Versorgungskontinuität durch Pflegeüberleitung

Page 1

Zentral für den Erfolg der Pflegeüberleitung ist letztlich die Verbesserung der Situation der Patienten bzw. Pflegebedürftigen im Hinblick auf die Sicherstellung einer möglichst stufenlosen pflegerischen Versorgungskontinuität.

Margot Sieger Wilfried Kunstmann

Versorgungskontinuität durch Pflegeüberleitung

Margot Sieger Wilfried Kunstmann

Inwieweit dieser Prozess gelungen ist und unter welchen Voraussetzungen er gelingen kann, zeigen die hier dargestellten Ergebnisse einer Evaluationsstudie an drei Krankenhäusern der Stadt Düsseldorf. Aus den Ergebnissen wird ein Handlungsmodell für den klinischen Arbeitsbereich entwickelt, um Pflegeüberleitung in die Arbeitsabläufe zu integrieren.

68

Versorgungskontinuität durch Pflegeüberleitung

Pflegeüberleitung ist ein Konzept zur Verbesserung, Weiterentwicklung und Sicherung der pflegerischen Versorgungskontinuität. Sie stellt ein ergänzendes Handlungsmodell der Pflege als Bestandteil der individuellen Pflegeprozessplanung in der Institution dar. Dieser Prozess beginnt mit der Aufnahme, wird begleitend fortgeführt und endet mit der gesicherten Übernahme der Patienten durch andere Versorgungseinrichtungen, um Qualität und Kontinuität einer bedarfsorientierten Pflege und Rehabilitation zu unterstützen und zu sichern.

9 783935 964296 ISBN 978-3-935964-29-6

Mabuse-Verlag

Mabuse-Verlag Wissenschaft 68


Mabuse-Verlag Wissenschaft 68

Die Autoren Prof. Margot Sieger lehrt Pflegewissenschaft, Grundlagen und Forschung am Fachbereich Pflege der Evangelischen Fachhochschule Rheinland-WestfalenLippe in Bochum. Arbeitsschwerpunkte: klinische Pflege, Pflegeassessment im Kontext des Pflegeprozesses, Entwicklung der pflegerischen Beziehung, Pflegequalität und Versorgungskontinuität, Analyse und Entwicklung pflegerischer Arbeitskonzepte. Prof. Dr. Wilfried Kunstmann lehrt Pflegemanagement am Fachbereich Pflege der Evangelischen Fachhochschule Rheinland-Westfalen-Lippe in Bochum. Arbeitschwerpunkte: ambulante Pflege, Qualitätsmanagement, Organisationsentwicklung, Controlling, Marketing.


Margot Sieger, Wilfried Kunstmann

Versorgungskontinuität durch Pflegeßberleitung

Mabuse-Verlag Frankfurt am Main


Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar. Informationen zu unserem gesamten Programm, unseren AutorInnen und zum Verlag finden Sie unter: www.mabuse-verlag.de.

Wenn Sie unseren Newsletter zu aktuellen Neuerscheinungen und anderen Neuigkeiten abonnieren möchten, schicken Sie einfach eine E-Mail mit dem Vermerk „Newsletter“ an: online@mabuse-verlag.de.

2. Auflage 2016 © 2003 Mabuse-Verlag GmbH Kasseler Str. 1 a 60486 Frankfurt am Main Tel.: 069 – 70 79 96-13 Fax: 069 – 70 41 52 verlag@mabuse-verlag.de www.mabuse-verlag.de

ISBN: 978-3-935964-29-3 Printed in Germany Alle Rechte vorbehalten


Inhalt

5

Inhaltsverzeichnis

I

Vorwort

9

Die Struktur des Projektes

11

1.

Einleitung

11

2.

Struktur des Projektes

14

2.1 Methodenübersicht und Ablauf der Untersuchungsschritte 2.2 Die beteiligten Institutionen

14 17

2.3 Der Beirat

18

2.4 Beratung der drei Krankenhäuser

19

II. Theoretische Bezüge 1.

2.

3.

21

Pflegeüberleitung

21

1.1 Intention

21

1.2 Begriffsklärung

22

1.3 Ziele der Pflegeüberleitung

24

1.4 Aufgaben der Pflegeüberleitung

26

Professionelles Handeln

27

2.1 Merkmale professionellen Handelns

27

2.2 Universalisiertes Wissen

28

2.3 Autonomie

29

2.4 Strukturlogik professionellen Handelns

30

2.5 Die pflegerische Beziehung

32

Kooperation

34

3.1 Qualitätskriterien

34


6

Inhalt

3.2 Instrumentelle und dialogische Kooperation

35

3.3 Voraussetzungen einer dialogischen Kooperation 35 3.4 Kooperation unter Einbeziehen der Angehörigen 37 4.

Evaluation

38

4.1 Problemaufriss

38

4.2 Kennzeichen einer wissenschaftlichen 39 Evaluation 4.3 Praxisintegrierende nutzerfokussierte Evaluation 40 4.4 Qualitätskriterien nutzerfokussierter Evaluation

43

4.5 Nutzen der Evaluation

44

III Die Organisation der Pflegeüberleitung

46

1.

2.

3.

Konzeptanalyse

46

1.1 Methode

46

1.2 Ergebnisse

47

1.3 Interpretation

50

Die Organisation der Pflegeüberleitung

51

2.1 Das Vorgehen

51

2.2 Die Selbstaufschreibung

52

2.3 Die Selbsteinschätzung

60

2.4 Die Sicht der Kooperationspartner

68

2.5 Zusammenfassende Bewertung

80

Die Befragung der ambulanten Dienste

81

3.1 Vorgehen und Ergebnisse

81

3.2 Bewertung

90


Inhalt

7

IV Die Evaluation der Pflegeüberleitung 1.

2.

3.

Teilnehmende Beobachtung

101

1.1 Methode

101

1.2 Ergebnisse Krankenhaus 1

109

1.3 Ergebnisse Krankenhaus 2

120

1.4 Ergebnisse Krankenhaus 3

130

1.5 Krankenhausübergreifende Interpretation

140

Interviews mit Patienten und Angehörigen

144

2.1 Methode

145

2.2 Ergebnisse der Patientenbefragung

149

2.3 Ergebnisse der Angehörigenbefragung

153

Bewertung und Theoriebezug

158

V. Handlungsempfehlungen 1.

2.

3.

101

163

Das System Krankenhaus

164

1.1 Das Krankenhaus als System

164

1.2 Systemlogik und Systemgrenze

166

1.3 Änderungen des Systems Krankenhaus

168

Empfehlungen zur Sicherung der Versorgungskontinuität 2.1 Einleitung

171 171

2.2 Grundbedingungen der Versorgungskontinuität

172

Veränderungen in der Organisation der Pflegeüberleitung 3.1 Stärkung der Pflegeüberleitung

174

3.2 Steuerung durch Steuerungskräfte

177

175


8

Inhalt

1. Die Krankenpflegekraft als Steuerungskraft

4.

177

2. Ist die Pflegeüberleitung eine Aufgabe der 183 Pflege? Zur Wirtschaftlichkeit der Pflegeüberleitung 187 4.1 Veränderung der Patientenstruktur

188

4.2 Wirtschaftlichkeitsreserven und Pflegeüberleitung 4.3 Finanzielle Sicherung der Pflegeüberleitung

192 193

Abbildungsverzeichnis

195

Tabellenverzeichnis

196

Literaturverzeichnis

197


Vorwort

9

Vorwort Der Fachbereich Pflege an der Evangelischen Fachhochschule RheinlandWestfalen-Lippe vertritt einen generalistischen und interdisziplinären Ansatz der Pflegewissenschaft. Generalistisch ist der Blick auf die Gesamtheit der pflegerischen Beziehungen in ihrer Bedingtheit durch rechtliche, soziale, institutionelle und personale Faktoren; interdisziplinär ist Pflegewissenschaft durch die enge Kooperation mit angrenzenden Fachgebieten wie Gesundheitswissenschaften/Public Health, Gerontologie, Kommunikationswissenschaften, Betriebswirtschaft, Recht und Sozialwissenschaften. Dadurch hatte der Fachbereich eine sehr gute Ausgangsbasis für die wissenschaftliche Begleitung des von der Pflegekonferenz Düsseldorf beschlossenen Pflegeüberleitungsprojekts an den drei Düsseldorfer Krankenhäusern. Das Institut pädea verfolgt mit seinen drei Säulen Bildung, Beratung und Forschung im Sozial- und Gesundheitswesen das Ziel, alle sozial- und gesundheitsbezogenen Prozesse vom Individuum in seinen jeweiligen sozialen und institutionellen Bezügen her zu denken. Dadurch bietet sich die Chance, theoretische Überlegungen für die spezifische Praxis nutzbar zu machen. Das Projekt begann offiziell am 01. März 2000 und endete am 28. Februar 2002. Es wurde unter der Leitung von Frau Prof. Margot Sieger (Pflegewissenschaft) und Prof. Dr. Wilfried Kunstmann (Pflegemanagement und Organisation) durchgeführt. Die Projektkoordination lag bei Frau Dipl.-Pflegewissenschaftlerin Cornelia Plenter. Aus sozialpolitischen Zielsetzungen wie dem Interesse an einer Kostensenkung im Gesundheitswesen, der patientenorientierten Kooperation und Vernetzung unterschiedlicher Versorgungssysteme stationärer, teilstationärer und ambulanter Art, der Erprobung von Ansätzen des Managed Care auf kommunaler Ebene als auch dem Interesse der Patienten bzw. Pflegebe-


10

Vorwort

dürftigen an einer stufenlosen pflegerischen, medizinischen und rehabilitativen Versorgung auf dem Wege zur Gesundung liegt es nahe, Konzepten der Pflegeüberleitung mit dem Ziel einer Gewährleistung der notwendigen/bedarfsangemessenen Pflege an der Nahtstelle zwischen Krankenhaus und den nachsorgenden Diensten besondere Beachtung zu schenken. Das Gesamtprojekt zur Sicherung der Versorgungskontinuität durch Pflegeüberleitung an den drei Krankenhäusern ist als wissenschaftliche Begleitung und Evaluierung konzipiert. Es wird ein formatives Verfahren zur Evaluation gewählt, dass den Prozess der Pflegeüberleitung begleitet und bewertet aber gleichzeitig auch den Einrichtungen Beratung anbietet, um die Verfahren im gewünschten Sinne neu auszurichten und die Prozesse steuern zu können. An dieser Stelle sei den PflegewissenschaftlerInnen Dorothee Barthel, Christoph Bräutigam, Sabine Felder, Sabine Juschka, Christiane Ludwig, Ilse Meschke, Cornelia Plenter, Angela Prietz, Kerstin Schönlau, Barbara Schütt-Koezle, Bärbel Uhlmann, Alexandra Weil, und den studentischen Hilfskräften Ruth Albus, Heike Allhorn, Christoph Blanke, Sabine Cittrich, Carola Ernst, Gereon Falk, Karin Grosse, Gerald de Jong, Nicole Klettke, Sandra Pieroth, Alexandra Sagerer, Beate Stach, Ulrich Vogel und Martin Waetzold für ihre engagierte Mitarbeit bei der Durchführung der vorliegenden Untersuchung gedankt. Ebenfalls danken wir Frau Luise Lemberg für Schreibarbeiten sowie die redaktionelle Textüberarbeitung. Bochum, Münster – Juli 2003


Die Struktur des Projektes

11

Teil I: Die Struktur des Projektes 1. Einleitung Bei der näheren Betrachtung und Analyse der vorliegenden Konzepte zur Pflegeüberleitung zeigt sich zum einen die Komplexität und zum anderen auch das Potential möglicher Problempunkte dieser Konzepte. Bis vor wenigen Jahren gehörte die Versorgungskontinuität durch die scharfe Trennung der stationären von den ambulanten und teilstationären Versorgungssystemen nicht zu den primären Zielen des Gesundheitswesens. Durch eine zielgerichtete medizinische Behandlung speziell im Krankenhaus erwartete man, den Patienten fast ‚geheilt‘õ in die Obhut des Hausarztes geben zu können, so dass die anschließende Versorgung sichergestellt schien. Epidemiologische und soziodemographische Entwicklungen wie die Zunahme von chronischen Erkrankungen, die wachsende Zahl hochbetagter, zum Teil multimorbider Menschen, der steigende Anteil altersdementer Menschen und der Rückgangõ von familialen Hilfs- und Pflegepotentialen hat die Situation inzwischen gravierend verändert. Verschärfend kommt hinzu, dass sich in der Praxis auch die Kooperation zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten nicht problemlos gestaltet. In der Konsequenz bedeuten die genannten Entwicklungen fürõdie Einrichtungen:  dass sie sich stärker als bisher gewohnt mit den Krankheits- und Pflegeverläufen ihrer Klientel auseinandersetzen müssen;  dass die betroffenen Menschen viel kritischer die Einrichtungen des Gesundheitswesens betrachten und ihr Leistungsvermögen bewerten;  dass sowohl die Strukturen wie auch die Arbeitsabläufe und auch die Zielsetzungen der Einrichtungen und der Professionen entsprechend den neuen Erfordernissen befragt, überprüft und verändert werden müssen.


12

Die Struktur des Projektes

Beispielhaft sei hier hingewiesen auf einen neuen Zuschnitt der erforderlichen Qualifikation der Pflegenden und der anderen Therapeuten, die Abstimmung des Arbeitskonzeptes, die Versorgung mit Hilfsmitteln, die Anpassung des Wohnraums auf die neuen Erfordernisse, der Aufbau eines sozialen Netzes usw. Mit der Änderung des SGB V durch das Gesundheitsreformgesetz 2000 ist die Politik den ersten Schritt auf dem Weg zu einer patientenorientierten integrierten Versorgung gegangen. Unter der Überschrift „Dieõ Mauer muß weg!“õ stellt das Bundesgesundheitsministerium fest: „Nurõ wenn Hausarzt, Facharzt, Krankenhaus, Pflege und andere medizinische Einrichtungen gezielt und ohne Berührungsängsteõ zusammenarbeiten, kann gewährleistet werden, dass Patientinnen und Patienten zum richtigen Zeitpunkt richtig behandelt werden. Die zunehmende Anzahl komplexer Krankheiten und chronischer Erkrankungen macht eine fachübergreifendeõ Zusammenarbeit notwendig.“õ(www.bmgesundheit.de/ themen/gkv/marken/ko/sinn.htm). Die Idee der Pflegeüberleitung,õ wie sie in Deutschland maßgeblich von Marly Joosten im Gemeinschaftskrankenhaus Witten/Herdecke entwickelt worden ist (Joosten 1997), bietet einen konzeptionellen Rahmen fürõ die Neuausrichtung der unterschiedlichen Einrichtungstypen auf eine patientenorientierte Kontinuität der pflegerischen Versorgung. Zentral fürõ den Erfolg der Pflegeüberleitungõ ist letztlich die Verbesserung der Situation der Patienten bzw. Pflegebedürftigenõ im Hinblick auf die Sicherstellung einer möglichst stufenlosen pflegerischen Versorgungskontinuität. Von hier aus, aus der Sicht des Patienten bzw. Pflegebedürftigenõ auf die Anstrengungen der Organisation bzw. der professionell Pflegenden, seiner individuellen Situation, seinem individuellen Bedarf entsprechend eine passgenaue Lösung zu finden, entscheidet sich die Qualität und Effizienz der Pflegeüberleitung.


Die Struktur des Projektes

13

Dieser Blick des Patienten bzw. Pflegebedürftigen ist forschungsleitend bei der Konzeption der wissenschaftlichen Begleitung. Die Leitfragen für das Gesamtkonzept folgen konsequent dieser Zielsetzung, somit ist ein systemischer Zugang zu allen Fragen, die mit der Pflegeüberleitung zusammenhängen, sichergestellt. Der wissenschaftlicher Ansatz zentriert sich um einen Pflegebegriff, der Pflege als professionellen, zielgeleiteten Interaktionsprozess zwischen Pflegenden und Pflegebedürftigen begreift, in dem auch der soziale, personale und psychische Kontext der Pflegebedürftigkeit mit thematisiert wird (vgl. Sieger/Kunstmann 1998). Davon abgeleitet richtet sich unser besonderes Interesse auf die personalen und systemischen (organisatorischen, sozialen, rechtlichen, interaktionalen) Rahmenbedingungen von Pflege, mit dem handlungsorientierten Forschungsziel, diese Rahmenbedingungen zu evaluieren und Ansatzpunkte zur Optimierung im Interesse der Patienten bzw. Pflegebedürftigen herauszuarbeiten. Bei allen Fragen ist der kommunale Bezugsrahmen mitbedacht worden, d.h. die Entwicklungsschritte und deren Resultate sind so angelegt, dass eine Übertragbarkeit nach Ablauf des Projektes auf andere Einrichtungen möglich ist. Pflegeüberleitung wird nur dann zu einer nachhaltigen Verbesserung der Situation der Pflegebedürftigen (und zur Kostensenkung) beitragen, wenn möglichst viele stationäre und ambulante Dienste beteiligt sind. Bedeutsam ist es an dieser Stelle, auch die ‚Märkte‘õ der Pflege und den Wettbewerb der Dienste untereinander in die Überlegungen mit einzubeziehen. Intention ist es auch, die sozialpolitische Diskussion anzuregen und die Ziele einer in diesem Kontext verstandenen Versorgung pflegebedürftiger Bürgerõin der kommunalen Pflegekonferenz zu verankern.


14

Die Struktur des Projektes

2. Struktur des Projekts 2.1 Methodenübersicht und Ablauf der Untersuchungsschritte Bei der Instrumentenerstellung und Datenerhebung stand der forschungsleitende Blickwinkel aus der Perspektive der Patienten/Pflegebedürftigen im Vordergrund. Forschungsleitend waren dabei folgende Fragen:  Welche Arbeitskonzepte/Kriterien/Aspekte der Pflegeüberleitung sind lenkend in der Erhebung und Festlegung des Versorgungsbedarfs? aus der Perspektive der Einrichtungen aus der Perspektive der Professionen  Wie sind die Kommunikationsverläufe zwischen den Beteiligten (Patienten, Angehörige, Pflegekräfte im Krankenhaus, Pflegekräfte in ambulanten Diensten, andere Berufsgruppen im Krankenhaus, andere ambulante soziale Dienste)?  Wie werden die Arbeitsprozesse der Beteiligten koordiniert, wie werden inter- und intraprofessionelle Arbeitsabsprachen operationalisiert und dokumentiert, wie werden die getroffenen Entscheidungen für die einzelnen Beteiligten transparent?  Wie werden die neuen Rollen zwischen Laiensystem und professionellem Versorgungssystem im stationären und ambulanten Bereich ausgehandelt?  Welche institutionalisierten Elemente in der Organisation der Arbeit kennzeichnen den Grad der Patienten- bzw. Pflegebedürftigenorientierung?  Welche Leistungen erweisen sich in welchem Kontext als besonders effizient für die Qualitätserhöhung der pflegerischen Versorgung? In der folgenden Übersicht sind die einzelnen Working-Packages und deren Erhebungsmethoden dargestellt.


Die Struktur des Projektes

Abb. 1: Untersuchung der Pflegeüberleitung Untersuchung der Pflegeüberleitung: Analyse der Organisation der Pflegeüberleitung Working-Package Erhebungsinstrument Analyse der Dokumentenanalyse der jeweiligen Überleitungskonzepte Überleitungskonzepte der drei beteiligten und OperatioKrankenhäuser nalisierung der Ergebnisse Analyse der Selbstaufschreibung der Organisation der PflegeüberleitungsmitarbeiterInnen über Pflegeüberleitung in einen Zeitraum von fünf Tagen den drei Leitfadengestützte Interviews mit den Krankenhäusern MitarbeiterInnen der Pflegeüberleitung Teilnehmende Beobachtung in den Kliniken Analyse der Akzeptanz Fragebogenerhebung bei kooperierenden und Kooperation der Berufsgruppen innerhalb der Kliniken Berufsgruppen im Krankenhaus Analyse der Erhebung durch einen standardisierten Organisation der Fragebogen bei den ambulanten Pflegeüberleitung aus Pflegediensten Sicht der ambulanten Interviews mit ambulanten Pflegediensten Pflegedienste Ergebnisevaluierung Bewertung der Pflegeüberleitung durch übergeleitete PatientInnen bzw. deren Angehörige Working-Package Erhebungsinstrument Befragung der Leitfadengestützte Interviews Pflegebedürftigen/ Angehörigen

15


16

Die Struktur des Projektes

Die Durchführung der einzelnen Arbeitspakete erfolgte gemäß einer Vorgehenslogik, derzufolge die Arbeitspakete, die inhaltlich aufeinander aufbauten, chronologisch nacheinander geschaltet wurden, während andere Daten parallel erhoben wurden. Zur Erhebung der theoretischen Ebene wurde zunächst die Konzeptanalyse der Pflegeüberleitungskonzepte der drei beteiligten Krankenhäuser geleistet. Im darauf folgenden Untersuchungsschritt wurde das professionelle Selbstverständnis der PflegeüberleitungsmitarbeiterInnen mittels zweier Instrumente erhoben: einerseits durch die Selbstaufschreibung der Arbeitsabläufe über einen Zeitraum von fünf Arbeitstagen und andererseits durch leitfadengestützte Interviews. Zur direkten Erfassung der Versorgungsprozesse im Krankenhaus wurde im folgenden Schritt die Praxis der Pflegeüberleitung mittels der Methode der Teilnehmenden Beobachtung untersucht. In zwei Tagesschichten wurden die Entlassungsprozesse von Patienten mit Überleitungsbedarf erfasst. Die Erkenntnisse aus den zuvor erhobenen Daten flossen dabei in die Beobachtungskriterien ein. Dieses Arbeitspaket bildet aufgrund des Umfangs und des Erkenntnisgewinns ein Kernstück der Untersuchung, da hier alle an der Versorgungskontinuität beteiligten Berufs- und Personengruppen erfasst wurden. Zur Erfassung der Ergebnisseite wurden leitfadengestützte Interviews mit übergeleiteten PatientInnen und deren Angehörigen geführt. Etwa zeitgleich wurde mit der Befragung der ambulanten Pflegedienste eine weitere Perspektive der Pflegeüberleitung erhoben. Abschließend wurde zur Erfassung der Perspektive der hauptbeteiligten kooperierenden Berufsgruppen im Krankenhaus eine Fragebogenerhebung mit den Pflegenden und Ärzten /Ärztinnen durchgeführt. Auch hier wurden die Erkenntnisse der bis dahin gewonnenen Daten genutzt. Die Ergebnisse der Untersuchung werden in diesem Bericht in folgender Logik dargestellt:


Die Struktur des Projektes

17

 In Teil II werden die theoretischen Bezüge der Untersuchung (Pflegeüberleitung, professionellen Handeln, Kooperation) dargelegt und die gewählte Form der wissenschaftlichen Evaluierung begründet.  Teil III widmet sich der Organisation der Pflegeüberleitung in den beteiligten Krankenhäusern aus unterschiedlichen Sichtweisen. Nach einer kritischen Analyse der Konzeptionen werden die Sichtweisen der Mitarbeitenden und die der internen Kooperationspartner kontrastiert. Abschließend wird die Pflegeüberleitung bzw. das Krankenhaus aus der externen Sicht der Pflegedienste analysiert.  Teil IV umfasst die Evaluation der Pflegeüberleitung durch die Methode der teilnehmenden Beobachtung sowie durch Interviews mit übergeleiteten Patienten und deren Angehörigen.  Teil V enthält die aus den Ergebnissen resultierenden Handlungsempfehlungen. 2.2 Die beteiligten Institutionen

An der Untersuchung waren drei Düsseldorfer Krankenhäuser beteiligt. In diesen Häusern bestand bereits vor Beginn der Evaluierung neben dem Angebot des Sozialdienstes eine halbe bis ganze Stelle für Pflegeüberleitung, um dem Bedarf an professioneller Begleitung im Bereich der pflegerischen Versorgungskontinuität zu entsprechen. Die Stellen waren entweder durch eine Pflegefachkraft oder eine Sozialarbeiterin besetzt. Die Finanzierung der Stellen für Pflegeüberleitung wurde in den Häusern 2 und 1 von der Stadt über die Mittel des Landespflegegesetzes getragen, während das Krankenhaus 3 die Vollzeitstelle selbst finanzierte. Die Daten der am Projekt beteiligten Krankenhäuser: Krankenhaus 1 Größe: 350 Betten Besetzung der Pflegeüberleitungsstelle: Sozialarbeiterin (50% Stelle, be-


18

Die Struktur des Projektes

fristet bis Ende 2001)Vorgesetzter: Leitung der Sozialberatung Erreichbarkeit: Büro in der Nähe zum Büro der Sozialberatung Zuständiger Bereich der Pflegeüberleitung: vier internistische Stationen mit insgesamt 141 Betten Krankenhaus 2 Größe: 236 Betten Besetzung der Pflegeüberleitungsstelle: Krankenschwester (50% Stelle, befristet bis Ende 2001) Vorgesetzte: Pflegedirektion und Qualitätsbeauftragte des Caritasverbandes der Stadt Düsseldorf. Zuständiger Bereich der Pflegeüberleitung: 2 Chirurgische Stationen, 2 internistische Stationen, 1 Station Augenheilkunde; insgesamt 155 Betten Krankenhaus 3 Größe: 616 Betten Besetzung der Pflegeüberleitungsstelle: Krankenschwester (100% Stelle, unbefristet) mit abgeschlossener Fortbildung zur Krankenschwester für Pflegeüberleitung Vorgesetzter: Leitung der Sozialberatung. Zuständiger Bereich der Pflegeüberleitung: vier internistische Stationen mit insgesamt 141 Betten


Die Struktur des Projektes

19

2.3 Der Beirat Zum kontinuierlichen Austausch der Beteiligten des Projektes wurde vom Projektträger, der Pflegekonferenz der Stadt Düsseldorf, ein Beirat einberufen. Im Beirat waren neben Vertretern der beteiligten Krankenhäuser und der Stadt Düsseldorf Vertreterinnen und Vertreter aus der Pflegekonferenz (ambulante Dienste, Krankenkassen, Medizinischer Dienst der Krankenkassen (MDK)). Konkretes Ziel der Beiratsitzungen war es, die Projektleitung in der weiteren Projektarbeit zu beraten sowie die Mitglieder des Beirats über Ergebnisse, Methoden und den Prozess der Evaluation zu informieren. Im Verlauf des Projekts tagte der Beirat der Evaluation der Pflegeüberleitung zehn Mal in Düsseldorf. Von der Evangelischen Fachhochschule Bochum RWL, Studiengang Pflege, bzw. von pädea nahmen neben der Projektleitung sowie die Koordinatorin des Projektes und die jeweils an den Projektschritten beteiligten Mitarbeitenden an den Sitzungen des Beirates teil.

2.4 Beratung der drei Krankenhäuser Während der gesamten Projektzeit wurde der Kontakt zwischen der Projektgruppe und den drei beteiligten Krankenhäusern auf mehreren Ebenen aktiv gestaltet. In den formativen Verfahren der Evaluation besteht in der Regel parallel zur wissenschaftlichen Untersuchung auch das Angebot der Beratung der beteiligten Organisationen. Dabei ging die Forschungsgruppe im Sinne der Organisationsberatung einerseits auf die Beratungsanliegen der beteiligten Krankenhäuser ein, bot jedoch auch ihrerseits gezielte Beratung an, wenn dies nach dem jeweiligen Stand der Evaluierung erforderlich war. Insgesamt fanden 13 Beratungsgespräche der Projektleitung in den jeweiligen Häusern statt.


20

Die Struktur des Projektes

Anwesend waren bei den Beratungen in der Regel neben der Projektleitung, der Koordinatorin und den entsprechenden wissenschaftlichen Mitarbeitenden die Pflegedienstleitungen der Einrichtungen, die MitarbeiterInnen der Pflegeüberleitung sowie z. T. Pflegende von den Stationen anwesend. In einigen Fällen beteiligten sich auch Mitarbeitende des Sozialen Dienstes, Qualitätssicherungsbeauftragte und ärztliche Leiter bzw. Chef- und Oberärzte an den Gesprächen. Die Themen der Beratungsgespräche waren durch unterschiedliche Ebenen bestimmt, die sich im Verlauf des Projektes abzeichneten. Zum Teil wurden die Beratungsgespräche der Forschungsgruppe in den beteiligten Krankenhäusern dazu genutzt, die Informationen und Diskussionen zu vertiefen, die bereits im Begleitgremium Beirat erörtert wurden. Dieser Bedarf an intensiven Gesprächen im jeweiligen Kontext der Häuser wurde zum Teil bereits in den Beiratsitzungen benannt und dann entsprochen. Gegenstand der Beratungsgespräche waren weiterhin die umfassend Präsentation und Diskussion der Einzelergebnisse und Reflexionen über das Verfahren der Pflegeüberleitung. Darüber hinaus wurden Konsequenzen der Forschungsergebnisse für das Verfahren der Pflegeüberleitung diskutiert.


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.