Die Diakonie Pflegeschulen OsnabrĂźck bestehen seit 1978. Seither bilden sie AltenpflegerInnen, HeilerziehungspflegerInnen sowie PflegeassistentInnen aus. Die Curriculumentwicklung wird seit 2010 wissenschaftlich begleitet von PD Dr. Birgit Panke-Kochinke.
Diakonie Pflegeschulen OsnabrĂźck (Hrsg.) _______________________________________________________________________
In Modulen lernen Ein Handbuch fĂźr die curriculare Gestaltung von Pflegeausbildungen
Mabuse-Verlag Frankfurt am Main
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ISBN: 978-3-86321-422-7 Printed in Germany Alle Rechte vorbehalten
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อถวค วควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควค อดอถ 4.1. Die Module ......................................................................................... 24 4.1.1. Prozess und Inhalt......................................................................... 27 4.1.2. Kompetenz und Entwicklungslogik................................................ 27 4.1.3. Erschlieร ungsmodell ..................................................................... 29 4.1.4. Portfolio ........................................................................................ 33 4.1.5. Zusammenfassung ........................................................................ 33 4.2. Die Modulbeschreibungen .................................................................. 34 4.2.1. Modul 1: Bedรผrfnisse und Bedarfe ............................................... 36 4.2.2. Modul 2: Lebensqualitรคt und Gesundheitssystem ........................ 44 4.2.3. Modul 3: Selbstfรผrsorge und Fremdverstehen .............................. 51 4.2.4. Modul 4: Kognitive Beeintrรคchtigung und Stigmatisierung ........... 57 4.2.5. Modul 5: Kรถrperliche Beeintrรคchtigung und Mobilitรคt .................. 63
อทวค วควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควควค อธอป
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Vorwort Vor mehr als zehn Jahren veröffentlichte der Kooperationsverbund niedersächsischer Krankenpflegeschulen ein schulisches und praktisches Curriculum für die Berufsausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege (Krankenpflegeschulen, 2006). Vier Jahre später war es dann auch gelungen, die Vorgaben für das Praxiscurriculum zu konkretisieren (Krankenpflegeschulen, 2010). Die Umsetzung des Curriculums wurde wissenschaftlich begleitet. Die Ergebnisse der Evaluation des schulischen Curriculums wurden ein Jahr später veröffentlicht (Panke-Kochinke, 2011). Eine der beiden Schulen arbeitet noch immer mit dem vor mehr als zehn Jahren erstellten Curriculum. Die andere Schule wurde im Zuge von Einsparungsmaßnahmen geschlossen. Seit 2012 kooperierte nun die verbliebene Gesundheits- und Krankenpflegeschule mit einer Altenpflegeschule, die zugleich Ausbildungen für die Pflegeassistenz und seit 2013 auch für die Heilerziehungspflege anbot. Beide Schulen bemühten sich nun darum, sich aneinander anzupassen: unterschiedliche Lehrerteams, unterschiedliche Pflegeausbildungen, unterschiedliche Curricula – ein spannender und nicht immer leichter Weg begann. Der Weg der Schulentwicklung, der in diesem Anpassungsprozess gemeinsam gegangen wurde, wurde nun erneut über einen Zeitraum von fünf Jahren begleitet und empirisch ausgewertet (Panke-Kochinke, 2016). Eine gute Zusammenarbeit war – nicht besonders erstaunlich – der zentrale Punkt, der ein solches Zusammenwachsen beförderte. Dazu gehörte vor allem auch ein gemeinsamer Rahmenlehrplan, der es allen an der Ausbildung Beteiligten erlaubte, sich auch und vor allem an einem didaktischen Konzept zu orientieren und innerhalb dieses Konzeptes auch den Freiraum bot, drei unterschiedliche Ausbildungsgänge unter einen gemeinsamen Fokus zu stellen. Er sollte Raum bieten für zukünftige, auch europäische Standards. Er sollte zudem der Tatsache Rechnung tragen, dass Lehrende einen Freiraum nutzen konnten, um ihre Professionalität in der Umsetzung im Unterricht zu gestalten. Und er sollte endlich auch der Problematik Rechnung tragen, dass nicht wie bisher häufig zu beobachten, nur abzuarbeitende Inhaltsregister den Unterrichtsverlauf bestimmten, sondern durch geeignete didaktisch aufbereitete
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Vorwort
Kompetenzprofile die Kompetenzen erworben werden konnten, die es ermöglichten, zukünftigen Anforderungen an eine Pflegeausbildung Rechnung zu tragen. Das zentrale Ziel blieb es, die berufliche Handlungskompetenz der Auszubildenden zu fördern. Ein erster Entwurf für einen Rahmenlehrplan wurde 2015 veröffentlicht (Panke-Kochinke, et al., 2015), ein zweiter ergänzender Teil folgte 2017 (Panke-Kochinke, et al., 2017). Gelöst werden musste nun jedoch noch ein wichtiges praktisches Problem: wie konnte man den Drahtseilakt zwischen den neuen gesetzlichen Vorgaben, die parallel durch eine Zusammenführung von Gesundheits- und Krankenpflege sowie Altenpflegeausbildung entstanden waren und den Einbezug der Heilerziehungspflege so gestalten, dass dieser Rahmen auch von den Lehrenden im Schulalltag umgesetzt werden konnte? Das Ergebnis liegt jetzt vor. Es wurde gemeinsam mit den Lehrenden entwickelt, abgestimmt und immer wieder angepasst und verändert. Die Modulkonstruktion und die Entwicklung eines Erschließungsmodells für die jeweils relevanten Inhalte machen dieses Curriculum zu einem Instrument der Schulentwicklung, das prozessorientiert tradierte Curricula ablösen kann – und zwar so, wie es für die jeweilige Pflegeschule aufgrund ihrer organisatorischen Struktur passt.
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1. Einleitung Die bundesrepublikanischen Ausbildungsgänge in der Gesundheits- und Krankenpflege, der Altenpflege und der Heilerziehungspflege sind den Anforderungen einer europäischen Ausbildungslandschaft auch im Hinblick auf Anschlussmöglichkeiten an akademische Hochschulausbildungen aktuell nicht wirklich gut gewachsen. Segregierte Ausbildungsstrukturen, länderpolitische Unterschiede, überkommene pädagogische Konzepte, undurchsichtige Praxisausbildungen – das alles trägt dazu bei, das zwar das Ansehen der bundesrepublikanischen Pflegeausbildungen hoch, aber ihr Qualitätsniveau eher bedenklich erscheint. Es ist an der Zeit, sich der Frage zuzuwenden, wie man ein nachhaltiges und qualitativ hochwertiges Ausbildungssystem für die Pflegeberufe entwickeln kann, das sich den mannigfaltigen Herausforderungen der gesellschaftlichen Entwicklungen stellt, den Theorie-Praxis-Transfer ernst nimmt und sich von den mittlerweile fast unüberwindbaren Problemen einer beruflichen Bildungspolitik löst, die zwar eine Vielzahl von Modellprojekten für eine integrierte Ausbildung der Gesundheits- und Krankenpflege sowie der Altenpflege hervorbringt, aber nur bedingt bestrebt ist, diese auch Realität werden zu lassen. Die Heilerziehungspflege wird in diesen Konzeptionen zudem vergessen. Die unterschiedlichen gesetzlichen Vorgaben erzeugen insbesondere auch für Absolventen einer dualen Ausbildung hohe Belastungen an Stundendeputaten, die keineswegs auf eine höhere Qualität der Ausbildung verweisen. Es erscheint sinnvoll, diesen Weg der Diskussion zu verlassen und sich dem Problem von einer anderen Seite zu nähern. Die Frage, wie eine gute Pflegeausbildung eigentlich in der Gegenwart vor dem skizzierten Hintergrund zukunftsträchtig aussehen könnte, muss sich in erster Linie erst einmal damit auseinandersetzen, wie diese Strukturen konkret aussehen und welche didaktischen und curricularen Herausforderungen sich dadurch ergeben. In einem ersten Schritt werden wesentliche Einflussfaktoren in einem Problemaufriss benannt (Kap. 1). In einem zweiten Schritt wird aufbauend auf bereits vorhandenen curricularen Entwürfen des Kooperationsverbundes niedersächsischer Krankenpflegeschulen eine entsprechende Veränderung und
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1. Einleitung
Ergänzung vorgenommen (Kap. 2). In einem dritten Schritt werden entsprechende didaktische Grundlagen entwickelt. Abschließend wird ein modularisiertes Modell für eine integrierte Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege, Altenpflege und Heilerziehungspflege vorgestellt (Kap. 3). Zukunftsperspektiven werden benannt (Kap. 4).1
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Wesentliche Bestandteile des Curriculums wurden bereits vorab in der Form eines Artikels in der Pflegezeitschrift veröffentlicht (Panke-Kochinke, et al., 2015)..
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2. Problemaufriss Bekanntermaßen verändert sich zumindest in den westeuropäischen Ländern die Bevölkerungsstruktur dahingehend, dass immer mehr Menschen aufgrund des medizinischen Fortschrittes immer älter werden (Bund-LänderArbeitsgruppe, 2012). Viele, bis vor einigen Jahren noch schlecht bis gar nicht zu therapierende Menschen können heutzutage besser und effektiver behandelt werden (Akmaz, 2008). Da weniger Kinder geboren werden, steigt der Anteil der älteren Menschen durch die geburtenstarken Jahrgänge der 1960er Jahre an der Gesamtbevölkerung an. Das ist zumindest über einen Zeitraum bis 2050 so zu prognostizieren (Statistisches Bundesamt, 2009). Positiv an dieser Entwicklung ist, dass x die Lebensqualität bis ins hohe Alter vergleichsweise hoch bleibt. Gesundheitliche Einschränkungen sind nicht zwangsläufig alters-, sondern auch verhaltensbedingt und somit beeinflussbar. Eine Verringerung der Risikofaktoren kann so durch kombinierte präventive bzw. gesundheitsfördernde Maßnahmen zu einer deutlichen Verbesserung der Lebenserwartung führen (Walter, 2008). x es möglich ist, mit chronischen Erkrankungen über einen langen Zeitraum vergleichsweise gut zu leben (Stöver et al., 2007). x Multimorbidität insbesondere im Alter medizinisch angemessen kontrollierbar ist. Problematisch ist, dass x immer mehr Menschen über einen immer längeren Zeitraum einen Bedarf an Pflege und Fürsorge haben (Deutscher Bundestag, 2002; Isfort, Weidner, 2010; Statistisches Bundesamt, 2013). x der Komplexität des Erkrankungsspektrums nicht mehr mit einfachen pflegerischen Maßnahmen begegnet werden kann (Robert-BoschStiftung, 2000; Scheidt-Nave, Richter, Kuhlmey, 2010), vor allem in der stationären/ambulanten Versorgung.
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2. Problemaufriss
x die Pflege von Menschen mit Demenz besondere Kompetenzen erfordert, die vertieft und mit spezifischen Erfahrungen angereichert werde müssen (Deutscher Bundestag, 2002). x die Kostenexplosion im Gesundheitswesen eine angemessene Qualität der Versorgung von chronisch kranken, multimorbiden Menschen kaum noch sicherstellen kann (Statistisches Bundesamt, 2010). Angehörige und ehrenamtlich tätige Menschen sind eine notwendige Ergänzung des Systems. Es ist ebenfalls unbestritten, dass in Europa ein Bedarf an angemessen ausgebildeten Pflegekräften besteht und auch in der Zukunft bestehen bleiben wird. Die europäische Angleichung der Aus-, Fort- und Weiterbildung ist zumindest für den Bereich der Hochschulausbildung bereits auf einem guten Weg. Die Spezialisierung der Fachausbildungen für pflegerische Berufe in Altenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege sowie Heilerziehungspflege wird allerdings der geschilderten Veränderung in wesentlichen Punkten nicht gerecht. Es sind nicht nur alte Menschen, sondern aufgrund des medizinischen Fortschrittes auch zunehmend mehr chronisch kranke sowie behinderte Menschen, die einen Versorgungsbedarf haben (Stöver et al., 2007). Folgende Probleme sind erkennbar, die den Bedarf nach einer veränderten pflegerischen Ausbildung deutlich erkennen lassen: x Der Übergang von der häuslichen in die ambulante und stationäre Versorgung z.B. auch für Menschen mit Demenz oder anderen neurodegenerativen Erkrankungen funktioniert nicht besonders gut. Versorgungslücken sind erkennbar. Hilflosigkeit und Unwissenheit der Pflegekräfte führen zu Fehlbehandlungen; Menschen mit Demenz werden im Krankenhaus zunehmen ängstlich und aggressiv (Deutscher Bundestag, 2002). x Menschen mit Behinderungen, die alt und dement werden, lassen sich in dem bisher existierenden Berufsausbildungsspektrum nur ungenügend versorgen. Prophylaktische Maßnahmen, Vorsorge, Begleitung und Betreuung von Menschen mit diversen Krankheitsbildern sind zwar generell als Ausbildungsinhalte im Krankenpflegegesetz verortet (§3, KrPflG). Unklar ist allerdings, ob die pflegerischen Fachkräfte sich im Bereich der Behindertenhilfe auch als kompetent erleben
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2. Problemaufriss
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(Thiesmeyer, 2003). Es fehlt eine interdisziplinäre Ausrichtung auf diese pflegebereichsspezifischen Personengruppen (Harenski, 2007). Die Beratung und Begleitung von multimorbiden Menschen bzw. deren Angehörigen auch in der Konklusion in multiprofessionellen Teams verlangt eine an diesen Pflegeanlässen ausgerichtete Kompetenz der Prioritätensetzung. Diese ist bisher erst ansatzweise vorhanden. Dem Verlust von Kontroll- und Einflussmöglichkeiten könnte durch eine stärkere Ressourcenförderung des älteren Menschen mit Pflegebedarf, einer intensiven Zusammenarbeit mit dem familiären Umfeld (sofern derjenige es wünscht) und einem guten Überleitungsmanagement entgegengewirkt werden (Schilling, 2003; Ströbel, Weidner, 2002). In den Einrichtungen der Behindertenhilfe wird ein hoher Bedarf an Pflegekräften angemeldet, die variabel einsetzbar sind und dafür auch über die entsprechende Ausbildung verfügen. Diese Berufsgruppe existiert zurzeit nicht. In absehbarer Zeit werden mehr Behinderte mit einem erhöhten pflegerischen Versorgungsbedarf erwartet (Stöver, et al., 2007; Thiesmeyer, 2003). In dem Maße, in dem auch behinderte Menschen vom Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung profitieren, gewinnen ältere Behinderte mit spezifischem Versorgungsbedarf für den Pflegesektor an Bedeutung (Enquete, 2002). 75 % der Schwerbehinderten sind mittlerweile 55 Jahre und älter (Thiesmeyer, 2003). Berechnungen zufolge tritt bei Menschen mit Behinderungen ab dem 50. Lebensjahr im Vergleich zu Nicht-Behinderten ein prozentual erhöhter Pflegebedarf auf (Hasseler, Görres, 2005). In den Akutkrankenhäusern sind Bedarfe zu erkennen, dass Pflegekräfte auch in der Lage sind, z.B. mit Menschen mit neurodegenerativen Erkrankungen wie Demenz, alt gewordenen behinderten Menschen und Menschen mit chronischen Erkrankungen angemessen umgehen zu können, wenn diese wegen eines konkreten Gesundheitsproblems in die stationäre Versorgung kommen (Isfort, 2012). Menschen mit Demenz bedürfen besonderer Bemühungen und eines erhöhten pflegerischen Betreuungsaufwandes (Görres et. al, 2013; Isfort, 2012; Pinkert, 2014). Das ist nach laufenden Untersuchungen bisher keineswegs der Fall. Die Schmerzversorgung von Menschen,
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2. Problemaufriss
die sich nicht mehr über Sprache äußern können, weil sie dement sind, ist teilweise katastrophal (Pan, Morrison, Ness, Fugh-Berman, & Leipzig, 2000; Reynolds, Henderson, Schulman, & Hanson, 2002; Schmidt, 2011). x In der ambulanten Versorgung fehlen Pflegekräfte, die wissen, welche Bedürfnisse und Bedarfe ein Mensch mit Behinderungen bzw. ein chronisch kranker Mensch hat. Der Waschstraßeneffekt steht immer noch im Vordergrund; die Frage der seelischen Betreuung und Beratung wird auch deshalb vernachlässigt, weil niemand weiß, wie man das macht (Röttger-Liepmann, 2007). x Die meisten Menschen, die alt und krank oder/und behindert sind, werden im häuslichen Umfeld versorgt. Beratung und Begleitung wird oft von Pflegekräften verlangt, die dafür gar nicht ausgebildet sind. Ethische Probleme entstehen und können nicht gelöst werden (BMFSFJ, 2005; Görres, 2005; Hasseler,2005). Wie lässt sich vor diesem skizzierten Hintergrund die Zukunft der Pflegeausbildungen in der Bundesrepublik Deutschland einschätzen? Wenn man sich auf den Weg zu einer besseren Anpassung der bereits bestehenden pflegerischen Ausbildungsgänge an diese gesellschaftlichen und fachlichen Erfordernisse begibt, dann muss man auch registrieren, wie sich die aktuelle Ausgangslage zurzeit darstellt. Die Erfahrungen mit den Lernfeldkonzepten, die Auseinandersetzungen über die Anschlussmöglichkeiten an ein Studium und nicht zuletzt auch die Fragmentierung der Ausbildungsgänge, die zwar Überschneidungen untereinander, aber keine zufriedenstellende Regulierung derselben aufweist, stellen Probleme dar. Die bisher gefundenen Antworten stellen zumeist diejenigen vor Schwierigkeiten, die ganz konkret vor Ort mit diesen Problemen zu tun haben: Die Auszubildenden, die Lehrenden an den Schulen und die Praxisanleiterinnen und -anleiter in den jeweiligen Einrichtungen. Schnellgestrickte curriculare Grundlagen von Studiengängen, ein eher dilettantischer Versuch, dem Lernfeldkonzept eine Art Fächersystematik mit reinen Inhaltskategorien zu entlocken und Prüfungen, die aufgrund ihrer Fülle und Struktur alle Beteiligten überfordern und letztendlich kaum etwas sagen können zur tatsächlichen beruflichen Handlungskompetenz des jeweiligen Prüflings sind Bestandteile der Ausbildungslandschaft.
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3. Didaktische Grundlagen Pflege als Beruf erfordert den Erwerb einer stabilen kommunikativen Kompetenz (Blanz, et al., 2014; Panke-Kochinke, 2003). Sie ist eingebunden in eine ethische Grundhaltung, welche die Menschenwürde von Pflegebedürftigen sicherstellt, indem sie deren Selbstbestimmungsfähigkeit fördert und die individuellen Unterstützungsangebote an den Bedürfnissen der Betroffenen ausrichtet. Der Umsetzung dieser Ansprüche steht eine Reihe von Widerständen gegenüber. In einer Pflegeausbildung wird es in der Zukunft vermehrt darum gehen, die Auszubildenden zu befähigen, sich diesen Widerständen so stellen zu können, dass sie nachhaltig in die Lage versetzt werden, dafür individuell, im Team und in der berufspolitischen Perspektive angemessene Handlungsstrategien zu entwickeln. Das ist letztendlich der Kern einer beruflichen Handlungskompetenz und darauf zielt das vorgelegte Ausbildungskonzept für eine modularisierte Pflegeausbildung ab. Sie beruht entsprechend auf einer Analyse von gesellschaftlichen Anforderungen, denen sich die Pflege als Beruf in der Zukunft und vor allem auch jeder einzelne Pflegende und jede einzelne Pflegende vermehrt wird stellen müssen. Der gewählte didaktische Zugriff auf diese gesellschaftlichen Vorgaben gründet auf dem Erwerb und der Entwicklung von kommunikativen Schlüsselkompetenzen. Selbstverwirklichung begründet die Förderung der Selbstbestimmung des pflegebedürftigen Gegenübers. Methoden des Konfliktmanagements befähigen den Auszubildenden/ die Auszubildende, sich in der Organisation des Gesundheitswesens angemessen und lösungsorientiert verhalten zu können (Hanitz, 2007). Das ist die innerpsychische Dimension. Wissensbestände, welche die aktuellen gesellschaftlichen, sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen berücksichtigen, fördern eine zukunftsorientierte und damit anpassungsfähige inhaltliche Ausrichtung der beruflichen Selbstorganisation. Didaktische Grundlagen der Ermöglichungsdidaktik im Rahmen der konstruktivistischen Didaktik sichern auf der Grundlage neurowissenschaftlicher Erkenntnis den Lernfortschritt der Auszubildenden durch Lehr- und Lernszenarien, die die individuelle Selbstlernfähigkeit unterstützen (Arnold, et al., 2007).
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