Nr. 229 · September/Oktober 2017 42. Jahrgang · D 6424 F · 8 Euro
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Zeitschrift für alle Gesundheitsberufe
Hospizarbeit
Besuch mit Nebenwirkungen – Pharma-Lobbyismus. Physician Assistance – kein Karrieresprung für Pflegende. Demenzdiagnostik – neue Wege finden.
— Geschichte — Ethikberatung — Hausärztliche Versorgung — Ehrenamt — Kinderhospiz
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Editorial
Liebe Leserinnen und Leser, dem eigenen Tod stehen wohl viele Menschen ambivalent gegenüber: Jeder ist sich bewusst, dass er oder sie einmal sterben wird, aber diese Tatsache spielt für das eigene Leben häufig keine bedeutende Rolle. Obwohl die Themen Sterben und Tod schon lange nicht mehr als Tabu gelten, befassen sich die wenigsten von uns frühzeitig damit. Der Tod ist meist etwas, das einen persönlich nur unmittelbar betrifft, etwa wenn Verwandte oder Freunde erkranken und versterben. Vielleicht ist es das Bedürfnis, diese vertrauten Personen zu begleiten, das die Menschen dazu bringt, über die eigenen Vorstellungen und Wünsche nachzudenken. Im besten Fall gibt es dann die Möglichkeit, diese Gedanken mit anderen zu besprechen, Pläne zu machen, diese festzuhalten und schließlich den Tod als Teil des Lebens zu akzeptieren. Dem Sterben ebenso respektvoll wie achtsam zu begegnen, ist noch immer eine der Leitideen der Hospizarbeit. Ehrenamtliche und Hauptberufliche begleiten Sterbende und ihre Angehörigen in ganz Deutschland. Sie versuchen, ihr Handeln individuell auf die jeweils Betroffenen auszurichten. Denn auch, wenn es medizinische und pflegerische Standards etwa für die Schmerzbehandlung oder zur Linderung von Nebenwirkungen verschiedener Therapien gibt, hat jeder Mensch in der letzten
Phase seines Lebens ganz unterschiedliche Bedürfnisse. Welchen Herausforderungen die Hospizarbeit tagtäglich gegenübersteht und welche Entwicklungen es in den vergangenen Jahrzehnten gab, erläutern unsere AutorInnen im Schwerpunkt dieser Ausgabe. Daneben geht es in diesem Heft unter anderem um die elektronische Gesundheitskarte, die auch nach zehn Jahren immer noch nicht voll funktionsfähig ist, um Demenzdiagnostik sowie um die Begleitung von Menschen mit Demenz in Norwegen. Gerd Glaeske spricht sich in seinem Kommentar für die Masernimpfung aus und die Initiative MEZIS (Mein Essen zahl’ ich selbst) zeigt, welchen Einfluss die Pharmaindustrie im Praxisalltag auf ÄrztInnen ausübt. Wir wünschen eine anregende Lektüre und grüßen herzlich aus der Redaktion!
Franca Liedhegener
Ann-Kathrin Roeske
Der Mabuse-Verlag auf der Frankfurter Buchmesse: 11.–15. Oktober 2017 Unser Stand befindet sich in der Halle 3 im 1. Stock (G 55–57), Messe-Tel.: 0170-80 36 158. Alle Mabuse-LeserInnen, AutorInnen und FreundInnen sind jetzt schon herzlich eingeladen, uns am Stand zu besuchen – natürlich auch zum traditionellen Messe-Empfang am Donnerstag, den 12. Oktober, ab 16 Uhr!
Dr. med. Mabuse 229 · September / Oktober 2017
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Inhalt Pflege-News:
CareSlam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 12 Der Pflege eine Stimme geben Yvonne Falckner und Thorsten Strasas
Physician Assistance – . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 14 kein Karrieresprung für die Pflege Franz Wagner
Rubriken Editorial
Der salutogene „Gesundheitserreger“ . . . . . . . S. 16 Der Kongress „Salutogenese bei Krebs“ Julia Malcherek und Theodor Dierk Petzold
Die elektronische Gesundheitskarte ist auch nach zehn Jahren nicht voll funktionsfähig Wolfgang Wagner .......................................
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Cartoon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Buchbesprechungen
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Zeitschriftenschau . . . . . . . . . . . . . . . 73
S. 41
Broschüren/Materialien . . . . . . . 74 Termine
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Stellenmarkt/Fortbildung
Mehr Chancen als Risiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 44 Warum die Masernimpfung sinnvoll ist Gerd Glaeske .....................
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Neuerscheinungen . . . . . . . . . . . . . 69
Unzureichende Demenzdiagnostik behindert Präventions- und Behandlungschancen Asmus Finzen
Besuch mit Nebenwirkungen
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Leserbriefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Nachrichten
Digitales Desaster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 19
Neue Wege finden
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S. 45
Vom alltäglichen Lobbyismus in der ärztlichen Praxis Christiane Fischer und Sabine Hensold
Gesundheits-Apps für Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 49 Undurchsichtiger Markt mit vielen Möglichkeiten Viviane Scherenberg und Claudia Lampert
Ein hilfreicher Perspektivwechsel . . . . . . . . . . . . . . . S. 53 Berufsbegleitende Supervision in einer fachübergreifenden Balint-Gruppe Michael Nist und KollegInnen Gesundheit anderswo:
Blick über den Tellerrand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 57 Demenzexperten reisten nach Norwegen Kristina Gartzen und Daniel Tucman Gesundheitsexperten von morgen:
Rückenschmerzen am Arbeitsplatz . . . . . . . . . . . . . . S. 60 Analyse physischer und psychosozialer Faktoren Christin Schulze Bisping
Besser reich und gesund als arm und krank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 82 Karin Ceballos Betancur Foto: www.martinglauser.ch
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Kleinanzeigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
Schwerpunkt:
Hospizarbeit Hospizgeschichte(n) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .S. 22 Die Entwicklung der Hospizbewegung in Deutschland Sabine Pleschberger und Andreas Heller
In vertrauter Umgebung – bis zuletzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .S. 26 Schritte zu einer palliativen hausärztlichen Versorgung im Altenund Pflegeheim Dagmar Müller, Lilian Froeschmann und Wolfgang Waldau-Spahn
Ethische Konflikte lösen
S. 29
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Möglichkeiten der Ethikberatung im Hospiz Annette Riedel
Ohne Ehrenamt geht es nicht! . . . . . . . . . . . . . . . .S. 33 Ehrenamtliches Engagement in Hospizarbeit und Palliativversorgung Winfried Hardinghaus
Entlastung und Unterstützung für Familien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .S. 36 Geschichten aus dem Kinderhospiz „Berliner Herz“ Anne Edler-Scherpe
Hospizarbeit
S. 39
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Bücher zum Weiterlesen
Palliative hausärztliche Versorgung
Foto: www.martinglauser.ch
26 Schwerpunkt: Hospizarbeit
In vertrauter Umgebung – bis zuletzt Schritte zu einer palliativen hausärztlichen Versorgung im Alten- und Pflegeheim
Dagmar Müller, Lilian Froeschmann und Wolfgang Waldau-Spahn Durch den Ausbau der ambulanten Pflege nach dem politischen Motto „ambulant vor stationär“ kommen alte Menschen in den letzten Jahren zunehmend kränker in Alten- und Pflegeheime. Eine umfassendere palliative Versorgung der Pflegebedürftigen durch HausärztInnen kann unnötige Krankenhauseinweisungen vermeiden und die letzte Lebensphase in einer vertrauten Umgebung ermöglichen.
D
er medizinische Fortschritt ermöglicht alten Menschen einerseits mehr Lebenszeit, zumal im gewohnten häuslichen Umfeld. Andererseits erfahren sie längere chronisch fortschreitende Krankheitsentwicklungen, die mit vielfältigen belastenden Symptomen wie Schmerzen, Atemnot und einer Vielzahl von neurologischen Veränderungen verbunden sind. Diese Entwicklung erfordert eine zunehmende Anpassung der pfle-
gerischen und medizinischen Versorgung. Gerade zum Lebensende hin können die Belastungen durch Abbauprozesse und Funktionseinschränkungen in Verbindung mit unzureichender medizinisch-pflegerischer Versorgung zu Krankenhauseinweisungen führen, um dort „in Sicherheit“ zu sterben. Aber nicht immer ist eine Krankenhauseinweisung tatsächlich notwendig.
Alte, chronisch kranke Menschen sind Palliativpatienten Menschen mit unheilbaren, lebensbedrohlichen und/oder chronisch fortschreitenden Erkrankungen, die in absehbarer Zeit zum Tode führen, sind die Zielgruppe für eine palliative Versorgung („Palliative Care“). Jeder alte Mensch, der an unheilbaren, chronisch fortschreitenden Erkrankungen leidet – und das ist früher oder später so gut wie jeder alte Mensch – ist mithin ein Palliativpatient. Dr. med. Mabuse 229 · September / Oktober 2017
Palliative hausärztliche Versorgung
Der Schwerpunkt palliativer Versorgung liegt auf der Unterstützung der bestmöglichen Lebensqualität für den Betroffenen und sein soziales Umfeld. Das wird erreicht mithilfe einer – auch schon vorausschauenden – Linderung krankheitsbedingter Belastungen durch medizinische, pflegerische, soziale, psychologische und spirituelle Unterstützung. Zunehmend stehen seit einiger Zeit auch alte Menschen mit alterstypischen chronischen Erkrankungen im Blickfeld palliativmedizinisch tätiger Berufsgruppen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass durch palliative Maßnahmen nicht nur die Lebensqualität der Betroffenen verbessert, sondern mitunter auch ihre Überlebenszeit eher verlängert werden kann, als es mit den häufig aggressiveren, nebenwirkungsreicheren Methoden der kurativen Medizin möglich ist. Alte Menschen haben den Wunsch nach Kontinuität in der medizinisch-pflegerischen Versorgung im vertrauten Lebensumfeld. Oft ist die Erfahrung alter Menschen im Alten- und Pflegeheim jedoch eine andere: Ihrem Wunsch kann nicht immer entsprochen werden, etwa wenn außerhalb der Praxiszeiten der behandelnden Hausärzte kritische Befindlichkeitsänderungen eintreten. Von den verantwortlichen Pflegenden wird dann der hausärztliche Bereitschaftsdienst oder der Notarzt gerufen. Er muss für eine Behandlungsentscheidung die Verantwortung übernehmen. So kann es immer wieder – besonders zum Lebensende hin – zu Krankenhauseinweisungen kommen, die für den alten Menschen den Verlust des ver-
trauten Umfeldes bedeuten. Das ist verknüpft mit Angst, Verunsicherung und Orientierungsverlust. Und nicht selten werden alte Menschen aus dem Krankenhaus mit Dekubiti, Obstipation oder resistenten Keimen zurück ins Pflegeheim verlegt.
Mehr Lebensqualität am Lebensende Um auch alten Menschen im Pflegeheim eine angemessene palliative Versorgung zu ermöglichen, bedarf es nicht nur eines Umdenkens der beteiligten Berufsgruppen, Einrichtungs- und Kostenträger. Es sind Investitionen in angemessene Rahmenbedingungen notwendig, die letzten Endes zur Vermeidung unnötigen Leides und unnötiger Kosten führen. Im Alten- und Pflegeheim Martha-Haus in Frankfurt am Main werden 81 alte Menschen betreut, versorgt und begleitet. 45 Bewohner des Hauses werden durch das Ärzteteam einer Gemeinschaftspraxis von drei HausärztInnen betreut. Alle drei haben eine Palliative Care-Zusatzausbildung und Erfahrung in der Versorgung von Patienten im nahe gelegenen Evangelischen Hospiz. Das Ärzteteam ist außerdem Mitglied im Frankfurter palliativmedizinischen Arbeitskreis (PallAs e.V.), einem Zusammenschluss von palliativmedizinisch tätigen HausärztInnen, Pflegekräften und weiteren Berufsgruppen, unter anderem mit dem Ziel des fachlichen Austausches.
Der hausärztliche Kooperationsvertrag Im Juli 2016 wurde die Vergütung hausärztlicher Versorgung in Pflegeeinrich-
Schwerpunkt: Hospizarbeit
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tungen im Rahmen der Vereinbarung zur Förderung der kooperativen und koordinierten ärztlichen und pflegerischen Versorgung in stationären Pflegeheimen verbessert (§119b Abs. 2 SGB V, Kapitel 37 EBM). Zwischen der Gemeinschaftspraxis und dem Alten- und Pflegeheim MarthaHaus wurde daher ein Kooperationsvertrag geschlossen, um die beteiligten Berufsgruppen miteinander zu vernetzen sowie die Kommunikation und Zusammenarbeit zu stärken. Seitdem bietet die hausärztliche Praxis von Montag bis Freitag zwischen sieben und 22 Uhr eine Rufbereitschaft an. Das Bereitschaftstelefon wird rotierend von den drei ÄrztInnen bedient. Die Visitenzeiten sind definiert. In Urlaubs- und Krankheitszeiten wird eine Vertretung benannt. Ebenso werden in Zusammenarbeit mit dem Martha-Haus patientenorientierte Fallbesprechungen und Konsile für die Patienten koordiniert. Im Martha-Haus gibt es bereits entwickelte, gut funktionierende Strukturen der interdisziplinären Kommunikationsorganisation zwischen Pflegenden und Hausärzten: die Themen, die besprochen werden müssen, sind in der Dokumentation auf einem Visitenblatt aufgelistet. Vor der Visite bespricht sich der Hausarzt mit der diensthabenden Pflegekraft, bevor beide gemeinsam zum Bewohner gehen. Der Hausarzt trägt seinen Bericht auf das entsprechende Dokumentationsblatt ein. Zusätzlich werden vorausschauend mögliche Krisensituationen besprochen und Maßnahmen dafür festgelegt. So hat die
Palliative Care Unterstützung der Angehörigen facultas 2017, 176 Seiten, broschiert EUR 18,90 (A) / EUR 18,40 (D) / sFr 23,90 UVP ISBN 978-3-7089-1489-3, epub 978-3-99030-633-8
Wer schwer oder terminal erkrankte Patientinnen und Patienten in ihrer letzten Lebensphase begleitet, begleitet immer auch deren Angehörige. Dieses Praxisbuch bietet Anregungen für Pflegende, wie die Zusammenarbeit mit Angehörigen in der palliativen Betreuungssituation gelingen kann, ist aber auch ein hilfreicher Leitfaden für die Angehörigen selbst.
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Angelika Feichtner, Bettina Pußwald
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Angehörige bestmöglich begleiten
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Schwerpunkt: Hospizarbeit
Palliative hausärztliche Versorgung
jeweils diensthabende Pflegende in der Nacht und am Wochenende einen größeren Handlungsspielraum bezüglich des medikamentösen Krisenmanagements. Die verlängerte Erreichbarkeit der Ärzte und die Möglichkeit, kurzfristig im Rahmen der Rufbereitschaft Maßnahmen anzupassen, führen zu einer deutlich selteneren Beanspruchung des Notarztes.
Investition in kompetente Pflege zahlt sich aus Um dem Hausarzt relevante Informationen über die Bewohner zu vermitteln, damit er die Behandlung optimal an Veränderungen anpassen kann, bedarf es einer kompetenten pflegerischen Beobachtung und fachlichen Einschätzung von Veränderungen. Dafür muss das Pflegepersonal entsprechend ausgebildet sein und Gelegenheit zur pflegerischen Beobachtung haben. Die ergiebigste Einschätzung über die Befindlichkeit eines Bewohners gewinnen Pflegende bei der Unterstützung der Körperpflege: Wie zeigen sich Orientierung, Kommunikationsfähigkeit, Beweglichkeit, Vitalfunktionen, Emotionalität etc. bei den alltäglichen Aktivitäten? Worauf deuten beobachtbare Veränderungen, etwa Bewegungsunlust, Atemgeräusche, hoher Muskeltonus, hin? Es wird schwierig, zeitnah relevante Informationen über beginnende Veränderungen zu gewinnen, wenn das Pflegepersonal nicht über angemessenes Fachwissen, Beobachtungs- und Kommunikationskompetenz verfügt. Deshalb ist es wichtig, die Unterstützung alltäglicher Aktivitäten von fachlich ausgebildetem Personal durchführen zu lassen. Je früher Veränderungen erkannt und formuliert werden können, desto schneller kann der Hausarzt informiert werden, sodass es nicht erst zu einer Eskalation der Symptome und unnötigen Krankenhausaufenthalten kommen muss.
Ein Beispiel aus der Praxis Frau A. ist 89 Jahre alt und lebt seit sechs Monaten in einem Pflegeheim. Mithilfe von Brille und Hörgerät kann sie ihre Umgebung gut erkennen und verstehen, was mit ihr gesprochen wird. Frau A. ist durch degenerativ fortschreitende Gelenkserkrankungen in ihrer Beweglichkeit unsicher und benötigt Unterstützung beim Toilettengang. Wenn sie sich zu schnell bewegt, nimmt der Schmerz in den Gelenken zu. Sie beißt dann ihre Zähne zu-
sammen – sie ist froh, dass sie noch einige eigene Zähne hat. Allmählich wird das Herz von Frau A. schwächer. Sie kann nur noch kurze Strecken gehen, manchmal wird dann schon die Luft knapp und ihr wird schwindelig. Frau A. fühlt sich wohl im Pflegeheim. Bei der wöchentlichen Visite durch ihre Hausärztin Frau Dr. Froeschmann berichten die Pflegenden, dass Frau A. nach der Körperpflege oder nach dem Essen unter leichter Atemnot leidet und die Trinkmenge reduziert hat. Aufgefallen ist ihnen auch, dass sie ihr Gesicht sehr anspannt und immer langsamer geht, wenn sie sich morgens ins Badezimmer begibt. Die Frage nach Schmerzen verneint sie jedoch. Die Pflegenden vermuten, dass Frau A. diese leugnet, um nicht noch mehr Tabletten schlucken zu müssen. Aufgrund dieser Informationen plant die Hausärztin ein längeres Visitengespräch mit Frau A. und der betreuenden Pflegekraft. Frau A. bagatellisiert zunächst die von der Pflegenden berichteten Beobachtungen. Im Gespräch stellt sich heraus, dass sie nicht nur eine Ausweitung medizinischer Maßnahmen, sondern auch einen drohenden Krankenhausaufenthalt vermeiden möchte. Die Ärztin erklärt, dass die Befindlichkeitsänderungen auf ein Fortschreiten der Herzschwäche hinweisen. Diese Entwicklung könne man verzögern, jedoch nicht aufhalten. Frau Dr. Froeschmann gibt Frau A. einige Zeit, um diese Information bei ihr „ankommen“ zu lassen. „Das geht dann also aufs Ende zu (…) Da kann man wohl nichts mehr machen“, meint Frau A. nach einer kurzen Besinnung. Die Hausärztin erklärt ihr, dass man sehr wohl noch eine ganze Menge tun kann: Frau A. akzeptiert ein Morphinpflaster gegen ihre Schmerzen und die Atemnot. Einige Medikamente (z.B. blutdrucksenkende und diuretische) werden abgesetzt. Ärztin und Pflegende versichern Frau A., dass sie ihre Nahrungs- und Trinkmenge selbst bestimmen darf und sie künftig Unterstützung bei einer regelmäßigen, anstrengungsarmen Darmentleerung erhält, um Verstopfungen als Nebenwirkung des Morphinpflasters zu vermeiden. Außerdem rezeptiert die Ärztin Medikamente, die von den Pflegenden bei Bedarf ohne Rücksprache in einer festgelegten Einzel-/ Tagesdosis gegen Angst, Atemnot, Schmerzen oder Übelkeit verabreicht werden dürfen. Jede Woche soll es am Freitag-
nachmittag ein Telefonat geben, um gegebenenfalls weitere Anpassungen für das Wochenende vorzunehmen. In den folgenden Tagen ging es Frau A. zunächst deutlich besser, da sie bei Bewegung weniger Schmerzen und keine Atemnot hatte. Nach einigen Wochen wurde sie jedoch zunehmend schwächer. Sie aß und trank immer weniger und verzichtete auf die Einnahme von Tabletten. Bei jeder Visite war die zuständige Pflegende anwesend, manchmal auch ihr Sohn. Körperliche Beschwerden spielten keine große Rolle mehr. Frau A. besprach mit ihrer Hausärztin, was geschehen solle, falls sie das Bewusstsein verlieren sollte. Ihre Wünsche wurden jedes Mal von der anwesenden Pflegenden schriftlich festgehalten. Frau A. konnte ohne belastende körperliche Krisen und ohne erkennbare Beschwerden in der vertrauten Umgebung des Pflegeheimes sterben.
Persönlicher Einsatz Nicht immer ist es „so einfach“. Nicht alle Bewohner des Pflegeheimes können ihre Beschwerden sprachlich formulieren. Schmerzen äußern sich möglicherweise in unruhigem und/oder ablehnendem Verhalten. Nicht immer hilft dann ein Medikament „gegen Unruhe“. Frau Dr. Froeschmann möchte sich in manchen Situationen lieber vor Ort ein Bild machen und kommt dann auch freitags um 20 Uhr ins Pflegeheim, um noch einen guten Plan für das Wochenende zu entwickeln. Der finanzielle Zuschlag, den sie aus dem Kooperationsvertrag für ihren abendlichen Einsatz erhält, wiegt nach ihrer Einschätzung nicht die Leistung auf, die sie erbringt, um einem Bewohner eine unter Umständen unnötige und belastende Krankenhauseinweisung zu ersparen. ■
Was macht Lebensqualität für Sie aus? „Für uns ist Lebensqualität, dass die persönlichen Wertvorstellungen respektiert werden.“
Dr. Dagmar Müller geb. 1962, ist Geschäftsführerin des Evangelischen Hospiz Frankfurt am Main. d.mueller@hospiz-frankfurt.de
Dr. Lilian Froeschmann geb. 1976, ist niedergelassene Fachärztin für Allgemeinmedizin. lilianmanthei@yahoo.de
Wolfgang Waldau-Spahn geb. 1955, ist Pflegedienstleiter des Altenund Pflegeheimes Martha-Haus. w.waldau-spahn@egpffm.de Dr. med. Mabuse 229 · September / Oktober 2017
Buchbesprechungen
Ulrike von Lersner, Jan Ilhan Kizilhan
Kultursensitive Psychotherapie * Alexandra Liedl, Maria Böttche u. a. (Hg.)
Psychotherapie mit Flüchtlingen Neue Herausforderungen, spezifische Bedürfnisse
* Iris Tatjana Graef-Calliess, Meryam Schouler-Ocak (Hg.)
Migration und Transkulturalität Neue Aufgaben in Psychiatrie und Psychotherapie
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er Mensch ist das Lebewesen, das „wir” sagt. Dieses „Wir” umfasst immer so etwas wie Kultur, also Regeln für die Gruppe und Ideen über das Leben. All das wird vermittelt und gepflegt durch Verhaltensweisen und eine gemeinsame Sprache. In der erzählt man die Geschichte der Ideen und diskutiert, was sich überlebt hat. Die Psychologie hat inzwischen nachgewiesen, dass Kultur im weiteren Sinne die Psyche eines Menschen mit prägt. Sie prägt, wie er wahrnimmt, fühlt oder denkt, beeinflusst kognitive Schemata, die wir benötigen, um Wissen zu erwerben und uns in der Welt zurechtzufinden. Und sie bestimmt mit, wie ein Mensch sich selbst sieht, seine Mitmen-
Dr. med. Mabuse 229 · September / Oktober 2017
schen erlebt und mit ihnen interagiert. Kulturelle Prägungen sind implizit gelernt und deshalb nachhaltig. Sie lassen sich aber modifizieren, wenn man das will und Mühe darauf verwendet. Konkrete Aspekte der Kultur reichen von Kleidung bis Musik, von Gesundheitsverhalten bis zu Essensvorlieben, von Körpersprache bis zum Umgang mit dem Tod. Abstrakter kann man Kultur beschreiben als Überzeugungen, Werte und Interaktionsweisen. Wissenschaftlich gut operationalisierbar sind vor allem die fünf Kulturmerkmale des Sozialpsychologen Gert Hofstede. Er entwickelte sie zwar anhand der Mitarbeiterschaft internationaler Firmen, doch sie haben sich auch beim Thema psychische Krankheit bewährt. Drei sind da besonders hilfreich: wie eine Kultur mit Macht umgeht, wie sie Geschlechterrollen definiert und wo sie auf der Achse individualistisch-kollektivistisch zu verorten ist. Wie kulturelle Faktoren psychische Gesundheit, Stigmatisierung und Behandlungserfolg beeinflussen, wird seit Jahren seriös erforscht. Für praktische PsychoProfis lautet das Stichwort interkulturelle Kompetenz. Aus drei wissenschaftlichen Arbeitsgruppen in Deutschland gibt es jetzt neue Bücher zu diversen Aspekten der Thematik. Das kürzeste widmet sich der „kultursensitiven Psychotherapie”. Ulrike von Lersner forscht als psychologische Psychotherapeutin an der Berliner HumboldtUniversität und ist Erstautorin der „Leitlinien” zu interkulturellen Kompetenztrai-
nings für Psychotherapeuten. Jan Ilhan Kizilhan lehrt Psychologie an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg und verantwortet außerdem das Therapieprogramm für 1.000 vom IS gefolterte Jesidinnen, das die baden-württembergische Landesregierung finanziert. Auf weniger als 100 Seiten bietet ihr Buch einen erstaunlich umfassenden und wissenschaftlich sauberen Überblick: Was verstehen wir unter Kultur, wie beeinflusst sie die eigene Identität, wie die psychische Gesundheit? Was sollten Psychotherapeuten bei der Diagnostik beachten, was bei der Behandlung, wenn ihre Patienten andere kulturelle Denkschemata im Kopf haben als sie selbst, etwa kollektivistischere, selbst wenn sie hier geboren sind? Was unterscheidet Migranten psychisch von Flüchtlingen? Eigene Kapitel informieren über kulturell Relevantes bei Menschen mit Schizophrenie, Depression, Angststörungen oder Posttraumatischer Belastungsstörung. Fallgeschichten illustrieren die Kernpunkte, Tabellen und Merkkästen fassen das Wesentliche zusammen. Das ist klare Fortbildung, kurz, knapp und sehr gut. Auf die Zielgruppe traumatisierter Flüchtlinge beschränkt sich das Buch, das vier Psychologinnen um Alexandra Liedl herausgegeben haben. Ausdrücklich konzipieren sie den psychotherapeutischen Zugang im Rahmen diverser Lebensaspekte der Betroffenen – hier, im fremden Land, in der fremden Kultur. In zehn Kapiteln widmet es sich erwachsenen und minderjährigen Geflüchteten, dem Sozia-
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Buchbesprechungen
len, der Begutachtung und der Diagnostik. Die Begriffe Migration und Flucht werden korrekt unterschieden, sinnvolle therapeutische Vorgehensweisen genauer beschrieben, bis hin zur Arbeit mit Dolmetschern. Die meisten der 13 Autoren arbeiten als Psychologen praktisch mit Traumatisierten, vor allem bei Refugio München und im Behandlungszentrum für Folteropfer in Berlin. In dem Buch bündeln sie ihre reiche Erfahrung kompetent und praxisbezogen. Das ist eine profunde Weiterbildung für alle, die sich daran beteiligen wollen, psychisch kranke Flüchtlinge zu versorgen – immerhin sind das hochgerechnet mehrere hunderttausend in Deutschland. Das dritte Buch enthält 32 Einzelkapitel, herausgegeben haben es Iris-Tatjana Graef-Calliess aus Hannover und Meryam Schouler-Ocak von der Berliner Charité. Die transkulturell ausgewiesenen Psychiaterinnen wollen „neue Aufgaben” ihres Faches beschreiben und „neue Perspektiven” zeigen. So enthält das Buch Forschungsergebnisse, etwa über ein Anti-Suizid-Programm für junge türkischstämmige Berlinerinnen. Es diskutiert Kulturfragen in Behandlung und Supervision, die praktische Arbeit auf Station, Selbsterfahrung der Profis, Dolmetscher und Sprache allgemein und berichtet über Migranten aus konkreten Herkunftsländern und über Flüchtlinge. Alles überzeugend. Doch dass ein so umfassend konzipiertes Werk zwar drei Kapitel über Supervision enthält, aber keines über Religion, keines über Frauen und Männer und keines über kollektivistische oder individualistische Orientierung – Themen, die niedergelassenen Ärzten und Psychologen unter den Nägeln brennen –, das ist höchst bedauerlich. Selbst das Wenige, was in den Texten dazu en passant auftaucht, fehlt im Stichwortverzeichnis. Dafür schaffen es mehrere Kapitel, den Rest des Buches zu desavouieren. Für sie gibt es eigentlich keine Kultur, höchstens noch parallele Kulturen diverser Kleinstgruppen. Es wird eine „postmigrantische” Gesellschaft hierzulande ausgerufen, ein Begriff, den man in internationalen wissenschaftlichen Datenbanken vergeblich sucht. Dort bezieht sich „post” im Zusammenhang mit Migration immer auf die Situation der Migranten im Ankunftsland – genau wie im restlichen Buch. Hier aber heißt postmigrantisch, Kultur auf eine privatistische Einstellung zu reduzieren.
Gleichzeitig wird jede Idee übergreifender kultureller Merkmale, etwa der europäischen, als Stereotyp stigmatisiert. Alles im unlesbaren Alt-68er-Soziologendeutsch. Das lässt einen dann einfach ratlos zurück. Dr. Barbara Knab, Wissenschaftsautorin, München
Hogrefe Verlag, Göttingen 2017, 99 Seiten, 19,95 Euro
Schattauer Verlag, Stuttgart 2016, 179 Seiten, 29,99 Euro
Schattauer Verlag, Stuttgart 2017, 400 Seiten, 69,99 Euro
Raimund Schmid
Wehe, du bist alt und wirst krank Missstände in der Altersmedizin und was wir dagegen tun können
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ie Not, in die alte Menschen im Krankheitsfall geraten können, ist vielfach beschrieben worden. Die darauf Bezug nehmenden Gesundheitsreformen verlaufen im Schneckentempo. Grundlegende Reformvorschläge wie die des Sachverständigenrates ruhen in der Schublade. Für Insider, vor allem diejenigen, die den Alltag der Versorgung kennen, ist das nichts Neues. Es stellt sich mithin die Frage, an wen sich das hier besprochene Buch mit Gewinn wenden kann. Der Autor erläutert anhand ausgewählter Literatur, vor allem aber als Journalist aus unmittelbarer Anschauung von Einzelschicksalen sechs Themen. Er zeigt, 1. dass mehr gegen unsinnige Mehrfachverschreibungen von Arzneimittel getan werden könnte,
2. dass der Hausarzt alten Typs erfolgreich durch multiprofessionelle Teams ersetzt werden kann, 3. dass Hausbesuche systematisch gefördert werden müssen, 4. dass sich die Krankenhäuser nicht nur in Vorzeigemodellen auf die Bedürfnisse alter Menschen einstellen müssen, 5. dass Entlassmanagement nach wie vor ganz überwiegend ein Schlagwort ist und 6. dass moderne Kommunikationstechnik von der Medizin behandelt wird als sei es ein Gefahrgut. Das alles wird so anschaulich geschildert, dass ich das Buch als Bereicherung empfinde: weil es möglicherweise auf die hier vorgenommene journalistische Art mehr Menschen erreichen kann als viele kluge Berichte, die keiner liest oder zu wenige verstehen. Das Buch liefert viel Stoff zum Diskutieren, weil es natürlich nicht zu allen Fragen Patentrezepte gibt. Wie genau sich die hausärztliche Versorgung im Verbund mit geriatrischen Spezialeinrichtungen weiterentwickeln sollte, ist ja gerade eine der schwierigen Fragen, die aber nicht immer wieder auf die lange Bank geschoben werden darf, weil die Superspezialisten nach mehr Geld rufen. Das Buch schließt mit Tipps für Senioren und ihre Angehörigen sowie mit Rezepten für die Politik bis 2020: von der Notfallversorgung bis zur Prävention. Ich schließe mich Ferdinand Gerlach an, dem Vorsitzenden des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, der im Geleitwort dem Buch weite Verbreitung wünscht. Norbert Schmacke, Bremen
Beltz Verlag, Weinheim/ Basel 2017, 263 Seiten, 19,95 Euro
Edith Scherer, Thomas Lampert
Angehörige in der Psychiatrie
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er heute in psychiatrischen Kliniken oder in der Gemeindepsychiatrie danach fragt, ob die Angehörigen psychisch erkrankter Menschen im Blick Dr. med. Mabuse 229 · September / Oktober 2017
Buchbesprechungen
Dr. med. Mabuse 229 ¡ September / Oktober 2017
Psychiatrie Verlag, KĂśln 2017, 152 Seiten, 17,95 Euro
www.klett-cotta.de/fachbuch
NEU
181 Seiten, broschiert ₏ 20,– (D) ISBN 978-3-608-96149-2
der Psychiatrie noch eine Menge Arbeit wartet. Breiten Raum nimmt auch die Bewältigung der Situation als AngehĂśriger eines psychisch erkrankten Menschen ein. Gerade den psychiatrisch Tätigen mĂźsste beim Nachdenken Ăźber dieses Buch klar werden, welch unglaubliche Kraft in kleinen Gesten versteckt ist. „AngehĂśrige beschreiben oft, dass sie sich bereits verstanden gefĂźhlt hätten, wenn sie jemand vom Personal einfach mal nach ihrem Befinden gefragt habe.“ Dabei lassen die Autoren nicht unerwähnt, dass AngehĂśrige gelegentlich schwierig sind. Die Frage, ob ihr Auftreten mĂśglicherweise nicht sogar die Desorientierung des psychiatrischen Systems widerspiegelt, stellen Scherer und Lampert nicht. Sie werben fĂźr Verständnis. Die Spannungsfelder zwischen AngehĂśrigen und psychiatrisch Tätigen zeigten die unterschiedliche Sicht und das differente Verständnis von Begebenheiten und Entwicklungen. Realität sei immer ein Konstrukt der eigenen Wahrnehmung, eigene Erfahrungen stĂźnden oft Pate fĂźr die Entwicklung von LĂśsungsoptionen fĂźr andere. Hilfreich an dem Buch ist, dass es sich intensiv mit den Haltungen der sich begegnenden Menschen auseinandersetzt. Gleichzeitig wird es praktisch und beschreibt auch die eine oder andere Stolperfalle. Die Frage nach der Schweigepflicht haben die Autoren im Blick, ebenso werden die verschiedenen Formen des Einbezugs von AngehĂśrigen konkretisiert. Wer mit dem unmittelbaren Willen, AngehĂśrigen-Arbeit in der psychiatrischen Versorgung umsetzen zu wollen, das Buch von Scherer und Lampert in die Hand nimmt, der wird schnell erkennen, welche Herausforderungen auf ihn warten. Die grĂśĂ&#x;te Aufgabe wird es sein, die Anliegen der AngehĂśrigen Ăźber Lippenbekenntnisse hinaus in den Alltag zu integrieren. Danke fĂźr die vielen AnstĂśĂ&#x;e, Frau Scherer und Herr Lampert. Christoph MĂźller, psychiatrisch Pflegender, Fachautor, Wesseling
Angelika Rohwetter VersĂśhnung Vergeben, verzeihen, versĂśhnen ist leichter gesagt als getan, wenn alte Verletzungen durch Eltern, Geschwister, Freunde an uns nagen. Die Autorin zeigt, warum es so schwer ist, den Weg der VersĂśhnung zu gehen und was wir gewinnen, wenn wir es trotzdem tun.
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Leben Lernen 296 160 Seiten, broschiert ₏ 23,– (D). ISBN 978-3-608-89203-1
sind, der wird stets eine positive Antwort bekommen. Die Sorge um die AngehĂśrigen wird als Selbstverständlichkeit angesehen. Wagt man eine Nachfrage bei Eltern, Geschwistern oder auch anderen Menschen im unmittelbaren Umfeld eines Betroffenen, so scheint es nur bedingt eine Ăœbereinstimmung von Reden und Handeln zu geben. Die Pflegefachleute Edith Scherer und Thomas Lampert schenken den Mit-Betroffenen mit ihrem Buch nun wieder Aufmerksamkeit. Es gelingt ihnen, die Situation der AngehĂśrigen realistisch und engagiert zu beschreiben. Psychiatrisch Tätige ermuntern sie, sich in die Rolle der AngehĂśrigen zu versetzen. Wer den Perspektivwechsel probiere, werde der Sorge und der Verletzlichkeit der AngehĂśrigen auf andere Weise begegnen. Aus der eigenen langjährigen Erfahrung pflegerischer Praxis ist Scherer und Lampert die Autonomie der Menschen bewusst, die von einer seelischen Erkrankung betroffen sind. Denn ob AngehĂśrige gleich zu Beginn in die Behandlung einbezogen wĂźrden, sei grundlegend vom Einverständnis der Patienten abhängig, unterstreichen die Autoren. Damit berĂźhren sie einen sensiblen Punkt, der in den Reihen der AngehĂśrigen andauernd diskutiert wird. Die Belastungen der AngehĂśrigen, die sich aus der seelischen Erkrankung eines nahestehenden Menschen ergeben, stehen im Fokus von Scherer und Lampert. Der „Verlust der Selbstverständlichkeit“ scheint eine besondere Rolle im Alltag zu spielen. „Erkrankt eine Person psychisch, dann wird schon das Aufrechterhalten der Alltagsroutine in der Familie zu einer groĂ&#x;en Belastung. AngehĂśrige beschreiben, dass ihr Alltag vĂśllig aus den Fugen gerät, die Planung von Aktivitäten schwierig wird und plĂśtzlich nichts mehr ist, wie es zuvor war.“ Es gebe einen Verlust an Beziehung und Vertrauen, so die Autoren. Dies sind nicht die einzigen Einschnitte in den Familien, die von einer psychischen Erkrankung betroffen sind. Selbst die eigene Biografie werde verändert. Kinder wĂźrden parentifiziert. Viele Menschen nähmen Abschied von eigenen LebensentwĂźrfen. Bei der LektĂźre fällt auf, dass Scherer und Lampert aus der psychiatrischen Praxis heraus viele Phänomene benennen. Es wird gleichzeitig offensichtlich, dass in der wissenschaftlichen Beschäftigung mit den AngehĂśrigen in
Katharina Drexler Ererbte Wunden heilen Ererbte seelische Wunden sind in der Psychotherapie behandelbar und heilbar. Das erste systematische Behandlungskonzept erklärt, wie Traumata an nachfolgende Generationen weitergegeben werden und wie Patienten sich davon befreien kÜnnen. Auch fßr Betroffene geeignet!
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Buchbesprechungen
Rita Charon, Sayantani DasGupta u. a.
ISBN 978-3-89334-562-5 2. Aufl., geb., 180 S., 19.-
www.asanger.de
ISBN 978-3-89334-393-8 3. Aufl., 194 S., 22.-
Gerd Wenninger Stresskontrolle und Burnout-Prävention Lesebuch und Praxisleitfaden für Gestresste und Erschöpfte und alle, die ihnen helfen wollen. „Ein in jeder Hinsicht anregendes und praxistaugliches Werk!” (Prof. Dr. Hermann Englberger, Hochschule München)
Sven Tönnies Entspannung – Suggestion – Hypnose Praxisanleitungen zur Selbsthilfe und Therapie. „... wer ein gut lesbares Buch mit Praxisnähe und vielen praktischen Übungsanleitungen sucht, der braucht nicht länger zu suchen.“ (Tinnitus-Forum)
ISBN 978-3-89334-572-4 6. Aufl., 176 S., 19.50
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Helmut Schaaf Gleichgewicht und Schwindel Wie Körper und Seele wieder auf die Beine kommen. „Das Buch ist eine Bereicherung nicht nur für den Patienten, sondern auch für den Arzt.” (PD. Dr. Leif Eric Walther im TF 3 2012)
The Principles and Practice of Narrative Medicine
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ie sogenannte narrative Medizin steht für das Wieder-in-den-Mittelpunkt-Nehmen des individuellen Erlebens der PatientInnen sowie der individuellen Erfahrung der Menschen, die im medizinischen Kontext tätig sind. Ursprünglich sollte das Konzept der narrativen Medizin ein Korrektiv zu den Defiziten in der evidenzbasierten Medizin sein. Die Ärztin und Professorin Rita Charon und ihr Team legen mit „The Principles and Practice of Narrative Medicine“ die Grundlagen ihrer Arbeit innerhalb des Masterprogramms „Narrative Medicine“ an der Columbia Universität in New York (USA) dar. Der Inhalt des Buches ist so komplex wie das Unterfangen der narrativen Medizin selbst, die vorgestellte Vision nichts Geringeres als ein sozial gerechteres, humaneres Gesundheitssystem und die Verbesserung der Gesundheitsversorgung für alle. Ziel der narrativen Medizin ist es, die narrative Kompetenz und Fähigkeit zur Selbstreflexion von ärztlich, therapeutisch, pflegerisch oder beratend Tätigen im medizinischen Kontext zu stärken. Dazu gehören die Fähigkeiten, unterschiedliche Sichtweisen wahrnehmen, Ambivalenz und Unsicherheit als zentrale Merkmale der Medizin aushalten und sich in andere Menschen hineinversetzen zu können. Es gilt, die Kontingenz der eigenen Wahrnehmung und Erfahrung zu erkennen und eine erhöhte Aufmerksamkeit und Sensibilität dafür zu entwickeln. Zentral ist in der New Yorker Schule der narrativen Medizin die den kritischen Literaturwissenschaften entlehnte Methode des „close reading“. Damit wird im übertragenen Sinne die Lese- und Interpretationsfähigkeit gestärkt, was sich in der Folge positiv auf den Arzt-Patienten-Kontakt auswirkt, etwa durch eine erhöhte „Zuhör-Fähigkeit“ und soziale Kompetenz. Die Kapitel des Bandes führen von den theoretischen Grundlagen über die Vermittlung in Lehre, Aus- und Weiterbildung bis hin zu den Umsetzungsmöglichkeiten im klinischen Alltag. Die AutorInnen erläutern die Bedeutung von Erzählungen für die menschliche Identi-
tät und zeigen, dass sie erst wirksam werden können, wenn die Bereitschaft da ist, sich auf die Geschichten und das Erleben anderer – sei es in Romanen, Filmen oder konkreten Begegnungen mit PatientInnen – einzulassen. Als Grundlagen der narrativen Medizin werden die Kritik am immer noch dominanten kartesischen Dualismus in der Biomedizin sowie philosophische, sozial- und literaturwissenschaftliche Ansätze genannt. In diese unterschiedlichen Denktraditionen führen die AutorInnen verständlich ein und verdeutlichen sie anhand von zahlreichen Beispielen aus Literatur und Film. Das über 300 Seiten lange Buch konzentriert sich auf die Vermittlung von narrativer Medizin in der medizinischen Ausbildung. Es bietet eine Fülle an Material und Anregungen sowohl zu den theoretischen Grundlagen als auch zum Geschehen in den Workshops und Seminaren. Neue Wege der Umsetzung in die medizinische Praxis werden im letzten Kapitel von Rita Charon benannt, stehen jedoch nicht im Fokus dieses Bandes. Wer sich für die Bedeutung von Erzählungen in der Medizin interessiert, auf der Suche ist nach einem Ansatz, der – machbar, wenn auch herausfordernd – eine menschlichere Praxis für unterschiedlichste Bereiche des heutigen Gesundheitssystems verspricht, der wird dieses Buch mit großem Gewinn lesen. Eine ausführlichere Rezension des Buches ist unter www.socialnet.de erschienen.
Vera Kalitzkus, Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Fakultät, Universität Düsseldorf
Oxford University Press, Oxford 2017, 360 Seiten, ca. 50 Euro
Dr. med. Mabuse 229 · September / Oktober 2017
Kraft Krafft aus der Ruhe Ruhe
ie bereiten sich heute Frauen und Paare auf die Geburt ihres Kindes vor? Diese Frage stelle ich mir in meiner Arbeit als freiberufliche Hebamme öfter. Besuchen sie einen Kurs? Wird das Internet befragt? Werden Bücher zurate gezogen? Wahrscheinlich ist es meist eine Mischung aus allem und so ist meine Neugier groß, als ich das Buch von Wolf Lütje, Geburtshelfer in Hamburg, zu lesen beginne. „Gelassen und entspannt in den Kreißsaal“ lautet der Untertitel des Buches: ein hoher Anspruch! Der Chefarzt des Amalie-Sieveking-Krankenhauses formuliert es gleich im Vorwort: „Dieses Buch will Frauen und ihren Partnern Mut machen, sich auf eine natürliche Geburt einzulassen.“ Damit dies gelingen kann, spricht der Autor in mehreren Kapiteln verschiedene Aspekte an: die Geburt als Kraftquelle, die Reflexion der eigenen Geburtsgeschichte, Entscheidungshilfen für den Geburtsort, Sinn und Unsinn des Kaiserschnittes, Bedingungen für eine gute Geburt sowie die Begleitung bei der Geburt. In fast allen Kapiteln stellt Lütje heraus, dass der weibliche Körper gebären kann, dass eine Geburt ein natürlicher Vorgang ist. Es gefällt mir gut, wie er hier Mut macht, erklärt, welche Hormone warum eine Rolle spielen und weshalb Vertrauen und Hingabe wichtige Faktoren bei der Geburt sind. Die Lektüre des Buches kann Schwangere ermuntern, über ihre eigene Geburt nachzudenken, die Eltern dazu zu befragen. Lütje ist überzeugt, dass das Körpergedächtnis hier Vieles speichert und es hilfreich sein kann, sich guter und nicht so guter Erlebnisse bewusst zu werden. Im Kapitel über den Kaiserschnitt positioniert sich der Autor sehr klar. Er listet die medizinischen Gründe für diese Geburtsform auf, aber auch die sogenannten weichen Faktoren wie etwa Ängste vor Kontrollverlust, Schmerzen, Unbekanntem und langwieriger Anstrengung. So können sich Leserinnen vielleicht bewusst darüber werden, was hinter ihrem Wunsch nach einem Kaiserschnitt steckt. Am Schluss des Kapitels entlarvt er den Dr. med. Mabuse 229 · September / Oktober 2017
Kösel Verlag, München 2016, 144 Seiten, 14,99 Euro
Auch Auch als eBook erhältlich
W
FFast ast jeder Dritte hat hat Schlafstörungen. Sch hlafstörungen. W as tun, tun, Was w enn „Schäf chen zzählen“ ählen“ nich ft? t wenn „Schäfchen nichtt hilf hilft? Gudrun Klein und Michael Bohne g eben einen geben Betroffenen, überraschenden Rat: Rat: Sie empfehlen empfehlen Betroffenen, überraschenden tensiv auf das Schlaf fstatt sich ab zulenken, sich in statt abzulenken, intensiv Schlafproblem zu konzentrieren konzentrieren und dabei leicht leicht auf problem verschiedene Stellen des eigenen eigenen K örpers zu klop verschiedene Körpers klop-fen. Diese sanfte sanffte t Selbstbehandlung Selbst genügt o ft fen. genügt oft finden. bereits, um Entspannung Entspannung und Schlaf zu finden. bereits, ungewöhnliche Methode basier Die ungewöhnliche basiertt auf der Embodimentfokussierten PsychoPsychoProzess- und Embodimentfokussierten Prozesson Michael Bohne en twickelt und (PEP), die vvon logie (PEP), entwickelt vvon on Gudrun Klein für die Behandlung von von SchlafSchlaffstörungen modifizier de. Zusätzlich Zusätzlich erfährt erfährt störungen modifiziertt wur wurde. Wissenswertes über individuelle Schlaf fman Wissenswertes Schlafrh ythmen, den natürlichen natürlichen Schlafverlauf Schlafverlauf oder wie rhythmen, man sein tägliches Schlafbedür fnis einschließlich Schlafbedürfnis Siesta und T V-Nickerchen richtig richtig berechnet. berechnet. TV-Nickerchen
Auch A uch als eBook erhältlich erhält
Gelassen und entspannt in den Kreißsaal
99 Seiten, Seiten, Kt, Kt, 2017 € (D)9,95/€ (D)9,95/€ (A)10,30 (A)10,30 978-3-8497-0200-7 978-3-8497-0200-7
Vertrauen in die natürliche Geburt
„Sanften Kaiserschnitt“ und die „Kaisergeburt“ als das, was sie sind: PR-gesteuerte Wortschöpfungen. Mit Freuden habe ich auch das Kapitel über die Bedingungen für eine gute Geburt gelesen: den Reservetank gut füllen, dem Körpergefühl vertrauen, Ambivalenzen zulassen – ja, ja, ja! All seine Beobachtungen kann ich aus meinen eigenen Geburtserfahrungen und denen aus meiner Arbeit nur bestätigen. Und doch meldet sich leise Skepsis, und die wird spätestens beim Kapitel über die Begleitung bei der Geburt unüberhörbar: Wie soll all dies bei der momentanen Situation in den Kreißsälen gelingen? Wie soll eine Gebärende bei dem aktuellen Personalmangel ausreichend Unterstützung bekommen? Eine natürliche Geburt braucht einen geschützten Raum und Zeit. Wo ist das in deutschen Kreißsälen noch möglich? Fazit: Dem Buch ist ein großer LeserInnenkreis zu wünschen, doch in der jetzigen Situation müsste es um ein politisches Statement ergänzt werden: Es ist nicht egal, wie wir geboren werden! Unsere Gesellschaft muss erkennen, dass das Gebären in vielerlei Hinsicht Auswirkungen hat und daher genauso wichtig und schützenswert ist wie Rettungsschirme für Banken. Lütje ist optimistisch – am Ende seines Buches schreibt er: „Der Markt der Geburtshilfe ist einer, auf dem mit den Füßen der Frauen und ihren Bedürfnissen abgestimmt wird. Letztlich werden Frauen sich eine Klinik aussuchen, in der sie die besten Betreuungsangebote für sich sehen.“ Ich teile seinen Optimismus nicht. Ich erlebe tagtäglich Gebärende, die wegen der vermeintlichen Sicherheit unwürdige Situationen ertragen und sich nicht wehren. Aber dennoch werde ich das Buch empfehlen und hoffen, dass es Früchte trägt! Katharina Kerlen-Petri, Hebamme, Berlin
Seiten,, Kt Kt,, 2017 172 Seiten (D)) 19,95 / € (A) 20 20,60 € (D ,60 ISBN: ISB N: 978-3-8497-0198-7 978-3-8497-0198-7
Wolf Lütje
er wied nfach lafen Ein ch s t u g en! könn
„„Alles Alles im K Kopf“ opf nennt nennt Andrea And drea Kaindl Kaindl ihr Manual für Kinder und Jugendliche chronischen Schmer-Jugendliche mit chr onischen Schmer zen, zen, das kognitiv-verhaltenstherapeutische kognitiv-verhaltenstherapeutische und hypnosystemische Interventionen zusammen-hypnosystemische In terventionen zusammen führ t. Kinder und Jug endliche erlernen damit führt. Jugendliche Str ategien und Einstellung en, die einen ach tsamen Strategien Einstellungen, achtsamen Umg ang mit dem eig enen K örper in den Mittel Umgang eigenen Körper Mittel-punkt stellen und Wohlbefinden Wohlbefinden und FFreude reude in den Alltag zurückk ehren lassen zurückkehren lassen.. „Endlich wieder ein kkompetentes ompetentes Buch zu chr ochronischen Schmerzen Schmerzen bei K indern und Jugendlichen Kindern – noch dazu anwenderfreundlich anwenderrfr f eundlich und praktisch praktisch mit vielen Beispielen, Materialien Materialien und wörtlichen wörtlichen Suggestionstex xten!“ Burkhar dP eter Suggestionstexten!“ Burkhard Peter Milton-Erickson-Gesellschafft München Milton-Erickson-Gesellschaft
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Buchbesprechungen
Marco Bonacker, Gunter Geiger (Hg.)
Menschenrechte und Medizin Grundfragen der medizinischen Ethik
DGSP-Kurzfortbildungen September / Oktober / November 2017 In folgenden DGSP-Kurzfortbildungen sind noch Plätze frei: Recovery – der individuelle Weg zur Genesung 22./23. September in Bielefeld Referent: Hans-Jürgen Nötzel Inklusion praktisch – was da alles drin ist! 13./14. Oktober in Bielefeld Referent: Fritz Bremer, Psychiatrie-Erfahrene Sexualität im Gespräch – (k)eine einfache Sache? 20./21. Oktober in Köln Referent: Klemens Hundelshausen Forensik – ein Buch mit sieben Siegeln 27./28. Oktober in Würzburg Referent: Friedhelm Schmidt-Quernheim Verwickeln? Entwickeln! Umgang mit Borderline-Patienten 10./11. November in Bielefeld Referent: Wolfgang Stinshoff Verrückt ist nie einer allein! Familientherapie in der Psychiatrie 10./11. November in Frankfurt/M. Referent: Ansgar Cordes Kurzfortbildungen 2018: Das neue Programm mit fast 70 Seminaren ist ab Oktober 2017 erhältlich! Fordern Sie unser ausführliches Programmheft an: DGSP-Geschäftsstelle Zeltinger Str. 9, 50969 Köln Tel.: (02 21) 51 10 02 Fax: (02 21) 52 99 03 E-Mail: dgsp@netcologne.de Internet: www.dgsp-ev.de
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on Herbst 2015 bis Sommer 2016 hielten die im Buch vertretenen Fachleute aus Geschichte, Medizin, Pflege, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, Politik, Soziologie, Theologie und Philosophie Vorträge im Rahmen der Ringvorlesung „Menschenrechte und Medizin“ im Bonifatiushaus der Katholischen Akademie des Bistums Fulda. Die vorliegende Textsammlung ist der aus dieser Veranstaltungsreihe resultierende Vorlesungsband. Die Herausgeber haben die Beiträge nach einem Vorwort und einem Geleitwort von Philipp Rösler den Kategorien „Ethische Grundüberlegungen zur medizinischen Praxis“, „Menschenrechte am Anfang und Ende des Lebens“, „Medizin und Mensch im gesellschaftlichen Diskurs“ und „Aktuelle menschenrechtsrelevante Spannungsfelder der medizinischen Ethik“ zugeordnet. Die Vielfalt der behandelten Themen wie auch die Unterschiedlichkeit der Textgestaltung ist so groß, dass ich hier weniger auf einzelne Texte als vielmehr grundsätzlich auf das Buch eingehen möchte. Die AutorInnen sind wie auch ich als Rezensentin in einer römisch-katholisch geprägten Medizinethik verwurzelt. Die hervorragend argumentierten Debattenbeiträge von Rupert M. Scheule – „Menschenrechte für Ungeborene? Ein Versuch“ – und Eberhard Schockenhoff – „Was heißt selbstbestimmt sterben? Zur Debatte um die Suizidbeihilfe“ – werden ein ebenso sozialisiertes Fachpublikum bestärken, VertreterInnen anderer Denkrichtungen aber kaum ansprechen. Ebenso wird der hochinteressante Beitrag von Elke Böthin – „Medizinische Versorgung von Flüchtlingen – eine gesellschaftliche Verantwortung und ein ärztlicher Auftrag“ – eine Bereicherung für in der Flüchtlingsfrage liberale LeserInnen sein, anders Gesinnte aber nicht erreichen. Das Buch enthält aus meiner Sicht viele hervorragende Texte, ist aber insgesamt zu wenig diskursiv ausgerichtet, um außerhalb seiner Echokammer Aufmerksamkeit zu erregen. Die genannten Beiträge bewegen sich auf einem hohen akademischen Niveau.
Andere sind sehr viel praxisnäher ausgerichtet oder aus persönlichen Erfahrungen heraus entstanden. Beispiele hierfür sind die Aufsätze „Mehr Leben und mehr Tage? – Erfahrungen aus der Praxis der Kinderpalliativmedizin“ von Monika Führer und „Sterben in dieser Zeit“ von Franz Müntefering. Gerade der Beitrag von Müntefering macht es einfach, sich in den gehaltenen Vortrag hineinzuversetzen. Diese Artikel sind sehr anschaulich geschrieben und eine gute Grundlage für Diskussionsoder Lehrveranstaltungen. Allerdings interpretieren einige VerfasserInnen das Thema des Bandes „Menschenrechte und Medizin“ sehr weit. Das Buch reiht sich ein in die Liste jüngerer Einführungspublikationen zur ärztlichen und pflegerischen Ethik. Als Aufsatzsammlung ist es sehr gut geeignet, um ein interessiertes Fachpublikum anzuregen und Impulse in Lehrveranstaltungen im Hebammenwesen, der Medizin und der Pflege zu setzen. Ich habe die Lektüre einiger Beiträge außerordentlich genossen, musste mich aber auch nicht – siehe oben – aus meiner medizinethischen Komfortzone hinaus bewegen. Den Herausgebern ist dafür zu danken, dass sie das für viele Menschen abstrakte Themenfeld der Medizinethik aus den Kliniken und Universitäten herausgeholt und einem breiteren Publikum zugänglich gemacht haben. Dr. Anja K. Peters, Diplom-Pflegewirtin (FH), Medizinhistorikerin, Neubrandenburg
Verlag Barbara Budrich, Opladen/Berlin/Toronto 2016, 302 Seiten, 34,90 Euro
Dr. med. Mabuse 229 · September / Oktober 2017