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Am Anfang war das Huhn

Andrea Staudacher und Simon Jäggi lieben

Hühner. Weil es vielfältige Tiere sind, weil sie Eier legen – aber auch weil sie gut schmecken. Die beiden haben sich sogar wegen des Federviehs kennen- und lieben gelernt.

Text: Simon Koechlin Bilder: Marco Zanoni

«Chef» ziert sich. Der prächtige, fünf Kilo schwere Güggel bleibt lieber im hübschen, roten Häuschen bei seinen beiden Hennen. Andrea Staudacher und Simon Jäggi locken ihn mit ein paar Körnern. Aber draussen ist es trüb und windig. Und «Chef» kennt die beiden Menschen kaum, die da im Berner Vorort Kehrsatz vor ihm kauern. Staudacher und Jäggi sind begeisterte Hühnerhalter, aber momentan hühnerlos. Sie haben ihre letzten Tiere geschlachtet und warten nun, unter anderem wegen der grassie- renden Vogelgrippe, auf den Frühling, um sich neue Hühner anzuschaffen. Deshalb haben sie für den Fototermin zu diesem Artikel drei Tiere ausgeliehen.

Vor vier Jahren haben sich die beiden wegen der Hühner kennengelernt. Staudacher ist Designforscherin und beschäftigt sich bei ihrer Arbeit mit Themen wie Nachhaltigkeit, Essen und Sterben. Unter anderem schrieb sie ein Insekten-Kochbuch. Weil Insekten auch eine gute Geflügelnahrung sind, wollte sie sich für ihren Garten einige Hühner anschaffen. «Ein Kollege sagte, er kenne jemanden, der viel über Hühner wisse», erzählt sie. Dieser Jemand war Simon Jäggi, Ausstellungskurator am Naturhistorischen Museum Bern und Sänger der Rockband Kummerbuben. «Wir haben uns dann einmal getroffen», erzählt er. «Ein paar Tage später habe ich Andrea angerufen und sie gefragt, ob wir uns noch einmal treffen möchten – aber diesmal, ohne den ganzen Abend über Hühner zu sprechen.» Zwei Jahre später heirateten sie.

Grau-weiss gesprenkelte Mechelner sind die Lieblingshühner von Simon Jäggi und Andrea Staudacher.

Grüne Eier, schwarzes Fleisch Jäggi ist mit Hühnern aufgewachsen. Sein Grossvater hielt unter anderem Seidenhühner oder die aus Südamerika stammenden Araucana, die grüne Eier legen. Und Jäggi begann, selbst solche alten Rassen zu halten. Zum Beispiel das Schweizerhuhn, eine von drei Schweizer Rassen. Oder die Ayam Cemani. Diese Rasse ist vollständig schwarz: nicht nur Gefieder, Kamm und Kehllappen, sondern auch Augen, Haut, Fleisch und Knochen.

Besonders angetan haben es den beiden die grau-weiss gesprenkelten Mechelner. Zu dieser Rasse gehören «Chef» und seine Hennen, die sich inzwischen haben ergreifen lassen. Wegen der Vogelgrippe dürfen sie nur für den Fototermin aus dem Stall. Ruhig sitzt «Chef» in den Armen von Staudacher, Jäggi hat eine der Hennen ergriffen. Sie gackert leise, «Chef» antwortet mit einem verhaltenen, heiseren Krächzen.

Die Zutraulichkeit sei nicht das einzige Argument, das für die Mechelner spreche, sagt Jäggi. «Sie fliegen auch kaum, was die Haltung vereinfacht.» Zudem ist es eine Zweinutzungsrasse: Sie eignet sich sowohl als Eierlieferantin als auch zum Schlachten. Mechelner, erzählt Jäggi, legen beachtliche 180 Eier pro Jahr. Und ihr Fleisch schmeckt vorzüglich, im 19. Jahrhundert galt die Rasse gar als das beste Fleischhuhn überhaupt.

Das eigene Poulet schmeckt Für das Paar gehört Schlachten zur Hühnerhaltung. Wer Fleisch esse, sollte wissen, woher es stammt, sagt Andrea Staudacher. Sie hat sogar eine Anlehre bei einem Metzger gemacht und dort gelernt, wie man Schweine schlachtet. Sie ist sicher: Wer einmal ein Huhn geschlachtet hat, wird nie mehr ein Chicken Nugget gleichgültig herunterschlingen. Dazu komme der Qualitätsunterschied, ergänzt Simon Jäggi, dessen neue Band nicht zufällig Birdman Jäggi heisst. «Geschmacklich ist das eigene Poulet eine ganz eigene Liga Fleisch.»

Laut Staudacher ist die Einstiegshürde in die Hühnerhaltung tief. «Jeder, der ein Stück Garten hat, kann Hühner halten.» Um Arbeitsaufwand mit den Tieren in Grenzen zu halten, empfiehlt sie drei Anschaffungen: An einem Wasserspender finden die Tiere stets frisches Wasser, an einem Futterautomaten jederzeit frische Körner. Und ein Elektrotürchen schliesst abends automatisch den Stall, wenn die Hühner schlafen gegangen sind. Das bedeutet mehr Schutz vor dem Fuchs. Denn

Bei allen Angeboten sind bereits reduzierte Artikel ausgenommen. Angebote gelten nur vom 28.3. bis 10.4.2023, solange Vorrat

Mechelner Hühner sind eine sehr zutrauliche Hühnerrasse, die kaum fliegt und einfach zu halten ist.

Anzeige schon manch ein Hühnerhalter hat es bitter bereut, eines das Schliessen des Stalltürchens einmal vergessen zu haben.

Ein Fuchs hat die Gänse gestohlen Auch Staudacher und Jäggi haben ihre Erfahrungen mit dem Fuchs gemacht. Einmal, als sie noch in der Stadt Bern wohnte, habe ein Fuchs ein Plastikfenster des Stalls eingedrückt, erzählt Staudacher. Und erst kürzlich hat einer sich die Gänse geholt, die Staudacher und Jäggi gemeinsam mit einem Nachbarn auf dessen Wiese hielten.

Inzwischen hat der Fotograf seine Bilder im Kasten. «Chef» und seine Damen dürfen zurück in den Stall. Gegen Abend wird Simon Jäggi sie wieder zu ihrer Besitzerin zurückbringen, der Mechelner-Züchterin Marisa Lüthi aus Heiligenschwendi BE Bei ihr wollen Staudacher und Jäggi in ein paar Wochen auch ein paar Bibeli holen. Dann wird im Garten der beiden wieder dauerhaft gegackert. MM führerscheinfrei, sicher und komfortabel, auch bis 30 km/h

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