreiber von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien finanziell am Netzausbau beteiligt werden – bislang trügen diese keinerlei Folgekosten. Brandenburg ist bei der Erzeugung erneuerbarer Energien führend. 66 Prozent des Bruttostromverbrauchs in Brandenburg werden heute bereits aus erneuerbaren Energien erzeugt. Damit wird die Zielsetzung der Bundesregierung für das Jahr 2035 schon jetzt übertroffen. „Brandenburg ist sich aber auch im Bereich der Braunkohleverstromung seiner Verantwortung bewusst – sowohl hinsichtlich der Versorgungssicherheit

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Gewinne können auch wachsen, ohne dass die Natur eingeht. Wie, weiß die

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Dietmar Woidke

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Wir schaffen das: Politiker und Unternehmer ringen ab heute um einen gemeinsamen Appell gen Berlin

Foto: Dietrich Flechtner

Es erinnert an das mühsame Bohren dicker Bretter. Wenn heute in Leipzig die fünfte Auflage des Ostdeutschen Energieforums über die Bühne gehen wird, dann werden die hiesigen Unternehmen erneut darüber klagen, dass die Strompreise zwischen Ostsee und Erzgebirge 20 Prozent höher sind als im Westen. „Wir diskutieren seit über fünf Jahren darüber, wie der Preisanstieg in Ostdeutschland gestoppt wird und wie wir Wettbewerbsgleichheit mit den Betrieben im Westen erzielen können“, sagt Hartmut Bunsen für die Ost-Unternehmerverbände, die das Forum gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Leipzig veranstalten. Das große Problem dabei laut Bunsen: „Passiert ist so gut wie nichts.“ Hoffnungen setzen die Veranstalter auf die Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (Sachsen, CDU), Reiner Haseloff (Sachsen-Anhalt, CDU), Dietmar Woidke (Brandenburg, SPD) und Bodo Ramelow (Thüringen, Linke), die allesamt ihre Teilnahme am Forum zugesagt haben. „Wir müssen die Politik weiter sensibilisieren“, formuliert es IHK-Präsident Kristian Kirpal.

Bodo Ramelow

als auch der Preisstabilität für die deutschen Stromverbraucher. Wenn die Energiewende gelingen soll, müssen die Kosten für die Verbraucher wie auch die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft stärker im Fokus stehen“, sagt Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Bei der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes sei es deshalb zu Recht Konsens, dass mehr Steuerung bei der Energiewende notwendig ist. Auf gemeinsamen Druck der ostdeutschen Bundesländer hat die Bundesregierung zugesagt, die sogenannten „vermiedenen Netzentgelte“ sukzessive abzuschaffen. „Wenn diese Entlastung bei den Netzentgelten kommt, würde dies je Haushalt rund 50 Euro Einsparung pro Jahr ausmachen“, so Woidke. Er kritisiert, dass die EEG-Novelle bei der Entwicklung der Speichertechnologien keine großen Fortschritte gebracht hat. „Brandenburg arbeitet daher an einer eigenen Förderrichtlinie für Energiespeicher, die Anfang 2017 in Kraft treten wird.“ Auf Anstrengungen im Kleinen setzt auch Thüringens Ministerpräsident

Bodo Ramelow (Linke): „Wer unser Klima schützen und den Temperaturanstieg auf unter zwei Grad begrenzen will, muss den Ausbau erneuerbarer Energien ernst nehmen und konsequent fördern. Die globalen Ziele lassen sich nur erreichen, wenn auf regionaler Ebene große Anstrengungen unternommen werden. Diesen Herausforderungen stellen sich die ostdeutschen Länder mit ihrer sehr unterschiedlichen Energiestruktur. Für alle gemeinsam gilt jedoch das energiepolitische Zieldreieck: Versorgungsicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit.“ Die Energiewende sei allerdings nicht nur eine Stromwende, sondern sie muss auch im Wärmebereich und im Verkehrssektor vollzogen werden. Deutschland hat bei der Förderung und dem Ausbau erneuerbarer Energien eine Vorreiterrolle. Der Abschied von den fossilen Brennstoffen wurde zwar schon oft verkündet, will aber nicht so recht vorankommen. Und das hat vor allem einen Grund: Es fehlt an einer klaren politischen Linie. Auch deshalb treffen sich Politik und Wirtschaft beim Ostdeutschen Energieforum in Leipzig, um einen Satz gen Berlin, insbesondere an Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), zu richten: „Wir schaffen die Energiewende. Aber nicht um jeden Preis.“ Dass sich Widerstand von Seiten der Länder bezahlt macht, hat sich bereits vergangenes Jahr gezeigt: „Unser Einsatz für mehr Vernunft bei der Energiewende hat sich gelohnt“, sagte Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU), als Gabriel die Klimaschutzabgabe für ältere Kohle-Meiler kippte.

DASS DiE ENErGiEwENDE NiCht zUM NUlltArif zU hAbEN iSt, wAr jEDEM KlAr. Doch nun steht fest, dass es beim Netzausbau weitere Steigerungen geben wird. Der Anteil der Erdverkabelung soll wachsen – oberirdische Leitungen die Umwelt nicht überproportional verschandeln, auch das wird mehr kosten. Vorschläge, den Strompreis zu senken, gibt es. Auch beim Industrie- und Handelskammertag. Hermann Hüwels: „Die Stromsteuer: 1,6 Cent sind es in etwa für das Gewerbe, rund zwei Cent für den Privatbürger. Sie ist ja ursprünglich als Ökosteuer eingeführt worden. Inzwischen aber gibt es so viele Umlagen, die diesen Effekt erzielen. Man könnte eigentlich mal darüber nachdenken, entweder auf diese Stromsteuer zu verzichten oder das Geld für den Umbau des Stromsystems zu nutzen. Das sind immerhin sieben Milliarden Euro pro Jahr.“

von 1 Euro Strom zahlt der Bürger 2016

21 Cent

25 Cent Netzentgelte

Stromeinkauf, Vertrieb

22 Cent

16 Cent

EEG-Umlage

Mehrwertsetuer

16 Cent

sonstige Abgaben

Netzentgelte, in Cent/kWh

7,07

5,73 + 19 %

„Energie muss bezahlbar bleiben“ Über Kosteneffizienz, Energie-Scouts und Marktanreizprogramme – ein Interview mit dem neuen Präsidenten der IHK zu Leipzig, Kristian Kirpal Kristian Kirpal weiß, wovon er spricht. Der 43-jährige Manager studierte nach seiner Berufsausbildung zum Mess-, Steuer- und Regelungstechniker mit Abitur in Schwarze Pumpe an der HTWK Leipzig Energie- und Versorgungstechnik. 2007 übernahm er von seinem Vater Kurt die Wermsdorfer Kirpal Energietechnik GmbH. Sie sind von Haus aus Energie- und Versorgungstechniker, leiten in der Region ein größeres Energietechnikunternehmen. Ihre Devise: Energieeffizienz vor Energiewende. Die Bundesregierung drosselt nun mit dem neuen Erneuerbare-Energien-Gesetz das Tempo bei der Energiewende. Eine weise Entscheidung? Das Energiekonzept der Bundesregierung verfolgt zwei grundlegende Ziele – den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Erhöhung der Energieeffizienz. Beides gemeinsam ermöglicht erst die Energiewende. Für Wirtschaft und private Verbraucher sind aber zwei Punkte essenziell: Die Versorgungssicherheit muss gewährleistet sein und Energie muss bezahlbar bleiben. Seit 1998 sind die staatlichen Abgaben, Umlagen und Steuern, die den Strompreis in die Höhe treiben, von rund zwei auf über 40 Milliarden Euro gestiegen. Mehr Kosteneffizienz bringt jetzt das novellierte ErneuerbareEnergien-Gesetz. Dass dabei die Vergütung erneuerbaren Stroms nicht mehr staatlich festgelegt wird, sondern durch Ausschreibungen am Markt ermittelt wird, ist der richtige Weg und hat mit Tempodrosselung der Energiewende nichts zu tun. Warum räumen Sie Effizienzbemühungen einen höheren Stellenwert ein als einem Paradigmenwechsel in Bezug auf die Nutzung fossiler Energieträger? Die Versorgungssicherheit der heimischen Wirtschaft sowie der privaten Verbraucher muss an erster Stelle stehen. Wir plädieren deshalb für einen Energiemix aus erneuerbaren und konventionellen Quellen. Denn dieser Mix aus Wind, Sonne, Biomasse, Gas und Kohle bildet sich in kaum einer anderen Gegend so eindrucksvoll in der Wirtschaftsstruktur ab wie in der Region Leipzig. Sicher ist auch, dass es weiterer Effizienzsteigerungen bedarf, sowohl im Gebäudebereich als auch bei den Produktionsprozessen der Unternehmen. Seit 2013 wurden bereits mehr als 1000 Auszubildende an 31 IHK-Standorten zu Energie-Scouts ausgebildet. Diese Scouts

suchen anschließend in ihren Betrieben nach Möglichkeiten, Energie einzusparen. Wie wird dieses Programm in der Region Leipzig angenommen? Die IHK zu Leipzig hat gerade gemeinsam mit der Sächsischen Energieagentur ein Energieeffizienznetzwerk für die Region auf die Beine gestellt. Mit rund zehn Gründungsmitgliedern ist die Initiative gestartet und soll weiter ausgebaut werden. Über das Energieeffizienznetzwerk wird auch das Projekt „Energie-Scouts“ in die Unternehmen getragen. Gerade im Hinblick auf die Fachkräftesituation ist die Qualifizierung des eigenen Nachwuchses zu Zukunftsthemen ein großes Plus.

„Im Energiebereich vieler Unternehmen steckt Innovationspotenzial.“ Kristian Kirpal, IHK-Präsident

Rund eine Milliarde Euro steckt die Bundesregierung in diesem Jahr in den Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz und die Förderung in den Bereichen Energieforschung, Energieeffizienz, erneuerbare Energien und energetische Gebäudesanierung. Ihr Unternehmen hat vor 16 Jahren die erste sächsische Brennstoffzelle auf Erdgasbasis in Zusammenarbeit mit der Universität Freiberg entwickelt, deshalb wissen Sie, was Forschung kostet. Tut die Bundesregierung genug? Positiv ist, dass EU, Bund und Freistaat nennenswerte Summen zur Finanzierung und Förderung von Forschung zur Verfügung stellen. Wichtiger als weitere Fördermittel ist vor allem eine Verstetigung des Mittelflusses, damit Planungssicherheit herrscht. Die oft langfristigen Projekte im Forschungsbereich sollten bis zum Ende, das heißt, bis zur Markteinführung des Produktes oder der Technologie, durchfinanziert werden. In vielen mittelständischen sächsischen Unternehmen steckt Innovationspotenzial auch im Energiebereich. Um das Potenzial zu heben, ist es neben der finanziellen Förderung auch nötig, die passenden Partner zusammenzubringen. Deshalb fördern die IHK zu Leipzig und die Stadt Leipzig seit Ende 2013 den Einsatz von vier Technologie-Scouts bei der Agentur für Innovationsförderung und Technologie-

transfer Leipzig. Die Scouts unterstützen Unternehmen dabei, förderfähige Forschungs- und Entwicklungsprojekte zu generieren und vermitteln dafür auch Partner aus den hiesigen Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Auch mit der Initiative „Wirtschaft trifft Wissenschaft“ leistet die IHK seit dreizehn Jahren einen wichtigen Beitrag zur Intensivierung der Zusammenarbeit von Hochschulen mit Unternehmen in der Region Leipzig. Über 150 Kooperationsprojekte wurden durch die Initiative bereits ins Leben gerufen. Wie viele IHK-Unternehmen nutzen das Marktanreizprogramm zur Förderung von Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmemarkt sowie der Energiegewinnung aus Geothermie und Biomasse beziehungsweise das CO2-Gebäudesanierungsprogramm? Die Marktanreizprogramme in diesen Bereichen stoßen bei den hiesigen Unternehmen auf erkennbares Interesse, das entnehmen wir der guten Resonanz auf unsere Informationsveranstaltungen zu diesen Themen. Ihr eigenes Unternehmen, die KET Kirpal Energietechnik GmbH Anlagenbau & Co. KG, liefert Versorgungssysteme an Großkunden wie BMW, Porsche, das Helmholtz-Zentrum, die Deutsche Bahn. Große Unternehmen, für die sich Investitionen in moderne Systeme rechnen. Wie steht es um kleine und mittelständische Unternehmen, die schon heute stark von den Kosten der Energiewende belastet sind? In großen Unternehmen sind sowohl die finanziellen Mittel als auch die spezialisierten personellen Ressourcen vorhanden, um ganze Produktionsprozesse auf energieeffiziente Technologien umzustellen. In vielen kleineren Betrieben wird teilweise noch verhältnismäßig wenig in Energieeffizienz investiert. Die „Mittelstandsinitiative Energiewende und Klimaschutz“, deren Partner die IHK zu Leipzig ist, setzt genau da an und unterstützt den Mittelstand bei der Umsetzung der Energiewende. Ziel ist es, Betrieben Energieeinsparpotenziale aufzuzeigen und ihre Energieeffizienz zu verbessern. Verschiedene Projektbausteine bieten Dialog, Information, Qualifizierung und ganz konkrete Hilfestellung. Im Bereich Weiterbildung gibt es beim Leipziger Zentrum für Aus- und Weiterbildung – neben anderen Anbietern – Kurse zum Energiemanager (IHK). Die Energiemanager lernen gezielt Energieanwendungen zu optimieren.


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„Von einer Energiewende sind wir noch sehr weit entfernt“ Er war mehr als 20 Jahre in der Energiewirtschaft tätig, ist Mitglied im Vorstand des Weltenergierates Deutschland und des Präsidiums des World Energy Council. Zum Energiemix, der Zukunft fossiler Brennstoffe und Effizienzmaßnahmen ein Interview mit dem Rektor der TU Bergakademie Freiberg, Prof. Klaus-Dieter Barbknecht. Seit der Einführung des ErneuerbareEnergien-Gesetzes im Jahr 2000 konnten die Anteile regenerativer Energien am Strommix ständig erweitert werden. Im vergangenen Jahr kamen schon 30 Prozent des in Deutschland erzeugten Stroms aus Solar-, Wind-, Biomasse- und Wasserkraftwerken. Auf der Seite der fossilen Energieträger waren Braun- und Steinkohle mit einem Anteil von 42 Prozent am deutschen Energiemix weiterhin wichtigste Energiequelle. Welche Zukunft räumen Sie Öl, Gas und Kohle ein? Die zukünftige Bedeutung der fossilen Energieträger wird sicherlich je nach Art der Nutzung unterschiedlich sein. Bei der Stromerzeugung wird sie – trotz nach wie vor besserer Wirtschaftlichkeit – zurückgehen, im Gesamtenergieverbrauch bleibt es aber bei einer starken Position. Gas und Kohle werden bei der Stromerzeugung aber auch weiterhin benötigt, sowohl für die Grundlast als auch für den Spitzenlastausgleich. Ich nehme die seit Jahren politisch geführte Diskussion als sehr verkürzt wahr. Es wird fast nur über die Stromerzeugung gesprochen. Am gesamten Energieverbrauch nimmt Strom jedoch nur einen nachgeordneten Anteil ein. Wenn man den Primärenergieverbrauch in Deutschland anschaut, dann haben die Erneuerbaren im Gesamtmix einen Anteil von weniger als 15 Prozent (2015). Es werden sich zukünftig die Anwendungsfelder für Gas, Öl und Kohle verändern – weiter in Richtung einer mehr stofflichen Anwendung anstelle des Verbrennens. Hieran forschen wir auch in Freiberg. Rohöl bleibt nach Expertenmeinungen besonders im Verkehrssektor unverzichtbar. Fast 65 Prozent aller Pkw werden Prognosen zufolge im Jahr 2040 noch mit Benzin oder Diesel fahren. Gas soll wiederum auf dem Heizsektor Kohle ablösen. Wie realistisch ist dieses Szenario? Mineralöl hat derzeit im gesamten Energiemix in Deutschland einen Anteil von etwa einem Drittel und im Verkehrssektor von über 90 Prozent. Trotz aller vollmundiger Programme bleibt der Anteil von anderen Energieträgern im Verkehrssektor verschwindend gering. Im Moment fehlt es den Programmen meines Erachtens an einer technologieoffenen Herangehensweise. Im Forschungsbereich ist dies anders. Hier gilt es, den

Verbrauch zu senken – beispielsweise durch effizientere Motoren, leichtere Materialien – oder den Einsatz alternativer Energieträger wie Erdgas oder Strom durch bessere Motorengestaltung oder effizienterer Speicherung interessanter zu machen. Dies sollte das Ziel einer Absenkung auf 65 Prozent Mineralöl im Verkehrssektor wahrscheinlicher machen. Erdgas hat Kohle aus den Heizungen in den Haushalten längst verdrängt. Hier dominieren Erdgas, Mineralölprodukte und Strom. Für Erdgas bleibt aber durchaus noch großer Raum zur Verdrängung von Mineralöl im Haushaltsbereich. Bei gleichzeitiger Modernisierung der Heizungsanlagen wäre dies ein deutlicher Gewinn für die CO2-Bilanz. Mit einem Erneuerbaren-Anteil von 77 Prozent am Stromverbrauch ist Brandenburg Spitzenreiter, wenn es um grünen Strom in Deutschland geht. Gefolgt von Mecklenburg-Vorpommern auf Platz 3 (63 Prozent) und Sachsen-Anhalt auf Platz 4 (52 Prozent). Mit einem Wert von 22 Prozent erreicht Sachsen Platz 9 im Vergleich, Thüringen mit 16 Prozent Platz 11. Was macht diese großen Unterschiede in Ostdeutschland aus? Hierfür gibt es mehrere Gründe. Es spielen unterschiedliche Förderprogramme für die ansässige Industrie sicherlich ebenso eine Rolle wie die unterschiedliche Bevölkerungs- und Industriedichte, das Vorhandensein von günstigen Standorten für Windkraftanlagen und Biomasse als auch die Akzeptanz von Landschaftsveränderungen durch die Anlagen der Erneuerbaren Stromerzeugung. Fossile Brennstoffe haben einerseits die industrielle Revolution ermöglicht und uns andererseits die Klimaveränderung beschert. Nun müssen wir unseren Energiemix umstellen und mit Energie wesentlich effizienter und intelligenter umgehen. Dass das geht, können wir berechnen. Technisch ist vieles machbar. Aber die zentrale Frage ist: Welcher gesellschaftliche Prozess macht diese Entwicklung möglich? Fossile Energieträger haben nicht nur die industrielle Revolution ermöglicht, sondern sichern unseren derzeitigen Wohlstand und die damit verbundenen Vorteile einer sozialen Zivilgesellschaft. Sie tragen mit über 80 Prozent zum Energiehaushalt bei. Von einer Energiewende

enorme Attraktivität aus. Haben nationale, regionale, vielleicht sogar kommunale Modelle mehr Erfolg als globale Strategien in Bezug auf den Energiewandel? Globale Lösungen sind für die meisten von uns zu abstrakt und zu weit weg, als dass sie durch unser eigenes Handeln beeinflusst würden. Ich glaube daran, dass je dichter eine Fragestellung und deren Lösung an den einzelnen Menschen heranrückt, desto größer werden die entsprechenden individuellen Anstrengungen. Es wird natürlich nicht ohne globale Ziele und Vereinbarungen gehen. Weltklimakonferenzen und die daraus entstehenden Vereinbarungen sind notwendig und wichtig, sie solidarisieren die Weltgemeinschaft. Ebenso wichtig sind aber auch die nationale und noch wichtiger die individuelle Umsetzung. Modelle der Länder und Kommunen sind daher ausgesprochen begrüßenswert, vor allem wenn sie das Wissen um effiziente Energienutzung erhöhen.

Deutschland macht viel Wind um die Energiewende.

Foto: dpa

sind wir noch sehr weit entVerbraucher finanziert so den fernt. Der politische, finanziUmbau des Stromsektors zuelle und gesellschaftliche sätzlich zu Steuern und AbgaAufwand der hierfür in den ben. Wichtige Ziele der Enerletzten 15 Jahren betrieben giewende, nämlich den Abwurde, würde eigentlich ganz bau von CO2-Emissionen und die Verringerung von Importandere Werte erwarten lasabhängigkeiten bei Energiesen. Es stellt sich daher die trägern voranzutreiben, lasFrage, ob das Thema in der sen sich durch höhere Enerbreiten Bevölkerung übergieeffizienz erreichen. Wir haupt angekommen ist. Ich müssen uns bewusster mabezweifle das. Ist den Verbrauchern wirklich bewusst, „Ich nehme die seit chen, dass neue Technologien Jahren politisch für einen effizienteren Enerwas dieses Experiment kostet gieverbrauch mindestens und noch kosten wird und geführte welche technologischen und Diskussion als sehr ebenso wichtig sind, wie alternative Erzeugung von gesellschaftlichen Anstrenverkürzt wahr.“ Energie. gungen hierfür aufzubringen sind? Die Bundesregierung Klaus-Dieter Barbknecht, Dänemark zum Beispiel hat ein prognostiziert Ausgaben in Rektor TU Freiberg Gesetz zur Energieautonomie Höhe von 550 Milliarden Euro bis 2050 mit entsprechenden Impulsen für erlassen. China investiert massiv in erneuerdie Wirtschaft und die Arbeitsplätze. In bare Energien und sucht Innovationspartner 2015 zahlten die Stromverbraucher allein für die fortgeschrittensten Technologien... für die EEG-Umlage über 20 Milliarden Wenn solche volkswirtschaftlichen ExperiEuro zusätzlich zu den Stromkosten. Der mente glücken, dann üben sie auch eine

Abgesehen von dem eher globalen Problem der Endlichkeit fossiler Brennstoffe hat die deutsche Energiewende auch eine mittelfristige wirtschaftspolitische Dimension. Eine Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen bedeutet nämlich auch eine Unabhängigkeit von Exporten, vorrangig bezüglich Gas und Öl. Doch auch in puncto Kohle ist Deutschland nicht so unabhängig wie man denkt. Der Großteil der verbrauchten Steinkohle wird importiert, lediglich der – weltweit übrigens höchste – Verbrauch an Braunkohle wird auch heimisch gefördert. Ist Energie-Autarkie vor allem hinsichtlich politisch instabiler Handelspartner des Rätsels Lösung? Die sogenannte Endlichkeit der fossilen Brennstoffe ist etwas ungenau. Eine Ressource ist stets mit einer gewissen Endlichkeit gepaart, jedoch dürften die bekannten vorhandenen Reserven an fossilen Energieträgern noch mehreren Generationen zur Verfügung stehen. Die größte nationale Energiereserve, die wirtschaftlich gehoben werden kann, ist in Deutschland die Braunkohle. Dennoch schafft sie keine Energie-Autarkie. Die ist auch nicht mit noch größeren Anstrengungen und Kosten im Bereich der erneuerbaren Energien zu schaffen. Also bleiben Europa und Deutschland von Importen abhängig. Es handelt sich aber um eine wechselseitige Wirtschaftsbezie-

hung zwischen den Rohstofflieferländern und uns als Exporteur von Wirtschaftsgütern. Der Begriff der Abhängigkeit ist meines Erachtens daher falsch gewählt. Kohle, Mineralöl und Erdgas sind Produkte auf einem Weltmarkt. Bei vernünftiger Diversifizierung der Lieferquellen und angemessener Ausgestaltung der Lieferverträge ist dies beherrschbar. Seit über 70 Jahren hat dies auch trotz aller Krisen funktioniert. Man sollte jedoch darauf achten, dass man auf Augenhöhe mit den Lieferanten bleibt. Hier ist im Verlauf der sogenannten Liberalisierung des Energiemarktes in Europa zwischenzeitlich einiges auf der Strecke geblieben. Gegenüber heute wird im Jahr 2040 voraussichtlich rund ein Drittel weniger Energie benötigt. Grundlage für den sinkenden Bedarf sind neben dem wachsendes Energiebewusstsein die effizienteren Technologien, die Einsparungen in allen Verbrauchssektoren förderten. Inwieweit ist dann noch Wirtschaftswachstum möglich? Ich sehe im Moment eigentlich eher einen wachsenden Energiebedarf. Die Tendenz ist in den letzten zehn Jahren konstant beziehungsweise eher leicht steigend, wenn man den Verbrauch temperaturbereinigt. Wärmere oder kältere Witterung bestimmt wesentlich die jährlichen Schwankungen im Gesamtenergieverbrauch. Raumwärme ist bei den Haushalten eindeutig der beherrschende Faktor. Der Sektor der privaten Haushalte benötigt seit 1990 mehr Energie. Gleiches gilt für den Verkehrssektor und den Bereich Gewerbe, Handel und Dienstleistungen, während der Verbrauchsrückgang in der Industrie den ansonsten anhaltenden Mehrverbrauch nicht kompensieren kann. Die Zahl für 2040 sehe ich daher nicht. Wie der Rückgang des Verbrauchs in der Industrie auch in den vergangenen Jahren zeigt, sind hier Effizienzgewinne am ehesten nachhaltig umsetzbar ohne das Wirtschaftswachstum zu gefährden. Im individuellen Bereich sehe ich jedoch eher, dass die jeweilige Anwendung effizienter wird. Diese Effizienzsteigerung bei den einzelnen Anwendungen wird jedoch durch eine erhöhte Anzahl von genutzten Geräten oder größeren Wohnraum pro Person et cetera, in der Summe wieder aufgehoben. Anzeige

Klares Wasser in 40 Minuten MIBRAG baut in Profen eine Grubenwasser-Reinigungsanlage Ein Meilenstein ist geschafft: Neun Monate nach Baustart feierte die Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft (MIBRAG) mit ihren Partnern Richtfest auf der Grubenwasser-Reinigungsanlage in Profen. Mit dem Rohbau der Anlage ist ein auch symbolisch wichtiger Bauabschnitt des Umweltschutzprojekts für den Tagebau Profen fertig. Hauptauftragnehmer ist Hochtief. Die Gesamtkosten belaufen sich nach Angaben der MIBRAG auf etwa 27 Millionen Euro – eine Investition in die Zukunft, erklärt Dr. Armin Eichholz: „So einen Start kann man sich nur wünschen“, sagte der erst seit Juli amtierende neue Vorsitzende der Geschäftsführung der MIBRAG. „Bergleute haben großen Respekt vor der Natur, und deshalb ist es selbstverständlich, dass man mit den Ressourcen sorgfältig umgeht. Gleichzeitig ist uns bewusst, dass wir mit dem Bergbau in Natur, Landschaft und Lebensräume eingreifen.“ Auch deshalb investiere das Unternehmen viel in ausgleichende Umweltschutzmaßnahmen. Die Profener Anlage soll im März 2017 in Betrieb gehen und wird auf vier nebeneinander liegenden Reinigungsstraßen bis zu 120 Kubikmeter Wasser pro Minute reinigen können. Jede Straße ist gleich aufgebaut: Eine große Pumpe hebt das Rohwasser aus dem Tagebau auf die kaskadenförmig angelegte erste Reinigungsstufe. Dort wird es mechanisch entsäuert, die im Wasser enthaltene Kohlensäure beseitigt. Anschließend fließt das Wasser durch drei Becken: Im ersten wird der pH-Wert durch die Zufuhr von Kalkmilch und Luftsauerstoff angehoben. Im zweiten werden die feinen Eisenhydroxid-Fremdbestandteile im Wasser zusammengeballt, damit

Kraftpakete: 120 Kubikmeter Wasser heben die Pumpen aus dem Tagebau in die Reinigungsstraßen – pro Minute.

sie im dritten Becken sedimentieren, sich ablagern. Nachdem das Wasser die Reinigungsstraße durchlaufen hat, beträgt der Eisengehalt maximal 1,5 Milligram pro Liter. Das klare Wasser wird gesammelt und über ein Grabensystem in die gut eineinhalb Kilometer entfernte Weiße Elster bei Profen abgeleitet. Etwa 20 Prozent des Wassers werden außerdem in die Weiße Elster bei Bornitz geführt, um dort den Fluss zu stabilisieren.

Ich bin davon überzeugt, dass wir Partner der Energiewende sind und nicht im Gegensatz zu ihr stehen. Dr. Armin Eichholz, Vorsitzender der Geschäftsführung MIBRAG

Großinvestition Wenige Kilometer vom Tagebau Profen entfernt realisieren MIBRAG und Partner seit einem Jahr mit der Errichtung eines Massenverteilers im Tagebau Vereinigtes Schleenhain ein weiteres Großprojekt. Der Massenverteiler ist der entscheidende Knoten im Tagebaugeschehen. Hier treffen die Bandanlagen zusammen, auf denen Kohle oder Abraum transportiert wird. Die Anlage verteilt die Massen in die jeweilige Richtung. Der Massenverteiler ist damit das logistische Herzstück eines Tagebaus. Die Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft investiert bis zum Jahr 2023 etwa 45 Millionen Euro in die Anlage. Die erste Ausbaustufe soll ab Ende 2016 Kohle von Peres zum Kraftwerk Lippendorf transportieren. Der Massenverteiler ist Teil des Übergangs in das neue Abbaufeld Peres – mit etwa 150 Millionen Euro nach Angaben des Unternehmens ein wahres Großprojekt.

Akku geladen. Mit Kohle. Jede 4. Kilowattstunde Strom wird in Deutschland aus Braunkohle erzeugt.

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Vom Eintreten in die Anlage bis zur in Deutschland ist der einzige heimiAbleitung des geklärten Wassers verge- sche, in großen Mengen verfügbare und hen knapp 40 Minuten. Die Grubenwas- subventionsfreie Energieträger. Desweser-Reinigungsanlage ist das bislang gen bin ich davon überzeugt, dass wir größte Umweltschutzprojekt der MI- Partner der Energiewende sind und BRAG. Die Anlage fasst 10 000 Kubik- nicht im Gegensatz zu ihr stehen.“ meter Wasser, ist 85 mal 85 Meter groß In Mitteldeutschland besteht nach und wird mit dem Betriebsgebäude etwa Ansicht der MIBRAG eine erfolgreiche elf Meter in die Höhe ragen. Sie läuft Allianz: „Die Leute leben mit dem Bergvollautomatisch und wird von der 2010 bau, aber auch vom Bergbau, und diein Betrieb genommenen Grubenwas- sen Weg wollen wir erfolgreich weiterser-Reinigungsanlage im Tagebau Ver- gehen.“ einigtes Schleenhain aus gesteuert. In Profen wird voraussichtlich noch bis 2035 Braunkohle gefördert. Auch MIBRAG-Geschäftsführer Eichholz wählt diese Jahreszahl, um die Bedeutung der Kohle im deutschen Energiemix zu betonen: „Nach den sehr ehrgeizigen Ausbauplänen der Bundesregierung soll bis dahin 60 Prozent des Stroms aus regenerativen Energien erzeugt werden. Die anderen 40 Prozent kommen von den fossilen Arbeiten im Gleichklang: Hochtief-Polier Gerd Fichtmüller, Energieträgern“, sagt MIBRAG-Geschäftsführer Armin Eichholz und Hochtief-NieFotos: Christopher Resch Eichholz. „Die Braunkohle derlassungsleiter Lutz Reimann (v.l.n.r.).

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Am Anfang war das Netz Kaum eine Innovation hat die Gesellschaft so rasant und drastisch verändert: Von Information und Kommunikation über Beruf und Bildung bis hin zu unserem Shopping- und Datingverhalten – das World Wide Web hat sämtliche Bereiche des Lebens umgekrempelt. Am 6. August 1991, also vor gerade einmal 25 Jahren, wurde in der Schweiz die erste Webseite der Welt öffentlich gemacht. Zwei Jahre später wurde das Internet massenkompatibel. Dass das Netz so ist, wie wir es in der heutigen Form kennen, ist maßgeblich einem Mann zu verdanken. Der britische Physiker Tim Berners-Lee, damals am Europäischen Kernforschungszentrum (CERN) bei Genf beschäftigt, wollte das dortige Informationschaos eindämmen. Im März 1989 schlug er seinem Arbeitgeber ein Projekt auf Basis des Hypertexts vor, um den Datenaustausch zwischen den Forschern weltweit zu vereinfachen. Unterstützung bekam er von seinem Kollegen Robert Cailliau. Weihnachten 1990 legte

Berners-Lee mit info.cern.ch den ersten Web-Server der Welt an. Am 6. August 1991 machte der damals 36-Jährige die erste Webseite im Internet öffentlich. „Das war ein technischer Meilenstein“, sagt Informatiker Werner Zorn, der als Gründungsvater des deutschen Internets gilt und 1984 an der Universität Karlsruhe die erste deutsche E-Mail empfing. „Die Idee dahinter war die Verbindung von Apples Hypertext mit der Internet-Technologie auf der Netzebene“, erklärt er. Denn das Internet, also die Netzwerk-Infrastruktur, gab es schon einige Jahre. Nach der E-Mail wurde nun mit dem World Wide Web ein weiterer Dienst geschaffen, der das Internet quasi zum Leben erweckte. Einen wichtigen formalen Schritt machte das CERN 1993, als das Institut das World Wide Web für die Öffentlichkeit freigab und bewusst auf Lizenzzahlungen und Patentierung verzichtete. Damit trugen die Forscher maßgeblich zur Bedeutung des Webs in seiner heutigen Form bei. „Die freie Verfügbarkeit

Die Digitale Transformation hält auch in der Energiewirtschaft Einzug.

war natürlich der Erfolgsfaktor schlechthin“, sagt Internet-Pionier Zorn. Den Durchbruch des WWW für Nicht-Computerspezialisten gelang dann 1993 Marc Andreessen. Der Student entwickelte an der University of Illinois den ersten Mosaic-Browser und

Foto: dpa

machte sich später mit Netscape daran, seine Software zur führenden OnlinePlattform zu machen. Microsoft-Gründer Bill Gates zog mit seinem Explorer nach und zettelte den „Browser-Krieg“ an, in dem Netscape dann auf der Strecke blieb.

Das Web wuchs rasant und brachte viele Tech-Milliardäre hervor: 1995 gingen mit Yahoo, Ebay und Amazon gleich drei spätere Internet-Riesen an den Start. 1998 folgte Google, sechs Jahre später gründete der damalige Harvard Student Mark Zuckerberg Facebook. Ein Meilenstein in der Geschichte des Internets setzte Netflix-Chef Reed Hastings mit seiner Strategie, den Versand von DVDs und Blu-Ray-Scheiben durch einen Video-Streamingdienst Schritt für Schritt abzulösen. Im Februar 2007 startete der Onlinedienst in den USA, seit September 2014 gibt es Netflix auch in Deutschland, Österreich und in der Schweiz. Inzwischen hat Netflix 83,2 Millionen Kunden und ist fast auf der ganzen Welt verfügbar, bis auf China und Länder wie Nordkorea. Zählt man alle Streaming- und Download-Dienste wie YouTube, iTunes, Amazon Video und BitTorrent zusammen, gehen sogar knapp zwei Drittel der Bandbreite für Video- und Musikdienste

drauf. Noch größer als der unendliche Bedarf nach Breitbandverbindungen hat das mobile Internet das Web verändert: 2007 präsentierte Apple-Chef Steve Jobs das erste iPhone, ein Jahr später kam das erste Smartphone mit der Google-Software Android auf den Markt. Das mobile Internet wurde massenkompatibel und Millionen von Apps drängen das Surfen über einen Browser zunehmend zurück. Heute stehen Begriffe wie das Internet der Dinge oder Industrie 4.0 für eine immer vernetztere Gesellschaft, die aber nicht unbedingt auf das WWW angewiesen ist. Laut Branchenverband Bitkom gehen drei von vier EU-Bürgern (76 Prozent) zwischen 16 und 74 Jahren mindestens einmal pro Woche online. In Deutschland sind es 84 Prozent, in Island sind es sogar 97 Prozent. Und der Internetpionier Berners-Lee selbst? Nach wie vor setzt sich der 61-Jährige für ein freies Internet und den Netzzugang für alle Menschen ein.

Geht es nach Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), dann wird die Energiewirtschaft zur ersten vollkommen digitalisierten Branche in Deutschland. Sein Instrument dafür ist das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende. Gabriels Begründung ist kurz und klingt überaus schlüssig: Kommt der Strom nicht mehr nur aus ein paar Hundert Großkraftwerken, sondern von heute schon 1,6 Millionen Kleinerzeugern, dann muss der Fluss der Elektronen mittels intelligenter Messsysteme und ebensolcher Netze digital gesteuert werden. Welche Veränderungen die Digitalisierung mit sich bringt, diskutieren unter anderem Tim Hartmann, Chef des größten regionalen ostdeutschen Energiedienstleisters enviaM, sowie Dr. Frank Büchner, Leiter der Division Energy Management bei Siemens Deutschland, auf dem 5. Ostdeutschen Energieforum in Leipzig.

„Echten Mehrwert für Kunden bieten“ Im besten Fall ermöglichen intelligente Messsysteme neue Tarife und Dienstleistungen, führen zu Energieeinsparungen und reduzieren die Netzausbaukosten. Teilen Sie diesen Optimismus? Die neue Messtechnik bietet in der Tat viele Möglichkeiten. Den Netzbetreibern stehen zur Steuerung des Netzes künftig noch mehr Informationen zur Verfügung. Dies ist für die Netzplanung und den Netzbetrieb von großem Nutzen. Die Kunden erhalten eine bessere Visualisierung ihres Stromverbrauches. Sie können ihr Verbrauchsverhalten auf diese Weise gezielt beeinflussen. So sind intelligente Messsysteme beispielsweise die Voraussetzung für zeit- und lastvariable Tarife. Letztgenannte ermöglichen ihrerseits eine kostenoptimierte Steuerung des Energieverbrauchs im Haushalt. Mit intelligenten Messsystemen müssen mehr Daten als zuvor verarbeitet werden. Was hat das für Auswirkungen auf Ihr Unternehmen und die Kunden? Die Datenverarbeitung ist für uns wie für alle Energieversorger ein großes Thema. Wir müssen unsere IT-Systeme fit machen. Das geht in die Millionen. Dies ist vor allem für kleinere Versorger und Netzbetreiber eine Herausforderung. Deshalb haben wir ihnen eine Partnerschaft angeboten und sie eingeladen, mit uns eine gemeinsame Anwendergemeinschaft zu bilden. Ihr haben sich bislang bereits 40 Stadtwerke angeschlossen. Wir sind dabei, eine kostengünstige Lösung für das Datenmanagement zu entwickeln, die alle interessierten Partner nutzen können. Für den Datenschutz gelten sehr hohe Sicherheitsstandards. Wir werden diese selbstverständlich beachten und wie gewohnt sehr sorgsam mit den Daten unserer Kunden umgehen. Decken die für das Kundengeschäft vorgesehenen Preisobergrenzen die Kosten für den Einbau und Betrieb der intelligenten Messsysteme? Die Politik möchte die intelligenten Messsysteme zum Alleskönner machen. Es darf aber nicht mehr kosten. Die Anforderungen an die neue Messtechnik sind im Laufe des Gesetzgebungsprozesses stetig gestiegen. Dabei geht es nicht nur um technische Vorgaben, sondern auch um neue Regelungen für Prozesse und Systeme. All dies beschäftigt bei uns immer mehr Mitarbeiter. Hinzu kommt, dass wir viele Zähler austauschen müs-

sen, die noch nicht abgeschrieben sind. Um dies alles im Interesse unserer Kunden kostengünstig umzusetzen, setzen wir konsequent auf Innovationen, die Digitalisierung der Prozesse und auf Kostenteilung durch Partnerschaften. Kritiker des Gesetzes machen einen ungerechtfertigten Eingriff in die Verbrauchersouveränität aus. Das neue Gesetz soll dazu dienen, dass in allen Haushalten ohne deren Zustimmung intelligente Messsysteme und moderne Messeinrichtungen eingebaut werden können. Wie vertreten Sie diesen Fakt vor Ihren Kunden? Wir haben uns dies offen gestanden auch anders vorgestellt. Der Gesetzgeber schreibt eine „Zwangsbeglückung“ der Verbraucher mit intelligenten Messsystemen und modernen Messeinrichtungen

„Die Politik möchte die intelligenten Messsysteme zum Alleskönner machen.“ Tim Hartmann, Vorstands-Chef enviaM

vor. Uns wäre wohler gewesen, wenn die Kunden die Wahl gehabt hätten, ob sie ihren alten Zähler behalten oder lieber ein neues Messgerät bekommen möchten. Leider haben wir uns mit diesem Vorschlag politisch nicht durchsetzen können. Entscheidend ist jetzt, dass wir die Kunden umfassend über die neue Messtechnik und ihre Vorteile aufklären. Wichtig ist auch, die Kosten für Einbau und Betrieb im Sinne der Kunden so gering wie möglich zu halten und ihnen einen echten Mehrwert zu bieten. Zum Schluss ein Blick in die Glaskugel. Wie verändert die Digitalisierung unser Leben mit Energie? Ohne Daten geht in Zukunft nichts mehr – beruflich wie privat. Leben und Arbeiten werden vernetzter. Viele Dinge vereinfachen sich dadurch. Der Siegeszug des Smartphones ist dafür ein gutes Beispiel. Bezogen auf die Energieversorgung heißt das: Strom, Wärme und Verkehr wachsen zusammen. Die Daten sagen mir zum Beispiel, wann es günstig ist, mein Elektroauto zu laden oder einen Warmwassertank zu befüllen. Denn Speicher werden eine zunehmende Rolle spielen. Das alles wird für unsere Kunden und für uns als Unternehmen viele neue Möglichkeiten bieten.

Neue Messtechnik Moderne Messeinrichtungen und intelligente Messsysteme werden beginnend ab 2017 stufenweise in Deutschland eingeführt. Der Einbau soll bis 2032 abgeschlossen sein. Verbraucher mit einem Jahresverbrauch von weniger als 6000 Kilowattstunden pro Jahr sowie Betreiber dezentraler Erzeugungsanlagen mit einer installierten Leistung kleiner sieben Kilowatt bekommen eine moderne Messeinrichtung. Bei den modernen Messeinrichtungen handelt sich um digitale Stromzähler, die den Stromverbrauch besser veranschaulichen als die bisherigen elektromechanischen Zähler. Anders als intelligente Messsysteme verfügen moderne Messeinrichtungen nicht über eine Kommunikationseinheit. Sie können jedoch auf Wunsch des Kunden über eine Schnittstelle an diese angebunden werden. Wird

der Anschluss durchgeführt, wird aus der modernen Messeinrichtung ein intelligentes Messsystem. Verbraucher mit einem Jahresverbrauch von mehr als 6000 Kilowattstunden pro Jahr sowie Betreiber dezentraler Erzeugungsanlagen mit einer installierten Leistung ab sieben Kilowatt erhalten ein intelligentes Messsystem. Intelligente Messsysteme bestehen aus einer modernen Messeinrichtung und einer Kommunikationseinheit. Wesentlicher Unterschied zur herkömmlichen Zähltechnik ist die Kommunikationseinheit. Intelligente Messsysteme sind in der Lage, wichtige Netz- und Verbrauchswerte zu erfassen und zu übermitteln. Die Datenübertragung erfolgt verschlüsselt über eine gesicherte Datenverbindung. Die Vorgaben dafür kommen vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).

Bereit für Industrie 4.0

Z

uerst wurden Computer miteinander vernetzt. Inzwischen gilt das für viele Dinge des täglichen Lebens: Smartphones, Haushaltsgeräte, Autos. Das Beratungsunternehmen Gartner schätzt, dass bis zum Jahr 2020 rund 25 Milliarden Objekte im „Internet der Dinge“ miteinander vernetzt sein werden. Schon heute sind es 3,8 Milliarden. Siemens übernimmt dabei eine wichtige Schlüsselrolle. „Die Energiewirtschaft wird zur ersten Branche, die per Gesetz zur vollständigen Digitalisierung verpflichtet wird“, sagt Dr. Frank Büchner, Leiter der Division Energy Management bei Siemens Deutschland, und verdeutlicht die Auswirkungen dieser Entwicklung am Beispiel des Technologiekonzerns. Eine Gasturbine erzeugt täglich durchschnittlich 30 Gigabyte an Betriebsdaten. Durch deren intelligente Auswertung lässt sich bestimmen, wann die Turbine gewartet werden muss. Der Betreiber profitiert von geringeren Ausfallzeiten. Siemens bietet das entsprechende Know-how – Grundlage der Siemens Digital Services ist die Technologieplattform Sinalytics. Sie sorgt für Konnektivität, Datenintegration und -analyse sowie Cyber Security. Sinalytics vernetzt Geräte und Betriebsmittel auf der ganzen Welt und ermöglicht so die sichere Fernüberwachung und -wartung. Die Plattform integriert auch Daten anderer Quellen – etwa Wettervorhersagen oder Serviceinformationen aus dem Kraftwerk – und sorgt durch die Anwendung moderner Analysemethoden für neue Erkenntnisse. Experten können damit Fehler vorhersagen und verhindern, die Leistung der Turbine verbessern sowie Energie und Kosten sparen. Die digitale Energiewelt von morgen wird bereits heute in innovativen Projekten entlang der Wertschöpfungskette umgesetzt. Das gilt bei der Stromerzeugung zum Beispiel in Form einer vorausschauenden Wartung oder durch den Einsatz virtueller Kraftwerke, die einzelne dezentrale Einheiten bündeln. Ein weiteres Thema sind neuronale Netze für Windparks, die die Ausbeute ohne Hardware-Upgrades um bis zu vier Prozent erhöhen. Auch entlang der Übertragungs- und Verteilnetze findet die Digitalisierung statt – so zum Beispiel in Netzleitstellen, die Übertragungsverluste bei den großen Stromautobahnen minimieren. Daran forscht Siemens ge-

meinsam mit mitteldeutschen Hochschulen beispielsweise im Projekt „DynaGrid“. Aber auch im Verteilnetz zeigt sich die digitale Energiewelt, wie das Projekt mit Netze BW beweist: das „selbstheilende Netz“. Beim Projekt „Dezentrale Netzintelligenz“ stehen die Netzüberwachung und das Störungsmanagement mit intelligenter Messtechnik sowie eine Weitbereichsregelung für die aktive Spannungshaltung im Vordergrund. Dazu werden neun Ortsnetzstationen an den wichtigsten Knotenpunkten und fünf Stationen mit Spannungsmesstechnik in den Netzausläufern mit Automatisierungstechnik ausgestattet. „Nur die Digitalisierung macht es möglich, die zunehmende Komplexität der Energiewirtschaft zu beherrschen“, sagt Siemens-Manager Büchner.

„Die Digitalisierung macht die zunehmende Komplexität der Energiewirtschaft beherrschbar.“ Dr. Frank Büchner, Siemens-Manager

Die digitale Energiewelt verschmilzt immer stärker auch mit anderen Sektoren: Durch die digitale Transformation ergeben sich in angrenzenden Bereichen wie Mobilität (auch E-Mobility), Infrastruktur (Gebäudeautomatisierung) oder Industrie (Lastmanagement, Energiedienstleistungen, Energiemanagement) und bei Smart Home neue Geschäftsmöglichkeiten. In Zukunft richtet sich die Energienutzung stärker nach der Erzeugung; Flexibilisierung ist wesentlich. Das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende ist hier ein erster Schritt. Stichwort Mobilität: Das Siemens-Verkehrsmanagementsystem in Potsdam verarbeitet beispielsweise täglich sechs Terabyte an Verkehrs-, Wetter- und Umweltdaten, um Strategien zur umweltfreundlichen Steuerung des Verkehrs zu berechnen. Erklärtes Ziel von Siemens ist es, seine Kunden bei dem Prozess der vollständigen Digitalisierung ihrer Wertschöpfungsketten zu begleiten. Mit seiner Division Digital Factory treibt der Technologiekonzern selbst den Wandel zum Digital Enterprise rasant voran. Ein Para-

debeispiel ist Siemens’ mehrfach ausgezeichnetes Elektronikwerk in Amberg/ Bayern. Es demonstriert, was im Wesentlichen mit Industrie 4.0 gemeint ist. EWA produziert schon heute so, wie es künftig Standard sein könnte. Jährlich stellt die Fabrik zwölf Millionen Simatic-Produkte her. Das sind Bauteile für die industrielle Steuerungs- und Regelungstechnik. Bei 230 Arbeitstagen pro Jahr verlässt jede Sekunde ein Produkt das Werk. Möglich macht dies ein hoher Automatisierungsgrad: Außer bei Rüst-, Reparatur- und Wartungsarbeiten wird hier so gut wie nichts von Hand gemacht. Wenn virtuelle und reale Welt zusammenwachsen, ergeben sich enorme Möglichkeiten. Diese ebnen den Weg zu immensem Wachstum. Siemens verbindet dabei virtuelle und reale Fertigung und steigert so Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit seiner Kunden. Und der Technologiekonzern hat Erfolg damit: Nach einem starken dritten Geschäftsquartal hat Siemens seine Gewinnprognose für das laufende Jahr angehoben. Europas größter Elektrokonzern steigerte Umsatz und Betriebsergebnis deutlich und erreichte auch dank Großaufträgen für Kraftwerke und Windparks den höchsten Auftragsbestand in der Unternehmensgeschichte. In einem schwierigen Marktumfeld habe Siemens vor allem im Vergleich mit den Wettbewerbern überzeugt, sagte Vorstandschef Joe Kaeser Anfang August in München. „Der jahrelange Wachstumsverfall ist gestoppt.“ Das operative Geschäft lief glänzend: Das Betriebsergebnis des Industriegeschäfts legte um 20 Prozent zu. Nur wegen höherer Steuern und Zinslasten ging der auf die Aktionäre entfallende Konzerngewinn von 1,36 auf 1,33 Milliarden Euro zurück. Für das im September endende Geschäftsjahr peilt Siemens nun einen leichten Umsatzzuwachs und einen Nettogewinn von 5,5 bis 5,7 Milliarden Euro an, nach 7,4 Milliarden Euro im Vorjahr. Beim Quartalsergebnis machte sich die gute Lage im profitablen Geschäft mit der Medizintechnik ebenso bemerkbar wie das Wachstum im herkömmlichen Kraftwerksgeschäft – der größten Siemens-Sparte – und mit Windkraftanlagen. Großaufträge aus Ägypten, Schottland, den USA sowie Bolivien für Kraftwerke und Windräder machten die Nachfrageschwäche bei Kunden aus der Öl- und Gasindustrie mehr als wett.

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OSTDEUTSCHES ENERGIEFORUM

Dienstag, 30. August 2016 | NR. 203

Anzeigen-Sonderveröffentlichung |

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Ostsee in der Lausitz

Seit Jahrzehnten lebt die Lausitz von der Kohle. In spätestens 30 Jahren ist Schluss. Was kommt danach? Haus am See statt Bagger vor der Haustür? Die neu gegründete Innovationsregion Lausitz soll den Strukturwandel in der Region begleiten. rem mit energiewirtschaftlichen Themen – von der Kraftwärme-Kopplung, Pumpund Batteriespeichern bis zu Industrieund Großkraftwerken. Seinen neuen Job versteht Lange so: Er wolle die Region auf ihrem Weg in einen nachhaltigen Strukturwandel begleiten, Netzwerke knüpfen und Türen öffnen. Er betont, dass er vor allem Wirtschaft und Wissenschaft näher zusammenbringen wolle. Lange kommt aus der Forschung, war unter anderem für die Energieunternehmen EnBW und Électricité de France (EDF) tätig. Seit 2007 ist er in der Lausitz tätig. Promoviert hat er als Marie-CurieFellow an der französischen Ecole polytechnique. Erfahrungen hat Lange auch auf dem osteuropäischen Energiemarkt gesammelt, wie in Polen und der Slowakei. Für den Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Cottbus, Wolfgang Krüger, ist Lange die ideale Besetzung. „Er kennt alle Facetten der Energiewende und ist in der Lausitz verankert.“ Krüger ist auch Vorsitzender der Gesellschafterversammlung. Angesiedelt ist die Innovationsregion bei der IHK Cottbus. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) – selbst Lausitzer – setzt große Hoffnungen in das neue Bündnis („ein großer Schritt nach vorn“), aber auch in Lange. Jetzt sei es vor allem wichtig, dass die Region „mit einer Stimme“ spreche und sich auf gemeinsame Ziele einige, sagt Woidke. „Das Kirchturmdenken soll sich auflösen.“ Es müssten gute Rahmenbedingungen für Innovationen und Investitionen geschaffen werden. „Insbesondere sollen gemeinsam mit der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg Ausgründungen von Start-up-Unternehmen unterstützt werden.“ Wichtig ist Woidke vor allem der Maßnahmenkatalog, der mit Sachsen erarbeitet werden soll und, wie Woidke betonte, „aus einem Guss“ sein müsse. Eine gemeinsames Konzept für den Strukturwandel – die Lausitz liegt in Brandenburg und Sachsen – gibt es bisher nicht.

Revier Hilfen des Bundes für den Strukturwandel in Aussicht gestellt. Konkrete Zahlen hatte sie aber nicht genannt. Spree-Neiße-Landrat Harald Altekrüger (CDU) machte klar, dass vor allem Industriearbeitsplätze nötig seien. „Wir werden diese Verluste nicht mit dem Tourismus auffangen können.“ Angeln, Planschen, Strandspaziergang: Nördlich von Cottbus soll der größte See Brandenburgs entstehen. Der stillgelegte Tagebau soll in wenigen Jahren geflutet werden. Die Vorbereitungen haben schon begonnen. 200 Millionen Euro wird das Ganze voraussichtlich kosten. Jahrzehntelang wurde die Erde nördlich von Cottbus umgegraben, um an Braunkohle zu kommen. In der Grube, die im Dezember 2015 planmäßig stillgelegt wurde, sollen demnächst wieder riesige Erdmassen bewegt werden: Der Energiekonzern Vattenfall will den größten See Brandenburgs anlegen, den Cottbuser Ostsee. Ab etwa 2024 sollen dort Einheimische und Touristen baden, angeln oder am Strand ausspannen können. Der Rückbau der Geräte und Anlagen in der Grube hat schon begonnen. Seit 1981 war dort Kohle gefördert worden. Voraussichtlich im Winter 2018/2019 soll erstmals Spreewasser in die Grube geleitet werden. Etwa im Jahr 2024 soll vollständig geflutet sein. Zu 80 Prozent kommt das Wasser nach Vattenfall-Angaben aus der Spree, der Rest ist Grundwasser. Für das Projekt sind nach Konzernangaben 200 Millionen Euro vorgesehen. Der See soll einmal 1900 Hektar groß sein. Zum Vergleich: Der Senftenberger See weiter südlich hat eine Wasserfläche von 1300 Hektar. Die Müritz, der größte See in Deutschland, ist 11 700 Hektar groß. Die Wassertiefe soll im Ostsee überwiegend etwa drei Meter betragen. Um den nötigen Strukturwandel zu begleiten, hat sich in Cottbus ein Bündnis aus Vertretern der Wirtschaft und der Wissenschaft gegründet: die Innovationsregion Lausitz GmbH (IRL). Der neue Geschäftsführer heißt Hans Rüdiger Lange (48) und ist seit April im Amt. Lange, in Osterode am Harz geboren, ist promovierter Physiker. Zuletzt war er Leiter Energiewirtschaft beim VattenfallKonzern in Cottbus. Der schwedische Staatskonzern hat inzwischen seine Braunkohlesparte verkauft und wird sich aus der Region zurückziehen. Bei Vattenfall beschäftigte sich Lange unter ande-

Seitdem der Energiekonzern Vattenfall den Verkauf der Braunkohlesparte in der Lausitz angekündigt hat, ist die ganze Region verunsichert. Foto: dpa

EPH-Gruppe Der schwedische Energiekonzern Vattenfall will sein deutsches Braunkohlegeschäft an die tschechische EPH-Gruppe verkaufen. Der Verkauf der Braunkohle-Aktivitäten in der Lausitz an EPH und seinen Finanzpartner PPF Investments soll morgen, zum 31. August, vollzogen werden, teilte Vattenfall mit. Demnach soll EPH sowohl Vermögenswerte in Höhe von 1,6 Milliarden Euro übernehmen als auch Schulden und Rückstellungen zur Regenerierung von Braunkohlegebieten in Höhe von 1,9 Milliarden Euro. Der Verkauf betrifft Kohlekraftwerke und Bergwerke in Brandenburg und Sachsen. Als Eigentümer hatte die schwedische Regierung den geplanten Verkauf an die EPH-Gruppe des Investors Daniel Kretinsky seit April geprüft. Zu EPH gehören in Deutschland bereits das Bergbauunternehmen Mibrag mit Sitz in Zeitz (Sachsen-Anhalt) sowie dessen Tochtergesellschaft Helmstedter Revier GmbH (HSR) mit dem Kraftwerk Buschhaus. Im Verkaufsprozess für die Lausitz-Standorte hatten auch die tschechische Czech-Coal-Gruppe, der tschechische Staatskonzern CEZ, der Essener Energiekonzern Steag und Greenpeace Interesse bekundet – aber überwiegend keine Angebote abgegeben. Vattenfall beschäftigt in der Sparte rund 8000 Menschen – in Sachsen und Brandenburg. Der Vattenfall-Konzern hatte 2014 entschieden, sich von dem Geschäftsfeld zu trennen. Die rot-grüne Regierung in Stockholm hatte zuvor das Ziel vorgegeben, mehr erneuerbare Energien anzubieten. EPH hatte zugesichert, den Vattenfall-Tarifvertrag zu übernehmen – und bis Ende 2020 soll es keine betriebsbedingten Entlassungen geben.

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„Ohne Erdgas keine Dekarbonisierung“

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Gas ist Hoffnungsträger der Energiewende

Energieforum 2016

© VNG Norge AS/Helge Hansen/Montag

LEIDENSCHAFT FÜR ERDGAS INTERNATIONAL AUFGESTELLT – REGIONAL VERBUNDEN.

Mit einer modernen Erdgas-Brennwertheizung kann der Treibhausgasausstoß im Vergleich zu einer alten Anlage nahezu halbiert werden – und das zu einem bezahlbaren Preis. Foto: VNG

Bodo Rodestock, Vorstands-Mitglied VNG

maschutzziele erreicht, muss der Energiebedarf deutlich reduziert und der Anteil erneuerbarer Energien erheblich gesteigert werden. Um das zu erreichen, muss man sich auf die richtigen Maßnahmen konzentrieren. Erdgas wird im Zusammenspiel mit den erneuerbaren Energien zum unverzichtbaren Partner, wie das Beispiel Power-to-Gas zeigt: Überschüssiger Ökostrom wird in Wasserstoff umgewandelt und dank einer gut ausgebauten Erdgasinfrastruktur gespeichert. Nur durch dieses Verfahren ist die langfristige Speicherung schwankender erneuerbarer Energien überhaupt möglich. Rodestock bringt es abschließend auf den Punkt: „Erdgas und die Gasinfrastruktur legen damit den Grundstein für ein dekarbonisiertes Energiesystem der Zukunft. Das heißt: Wer morgen Dekarbonisierung will, muss heute auf Erdgas setzen.“

Power-to-Gas Das Verfahren ist simpel und manchem vielleicht noch aus dem Physik- oder Chemieunterricht in Erinnerung: Mit Strom lässt sich in einer Lösung per Elektrolyse Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff trennen. Der Wasserstoff kann in einem zweiten Schritt mit CO2 zu Methan weiterverarbeitet werden, das sich kaum von natürlichem Erdgas unterscheidet. Gas lässt sich problemlos speichern und transportieren: Theoretisch stünde dafür das gesamte deutsche Gasnetz von rund 400 000 Kilometern Leitung mit zahlreichen unterirdischen Gasspeichern bereit. Laut dem Gasfachverband DVGW könnte allein in den Speichern der deutsche Strombedarf für 2000 Stunden, also fast drei Monate, in Gasform gelagert werden. Bei Bedarf lässt sich das Gas mit bewährter Technik wieder zu Strom umwandeln.

© ONTRAS/Jakob Richter

„Für eine schnelle und erfolgreiche Dekarbonisierung brauchen wir Erdgas.“

Die VNG-Gruppe um die VNG – Verbundnetz Gas Aktiengesellschaft ist in der gesamten Wertschöpfungskette der deutschen und europäischen Erdgaswirtschaft aktiv und konzentriert sich auf die vier Kerngeschäftsbereiche Exploration & Produktion, Gashandel & Dienstleistung, Gastransport und Gasspeicherung. Mit dieser Expertise leisten wir einen entscheidenden Beitrag für ein nachhaltiges Energiesystem.

© VGS/Tortsen Pross

Gute Nachrichten für Deutschland: Die Energiewende wird gelingen – vorausgesetzt die richtigen Weichen werden gestellt. Spätestens seit dem Pariser Klimaschutzgipfel im Herbst vergangenen Jahres ist überall von „Dekarbonisierung“ zu hören und zu lesen. Dekarbonisierung bedeutet nichts anderes, als möglichst schnell und effizient CO2 einzusparen. Nach dem Willen der Politik soll die Wärmeversorgung in Deutschland bis 2050 nahezu klimaneutral werden und die CO2-Emissionen um 80 bis 95 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken. Doch aktuell zeigt sich, dass die angestrebten CO2-Einsparungen nicht erreicht werden. „Vielmehr besteht eine erhebliche Lücke zwischen den politisch gesteckten Zielen und den realistischen Erwartungen. Im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums wurde berechnet, dass uns bis 2050 rund 150 Millionen Tonnen CO2-Einsparungen in Strom, Wärme und Verkehr fehlen werden“, betont Bodo Rodestock, Mitglied des Vorstands der VNG – Verbundnetz Gas AG. Ein Blick auf den Wärmemarkt zeigt, dass hier mit 40 Prozent der größte Anteil am Energieverbrauch in Deutschland liegt. Gleichzeitig ist er für ein Drittel des CO2-Ausstoßes verantwortlich. „Deshalb sollte man in den Heizungskeller schauen, wenn man klimaschädliches CO2 reduzieren will. Hier schlummert eine Menge Einsparpotenzial“, so Rodestock. Hausbesitzer investieren aber eher in eine oftmals teure und ineffiziente Dämmung, bei der die Sanierungskosten oft die Einsparungen übersteigen. Im Vergleich dazu ist die Erneuerung der Heizungsanlage kostengünstiger und gut für das Klima: Mit einer modernen Erdgas-Brennwertheizung kann der Treibhausgasausstoß im Vergleich zu einer alten Anlage nahezu halbiert werden – und das zu einem bezahlbaren Preis. „Damit kann jeder einen aktiven Beitrag zur sauberen Umwelt leisten und dabei noch sparen“, erklärt Rodestock weiter. Die VNG beschäftigt sich intensiv mit der Frage, welchen Beitrag Erdgas leisten kann, um die „CO2-Lücke“ zu schließen. „Unsere Analysen zeigen, dass allein durch den Einsatz moderner Erdgasheizungen bis 2050 mehr als 16 Millionen Tonnen CO2 im Wohngebäudebereich eingespart werden können. Und das ist nur ein Beispiel von vielen. Setzt man zukünftig mehr innovative Gastechnologien wie Brennstoffzellen und Gaswärmepumpen ein, dann sind die Einsparungen noch größer“, bekräftigt Rodestock. Klar ist: Damit Deutschland seine Kli-

Ostdeutsches

© VNG Norge AS/Helge Hansen/Montag

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ie Lausitz wird zum Spielball der Energiewende. Mit Braunkohle ist zurzeit kein Geld zu verdienen, zudem gilt der fossile Brennstoff als Klimakiller Nummer eins. Seitdem der Energiekonzern Vattenfall den Verkauf der Braunkohlesparte in der Lausitz angekündigt hat, ist die ganze Region verunsichert. Tausende gut bezahlte Arbeitsplätze sind in Gefahr und Millionen an Steuereinnahmen fallen weg. Stirbt die Braunkohle, verödet die Lausitz, so die Befürchtung. Andererseits steht die Existenz von Dörfern auf dem Spiel. Die Bundespolitik trägt ihren Teil zur Unsicherheit bei: Raus aus der Kohle, wieder rein in die Kohle – Zickzackkurs statt Strategie für die Energiewende. Zwar hat sich ein Käufer für die Braunkohlesparte gefunden – der tschechische Konzern EPH – doch was er eigentlich vorhat, bleibt unklar. Zukunftsängste auf allen Seiten: bei den Kohlekumpeln und den Kommunen genauso wie bei den von Abbaggerung betroffenen Dörfern. Die Braunkohleregion Lausitz will deshalb vom Bund eine stärkere Unterstützung für einen Strukturwandel im Zuge der Energiewende. Mithilfe eines Staatsvertrags zwischen dem Bund und den Ländern Sachsen und Brandenburg könnte die Schaffung von alternativen Industriearbeitsplätzen finanziert werden. Diesen Vorschlag stellte im Juni ein länderübergreifendes kommunales Bündnis in Spremberg (Spree-Neiße) vor. 23 Bürgermeister und Landräte unterzeichneten dort einen entsprechenden Brief, der an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) adressiert wurde. In der Lausitz liegt das zweitgrößte Braunkohlerevier Deutschlands. Im Bund ist angedacht, zur Reduzierung des die BraunkohleverCO2-Ausstoßes stromung bis spätestens Mitte des Jahrhunderts auslaufen zu lassen. Dem kommunalen Bündnis schwebt vor, dass die Lausitz zu einer Modellregion für den Strukturwandel werden könnte. „Wir wollen Partner sein und wir können Partner sein“, sagt Sprembergs Bürgermeisterin Christine Herntier (parteilos). Der Oberbürgermeister von Weißwasser, Torsten Pötzsch (parteilos), betont, dass die Lausitz als Modellregion sogar Beispiel für andere europäische Länder sein könnte. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hatte im Januar bei einem Besuch im Lausitzer

Exploration & Produktion | Gashandel & Dienstleistung | Gastransport | Gasspeicherung

VNG – Verbundnetz Gas Aktiengesellschaft Braunstraße 7 | 04347 Leipzig | Telefon +49 341 443-0 | info@vng.de | www.vng-gruppe.de


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Ostdeutsches energiefOrum

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B und D vor E

China fährt Konkurrenz davon China entwickelt sich immer mehr zum Vorreiter bei der Elektromobilität: Beim Ranking der wichtigsten Herstellerländer für Elektrofahrzeuge führt das Land erstmals vor Japan. Deutschland liegt bei den wichtigsten Produktionsländern weiterhin auf Platz 3 vor den Vereinigten Staaten. Auch als sich entwickelnder Markt ist China ausgesprochen dynamisch und belegt nun hinter Norwegen, Niederlande und Frankreich Platz 4. Deutschland macht durch die Einführung der Kaufprämie für E-Autos in einer Gesamtbetrachtung von Marktgröße und Rahmenbedingungen zwei Plätze von 10 auf 8 gut. Dies sind die zentralen Ergebnisse des aktuellen Electric Vehicle Index (EVI) von McKinsey, in dem die Unternehmensberatung regelmäßig die Entwicklung der E-Mobilität in den wichtigsten Ländern misst. „In China arbeiten Hersteller und Behörden sehr systematisch daran, Elektroautos für den Kunden attraktiv zu machen“ sagt Nicolai Müller, Seniorpartner von McKinsey. Direkte finanzielle Anreize und Vorteile bei der Zulassung haben dazu geführt, dass im letzten Quartal 2015 mehr als 100 000 E-Fahrzeuge verkauft wurden. Seit 2010 wurden in China insgesamt 330 000 E-Autos zugelassen; in dieser Kategorie liegen die USA mit knapp 420 000 Fahrzeugen noch vorne. „China ist auch das Land mit der größten Modellvielfalt“, so Müller. Chinesische Autokäufer haben die Wahl zwischen fast 60 verschiedenen E-Modellen; in Deutschland werden gut 40 Modelle angeboten. Elektroautos sind aber bislang weder in China (1,1 Prozent Marktanteil) noch in Deutschland (0,7 Prozent) ein Massenphänomen. Die Ausnahme ist weiterhin Norwegen, wo aktuell jedes fünfte zugelassene Auto einen E-Antrieb hat. Durch die Einführung der Kaufprämie für Elektrofahrzeuge konnte Deutschland sich auf der Marktseite um zwei Plätze verbessern – bleibt mit Rang 8 aber im Mittelfeld. „Deutschlands Hersteller haben weiterhin eine starke Ausgangsposition“, erläutert Müller. „Das Land kann mittelfristig zum führenden Produktionsstandort für E-Fahrzeuge werden. 2021 dürfte gut ein Drittel aller neuen E-Fahrzeuge von deutschen Herstellern produziert werden.“ Mit über 1,3 Millionen E-Autos läge Deutschland nach der Hochrechnung klar vor den USA und China mit jeweils rund 850 000 Fahrzeugen.

Dienstag, 30. August 2016 | NR. 203

Kurz & bündig

Deutsche Post will E-Autos bauen

Benzin- und Dieselmotoren stehen, anders als Elektroantriebe, hoch im Kurs

Die Deutsche Post geht unter die Autobauer und lässt den selbst entwickelten Elektrotransporter Streetscooter nun in Serie produzieren. Die ersten 2000 Fahrzeuge sollen noch 2016 vom Band rollen. Nach und nach werde das Unternehmen bis zu 30 000 Fahrzeuge durch den Streetscooter ersetzen. Streetscooter war 2010 als Start-upUnternehmen im Umfeld der RWTH Aachen gegründet worden. Vor eineinhalb Jahren hatte die Post die kleine Firma übernommen, um mit ihrem Know-how eigene Fahrzeuge für die Zusteller zu bauen. Mittelfristig plant die Post sogar, die Autos zu vermarkten. „Es gibt Anfragen. Im Moment brauchen wir die Produktionskapazitäten aber selbst“, sagt Paketvorstand Jürgen Gerdes.

B

eim Bundesländervergleich fahren die Brandenburger in Sachen Umweltverträglichkeit in diesem Jahr ganz vorne mit. Die Kabinettsflotte verbessert ihren CO2-Ausstoß von 142 Gramm pro Kilometer im Vorjahr auf 133 – Platz vier. Alle Achtung für das Autofahrerland mit den weiten Wegen. Unter den Flächenländern fahren die Regenten allein in Rheinland-Pfalz ökologischer (119 g/km). Noch grüner ist allein Hamburg (115), Berlin (138) aber muss sich Brandenburg geschlagen geben. Die schweren Limousinen mit den größten Motoren behalten sich die Bayern (162) vor. Das Auto ist auch beim Weg zum Bäcker der Deutschen liebstes Kind: Nur vier von zehn Deutschen (41 Prozent) lassen bei Kurzstrecken ihr Auto stehen. Dabei unterscheiden sich Männer (40 Prozent) und Frauen (43 Prozent) kaum in ihrem Verhalten, wie eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Versicherung CosmosDirekt ergab. Das Meinungsforschungsinstitut befragte im Mai insgesamt 1004 Autofahrer ab 18 Jahren, die ein Auto im Haushalt besitzen. Zwar können sich laut Umfrage 57 Prozent der Deutschen vorstellen, auf einen Wagen mit Hybrid- oder Elektromotor umzusteigen. Wenn es aber um einen Auto-Neukauf geht, entschieden sich aber die meisten eher für einen Benzinmotor (41 Prozent) oder einen Dieselmotor (21 Prozent). Nur 16 Prozent würden sich ein Auto mit Hybridantrieb und acht Prozent einen mit reinem Elekrobetrieb kaufen. Ein Zulassungsverbot für neue Dieselund Benzin-Fahrzeuge sollte es aus Sicht der deutschen Autoindustrie nicht geben. Pläne der norwegischen Regierung für die Zeit ab dem Jahr 2025 gegen neue Verbrenner führten nicht zu dem Ziel, den Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) zu verringern, sagte der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann. Der VDA macht sich für einen marktwirtschaftlichen Ansatz stark. Eine „ridige Verbotspolitik“, wie sie in Norwegen geplant sei, führe nicht zum Ziel, sondern zu wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen, betonte Wissmann. Die Bedürfnisse des Kunden würden ausgeblendet. „Die Politik war immer dann schlecht beraten, wenn sie Technikvorgaben mach-

Die Verfügbarkeit von Ladeinfrastruktur ist laut Nationaler Plattform Elektromobilität – neben der Reichweite und dem höheren Preis von E-Autos – eines der Hauptthemen, die Autofahrer beschäftigen.

Leipzig: Aus Laterne wird Ladestation

Foto: dpa

Elektrotankstellen Ladepunkte je 1000 Quadratkilometer 2016 Berlin Hamburg Bremen Nordrhein-Westfalen 37

486 269 269

Baden-Württemberg 31 Hessen 28

Sachsen 17

Rheinland-Pfalz 13

Bayern 11

Niedersachsen 10 Saarland 9

Thüringen 5 Mecklenburg-Vorpommern 3

Sachsen-Anhalt 3

Schleswig-Holstein 3 Brandenburg 2

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te, statt Grenzwerte zu definieren.“ Das mögliche Verbot von neuen Diesel- und Benzinautos ist ein zentraler Punkt im Nationalen Transportplan Norwegens, mit dem sich das Parlament im kommenden Frühjahr befassen wird. Trotz dieser Entwicklung bleibt in Deutschland das Interesse an der Kaufprämie für Elektroautos mau. Einen Monat nach dem Start des Angebots am 2. Juli sind beim zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) 1791 Anträge eingegangen, wie die Behörde mitteilte. Aus dem Topf, der insgesamt mit 1,2 Milliarden Euro gefüllt ist, wurden bisher rund 6,6 Millionen Euro angefordert. Bis zum 4. August wurden 821 der Anträge bewilligt, die ersten Fördergelder wurden in den vergangenen Tagen ausgezahlt. Bei der Einführung der Abwrackprämie für Altautos 2009 waren beim Bafa binnen Tagen 150 000 Anträge eingegangen. Die meisten Anträge kamen aus Bayern (468), gefolgt von Baden-Württemberg (357) und Nordrhein-Westfalen (307). BMW-Modelle lagen mit 581 Anträgen vorne vor Renault (444) und

Volkswagen (154). Verbraucher, aber auch Firmen, Stiftungen und Vereine, können nun den sogenannten Umweltbonus beantragen. Die Förderung gilt rückwirkend für E-Autos, die seit dem 18. Mai gekauft wurden. Für reine Elektrofahrzeuge mit Batterie gibt es 4000 Euro. Für solche Modelle gingen 1194 Förderanträge ein. Bei Hybridautos, die per Stecker geladen werden und einen ergänzenden Verbrennungsmotor haben, sind es 3000 Euro. Hier zählte das Bafa bisher 597 Anträge. Bund und Hersteller teilen sich die Kosten. Der Bund rechnet damit, dass dank der Förderung etwa 300 000 E-Autos gekauft werden. Beantragt werden kann das Geld bis der Topf leer ist – längstens aber bis Ende 2019. Die Verfügbarkeit von Ladeinfrastruktur ist laut Nationaler Plattform Elektromobilität – neben der Reichweite und dem höheren Preis von E-Autos – eines der Hauptthemen, die die Nutzergruppen beschäftigen. Längst nicht jeder hat eine Garage oder einen Arbeitsplatz mit Lademöglichkeit zur Verfügung.

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142 Elektroautos sind nach Angaben des Kraftfahrzeugbundesamtes in Leipzigs zugelassen (Stand: 1.1.2016). In Sachsen waren es zu dem Zeitpunkt 735 Fahrzeuge – auf Dresden kamen 146, auf Zwickau 107, auf Chemnitz 58 Stromer. In Leipzig gibt es derzeit 160 öffentliche Ladepunkte. Im Musikviertel können künftig auch an vier Straßenlaternen in aufgeladen werden. An den Säulen der Laternen hängt ein kleiner, unscheinbarer Kasten, mit dem das parkende Auto verbunden und so mit Strom versorgt werden kann. Das Pilotprojekt zeige, wie die bestehende städtische Infrastruktur mit neuen Funktionen versehen werden kann, sagte Norbert Menke von der Leipziger Stadtholding bei der Vorstellung der Laternen. Damit werde die Infrastruktur ausgebaut, die für Elektromobilität notwendig sei, sagte Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD). Wissenschaftler von der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK) entwickelten gemeinsam mit der Leipziger Gruppe das Lade-System. Es passe an alle Laternen, erklärte Gesine Grande, Rektorin der HTWK. Finanziert wurde das Projekt im Rahmen des Programms „Schaufenster Elektromobilität“ durch die Bundesregierung. Die neuen Laternen-Ladestationen sind leicht zugänglich. Das könne helfen, dass die breite Masse Elektroautos eher akzeptiere, sagte Prof. Immo Fritsche von der Universität Leipzig. Zunächst sollen die Laternen jetzt getestet und die Ergebnisse ausgewertet werden. Derzeit können Elektroautos an rund 160 Ladestationen in Leipzig geladen werden.

Tesla errichtet gigantische Batteriefabrik Dass Elon Musk lieber klotzt als kleckert, ist bekannt. Doch die „Gigafactory“ ist selbst für seine Verhältnisse ein Projekt der Superlative. Die Batteriefabrik des Elektroautobauers Tesla, die in diesem Monat feierlich eingeweiht wurde, soll auf einer Fläche von etwa einer Million Quadratmetern eine der weltgrößten Fertigungsstätten überhaupt werden. Abgelegen in der Wüste von Nevada wird derzeit auf Hochtouren daran gearbeitet, das fünf Milliarden Dollar teure Werk so schnell wie möglich aus dem Boden zu stampfen. Bislang sind gerade einmal 14 Prozent des Baus fertiggestellt. Die Zeit drängt. Tesla-Chef Musk drückt aufs Tempo, seine Ziele werden immer ambitionierter. Bereits 2018 soll dort, wo derzeit noch Kräne und Radlader dominieren, eine Batterieleistung von 35 Gigawattstunden produziert werden. Das wäre mehr als derzeit alle Anbieter der Welt zusammen auf den Markt bringen. Und Musk sieht viel Luft nach oben – die potenzielle Kapazität der zusammen mit Panasonic aufgebauten Zellfertigung taxierte er im Mai auf 150 Gigawattstunden. Die gigantische Fabrik, die einmal 10 000 Arbeiter beschäftigen soll, ist eine tragende Säule in Musks langfristigem Plan, Elektromobilität in den Massenmarkt zu bringen. Seine Vision ist, mit Tesla erst die Autoindustrie und dann als „Teil 2 des Masterplans“ die Transportwirtschaft zu revolutionieren. Dafür ist der schillernde Tech-Superstar und MultiMilliardär allerdings auf den Erfolg der „Gigafactory“ angewiesen. Denn bis 2018 will Tesla die Jahresproduktion seiner E-Autos von etwa 50 000 im vergangenen Jahr auf 500 000 Stück hochfahren. Die Batterien dafür sollen aus der Wüste Nevadas kommen. Und das dank Einsparungen durch Massenfertigung und technischen Fortschritt zu deutlich sinkenden Kosten. Die sind auch nötig. Tesla will 2017 sein im März mit großem Rummel vorgestelltes erstes E-Auto für die Mittelklasse auf den Markt bringen und hat bereits mehr als 400 000 Vorbestellungen dafür erhalten. Während die 2003 gegründete Firma bislang nur Luxuswagen im Angebot hatte, ist das „Model 3“ mit einem Preis von etwa 35 000 Dollar auch etwas für schmalere Geldbeutel. Aber der Vorstoß Richtung Mittelklasse ist ein Risiko, das den Druck erhöht. Tesla hat noch nie einen Jahresgewinn erzielt und bislang keinerlei Erfahrung mit Massenproduktion. Die „Gigafactory“ ist in den Augen vieler Analysten die entscheidende Nagelprobe und zugleich der Schlüssel, um einmal profitabel zu werden. Zudem ist sie immens wichtig

für ein weiteres Standbein von Musk: Den vor der Übernahme durch Tesla stehenden Ökostrom-Spezialisten SolarCity, bei dem er ebenfalls größter Anteilseigner ist. SolarCity soll, wenn es nach Musk geht, mit sogenannten Batterie-Packs die Stromversorgung von Haushalten und Unternehmen revolutionieren und umweltfreundlicher machen. Die Firma ist deshalb ebenfalls als Großabnehmer der „Gigafactory“ eingeplant. Somit setzt Musk mit dem Mega-Projekt in Nevada vieles auf eine Karte und ist quasi zum Erfolg verdammt. Positive Schlagzeilen kann er derzeit ohnehin gut gebrauchen. Nach einem tödlichen Unfall, bei dem Teslas Fahrassistenz-Programm „Autopilot“ eingeschaltet war, ist der Starunternehmer schwer in die Kritik geraten. Musk ging bei seinem Auftritt nicht auf den Unfall ein, aber versprach wieder selbstfahrende Autos, die zehnmal sicherer unterwegs seien als menschliche Fahrer.

Elon Musk.

Foto: dpa

Musk will in der Zukunft riesige Batteriefabriken auch in Europa, China und anderen Teilen Asiens bauen. Auch Autos sollten ab dem zweiten Werk unter einem Dach mit den Batterien produziert werden, sagt Musk. Diese Integration sei notwendig, um Autos erschwinglicher zu machen als es heute mit der Arbeitsteilung zwischen vielen Zulieferern sei, wenn „jedes Molekül um die Welt reist“, sagt Musk. Die Tesla-Fabriken seien gedacht wie eine „Maschine, die Maschinen baut“. „Mindestens eine Fabrik auf jedem Kontinent macht Sinn“, erklärt der Tesla-Chef. Sonst stiegen die LogistikKosten. Batteriefabriken sind eine Milliarden-Investitionen und auch klassische Autohersteller und Zulieferer erwägen ihren Bau mit dem erwarteten Vormarsch der Elektroautos. In der Branche ist aber noch umstritten, ob sich am Ende die Lithium-Ionen-Technologie, auf die sich Tesla festgelegt hat, dafür durchsetzen wird.

Leuchte und Ladestation in einem.

Foto: dpa

München: Linde vermietet Brennstoffzellen-SUVs Mit einer Flotte von 50 BrennstoffzellenFahrzeugen will der Autovermieter BeeZero in München die umweltfreundliche Antriebstechnik bekannter machen. Die Hyundai-SUVs haben statt Benzin Wasserstoff im Tank, der von einer Brennstoffzelle in Strom umgewandelt wird und einen Elektromotor antreibt. „Das reicht für 400 Kilometer“, sagt Sprecher Thomas Schäfer. Aus dem Auspuff kommt nur Wasserdampf. Die Firma gehört dem Linde-Konzern, der auch Wasserstoff herstellt – unter anderem mit Windstrom. Die Technik bietet mehr Reichweite als eine Batterie, und das Tanken dauert nur wenige Minuten. Allerdings gibt es bundesweit nur 20 Tankstellen, und wer etwa zum Gardasee will, kann nur in Innsbruck oder Bozen nachfüllen.

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