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AGNES MAIER Slam-Poetin und Hebamme
Diese eine besondere Schneeflocke
Ihre bevorzugte Kunstform – Poetry-Slam –entstand als Gegenströmung zu den sogenannten Wasserglas-Lesungen. Sie wissen schon: Autorin oder Autor sitzt mit Wasserglas vor dem Publikum und liest vor. Agnes Maier besuchte vor vielen Jahren ihren ersten Poetry-Slam in Hamburg und war hin und weg: junge Menschen, die lesen; junge Menschen, die schreiben – und die eigenen Texte auf der Bühne performen. Das Publikum ruft und pfeift zwischendurch hinein und bei Gefallen brandet tosender Applaus auf. Am Ende wird abgestimmt, welcher Auftritt der beste war. Noch im selben Jahr, die Grazerin war mitten im Studium zur Hebamme, stand sie selbst auf der Bühne, nicht lange danach trug sie bereits den Titel Vize-Landesmeisterin für Steiermark und Kärnten. Der Rest ist die Erfolgsstory einer außergewöhnlichen jungen Frau, die ihre Kompetenz und Reife aber immer wieder unter Beweis stellen muss. „Das ist manchmal lustig, manchmal lästig“, lacht die 29-Jährige, die oft die Jüngste im Raum ist, vor allem aber bei Elternabenden. Sie ist seit ihrem 16. Lebensjahr Mutter einer Tochter und schreibt ihre drängendsten Fragen an die Gesellschaft auf – die beste Inspiration fürs Texten? „Emotionen! Wenn mich was aufregt, muss ich schreiben. “ Zu den Themen Frau, Sexualität und Gerechtigkeit nimmt sich Agnes Maier kein Blatt vor den Mund. Sie zitiert schon mal bei ihrem Auftritt vor einer Grazer Kirche die vielfältigen umgangssprachlichen
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Slam-Poetin und Hebamme Agnes Maier über die Wunder des Lebens und der Poesie, über „lustig und lästig“ und ihre drängenden Fragen an die Gesellschaft. Von Claudia Taucher
Ausdrücke für Geschlechtsverkehr und schreibt sich mit diesem „Aufregerthema “ ins Gedächtnis des Publikums, obwohl es auch viele andere Themen gibt, die sie umtreiben. „Das Thema macht den größten Teil meiner Lebensrealität aus und so kommt es oft in meinen Texten vor.“ Also kein Kalkül, sondern „meine Gedanken in Worte fassen“. Der angesprochene Text mit dem Titel „Let’s talk about how we talk about sex, Baby“ macht deutlich, wie „gewaltig“ über die angeblich schönste Sache der Welt gesprochen wird. „Ja, ich schreibe provokante Sätze, aber nie abwertend, sondern hoffentlich aufrüttelnd“, klärt Maier, die auch manchmal missverstanden wird – „aber nur, weil ein Text feministisch ist, ist das noch lange kein Männer-Bashing“. In ihrem ersten Buch „Veni, Vidi, Vulva“ geht sie beispielsweise ganz den Themen rund ums Frausein nach. Von Sex bis hin zu den Schwangerschaftsstreifen (siehe Textzitat rechts unten).
Normal und Schneeflöckchen Es beschäftigt sie, dass sie als Hebamme immer die Frage nach dem „Normalsein“ gestellt bekommt. „Das In-der-Norm-Sein ist ein riesiges Thema in unserer Gesellschaft –‚Ist das normal?‘ Zu 98 Prozent ist meine Antwort Ja!“ Derzeit macht sie eine Ausbildung zur Sexualpädagogin und meint dazu: „Im Endeffekt ist es so, dass es so viele Arten von normal gibt und wenn wir alle gleich wären, wäre das komisch, fad und nicht normal! Andererseits streben alle danach, dieses besondere Schneeflöckchen zu sein. Ja, was jetzt? Beides? Das geht sich aber nicht aus!“ Eine große Verunsicherung nimmt sie auch durch die auf Hochglanz polierten Instagram-Bildwelten wahr. „Diese Bilder verunsichern alle, denn die Realität ist ja eine andere. “ Der Vergleich mit anderen sei immer schlecht, ihr ist das Lernen voneinan-
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Info
Agnes Maier geb. 1993, Slam-Poetin 2018: Österr.Vize-Staatsmeisterin 2018, 2017: Landesmeisterin Stmk./Ktn. 2017: Österr. Staatsmeisterin (Einzel und Team) 2015: Vize-Landesmeisterin Stmk./Ktn. Bücher (Verlag Lektora) Veni,Vidi,Vulva (2018) Charmegefühl (2020) Beiträge in den Anthologien „Slam, Oida!” und „20 Zeilen unter dem Meer” Agnes Maier ist Mitglied des Slam Kollektiv: Aktuelle Termine auf slamkollektiv.at agnes-maier.webnode.at fortpflaenzchen-graz.com