OSTKURVE '15 - November

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OSTKURVE ‘15 Das Magazin aus dem Regine-Hildebrandt-Haus Nr. 9 – 6. November 2015

Neue deutsche Verantwortung

Außen- und Sicherheitspolitik im Wandel


Ostkurve ‘15 Inhalt AKTUELLES 12

Entscheidungen im November In Oberkrämer und Hohen Neuendorf werden Bürgermeister gewählt

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Ein Jahr „PEGIDA“ Wie die Populisten das politische Klima vergiften

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Interview mit Heiko Maas Der Bundesjustizminister zu Hetze auf Facebook, Twitter und Co.

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Brandenburger Köpfe Personalien aus der SPD

Gegen Hass im Internet Interview mit Heiko Maas

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TITEL 4

Deutschlands Rolle in der Welt Verantwortung

Neue Krisen, neue

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Interview mit Günter Verheugen Bewaffnete Konflikte, Europas Rolle und Hoffnung auf Frieden

WISSEN 13

Kassiererinnen und Kassierer: Aufgepasst! Am 31. Januar ist Kassenschluss

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Rechtliche Tipps 3 Fragen und 3 Antworten zur Arbeit im Ortsverein

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Neues Hilfe-Portal Sachen, Zeit oder Geld spenden ... so kommt es vor Ort an

Online Hilfe koordinieren Ein neues Angebot

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VERMISCHTES 10

Auf einen Kaffee mit ... Britta Stark

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Neumitglied des Monats Alva Grünke aus dem Ortsverein Woltersdorf

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Mein liebstes Stück Brandenburg Oberkrämers Mühlensee

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Abpfiff. Die Kurven-Glosse

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Auf einen Kaffee mit

der ersten Brandenburger Landtagspräsidentin Britta Stark

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Ostkurve ‘15 Politische Jahrestage

Liebe Leserinnen und Leser, Verteilungskämpfe und das gewaltsame Ringen um Vorherrschaft haben in den vergangenen Jahren rund um den Erdball deutlich zugenommen. Die Auswirkungen spüren wir mittlerweile auch bei uns. In dieser Situation muss Deutschland mehr Verantwortung übernehmen. Innenpolitisch durch die geordnete Aufnahme von Kriegsflüchtlingen. Außenpolitisch durch diplomatische Initiativen und den gezielten Einsatz von Entwicklungshilfe in den Krisengebieten. Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren und Jahr-

zehnten hohes Ansehen erworben. Dieses müssen wir jetzt in die Waagschale werfen, wenn es darum geht, Konflikte einzudämmen und Fluchtursachen zu bekämpfen. Eure

Klara Geywitz Generalsekretärin

November 2015 1. November

1990: Manfred Stolpe wird zum ersten Ministerpräsidenten Brandenburgs gewählt (Amtszeit bis 26. Juni 2002).

4. November

1950: Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten in Rom unterzeichnet. 1995: Israels Ministerpräsident Yitzhak Rabin in Tel Aviv von einem Rechtsextremisten ermordet.

9. November

1990: Erster gesamtdeutscher Bundesrat in Berlin konstituiert.

10. November

Hört, hört!

2000: Gesetz über eingetragene Lebenspartnerschaften für homosexuelle Paare vom Bundestag beschlossen.

13.-14. November

1980: Erste Delegiertenversammlung der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik (Bundes-SGK).

15. November

2005: Matthias Platzeck wird in Karlsruhe zum SPD-Vorsitzenden gewählt (Rücktritt am 10. April 2006)

16.-17. November

1890: Generalkommission der Gewerkschaften (Vorläufer des ADGB und DGB) in Berlin konstituiert.

Alle Brandenburger SPD-Mitglieder haben im Oktober einen Brief von unserer Generalsekretärin erhalten. Darin ruft Klara Geywitz dazu auf, unsere Freunde, Bekannte oder Nachbarn einzuladen, SPD-Mitglied zu werden. Als kleine Einstiegshilfe für die Gespräche liegen dem Brief jeweils fünf Postkarten bei. Übrigens: Die fleißigsten Werber werden im März 2016 zu einem exklusiven Treffen mit unserem Pateivorsitzenden Sigmar Gabriel ins Willy-Brandt-Haus eingeladen.

16. November

1995: Oskar Lafontaine nach Kampfkandidatur gegen Rudolf Scharping zum SPD-Vorsitzenden gewählt.

19. November

1990: Vertrag zum Abbau konventioneller Streitkräfte in Europa (KSE) zwischen NATO und Warschauer Pakt unterzeichnet.

27. November

1950: Bundesrechnungshof errichtet.

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Deutschlands Rolle in der Welt

Über den Zusammenbruch von Ordnung und ein „Volk guter Nachbarn“ Als 1989/1990 der „Eiserne Vorhang“ in Europa fiel, waren sich fast alle Experten sicher: Jetzt beginnt eine neue Zeit des Friedens, der Stabilität und der Demokratisierung. Manche schrieben gar vom „Ende der Geschichte“. 25 Jahre später ist die Ernüchterung entsprechend groß. Überall auf der Welt nimmt die Zahl der kriegerischen Konflikte zu. Über 60 Millionen Menschen befinden sich aktuell auf der Flucht. Wie konnte das passieren? Wie lässt sich diese Entwicklung stoppen? Und vor allem: Was kann und muss Deutschland in dieser Situation tun? Die Lage auf der Welt ist schwierig. In immer mehr Ländern ist die Gewalt auf dem Vormarsch. Mit dem bewaffneten Konflikt in der Ukraine kam der Krieg zurück nach Europa. Im Irak, in Libyen, Jemen, dem Sudan, Kongo, Somalia, Nigeria und

Zivilmacht Deutschland. Politisch, wirtschaftlich und sozial spielt Deutschland weltweit eine wichtige Rolle. Eingebettet in eine gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik kann die Bundesrepublik mehr Verantwortung tragen.

anderswo kämpfen der sogenannte Islamische Staat, Boko Haram und andere islamistische Terrororganisationen um die Vorherrschaft. In Asien heizt sich der Konflikt um Einflusssphären zwischen China und Japan immer stärker auf. Hinzu kommt das Pulverfass Nordkorea. Für SPD-Außenminister Frank-Walter Steinmeier ist die

Ballung von Krisen bei Weitem kein Zufall. Er sagt: „Da entlädt sich die Erosion von bestehender Ordnung, das Ringen um Einfluss, der Kampf um Geltung und Dominanz. Die Welt ist auf der Suche nach neuer Ordnung und sie entlädt sich gewaltsam rund um den Erdball.“ Anders gesagt: Mit dem Scheitern der Sowjetunion ist 1989 nicht nur

Deutsche Fregatte im Auslandseinsatz. Seit Anfang Mai 2015 beteiligt sich die Deutsche Marine an den Maßnahmen im Mittelmeer zur Rettung von Menschen in Seenot und zur Bekämpfung von Schleusern.

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Ostkurve ‘15 ein Imperium, sondern die ein halbes Jahrhundert geltende Nachkriegsordnung zusammengebrochen. Aus der bipolaren Welt mit den zwei Machtblöcken UdSSR und USA ist eine multipolare Welt mit vielen aufstrebenden Mächten geworden, die um Einfluss, Gebiete und Ressourcen konkurrieren. Besonders kritisch sieht die Lage in Europas Nachbarschaft, in Syrien aus. Mittlerweile gibt es dort eine zweistellige Anzahl von Konfliktparteien, die auf syrischem Boden gegeneinander Krieg führen. Vor allem der Streit zwischen Sunniten und Schiiten hat längst den gesamten Nahen Osten erfasst. Auch im Norden Afrikas wird dieser Kampf ausgetragen. Die Konsequenz ist gravierend: Immer mehr Menschen fliehen vor den Bomben und Granaten aus ihrer Heimat. Längst sind die Nachbarländer nicht mehr in der Lage, noch mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Ohne die massive Hilfe von außen drohen auch sie bald unter der Last der Fliehenden zu kollabieren. In dieser Lage blicken viele Augen erwartungsvoll nach Europa, allen voran nach Deutschland. Unser Land hat sich von einem Frontstaat des Kalten Krieges zu einer führenden Kraft in Europa entwickelt. Als größte Wirtschaftsmacht Europas ist uns dieser Status zuge-

fallen. Standen wir vor 25 Jahren noch im Zentrum eines möglichen dritten Weltkrieges, sind wir heute erstmals in der deutschen Geschichte von befreundeten Staaten umgeben. Dass diese Entwicklung neue Verantwortung mit sich bringt, wurde in Deutschland lange und gerne übersehen. Zu bequem war die Scheckbuchdiplomatie und das Krisendiplomatie. Auf Facebook informiert Frank-Walter Steinmeier Sich-Heraushal- regelmäßig über seine Bemühungen für eine friedlichere Welt. ten aus politischen und militärischen Krisen. tiker mit einem Zitat von Willy Doch inzwischen lässt sich die Brandt: „Wir Deutschen wollen deutsche Verantwortung nicht ein Volk guter Nachbarn sein.“ Denn Nachbarschaften würmehr wegdiskutieren. den, genau wie internationale Vor einem Jahr hat Bundes- Ordnungen, nur dann funktipräsident Joachim Gauck die onieren, wenn ihre Bewohner Debatte forciert. Er forderte, Verantwortung übernehmen. Deutschland müsse mehr Ver- Auch jenseits vom eigenen Garantwortung in der Welt über- tenzaun. „Nachbarn müssen nehmen. Bundesaußenminister sich nicht mögen, aber in der Frank-Walter Steinmeier hat die Lage sein, gemeinsam Probleneue Rolle längst angenommen. me zu lösen, die alle betreffen“, Seit vielen Monaten bereist er sagte Frank-Walter Steinmeier eine Krisenregion nach der an- kürzlich bei einer Rede an der deren. Seine Motivation, politi- Freien Universität Berlin. schen Rückschlägen mit neuen diplomatischen Initiativen zu Deutsche Diplomatie ist seit begegnen, erklärt der SPD-Poli- Jahren mehr und mehr gefragt.

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Ostkurve ‘15

Krisenherde, wohin man schaut. Die Welt ist in den vergangenen Jahren deutlich unsicherer geworden.

Bei den Atomverhandlungen mit dem Iran saß die Bundesrepublik ebenso am Verhandlungstisch wie beim Ringen um Waffenruhe in der Ukraine. Vor allem der Rückzug der USA aus Europa führt zur neuen Aufgabenverteilung. Deutschlands Situation ist dabei alles andere als leicht. Denn Europa hat deutsche Führung über Jahrhunderte immer wieder mit einem hohen Blutzoll bezahlen müssen. Daraus entstanden ist eine historisch gewachsene Vorsicht. Deutschlands Rolle kann daher immer nur die eines Vermittlers sein, der vor allem stets das Gesamtinteresse Europas im Blick hat. An der Ukraine-Krise lässt sich die neue deutsche Herausforderung anschaulich darstellen: Während die neuen osteuropäischen EU-Staaten Angst hatten, Putins nächstes Opfer zu werden, zeigten sich EU-Staaten am westlichen Ende Europas wenig emotional betroffen. Mehr noch: Sanktionen gegen Russland, so ihre Befürchtungen, könnten der ohnehin schwachen Wirtschaftskraft Spaniens, Portugals

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oder auch Italiens neue Schwierigkeiten bereiten. Deutschland hatte daher zunächst die Aufgabe, eine gemeinsame Haltung Europas herzustellen, die eine Balance zwischen den Interessen der West-, Ost-, Nord- und Süd-Europäer darstellte. Erst als dies gelungen war, konnte Berlin wirkungsvoll agieren. In den Verhandlungen mit der Ukraine und Russland war eine endgültige Konfliktlösung nicht herstellbar. Deutschland erreichte, gemeinsam mit Frankreich, nach intensiven Verhandlungen immerhin eine Konfliktbegrenzung, die einen Flächenbrand in und um die Ukraine verhinderte. Nicht auszuschließen, dass ein solcher Flächenbrand zugleich einen neuen, langen Kalten Krieg in Europa ausgelöst hätte.

unfriedliche Zeiten zurück. Das Aufkommen links- und rechtspopulistischer Parteien in ganz Europa macht den Zusammenhalt Europas nicht einfach. Aktuell zeigt sich das besonders in der Flüchtlingskrise. Die EU findet keinen gemeinsamen Nenner. Nicht nur Ungarns Premier Orban sieht in den Flüchtlingsströmen „kein europäisches, sondern ein deutsches Problem“. Auch Staaten wie Frankreich oder Großbritannien tun sich angesichts starker europakritischer Parteien im Land sehr schwer mit solidarischer Unterstützung. Umso wichtiger ist, dass Deutschland seine neue Verantwortung mit Geduld, Weitsicht und Fingerspit­ zengefühl ausübt, damit antieuropäische Kräfte nicht weiter Zulauf bekommen und die EU von innen heraus zerstören. Die Europäische Union, das herausragende Friedensprojekt der vergangenen Jahrzehnte, darf nicht in sich zusammenfallen oder von innen kollabieren.

Nicht nur die Ukraine-Krise zeigt: Deutschlands erste und wichtigste Aufgabe ist der Zusammenhalt der Europäischen Union, um Frieden, Freiheit und Wohlstand zu sichern. Europa darf als politische Union nicht zerfallen. Die Folgen wären ka- Aber auch vor unserer Haustür tastrophal. Europa fiele in alte, haben wir neue Aufgaben: Die


Ostkurve ‘15 Stabilisierung der europäischen Peripherie. Nur wenn dies gelingt, lassen sich große Fluchtbewegungen wie aktuell aus Syrien oder dem Irak verhindern. Kein Wunder also, dass Deutschlands oberster Diplomat Frank-Walter Steinmeier auch zu den schwierigen Gesprächen nach Iran oder Saudi-Arabien reist. Für ihn ist klar: „Der Konflikt in Syrien wird nur zu lösen sein, wenn auch diese Akteure zu Gesprächen bereit sind. Aber es reicht eben nicht, wenn wir mit ihnen reden, sondern sie müssen bereit sein, miteinander zu reden.“ Auch wenn dies noch ein weiter Weg sei, wie Frank-Walter Steinmeier klarstellt, steht für ihn doch fest: „Wir Deutschen sollten solche Gesprächskanäle ermöglichen und politische Prozesse unterstützen, wo immer wir können. Dabei gilt natürlich: Politik, und erst recht Außenpolitik, ist die Kunst des Machbaren.“

nen völlig neuen Stellenwert erhalten. Sie ist längst nicht nur ein Gebot der Menschlichkeit. Entwicklungshilfe ist vor allem auch ein Gebot der Vernunft. Denn sie sichert die Zukunft der Menschen in den Entwicklungsländern. Gute Entwicklungspolitik verhindert Fluchtursachen frühzeitig. Wer zuhause Hoffnung spürt und Entwicklung sieht, wird seine Heimat nicht verlassen. Deutschland, nach den USA und Großbritannien drittgrößter Geldgeber für Entwicklungszusammenarbeit, kann und muss auch hier eine noch wichtigere Vorreiterrolle in und um Europa übernehmen. Diese und andere Aufgaben sind neu für unser Land. Politiker wie Bürger müssen sich erst an die neue Rolle gewöhnen. Deutschland hat sich nicht um diese Verantwortung beworben. Als Land

mit der stärksten Wirtschaftskraft und den meisten Einwohnern können wir uns ihr nicht länger verschließen. Deshalb braucht es in der Außen- und Sicherheitspolitik klarere Strukturen. Wir müssen Ziele unserer Außen- und Sicherheitspolitik definieren, die im Einklang mit den Interessen Europas stehen. Mehr Verantwortung in der Welt bedeutet nicht automatisch, Militär einzusetzen. Das kann für Deutschland auch künftig nur das äußerste Mittel sein. Politisch, sozial und wirtschaftlich ist Deutschland aber stark. Eingebettet in Europa und ein internationales System aus Bündnissen und Organisationen kann Deutschland in Zukunft mehr Führungsverantwortung übernehmen. Als Zivilmacht mit Zivilcourage. Eben als guter Nachbar. MATTHIAS BEIGEL

In den Bereich des Machbaren fällt ein anderer Politikbereich, der auch in Deutschland meist viel zu wenig Beachtung erfährt: die Entwicklungshilfe in den vom Krieg betroffenen Regionen. Dass in Flüchtlingscamps der Vereinten Nationen das Geld für Nahrung und Unterkünfte zur Neige geht, weil viele Nationen ihre Zusagen einfach nicht einlösen, ist ein kaum zu glaubender Skandal. Wer Flüchtlingsströme stoppen will, muss diesen unhaltbaren Zustand schnell beenden. Entwicklungs- Entwicklungshilfe im Vergleich. Nach den USA und Großbritannien ist DeutschQuelle: bmz.de hilfe muss innerhalb der EU ei- land drittgrößter Nettozahler von Entwicklungshilfe.

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Ostkurve ‘15 OSTKURVE: Lieber Günter Verheugen, 25 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs sind bewaffnete Konflikte überall auf der Welt auf dem Vormarsch. Woher kommt diese weltweite Welle der Gewalt? Günter Verheugen: Es ist leider wahr, dass sich die Hoffnungen nicht bestätigt haben, dass wir nach dem Ende des Kalten Krieges in eine Ära friedlicher weltweiter Kooperation eintreten würden. Man kann eher sagen, dass das Gegenteil eingetreten ist. Es gibt natürlich nicht die eine, alles erklärende Ursache. Was man sicher sagen kann, ist, dass die wachsende Kluft zwischen armen und reichen Regionen, also die soziale Ungleichheit auf globaler Ebene eine Hauptursache ist und dass die hemmungslose Verbreitung von Waffen aller Art des gewaltsame Austragen von Konflikten ermöglicht. Weltanschauliche Radikalisierung spielt sicher eine Rolle, aber auch diese hat natürlich wieder Ursachen. Und wir müssen wohl auch erkennen, dass die westlichen Demokratien insgesamt , besonders aber die USA als die unbestrittene westliche Führungsmacht, fatale Fehler zu verantworten haben und ganze Regionen destabilisiert haben. Tony Blairs spätes Eingeständnis, welche Folgen der Irak-Krieg hatte und warum er gar nicht hätte geführt werden sollen, spricht ja Bände. In vielen Teilen der Welt wird der Anspruch des Westens, das einzig richtige Modell zu vertreten, nicht mehr akzeptiert und als Versuch der Fremdbestimmung aufgefasst. Schauen wir zunächst nach Europa: Wie schätzt Du die Lage in der Ukraine ein? Kann Deutschland noch stärker zu einer anhaltenden Befriedung beitragen?

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Wir haben in der Ukraine einen fragilen Waffenstillstand, zu dem die deutsche Außenpolitik einen wichtigen Beitrag geleistet hat. Ich sehe aber nicht, dass in der Ukraine diese Atempause dazu genutzt wird, das Ruder herumzureißen und das verrottete politische System grundlegend zu reformieren. Ich sehe den Kampf gegen die Korruption und gegen den Raubtierkapitalismus nicht. Und ich sehe auch nicht, dass der Versuch unternommen wird, einen tragbaren Interessenausgleich mit den abgefallenen Gebieten und vor allen Dingen mit dem wichtigsten Nachbarn, mit Russland, zu finden. Ich glaube, dass der internationale Druck auf die Regierung in Kiew sehr viel stärker werden muss. Und natürlich ist dabei auch Deutschland gefordert. Wir haben die Ukraine assoziiert, nun sind wir mitverantwortlich. Es ist an der Zeit, mit der Ukraine Klartext zu reden.

Versuch einer Wiederannäherung gemacht werden. Wir können die gesamteuropäischen Fragen nicht ohne Russland lösen. Auswirkungen des Krieges in Syrien haben Europa auf dramatische Weise erreicht. Was kann Deutschland, was kann Europa tun, damit die Waffen möglichst bald schweigen und weniger Menschen fliehen müssen? Wenig, weil die EU international keine ernsthafte Größe ist. Und das ist unsere eigene Schuld. Niemand in der Welt kann uns daran hindern, global als eine geschlossene Gemeinschaft aufzutreten. Wir könnten das Gewicht haben, das nötig ist, in Fragen der Weltpolitik eine gestaltende Rolle zu spielen. Aber wir schaffen das zur Zeit nicht, und so können wir die Ursachen wenig bekämpfen, müssen aber mit den Folgen fertig werden.

„Es ist Zeit, mit der Ukraine

Über die Lage in der Welt. Interview

Die Wirkung der Sanktionen gegen Russland sind umstritten. Sind sie aus Deiner Sicht sinnvoll? Nein, ich glaube nicht, dass diese Sanktionen irgendwelche Probleme lösen werden. Sie sind uns von der USA mehr oder weniger aufgezwungen worden. Es ist gut, dass die Bundesregierung das Gespräch mit Moskau nicht abreißen lässt. Aber wir haben auch ein Problem innerhalb der EU, weil eine ganze Reihe vor allem der neuen Mitgliedstaaten aufgrund ihrer historischen Erfahrungen Russland tief misstraut. Trotzdem muss der

Schon vor einem Jahr hat Bundespräsident Gauck gefordert, Deutschland müsse mehr Verantwortung in der Welt übernehmen. Stimmst Du ihm zu und wie soll dieses „Mehr“ an Verantwortung konkret aussehen? Mir ist nicht wohl bei dieser Aussage, weil sie sich auf Deutschland bezieht und nicht auf die Europäische Union. Und was heißt eigentlich „Verantwortung“ über das hinaus, was die deutsche Außenpolitik tut? Fast möchte man den Bundespräsidenten fragen, an welchen Kriegen sich unser Land nach


Innerhalb der Europäischen Union bröckelt die Solidarität. Ist eine effektive gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik nicht längst in weite Ferne gerückt?

Foto: Piotr Drabik, Lizenz CC BY 2.0

seiner Meinung hätte beteiligen sollen? Ich fürchte nämlich, dass sich hinter dem Begriff „Verantwortung“ in diesem Zusammenhang nichts anderes verbirgt, als eine größere Bereitschaft zu militärischer Intervention. Wenn es dazu kommt, hat die Politik versagt. Wir haben als Europäer und als Deutsche andere Aufgaben. Im Augenblick haben wir zwei Probleme von weltpolitischer Bedeutung zu lösen: die Fragen nach der Zukunft der Türkei und nach der Zukunft der Ukraine. Hier würde ich mir mehr deutsche Verantwortungsbereitschaft wünschen, indem wir beiden Ländern eine glaubwürdige europäische Perspektive anbieten und sie auf ihrem Weg partnerschaftlich begleiten.

Günter Verheugen (71), Mitglied der Brandenburger SPD. 1983 bis 1999 Mitglied des Deutschen Bundestages, 1987-1989 Vorwärts-Chefredakteur, 1993-1995 SPD-Bundesgeschäftsführer, 1998-1999 Staatsminister im Auswärtigen Amt. Günter Verheugen wurde 1999 Erweiterungs-Kommissar der EU, 2004-2010 Kommissar für Industrie und Unternehmenspolitik. Er arbeitet heute u.a. als Honorarprofessor an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). den würde – vielleicht nicht beim jetzigen Zustand der EU, aber eine bessere, eine reformierte EU könnte diesen Anspruch durchaus erheben.

e Klartext zu reden“

w mit Günter Verheugen. Ja, es ist richtig, und es wird sich so schnell nicht ändern. Die Bereitschaft, innerhalb der EU mehr gemeinschaftliche Politik zu ermöglichen, ist auch in Deutschland nicht sehr groß. Dabei ist eines ganz klar: in der Welt von morgen wird ein einzelner europäischer Nationalstaat niemals stark genug sein, seine Interessen noch wirkungsvoll zu vertreten. Das können wir nur gemeinsam. Wir müssen die europäische Einheit stärker als jetzt von den Herausforderungen der Zukunft her denken. Ich glaube auch, dass das große Zustimmung bei den Bürgerinnen und Bürgern fin-

In Deutschland schätzen wir die Vereinten Nationen. Doch trotz der vielen Krisen hat man derzeit nicht den Eindruck, dass es im Weltsicherheitsrat zu wirksamen Friedensbemühungen kommt. Wie beurteilst Du aktuell deren Rolle?

Das alte Problem. Die UNO kann nur tun, was die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates erlauben. Und das bedeutet oft: gar nichts. Die UNO-Reform wird seit Jahrzehnten diskutiert, ohne greifbares Ergebnis. Dennoch: wir haben nichts Besseres, und es ist jede Mühe wert, die Rolle der UNO zu stärken. Der UNO-Generalsekre-

tär hat vor wenigen Tagen gesagt, man könne im Syrien-Konflikt das Schicksal eines ganzen Volkes nicht von einer einzigen Person, Assad, abhängig machen. Richtig. Und wo war die Unterstützung aus der EU und aus Deutschland? Da war keine, nur betretenes Schweigen. Welche Hoffnung auf eine friedlichere Welt kannst Du uns als erfahrener Außenpolitiker machen? Ja, das ist die Überlebensfrage schlechthin. Ich halte eine friedliche Welt für möglich. Was man denken kann, kann man auch tun. Den ersten wichtigen Schritt habe ich schon erwähnt. Europa könnte sich zu einer Friedensmacht entwickeln, auf die man in der Welt hört. Wir haben eigentlich alles, was man dazu braucht. Wir können die großen Weltmächte beeinflussen, wenn wir auf Augenhöhe mit ihnen reden können. Dazu müssen wir politisch einig und wirtschaftlich stark sein.

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n e n i e f Au

Britta Stark ist seit einem Jahr Pr채sidentin des Brandenburger Landtages. Sie ist die erste Frau, die dieses Amt bekleidet.


... t i m e e ff Ka

Britta Stark

Erste Präsidentin des Brandenburger Landtages

Du bist vor fast genau einem Jahr zur Landtags- Du bist als begeisterte Radfahrerin bekannt. präsidentin gewählt worden. Was hat sich für Welche Strecke kannst Du unseren Leserinnen Dich in diesem Jahr ganz persönlich geändert? und Lesern besonders ans Herz legen? Zuallererst merke ich die Veränderung natürlich an meinem übervollen Terminkalender. Ich war auch als Landtagsabgeordnete aktiv und daher viel unterwegs. Das war aber kein Vergleich zu den Anforderungen, die mein Kalender nun an mich stellt. Für Hobbys und Familie bleibt jetzt leider viel zu wenig Zeit. Auch an den Umstand, dass ich immer und überall im Dienst bin und das Land repräsentiere, musste ich mich in den letzten Monaten erst einmal gewöhnen. Früher bin ich einfach auf mein Fahrrad gestiegen und zu den Terminen in meinem Wahlkreis geradelt. Jetzt verbringe ich oft viele Stunden im Auto und an so manchem Tag daher mehr Zeit mit meinem Fahrer, als mit meinem Ehemann.

Landschaftlich besonders schön ist der Barnimer Teil des Radwanderweges Berlin – Usedom. Man startet am besten in der Hussitenstadt Bernau, die man auch sehr gut mit der S- oder Regionalbahn erreichen kann. Von hier führt ein gut ausgebauter Radweg über die Bernauer Ortsteile Ladeburg (mit sehenswerter Feldsteinkirche) und Lobetal nach Biesenthal (ca. 10 km) und von dort weiter zum Werbellinsee (insgesamt ca. 35 km). Den Rückweg kann man dann auch mit dem Bus antreten, der eine begrenzte Anzahl von Fahrrädern huckepack vom Werbellinsee nach Eberswalde transportiert. Kräfteschonend erreichen so Fahrer und Drahtesel den Bahnhof, von dem aus stündlich der Regionalexpress RE1 in Richtung Berlin verkehrt.

Was hat Dich in diesem Jahr politisch am meis- Was nimmst Du Dir für Dein zweites Amtsjahr ten bewegt? als Landtagspräsidentin vor? Die Flüchtlingswelle aus den Kriegs- und Krisengebieten, die Europa insgesamt und in diesem Sommer nun auch Deutschland erreicht hat – aber auch und vor allem die große Empathie, die Hilfsbereitschaft und das ehrenamtliche Engagement, das die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes gezeigt haben. Nur mal angenommen, Du bekämst unerwartet einen freien Tag geschenkt, was würdest Du dann mit der gewonnenen Zeit tun?

Als Landtagspräsidentin habe ich mir vorgenommen, bei den Brandenburgerinnen und Brandenburgern wieder mehr Lust auf Demokratie zu wecken. Warum spiegelt sich das hohe Maß an ehrenamtlichem Engagement der Menschen in unserem Land nicht auch in einer adäquaten Wahlbeteiligung wider? Wenn ich mit Besuchern des Landtages oder mit Bürgern in meinem Wahlkreis ins Gespräch komme, habe ich nicht den Eindruck, dass sie politisch desinteressiert sind – ganz im Gegenteil. Was viele Menschen aber vermissen, ist ein echter Dialog – ein Dialog auf Augenhöhe. Diesen Dialog zwischen Politik und Bürger auf den verschiedensten Ebenen immer wieder zu initiieren und zu befördern, darin sehe ich auch weiterhin eine meiner wichtigsten Aufgaben.

Gesetzt der Fall, ich hätte plötzlich sehr viel Freizeit, dann würde ich es mir im Garten meines alten Bauernhauses bei einem Glas Rotwein gemütlich machen, die Ruhe und das ländliche Flair genießen und endlich wieder einmal dazu kommen, meine Lieblingsautoren Martin Suter, Bernhard Schlink oder Paulo Coelho zu lesen. Liebe Britta, wir danken für das nette Gespräch.

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T2

Ostkurve ‘15

Bürgermeister-Wahlen

Entscheidungen im November In zwei Kommunen in Oberhavel stehen in diesem Jahr noch Bürgermeisterwahlen bevor. In beiden kämpfen SPD-Kandidaten um den Rathaussessel: Josef Andrle in Hohen Neuendorf und Carsten Schneider in Oberkrämer. In Hohen Neuendorf kämpft Josef Andrle für eine familienfreundliche Stadt. Er will, dass Kitas vormittags künftig beitragsfrei sind. Außerdem setzt er sich ein für mehr bezahlbare Wohnungen, eine bessere Beleuchtung von Wegen und Plätzen sowie für eine bessere Zusammenarbeit von Ordnungsamt und Polizei. Carsten Schneider (Foto: rechts neben OHV-Landrat Ludger Weskamp) will das Rathaus von Oberkrämer erobern. Als Fraktionsvorsitzender der SPD-Fraktion in der Gemeindevertretung ist er vielen Bürgerinnen und Bürgern als kompetenter Ansprechpartner bekannt. Aktuell setzt er sich dafür ein, kinderreiche Familien bei den Kita-Gebühren zu entlasten.

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Ostkurve ‘15 Achtung, Ortsvereinskassierer! Das Jahr neigt sich langsam aber sicher dem Ende entgegen. Daher gilt es jetzt schon, erste Vorbereitungen für den Kassenabschluss im Ortsverein zu treffen. Spätestens zum 31. Januar eines jeden Jahres müssen die Kassenabschlüsse von den Ortsvereinsvorständen beschlossen sein und an die jeweils zuständige SPD-Geschäftsstelle übermittelt werden. Achtung, das Parteiengesetz ist streng und nimmt die Verantwortlichen entsprechend in die Pflicht. Unser Praxistipp:

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Die meisten Ortsvereine nutzen zur Buchführung bereits die Software „SPD-Kassenbuch“. Nähere Hinweise und Informationen erhalten die Ortsvereinskassierer dazu in den jeweiligen SPD-Geschäftsstellen. Sollten wichtige Zugangsdaten verloren gegangen sein, kann sich der entsprechende Ortsvereinskassierer über ein Online-Formular des Dienstleisters „Office-Consult“ melden. ◼

NBERICH

Der Beweis: „SPD-Kassenbuch“ erleichtert die Arbeit!

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NACHGEHAKT:

Wie PEGIDA die Stimmung im Land vergiftet Dresden. Montag für Montag ziehen Tausende durch die Straßen. Immer vorne mit dabei: altbekannte Nazigrößen. Auf der Bühne werden fremdenfeindliche Parolen gebrüllt. Vor der Bühne johlen sie, wenn ein hasserfüllter Redner KZs herbeiwünscht und tragen symbolische Galgen für Kanzlerin und Vizekanzler. Dresden, die schöne Stadt an der Elbe, ist seit einem Jahr Synonym für ein anderes, ein hässliches Deutschland. Im Januar berichtete die OSTKURVE intensiv über PEGIDA. Während viele damals noch von „besorgten Bürgern“ sprachen, warnte Dirk Wilking, Geschäftsführer des Brandenburgischen Instituts für Gemeinwesenberatung, bereits

PEGIDA marschiert durch Dresden.

in der OSTKURVE: „Wir sehen bei den Demonstrationen vorneweg immer wieder bekannte Nazis.“ NPD, freie Kameradschaften und andere Gruppen versuchen, aus der Stimmung Kapital zu schlagen. „In besonderem Maße gilt das auch für die AfD.“ Brandenburgs Verfassungsschutzchef Carlo Weber erklärte gegenüber der OST-

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KURVE: „Seit der Bundestagswahl 2013 versuchen Rechtsradikale mit höchsten Anstrengungen, aus der zunehmenden Zahl von Bürgerkriegs-Flüchtlingen Kapital zu schlagen. Sie hetzen im Internet und auf Demonstrationen. In einem Flugblatt werden Flüchtlinge mit ,fremden Giften‘, die ein Volk befallen, in Verbindung gebracht. Das ist pure NS-Agitation.“ Ein Jahr später: PEGIDA hat sich zu einer offen fremdenfeindlichen Bewegung entwickelt. Niemand, der Montags dem Tross hinterherläuft, kann sich davon mehr freisprechen. Das Gift, das PEGIDA in unsere Gesellschaft trägt, ist nicht mehr zu übersehen. Im sächsischen Freital ging ein rechter Mob auf Flüchtlinge los und konnte nur im letzten Moment von der Polizei gestoppt werden. Man wolle die „Treibjagd eröffnen“ und halte „Zyklon B für das richtige Willkommensgeschenk“ sagten die „besorgten Bürger“ in die Kamera eines Nachrichtensenders. Der schreckliche Hass gegen Fremde hat im vergangenen Jahr zugenommen. Höhepunkt war das Attentat auf die Kölner Oberbürgermeisterkandidatin Henriette Reker. Der Täter gab zu, sie wegen ihrer Flüchtlingspolitik auf offener Straße töten zu wollen. In Brandenburg, und das ist die gute Nachricht, sind bislang alle

Januar-Titelseite der OSTKURVE. Ausführlich berichteten wir über das neue Phänomen, deren Ursachen und Gefahren.

Versuche, fremdenfeindliche Bewegungen auf die Straße zu tragen, am Widerstand der Zivilgesellschaft gescheitert. Fremdenfeindliche Attacken gab es allerdings auch bei uns. In Nauen fiel eine Schulturnhalle Brandstiftern zum Opfer. Flüchtlingen hätte die Halle als Notunterkunft dienen sollen. Gegen Parteibüros von SPD und Linken kam es zu Steinwurfattacken. In Cottbus gab es gewaltsame Übergriffe gegen ausländische Studenten. Besonders vergiftet ist das Klima auf Facebook. Unverhohlen lassen Fremdenfeinde dort ihren Hassbotschaften freien Lauf oder rufen zu Straftaten auf. Bundesjustizminister Heiko Maas will das nicht hinnehmen. Gegenüber der Ostkurve erklärter er im Interview: „Die Justiz geht jetzt schneller gegen Hetzer vor.“


„Die Justiz geht jetzt schneller gegen Hetzer vor“

E X K LU S I VI N T E RV I E W

Bundesjustizminister Heiko Maas über Hass im Internet

D

as Internet ist voll von hasserfüllten Botschaften. Besonders Facebook sticht immer wieder heraus. Als Justizminister hast Du Dich bereits mit Facebook-Verantwortlichen getroffen. Was ist bei dem Gespräch herausgekommen? Maas: Facebook hat sich klar zu seiner Verantwortung bekannt und ist bereit, seinen Teil zur Lösung dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe beizutragen. Das ist ein wichtiges Signal. Wir sind uns im Ziel einig: Fremdenfeindliche und rassistische Hassbotschaften, die gegen Strafgesetze verstoßen, müssen schneller und umfassender aus dem Netz verschwinden. Wir haben mit Facebook die Einrichtung einer Task Force verabredet. Diese wird bis Jahresende konkrete Vorschläge erarbeiten, wie man insbesondere das Beschwerdemanagement der sozialen Netzwerke verbessern kann. Das geht nur, wenn man andere Plattformbetreiber einbindet und auch mit den zivilgesellschaftlichen Organisationen spricht, die als Internet-Beschwerdestellen bereits umfassende Erfahrungen bei der Bekämpfung von Hass und Hetze im Internet haben. OSTKURVE: Was kann man als Facebook-Nutzer tun, wenn man auf widerliche Postings stößt, z.B. man solle „Ausländer an einem Strick um den Hals aus Deutschland zerren“, Facebook die Löschung aber verweigert?

Das Internet prägt die Debattenkultur und das gesellschaftliche Klima. Deshalb sollte niemand ignorieren, was dort vor sich geht. Die Justiz darf das nicht. Diejenigen, die mit dem Internet Geld verdienen, dürfen das aber auch nicht. Unabhängig von einer Beschwerde bei Facebook, sollten die Strafverfolgungsbehörden eingeschaltet werden. Volksverhetzung, Aufforderung zu Straftaten und Bedrohung – das Strafrecht setzt der Meinungsfreiheit klare Grenzen. Anfang Oktober hatte in Mecklenburg-Vorpommern ein 26jähriger im Internet angekündigt, eine Flüchtlingsunterkunft anzuzünden. Schon einen Tag nach seinem Posting wurde er vom Amtsgericht Wismar im beschleunigten Verfahren zu fünf Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung und einer Geldstrafe verurteilt. In ganz Deutschland geht die Justiz jetzt immer öfter und immer schneller gegen Hetzer im Internet vor. Facebook ist nur das prominenteste Beispiel im Netz. Gibt es keine gesetzliche Möglichkeit, Volksverhetzung im Netz wirkungsvoll zu unterbinden? Wenn die Grenzen zur Straftat überschritten sind, muss die Jus-

tiz aktiv werden und diejenigen bestrafen, die solche Kommentare verfassen. Das tut sie auch, aktuelle Urteile und Ermittlungen zeigen es. Das ist ein wichtiges Signal, das jedem rechten Hetzer deutlich macht: Was in der analogen Welt verboten ist, ist auch in der digitalen Welt nicht erlaubt und wird bestraft. Bei der Verantwortung für Hasskommentare wird ein Hostprovider wie Facebook durch das europaweit harmonisierte Telemedienrecht privilegiert. Er muss für die Inhalte, die seine Nutzer posten, zivil- und strafrechtlich grundsätzlich nicht gerade stehen. Das gilt aber nur dann, wenn er rechtswidrige Postings unverzüglich löscht, sobald er von deren rechtswidrigem Inhalt erfährt. Leider reagiert Facebook bei Hassbotschaften bisher viel zu langsam und lehnt die Löschung gemeldeter Postings häufig ab. Wenn das so bleibt, riskiert Facebook sein Haftungsprivileg und nimmt in Kauf, dass dann seine Mitarbeiter für Rechtsverstöße zur Rechenschaft gezogen werden können.

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Ostkurve ‘15

Neumitglied des monats Politik interessiert mich, weil Politik größtenteils mitbestimmt, was in der Welt so abgeht, und davon möchte ich ein Teil sein. Außerdem kann man, wenn man mitmacht, die Dinge besser durchschauen. Die SPD ist meine Partei, weil schon mein Vater seit vielen Jahren Mitglied ist und in meinem Wohnort Woltersdorf Vorsitzender ist und ich nur Positives mitbekomme. Zur SPD gekommen bin ich einfach weil ich jetzt Lust hatte mitzumachen. Ich bin zum 18. Geburtstag eingetreten. Ich bin ein ziemlich impulsiver Mensch, wenn ich etwas jetzt machen möchte, schieb ich es nie lange auf. Politikunterricht hat mich auch schon immer interessiert, leider hab ich jetzt erst einen richtig guten Lehrer, aber besser spät, als nie. Kontakt zur örtlichen SPD hatte ich ebenfalls schon, auch durch meinen Vater :)

Alva Grünke 18 Jahre OV Woltersdorf

Mit dem Roten Adler durchs Jahr

Mehr auf der Facebook-Seite der SPD Brandenburg SEITE 16


Ostkurve ‘15 Brandenburger Köpfe

Ende September wurde Stefan Zierke zum neuen Sprecher der Landesgruppe Brandenburg der SPD-Bundestagsfraktion gewählt. Er tritt damit die Nachfolge der Bundestagsabgeordneten Andrea Wicklein an, die nicht mehr für das Sprecheramt kandidierte.

Andrea Wicklein, seit 2002 im Deutschen Bundestag, wird bei der nächsten Bundestagswahl im Jahr 2017 nicht erneut antreten.

von Premnitz (HVL) werden. Ralf Tebling ist schon seit vielen Jahren Ortsvorsteher des Stadtteils Mögelin und seit 2012 Vorsitzender Premnitzer Stadtverordnetenversammlung. Der bisheriIm April 2016 will Ralf Tebling ge Bürgermeister Roy Wallenta (im Foto rechts, neben Felix (parteilos) wird voraussichtlich Menzel) SPD-Bürgermeister nicht wieder kandidieren.

Foto: Stadt Eberswalde

Schon gewusst?

Der Spritzkuchen Gustav Louis Zietemann, geboren 1807, seines Zeichens Konditor und Lebküchler, erhielt am 23. Februar 1832 die Genehmigung, sich als Konditor in Eberswalde niederzulassen. Dort bot er erstmals Eberswalder Spritzkuchen an. Brandteig als Ausgangsmaterial gab es zwar schon länger. Zietemann entwickelte aber die Technik, Kringel auf Papier zu spritzen und anschließend in heißem Fett auszubacken.

Am 11.11. beginnt die närrische Zeit: Dazu passen Spritzkuchen ganz ausgezeichnet!

„Spritzkuchenbursche Gustav“, Bronze von Eckhard Herrmann, 2007 eingeweiht anlässlich des 175-jährigen Jubiläums der Eberswalder Spritzkuchen

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Ein Spaziergang am Mühlensee: Erholung für Körper und Geist Carsten Schneider, Oberkrämer

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Mein Macht mit und sendet uns Euer liebstes Stück Brandenburg an ostkurve@spd.de

liebstes

Stück SEITE 19 Brandenburg


Service

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3 Fragen zur Arbeit im Ortsverein Grundsätzlich Ja. Um Mitglied der SPD zu werden, muss das 14. Lebensjahr gem. §2 Organisationsstatut vollendet sein. Weder das Organisationsstatut noch die Finanzordnung oder das Parteiengesetz enthalten Regelungen über ein Mindestalter für Vorstandsmitglieder. In den Kommentierungen zum Vereinsrecht heißt es, dass natürliche Personen zumindest beschränkt geschäftsfähig sein müssen. 14-Jährige sind dies. Voraussetzung ist jedoch, dass eine Zustimmung des gesetzlichen Vertreters vorliegt. Aber Achtung: Aufgrund der besonderen Haftungsrisiken wird davon abgeraten, dass Minderjährige Ämter des Vorsitzenden, Kassierers oder Revisors übernehmen.

Immer mal wieder kann es durch Unachtsamkeit geschehen, dass bei der Versendung einer E-Mail an mehrere Empfänger, diese nicht in die BCC-Adresszeile eingefügt werden und somit für alle anderen Empfänger sichtbar sind. Dies kann, sofern es sich um private Adressen handelt, zu weitreichenden Konsequenzen und hohen Bußgeldern führen, da die Verwendung eines offenen E-Mail-Verteilers einen Datenschutzverstoß darstellt. Aus diesem Grund bitte immer sorgfältig prüfen, dass die Empfangsadressen im BCC-Feld des E-Mail-Programms eingefügt werden.

Grundsätzlich Ja. Parteien haben Anspruch auf Zulassung von politischen Veranstaltungen in öffentlichen Einrichtungen der Kommunen. Voraussetzung ist immer, dass die Einrichtung der Öffentlichkeit „gewidmet“ wurde, sie also für die Öffentlichkeit und nicht nur einen privaten Personenkreis zugänglich ist. Die Stadthalle, der Gemeinderaum oder auch ein Veranstaltungsraum im Rathaus sind öffentliche Einrichtungen. Für die Nutzung darf die Kommune eine Gebühr erheben.

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Service

Flüchtlingshilfe leicht gemacht Wie verbindet man Helfende und Hilfesuchende am besten miteinander? Wie kommt die Hilfe dort an, wo sie gebraucht wird? Seit Anfang Oktober gibt es darauf eine Antwort: HelpTo – das Flüchtlings-Hilfe-Portal. Mit wenigen Klicks kann man eigene Angebote oder Gesuche einstellen und auf vorhandene Einträge reagieren, egal ob es sich um Sachspenden, ehrenamtliches Engagement oder die Vermittlung von Arbeit oder Wohnraum handelt. HelpTo bringt Flüchtlinge, engagierte Bürger,

Initiativen, Organisationen, Kommunen und Unternehmen zusammen und unterstützt die Helfer vor Ort. HelpTo ist auf Städte und Landkreise ausgerichtet und kann kostenlos genutzt werden. Bei Interesse reicht eine E-Mail an kontakt@ helpto.de. HelpTo ist ein gemeinnütziges Projekt des Vereins Neues Potsdamer Toleranzedikt und finanziert sich über Spenden, Sponsoring und Kooperationen. Mehr Informationen unter: www.helpto.de

28. November, Potsdam, Kongresshotel

Landesparteitag

Kinderbetreuung Auf dem nächsten Landesparteitag bietet der Landesverband Kinderbetreuung durch einen professionellen Dienstleister an. Delegierte und Gäste, die diese kostenlos in Anspruch nehmen wollen, melden sich bitte unter Angabe des Kindesalters und der gewünschten Betreuungszeit bis zum 20. November beim SPD-Landesverband unter: info@spd-brandenburg.de bzw. Tel. 0331-730 980 0

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abpfiff.

Die Kurven-Glosse

Gute Freunde kann niemand trennen Deutschland ist tief verunsichert. Wurde unser Sommermärchen 2006 gekauft? Ist am Ende sogar der Kaiser himself darin verwickelt? Nein, das wollen wir uns nicht vorstellen. Nun gut, diese merkwürdige Pressekonferenz vom DFB-Chef konnte uns nicht beruhigen. Waren dann doch mehr neue Fragen als Antworten. Aber zum Glück hat der Franz ja gute Freunde. Den Alfred zum Beispiel. Der arbeitet bei einer Zeitung und hat nach eigenen Aussagen sofort nach Bekanntwerden eine – Achtung – „Intensiv-Recherche“ gestartet. Die bestand dann darin, beim Franz anzurufen und sich erzählen zu lassen, wie der Franz die ganze Geschichte sieht. Das wurde dann ratzfatz veröffentlicht, natürlich mit der Schlagzeile „Beweis, Sommermärchen nicht gekauft!“ Ja, mit guten Freunden hat der Franz echt Glück. Bei der FIFA war der Franz lange mit dem Sepp

befreundet. Der Sepp musste sich auch schon mal erklären, zum Beispiel, warum man eine Fußball-WM ins 50 Grad heiße Katar vergibt (ganz ohne Stimmenkauf natürlich). Oder warum der Sepp nichts unternimmt, wenn auf den FIFA-WM-Baustellen Sklaven die Drecksarbeit machen. Da sprang der Franz dem Sepp zur Seite und erklärte, dass er noch nie einen Sklaven-Arbeiter gesehen hätte. Niemand sei dort – kein Scherz – angekettet. Und schon war der Sepp gerettet. Der Franz. Unter Freunden hilft man sich. Hat er ja sogar schon besungen: „Lass doch die andern reden, was kann uns schon geschehn, wir werden heut und morgen, nicht auseinander gehn. Gute Freunde kann niemand trennen, gute Freunde sind nie allein, weil sie eines im Leben können, füreinander da zu sein ...“

Ostkurve. Der SPD-Landesverband im Regine-Hildebrandt-Haus

IMPRESSUM.

Bildnachweise: Iris Schneider (S.2u); BMJ (S.2o,15); Oliver Lang (S. 3ol); clipdealer.de (S.1,3o,4, 6,17, 21); Piotr Drabik, Lizenz CC BY 2.0; SPD-Landtagsfraktion (S.10); Marc Dietzschkau (S.14); Alva Grünke/privat (S.16); Stadt Eberswalde (S.17); Carsten Schneider (S.18)

Alleestraße 9, 14469 Potsdam 0331 –73 09 80 - 0

FAX 0331 – 73 09 80 - 60 ostkurve@spd.de www.spd-brandenburg.de

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Klara Geywitz Generalsekretärin (V.i.S.d.P.)

Birgit Gorholt Arbeitsgemeinschaften

Daniel Rigot Landesgeschäftsführer

Wilma Jacobi Finanzen

Matthias Beigel Stellv. Landesgeschäftsführer

Arnulf Triller Politik und Kommunikation


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