Rave-Schwank, Gesundheit und Erziehung in interkulturellen Gruppen

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Ein einzigartiger Leitfaden für Menschen, die ähnliche Treffen planen, und für alle, die interkulturelles Verstehen fördern wollen.

ISBN 978-3-86321-213-1

www.mabuse-verlag.de

Gesundheit und Erziehung in interkulturellen Gruppen

Das Buch stellt Themen vor, die sich in bislang 200 MUIMI-Treffen als wichtig erwiesen haben und von den Teilnehmern besonders häufig gewünscht wurden.

Maria Rave-Schwank (Hrsg.)

Gesundheit und Erziehung in interkulturellen Gruppen

Beispiele aus der Praxis

Maria Rave-Schwank (Hrsg.)

Seit 2007 werden in Karlsruhe „Muttersprachliche Informationen für Migranten“ (MUIMI) angeboten. An vertrauten Orten und zu festen Zeiten treffen sich die Teilnehmer zum Informationsaustausch über Themen aus den Bereichen Gesundheit und Familie. Die Referate sowie Diskussionen werden übersetzt. Die Referenten sind in der Regel deutsche Fachkräfte wie Ärzte, Lehrer oder Medienfachleute.

Mabuse-Verlag

Auch lange in Deutschland lebende MigrantInnen tun sich manchmal schwer, aktiv Hilfe bei Erziehungsfragen und psychologischen oder psychiatrischen Problemen in Anspruch zu nehmen.

Mabuse-Verlag


Die Herausgeberin Dr. Maria Rave-Schwank, geb. 1935, Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, baute nach der klinischen und tagesklinischen Tätigkeit an der Heidelberger Uni-Klinik die Weiterbildung Fachkrankenpflege für Psychiatrie beim Landschaftsverband Rheinland auf. Ab 1979 war sie Ärztliche Direktorin des Philippshospitals Riedstadt, ab 1990 Direktorin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Städt. Klinikums Karlsruhe, wo ihr die besonderen Schwierigkeiten von MigrantInnen im Gesundheitswesen deutlich wurden. Seit 2000 ist sie im Verein zur Unterstützung traumatisierter Migranten e. V. aktiv, seit 2006 in der Vorbereitung von MUIMI-Treffen. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Sozialpsychiatrie, insbesondere zur Psychiatrischen Pflege, Angehörigenarbeit und zur „Quality of Care“.


Maria Rave-Schwank (Hrsg.)

Gesundheit und Erziehung in interkulturellen Gruppen Beispiele aus der Praxis

Mabuse-Verlag Frankfurt am Main


Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

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Inhalt Grußwort des Oberbürgermeisters von Karlsruhe, Dr. Frank Mentrup. . 9 Geleitwort von Meri Uhlig, Integrationsbeauftrage der Stadt Karlsruhe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Maria Rave-Schwank Einleitung: Geschichte und Struktur der MUIMI-Treffen. Zielsetzung des Bandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 MUIMI-Themen zur seelischen und körperlichen Gesundheit Maria Rave-Schwank Depressionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Maria Rave-Schwank Heimweh bei Erwachsenen, Säuglingen und Kindern . . . . . . . . . . . 21 Maria Rave-Schwank Besonderheiten der Mutter-Sohn-Beziehung . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Maria Rave-Schwank Besonderheiten der Mutter-Tochter-Beziehung . . . . . . . . . . . . . . 28 Maria Rave-Schwank Pubertät – körperliche, seelische und soziale Veränderungen . . . . . . 31 Maria Rave-Schwank Wechseljahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Maria Rave-Schwank Krankheit und Gesundheit besser verstehen . . . . . . . . . . . . . . . . 38


Karin Flesch Erkrankungen der weiblichen Brust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Roland Gugler Gesunde Ernährung I. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Joachim Aspacher Gesunde Ernährung II und die Vermeidung von Übergewicht. . . . . . 46 Joachim Aspacher Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) – Vorbeugung, Diagnose und Behandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Ulrich Kling Alkohol aus medizinischer und gesellschaftlicher Sicht . . . . . . . . . . 52 Brigitte Joggerst und Pirjo Pfendtner Impfen – welche Vor- und Nachteile kennen wir? . . . . . . . . . . . . . 55 Maria Rave-Schwank Wer bezahlt was? Das System der sozialen Sicherung in Deutschland . . . . . . . . . . . . 59 Maria Rave-Schwank Selbstwertgefühl aufbauen und erhalten in einer anderen Kultur . . . . 63 Maria Rave-Schwank Ängste verstehen und vermindern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Maria Rave-Schwank Kleider – Mode – Identität als Frau. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Maria Rave-Schwank Rollen und Konflikte in der Ehe und Partnerschaft . . . . . . . . . . . . 72


Serife Dülgar-Ünsal Kommunikation in der Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 MUIMI-Themen zu Erziehung und Schule Diemut Daub Wie kann ich meinen Kindern in der Schule weiterhelfen? . . . . . . . . 77 Maria Rave-Schwank Konzentrationsstörungen bei Kindern und das Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom – ADHS . . . . 81 Susanne Syren Wie erziehe ich meine Kinder im Umgang mit Medien? . . . . . . . . . 84 Diemut Daub Deutsch in der Schule – Türkisch zu Hause? . . . . . . . . . . . . . . . . 88

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 Hilfreiche Adressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103



Grußwort Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Leserinnen und Leser, für viele Menschen in Karlsruhe ist die Migrationserfahrung einer der prägendsten Lebensabschnitte in ihrer Biografie. Sie haben ihre Heimat verlassen und versuchen, in der neuen Gesellschaft anzukommen. Die Themen Sprache, Schule, Beruf, politische Teilhabe und Gesundheit sind nur Teilaspekte der Herausforderung, vor der Migrantinnen und Migranten in ihrer neuen Heimat stehen. In Karlsruhe hat sich seit 2009 mit der Einrichtung mehrerer Elterncafés für Migrantinnen und Migranten an Grund- und Werkrealschulen ein besonderes Unterstützungssystem etabliert. Die Elterncafés fungieren als Treffpunkte für Eltern mit und ohne Migrationshintergrund. Die niedrigschwelligen Angebote in den Elterncafés führen dazu, dass die Besucherinnen und Besucher einen besseren Zugang zu gesellschaftlichen Institutionen und Angeboten erhalten. Mit der Arbeit in den Elterncafés können Hemmschwellen, Berührungsängste und Vorurteile abgebaut werden. Ein gutes Beispiel ist die Teilhabe am öffentlichen Gesundheitssystem. Die gesundheitliche Situation von Migrantinnen und Migranten ist im Vergleich zu anderen Bevölkerungsgruppen deutlich ungünstiger. Darüber hinaus haben viele Migrantinnen und Migranten aufgrund sprachlicher und soziokultureller Barrieren Schwierigkeiten, sich im deutschen Versorgungssystem zurechtzufinden. Fehlendes Wissen um präventive Gesundheitsförderungsangebote führt etwa zu einer unzureichenden Nutzung dieser Angebote. Daher begrüße ich die MUIMI-Treffen in den Elterncafés als einen wichtigen Beitrag zu mehr Chancengerechtigkeit im Bildungs- und Gesundheitssystem. Dies sollte letztlich auch dazu führen, dass die Besucherinnen und Besucher der Elterncafés ihre Migrationserfahrung nicht mehr als Nachteil in ihrer Biografie erleben müssen, sondern diese verstärkt in unsere Gesellschaft einbringen können. Unser Gemeinwesen wird dadurch reicher! Dr. Frank Mentrup Oberbürgermeister 9



Geleitwort Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Leserinnen und Leser, die Erfahrung zeigt es: Eltern mit Migrationshintergrund sind wie alle Eltern interessierte Eltern. Sie benötigen jedoch mehr Informationen über die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und müssen in Netzwerke und Kooperationen vor Ort eingebunden sein. Dies geschieht in Karlsruhe z. B. in den Elterncafés. Das besondere ist: Die Eltern finden diese Unterstützung direkt in der Schule vor. Zusammen mit den Schulleitungen, den Lehrern und Schulsozialarbeitern gehen die Mitarbeiterinnen der Elterncafés auf die Eltern zu, machen ihnen Angebote, holen sie dort ab, wo sie sind. Diese Cafés ermöglichen den Eltern, Rat und Information zur Unterstützung als auch zur Stärkung der Erziehungskompetenzen zu erhalten. Durch das vielfältige Programmangebot wird den Eltern eine große Informationsvielfalt zu Themen wie Bildung, Erziehung und Gesundheit geboten. Damit sorgen Elterncafés mit interkultureller Öffnung auch für Chancengleichheit von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund im Bildungsbereich. Dies ist von enormer Wichtigkeit für das soziale Zusammenleben in unserer Stadt. Eine verbesserte Bildungsteilhabe der Migrantinnen und Migranten verringert soziale Gegensätze und wirkt sich auf die gesamte Stadt positiv aus. Deswegen unterstützt das Büro für Integration die Elterncafés ideell und materiell. Es ist wünschenswert, dass mit den niedrigschwelligen Angeboten noch mehr Eltern erreicht werden und dass möglichst viele Karlsruher Eltern mit und ohne Migrationshintergrund diese Angebote nutzen können. Meri Uhlig Integrationsbeauftragte der Stadt Karlsruhe

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Einleitung: Geschichte und Struktur der MUIMI-Treffen. Zielsetzung des Bandes Liebe Leserin, lieber Leser, „innovative Zugangswege“, also neue Möglichkeiten, wie Menschen mit Migrationshintergrund die Angebote des deutschen Gesundheitswesens besser kennenlernen und nutzen können, wurden mehrfach angemahnt. Schon die Gesundheitsministerkonferenz der Länder 2007 zählt verbesserte Zugangswege zur psychiatrischen Versorgung von Menschen mit Migrationshintergrund zu den „Aspekten von grundsätzlicher Bedeutung“ (1). Neue Zugangswege und die Verminderung von Zugangsbarrieren (2) sind natürlich besonders dort wichtig, wo Menschen mit Migrationshintergrund im Versorgungssystem deutlich unterrepräsentiert sind. Dazu gehören – bei allen Schwankungen der Untersuchungsergebnisse im Detail – die ambulanten und offen-stationären psychiatrischen Einrichtungen sowie die Einrichtungen der Suchthilfe (3, 4, 5). Auch die alarmierenden Suizidraten der jungen, männlichen Spätaussiedler (6, 7) zeigen, dass die Hilfsangebote oft wenig oder erst spät genutzt werden. Dies entsprach auch der Erfahrung mit zum Teil traumatisierten Migranten im „Verein zur Unterstützung traumatisierter Migranten e. V.“. Auch langjährig in Deutschland lebende Migranten – natürlich mit Unterschieden zwischen der ersten, der zweiten und der dritten Generation hier – verfügen zum Teil über geringe Kenntnisse – health literacy (8) –, sich im psychiatrisch-psychotherapeutischen Bereich Hilfe zu suchen. Seit 2006 nahmen wir daher mit Migrantenvereinen Kontakt auf, um an vertrauten Orten „Muttersprachliche Information für Migranten“ anzubieten – MUIMI – und die Teilnehmer/ -innen dabei zu ermutigen, die Gesundheitshilfen besser kennen zu lernen und evtl. in Anspruch zu nehmen. Außer dieser informativen Zielsetzung wollen wir die Selbsthilfe-Potenziale der Migranten/-innen unterstützen – empowerment – und sehen die Gesundheitstreffen selbst als Orte der gegenseitigen 13


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Unterstützung. Es kam uns deshalb darauf an, Ort und Zeit eines schon bestehenden, vertrauten Treffpunktes von Migranten für unseren Gesundheitstreff zu nutzen und dadurch die Zugangsbarrieren zu vermindern. Inzwischen ist das MUIMI-Projekt seit sieben Jahren in Karlsruhe aktiv und wächst weiter. Von Beginn 2007 bis Ende 2013 fanden 168 MUIMI-Treffen statt (Darstellung der Gruppen in Anlage 1). Die Themen finden Sie im Inhaltsverzeichnis, das bewusst nicht systematisch aufgebaut ist, sondern die Wünsche der Teilnehmer/-innen widerspiegelt. Im Verlauf der vergangenen sieben Jahre hat sich der Schwerpunkt der MUIMI-Treffen von den Vereinen hin zu den Elterncafés an Grundschulen verschoben. Der Verein für Jugendhilfe Karlsruhe e. V. und der Türkische Elternverein e. V. entwickelten inzwischen „Interkulturelle Elterncafés“ an sechs Karlsruher Grund- und Realschulen, an denen türkische Leiterinnen wöchentliche Treffen – Elterncafés – organisieren. MUIMI kommt zu etwa 30 Treffen pro Jahr an diese Schulen zu Fragen der Gesundheit und der Erziehung. 10 wesentliche Merkmale der MUIMI-Treffen sind über die vergangenen Jahre geblieben: 1. Ort: Die Treffen finden an einem für die Zielgruppe vertrauten Ort statt, beim Elterncafé in der Schule in einem Klassenzimmer oder am regulären Treffpunkt des Vereins (Verkleinerung der Zugangsbarrieren). 2. Zeit: Wir kommen zum regulären Termin der Gruppe/des Vereins. Die gegebene Zeit von meist zwei Stunden wird etwa zur Hälfte für das Referat mit Übersetzung und zur Hälfte für die Diskussion genutzt. 3. Übersetzung: Referate und Diskussion werden muttersprachlich übersetzt; es wird darauf geachtet, dass auch sprachlich weniger kompetente Teilnehmer den Inhalt der Kurzreferate verstehen. 4. Leitung: Die Elterncafés werden von je zwei Türkinnen geleitet; sie begrüßen und verabschieden die Teilnehmerinnen herzlich und sorgen für eine (kleine) Bewirtung; sie stellen die Referenten vor und verabschieden sie. Terminverlegungen werden mit ihnen besprochen, sie organisieren die parallele Kinderbetreuung in einem benachbarten Klassenzimmer, Säuglinge und Kleinkinder bleiben bei den Müttern. 5. Kosten: Die MUIMI-Treffen sind für die Teilnehmer und die Elterncafés kostenlos. 14


Einleitung: Geschichte und Struktur der MUIMI-Treffen. Zielsetzung des Bandes

6. Referenten: In der Regel sind es deutsche Fachkräfte-Ärzte, Lehrerinnen, Medienfachleute; eine türkische Diplompsychologin referierte ohne Übersetzung. 7. Finanzierung: Übersetzer und Referenten erhalten vom Verein zur Unterstützung traumatisierter Migranten e. V. ein Honorar aus Zuschüssen, Spenden und Mitgliedsbeiträgen des Vereins. 8. Programmgestaltung: Halbjährlich findet ein Treffen mit den türkischen Leiterinnen der Elterncafés statt, um die Programmwünsche zu besprechen. Eine Liste der Themen, die wir jeweils anbieten können, dient den türkischen Leiterinnen der Elterncafés als Entscheidungshilfe und Anregung (siehe Anlage 2). 9. Die Vorbereitung der Themen und die Programmgestaltung erfolgt ehrenamtlich von Vereinsmitgliedern. 10. Die MUIMI-Treffen sind offen; die Mitglieder des Vereins sind ausdrücklich eingeladen. Das vorliegende Buch stellt Themen von MUIMI-Treffen vor, die uns besonders wichtig erscheinen oder von den Teilnehmern/-innen besonders häufig gewünscht wurden. Es soll kein Rezeptbuch sein, sondern bei der Vorbereitung von ähnlichen Treffen helfen. Insgesamt haben die erfahrenen Fachreferenten, deren Name vor jedem Thema angegeben ist, Informationen bei MUIMI-Treffen zugrunde gelegt, die in Lehrbüchern und Lexika zugänglich sind. Wir haben bei der Darstellung von Störungen/Krankheiten weitgehend auf Zahlenangaben zur Häufigkeit verzichtet. Die Daten insbesondere zu seelischen Störungen bei Menschen mit Migrationshintergrund sind aus methodischen Gründen wenig belastbar (9, 10) und werden deshalb hier nicht ausführlich dargestellt. Die Bedeutung der Diskussion bei der Zeitplanung – unsere Regel: zur Hälfte Referat mit Übersetzung und zur Hälfte Gespräch – kann nicht genug hervorgehoben werden. Der Wunsch der Referenten, viel Information zu vermitteln, beeinträchtigte anfangs das Gespräch und die wichtigen Fragen der Teilnehmer/-innen. Weil die durchweg lebhaften, manchmal leidenschaftlich geführten Diskussionen nicht in schriftlicher Form wiederholt werden können, haben wir uns deshalb bemüht, Fragen der Teilnehmerinnen wiederzugeben, um die Interessen der Mütter deutlicher zu machen. Besonders wichtige Werte – Familie, Partnerschaft, Sexualität und Religion – 15


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waren in vielen Diskussionen präsent. – Die Einstellungen dazu sind bei den einzelnen Gruppenmitgliedern sehr verschieden. Der Referent/die Referentin oder eine türkische Leiterin muss bei der Gesprächsleitung versuchen, Kränkungen im Umgang mit diesen Werten zu vermeiden, um das Fortbestehen der Gruppe nicht zu gefährden. Heftige Auseinandersetzungen zwischen den Gruppenmitgliedern sind auch nach Einschätzung der türkischen Leiterinnen nicht geschätzt. Die Autoren der MUIMI-Module werden in der Autorenliste mit ihren fachlichen Qualifikationen aufgeführt. Ein Literaturverzeichnis steht am Ende. Texte zum Weiterlesen und hilfreiche Adressen stehen am Ende des Artikels. Schließlich will ich Sie noch auf das MIMI-Projekt – mit Migranten für Migranten – (11, 12) hinweisen, das Ähnlichkeiten mit unserem Projekt hat. Allerdings treffen wir uns im Unterschied zu MIMI an den vertrauten Orten und zu den üblichen Zeiten der Gruppen. Die meist deutschen MUIMI-Referenten können mit ihrer Fachkompetenz darüber hinaus Kontakte zu deutschen Gesundheits- und Sozialdiensten anregen und vermitteln. Um die Gruppenatmosphäre kennenzulernen nimmt ein Referent üblicherweise als Beobachter bei ein bis zwei MUIMI-Treffen teil, ehe er/sie ein MUIMI-Treffen leitet. Unser Dank gilt den teilweise langjährigen Leiterinnen der Elterncafés für die gute Zusammenarbeit sowie den Übersetzerinnen: Frau Dr. Fariba Vazim, Frau Serife Dülgar-Ünsal, Frau Fatma Taze und Frau Ülfer Keskin. Frau Serife Dülgar-Ünsal hat die vorliegenden Texte gesichtet und Besonderheiten aus türkisch-muslimischer Sicht in einem für mich wichtigen Austausch verdeutlicht. Unser Dank gilt besonders den Trägervereinen, dem Iranischen Kulturzentrum e. V. mit Herrn Ekdalapur, dem Karlsruher Verein für Jugendhilfe und dem Türkischen Elternverein sowie dem IBZ, dem Internationalen Begegnungszentrum Karlsruhe. Wir danken Herrn Dr. Mentrup, dem Oberbürgermeister von Karlsruhe, der in seinem Grußwort und durch seinen persönlichen Besuch im Februar 2013 im Elterncafé der Gutenbergschule die Bedeutung dieser Arbeit unterstreicht. Frau Meri Uhlig, der Integrationsbeauftragten der Stadt, danke ich für ihr Geleitwort. Der „Verein zur Unterstützung traumatisierter Migranten e. V.“ hat das MUIMI-Projekt von Anfang an getragen und gestärkt, nicht zuletzt durch aktive, auch kurzfristige Übernahme von Referaten im Projekt 16


Einleitung: Geschichte und Struktur der MUIMI-Treffen. Zielsetzung des Bandes

und durch die Bezahlung der Übersetzerinnen und der Fachreferenten. Ohne die regelmäßigen Zuschüsse der Stadt Karlsruhe an den Verein wäre das nicht möglich gewesen. Vielen Dank auch an den zuständigen Dezernenten, Herrn Bürgermeister Dr. Lenz. Schließlich danke ich Frau Susanne Syren herzlich, die mich bei der Arbeit an diesen Texten immer wieder angeregt und ermutigt hat. Wir wollen mit dem Buch Sie, liebe Leserinnen und Leser, auch motivieren, ähnliche Elterncafés zu gründen. Unser Ziel ist es, an allen Karlsruher Grundschulen mittelfristig Elterncafés aufzubauen; zurzeit besuchen wir sechs Elterncafés regelmäßig. Insgesamt hat es sich gelohnt, dorthin zu gehen, wo Migranten sich ohnehin treffen, was die Zugangsbarrieren zur Nutzung vermindert. Bei persönlichen Schwierigkeiten und Störungen sehen wir in einer professionellen Behandlung nur eine Möglichkeit neben der Unterstützung durch die Familie und durch die Gruppenmitglieder untereinander. Besonders bei der Besprechung des Themas „Heimweh“ (13 sowie Anlage 3) ist mir deutlich geworden, wie wichtig die Elterncafés als Ort der Unterstützung, der Information aber auch des Heimatersatzes dabei sind. Wenn Sie unsicher sind, wo Sie mit Lesen beginnen wollen, so fangen Sie einfach beim Heimweh an! Maria Rave-Schwank, Januar 2014

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