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Einfach bärenstark

«quasi über Nacht». Plötzlich hatten ihre Augen und ihre Haut einen Gelbstich, sie fühlte sich rasch erschöpft und generell angeschlagen. Sie konnte sich bei der Arbeit immer weniger konzentrieren, im Dezember 2021 wurde sie krankgeschrieben. Und es war klar: Einzig eine neue Leber würde helfen.

Lebenslang Medikamente

Nach der Transplantation ging es rasch aufwärts, bereits acht Tage später kehrte sie nach Hause zurück. Seither geht sie regelmässig zur Physiotherapie, trainiert Kraft und Ausdauer, geht viel Laufen und kommt wieder zu Kräften. Im November 2022 begann sie, wieder ein paar Stunden beim RAV zu arbeiten, inzwischen sind es drei Halbtage pro Woche. Ziel ist es, spätestens im Herbst wieder zu 80 Prozent im Einsatz zu stehen und auch sonst wieder ein möglichst normales Leben zu führen, so wie vor dem Sommer 2021

Ausserdem muss sie täglich morgens und abends Medikamente nehmen, damit ihr Körper das neue Organ nicht ab-

Der erste Artikel über Ursula Bertschy im Migros-Magazin vom 25. April 2022 stösst – und dies für den Rest ihres Lebens. Diese Mittel jedoch haben Nebenwirkungen und verursachen unter anderem Gelenkschmerzen. Zudem gibt es ein paar Dinge, die sie nun nicht mehr essen darf, etwa Grapefruit oder Johanniskraut, weil diese die Wirkung der Medikamente abschwächen.

«Aber trotz alledem geht es mir extrem viel besser als vor einem Jahr.» Wie sich ihre Autoimmunkrankheit entwickeln wird, ist unklar. Es besteht allerdings eine gewisse Gefahr, dass sie auch die neue Leber wieder beeinträchtigen könnte. «Ich werde es auf mich zukommen lassen», sagt Bertschy, die an die Wiedergeburt glaubt und davon ausgeht, dass vieles im Leben vorherbestimmt ist.

Beim ersten Treffen mit dem Migros-Magazin war sie recht zuversichtlich, dass es schon klappen würde mit einer neuen Leber – und fühlt sich nun bestätigt in ihrem Schicksalsglauben.

Ihren Spender kennt sie nicht Doch dass sie nun weiterleben kann, weil jemand anders mutmasslich sein Leben liess, beschäftigt sie schon. «Am Anfang nicht so sehr, da hatte ich zu viel zu tun im Nachgang der Operation. Aber heute ist es ab und zu psychisch nicht so leicht, manchmal werde ich schon etwas emotional, wenn ich über das alles nachdenke.»

Wer ihr Spender oder ihre Spenderin ist, weiss sie nicht, das bleibt in der Schweiz strikt geheim. «Alles, was ich tun kann: den Angehörigen anonym einen Dankesbrief schreiben. Damit sollte man sich aber Zeit lassen, damit sie erst mal trauern können», erklärt Bertschy, die fest vorhat, einen solchen Brief zu schreiben.

Gefreut hat sie sich auch über das Abstimmungsresultat vergangenes Jahr, das in der Schweiz einen Systemwechsel bei der Organspende einleiten wird. Künftig muss man festhalten, wenn man seine Organe nicht spenden möchte. «Dass dies nun erst 2025 in Kraft tritt, finde ich allerdings schade. Mir scheint, es gibt dazu noch immer grossen Informationsbedarf.»

Für sie selbst haben sich die Dinge sehr erfreulich entwickelt. Und am 6. Juli, ein Jahr nach der Operation, wird es ein grosses Fest geben. «Das Datum ist wie ein zweiter Geburtstag – den werde ich von nun an jedes Jahr zusätzlich feiern.» MM

Infos zum Organspenden: swisstransplant.org

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