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BEWÄHRTES NEU DENKEN

BETRIEBSNACHFOLGE:

„BEWÄHRTES NEU DENKEN“

Bei der Weitergabe von Unternehmen ist nicht nur das richtige Timing von größter Bedeutung, sondern auch die bestmögliche Beratung. Fünf Experten verraten beim „Follow me“-Round-Table-Gespräch ihre Tipps für den erfolgreichen Generationenwechsel – und welche Hindernisse es zu umschiffen gilt.

FOTOS: PRONTOLUX

Was ist die „Follow me“-Initiative und welche Services werden angeboten?

Katrin Kuss: „Follow me“ als Servicestelle in der Wirtschaftskammer Steiermark ist eine Gemeinschaftsinitiative der Wirtschaftskammer Steiermark, des Wirtschaftsressorts des Landes, der Stadt Graz und der begleitenden Partnerorganisationen Steiermärkische Sparkasse, Notariatskammer, Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (KSW) und Fachgruppe der Ingenieurbüros zur aktiven Unterstützung des Generationenwechsels in der Steiermark. Wir bieten als Wirtschaftskammer Steiermark durch unser Unternehmerservice gemeinsam mit unseren Partnerorganisationen umfangreiche Services und Informationsangebote: sowohl betreffend Fachfragen zu rechtlichen, steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Themen als auch betreffend Nachfolgersuche/Unternehmenssuche mit der Plattform Nachfolgebörse www.nachfolgeboerse.at.

Welche Bedeutung haben Betriebsübergaben für die steirische Wirtschaft?

Kuss: Bis 2029 stehen in der Steiermark circa 6.400 übergabetaugliche Arbeitgeberbetriebe verbunden mit ca. 80.000 Arbeitsplätzen zur Nachfolge an. Nur mehr knapp die Hälfte aller Unternehmen kann innerhalb der Familie übergeben werden. Dieser Trend zur externen Übergabe wird sich fortsetzen. Erfolgreiche Unternehmensnachfolgen sichern Arbeitsplätze und bieten eine gute Chance, neue Ideen und damit Innovationen zu realisieren.

Firmenübergaben fallen selten aus dem heiteren Himmel – wann ist der richtige Zeitpunkt, sich als Eigentümer darüber Gedanken zu machen?

Kuss: Beim richtigen Übergabezeitpunkt geht es nicht nur um das Alter, sondern auch um den Preis. Eine Betriebsnachfolge muss als Prozess verstanden werden. Wichtig ist schon bei der Planung einer Übergabe, konkrete Entscheidungen zu treffen, was genau an wen übergeben bzw. von wem übernommen werden soll. Wir empfehlen ein schriftliches Nachfolgekonzept sowohl für Übergeber als auch für Nachfolger.

Dieter Kinzer: Der zeitliche Horizont für eine geordnete Übergabe sollte fünf Jahre betragen – vier Jahre Vorbereitungszeit, ein Jahr für die tatsächliche Abwicklung. Wir erleben immer wieder, dass gerade bei Übergaben innerhalb der Familie zu wenig in die Zukunft gedacht wird. Auch, weil sich die wenigsten gerne mit dem Ende ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit beschäftigen.

Friedrich Möstl: Eine Übergabe ist kein Prozess, der schnell in zwei Stunden besprochen werden kann, dazu braucht es jahrelange Beratung und Begleitung durch kompetente Partner. Als Steuerberater sind wird gerade bei vielen kleineren Unternehmungen die erste Ansprechstelle, um über die Zukunft zu reden. Es geht um Menschen, es geht um das Lebenswerk, da schwingen auch viele psychologische Themen mit. Wir sind da gewissermaßen auch als Mediatoren am Werk.

Oliver Kröpfl: Die Empfehlung ist auch, besser zu früh als zu spät zur Hausbank zu kommen. Fragen zum Umgang mit Immobilien, wie viel aus dem Unternehmen herausgelöst werden soll – beschäftigt man

Katrin Kuss Koordinatorin Follow Me Oliver Kröpfl, Vorstandsmitglied Steiermärkische Sparkasse

Dieter Kinzer, Präsident Notariatskammer für Steiermark Friedrich Möstl, Landespräsident der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (KSW)

Rudolf Mark, Obmann-Stv. Fachgruppe der Ingenieurbüros

sich damit schon zu einem frühen Zeitpunkt, lässt sich so gemeinsam die bestmögliche Situation am Ende herstellen.

Was kann bei einer Übergabe schief gehen, wenn man sich nicht rechtzeitig damit beschäftigt?

Rudolf Mark: In den Ingenieursbüros beschäftigen wir uns laufend mit den gewerberechtlichen Betriebsanlagenbewilligungen und dem Arbeitnehmerschutz – zwei Rechtsmaterien mit potenziellen Spannungsfeldern bei Übergaben. Wenn es bei diesen Themen schon im Vorgängerbetrieb gekrankt hat und den gesetzlichen Pflichten über die Jahre nicht nachgekommen wurde, wird auch der Nachfolger seine Probleme haben. Gerade nach Übernahmen kommen die Behörden gerne, um Nachschau zu halten.

Kinzer: Es ist immer von Vorteil, wenn jemand das Unternehmen übernimmt, der schon lange Zeit darin tätig war und sich langsam in der Hierarchie hochgearbeitet hat. Man kennt die Mitarbeiter, die Kunden, und erlebt nach der Übergabe keine negativen Überraschungen. Schwieriger ist es für Käufer, die von außen kommen: Oft haben sie das Problem, dass wichtige Mitarbeiter das Unternehmen nach der Übernahme verlassen, oder dass Kunden wegfallen.

Kröpfl: Wenn es zu externen Übergaben kommt, gehört eine sorgfältige Prüfung des Unternehmens zum Standard. Bei internen Übernahmen, oft im Familienkreis, besteht hingegen eine gewissen „Gschamigkeit“, nicht alle Instrumente der Absicherung zu verwenden. Weil man das ja innerhalb der Familie nicht machen könne, nach dem Motto „es wird schon passen“. Oft passt es dann aber doch nicht.

Gewisse Konfliktlinien und Reibungen bei einer Übergabe können etwas Wertvolles sein. Wenn über wichtige Fragen nicht diskutiert wird, kann das verdammt ins Auge gehen.

Die Zukunftsfitness des zu übergebenden Unternehmens könnte so ein schwieriges Thema am Familientisch sein. Welche Fragen sollten die Nachfolger ihren Eltern stellen?

Kuss: Das gemeinsame Ziel von ÜbergeberInnen und NachfolgerInnen ist die ertragreiche und nachhaltige Fortführung des Unternehmens. Zentrale Voraussetzungen dafür sind zwei Aspekte: Wie übergabetauglich ist das Unternehmen? Wie nachfolgefit und damit zukunftsfit ist das Unternehmen? Eine Unternehmensübergabe ist eine sehr gute Chance, Unternehmen neu zu denken.

Kröpfl: Wie sieht der Auftragseingang aus, was sind die konkreten Gründe dafür, wenn sich dieser im Sinken befindet? Wie breit ist der Kundenstock gestreut? Welche Investitionen sind zu tätigen? Wenn die Antworten darauf nicht die erhofften sind, spricht das nicht von vornherein gegen die Übernahme, aber es ist wichtig, entsprechend zu handeln und z. B. für ausreichend Kapitalisierung zu sorgen. Gerade in der Erstphase nach der Übernahme muss oft Geld in die Hand genommen werden.

Mark: Diese Phase bietet sich auch hervorragend dafür an, das Unternehmen in Sachen Energieautarkie zukunftsfit zu machen. Wir sehen jetzt in der Energiekrise, wie sehr Unternehmen auf die Eigenständigkeit in ihrer Energieversorgung angewiesen sind. Photovoltaik und Solarthermie bieten sich hier an, auch die Umstellung im Transportwesen auf alternative Systeme ist eine große Chance, sich von den volatilen fossilen Energiequellen unabhängig zu machen. Für den Umstieg gibt es zudem eine Vielzahl an Fördermöglichkeiten.

Gefördert werden auch Unternehmer, die sich für eine Übernahme entscheiden. In welchem Ausmaß?

Kröpfl: Hierzulande gibt es eine durchaus ansprechende Förderlandschaft, das zeigt auch der internationale Vergleich. Durch die steigenden Zinsen nimmt das Thema wieder an Fahrt auf, bislang wollten sich manche Unternehmen den Aufwand nicht antun. Für Erstübernehmer gibt es einen attraktiven Zinssatz von 0,875 Prozent für die Finanzierung des Kaufpreises des Unternehmens.

Möstl: Der Kaufpreis ist etwas sehr Subjektives und hängt oft ab von Faktoren abseits von Erfolg und Kapitalisierung. Käufer interessieren sich oft mehr für die Mitarbeiter und bringen ihre eigenen Aufträge mit. Um den Wert eines Unternehmens zu beziffern, schaut man sich die zukünftigen Erfolge und Gewinne an, die es erzielen kann.

Welche steuerlichen Aspekte gilt es bei der Unternehmensübergabe zu beachten?

Möstl: Bei der Unternehmensübergabe sind ertragsteuerliche, umsatzsteuerliche sowie grunderwerbsteuerliche Aspekte besonders zu beachten. Herausheben kann man die steuerliche Begünstigung für Einzelunternehmen und Personengesellschaften, wenn man das 60. Lebensjahr erreicht hat, oder auch im Falle der Erwerbsunfähigkeit und im Todesfalle. Da kann im Falle der Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe der halbe Durchschnittssteuersatz für den Veräußerungsgewinn/Aufgabe„Erfolgreiche gewinn zum Ansatz kommen. Damit eine steueroptimale BeUnternehmensnachfolgen triebsaufgabe oder Betriebsveräußerung gewährleistet ist, sichern Arbeitsplätze empfehle ich jedenfalls, die Steuerberaterin/den Steuerbeund bieten Chancen, rater rechtzeitig zu kontaktieren. Innovationen zu realisieren.“ Kinzer: In Kapitalgesellschaften bietet es sich übrigens auch an, frühzeitig LieKATRIN KUSS genschaften abzutreten, um Koordinatorin Follow me bestimmte steuerliche Effekte nicht auszulösen. Die rechtliche Vorsorge beinhaltet auch das Thema, wenn es in der Familie nicht nur ein Kind gibt, das das Unternehmen übernimmt, sondern noch weichende Kinder und Erben zu berücksichtigen sind. Jedem steht ein Pflichtteil zu, da spricht viel dafür, frühzeitig alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen, um sich nicht später mit Anfechtungen herumschlagen zu müssen. Weitere Informationen unter: www.wko.at/stmk/followme

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„Der Beruf des Metalltechnikers bietet viele offene Stellenangebote.“

JOHANN HACKL Landesinnungsmeister der Metalltechnik

Handwerk mit Perspektive

Beste Verdienstmöglichkeiten und Aufstiegschancen: Der Beruf des Metalltechnikers ist nach wie vor beliebtes Traditionshandwerk – und lässt sich als technische Lehre ideal mit der Matura kombinieren.

Diese Branche steht hoch im Kurs. Was früher einmal Schmied und Schlosser mit ihrem Traditionshandwerk umgesetzt haben, macht heute der Metalltechniker. Dabei reicht der technische Beruf von der Metallbearbeitung über die Herstellung von Bauteilen und fertigen Metallprodukten bis hin zur Produktion und Überwachung von Maschinen und Anlagen. Je nach Schwerpunkt, der in der Lehre festgelegt wird, werden Ausbildungsinhalte von der Fahrzeugtechnik über Schmiedetechnik bis hin zu Zerspanungstechnik gelegt. Dabei lässt sich sogar die Matura mit dem Lehrberuf komplettieren.

TECHNICAL EXPERTS

Durch die Initiative „Technical Experts“, durch die Bewusstsein für die attraktiven Berufsmöglichkeiten innerhalb der Metallbranche geschaffen wird, konnte die Zahl der Maturanten in der Lehre enorm gesteigert werden. Dazu finden jährlich Elternabende bei Technical-Experts-Partnerbetrieben in verschiedenen Regionen statt, bei denen sich Eltern und SchülerInnen über das Projekt informieren können. „Ziel ist es, nach der Matura durch die Lehre ein solides Grundwissen mit praktischem Know-how zu erreichen“, erklärt Landesinnungsmeister der Metalltechnik Johann Hackl. Gesucht werde nämlich das „mittlere Management“ – Werkmeister, Montageleiter und Maschinenprogrammierer, die als neue Fachkräfte oftmals besser verdienen als so mancher Akademiker. „Und in diesem Berufsfeld gibt es viele offene Stellenangebote.“

TOP-CHANCEN

Auch für angehende Lehrlinge bietet die Branche viele Vorteile. Freude an der Gestaltung von Bauteilen, mathematisches und technisches Verständnis, räumliche Vorstellungskraft und die Liebe zum Werkstoff Metall sind Voraussetzungen für die dreieinhalbjährige Lehre, an die man eines von acht sechsmonatigen Spezialmodulen anhängen kann. Unterschiedlichste Weiterbildungen, die Meisterprüfung oder ein Studium nach Lehre mit Matura öffnen einem als Fachkraft, im mittleren Management oder als Unternehmer alle Türen.

FÖRDERUNGEN DER LANDESINNUNG

Damit der Lehrberuf der Metalltechnik weiterhin attraktiv bleibt, fördert die Landesinnung die Aus- und Weiterbildung ihrer Mitglieder sowie deren Mitarbeiter und übernimmt Teile der Kurskosten. Die Landesinnung der Metalltechnik ist ebenso Gründungsmitglied der ARGE Automatisierungstechnik in der Wirtschaftskammer Steiermark – ein Faktor, der von immer größerer Bedeutung in der Metalltechnik wird. Durch Automatisierung kann effektiv dem vorherrschenden Fachkräftemangel entgegengewirkt werden, was in Zukunft das Überleben der Unternehmen absichert.

WICHTIGE LINKS

Landesinnung der Metalltechnik:

www.metalltechnik.org

Infos zu den Lehrberufen der Metalltechnik: www.bic.at Plattform Automatisierungstechnik:

www.at-styria.at

Technical Experts:

www.technicalexperts.at

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