Das Schweizer Magazin für Fitness, Lauf- und Ausdauersport
TRAINING
GEHEIMNIS LONGJOG WIE FIT SIND UNSERE BUNDESRÄTE? AUSRÜSTUNG
DIE NEUSTEN TRAILSCHUHE
März 2009
Gen-Doping
SO WERDEN TOP-ATHLETEN GEMACHT! EXKLUSIV
VIKTOR RÖTHLIN GIBT TIPPS
ERNÄHRUNG
Essen Sportler zu viele Kohlenhydrate?
SUPERMAN RONNIE
Der beste Triathlet der Schweiz will jetzt Hawaii gewinnen Grosses FIT for LIFE-Gespräch mit Ronnie Schildknecht
FR. 8.50 13. Jahrgang www.fitforlife.ch
editorial | inhalt
Testen Sie uns! FIT for LIFE ist das Schweizer Magazin für Fitness, Lauf- und Ausdauersport. Vor über zwölf Jahren ins Leben gerufen, haben wir mit der aktuellen Märznummer die Optik und Inhaltsstruktur des Magazins dem veränderten Lese- und Sportverhalten angepasst. Heutige Gesundheits- und Hobbysportler sind immer vielfältiger unterwegs, betreiben mehrere Sportarten und interessieren sich für ergänzende Themen wie gesunde Ernährung, Kräftigung, Prävention. Gleichzeitig stehen neben körperlicher Fitness auch das Erlebnis und der Spass im Vordergrund. Unsere vielfältige Themenpalette und attraktive Aufmachung möchte diesen Ansprüchen gerecht werden und Sie motivieren, sich gesamtheitlich mit Ihrem «Bewegungsleben» auseinanderzusetzen. Mit diesem vorliegenden 32-seitigen MiniFIT for LIFE möchten wir Ihnen Lust machen auf mehr. Wir sind gespannt auf Ihren Eindruck! Besuchen Sie uns auf der neu gestalteten Plattform www.fitforlife.ch und diskutieren Sie über das neue Heft. Oder noch besser: Testen Sie uns mit einem Probeabo!
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Transalptour ohne Stress und Gepäck Kunstvolle Designer-Holzräder Schneeschuhlaufen mit Köpfchen Schweizer Karte als DVD für Skitourenfahrer Radrundfahrt mit sozialem Engagement Bike Masters mit gekürzter Strecke Schwimmen als Aufsteiger der Saison Lance Armstrong sammelt Millionen Das Blaue Wunder: Ein Buch zum Staunen Boston Run: Für laufende Krimifans
report 16 Gendoping: Sportler als Labormäuse? Ist Gendoping «nur» eine Science-Fiction-Vorstellung besorgter Wissenschafter oder bereits beängstigende Realität? Lesen Sie den spannenden GendopingReport von Beat Glogger, Wissenschaftsjournalist des Jahres 2008.
training 28 «Plan B»
Schweizer Profisportler erzählen in «Plan B», welchen Stellenwert der Ausdauersport in ihrem Sportlerleben besitzt. In diesem Heft: Skispringer Simon Ammann
Andreas Gonseth Chefredaktor andreas.gonseth@fitforlife.ch
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Schwimmen mit Paddles Ausdauer- vor Krafttraining Schmerzvolles «Jumpers Knee» Perfekter Start in die Radsaison
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training 34 Der Longjog
Longjog ist nicht gleich Longjog. Wir zeigen die Unterschiede.
40 Viktor Röthlins Trainingstipps Das Puzzle des perfekten Läufers.
ernährung 42 Testen Sie Ihren Ernährungs-IQ 44 Kohlenhydrate als Muskelbenzin 46 Honig: Ein Naturprodukt trumpft auf
sporthelden 66 Olympiaheld Wisel Kälin
Es gibt sie, die Schweizer Sporthelden aus der Welt des Ausdauersportes. Der Start der neuen Rubrik mit Olympiaheld Wisel Kälin.
erlebnis 68 Läufer am Tiefpunkt
Nicht moralisch, sondern geografisch. Denn der Dead Sea Marathon – Ultra und Volkslauf zugleich – führt an den tiefsten Punkt der Erde.
74 Event-Highlights im März
monatsgespräch 48 Ronnie Schildknecht
Der beste Langdistanz-Triathlet der Schweiz im grossen FIT for LIFE-Gespräch über die Angst, zu wenig zu trainieren, sein sportliches Vorbild Stefan Edberg und seine Beziehungstauglichkeit.
kolumne 76 Midi beim Body Pump!
Sport-Normalo, Schauspieler und Komiker Midi Gottet versucht sich an für ihn ungewohnten Sportabenteuern.
ausrüstung 56 Fit Shop 58 Die neusten Trailschuhe unter der Lupe
gesundheit 62 63 63 64
Laufen mit dem MBT Grippe-Medikament als Doping? Die Seitensprung-Manager Matteo Rossetto: Kindersport
cooldown 78 Wie sportlich sind unsere Bundesräte? 80 Crosstraining auf dem Boot Virtueller Velostreifen Recycelte Turnmatten 81 Angetroffen: Ram Barkai 82 Vorschau Impressum
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FOTOS: BIKE ALPIN | WALDMEISTER-BIKES | NIKE
Trans Tirol Bike Rallye
TRANSALPTOUR OHNE GEPÄCK UND RENNSTRESS Die Trans Tirol Bike Rallye vereinigt die Highlights einer Transalptour mit dem Genuss einer individuellen Ferienwoche. Die fünf Etappen führen vom Achensee im Tirol über majestätische Gipfel und durch unberührte Täler bis ins italienische Städtchen Appiano bei Bolzano, dem
Tor zu den Dolomiten. Im Preis ab 798 Euro sind der vielseitige Singletrails durch die Alpen, Gepäcktransport, Verpflegung, ausgeschilderte Strecken und technischer Service des Mountainbikes inbegriffen. Nur eines fehlt: die Zeitmessung und Wettkampfhektik. Damit ist
die Trans Tirol Bike Rallye das perfekte Alpencross für sportliche Geniesser, die auf Rennstress und Gepäck, nicht aber auf knackige Singetrails und unvergessliche Gruppenerlebnisse verzichten wollen. www.transtirol-bikerallye.com
NEWS
Waldmeister-Holzbike
MEHR KUNST ODER RAD?
Über diese Frage lässt sich beim Velo mit dem klingenden Namen «Waldmeister» streiten. Der Rahmen des robusten Citybikes besteht aus handgeschliffenem Buchenholz aus dem Teutoburger Wald, in dem nachhaltige Forstwirtschaft betrieben wird. Gut zu wissen für Liebhaber: Das Fahrrad ist mit einer Carbon-Gabel, einer Truvativ-Rouleur-Compact-Kurbel, einer Schlumpf-speed-drive-Nabenschaltung und 26-Zoll-Laufrädern aus Carbon von Xentis Kappa ausgerüstet. Hohe Qualität und edles Design haben allerdings ihren Preis. Das Nobelgefährt kostet je nach Ausstattung über 10 000 Euro. www.waldmeister-bikes.de
LAUFTRAINING MIT PROFIS Technik, Theorie und Tipps zum Lauftraining holt man sich in den Laufseminaren von Hugo Rey und bekannten Laufstars wie Viktor Röthlin oder Philipp Bandi. 6. bis 8. März in Arbon, 3. bis 5. April in Diessenhofen. www.laufseminar.ch
Nike+ Laufgemeinschaft
2710-MAL UM DIE ERDE Läufer auf der ganzen Welt sind in der Community von Nike+ eingeloggt. Im Jahr 2008 hat Nike einige interessante Details über seine Laufgemeinde herausgefunden. Die liebste Tageszeit zum Laufen ist der Abend, der begehrteste Tag dafür der Sonntag und der beliebteste Monat der August. In einem Jahr haben alle Nike+-Läufer die Erde 2710-mal umrundet und dabei 5610 kg abgespeckt. Mit dieser Energie könnte man 630 Haushalte über ein Jahr mit Strom versorgen. Der klare Top-Favorit unter den abgespielten Songs beim Training ist «Eye of the Tiger» der amerikanischen Band Survivor. Wer seine Laufkilometer in Zukunft auch über Nike+ abwickeln will, meldet sich mit dem Nike+-Button auf der FIT for LIFE-Blog-Seite http://fitforlife.azblogs. ch für die Nike+-Challenge an und profitiert mit etwas Glück von einem besonderen Willkommensgeschenk.
BASEL MIT MARATHON Am 12. September 2010 wird in Basel wieder Marathon gelaufen! Mitten durch die Stadt, an allen Sehenswürdigkeiten vorbei, mit kräftiger Unterstützung von zahlreichen Musikbands und dem Zieleinlauf auf Basels Marktplatz. Mit seinen 200 Höhenmetern weist der «Run to the Beat Basel Marathon» ein ähnliches Streckenprofil auf wie der legendäre New York Marathon. www.basel-marathon.ch CONCONI-TEST FÜR ALLE Als Bestandesaufnahme der Leistungsfähigkeit eignet sich der Conconi-Test besonders für Läufer und Radfahrer, da er mit geringem Aufwand, ohne Blutabnahme und kostengünstig durchgeführt werden kann. Für Hobby-Sportler und Wettkämpfer finden in der ganzen Deutschschweiz flächendeckend Lauftests statt. www.conconi.ch
warmup warmup
Bewusst Schneeschuhlaufen «ecOtour» ist eine Initiative, um die wachsende Schneeschuhgemeinde für einen nachhaltigen Umgang mit der Natur zu gewinnen.
Swiss Map 50
der Schweiz schwinden, welche Klima zonen es in der Schweiz gibt und wie Tiere anhand der Spuren im Schnee erkannt werden können. Der Parcours ist gut beschildert und die Infoposten sind qualitativ hochstehend. Mit einem Wettbewerb sowie Verpflegungsständen am Start und Ziel bietet «ecOtour» zudem ein Rahmenprogramm für die ganze Familie. «ecOtour» sensibilisiert die Schneeschuhgemeinde für einen nachhaltigen Umgang mit der Natur. Es bleibt aber eine Gratwanderung, solche Initiativen voranzutreiben und gleichzeitig die Nutzung der Natur und Landschaft als Freizeitraum in massvollen Grenzen zu halten. Die nächsten Snowshoe-ecOtours fi nden statt am 1. März (Mollendruz VD), 15. März (Stoos SZ) und 31. März (Vercorin VS). www.swisssnowshoe.ch
FOTOS: ROBERT BÖSCH | ZAMBEZI TOUR | SWISSTOPO
Shuttlebus besteigen, anmelden, Lochkarte fassen, Schneeschuhe umbinden und los gehts auf den fünf Kilometer langen «ecOtourLernpfad». Dieser soll Schneeschuhwanderer für einen rücksichtsvollen Umgang mit Tieren und Pflanzen sensibilisieren. Denn mit dem Schneeschuhboom steigt die Belastung für Flora und Fauna. Die Schneeschuhwanderer ziehen oft quer durch Wälder und unberührte Landschaften. Verschiedene Organisationen versuchen deshalb die Wanderer auf vorgegebene Routen zu kanalisieren. Organisiert wird «ecOtour» vom Schweizerischen Schneeschuhverband, der 2005 gegründet wurde und bereits 150 Schneeschuhpfade betreut. Der Aufstieg endet beim ersten Aufklärungsposten zum Thema Sicherheit. Weiter erfährt man, weshalb die Gletscher in
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Tour de Zambezi
SCHWEIZER KARTE ALS DVD VELOSAFARI MIT SOZIALEM HINTERGRUND Einen neuen, nämlich digitalen Weg beschreiten Skitourengänger, wenn sie mit Kartenmaterial von Swisstopo unterwegs sind. Das Bundesamt für Landestopografie hat eine DVD herausgegeben, auf welcher die gesamte Schweiz im Massstab 1:50 000 abgedeckt ist. Die «Swiss Map 50» enthält neben den kartografischen Basisfunktionen auch wertvolle Informationen für Ski- und Snowboard-Fahrer, die am liebsten abseits der Pisten unterwegs sind. Neu integriert sind z. B. Skirouten, die Hangneigungen über 30° sowie die Schutzgebiete. Ausser Routen, Höhenprofilen, Hangneigungen und Schutzgebieten sind auch die Hütten des Schweizer Alpen-Clubs verzeichnet. Die DVD weist eine Schnittstelle zum GPS-Gerät auf, Kartenausschnitte können jedoch auch problemlos individuell markiert und ausgedruckt werden. www.swisstopo.ch
Wenn sich vom 28. April bis 3. Mai Menschen aus aller Welt in Afrika auf den Fahrradsattel setzen, tun sie das einerseits aus sportlichen Motiven. Denn die Route der Tour de Zambezi führt die Sportler 450 km weit durch faszinierende Landschaften im südlichen Afrika. Gestartet wird an den Victoriafällen in Zimbabwe. Von dort verläuft die Tour Richtung Westen durch den Zambezi National Park, wo Wildtiere vom Sattel aus beobachtet werden können. Weiter geht es in Botswana auf geteerten Strassen durch den Chobe National Park nach Ngoma, wo die Grenze zu Namibia durchfahren wird. Von dort verläuft die Route parallel zum Zambezi-Fluss in Zambia und zurück zu den Victoriafällen. Bei einer Teilnahme an der Tour de Zambezi steht jedoch nicht nur der Sport im Vordergrund.
Vielmehr geht es bei der Radtour darum, Spendegelder für das 2001 gegründete Hilfsprojekt «Children in the Wilderness» zu sammeln. Die Teilnahme setzt eine Mindestspende rund 1500 Euro voraus. Darin inbegriffen ist der Flug Johannesburg zu den Victoriafällen und zurück, Unterkunft und Mahlzeiten. www.tourdezambezi.com
Die Tour de Zambezi führt von den Victoria Falls quer durch das südliche Afrika.
warmup
LEUTE Regenhose mit Füsslingen
Andy Rihs
TROCKEN UND CLEVER
der ewige radträumer
FOTOS: ANDREAS GONSETH | BMC | ZVG | PHOTOPRESS
Wer sich im März wieder regelmässig aufs Rennrad oder Bike schwingen will, muss ab und zu mit nassen Füssen rechnen. Eine Regenhose gehört für Frühjahrsfahrer daher zur Standardausrüstung. Mit der Jeantex Paris ist die Angst vor dem Platzregen unbegründet. Die absolut wasserdichte, am Gesäss verstärkte und an den Knien vorgeformte Hose schützt die Beine vor Nässe wie andere Regenhosen auch, aber der Clou der Hose sind die integrierten Füsslinge, die bei Bedarf einfach heruntergezogen und über die Schuhe gestülpt werden können. Prädikat «äusserst praktisch». Zu kaufen für Fr. 150.– im Fahrradhandel.
Andy Rihs träumt von der Tour de France 2011. Gemeinsam mit dem amerikanischen Velo-Urvater Jim Ochowicz übernimmt er die Mehrheitsbeteiligung an Continuum Sports, welche das von Rihs gesponserte «BMC Racing Team» betreibt. In allen Bereichen des Radrennsportes – Sport, Materialtechnik, Administration und Ethik – soll die höchst mögliche Qualität erreicht werden. «Das Wichtigste für mich ist es, ein Team zu sein, das sportlich sauber fährt und jungen Fahrern die Möglichkeit bietet, zu internationalen Radprofis zu reifen.» Daneben stelle das Team laut Rihs natürlich auch ein «internationales Marketing-Tool für BMC» dar.
Thomas Frischknecht
frischi mit toskana-rennen Kaum zurückgetreten, ist Thomas Frischknecht schon wieder am Wirken. Unter seiner Schirmherrschaft nimmt die UCI mit dem Maremma Cup ein Mountainbike-Rennen der speziellen Art in ihren Kalender auf. Eigentlich sind es zwei Rennen, welche im Abstand von einer Woche in Massa Marittima durchgeführt werden. Der Kurs besteht aus einem Mix von technischen Aufstiegen und anspruchsvollen Singletrails. Frischknecht dazu: «Da lohnt es sich, anfangs Saison hinzufahren.» Viele der weltbesten Fahrer haben einen Start bestätigt, darunter Olympiasieger Julien Absalon, Nino Schurter, Florian Vogel und Ralph Näf. www.maremmacup.com
Reto Hug
schlüsselbein gebrochen
Bike-Rucksack mit Kugelgelenk
Die Last verringern Beim Biken im Gelände kann es schon mal vorkommen, dass in engen Kurven der Rucksack über die Schultern rutscht oder gegen den Nacken drückt. Abhilfe schafft der Ergon-Bike-Rucksack BC3, der mit einem Kugelgelenk ausgestattet ist. Dadurch bleibt der Rucksack unabhängig der Fahrweise immer in der gleichen Position, egal ob bei rasantem Downhill oder Sprüngen. Eine während der Fahrt zugängliche Tasche auf der Rückseite und ein separates Trinkblasenfach sind weitere praxisorientierte Details. Fazit: Für Tourenbiker im Gelände ein Plus an Komfort, auf das man bald nicht mehr verzichten möchte. Ab Ende März im Fachhandel für Fr. 299.–.
Während andere Triathleten in den Wintermonaten in die Wärme flüchteten, harrte Reto Hug in der Schweiz aus. Eine Radausfahrt im Freien Ende Januar ist ihm dabei denkbar schlecht bekommen. Der WM-Dritte von 2008 rutschte auf der verunreinigten Strasse aus. Fazit: Schlüsselbein gebrochen, Velohelm doppelt gespalten. Die Knochen sind mittlerweile mit einer Platte fixiert. Bereits drei Tage nach der Vollnarkose sass der zähe Triathlet wieder auf dem Ergometer. Und auch dem geplanten Trainingslager anfangs März mit den Gigathleten Roger Fischlin und Dominik Spycher in Cesenatico (I) sieht er zuversichtlich entgegen. «Ich freue mich, mit alten Freunden ein paar tolle Touren zu machen.» Auch Schwimmen geht schon wieder, allerdings «nur einarmig und mit Flossen», wie Hug versichert.
Christian Belz
comeback beim kerzerslauf Der Schweizer Spitzenläufer Christian Belz gibt nach einer 15-monatigen Verletzungspause am Kerzerslauf sein Comeback. «Ich weiss noch nicht, wo ich stehe. Zum Aufbau blieb wenig Zeit», sagt der Schweizer Rekordhalter über 10 000 Meter. «Aber ich erwarte nicht, dass ich bereits dort anknüpfen kann, wo ich aufgehört habe.» Aufgehört hat er 2007 als Schweizer Meister im 10-km-Strassenlauf und mit einem 6. Rang am KölnMarathon (2:15:08). Der Kerzerslauf ist der erste Wettkampf seiner «Frühlingsserie» zur Standortbestimmung. Es folgen die Post-CupLäufe Giro Medio Blenio und GP-Bern sowie der Luzerner Stadtlauf. «Danach entscheide ich, wie es weitergeht», erklärt der zweifache Familienvater, der zu 50% als Sportökonom beim Bundesamt für Sport tätig ist. Wenn alles nach Plan läuft, startet der 34-Jährige im Herbst am Marathon von Berlin, Frankfurt oder Amsterdam.
SALOMONRUNNING.COM
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DIE Der Sportler bald als manipuliertes Wesen? Was heute noch Science Fiction ist, kÜnnte die Zukunft des Ausdauersports sein: Genmanipulierte Athleten laufen in einer anderen Kategorie, sie wären von einer anderen Welt.
report
DNAthleten Gen-Doping stellt nach Ansicht der Welt-Anti-Doping-Agentur eine der grössten Bedrohungen des Sports dar. Was ist Gen-Doping? Und ist die Angst davor begründet? Lesen Sie den grossen FITforLIFE-Report von Beat Glogger.
ILLUSTRATION: PATRICK BAERISWYL
Gen-Doping: Sportler als Labormäuse?
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BEAT GLOGGER
lympiafinal-3000-MeterSteeple der Männer, in nicht allzu ferner Zukunft: Von der ersten Sekunde an ist klar, wie der Sieger heissen würde: Bikila Asserates drahtige Beine wirbeln durch die Luft wie zwei Propeller. Der Läufer nimmt die Hindernisse, als wären sie gar nicht vorhanden. Das Publikum johlt, klatscht und peitscht ihn vorwärts. Und während das Feld aus lauter Weltklasseläufern verbissen kämpft, zieht der Äthiopier davon, als liefe er in einer anderen Kategorie.
Ironman Hawaii im Jahr 2016: Als Rosalyn Carter mit über fünf Minuten Vorsprung und einem breiten Lachen auf dem Gesicht aus dem Wasser stieg, wurde das noch gelassen zur Kenntnis genommen. Alle waren überzeugt, dass die australische Newcomerin bald schon ihren Übermut büssen würde. Doch als Carter auf der Radstrecke ihren Vorsprung auf 20 Minuten ausbaute, begannen es die ersten zu ahnen. Und als die Athletin schliesslich noch die Marathonstrecke in der schnellsten, ja an einem Ironman gelaufenen Zeit abspulte, war es allen klar: Diese Frau ist von einer anderen Welt. Was heute noch Science Fiction ist, könnte die Zukunft des Ausdauersports sein – wenn man den Befürchtungen der WeltAnti-Doping-Agentur (Wada) glaubt. Die Athleten liefen tatsächlich in einer anderen Kategorie, wären von einer anderen Welt – genmanipuliert. Gendoping, so warnen die Dopingbehörden eindringlich, stellt eine der grössten Bedrohungen für den Sport dar. Doch es gibt auch Stimmen, die in der Leistungssteigerung mit genetischem Material kein Problem sehen. So zum Beispiel der Bioethiker Andy Miah von der Universität Paisley in Schottland. Für ihn ist Gendoping nicht Bedrohung, sondern geradezu Pflicht. Der Mensch, so argumentiert Miah, müsse alle ihm zur Verfügung stehenden Technologien nutzen, um sich weiterzuentwickeln – dies schliesse die Gentechnologie ein und die Weiterentwicklung der * Andy Miah, Genetically Modified Athletes: Biomedical Ethics, Gene Doping and Sport,: 208 Seiten, Verlag: Routledge Chapman & Hall, ISBN-10: 0415298806
eigenen Spezies Homo sapiens. Und – so provoziert Miah in seinem Buch «Genetically Modified Athletes»* und an einschlägigen Konferenzen – diese Weiterentwicklung des Menschen werde idealerweise an Sportlern vorangetrieben. Sie seien jung, gesund und risikobereit. Ist Gendoping also Menschenverbesserung oder doch eher Menschenverachtung? Ist es Science oder Fiction?
Schwarz ist schnell Tatsächlich bildet die Genetik das Fundament, auf dem die körperliche (und auch mentale) Leistungsfähigkeit eines Menschen aufbaut. Ein Blick in die Annalen des Sports veranschaulicht dies – besonders deutlich im Hundert-Meter-Sprint der Männer. Die Disziplin wird restlos dominiert von Athleten, die ein genetisches Merkmal gemeinsam haben: die dunkle Hautfarbe. Auf der Ewigenbestenliste über die kurze Sprintdistanz figuriert unter den 60 Schnellsten kein einziger Weisser. Der letzte Weltrekord eines Weissen in dieser Disziplin datiert aus dem Jahr 1960. Selbst den Schweizer Rekord über 100 Meter hält heute ein Athlet mit afrikanischen Wurzeln: Dave Dollé vom Leichtathletikclub Zürich. All dies lässt nur einen Schluss zu: Schwarz ist schnell. Stimmt nicht ganz, mögen hier Kenner der Langstrecken einwenden. Denn Schwarze sind nicht nur schnell, sondern auch ausdauernd. Und auch das stimmt. Die Dominanz dunkelhäutiger Athleten auf den langen Distanzen ist mittlerweile derart erdrückend geworden, dass die Presse nach dem Olympiamarathon von Peking unseren Marathonmann Viktor Röthlin auf dem sechsten Rang als «bestklassierten Weissen» feierte. Praktisch alle herausragenden Ausdauerathleten stammen aus Ostafrika, während Top-Sprinter vorwiegend aus Westafrika kommen. Offenbar wird die Eignung für gewisse Sportarten genauso vererbt wie die Farbe der Augen, Haare oder Haut. Die Sportwissenschaft hat mittlerweile bewiesen, dass Menschen mit afrikanischen Wurzeln aufgrund von Merkmalen des Skeletts und des Stoffwechsels zum Sprinter bzw. Marathonläufer prädestiniert sind. Dafür taugen Europäer besser zu Kraftsportarten, und asiatische Menschen mit ihrem eher zierlichen Körperbau sind geborene Kunstturner oder Zirkusartisten.
Immer mehr Sport-Gene Die Wissenschaft fi ndet immer mehr erbliche Eigenschaften, welche die körperliche Leistungsfähigkeit eines Menschen beeinflussen. Eine erste Übersicht solcher sogenannter «Sport-Gene» wurde im Jahr 2000 von der TU München publiziert. Darin listete das Forscherteam um den Sportmediziner Bernd Wolfarth 29 solche Gene oder Genvarianten auf. Im fünf Jahre später publizierten Update der Liste waren es bereits 165 – und weitere werden laufend neu entdeckt. Immer wieder zeigen auch besondere Ausnahmetalente, welche Rolle die Genetik im Sport spielt. So der Skilangläufer Eero Mäntyranta. Seine erste Goldmedaille errang er an den Olympischen Winterspielen 1960 in Squaw Valley in der 4 × 10-Kilometer-Staffel. Niemand hätte dies dem damals erst 23-jährigen, schmächtigen Finnen zugetraut. Doch Mäntyranta dominierte auch die Winterspiele 1964 und 1968. Insgesamt gewann er zwei Mal olympisches Gold, zwei Mal Silber, einmal Bronze. Weitere Medaillen an Weltmeisterschaften kamen hinzu. Und immer wieder wurde Eero Mäntyranta verdächtigt, gedopt zu haben. Was er jedoch stets bestritt. Zwei Jahrzehnte später wurde sein Geheimnis gelüftet. Es ist eine seltene Genmutation, die bewirkt, dass sein Organismus besonders sensibel auf das körpereigene Blutbildungshormon Epo reagiert. Dadurch kann Mäntyrantas Blut viel mehr Sauerstoff aufnehmen, als dies bei anderen Athleten der Fall ist. Seine gewaltige Ausdauerleistung war also nicht das Produkt gewiefter Dopingärzte, sondern eine Laune der Natur. Dieselbe Genmutation wurde seither bei etwa 200 Personen aus seiner näheren und ferneren Verwandtschaft gefunden. Auch übermässige Kraft muss nicht unbedingt aus dem Giftschrank kommen. Dies belegt ein Junge, der im Jahr 2000 in Berlin geboren wurde. Der Säugling, dessen Identität nicht preisgegeben wird, hatte Muskelpakete wie kein Neugeborenes sonst. Er ist krank, vermuteten die Ärzte zuerst. Doch die weiteren Untersuchungen zeigten, dass der Junge kerngesund war. Bis im Alter von vier Jahren hatte
FOTO: PRISMA
report
Praktisch alle herausragenden Ausdauerathleten stammen aus Ostafrika, während Top-Sprinter vorwiegend aus Westafrika kommen. Offenbar wird die Eignung für gewisse Sportarten genauso vererbt wie die Farbe der Augen, Haare oder Haut. Die Sportwissenschaft hat mittlerweile bewiesen, dass Menschen mit afrikanischen Wurzeln aufgrund von Merkmalen des Skeletts und des Stoffwechsels zum Sprinter bzw. Marathonläufer prädestiniert sind. Dafür taugen Europäer besser zu Kraftsportarten, und asiatische Menschen mit ihrem eher zierlichen Körperbau sind geborene Kunstturner oder Zirkusartisten.
er doppelt so viel Kraft wie Gleichaltrige, und er konnte mit ausgestreckten Armen zwei 3-Kilogramm-Hanteln halten. Wieder ist eine Genmutation im Spiel. Der Körper des Jungen produziert kein Myostatin, ein Hormon, welches das Muskelwachstum reguliert. «Myostatin ist wie ein Stoppsignal», sagt Markus Schülke von der Charité Berlin, der den Fall publiziert hat. «Wenn es fehlt, hören die Muskeln später auf zu wachsen.» Dem Jungen scheint der Gendefekt bis heute keine Nachteile zu bringen. Eine solche Veränderung am MyostatinGen war bis zur Entdeckung des Muskeljungen nur aus dem Tierreich bekannt. Bei Rindern der Rasse «Belgian Blue» wurde der Gendefekt durch Zucht erzielt. Da-
durch sind die Tiere extrem muskulös und produzieren ein Drittel mehr Fleisch, praktisch ohne Fett. Ein Traum für den Produzenten; ein Alptraum für das Rind. Denn Unfruchtbarkeit ist häufig, und jedes zweite Kalb kommt nur mit Kaiserschnitt zur Welt, weil die mächtigen Muskelpakete nicht durch das Becken der Mutter passen.
Gentherapie weckt Hoffnungen und Gelüste Gene bestehen aus der sogenannten DNA, der Erbsubstanz, die in jeder Zelle unseres Körpers zu fi nden ist. Gene steuern die Bildung von Proteinen, und diese wiederum sind für verschiedenste Körperfunktionen verantwortlich; zum Beispiel für Hormonproduktion, Blutbildung oder Muskelwachstum. Ist ein Gen
defekt oder fehlt es, kann der Körper das entsprechende Protein nicht herstellen. In den weitaus meisten Fällen bedeutet dies: Der Mensch ist krank. Seit einigen Jahren versucht die Medizin solche genetisch bedingte Krankheiten zu heilen, indem defekte Gene durch gesunde ersetzt werden. Natürlich haben die Forscher dabei die grossen Leiden wie Krebs, Alzheimer oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Visier. Doch bis diese Krankheiten mittels Gentherapie geheilt werden können, ist es noch ein weiter Weg. Denn sie haben komplexe Ursachen. Die genetische Veranlagung ist nur ein Faktor unter vielen. Dennoch zeigen sich erste Resultate bei gewissen Erbkrankheiten, ausgelöst durch einen einzigen Gendefekt. Etwa bei der ➔
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Professor Max Gassmann von der Universität Zürich hat eine Maus gezüchtet, die im Vergleich zu ihren natürlichen Artgenossen doppelt so viele rote Blutkörperchen hat. Ideale Voraussetzungen für den Ausdauersport? Weit gefehlt. Eisenablagerungen schädigen die Nieren, die Nerven werden angegriffen und die Muskeln abgebaut. Und: die Tiere leben nur halb so lang.
Duchenne-Muskeldystrophie, angeborenen Immunschwächen, der Cystischen Fibrose oder erblichen Netzhautdegenerationen. Aber ausgerechnet Experimente mit solch seltenen Krankheiten lösen Begehrlichkeiten seitens des Sports aus. Denn diese Gentherapien wirken direkt auf das Blutbildungssystem und das Muskelwachstum ein. Blut und Muskel – das klingt in Sportlerohren wie Energie und Kraft! Davon berichtet wie viele andere der Physiologe H. Lee Sweeney von der Penn sylvania School of Medicine (USA). Eigentlich betreibt er Altersforschung, untersucht die natürliche Abnahme der
Muskelmasse im Alter. Sweeney injizierte Mäusen das Gen für den Muskelwachstumsfaktor IGF-1 in die Beinmuskulatur. Tatsächlich konnte er so den altersbedingten Muskelschwund reduzieren. Zudem hatten die Tiere als Jungtiere bis ein Drittel mehr Muskelmasse als ihre nicht genveränderten Verwandten. Kaum hatte Sweeney seine Resultate und die Bilder der «Schwarzenegger-Mäuse» veröffentlicht, meldeten sich Bodybuilder, die nach dem Wundermittel verlangten. Ähnlich erging es Forschern vom Salk Institute, einem Genforschungs-Labor in La Jolla, Kalifornien. Ihre genetisch veränderte «Marathon-Maus», die doppelt
so weit rennen kann wie ihre normalen Artverwandten, weckte sofort das Interesse und die Fantasie von Langstreckenläufern. Dass die Maus im Rahmen von Forschungsarbeiten zur Bekämpfung der Fettleibigkeit kreiert wurde, interessiert die risikofreudigen Athleten, Betreuer und Dopingärzte nicht.
Vermeintlich perfektes Doping Zu verlockend sind die Möglichkeiten eines genetischen Dopings, denn es macht Pillen, Spritzen oder Pflaster überflüssig. Mit den richtigen Genen nachgerüstet produziert der Körper des Athleten sein Doping gleich selbst. Wenn zum Beispiel das Gen für Epo in die richtigen Zellen
report
FOTO: BEAT MÄRKI
Direktor von Antidoping Schweiz, sagt. «Schon heute ist es extrem schwierig, ein Dopingmittel direkt nachzuweisen.» Darum betont Kamber, wie wichtig das Blutprofi l sei. Mittels eines Blutprofi ls werden diverse Messwerte im Blut eines Athleten über längere Zeit verfolgt. Wer dauernd hohe Werte zeigt, hat mit grosser Wahrscheinlichkeit tatsächlich eine natürliche Veranlagung. Wo jedoch plötzliche Schwankungen auftreten, liegt der Verdacht auf Doping nahe. Ob chemisch, hormonell oder genetisch, spielt dann keine Rolle.
eingebaut ist, stellt der Athlet mehr Epo her – körpereigenes Epo. Das vermeintlich perfekte Doping, denn im Test wäre kein von aussen zugeführtes Mittel zu entdecken. Dem Betroffenen nachzuweisen, dass er nicht wie seinerzeit Eero Mäntyranta von Mutter Natur mit besonderen Gaben ausgestattet worden ist, dass er sich die Gene also künstlich zugeführt hat, ist – zumindest heute noch – nicht möglich. Das hat sich herumgesprochen, und so greift immer wieder mal ein ertappter Doper zur Ausrede, eine genetische Besonderheit zu sein. Insbesondere solche, die mit zu hohen Testosteron-Werten erwischt werden. Zumindest diesbezüglich würde Gendoping keine neue Problematik aufwerfen, wie Matthias Kamber,
Aber auch der direkte Nachweis von Gendoping soll bald möglich sein. Davon ist Patrick Diel von der Deutschen Sporthochschule Köln überzeugt. Im Auftrag der weltweiten Anti-Doping-Agentur Wada entwickelt er zusammen mit einer Biotech-Firma eine Nachweismethode für Manipulationen am Myostatin-Gen. Über 20 solcher Forschungsprojekte unterstützt die Wada und hat dafür bisher um die 8 Millionen Dollar ausgegeben. «Das klingt zwar nach viel, ist aber wenig», urteilt Patrick Diel. «Allein der Markt für Epo beträgt weltweit um die 15 Milliarden Dollar. Auch wenn nur ein Zehntel davon als Doping verwendet wird, kämpft die Wada gegen Windmühlen.»
Fatale Nebenwirkungen Die Betrüger scheinen also wie meist den Fahndern ein paar Schritte voraus zu sein. Dabei wären die zu allem bereiten Athleten samt ihrer dubiosen Entourage gut beraten, in der wissenschaftlichen Literatur nicht nur die Meldungen über Erfolge bei Gentherapie-Experimenten, sondern auch deren Misserfolge zu studieren. Weltweit sind bis heute über 800 gentherapeutische Versuche mit mehr als 5000 Patienten durchgeführt worden. Durchschlagenden Erfolg hatte keiner. Viel mehr zeigten die Versuche, wo die Schwierigkeiten liegen. Einige endeten desaströs, so wie im Fall von Jesse Gelsinger. Der junge Amerikaner, der an einer angeborenen Funktionsstörung der Leber litt, beteiligte sich 1999 an einer klinischen Gentherapie-Studie. Nachdem er eine Infusion mit den vermeintlich heilenden Genen direkt in die Leber bekommen hatte, kollabierte sein Immunsystem. Vier Tagen später war er tot.
Danach ging bei der US-Gesundheitsbehörde NIH (National Institute of Health) eine wahre Flut von Meldungen über Zwischenfälle bei Gentherapie-Versuchen ein. Unterdessen sind mehrere hundert Fälle bekannt, von denen einige mit dem Tod der Patienten endeten. Am Hôpital Necker in Paris wurden 1998 junge Patienten mit einer seltenen angeborenen Immunschwäche gentherapeutisch behandelt. Nach zwei Jahren war der erste Patient geheilt. Zwei weitere Jahre später erkrankte der Junge an Leukämie. Dann noch zwei Patienten. Niemand weiss, ob der Blutkrebs durch die Gentherapie ausgelöst worden war. Die Versuche in Paris wurden abgebrochen. Gemischte Gefühle hinterlassen auch Erfahrungen, die in Frankfurt und am Universitätskinderspital Zürich gemacht wurden. In einer deutsch-schweizerischen Kooperation behandelten die Ärzte zwei Männer und einen fünfjährigen Jungen, die an einer chronischen Granulomatose litten. Patienten mit dieser genetisch bedingten Immunschwäche können keine Bakterien und Pilze abwehren. Es kommt zu Infektionen im ganzen Körper, bis in die Knochenhaut und die Wirbelsäule. In allen drei Fällen zeigte die Gentherapie zunächst Erfolg. Dann aber starb einer der Patienten in Frankfurt. Ob die Gentherapie für seinen Tod verantwortlich ist, ist unklar. Klar hingegen ist, dass die Methode noch lange nicht ausgereift ist. Ihre Unberechenbarkeit liegt unter anderem in der Art und Weise, wie die therapeutischen Gene in den menschlichen Körper eingebracht werden. Die Forscher verwenden dazu Viren. Viren vermehren sich normalerweise, indem sie ihre eigene Erbsubstanz in die Zellen ihres Opfers einschleusen, sodass die Zellen danach nicht mehr ihr eigenes genetisches Programm ausführen, sondern jenes des Virus. Man kann die Viren aber gentechnisch so verändern, dass sie nicht mehr ihre krank machenden Gene mitführen, sondern jene menschlichen Gene, die dem Patienten fehlen. Es ist jedoch äusserst schwierig, die geeigneten Viren zu fi nden. Ausserdem muss sichergestellt werden, dass die «heilenden Gene», einmal am richtigen Ort, ihre Funktion zum richtigen Zeitpunkt, im richtigen ➔
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Lebenslange Manipulation «Gendoping ist russisches Roulette», sagt deshalb Sandro Rusconi, der das Nationale Forschungsprogramm NFP 37 «Somatische Gentherapie» leitete und im Auftrag des Bundesamtes für Sport den Bericht «Observatorium Gendoping» mitverfasst hat. Dieser Bericht warnt eindringlich vor Gendoping. Selbst wenn mit dem Gentransfer alles gut ginge, wären die Langzeitwirkungen nicht abzuschätzen. Dies zeigen die Experimente von Max Gassmann, dem Direktor des Instituts für Veterinärphysiologie an der Universität Zürich und Mitautor des «Observatorium Gendoping». Gassmann hat Mäusen das menschliche Epo-Gen eingepflanzt, um die Wirkung von Epo auf den Organismus zu erforschen. Mit dieser Extraportion an Genen läuft die Blutproduktion der Tiere auf turbo. Die Gentech-Mäuse haben im Vergleich zu ihren natürlichen Artgenossen doppelt so viele rote Blutkörperchen, welche für die Sauerstoffversorgung des Körpers zuständig sind. Also ideale Voraussetzungen für den Ausdauersport? Weit gefehlt. Eisenablagerungen schädigen die Nieren, die Nerven werden angegriffen und die Muskeln abgebaut. Und: Die Tiere leben nur halb so lang. Eine weitere Gefahr des Gendopings sieht Hans Hoppeler, Muskelforscher am Institut für Anatomie der Universität Bern und ehemaliger Präsident der Fachkommission für Dopingbekämpfung von Swiss Olympic. «Gendoping hält ein Leben lang.» Will heissen: Wenn heute ein Doper aufhört, sich Epo zu spritzen, sinkt sein Hämatokritwert binnen Wochen auf einen normalen Pegel zurück. Auch Anabolika kann man absetzen und hoffen, dass die damit verbundenen Nebenwirkungen mit der Zeit ebenfalls nachlassen. Gendoping **An ihrer Konferenz von 2002 in New York definierte die Welt-Anti-DopingAgentur Gendoping als den «nichttherapeutischen Einsatz von Zellen, Genen und genetischen Elementen sowie die Veränderung der Genexpression, welche dazu geeignet sind, die athletische Leistungsfähigkeit zu steigern». Damit wurde zum ersten Mal in der Geschichte der Dopingbekämpfung eine Dopingart gebannt, bevor erwiesen ist, dass Athleten sie schon anwenden.
hingegen lässt sich nicht absetzen. Ist ein Gen einmal eingebaut, bleibt es das. Die Blutwerte blieben im Fall von Epo dauernd hoch, das damit verbundene Risiko für Hirnschlag und Herzinfarkt ebenfalls. Das ganze Leben lang – oder bis zum frühen Tod. Darum glaubt Hoppeler nicht, dass Athleten Gendoping wirklich anwenden werden. Patrick Diel von der Deutschen Sporthochschule ist da weniger optimistisch: «Auf dem Gebiet der Gentherapie werden gegenwärtig grosse Fortschritte erzielt. Und es gibt bereits Methoden, mit denen sich die Genaktivität nur temporär beeinflussen lässt.»
Mäusen das Myostatin-Gen ausgeschaltet. «Das wäre ein neues Super-Doping», urteilt Patrick Diel. Wobei ihn nicht erstaunt, dass dies den Chinesen gelungen ist, sondern vielmehr die Art und Weise. Die Forscher gaben den Tieren die Antisens-RNA einfach zum Schlucken, worauf die Muskelmasse an den Extremitäten signifi kant zunahm. Unklar ist nach der chinesischen Publikation, wie lange dieses temporäre Gendoping anhalten würde. Und die Resultate sind noch nicht von anderen Wissenschaftern bestätigt worden. Wenn sie stimmen, so Diel, «würde Gendoping ebenso einfach wie das Hinunterkippen eines Sportdrinks». Und noch ein Vorteil hätte Gendoping gegenüber konventionellem Doping, zum Beispiel mit Anabolika. Letztere helfen dem Muskelwachstum nur nach, wenn gleichzeitig heftig trainiert wird. Mit Gendoping, sagt Patrick Diel, «würden die Muskeln wachsen, ohne dass man dafür Gewichte stemmen muss.»
Stoff aus dem Schurkenlabor
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Ausmass und nur auf das richtige Signal des Körpers übernehmen. Falsche Gene am falschen Ort sind fatal.
Was sich die Muskelfetischisten mit illegaler Ware einhandeln, ist bekannt: Abszesse, Tumore, bis hin zu Brustkrebs.
Bald temporäre Genmanipulation möglich? Damit spricht Diel die sogenannte RNAInterferenz an. Dabei handelt es sich um eine gentechnische Methode, die im Moment auf verschiedensten Gebieten der Medizin für Aufsehen sorgt. Ein Medikament gegen das Aids-Virus (HIV) ist bereits auf dem Markt. Andere Infektionskrankheiten sollen folgen, und am Brigham and Women’s Hospital in Boston ist sogar eine Verhütungsmethode in Entwicklung. Bei der RNA-Interferenz wird mittels winziger Moleküle von Erbsubstanz (Antisens-RNA) das Übersetzen eines Gens in sein Produkt blockiert. Just vor den Olympischen Spielen in Peking haben chinesische Forscher vermeldet, sie hätten mittels dieser Technik bei
Die Herstellung von zum Gendoping geeignetem Material ist relativ einfach. «Man braucht dazu eine geschickte Laborantin und Gerätschaften im Wert von etwa 500 000 Franken», schätzt Max Gassmann. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Gendoping in einem, wie Gassmann sagt, «Schurkenlabor» produziert wird, ähnlich wie Anabolika, die heute nicht mehr unter sauberen Bedingungen hergestellt, sondern in illegalen Giftküchen zusammengepanscht werden und von dort die Bodybuilderszene überschwemmen. Gegenwärtig gelten Apotheken in der Türkei als Einkaufparadies für Doping. Doch vermehrt kommt die Ware auch aus China. Was sich die Muskelfetischisten mit dieser illegalen Ware einhandeln, ist bekannt: Abszesse, Tumore, bis hin zu Brustkrebs. Nicht auszudenken, was mit Gendoping passiert, wenn zum Beispiel die verwendeten Viren nicht vollständig inaktiviert sind. Deshalb wollen die Wada und nationale Agenturen wie Antidoping Schweiz die Athletinnen und Athleten möglichst früh über die Gefahren des Gendopings informieren**. Das entsprechende Angebot steht auf verschiedenen Websites bereit, Aufklärungsbroschüren sind publi- ➔
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Spitzenläufer Usain Bolt überlegen am Ziel. «Gefährdet» ist nicht nur die Hochfinanz des Spitzensports. Auch Hobbysportler werden geradezu bombardiert mit verführerischen Angeboten – vor allem via Internet.
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ziert. Doch das reiche nicht, warnt Mark S. Frankel von der American Association for the Advancement of Science (AAAS), der weltweit grössten wissenschaftlichen Gesellschaft. Frankel sprach an der letzten Gendoping-Weltkonferenz den Dopingbekämpfern ins Gewissen. «Just say no», sei ein schlechtes Argument, um die Athleten vom Doping abzuhalten, wenn ein Millionenmarkt sie verführe, alles für den Erfolg zu tun. Die wahren Argumente würden in harter Währung ausgedrückt. Ein «du sollst nicht dopen» wirkt zerbrechlich gegenüber den 1,5 Millionen Franken, die man als Radfahrer wie Fabian Cancellara pro Jahr verdienen kann, gegenüber 40 Millionen gar, auf die es ein Tennis-As wie Roger Federer bringt. Gefährdet ist aber nicht nur die Hochfi nanz des Spitzensports. Auch Hobbysportler werden geradezu bombardiert mit verführerischen Angeboten – heutzutage vor allem via Internet. Zu kaufen gibt es hier alles: vom Discount-Epo über Power-Anabolika bis zu Myostatin-Blockern. Einiges todgefährlich, anderes verdreckt, manches wirkungslos. Ein Geschäft ist alles. Und dieses Geschäft wollen sich die einschlägigen Anbieter nicht entgehen lassen. Seit Neuestem werden online sogar Gentests für Sportler feilgeboten. Wer wissen will, ob er für Ausdauerleistungen oder zum Sprint geeignet ist, bestellt online ein Testkit, streift sich eine Probe der Mundschleimhaut ab und schickt sie dem Anbieter zurück. Nach zwei Wochen kommt das Resultat per Einschreibebrief ins Haus. Kostenpunkt: rund 90 Franken. Nicht nur Sport und Pharma seien Business, sondern auch die Forschung, mahnte
Frankel und unterstrich dies mit einem Zitat aus der Wissenschaftszeitschrift «Science». «Das grosse kommerzielle Interesse an der Gentherapie löst ein Rennen mit klinischen Versuchen aus und Druck nach schnellen Resultaten – bevor die wissenschaftlichen Grundlagen sauber erarbeitet sind.» Darum, so schloss Frankel, müsse unbedingt verhindert werden, dass Gendoping auf den Markt komme, bevor die Gentherapie in den Kliniken sei.
Ist es schon zu spät? Doch vielleicht kommen die Warnungen schon zu spät. Vor knapp drei Jahren bereits stand ein Leichtathletik-Trainer unter dem Verdacht, Gendoping angewendet zu haben. Im Jahr 2006 wurde der Deutsche Thomas Springstein, Lebenspartner der ehemaligen Weltklasse-Sprinterin Grit Breuer und noch 2002 Trainer des Jahres, zu 16 Monaten Haft verurteilt, weil er eine jugendliche Läuferin gedopt hatte. Jahre zuvor schon hatte sich Springstein immer wieder mit Doping-Vorwürfen konfrontiert gesehen. So auch, als die von ihm betreute ehemalige DDR-Sprinterin Katrin Krabbe der Einnahme des Rindermastmittels Clenbuterol überführt worden war. Im Umfeld des jüngsten Prozesses wurde ein längerer Mail-Verkehr zwischen Springstein und dem spanischen Dopingarzt Miguel Peraita veröffentlicht. Darin erkundigt sich der Trainer nach einem Mittel namens Repoxygen. Repoxygen ist ein gentherapeutisches Medikament, das zur Behandlung von Patienten mit Blutarmut entwickelt worden ist. Es besteht aus dem Gen, das die Produktion des Blutbildungshormons Epo steuert, und einer genetischen Reguliereinheit, die das
Gen nur bei Sauerstoffbedarf anschaltet. Eine raffinierte Kombination, weil Epo so nicht im Überfluss, sondern nur bei Bedarf produziert wird. Im Tierversuch hat das Medikament seine Tauglichkeit bewiesen. Bevor es jedoch in grösserem Umfang am Menschen getestet wurde, kam die Herstellerin Oxford Biomedica zum Schluss, dass die teure Gentherapie gegen die heute gebräuchlichen Hormonpräparate auf dem Markt keine Chance hätte. Darum hat sie das Projekt eingestellt. Sie habe das Produkt aber «im Kühlfach», erklärte die Firma gegenüber der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». Um es zu stehlen, braucht man keine Fläschchen oder Ampullen aus dem Labor zu schmuggeln. Die Bauanleitung lässt sich in wissenschaftlichen Publikationen nachlesen, die Produktion übernimmt – wie erwähnt – eine geschickte Laborantin. Jedenfalls war Repoxygen zeitweise sogar in einem OnlineShop aufgelistet. Dass Springstein es bezogen oder gar bei seinen Sprinterinnen eingesetzt hat, konnte vor Gericht nicht nachgewiesen werden.
Weitere Informationen zum Thema • Die Broschüre «Gendoping» von Antidoping Schweiz sowie ergänzende Faktenblätter können online bezogen werden: www.dopinginfo.ch/gendoping-faktenblatter/index.php • Jon Entine. «Taboo: Why Black Athletes Dominate Sports and Why We‘re Afraid to Talk about It», Taschenbuch in Englisch, 400 Seiten, Verlag: Public Affairs Pr (2001), ISBN-10: 158648026 • Theodore Friedmann, Gene Doping in Sports: The Science and Ethics of Genetically Modified Athletes (Advances in Genetics), 128 Seiten, Verlag Academic Pr Inc, ISBN-10: 0120176513
Du findest New Balance in den folgenden führenden Fachgeschäften:
GEN-DOPING-REPORT:
Das richtige Genmaterial bringt Vorteile für Ausdauersportler Zu den wichtigsten sogenannten «Sport-Genen» gehört jenes, das die Ausschüttung des Blutbildungshormons Erythropoietin (Epo) steuert, also die Ausdauerleistung beeinflusst. Läufer mit einer hohen Sauerstofftransportfähigkeit durch mehr rote Blutkörperchen können in Ausdauerdisziplinen schneller laufen. Auch ein weiteres Gen, das gut für die Ausdauer ist, wurde identifiziert. Es beeinflusst die Regulierung des Blutdrucks. Wichtig dafür ist unter anderem ein Enzym namens Angiotensin-Converting Enzyme (ACE). Das Gen, welches dieses Enzym kodiert, kann in zwei verschiedenen Varianten vorliegen. Forscher in Madrid untersuchten das Gen bei Profi-Radrennfahrern, bei nicht sportlichen Menschen und bei Sprintern. Die Gruppen unterschieden sich deutlich in der Verteilung der beiden Typen. Daraus lässt sich schliessen, dass je nach Gen-Variante der Stoffwechsel eines Menschen mehr oder weniger für eine Dauerbelastung geeignet ist. Vor allem entscheidend bei Schnellkraftsportarten sind Gene, die
für die Produktion von Wachstumshormonen wie IGF-1 (Insuline Linke Growth Factor) oder HGH (Human Growth Hormone) zuständig sind. Oder jenes, das über das Hormon VGF (Vesicular Growth Factor) die Gefässbildung und damit die Durchblutung von Gliedern und Organen fördert. Das Gen mit dem Übernamen «Human Speed-Gen» heisst mit wissenschaftlichem Namen ACTN3 und instruiert unseren Körper, ein Protein namens Alpha-Actinin-3 zu produzieren. Dieses Protein befähigt die Muskeln, sich schnell und kräftig zusammenziehen. Nebst vielen körperlichen Eigenschaften sind sogar Durchhaltevermögen oder Schmerztoleranz bis zu einem gewissen Grad genetisch bedingt. Generell gilt jedoch, dass die meisten Eigenschaften, die einen Menschen zu einer bestimmten Sportart befähigen, nicht von einem einzelnen Gen verantwortet werden, sondern viele verschiedene Gene und Umweltfaktoren daran beteiligt sind. Darum wird wohl auch nie «Willen-Gen» entdeckt werden.
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Werner Günthör als aktiver Athlet im Jahr 1989. Wären seine Muskeluntersuchungen bereits im Jugendalter zwecks Talentscreening durchgeführt worden, hätte man ihm wohl nicht zum Kugelstossen geraten.
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GEN-DOPING-REPORT: Muskelforscher untersuchte Ex-Kugelstoss-Weltmeister
WARUM WAR WERNER GÜNTHÖR SO STARK? Wie trügerisch eine Selektion von Sportlern aufgrund der genetisch vorgegebenen Merkmale sein kann, zeigt eine Untersuchung von Hans Hoppeler am Anatomischen Institut der Universität Bern. Der Muskelforscher ging der Frage nach, was den mehrfachen Schweizer Kugelstoss-Weltmeister Werner Günthör derart stark machte. Dazu stach er dem Athleten beim Abschluss der Karriere eine Biopsie aus einem Oberschenkelmuskel – und staunte nicht schlecht. «Wäre diese Untersuchungen bereits im Jugendalter zwecks Talentscreening durchgeführt worden, hätte man Werner wohl nicht zum Kugelstossen geraten.» Typischerweise bestehen Muskeln von Sprintern und Kraftsportlern aus etwa 60 Prozent schnellen und 40 Prozent langsamen Fasern. Bei Günthör ist es genau umgekehrt. Er wäre als Junior wohl ins Lauftraining geschickt worden. Erst nach Jahre langem Krafttraining offenbarte sich das Geheimnis seiner Muskulatur. Die schnellen Fasern legten enorm viel mehr Masse zu als dies bei anderen Kugelstössern der Fall ist. Zum Vergleich untersuchte Hans Hoppeler auch den Halleneuropameister Klaus Bodenmüller. Der Österreicher
BUCH TIPP Beat Glogger hat seine Recherchen zu Gendoping in einem Thriller umgesetzt. Darin entwirft er auf wissenschaftlichen Fakten beruhend mit einem Schweizer Sprintheld als Hauptfigur eine Sportwelt, in der Gendoping Einzug gehalten hat: «Lauf um mein Leben», Rowohlt Verlag, 2008, 384 S., CHF 16.80. www.lauf-um-mein-leben.ch
hatte lange mit Günthör zusammen trainiert und mehr oder weniger dasselbe Kraftpensum absolviert. Doch während bei Bodenmüller die schnellen Fasern nur um etwa den Faktor 1,4 wachsen konnten, legten sie bei Günthör sage und schreibe um das Dreifache zu. Einen weiteren Grund für die Kraft des Schweizer Kugelstössers legten Untersuchungen mit modernsten molekularbiologischen Methoden offen. Bei ihm sind auch die langsamen Muskelfasern in der Lage, unter Krafttraining gewisse Proteine zu bilden, die zur schnellen Kontraktion fähig sind. Damit lässt sich erklären, dass Günthör auch als 130 Kilogramm schwerer Brocken noch zwei Meter im Hochsprung meisterte. Da drängt sich die Frage auf, ob man nicht das Gen oder die Gene suchen sollte, die für Günthörs spezielle Fähigkeiten verantwortlich sind, um mit diesen Kenntnissen künftige Kugelstösser zu rekrutieren. «Davon halte ich nichts», sagt Hans Hoppeler. «Viel wichtiger als die Genetik ist immer noch die Einstellung zum Sport. Hätte Werner nicht diesen enormen Willen gehabt, hätten ihm alle Kraft-Gene nichts genützt.»
DER AUTOR Beat Glogger war als Hürdensprinter Mitglied des Schweizer Leichtathletik-Nationalkaders. Nach einem Studium in Mikrobiologie arbeitete er viele Jahre für das Wissenschaftsmagazin MTW am Schweizer Fernsehen. Heute führt er eine Agentur für Wissenschaftskommunikation und fährt zum Ausgleich Mountainbike oder joggt. Beat Glogger wurde Anfang Jahr zum «Wissenschaftsjournalisten des Jahres 2008» gewählt.
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SIMON AMMANN:
«Auf den Abfahrtsski blochen wir.» INTERVIEW: ANDREAS
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GONSETH
Simon Ammann, können Sie schwimmen?
Fahren Skispringer gemütlich Ski oder mit Tempo?
Ja, klar!
Wenn wir auf den Ski stehen, «blochen» wir. Wir fahren auch gerne im Tiefschnee.
Sind Sie schon einmal 500 Meter am Stück gekrault? Nein, das nicht, das habe ich zu Lebzeiten noch nie getestet.
Und was ist die längste Distanz am Stück, die Sie je gelaufen sind? Rund 16 Kilometer an einem Sponsorenlauf. Das habe ich in etwa einer Stunde geschafft.
Gehen Sie auch «freiwillig» laufen? Was heisst freiwillig? Laufen als Grundlagentraining, vor allem im Sommer im Aufbau, gehört zum vorgegebenen Trainingsprogramm. Und auch bei Wettkämpfen laufen wir manchmal ganz entspannt aus, da aber mehr als Lockerung. Laufen heisst für mich in der Gruppe laufen, alleine gehe ich praktisch nie.
Weil Sie keine Lust dazu haben? Nicht unbedingt. Eher, weil es mir fürs Skispringen nichts nützt. Laufen ist zwar gesund, aber für die Spezialsportart Skispringen ist es ungünstig, weil zu langsam und gleichförmig. Zudem bevorzuge ich Sportarten, die nicht so monoton sind. Deshalb bin ich ja auch Skispringer geworden.
Welches sind neben dem Skispringen Ihre Sportarten? Skifahren und Skitouren. Oder Golf und Tennis spielen, obwohl ich da technisch nicht so gut bin. Aber auch Inline-Skating. Wir haben schon dreimal geschlossen als Mannschaft am Engadin Inline Marathon teilgenommen, das war ein super Erlebnis.
Ist Ausdauertraining allgemein für Sie eher ein Müssen? Nicht nur. In der Gruppe – wie bei einem Inline-Rennen – macht es mir Spass. Und auch Veloausfahrten mache ich gerne. Alles «Beinlastige» ist sowieso gut.
Wie viel Kraft braucht ein Skispringer? Viel Schnellkraft. Krafttraining mit der Freihantel, vor allem Kniebeugen, gehören daher zum Standardprogramm. Wichtig dabei ist, nicht den Muskelquerschnitt zu trainieren, also kein Maximalkrafttraining zu machen. Deshalb trainieren wir zwar mit recht hohen Lasten, aber mit wenigen Wiederholungen. Die gesamtheitliche Ausreizung der Muskulatur ist wichtig, nicht eine Zunahme an Muskelmasse, das müssen wir im Gegenteil vermeiden. Vor allem ich persönlich muss darauf achten, dass ich vorwiegend im schnellen Bereich arbeite, auch deshalb hat das Ausdauertraining bei mir die meiste Zeit keinen grossen Stellenwert.
Wie beweglich sind Skispringer? Sehr beweglich. Gymnastik und Stretching werden dauernd integriert und sind omnipräsent. Vor allem die Hüftbeweglichkeit und die Beweglichkeit in den Fussgelenken sind wichtig. Sonst könnten wir diese extremen Positionen in der Luft gar nicht einnehmen und halten.
Machen Sie Akrobatiktraining? Wir stehen regelmässig auf dem Trampolin. Da trainieren wir meist explosive Grundsprünge. Oder Sprünge mit Salti und Dre-
hungen um die Längsachse als koordinative Herausforderung. Ich bin aber eher in der geraden Flugbahn zu Hause.
Im Skispringen zählt jedes Gramm. Müssen Sie hungern, um Ihr Gewicht zu halten? Ich nicht, ich geniesse gerne ein Steak. Ich achte aber auf eine bewusste Ernährung, nicht nur wegen dem Gewicht. Die Belastungen in der Wettkampfsaison sind sehr hoch, da ist eine gute Ernährung ein wichtiger Teil der regenerativen Massnahmen.
Wie hoch ist Ihr Puls beim Absprung auf dem Schanzentisch? Irgendwo zwischen 100 und 140. Am höchsten ist der Puls aber im Auslauf, so um die 160 bis 170.
Wann laufen Sie Ihren ersten Marathon? Vorläufig noch nicht. Aber ausgeschlossen ist das nicht, das könnte mich schon reizen. Es gibt zahlreiche ehemalige Springer, die nach ihrer Karriere mit komplett anderen Sportarten begonnen haben.
Welche Sportarten möchten Sie nach Ihrer «Sportpension» denn ausüben? Mal schauen. Noch ist es nicht so weit, die nächsten vier bis fünf Jahre liegt mein Fokus ganz klar beim Skispringen.
In «Plan B» fühlen wir bekannten Schweizer Profisportlern ausdauersportlich auf den Zahn. Simon Ammann ist Doppelolympiasieger (1982, Salt Lake City) und Weltmeister (2007 Sapporo) im Skispringen und belegte bei der Vierschanzentournee 2009 den 2. Rang. Der 27-jährige Simon Ammann ist 172 cm gross und 60 Kilo schwer.
SCHWIMMEN MIT PADDELS
GEZIELTES KRAFT- UND TECHNIKTRAINING Paddels sind ein praktisches Hilfsmittel fürs Schwimmtraining, vorausgesetzt, man setzt sie richtig ein. Dem Hobbyschwimmer dienen sie insbesondere zur Verbesserung der Kraultechnik und zum Aufbau von Kraft und Schnelligkeitsausdauer. Grundsätzlich sollen die Paddels nur ein klein wenig grösser als die eigene Hand sein, um Schulterschmerzen zu vermeiden. Eingesetzt werden sie erst nach dem Aufwärmen und während maximal 25% der totalen Trainingszeit. Kurz benützen, aber korrekt damit schwimmen, lautet die Regel.
FOTOS: KEYSTONE | IMAGO
Techniktraining: Paddels vergrössern die Handfläche. Dadurch verbessert sich das Gefühl für das korrekte Wasserfassen in der Zugphase. Wichtig: die Paddels mit dem Gummiband nur am Mittelfinger tragen. So entwickelt man das Gefühl für eine saubere Eintauchphase der Hand. Wenn das Paddel zu flattern beginnt oder gar abfällt, sind Arm und Hand nicht ideal angewinkelt. Paddles sollten nur dosiert und kurzzeitig eingesetzt werden. Dann aber kann mit ihnen ein effizientes Technik- und Krafttraining durchgeführt werden.
Kraft und Schnelligkeitsausdauer: Wer mit Paddels schwimmt, erhöht den Widerstand und benötigt deshalb mehr Kraft. Daher eignen sich die Paddles auch zur
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Verbesserung der Schnelligkeitsausdauer. Die Technik und die Kadenz des Kraularmzugs werden in gewohntem Masse beibehalten, während gleichzeitig mehr Kraft eingesetzt werden muss, um gleich schnell oder schneller zu schwimmen.
TRICKS & TIPPS • Paddel abwechslungsweise nur an einem Mittelfinger einer Hand befestigen, PullBuoy zwischen die Beine nehmen und sich auf kurzen Strecken (8 × 50 m) voll und ganz auf einen sauberen Kraularmzug im «Paddel-Arm» konzentrieren. • Paddels an beiden Händen befestigen und wahlweise mit oder ohne Pull-Buoy zwischen den Beinen zügig eine kurze Strecke (6 × 50 m) mit sauberer Technik und ausreichenden Erholungspausen schwimmen. • Mehrere kurze Sprinttrainings mit Paddels ins Training einbauen (4 × 50 m mit 20 Sekunden Pause), wobei die Geschwindigkeit innerhalb von 50 Metern von zügig auf schnell gesteigert wird. • Wichtig für alle Übungen: Das Paddel darf nie flattern! Die Hände sind entspannt. Lassen Koordination oder Konzentration nach, Paddels zur Seite legen.
Der nächste Winter
Skaten mit Skikes Der Winter neigt sich dem Ende zu, doch für alle angefressenen Langläufer ist dies noch lange kein Grund, aufs Skaten zu verzichten. Mit Skikes erschliessen sich sogar völlig neue Trainingsgebiete. Zugegeben: Ein bisschen holprig ist es schon, wenn man mit Skikes über Wald- und Feldwege skatet. Doch neben dem Spass und Naturerlebnis hat das ganzheitliche Training mit den Skikes zwei weitere entscheidende Vorteile: 1. Kein Verkehr und 2. kann man im Gegensatz zu gewöhnlichen
Inline-Skates ganz einfach bremsen. Schuh etwas nach vorne schieben, mit dem Unterschenkel Druck nach hinten unten auf den Stopper geben und schon stoppt man ohne Probleme. Bei den Skikes steigt man mit dem eigenen Schuh (das kann ein Sportschuh oder aber auch der Langlaufschuh sein) in die Bindung und zurrt diesen simpel mit einem Band fest. Die Bewegung ist ähnlich wie beim Skaten auf Schnee. Von der Zukunft der alternativen Trainingsform überzeugt sind auch die
Sportwissenschaftler Walter Bucher und Stephan Steger. Sie haben deshalb die Broschüre «Spielund Übungsformen für Skike» und eine dazugehörende CD-Rom «Skiken: Lehren und Lernen leicht gemacht» herausgebracht. Die Broschüre zeigt, wie man das Skiken spielerisch erlernen, üben und sportlich ausüben kann. Sie ist für Fr. 14.50 (plus Fr. 2.– für Porto und Verpackung) zu beziehen bei bupro@bluewin.ch (FITforLIFE-Abonnenten bezahlen Fr. 12.50; bitte auf Mail angeben).
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ABSTIMMUNG VON KRAFT- UND AUSDAUERTRAINING
Ausdauer vor Kraft – oder umgekehrt? Krafttraining hat seinen festen Platz im Trainingsprogramm von Ausdauersportlern eingenommen. Damit man vom Krafttraining maximal profitieren kann, sollte man aber einige Regeln beachten. Denn so, wie es im Laufsport verschiedene Trainingsformen gibt und man sich erst nach einer bestimmten Vorbereitungszeit an einen Wettkampf wagen kann, so gibt es auch im Krafttraining verschiedene Trainingsstufen, die man zeitlich aufeinander abstimmen sollte.
Beim Krafttraining mit geringen Gewichten spielt es keine Rolle, ob es vor oder nach dem Ausdauertraining durchgeführt wird. Beim Krafttraining mit grossen Gewichten gilt die Regel: Ausdauer vor Kraft.
Der Reihe nach sind das die vier Stufen Stabilität, Kraftausdauer (zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit), Querschnittvergrösserung (für den Muskelaufbau) und Maximalkraft. Wann Sie zeitlich Ihr Krafttraining durchführen, hängt primär von der Stufe ab. Erklimmen Sie Stufe um Stufe, je näher Ihr Wettkampfziel rückt. Während es bei den ersten beiden Stufen noch kaum eine Rolle spielt, ob Sie das Krafttraining am gleichen Tag vor oder nach einem Ausdauertraining durchführen, sollten Sie bei den beiden Stufen Querschnittvergrösserung und Maximalkraft das Ausdauertraining zeitlich vor dem Krafttraining durchführen, da in diesen beiden Stufen mit
grossen Gewichten gearbeitet wird. Idealerweise steht das Krafttraining hier der optimalen Erholung wegen am Abend auf dem Programm. An Tagen, an denen Sie intensiv Kraft trainieren, sollte das Ausdauertraining ruhig und wenig intensiv gestaltet oder ganz ausgelassen werden. Die wichtigsten Tipps: • Die Bewegungsqualität steht auf allen Stufen im Vordergrund. • Stabilität und allgemeine Kraftgymnastik kommen ganzjährig zum Einsatz (Übungen mit dem eigenen Körpergewicht, Stationentraining im Fitnesscenter mit kleinen Gewichten und vielen Wiederholungen). • Höhere Gewichte und sportartpezifische Übungen kommen mehr zur Anwendung, je näher der Wettkampf rückt. • Vor einem Wettkampf werden das Krafttraining allgemein und die gestemmten Gewichte reduziert. • Bei Training am gleichen Tag gilt: • Kraft zeitlich vor Ausdauer (bei tiefen Gewichten und/oder Anfängern). • Ausdauer zeitlich vor Kraft (bei hohen Gewichten und/oder Spitzenathleten).
FOTOS: JURIAH MOSIN | ERICK N
kommt bestimmt
training SCHMERZEN UNTERHALB DER KNIESCHEIBE
So vermeiden Sie ein «Jumpers Knee» TEXT: VALENTIN
BELZ
Obwohl das klassische «Jumpers Knee» – wie der Name vermuten lässt – insbesondere bei Sprung- und Spielsportarten vorkommt wie Volleyball, Basketball, Weitsprung oder Hochsprung, werden auch viele Läufer damit konfrontiert. Grund dafür sind die beim Laufen auftretenden exzentrischen Belastungen, die beim Aufprall auf den Boden wirken. Beim Jumpers Knee, auch bekannt unter dem Namen Patellaspitzensyndrom, handelt es sich um eine lokale, schmerzhafte Überlastung der Patellasehne am unteren Pol der Kniescheibe. Die Patellasehne ist die bedeutendste Sehne des Kniegelenks, die von der Kniescheibe zum Schienbein zieht. Eine Überlastung der Patellasehne äussert sich entweder als Belastungsschmerzen beim Treppensteigen, bei Kniebeugen oder aber bei Sprungbelastungen mit kurzen, grossen Kraftspitzen. Der Schmerzpunkt beim «Jumpers Knee» sitzt direkt unterhalb der Kniescheibe Richtung Schienbein.
Als primäre Massnahme ist eine Pause einzuschalten, bis die Schmerzen abgeklungen sind. Im Akutzustand helfen zudem physikalische (Kälte/Wärme, Elektrostimulation, Ultraschall, Stosswellentherapie) und physiotherapeutische Massnahmen (Massage, Krankengymnastik) sowie entzündungshemmende Salben und Medikamente. Entscheidend für den weiteren Verlauf ist eine Überprüfung der Statik und der Muskelfunktionen. Dazu zählen insbesondere die Beweglichkeit
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der Oberschenkelstreck- und Hüftbeugemuskulatur, die Kraft in der hinteren Oberschenkelmuskulatur, im inneren Anteil des Oberschenkelstreckers und in der hüftstabilisierenden und -streckenden Muskulatur. Nicht zuletzt gilt es eine allfällige Überpronation (= übermässiges Einknicken bei der Landung) mit Innenrotation des Schienbeins auszuschliessen.
als Prävention 6 Trainingstipps gegen ein «Jumpers Knee»:
• Steigern Sie zuerst die Häufigkeit, dann die Dauer und erst am Schluss die Intensität des Trainings. • Eine Steigerung des Trainingsumfanges sollte nur in kleinen Schritten erfolgen. • Intensive Trainings sollten nicht zu dicht aufeinanderfolgen. • Sorgen Sie für eine optimale Statik, indem Sie Kraftübungen für die Oberschenkel- und Gesässmuskulatur ins Training einbauen und sich vor dem Training genügend aufwärmen. • Dehnen Sie regelmässig die besonders stark beanspruchte Oberschenkelmuskulatur. • Nehmen Sie auftretende Beschwerden ernst und versuchen Sie der Ursache auf den Grund zu gehen und nicht nur die Symptome zu lindern!
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Badener Limmat-Lauf
11. April 2009
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26. April 2009
Aargauer Volkslauf
23. Mai 2009
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30. Mai 2009
Pfingstlauf Wohlen
29. August 2009 19. September 2009 10. Oktober 2009 31. Dezember 2009
Murianer Herbstlauf Rothrister Lauf Hallwilerseelauf Gippinger Stauseelauf
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21.1.2009 16:17:48 Uhr
FOTOS: ANDREAS GONSETH
training VIKS TRAININGSTIPPS
DER PERFEKTE LÄUFER ZUM LAUFSPORT GEHÖRT MEHR ALS «NUR» LAUFEN In den letzten Jahren bin ich in der Schweiz zum Symbol für den Marathonlauf geworden. So werde ich regelmässig mit Fragen zum Laufsport bombardiert. Deshalb werde ich künftig an dieser Stelle exklusiv im FIT for LIFE versuchen, meine Trainingsphilosophie einem breiten Publikum näherzubringen. Sozusagen ein VIKSYSTEM für jedermann.
Was braucht der Läufer? Der dreifache Olympia-Goldmedaillengewinner Emil Zatopek wurde einst von einem Journalisten über sein Geheimnis befragt. Seine Antwort brachte es auf den Punkt: «Vogel fl iegt, Fisch schwimmt, Mensch läuft». Wir Menschen sind gemacht fürs Laufen. Wir sind von Natur aus Läufer. Dazu benötigen wir einen robusten Körper. Doch gerade da beginnen die ersten Schwierigkeiten. Denn es scheint, dass sich unsere modernen B e weg u ng sg e woh n he ite n negativ auf die Belastbarkeit unseres Bewegungsapparates ausgewirkt haben. Zum perfekten Läufer gehören daher nicht nur Lauftrainings, sondern ganz viele weitere Mosaiksteine mit dazu. Als Läufer sollten wir nicht nur unseren Motor trainieren, sondern auch das Fahrgestell dazu.
Zwei eigene Trainingspläne Als Profi läufer schreibe ich mir zwei einander ergänzende Trainingspläne. Einen für die Aktivität und den anderen für die Erholung. In der Vorbereitung auf den Olympiamarathon in Peking trainierte ich pro Woche 20–25 Stunden. Für die Erholung investierte ich 10–13 Stunden (neben dem Schlaf). Die Aktivität teilte sich auf in 75% Laufen, 15% Kraft- und Stabilitätstraining, 5% Techniktraining und 5% alternative Trainingsformen. Einen so hohen Laufanteil zu absolvieren und diesen auch verkraften zu können, ist sicherlich eines meiner Er folgsgeheimnisse und erst nach vielen Jahren Training möglich. Die 10–13 Stunden Erholung pro Woche verteilte ich wie folgt: Mittagsschlaf vier Stunden, Bäder und Sauna drei Stunden, gezielte Kompression auf die Unterschenkel zwei bis drei Stunden sowie Massage eine bis drei Stunden. Anders sieht die Verteilung nach einem Marathon aus. Da verringert sich in den ersten Wochen der Prozentsatz Laufen auf 50– 60% zu Gunsten von Technikund Alternativtraining. Viele weitere Mosaiksteine erfasse ich nicht in Form von Stunden oder Prozenten. Ihr Stel-
lenwert ist aber gleich hoch wie derjenige von Aktivität und Erholung. Hervorheben möchte ich die Ernährung in Form einer vielseitigen Basiserährung als Grundlage. Auch im Materialbereich ist die Entwicklung enorm. So laufe ich meine Marathons in Spezialschuhen. Das kann im Wettkampf entscheidend sein, aber 99% ist Training und nur 1% Wettkampf. Trainiert wird in ganz normalen Schuhen, für jedermann käufl ich im Sportfachhandel. Mentales Training integriere ich im Trainingsalltag. Ich arbeite mit Bildern und einer klaren Zielsetzung. Zeit, um mich noch mit einem Mentaltrainer zu treffen, investiere ich nicht. Und sonst? Ich versuche, ein ganz normales Leben zu führen. Zeit für mein Umfeld zu haben, ist genauso wichtig wie harte Trainings. Nur wenn ich persönlich stabil und glücklich bin, kann ich Topleistungen erbringen. Und zu guter Letzt lasse ich nie meine Zukunft aus den Augen. Sportler, die nur im Jetzt leben, werden irgendwann unglücklich sein.
Das Puzzle des Hobbyläufers Mein Laufanteil in der unmittelbaren Marathonvorbereitung ist mit 75% bereits sehr hoch, doch viele Hobbyläufer schaffen locker einen noch höheren Prozentsatz. Gerade dort liegt der grösste Fehler! Überlegen Sie sich nicht, ob ihr Intervalltraining 8 × 1000 m oder 10 × 800 m lang sein soll, das ist wenig entscheidend. Hauptsache, Sie laufen nicht immer die gleiche Runde. Zum Programm gehören auch Stretching, Kraftübungen oder Ruhe. Sie nützen manchmal mehr als ein hartes Training. Essen Sie vielseitig, aber schlucken Sie nicht jede Vitaminpille, für die irgendein Idol Werbung macht. Und sparen Sie nicht bei Ihrer Laufausrüstung, sondern eher bei den neusten Trends. Denn schneller werden Sie nicht mit dem neusten technischen Wundermittel, sondern mit einem gezielten und vielseitigen Lauftraining.
VIKTOR RÖTHLIN ist der schnellste Schweizer Marathonläufer aller Zeiten mit einer Bestzeit von 2:07:23. Seine wichtigsten Erfolge sind die Silbermedaille an den Europameisterschaften 2006 in Göteborg, die Bronzemedaille an den Weltmeisterschaften 2007 in Osaka und der 6. Rang an den Olympischen Spielen 2008 in Peking. Momentan bereitet sich Viktor Röthlin auf den London Marathon im April 2009 vor.
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ZUSATZSCHUB DURCH
Kohlenhydrate Wer mehr leistet, verbraucht und benötigt mehr Energie. Diese simple Gleichung gilt nicht nur für Benzinmotoren, sondern auch für Sportler.
ANDREAS GONSETH
Kohlenhydrate als Brennstoff Kohlenhydrate sind die primären Energielieferanten des Menschen. Im Vergleich zu anderen Bestandteilen der Nahrung wie Eiweiss und Fett sind Kohlenhydrate schnell abbaubar, insbesondere, wenn es sich um kurzkettige Zucker oder Einfachzucker wie zum Beispiel Glucose oder Fruktose handelt.
Traubenzucker mit Jo-Jo-Effekt Traubenzucker lässt den Blutzuckerspiegel schnell in die Höhe schnellen. Der Brennstoff aus reiner Glucose hat aber einen wesentlichen Nachteil: Der Blutzuckerspiegel sinkt ebenso schnell wieder ab, man läuft oder fährt «gegen die Wand». Um eine solch energetische Berg-und-Tal-Fahrt zu vermeiden, sollten Sportler auf komplexere, längerkettige Kohlenhydrate zurückgreifen.
Glykämischer Index Die Geschwindigkeit von Anstieg und Abfall des Blutzuckerspiegels wird als Gly-
kämischer Index ausgedrückt. Da dieser bei keinem Lebensmittel so hoch ist wie bei reiner Glucose, wird der Glykämische Index im Verhältnis zu diesem 100% Wert angegeben. Corn Flakes oder Weissbrot beispielsweise haben einen hohen Glykämischen Index. Milch, Beeren oder Pilze einen tiefen. Bei einer Banane variiert er je nach Reifegrad und Fruchtzuckergehalt. Ideal sind Kohlenhydratquellen, die den Körper sowohl schnell wie auch kontinuierlich mit der erforderlichen Energie versorgen, damit der Blutzuckerspiegel möglichst konstant bleibt und keine ständigen Berg-und-Tal-Fahrten ausführt.
Unter einer Stunde Belastung reicht Wasser Im normalen Ausdauertraining macht eine Zufuhr von Kohlenhydraten erst ab einer Dauer von etwa einer Stunde Sinn. Bis zu einer Stunde kann man sich getrost gar nicht verpflegen oder bei hohen Aussentemperaturen den Flüssigkeitsverlust mit gewöhnlichem Wasser ersetzen.
Bei lockeren Einheiten auch feste Nahrung möglich Bei Trainings über einer Stunde ist eine Kohlenhydratzufuhr sinnvoll, z. B. mit Sportgetränken, die einen Kohlenhydratgehalt von rund 6–8% aufweisen. Bei nicht extrem intensiven Belastungen (Longjog, Bergtouren, Veloausfahrten) können durchaus auch leichte Snacks eingenommen werden (Bananen, Biberli, Honigbrot, Energieriegel).
Bei ganz langen Belastungen Salz nicht vergessen Während langen und strengen Belastungen ist es wichtig, kontinuierlich genügend Kohlenhydrate und Salz zu sich zu nehmen. Dazu geeignet sind Sportgetränke, Riegeln und Gels, obwohl darin der Salzgehalt meist eher am unteren Limit liegt (evtl. Salz beifügen). Bei Gels die Zugabe von Flüssigkeit nicht vergessen. Der Vorteil von Getränken, Rigel und Gels sind das leichte Handling, die schnelle Verfügbarkeit und die geringe Belastung der
FOTO: FOTOLIA
TEXT:
ernährung
«Viele Hobbysportler essen wie Spitzensportler.» Expertin Corinne Spahr gibt Ernährungstipps
Verdauung. Die eingenommenen Produkte sollten im Vorfeld getestet werden. Ein Nachteil industriell gefertigter Produkte ist der relativ hohe Preis.
Gezieltes Carboloading vor einem Wettkampf Im Vorfeld eines Wettkampfes empfehlenswert ist das Kohlenhydrate-Bunkern, das sogenannte Carboloading. Dazu wird 1–4 Tage vor dem Wettkampf eine sehr kohlenhydratreiche Ernährung bei gleichzeitiger Reduktion des Trainings praktiziert. Während des Carboloading muss auf eine genügend hohe Flüssigkeitszufuhr geachtet werden. In dieser Phase kann bis zu 70% der Energie in Form von Kohlenhydraten zugeführt werden, also weit mehr als im normalen Alltag. Neben den klassischen und «voluminösen» Kohlenhydratquellen wie Pasta, Brot, Kartoffeln und Reis sollten auch energiereiche Produkte wie Fruchtsäfte, Sport- und Süssgetränke, fettarme Süssigkeiten, Zucker und Honig genutzt werden.
Frau Spahr, früher hiess es, Sportler sollten sich kohlenhydratreich ernähren. Jetzt werden Kohlenhydrate immer öfters als unerwünschte Dickmacher bezeichnet und es wird eine kohlenhydratarme Ernährung propagiert. Gilt das auch für Sportler? Man muss ganz klar unterscheiden zwischen der Basis- und einer spezifischen Sporternährung. Vor und während einer auszehrenden sportlichen Aktivität ist eine ausreichende Zufuhr an Kohlenhydraten mitentscheidend für die Leistungsfähigkeit. In der Basisernährung im Alltag werden aber tatsächlich oft zu viele Kohlenhydrate eingenommen. Ambitionierte Sportler, die täglich intensiv trainieren, brauchen auch in der Basisernährung einen erhöhten Kohlenhydratanteil. Aber Menschen, die zwei- dreimal die Woche trainieren und sonst relativ wenig Bewegung im Alltag haben, brauchen deswegen noch keine speziell kohlenhydratreiche Ernährung. Viele Hobbysportler betreiben ihren Sport als Prävention und zum Zweck der Gesundheitsförderung, sie essen aber wie Spitzensportler. Wo liegt die Gefahr, wenn die Basisernährung zu kohlenhydratreich ausfällt? Bei inaktiven oder mässig aktiven Menschen kann das zu einer unfreiwilligen Gewichtszunahme führen, weil zu viel Gesamtenergie zugeführt wird. Und die durch den Blutzuckeranstieg angekurbelte Insulinausschüttung kann eine Umwandlung der Kohlenhydrate in Fett bewirken. Zudem erhöht gemäss neueren Erkenntnissen ein Zuviel an Kohlenhydraten das Risiko für Diabetes Typ II, Bluthochdruck und andere Herzkreislauf-Erkrankungen. Wie kann man den Kohlenhydratkonsum sinnvoll einschränken? Indem man zum Beispiel den Anteil an Gemüse und Salat erhöht, den Anteil an Süssigkeiten vermindert und stärkehaltigen Nahrungsmittel dem Bedarf anpasst. Man sollte sich bewusst sein, wo überall Kohlenhydrate drin sind.
Welches sind «Kohlenhydratfallen»? Sicher die Süssgetränke, die enorm viel Zucker beinhalten. Oder Fruchtsäfte. Aber auch ein normaler kleiner Becher Joghurt. Da stecken etwa vier Würfelzucker drin. Auch Früchte sollten nicht unterschätzt werden. Sie sind zwar gesund, aber ebenfalls reich an Kohlenhydraten. Wie stark sollte man die Einnahme von Kohlenhydraten einschränken? Obwohl sich ein Zuviel an Kohlenhydraten bei inaktiven Menschen wie erwähnt ungünstig auswirken kann, dürfen die Kohlenhydrate jetzt nicht plötzlich verteufelt werden. Kohlenhydrate sind wichtig. Gerade stärkehaltige Kohlenhydratquellen wie Reis, Teigwaren oder Kartoffeln sind wertvolle Energielieferanten. Gibt es gute und schlechte Kohlenhydrate? Energetisch betrachtet hat jedes Gramm Kohlenhydrate die gleiche Energiemenge. Aber die Begleitprodukte neben den Kohlenhydraten – in Vollkornprodukten z. B. stecken viele wertvolle drin – und die Verfügbarkeit sind je nach Nahrungsmittel stark unterschiedlich. Wieso sollte man am Abend nur sehr gemässigt Kohlenhydrate einnehmen? Weil so der Blutzuckerspiegel weniger stark ansteigt, was sich positiv auf die Fettverbrennung über die Nacht auswirken kann. Die abendliche Mahlzeit sollte einen fettarmen Eiweisslieferanten sowie eine grosse Menge an Gemüse enthalten.
CORINNE SPAR ist Dipl. Ernährungsberaterin und Erwachsenenbildnerin HF. Die ehemalige Skirennfahrerin führt zusammen mit Daniela Fahrni in Bern das Zentrum für Ernährungsberatung und Bewegung, in dem sie unter anderem auch übergewichtige Jugendliche berät. www.corinnespahr.ch
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ÂŤTriathleten haben immer Angst, sie wĂźrden zu wenig trainieren. Aber das ist nur ein Problem im Kopf, denn keiner trainiert zu wenig. Dennoch habe ich ein extrem schlechtes Gewissen, wenn ich an einem Tag in einen Stress gerate und ein Training ausfallen lassen muss.Âť
gespräch
Triathlet Ronnie Schildknecht
«hawaii ist mein grosses ziel!» Sieg am Ironman Zürich, Sieg am Half Ironman in Rapperswil, sensationeller vierter Rang an den Weltmeisterschaften in Hawaii: Die Saison 2008 war das Jahr des Ronnie Schildknecht. Ein Gespräch mit dem besten Schweizer Langdistanztriathleten.
D
INTERVIEW: FOTOS:
ANDREAS GONSETH BODO RÜEDI
ie Bise bläst. Temperaturen um den Gefrierpunkt. Nieselregen. Kein idealer Zeitpunkt für ein Fotoshooting im Freien. Ronnie Schildknecht nimmts gelassen. Mit stoischer Ruhe sitzt er auf dem kalten Eisengeländer und versucht die Anweisungen des Fotografen umzusetzen. «Ein bisschen nach links schauen – jetzt nach rechts, geradeaus, etwas nach unten, ernst, fokussiert. Und jetzt bitte strahlen!» Der 29-jährige Thalwiler meistert die Anweisungen routiniert und ohne Starallüren. Entspannt und unkompliziert. Lange steht er noch nicht im Schweinwerferlicht. Viele Jahre waren die Resultate zwar gut, aber nicht überragend, sie boten wenig Grund für die grossen Schlagzeilen. Die gehörten den Aushängeschildern Olivier Bernhard und Christoph Mauch. Nach deren Rücktritt aber startete Schildknecht durch. Mit dem vierten Rang am Ironman Hawaii katapultierte er sich ins Establishment der Profitriathleten. Noch ein paar Bilder im
Kurzarmshirt, dann schnell die Sachen zusammenpacken und ab in die Wärme.
Sie spüren, wenn Sie innerhalb eines Monats ein Kilo abnehmen?
Ronnie Schildknecht, es ist kurz nach Mittag und bissig kalt. Wie viele Kalorien haben Sie heute schon verbrannt?
Ja, das spüre ich. Nicht unbedingt äusserlich, aber mein Körpergefühl ist anders. Das fühlt sich gut an. Optisch bemerkt das eher meine Freundin.
Noch relativ wenige. Vor dem Mittag war ich 45 Minuten joggen, das werden also rund 600 Kalorien gewesen sein. Am späteren Nachmittag gibts aber noch ein Schwimmtraining.
Macht Ihre Partnerin auch Sport? Sie ist aktiv und läuft ab und zu einen Halbmarathon.
Wie lange sind Sie schon zusammen? Ist es ein Vorteil des Spitzensportlerdaseins, so viel essen zu können, wie man will, oder müssen Sie Kalorien zählen?
Vier Jahre. Und seit ein paar Monaten wohnen wir mit zwei Katzen zusammen in Thalwil.
Nein, das muss ich nicht, da würde ich mich nur verkrampfen. Gesund und ausgewogen ernähren, essen, wann ich Hunger habe – damit fahre ich am besten.
Ist ein Spitzensportler «beziehungsverträglich»?
Kein ideales Wettkampfgewicht? Doch. Rund einen Monat vor einem Wettkampf esse ich nicht mehr so viel Schokolade und reduziere den Alkohol auf ein Minimum. Dann verliere ich noch ein Kilo.
Grundsätzlich ist das sicher kein Hindernis. Zeit fi ndet sich immer. Oft geniessen wir am Abend einen guten Wein zum Essen. Das muss aber kein Gourmet-Menü sein. Penne al Dente mit feiner Tomatensauce sind für mich das Feinste. ➔
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ÂŤEs ist ein Egoistensport, klar, aber ich sehe das nicht so einseitig. Ich persĂśnlich bin kein Egoist und pflege viele soziale Kontakte.Âť
gespräch
«Rad gefahren bin ich schon mit siebzehn gerne, gelaufen auch. Nur das Schwimmen war ein Riesenseich, aber es gehörte halt dazu.»
Familienplanung? Da wir beide den Bachelor machen, haben wir aktuell noch andere Prioritäten. Zudem sind wir gerade «Eltern» von zwei Büsis geworden.
Wie oft haben Sie am Abend ein schlechtes Gewissen, weil Sie denken, zu wenig trainiert zu haben? Öfters. Triathleten haben immer Angst, sie würden zu wenig trainieren. Aber das ist nur ein Problem im Kopf, denn keiner trainiert zu wenig. Dennoch habe ich ein extrem schlechtes Gewissen, wenn ich an einem Tag in einen Stress gerate und ein Training ausfallen lassen muss.
Holen Sie dieses Training am nächsten Tag nach? Nein, das habe ich mir abgewöhnt, das bringt nichts. Aber vielleicht mache ich dann unbewusst aus einem lockeren Training ein etwas härteres Training als Kompensation.
Und wie oft denken Sie zu Beginn einer mehrstündigen Ausfahrt, wenn diese doch nur schon vorbei wäre? Auf fünfstündigen Ausfahrten denke ich beim Losfahren oft nach den ersten zehn Minuten, ich könnte jetzt eigentlich wieder umkehren. Nach ein, zwei Stunden ändert sich aber das Gefühl, da kommt die Freude und ich bin stolz auf mich, dass ich nicht umgekehrt bin. In den Trainingslagern habe ich eher Anfahrtsschwierigkeiten.
geleistet hat, bringt die Lust mit sich. Die Lust kommt mit der Disziplin.
Wo liegen die Glücksmomente im Leben eines Triathlonprofis, wenn die Disziplin überwiegt? Es ergeben sich immer wieder viele kleine Glücksmomente. Zum Beispiel im Sommer, wenn Kollegen auf eine Trainingsfahrt mitkommen. Ausfahren, diskutieren, danach zusammen grillieren – dann ist mein Beruf Genuss pur und überhaupt kein Müssen. Als Berufssportler trainiert man zwar viel, aber man kann sich den Tag selber einteilen, das ist ein Luxus.
Welchen Berufswunsch hatten Sie als Kind?
Tennis ist ein extrem mentales Spiel. Gerade daran bin ich oft gescheitert. Im Training konnte ich fast alles, im Spiel aber bekam ich ein «kurzes Händchen» und konnte mein Können nicht umsetzen. Im Tennis muss man seine Emotionen kontrollieren, um das Gefühl nicht zu beeinträchtigen. Man kann nicht einfach drauflosschlagen, wenn man «hässig» ist.
Wurden Sie oft «hässig»? Wann zerschlug sich dieser Traum? Etwa mit vierzehn Jahren. Ich habe sehr früh mit Tennis begonnen und wettkampfmässig gespielt. Meine Eltern haben mich ziemlich gepusht. Im positiven Sinne gepusht, sehr unterstützend. Dennoch hat es mir Druck gegeben und das ertrug ich damals noch nicht. Ich wechselte zum Inline-Hockey und war total begeistert. Ich wollte in die Nationalmannschaft. Dazu war ich aber zu wenig gut. Schön war, dass mich meine Eltern auch im neuen sportlichen Hobby unterstützten.
Auch beim Laufen und Schwimmen? Beim Laufen weniger, beim Schwimmen hingegen schon. Bis zum Hineinspringen tönen fünf Kilometer nach unheimlich viel. Wenn ich ein konkretes Programm habe, geht es wesentlich einfacher. Aber wenn ich einfach hineinspringe und zu schwimmen beginne, steige ich meist nach zwei Kilometern wieder aus dem Wasser.
Das ist kein Berufswunsch, da rutscht man hinein. Begonnen hat es wie bei vielen: Ich war etwa siebzehn, als ich im Fernsehen einen Beitrag über den Ironman Hawaii sah und ein Kollege meines Vaters den Ironman in Zürich schaffte. Das hat mich fasziniert, ich fand das cool. Und die Typen haben fit ausgesehen.
Disziplin ist im Spitzentriathlon der Hauptteil. Erst die Befriedigung, wenn man etwas
Was unterscheidet Triathlon vom Tennis?
Ich wollte Tennisspieler werden.
Und wann wurde es zu Ihrem Berufswunsch, 3,8 km zu schwimmen, 180 km Rad zu fahren und zum Dessert einen Marathon zu laufen?
Wie hoch ist die Lust- im Vergleich zur Disziplinkomponente?
dazu. Was mir im Triathlon extrem half und immer noch hilft, ist meine polysportive Vergangenheit. Ich besitze eine relativ gute Grundschnelligkeit, aber mittlerweile auch die Ausdauer, habe also beide Komponenten, die im Triathlon gefragt sind.
Wie schnell machten Sie Fortschritte? Rad gefahren bin ich schon damals gerne, gelaufen auch. Nur das Schwimmen war ein Riesenseich, aber es gehörte halt
Ja, extrem. Ich habe «täubelet» auf dem Platz. Früher war das wirklich schlimm, ich konnte nicht verlieren und war extrem ehrgeizig. Im Triathlon ist es einfacher, da kann man seine ganze Energie positiv einsetzen. Und Emotionen wie Wut kenne ich da gar nicht.
Ist der Ehrgeiz immer noch da oder ist eine gewisse Gelassenheit aufgetreten? Der Ehrgeiz ist immer noch da, aber mein Selbstbewusstsein hat sich verändert. Ich weiss jetzt, was ich kann. Den Ehrgeiz kann ich dadurch besser steuern. Aber ungeduldig bin ich immer noch. Und die Nerven sind nach wie vor nicht meine grosse Stärke. Im Vorfeld eines Wettkampfes bin ich recht nervös und schnell am Anschlag. Mein Umfeld weiss das mittlerweile und nimmt Rücksicht.
Triathlonprofis richten ihr ganzes Leben darauf aus, auf den Punkt X die bestmögliche Leistung zu bringen. Überspitzt gesagt sind es Egoisten, die ihren Beruf ganz alleine für sich ausüben. Stellt sich da manchmal die Sinnfrage? Es ist ein Egoistensport, klar, aber ich sehe das nicht so einseitig. Ich persönlich bin kein Egoist und pflege viele soziale Kontakte. Mein Umfeld hat unglaublich ➔
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gespräch
«Der Ehrgeiz ist immer noch da, aber mein Selbstbewusstsein hat sich verändert. Ich weiss jetzt, was ich kann.»
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Freude an meiner Leistung und ich habe das Gefühl, ich könne viele Menschen dazu motivieren, auch selber etwas zu tun. Ich versuche ein gutes Vorbild zu sein, möchte zeigen, was Sport einem bringen kann.
Beim sportlichen Training, vor allem im Ausdauersport, steht das intellektuelle Element nicht im Vordergrund. Wie trainieren Sie Ihren Geist? Für mich war immer klar, dass ich nie isoliert auf die Karte Triathlon setzen würde. Die geistige Ablenkung neben dem Sport ist wichtig und auch der Austausch mit Menschen, die sich nicht in der Sportwelt bewegen. Deshalb habe ich nach meiner KV-Lehre die Berufsmittelschule nachgeholt. Vor zwei Jahren habe ich mit dem Kommunikationsstudium an der Hochschule HWZ begonnen und in zwei Jahren mache ich den Bachelor. Auf diese Weise hole ich mir meinen «Brain-Food».
Liest ein Triathlet Bücher? Sehr gerne. Vor allem Biografien. Oft Sportbiografien.
Gingen auch Sie immer Ihren Weg? Früher nicht, aber im Triathlonsport schon. Viele Leute gaben mir in der Zeit, als es mir nicht gut lief, gut gemeinte Ratschläge. Doch obwohl ich ein absolutes Triathlongreenhorn war, hörte ich immer auf meinen Körper. Und heute weiss ich, dass ich auf ihn hören muss. Er gibt mir sehr starke Signale, viel stärker als anderen Sportlern. Ich bin etliche Male nach 20 Minuten Training umgekehrt, weil ich ein schlechtes Gefühl hatte.
Passiert das auch heute noch? Ja. Das ist tagtäglich meine grosse Herausforderung. Mein Körpergefühl ist zwar eine Gabe, aber auch eine Belastung, weil es sich so ausgeprägt äussert. Es gibt Athleten, die fühlen sich immer gut. Manchmal wünschte ich mir, es ginge mir auch so. Ein Matthias Hecht zum Beispiel ist immer gut drauf und frisch, er strahlt das schon am Morgen früh aus. Ich bin dann alles andere als frisch und muss mich enorm überwinden.
niert ja kaum. In Trainingslagern trainiere ich aber auch bis 35 Stunden pro Woche.
Zweifelten Sie manchmal? Natürlich. Beim Ironman Florida 2002 wurde ich auf Anhieb Siebter, da dachte ich, «I am the man». Aber das dachte nur der Kopf, der Körper war noch lange nicht so weit. Dann folgten die Rückschläge. Ich litt auf der Langdistanz lange unter Krämpfen. Da habe ich gedacht, das sei nicht meine Distanz.
Was denken Sie während eines Wettkampfes? Wenn es läuft, gar nichts, da bin ich im absoluten Flow. Da ist dann mehr eine innere Freude vorhanden, so ein Gefühl von «wow, geil».
Und wenn es nicht läuft? Das kann auch sein. Vor allem wenn die Gedanken ins Spiel kommen. Gedanken wie «rücken die anderen näher?», oder «wie weit ist es noch?». Die kann man nicht steuern, die kommen einfach.
Braucht Ihr Körper weniger Reize? Erkennen Sie sich selber in diesen Biografien? Eigentlich nicht, nein. Aber ich fi nde sie sehr interessant. Bode Miller habe ich gelesen, Hermann Maier, Jan Ullrich.
Was konnten Sie daraus entnehmen? Alle grossen Champions waren eigene Persönlichkeiten, die unbeirrbar ihren Weg gingen.
Ich komme sehr schnell in Form. Immer wieder verschiedene Reize zu setzen, ist für mich der Schlüssel zum Erfolg. Ich reduziere daher eher den Umfang, als Einbussen in der Qualität in Kauf zu nehmen. Zudem trainiere ich lieber härter, dafür kürzer. Im Leistungssport wird das aber oft als Faulheit ausgelegt, gerade im Ausdauersport. Da heisst es schnell, der trai-
Ist es auch schon völlig gekippt? Ja, aber in letzter Zeit immer seltener. Beim Ironman Zürich habe ich mich dieses Jahr super gefühlt und alles lief perfekt. Aber plötzlich kamen Zweifel auf und es drehte, ich fühlte mich schlecht. Ich hatte keine Informationen, wie weit die anderen zurücklagen, und ich hatte das Gefühl, dass sie aufholen würden. Als dann die Mel- ➔
FOTO: KEYSTONE
Sonstige Vorbilder?
dung kam, dass die anderen auch langsamer fuhren und mein Vorsprung sogar noch angewachsen war, fühlte ich mich plötzlich wieder gut. Die Befindlichkeit fand also im Kopf statt. Meine Gedanken verselbstständigten sich.
Meine Eltern. Mein Vater war mit seiner Disziplin und seinem Perfektionismus ein Vorbild. Ich bin weniger der Perfektionist. Meine Mutter war als Ausgleich eher locker, mehr auf der Gefühlsebene. Dieser Mix hat mich geprägt.
Kämpft man im Wettkampf gegen sich selbst oder gegen die anderen?
Wie haben Sie reagiert, als das Parlament vor einigen Wochen Antidoping Schweiz mehr Geld verweigert hat?
Wenns gut läuft, kämpfe ich gegen niemanden, wenns schlecht läuft, gegen mich.
Das hat mich wütend gemacht. Die Dopingbekämpfung ist ungemein wichtig. Man kann doch nicht einfach sagen, wir wollen Manchmal sehr nahe. Beim Ronnie Schildknecht am Ziel beim Ironman Switzerland. Das Jahr 2008 wurde kein Doping, aber nichts Ironman Hawaii dieses Jahr seine erfolgreichste Saison in seiner bisherigen Karriere. dafür tun. Das ist scheinwar ich nach 120 Kilometern kurz davor aufzugeben. Wenn da ei- Einen gewissen Umfang muss man leisten, heilig. Geärgert habe ich mich auch darüber, dass diese Entscheidung den Medien ner gewettet hätte, ich würde Vierter wer- wenn man vorne dabei sein will. Und bis den, hätte ich mit einer Million dagegen der Körper diesen Umfang zu leisten im- kaum ein paar Zeilen wert war. Sonst wird das Thema Doping mit den ganz grossen gesetzt. Ich wollte den Wettkampf einfach stande ist, braucht es einfach einige Jahre noch im Anstand beenden. Plötzlich ka- Training. Aber auch der Geist ist entschei- Schlagzeilen thematisiert. men all jene, die mich überholt hatten, dend, fast noch wichtiger. Der Glaube an wieder näher. Ich erhielt einen Anreiz von sich und seine Fähigkeiten sind elementar Wie positionieren Sie aussen, der mir zeigte, dass ich doch nicht für den Erfolg. sich in Sachen Doping? so schlecht unterwegs war. Beim Ironman Ich möchte so transparent wie möglich ist es wie im Tennis: Der Match ist erst zu sein und dazu braucht es DopingkontModerne Triathlonvelos sind so leicht Ende, wenn der letzte Ball gespielt ist. rollen. Ich habe mich beim Bundesamt und schnell wie nie zuvor, es gibt etliche für Sport für eine Studie gemeldet. Verneue technische Entwicklungen wie efschiedene Parameter meines Blutes werfiziente Kühlungsmöglichkeiten, FunktiWas passierte dann? den regelmässig gemessen. Daraus wird Zuerst blieb ich einfach dran und wechsel- onsbekleidung, moderne Regenerationsein Profi l erstellt, welches Abweichungen te zum Laufen. Die ersten zehn Kilometer massnahmen usw. – dennoch sind die registriert. Das ist zwar kein eigentliches waren bloss solid. Doch dann hat mich sechs schnellsten Zeiten auf Hawaii alle Antidopingprojekt, sondern eine Studie, Rutger Bethke überholt, ein bekannter- vor zehn bis fast zwanzig Jahren erzielt die zeigen soll, ob die Blutparameter Aufmassen erstklassiger Läufer. Ich merkte, worden. Waren die früheren Triathleten schluss über ein vorhandenes Leistungsdass ich nahe bei ihm bleiben konnte, und besser? potenzial geben. Aber gleichzeitig werden lief in eine Euphorie, obwohl es so hart Gute Frage. Ich weiss es nicht. Das war so bei mir alle Werte gemessen und sind war wie noch nie. zu Zeiten eines Mark Allen. Er gehört für mich zu den allergrössten Athleten über- einsehbar. Ich plädiere für den gläsernen Athleten. haupt. Wie intensiv träumen
Wie nahe liegen «noch einen Zacken zulegen» und «aufgeben» beisammen?
Sie den Hawaiitraum? Sehr intensiv. Und er wird immer intensiver. Vor allem jetzt, da ich weiss, dass ich gewinnen kann. Der Hawaiisieg ist mein grosses Ziel.
Bringen Ihnen solche Grenzerfahrungen auch im normalen Leben etwas? Nach jedem Tief kommt irgendwann wieder ein Hoch. Das tönt zwar banal, aber es stimmt. Dieses Wissen, dass es Tiefs gibt und dass sie vorbeigehen, das bringt schon viel. Das Sich-überwinden-Können bringt mich weiter.
Im Triathlon braucht es enorm viel Zeit, bis man an die Spitze vorstösst. Braucht der Körper so lange oder der Geist? Die Kombination. Der Körper ganz sicher.
War früher die Entschlossenheit und der Wille zur Leidensfähigkeit grösser? Ich weiss es wirklich nicht. In Hawaii sind die Bedingungen entscheidend und ich weiss nicht, ob die heute noch gleich sind wie früher. Hawaii hat zudem extrem viel mit Erfahrung zu tun. Ein Mark Allen fi nishte in Hawaii erst bei seiner siebten Teilnahme erstmals. Er hat sehr viel durchgemacht, bevor er Erfolg hatte.
Welcher Sportler hat Ihnen am meisten Eindruck gemacht? Stefan Edberg. Der war immer so ruhig und hatte seine Emotionen unter Kontrolle. Ein Gentleman auf dem Platz. Er hat mir gezeigt, dass man kein Tyrann sein muss, um erfolgreich zu sein.
RONNIE SCHILDKNECHT Alter: 29 Grösse: 184 cm Gewicht: 78 kg Wohnort: Thalwil Beruf: Triathlet; Bachelor in Kommunikation Hobbies: Tennis, Kino, Langlauf Team: ewz power team Coach: Marc Bamert Sponsoren: ewz, Medisport, Puma, Volvo, Cannondale, Tempo-Sport, Sponser, Aqua Sphere Homepage: ronnie.absolog.ch Grösste Erfolge: 4. Rang Ironman Hawaii 2008, Sieg Ironman Zürich 2007 und 2008, Sieg Ironman 70.3 Rapperswil 2007 und 2008, Sieg Powerman-Europameisterschaft 2008, 2. Rang Ironman 70.3 Singapur 2007.
IMPRESSUM
vorschau FOTOS: ROBERT BÖSCH | FITFORLIFE | ANDREAS GONSETH | IMAGO
FIT for LIFE, das Schweizer Magazin für Fitness, Lauf und Ausdauersport. ISSN 1423-5137. Erscheint monatlich mit Doppelnummern im Januar und Juli.
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