Jüdische Ärzte als Krankenbehandler in Berlin zwischen 1938 und 1945

Page 1


Autorin Rebecca Schwoch ist habilitierte Medizinhistorikerin und wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts fĂźr Geschichte und Ethik der Medizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Ihre Forschungsschwerpunkte sind: Medizin im Nationalsozialismus, Psychiatriegeschichte und Ă„rztliche Standespolitik im 19. und 20. Jahrhundert.


Rebecca Schwoch

Jüdische Ärzte als ­Krankenbehandler in Berlin ­zwischen 1938 und 1945

Mabuse-Verlag Frankfurt am Main


Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar. Informationen zu unserem gesamten Programm, unseren AutorInnen und zum Verlag finden Sie unter: www.mabuse-verlag.de. Wenn Sie unseren Newsletter zu aktuellen Neuerscheinungen und anderen Neuigkeiten abonnieren möchten, schicken Sie einfach eine E-Mail mit dem Vermerk »Newsletter« an: online@mabuseverlag.de.

© 2018 Mabuse-Verlag GmbH Kasseler Str. 1 a 60486 Frankfurt am Main Tel.: 069 – 70 79 96-13 Fax: 069 – 70 41 52 verlag@mabuse-verlag.de www.mabuse-verlag.de

Satz und Gestaltung : Björn Bordon/MetaLexis, Niedernhausen Umschlaggestaltung : Marion Ullrich, Frankfurt am Main, unter Verwendung des Krankenbehandler-Stempels von Dr. Arthur Samuel

ISBN: 978-3-86321-322-0 eISBN: 978-3-86321-472-2 Alle Rechte vorbehalten


Inhaltsverzeichnis Vorwort 7 1. Einleitung 1.1 Zur Quellensituation 1.2 Zum Forschungsstand

2. Zur Verfolgung jüdischer Ärzte 2.1 Jüdische Ärzte im 19. und frühen 20. Jahrhundert 2.2 Gesetzliche Krankenversicherung – Krankenkassen – Kassenärzte 2.3 Sukzessive Verdrängung aus dem Beruf

3. Eine nationalsozialistische Erfindung: der Krankenbehandler 3.1 Bezeichnung und Kenntlichmachung 3.2 Organisatorisches 3.3 Der Beauftragte für Jüdische Behandler: Arno Hermann 3.4 Vorschriften für Berliner Krankenbehandler 3.5 Beteiligte Institutionen in Berlin

4. Ärztlicher Alltag von Krankenbehandlern in Berlin 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5

Trennung von „Ariern“ und Juden „Praktisch zum Verhungern verurteilt“ Medizinische Versorgung im Krankenhaus Medizinische Versorgung in der Praxis Krankenbehandler, Arbeitsfähigkeit und Deportation

9 15 19

21 21 23 28

45 58 67 79 85 101

111 112 117 124 149 156


5. Eine kollektivbiographische Annäherung an 369 Krankenbehandler 5.1 Die Gruppe der 351 Männer 5.2 Die Gruppe der 18 Frauen

175 184 189

6. Berliner Krankenbehandler: 369 Schicksale

193

7. Ethische Dilemmata und die Frage nach den Handlungsspielräumen

569

8. Zusammenfassung

585

9. Anhang

595

9.1 Abkürzungsverzeichnis 9.2 Archive, Ämter, Bibliotheken und Nachlässe 9.3 Literaturverzeichnis 9.4 Gesetzliche Maßnahmen 9.5 Abbildungsnachweis

595 597 601 625 626

Namensverzeichnis 631


Vorwort Einen besonderen Dank schulde ich den Damen Barbara, Simona und Gabriella, die hart gearbeitet haben, um zu gewährleisten, dass meine der Reflexion gewidmete Zeit nicht durch Telephonate gestört worden ist. So ähnlich formulierte Umberto Eco 1988 in seinem Streichholzbrief „Muster für ein Vorwort“. Wir wollen davon ausgehen, dass er es nicht so meinte. Aber tatsächlich ist man nach einer jahrelangen Forschungsarbeit vielen in vieler Hinsicht dankbar, im privaten Bereich genauso wie im beruflichen und wissenschaftlichen Umfeld: Die Medizinische Fakultät der Universität Hamburg – Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf hat diese Arbeit als Habilitationsschrift angenommen; das dortige Institut für Geschichte und Ethik der Medizin ist mir nach wie vor ein wichtiger Ort der Reflexion und Kommunikation. Ich habe Bibliotheken (vor allem der Ärztlichen Zentralbibliothek am UKE), Archiven, Behörden, Organisationen, finanziellen Unterstützern genauso zu danken wie einer Reihe von Einzelpersonen aus der Wissenschaft oder auch „Laien“-Forschung, die in der Aufarbeitung des Nationalsozialismus schon lange eine gesellschaftlich wichtige Rolle spielen; sie alle werden an entsprechender Stelle im Buch namentlich genannt. Besonders berührt haben mich die Begegnungen – meist über den telefonischen oder elektronischen Draht – von Angehörigen oder Nachkommen der hier biographierten „Krankenbehandler“. Rückhalt habe ich last but not least immer wieder in meiner eigenen Familie.

7



1. Einleitung Die im Nationalsozialismus verfolgten jüdischen Ärzte stehen für einen wichtigen Teil der deutschen Ärzteschaft, dem die Existenz und berufliche Verwirklichung brutal genommen wurde. Auf der einen Seite wurden jüdische Ärzte aus dem Staatsdienst entlassen, ihnen wurde die Kassenzulassung entzogen, schließlich sogar die Approbation. Auf der anderen Seite wurden ärztliche Verbände „gleichgeschaltet“ oder sie schalteten sich selbst gleich; ihre jüdischen und politisch oppositionellen Mitglieder mussten ausscheiden oder gingen „freiwillig“. Wer sich „innerlich der Neuordnung nicht anschließen“ konnte,1 musste gehen. Zudem gehörte es zum selbsterklärten Ziel der nationalsozialistischen Ärztefunktionäre, einen möglichst weitreichenden Einfluss auf die Gestaltung des Gesundheitswesens, der Gesundheitsgesetzgebung und der Gesundheitsverwaltung zu erlangen und diesen Bereich nach dem „Führerprinzip“ zu ordnen. Die „starke Überfremdung des Arztberufes durch Juden“2 sollte bereinigt werden. Für diese berufsspezifische Verdrängungspolitik waren in erster Linie ärztliche Standesorganisationen in Zusammenarbeit mit dem Reichsarbeitsministerium (RAM) sowie dem Reichsinnenministerium (RIM) verantwortlich. Das Ziel war die vollständige Verdrängung jüdischer Ärzte aus allen medizinischen Sparten. Dies meinte man mit der „Vierten Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ vom 25. Juli 1938 erreicht zu haben: „Bestallungen (Approbationen) jüdischer Ärzte erlöschen am 30. September 1938.“ Damit wurde allen jüdischen Ärzten ausnahmslos die Approbation entzogen. Während den Nationalsozialisten dieser Schachzug gelungen war, vermochten sie ein weiteres, aber vorrangiges Ziel nicht zu erreichen: Die vollständige Vertreibung aller Juden aus dem Deutschen Reich. Diejenigen Juden, die aus den unterschiedlichsten Gründen zurückblieben und sich vor allem in großen Städten den Schutz durch die Anonymität erhofft hatten, dadurch aber auch regelrecht verelendeten, wurden seit dem Erlass des Präsidenten der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, Friedrich Syrup, vom 20. Dezember 1938 in „staatspolitisch wichtigen Vorhaben“ zunehmend als Zwangsarbeiter missbraucht, sobald sie als arbeitseinsatzfähig eingestuft wurden. Wenn diese erkrankten, brauchten sie eine 1  MMW 80 (1933), S. 517. 2  Peschke Ärzte 1938, S. 25; ich danke Peter Heuss (Claims Conference, Frankfurt/Main) für den Hinweis auf diesen Artikel.

9


1. Einleitung

medizinische Versorgung, die ihnen gewährt wurde, da man ihre Arbeitskraft benötigte. Auf Grund einer forciert betriebenen Trennungspolitik zwischen Juden und „Ariern“ – auch die konnte nicht in letzter Konsequenz durchgeführt werden – war jemand notwendig, der kranke Juden medizinisch versorgen durfte. Dafür sollten die neu erschaffenen Krankenbehandler zuständig sein, die mit dem § 2 der „Vierten Verordnung zum Reichsbürgergesetz“ geschaffen wurden.3 Dort hieß es, dass widerruflich Genehmigungen zur medizinischen Versorgung von jüdischen Patienten erteilt würden. Erhielten ehemalige jüdische Ärzte eine solche Genehmigung, durften sie nur noch Familienangehörige sowie jüdische Patienten behandeln. Erhielten sie keine Genehmigung, so war die „Ausübung der Heilkunde“ für jüdische Ärzte verboten. Mit dieser Verordnung galt die „Ausschaltung“ der jüdischen Ärzte als beendet. Die Daseinsberechtigung eines solchen Versorgungssystems von Juden für Juden war zum einen also auf Grund der notwendigen Wirtschaftsunterstützung von Zwangsarbeitern gegeben – dafür bedurfte es einigermaßen leistungsfähige Arbeiter –, zum anderen herrschte eine gewisse Angst davor, kranke Juden könnten als „Zersetzungs- und Fäulnisherd“4 den gesunden „arischen Volkskörper“ anstecken. Mit Kriegsbeginn hatten sich die Bedingungen für die weitere Judenverfolgung grundlegend geändert. Die Grenzen waren fast überall geschlossen, Juden saßen regelrecht in der Falle. Die Vertreibung aller Juden in ein Territorium außerhalb des deutschen Herrschaftsbereichs war während des Krieges nicht zu realisieren, weshalb sie in den neuen Herrschaftsbereich (zunächst Polen) deportiert wurden, aber: „Nach einigen Deportationen von Juden ins polnische Generalgouvernement protestierte der Generalgouverneur Hans Frank entschieden gegen weitere Transporte, so daß zunächst festgelegt wurde, daß ‚Transportzüge ohne ordnungsgemäße und fristgerechte Anmeldung‘ nicht mehr dorthin zu schicken seien.“5 Franks wachsender Widerstand gegen Deportationen in das Generalgouvernement führte dazu, dass 3  Im Mai 2011 beschwerte sich Dr. med. Johannes Vesper darüber, dass Mitarbeiter von Krankenkassen in ihrer Korrespondenz und in Formularen „immer noch und immer wieder“ das Wort Behandler verwenden würden und damit Ärzte meinen. Zurecht meint Vesper, dieser Begriff gehöre für unsere heutige Zeit ad acta. Vgl. Vesper „Behandler“ 2011. Trotz des nationalsozialistischen Kontextes und der Zugehörigkeit zur Lingua Tertii Imperii (V. Klemperer) habe ich diesen sehr häufig benutzten Begriff aus Lesbarkeitsgründen nicht durch Anführungsstriche o.ä. gekennzeichnet – im Gegensatz zu Begriffen wie „Schutzhaft“, „Volkskörper“, „arisch“ usw. 4  Hebestreit in: BArch: RAM 34678, Film 4747. 5  Schulle Zwangsarbeit, 2000, S. 150.

10


1. Einleitung

Heydrich seinen Plan, die Deportation von 600.000 Juden und Polen aus den eingegliederten Ostgebieten, nicht annähernd realisieren konnte, wobei die „noch weiter reichenden Planungen, in denen die Abschiebung von langfristig 3,4 Millionen Polen vorgesehen war, Schimäre“ blieb.6 Somit blieben Juden als Arbeitskräfte der deutschen Wirtschaft länger erhalten, als es zunächst geplant war, als man nämlich jüdische Zwangsarbeiter gegen ausländische Kriegsgefangene austauschen wollte. Diese gigantische Vertreibungsund Austauschaktion gelang nicht in dem Maße, wie sich die Nationalsozialisten es vorgestellt hatten. Also blieben viele Juden zurück, die auch versorgt werden mussten. Als „Fremdkörper im arischen Volkskörper“ metaphorisiert, waren Krankenbehandler zwischen Oktober 1938 bis Kriegsende Teil eines nicht gewollten, aber zwingend notwendigen Systems. Dabei musste toleriert werden, dass auch andere, außerhalb der festgelegten Norm des „arischen Volkskörpers“ Stehende, in eine, wenn auch reduzierte, medizinische Versorgung mit eingeschlossen wurden. Auch diese Außenstehenden unterstanden einer Normierung, in die sie sich einfügen oder in der sie funktionieren mussten. Im Gegensatz zu den deutschen Juden, die als Zwangsarbeiter in deutschen Firmen eingesetzt wurden und bei Krankheit einen Krankenbehandler aufsuchen mussten, wurden zivile ausländische Zwangsarbeiter, später auch Kriegsgefangene, in deutschen Betrieben nicht von Krankenbehandlern medizinisch versorgt – sie waren möglicherweise oftmals keine Juden oder wurden nicht als solche kategorisiert. Ausländische Zwangsarbeiter wohnten nicht in eigenen Wohnungen oder in sog. Judenhäusern, sondern waren in Barackenlagern und anderen Zwangsarbeiter-Unterkünften untergebracht; allein in Berlin soll es rund 3.000 von solchen Lagern und Unterkünften gegeben haben. Diese Zwangsarbeiter wurden – wenn überhaupt – von Werks- oder Lagerärzten, die oft niedergelassene Ärzte waren, medizinisch versorgt, manch einer wurde sogar in ein Krankenhaus eingeliefert. In Berlin hat das Hauptgesundheitsamt eigens das Krankenhaus der Reichshauptstadt, auch Ausländerkrankenhaus genannt, in Mahlow, im Süden von Berlin, eingerichtet, das zeitweise über 800 Betten verfügt haben soll. Vor allem sog. Ostarbeiter gehörten zur Patientenklientel dieser Einrichtung, für die eine Personalstärke von 140 „arischen“ Personen vorgesehen war.7 Im Laufe des Krieges durften kranke oder 6  Mommsen NS-Regime, 2014, S. 121–122. 7  Vgl. Frewer u. a. Medizin, 2004, darin besonders: Pagenstecher Lagerlisten; Stürzbecher Krankengeschichten, 2003, S. 96–97.

11


1. Einleitung

verletzte ausländische Zwangsarbeiter laut Anordnung des Reichsarbeitsministers nur im Falle dringendster Notwendigkeit bzw. drohender Lebensgefahr in „deutsche“ Krankenhäuser eingewiesen werden. „Kranke Ausländer“, so ist einem Rundschreiben der Thüringischen Ärztekammer von 1941 zu entnehmen, „bei denen die Krankenhausbehandlung länger als 2 Wochen dauert, sind, falls sie transportfähig sind, unverzüglich in ihr Heimatgebiet zurückzuschicken.“8 Deutsch-jüdische Zwangsarbeiter, wie auch andere deutsche Juden, wurden hingegen nach dem Approbationsentzug von Krankenbehandlern versorgt – aber auch das funktionierte nicht in allen Bereichen oder in allen Städten homogen. Die Geschichte der Krankenbehandler ist eine sehr kurze Geschichte: Gerade einmal sechs Jahre und acht Monate umfasst ihr Zeitraum, nämlich von seinem Beginn im Oktober 1938 bis zu seinem Ende, dem Kriegsende im Mai 1945. Aber sie ist eine schmerzvolle Geschichte, mit vielen Opfern und anhaltendem Leid. Zur Vertreibung oder Vernichtung bestimmte Menschen wurden medizinisch von Ärzten versorgt, die keine mehr waren, deren Legitimation per Gesetz aberkannt worden war. Zugleich ist dies die Geschichte der Krankenversorgung jüdischer Menschen, womit ein Blick auf den Gesundheitszustand und die Lebensbedingungen einer verfolgten Minderheit geboten wird. Die Geschichte der Krankenbehandler offenbart alltägliche Situationen eines Überlebenskampfes, den beide, Helfende und Hilfesuchende, zu bestehen, zu gewinnen versuchten. Krankenbehandler gehörten zu den „letzten jüdischen Verantwortlichen, die die letzten noch nicht deportierten Juden zu schützen versuchten“.9 Dass jüdische Patienten in hohem Grade gefährdet waren, ist bekannt. Aber nicht nur sie lebten in steter Gefahr, sondern auch die Krankenbehandler selbst. Die Bedrohung einer Deportation wuchs von Kriegsjahr zu Kriegsjahr. Trotz dieser Bedrohung blieben einige ehemals jüdische Ärzte und versuchten, als Krankenbehandler ihr Leben zu fristen, sich eventuell unentbehrlich zu machen. Niemand konnte ahnen, wozu die Nationalsozialisten letzten Endes tatsächlich fähig waren. Ob diese Zurückgebliebenen – aus Überzeugung, Resignation oder Angst – zu dem widerstandslosen Judentum gehörten oder Heroen waren, mag man sich eigentlich nicht anmaßen zu beurteilen. Michael H. Kater forderte 1987 ganz klar den „Heroismus jener Ärzte“ hervorzuheben, die in den jüdischen Krankenanstalten 8  ThHStA: Thür. Ministerium des Innern, E 802, Bl. 122. 9  Meyer Gratwanderung, 2011, S. 18.

12


1. Einleitung

ausharrten, „anstatt zu emigrieren oder unterzutauchen“.10 Und an anderer Stelle schrieb er: „Die mutigen Ärzte in diesen Kliniken und in den Privatpraxen bemühten sich trotz aller Widerstände, ihren Patienten alles zu sein, denn sie wurden nicht nur wegen körperlicher Krankheiten aufgesucht. Viele der dahinschwindenden Jüdischen Gemeinden hatten bereits ihren Rabbi verloren, und die Ärzte mußten auch emotionalen und spirituellen Beistand leisten.“11 Auch aus zeitgenössischen Quellen sprechen durchaus solche Überlegungen. So schrieb Paula Mühsam an ihre Tochter Luise: „Ich kann nur wiederholen, daß Vater erklärt, nur gezwungenermaßen, freiwillig aber nicht fortzugehen. Er sieht seine Aufgabe darin, den hier bleibenden unglücklichen alten Juden zu helfen.“12 Auch wenn Doron Rabinovici meinte, dass die jüdischen Funktionäre in den Israelitischen Kultusgemeinden, den Jüdischen Gemeinden und nicht zuletzt der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland im jüdischen Selbstverständnis nach der Shoah oftmals Symbol eines widerstandslosen Judentums waren, das nicht wehrhaft, nicht selbstbewusst aufzutreten vermochte, das Gegenmodell zu einem heldenhaften Partisanenkampf und zu einem souveränen Israel gewesen sei,13 so waren eigentlich gerade diejenigen, die im Nazi-Deutschland oder im Nazi-Österreich oder den eroberten Gebieten blieben, nicht diejenigen, die wie die Lämmer zur Schlachtbank gegangen sind – oder, um Hannah Arendt zu zitieren, die das „Gespenst einer allseitigen Gefügigkeit“ bedeuteten –,14 sondern sie waren diejenigen, die glaubten oder versuchten zu helfen, wo Rettung oder Hilfe in Aussicht zu sein schien. Selbstverständlich gab es auch solche, die blieben, weil sie nicht wussten, wohin und wovon leben. Die Motive für das Hierbleiben waren so individuell wie die Menschen selbst. Eine ausführliche Darstellung über die Geschichte der Krankenbehandler war bislang ein Desiderat der Forschung. Es begann alles mit einem ungewöhnlich finanzierten Projekt, in dem zunächst die Rolle der Berliner Kassenärztlichen Vereinigung im Nationalsozialismus erforscht werden sollte.15 Dank des Reichsarzt10  Kater Medizin, 1987, S. 334. 11  Kater Ärzte, 2000, S. 330. 12  Zitiert nach Hamann Die Mühsams, 2005, S. 138. 13  Rabinovici Instanzen, 2000, S. 27. 14  Arendt Eichmann, 19764, S. 159. 15  Die wichtigsten Personen, die das Projekt angestoßen und auf ihren ersten Weg gebracht haben, waren Dr. Roman Skoblo, Dr. Manfred Richter-Reichhelm, Prof. Dr. Dr. Rolf Winau, Prof. Dr. Gerhard Baader und Norbert Jachertz. Die Berliner KV, aber vor allem der Deutsche Ärzteverlag, die

13


1. Einleitung

registers16 – dem überregionalen Arztregister der Kassenärztlichen Vereinigung Deutschlands – und dank der vielen Spenden und großzügigen finanziellen Unterstützung wichtiger Institutionen hatte sich diese anfängliche Idee dann zu einem umfangreichen Vorhaben entwickelt, so dass letzten Endes nicht nur ein Buch über die Berliner Kassenärztliche Vereinigung im Nationalsozialismus geschrieben werden konnte,17 sondern auch ein Gedenkbuch für die Berliner jüdischen Kassenärzte, in dem sich 2.018 Biographien befinden.18 Inmitten dieses Projektes, das ich von 2005 bis 2009 mit insgesamt 13 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen durchführte, lernte ich den Berliner Dr. Kurt Samuel kennen, Facharzt für Allgemeinmedizin, Lehrbeauftragter an der Freien Universität Berlin und aktives Mitglied der Berliner Ärztekammer.19 Kurt Samuel berichtete mir von seinem Vater, der ebenfalls Arzt war: Dr. Arthur Samuel, Chausseestr. 78a in Berlin-Britz, ein Bezirk, der zu Neukölln gehörte und nach wie vor gehört. Als er mir ein altes, sehr verwittertes Blech-Schild seines Vaters zeigte, sah ich zum ersten Mal das Schild eines Krankenbehandlers. Als ich darauf den Satz „Zur ärztlichen Behandlung ausschliesslich von Juden berechtigt“ las, war ich erschüttert. Als er mir weitere Schriftstücke seines Vaters zeigte, reifte in mir die Idee, die Geschichte der Krankenbehandler erforschen und schreiben zu wollen. Zum ersten Mal hatte ich Dokumente gesehen, die einen intensiven Blick in diese Zeit zwischen 1938 und 1945, auf diese Situation der Versorgung von Juden für Juden erlauben würden. Weitere Recherchen brachten dann weitere Quellenbestände, ein Forschungsantrag von H.-P. Schmiedebach und mir bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) die finanzielle Unterstützung für ein Drittmittel-Projekt.

Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Bundesärztekammer sowie über 500 Einzelspender, darunter auch Vereinigungen oder Verbände, haben die finanzielle Grundlage geschaffen. 16  Die Berliner Kassenärztliche Vereinigung hatte das Reichsarztregister auf Mikrofilmen verwahrt, das mittlerweile auf das Medium DVD gebracht und damit der Forschung zugänglich gemacht worden ist; dieses Quellenkonvolut besteht aus über 97.000 digitalisierten Karteikarten; vgl. Schwoch Reichsarztregister, o.J.; Schwoch/Hahn Aufgaben, 2008. 17  Vgl. Hahn/Schwoch Anpassung, 2009. 18  Vgl. Schwoch Kassenärzte, 2009. 19  Dr. Kurt Samuel konnte dieses Projekt leider nicht mehr erleben: Er ist im Januar 2008 gestorben.

14


1.1  Zur Quellensituation

Krankenbehandlerschild von Dr. Arthur Samuel

1.1 Zur Quellensituation Die Suche nach geeigneten Quellen entpuppte sich als schwierig. Naheliegend wären Patienten- und Personalakten jüdischer Krankenhäuser gewesen. Aber das Jüdische Krankenhaus in Berlin hat weder Patientenakten noch Personalakten aus dieser Zeit hinterlassen; das gleiche gilt im Übrigen für das Israelitische Krankenhaus in Hamburg. Niemand konnte eine Auskunft über den Verbleib dieser Akten geben, die doch vorhanden und zudem umfangreich gewesen sein müssen. Ob sie bereits während der NS-Zeit sukzessive vernichtet worden sind oder als Vorsichtsmaßnahme gar keine mehr geführt wurden, durch Kriegshandlungen oder nach dem Ende des Krieges vernichtet worden sind, konnte niemand sagen. Auch wenn es einen triftigen Grund zur Aktenvernichtung oder zum Verschwinden oder Verlust gegeben haben mag, ist das eine bittere Erkenntnis. Allein das Archiv des Centrum Judaicum (CJA) in Berlin-Mitte beherbergt Aufnahme- und Sterbebücher des Jüdischen Krankenhauses, auch aus dieser Zeit. Auf eine Anfrage hieß es jedoch: „Leider ist es nicht möglich, dass Sie diese Bände 15


1. Einleitung

selbst einsehen, da die Angaben, auch zu den Todesursachen/Diagnosen, vertraulich sind.“20 Paul Weindling hat recht, auch wenn er sich hier auf das Thema der Menschenversuche bezog: „There is a strange irony regarding the ethical and legal protection of victims of medical atrocities.”21 Dass das CJA die Einsicht in die Aufnahme- und Sterbebücher des Jüdischen Krankenhauses für ein Forschungsvorhaben verweigerte, ist aus zwei Gründen irritierend und unverständlich: 1. wurde das „Aufnahmebuch 1.1.42 – 7.11.1956“ im Jahre 2000 in einer Ausstellung der Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum dem interessierten Publikum gezeigt;22 2. war mir der Zugang zu den 352 Personalakten von jüdischen Zwangsarbeitern der Firma „Warnecke & Böhm. Fabriken von Farben und Lacken“23 genehmigt worden. In diesen Personalakten befanden sich auch Dokumente über Krankheitsfälle – und damit Diagnosen – der Zwangsarbeiter. Wenngleich auch die einzelnen Krankenbesuche und die Krankenversorgung spärlich dokumentiert sind, konnte zusammengetragen werden, um welche Diagnosen es ging und welche Krankenbehandler zu welcher Zeit an welchem Ort tätig waren. Dieser Bestand war und ist ein wichtiger Baustein für die Geschichte der Berliner Krankenbehandler gewesen. Auch standespolitische Organisationen wie Ärztekammern oder Kassenärztliche Vereinigungen haben aus jener Zeit keine Dokumente mehr retten können oder wollen. Das gleiche muss von den Krankenkassen konstatiert werden, auch wenn die AOK Berlin in 2008 „ein Stück gelebte Sozialgeschichte“ in Auftrag gab und ein Buchprojekt finanziert hat.24 Keine dieser öffentlich-rechtlichen Einrichtungen – das gilt im Übrigen nicht nur für Berlin – verfügt noch über nennenswerte geschlossene Aktenbestände. Und dennoch ließen sich einzelne hilfreiche Bestände in unterschied20  E-Mail vom CJA, Barbara Welker (Wiss. Archivarin), vom 23.3.2015 an die Verfasserin. 21  Vgl. Weindling Consent, 2014, S. 31. 22 Hermann Simon bezeichnete dieses Exponat das „am stärksten wirkende“ und beschrieb deutlich: „Beim Aufschlagen dieses Buches sahen wir seitenlang unter der Rubrik ‚Klinische Diagnose‘ bzw. ‚Befund‘ den Eintrag ‚Schlafmittelvergiftung‘, also Suizid. So aufgeschlagen legten wir den Band in eine der Vitrinen der genannten Ausstellung.“ Vgl. Simon Vorwort, S. 7. Tim Ohnhäuser hat sich für seine Forschung auf diese Archivalie stützen können. Er bedankte sich beim CJA und formulierte in einer Fußnote, es sei das „Haupt-Aufnahmebuch“ des Berliner Jüdischen Krankenhauses von Januar 1942 bis November 1956 ausgewertet worden; allerdings geht aus dieser Formulierung nicht hervor, wer ausgewertet hat. Vgl. Ohnhäuser Verfolgung 2014, S. 285 FN 60. 23  Die Nachfolgefirma Lacufa GmbH hat im September 2004 die 352 Personalakten jüdischer Zwangsarbeiter, die bei Warnecke & Böhm zwischen August 1939 und März 1943 gearbeitet haben, an das CJA abgegeben; ich danke dem CJA für die Einsicht in diese Akten. 24  Vgl. Becken AOK, 2008.

16


1.1  Zur Quellensituation

lichen Archiven finden. Hier ist das Thüringische Hauptstaatsarchiv in Weimar zu nennen, das einen Bestand beherbergt, der aus vielen Schriftstücken der KV Thüringen besteht, in dem aber auch immer wieder Referenzen vor allem zu Berlin vorhanden sind. Aus dem Bundesarchiv Berlin waren vor allem die Dokumente der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland wichtig, die dort als Mikrofiches aufbewahrt werden. Diese Akten sind zwar recht spärlich und waren bereits vor der Verfilmung teilweise so zerstört, dass manche Dokumente nicht mehr oder nur teilweise lesbar sind; trotzdem füllte diese Überlieferung eine wichtige Lücke. Das Landesarchiv Berlin bot Dokumente der ehemaligen Gesundheitsbehörde, des Magistrats von Berlin, der Jüdischen Gemeinde oder der jüdischen Krankenhäuser. Hier befinden sich auch Archivalien diverser gesetzlicher Maßnahmen (Runderlässe, Verordnungen, Dienstordnungen usw.), die in den Reichsgesetzblättern nicht abgedruckt wurden. Von zentraler Bedeutung waren nicht-archivierte, private Nachlässe ehemaliger Krankenbehandler, die individuelle Einblicke in extrem schwierige Jahre boten. Der umfangreichste dieser Nachlässe ist der des bereits genannten Schul- und Fürsorgearztes sowie späteren Allgemeinpraktikers Dr. Arthur Samuel aus Berlin-Britz, der zudem von Oktober 1938 bis zum Kriegsende Krankenbehandler war. Dieser Nachlass konnte in 2006 dank einer finanziellen Unterstützung durch die Ursula-Lachnit-Fixson-Stiftung geordnet und in einem Findbuch, mit Signaturen versehen, katalogisiert werden.25 Bei diesem Nachlass handelt es sich um private Briefe sowie um berufliche Korrespondenzen (Schriftwechsel mit der Berliner Kassenärztlichen Vereinigung, der Landesversicherungsanstalt, verschiedenen Krankenkassen, dem Jüdischen Krankenhaus, der Jüdischen Gemeinde, kurze Patientenberichte, Rezeptverordnungen u. a.). Zu nennen sind ebenso die Nachlässe von Dr. Berthold Alexander, Dr. Bruno Boas, Dr. Arthur Jacobsohn, Dr. Felix und Doris Opfer, Dr. Oscar Hirschberg, alle in Berlin tätig gewesen, sowie Dr. Willy Katz aus Dresden.26 Auch in diesen Beständen befinden sich viele Korrespondenzen mit der Berliner KV oder der Berliner Jüdischen Gemeinde, aber auch nicht veröffentlichte, autobiographische Erinnerungsberichte. 25  Ich danke der Stiftung, sowie Vera Seehausen und Annette Sandberg, die das Findbuch erstellt haben. Die Originale befinden sich bei der Familie Samuel, Berlin, der ich herzlich für ihr Vertrauen danke. 26  JMB (Sammlung Dr. Hirschberg); USHMM (Nachlass Dr. Willy Katz); ich danke Marcus Gryglewski für den Hinweis darauf. Ilse Grant (Tochter von Dr. Alexander), Ilse Jacobsohn (Tochter von Dr. Jacobsohn), die im Juli 2007 gestorben ist, Angelika Kaphan-Herzfeld (Großnichte von Dr. Boas) und Eva Tucker (Enkelin von Dr. Opfer), die im November 2015 gestorben ist, danke ich herzlich für ihr Vertrauen.

17


1. Einleitung

Zu einem weiteren sehr wichtigen Quellenbestand gehören die Rückerstattungs- und Entschädigungsakten, die seit ein paar Jahren zunehmend in die Forschung einbezogen werden. In Berlin befassten sich – im Gegensatz zu anderen Bundesländern – die Wiedergutmachungsämter mit der Rückerstattung von materiellen Schäden an Eigentum (Immobilien usw.), während für die Entschädigung immaterieller Schäden in Gesundheit, Beruf usw. das 1951 eingerichtete Entschädigungsamt zuständig war. Diese Akten, von denen ich in erster Linie letztere intensiv als Quelle hinzuziehen konnte, zählen möglicherweise zu den bedeutendsten und umfangreichsten Quellen zur Sozialgeschichte im Nationalsozialismus. Während Berliner Wiedergutmachungsakten mittlerweile im Landesarchiv Berlin aufbewahrt werden, befinden sich die Berliner Entschädigungsakten nach wie vor in der Entschädigungsbehörde am Fehrbelliner Platz. Diese Behörde war trotz ihrer strengen, d. h. sparsamen Besucherzeiten sehr kooperativ, habe ich doch nach immerhin etwa 400 Akten suchen lassen, was fast zur Sprengung der Behörden-Kapazität geführt hatte, zumal diese Akten nach wie vor einer besonders akribischen Kon­ trolle hinsichtlich des Datenschutzes unterliegen. Die Anträge auf Entschädigung sind entweder von den Betroffenen selbst oder deren Angehörigen nach Kriegsende gestellt worden. In den häufig sehr umfangreichen Akten finden sich detaillierte Angaben zu beruflichen und privaten Schicksalen.27 Da vor allem Entschädigungsakten sowie Nachlässe von großer Bedeutung waren, stellt biographisches Arbeiten eine wichtige Säule der vorliegenden Arbeit dar. Auch aus diesem Grund lag es nahe, Biographien der Krankenbehandler zu schreiben. Insgesamt konnten 369 Krankenbehandler aus Berlin biographisch zusammengetragen werden, die in einer Access-Datenbank erfasst worden sind, welche Wolfgang Schnitzler (Köln) bereits für das Projekt über die Berliner jüdischen Kassenärzte erstellt hatte, und die ich für dieses Projekt weiterbenutzt habe. Das ermöglichte einen recht bequemen, übersichtlichen Umgang mit den vielen biographischen Angaben und ließ am Ende gezielte Abfragen zu, die ohne eine solche Software deutlich mühsamer zu bewerkstelligen wären.

27  Vgl. Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten Berlin – Abt. I Entschädigungsbehörde, im Folgenden: Entschädigungsbehörde. Die Berliner Rückerstattungsakten im Landesarchiv Berlin sind seit Ende 2014 in einer Online-Datenbank recherchierbar. Vgl. landesarchiv-berlin.de; Grau Entschädigungs- und Rückerstattungsakten, 2004.

18


1.2  Zum Forschungsstand

1.2 Zum Forschungsstand In den 1980er Jahren – im Prinzip mit dem Gesundheitstag des Jahres 1980 in Berlin beginnend28 – startete eine kritische Geschichtsschreibung über die Medizin im Nationalsozialismus, einer „Medizin ohne Menschlichkeit“29. Seitdem sind zahlreiche Publikationen zur Krankenhausgeschichte oder medizinischen Disziplinengeschichte, zur Geschlechtergeschichte oder Emigrationsgeschichte, zu jüdischem Leben einzelner Städte oder Stadtteile genauso erschienen wie großangelegte biographische Sammlungen oder (auto-)biographische Arbeiten.30 Zur Geschichte speziell der ärztlichen Standespolitik, deren Vertreter maßgeblich an der Ausschaltung und Vertreibung jüdischer, aber auch politisch missliebiger Kollegen beteiligt waren, sind bis heute einige ausführliche Forschungsarbeiten publiziert worden.31 In vielen dieser Publikationen geht es um die Verfolgung jüdischer Ärzte, und in der Beschreibung ab 1938 auch um Krankenbehandler, meist aber nur am Rande. Über den Alltag resp. die medizinische Versorgung von Juden zwischen 1938 und 1945 ist hier so gut wie nichts zu lesen. In den Publikationen, in denen auch der Approbationsentzug oder die Krankenbehandler auf wenigen Seiten dargestellt wurden, ist diese Zeit nur unzureichend oder rudimentär behandelt, beschrieben, beachtet worden.32 Zwei bereits ältere Abhandlungen über Krankenbehandler vermochten schon auf Grund ihrer Kürze eine tiefer gehende Analyse zu ihrer Geschichte nicht annähernd zu erreichen.33 Im Laufe des von der DFG geförderten Projektes „Medizinische Versorgung von Juden für Juden? ‚Krankenbehandler‘ in Berlin und Hamburg zwischen 1938 und 1945“ habe ich einige Aufsätze veröffentlicht, die sich hauptsächlich mit der 28  Eine Dokumentation dieses Gesundheitstages gaben Gerhard Baader und Ulrich Schultz noch im selben Jahr heraus: Medizin und Nationalsozialismus, 19894. 29  Vgl. Mitscherlich/Mielke Medizin, 1949 (201218). 30 Vgl. beispielsweise: Benz Tagebuch, 1988; Berliner Geschichtswerkstatt Wedding, 1998; Bleker/ Jachertz Medizin, 1993; Damskis Biografien, 2009; Eppinger Schicksal, 2001; Fischer-Voswinckel Lexikon, 2002; Grieser Ärzte, 2003; Hepp Ausbürgerung, 1985–1988; Kater Ärzte, 2000; Lorz Spurensuche, 2017; Pross/Winau Krankenhaus, 1984; Scholz/Heidel Medizin, 2005; Schwoch Kassenärzte, 2009; Seidler Kinderärzte, 2007; Walk Sonderrecht, 1981. 31  Vgl. beispielsweise: Hahn/Schwoch Anpassung, 2009; Hörnemann Kassenarzt, 1994; Jütte Geschichte, 1997; Schmiedebach Standeslehre, 1989; Schwoch Standespolitik, 2001; Waigand Antisemitismus, 2001. 32  Vg. z. B. Drexler-Gormann Ärzte, 2009, S. 12–13; Höffken Schicksale, 2013, S. 81–86; Rueß Ärzte, 2009, S. 36–37. 33  Vgl. z. B. Stürzbecher Arzt, 1988; Zimmermann Arzt, 1998.

19


1. Einleitung

Krankenbehandler-Thematik beschäftigen. Diese sowie ein Buch, das ich mit Judith Hahn über die Berliner Kassenärztliche Vereinigung im Nationalsozialismus publiziert habe, sind in diese Abhandlung intensiv eingearbeitet worden, finden sich demnach an verschiedenen Stellen dieses Buches wieder.34 Diese Publikationen sind erste wichtige Versuche gewesen, die Umstände von Krankenbehandlern, teilweise auch ihrer Patienten, näher zu beleuchten. Dabei wurde auf den Versorgungsschlüssel Arzt/Patient beziehungsweise die Anzahl von Krankenbehandlern eingegangen, auf die katastrophale ärztliche Besetzung in jüdischen Krankenhäusern, den Umgang mit jüdischen Besitzern von Privatkliniken und deren Eigentum, auf geradezu absurde Formalia, auf die herabwürdigende Behandlung der jüdischen Vertreter durch ärztliche Organisationen und Verwaltungen, auf die Diskriminierung von jüdischen Ärzten und Patienten. Aber die Länge eines Aufsatzes lässt es per se nicht zu, in einer Ausführlichkeit zu berichten, wie dies in einer Monographie möglich ist.

34  Vgl. Hahn/Schwoch Anpassung, 2009, v.a. S. 172–200; Schwoch Bestallung 2008; Schwoch Versorgung 2011; Schwoch „Krankenbehandler“ 2012/13; Schwoch Verhungern, 2014; Schwoch „Krankenbehandler“, 2015. Auf Grund der Ungleichheit der Städte Berlin und Hamburg wurde auf einen systematischen Vergleich hinsichtlich einer Geschichte der Krankenbehandler verzichtet. Ein solcher wäre vielmehr für Berlin und Wien angemessen, da die beiden Städte eine etwa gleichgroße Anzahl an verfolgten Juden zu versorgen hatten, auch wenn Wien deutlich kleiner war und ist als Berlin, die Größe der Jüdischen Gemeinde somit noch mal anders ins Gewicht fällt.

20


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.