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Fester Halt im Leben

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Move it or lose it

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Man fühlt sich gesund, spürt weder Schmerzen noch Einschränkungen. »Ich habe keine Osteoporose.« Das denken viele – leider. Denn auch ohne Symptomatik kann diese Knochen-erkrankung vorliegen. Das bestätigen die Radiologin und Osteoporose-Spezialistin Dr. Birgit Alexander-Suitner und Chefarzt Dr. Peter Gartner im Gespräch. Sie wissen auch, welche Risikofaktoren zu beachten sind und wie effiziente Vorbeugung aussieht. Osteoporose wird bisweilen als »Volkskrankheit« bezeichnet. Eine Übertreibung? Birgit Alexander-Suitner: Das Bewusstsein für die Folgen von Osteoporose ist in der Bevölkerung tatsächlich noch zu gering. Es ist einfach noch nicht angekommen, dass sich vor allem Frauen mit Beginn der Wechseljahre einer ersten Untersuchung unterziehen sollten. Es gibt also eine große Dunkelziffer, und deshalb bin ich mit Zahlen vorsichtig. Ist eine Osteoporose klinisch nicht manifest, d. h. liegen keine Frakturen vor, dann wird sie oft nicht erkannt.

Peter Gartner: Einer Studie zufolge leiden in Österreich 750.000 Personen an Osteoporose, davon sind 600.000 Frauen. Osteoporose betrifft also überwiegend, wenn auch nicht nur, Frauen.

Osteoporose entwickelt sich langsam, leise und unbemerkt. Das heißt, es liegt kein zwingender Grund für den Arztbesuch vor. Gartner: Viele meiner Patientinnen und Patienten reagieren überrascht auf die Frage nach Osteoporose. Auch wenn sie vom Alter her durchaus einer Risikogruppe angehören und regelmäßig einen Arzt aufsuchen, haben sie nie an eine Osteoporose-Vorsorge gedacht. Da wünsche ich mir mehr proaktives Handeln.

Alexander-Suitner: In unserer Praxis ergibt sich ein ähnliches Bild. Eine Abnahme der Knochendichte ist im Alter häufig normal; wird aber ein bestimmter Wert unterschritten, muss gehandelt werden. Der sogenannte T-Wert vergleicht die gemessene Knochendichte mit der eines gesunden Erwachsenen vor der Menopause. Liegt der T-Wert bei minus 2,5, spricht man von Osteoporose. Das heißt noch nicht, dass die Patientinnen oder Patienten an Symptomen oder Einschränkungen wie Schmerzen oder gar Frakturen leiden.

Gartner: Leider wird Osteoporose vielfach erst diagnostiziert, wenn es zu spät ist und bereits Verletzungen aufgetreten sind. Mit diesen Frakturen wie Schenkelhals- oder Wirbelbrüchen beginnt häufig eine fatale Mobilitätseinschränkung älterer Menschen.

Gibt es Vorzeichen einer Osteoporose? Gartner: Es gibt Risikofaktoren wie das Lebensalter. So steigt etwa die Häufigkeit von Hüftbrüchen zwischen dem 50. und dem 90. Lebensjahr um das Zwei- bis Vierfache pro Lebensjahrzehnt. Auch das Geschlecht gehört dazu, Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Es gibt familiäre Häufungen, also eine genetische Disposition. Lebensstilfaktoren wie Rauchen und Bewegungsarmut sowie eine Ernährung, die zu Kalzium- und Vitamin-D-Armut führt, begünstigen Osteoporose ebenfalls. Auch stark untergewichtige Menschen, etwa mit oder nach einer Anorexie, haben ein vermehrtes Risiko.

Alexander-Suitner: Nicht nur bei Anorexiepatientinnen und -patienten sehen wir sogenannte sekundäre Osteoporosen. Auch bei Rheumatikern, die Kortisonpräparate einnehmen, nach Chemotherapien, bei Schilddrüsenerkrankungen oder chronisch entzündlichen Darmerkrankungen ist eine Osteoporosevorsorge zwingend notwendig. Menschen mit einer Laktoseintoleranz oder mit Magenbändern nehmen Nährstoffe, vor allem Kalzium, aus dem Darm schlecht auf, bei ihnen gehört die regelmäßige Messung der Knochendichte ebenfalls zur Vorsorge.

Gartner: Hier kommt die Mayr-Medizin ins Spiel: Ein gut sanierter Darm ermöglicht die Aufnahme von Vitaminen und Spurenelementen vom Darm ins Blut und deren Einbau in den Knochen.

Können auch Männer an Osteoporose erkranken? Alexander-Suitner: Ja, aber weniger häufig. Männer, die zur Abklärung zu uns kommen, haben oft bereits niedrigtraumatische Frakturen erlitten. Bei älteren Männern mit unklaren Frakturen ist auf jeden Fall an Osteoporose zu denken.

Gartner: Man weiß, dass der Östrogenmangel nach der Menopause Osteoporose begünstigt. Das Knochengerüst der Frauen unterscheidet sich aber auch strukturell von jenem der Männer, es ist wesentlich feiner.

Woran könnte man eine krankhafte Verminderung der Knochendichte noch erkennen? Gartner: Wenn sich die Körpergröße merklich vermindert, sollte der Hausarzt eine Knochendichtemessung veranlassen. Häufig sehe ich in meiner Praxis auch das »Tannenbaum-Phänomen«: Die Haut am Rücken wirft sich in regelmäßige Falten, das sieht einem Tannenbaum ähnlich und ist auf die Verkleinerung der Wirbel zurückzuführen. In diesem Fall rate ich ebenfalls zur Abklärung.

Wie verläuft die Knochendichtemessung? Alexander-Suitner: Der »Goldstandard« bei dieser Untersuchung ist derzeit die DEXA-Methode, die mit Röntgenstrahlen arbeitet – eine kurze, nicht invasive Untersuchung mit äußerst geringer Strahlenbelastung, geringer als bei jedem Flug. Dazu kommt ein Röntgen der Brust- und Lendenwirbelsäule, um versteckte Frakturen zu entdecken, die auch bei T-Werten im Normbereich auftreten können. In unserer Praxis arbeiten wir außerdem mit der TBS-Messung, einer speziellen Software, bei der ich mir das Maschenwerk in einem Knochen anschauen kann. Damit erhalte ich ein genaueres Bild der Knochenstruktur, das noch besser das Risiko einer künftigen Fraktur vorhersagen lässt. Auch der Therapieerfolg lässt sich damit exakter verfolgen. Wie oft sollte man eine solche Untersuchung machen? Alexander-Suitner: Das hängt vom Untersuchungsergebnis ab. In unserer Radiologiepraxis führen wir Knochendichte- und TBS-Messungen durch. Ein Fragebogen gibt außerdem Aufschluss über Risikofaktoren und die Wahrscheinlichkeit von sekundären Osteoporosen. Der behandelnde Arzt wird noch ein Blutlabor veranlassen, um u. a. hormonelle Störungen bzw. Störungen der Schilddrüse oder der Nebenschilddrüse auszuschließen. Das Ergebnis der Gesamtuntersuchung bestimmt die Frequenz weiterer Messungen. Unser Gerät liefert automatisch Vergleichswerte zu vergangenen Untersuchungen. Damit sind wir in der Lage, Verschlechterungen sowie Verbesserungen exakt zu dokumentieren.

Es kann also auch zu Verbesserungen kommen? Alexander-Suitner: Durchaus. Bei entsprechender Therapiedisziplin lässt sich Osteoporose stoppen, in einigen Fällen sogar verbessern – und zwar auch noch im höheren Alter. Dabei bedarf es nicht immer einer medikamentösen Therapie.

Gartner: Wobei die klassischen Osteoporosemedikamente, die sogenannten Bisphosphonate, nun in neuer Form dargereicht werden können. Sie verursachten oft Beschwerden im Magen-DarmTrakt; jetzt kann die Medikamentengabe auch als Halbjahresspritze oder sogar als Jahresinfusion verabreicht werden.

Wie sieht eine Osteoporose-Prophylaxe aus? Gartner: Ernährung und Bewegung sind die beiden Säulen einer idealen Osteoporose-Prophylaxe. Sie sind auch wichtige Begleiter einer sinnvollen Therapie. Die Änderung des Lebensstils ist erfahrungsgemäß für unsere Patientinnen und Patienten die schwierigste Übung. Bei einem Aufenthalt im Park Igls können wir ihnen aber wesentliche Module vermitteln. Wie schon erwähnt, spielen Kalzium und Vitamin D eine große Rolle bei Prophylaxe und Therapie von Osteoporose.

Alexander-Suitner: Mit der Nahrung nehmen wir über Milch und Milchprodukte, vor allem Hartkäse, Kalzium zu uns. Auch in Kohlsorten und in Brokkoli, in Eiern oder Fleisch befindet sich Kalzium. Für die Aufnahme von Kalzium ins Blut und den Einbau in den Knochen benötigt der Körper Vitamin D, das durch Sonnenbestrahlung gebildet wird.

Gartner: Die Darmsanierung im Rahmen der MayrKur ermöglicht erst das gesunde Zusammenspiel von Nährstoffen und deren Absorption. Ein übersäuerter Organismus verhindert nämlich die Kalziumabsorption. Schon Erich Rauch, Altmeister der Mayr-Medizin und Lehrer unzähliger Mayr-Ärzte, spricht von der Azidose – der Übersäuerung – als Hauptursache vieler Leiden. Wenn man etwa morgens ein Glas Orangensaft trinkt, damit die Übersäuerung kurzfristig erhöht und gleichzeitig kalziumreiche Nahrung zu sich nimmt, kann das zu Gefäßverkalkungen führen. Deshalb kombinieren wir in der Mayr-Medizin basische Ernährung mit der Gabe von basischen Substanzen oder Basenbädern.

Alexander-Suitner: Ein Vitamin-D-Mangel verhindert die optimale Versorgung der Knochen mit Kalzium. In unseren Breiten kann der Körper im Winter oft nicht ausreichend Vitamin D bilden. Deshalb gehört die Gabe von Vitamin-D-Präparaten zur Osteoporose-Vorsorge.

Gartner: Im Sommer rate ich zu Sonnenbädern ohne hohen Lichtschutzfaktor, die allerdings nicht länger als zehn Minuten dauern sollten. Dann ab in den Schatten! Das ist die beste Vorsorge für die VitaminD-Versorgung und die Vermeidung von Hautkrebs gleichermaßen.

Welche Art der Bewegung ist für den Knochenaufbau gut? Alexander-Suitner: Im Prinzip jede Bewegung, bei der die Muskeln arbeiten müssen, zum Beispiel Krafttraining, Trampolinspringen oder Übungen mit Vibrationsplatten. Wenn ich dabei an der frischen Luft und insbesondere in der Sonne sein kann, umso besser. Schwimmen fördert zwar die Ausdauer, ist aber für den Knochenaufbau wenig wirksam.

Gartner: Bei einem Aufenthalt im Park Igls lernen unsere Gäste im Rahmen der physiotherapeutischen Osteoporosegymnastik speziell geeignete Übungen, etwa mit dem Theraband. Auch Koordinationsübungen zur Sturzprophylaxe sind wirkungsvoll. Bewegung fördert den Knochenstoffwechsel und ist nicht nur für den Körper, sondern auch für die Psyche ein wunderbares Heilmittel.

Dr. med. Birgit Alexander-Suitner

Nach ihrem Medizinstudium an der Universität Innsbruck arbeitete Dr. Birgit Alexander-Suitner am Krankenhaus St. Vinzenz in Zams/Tirol. Dort absolvierte sie ab 2004 ihre Ausbildung zur Ärztin für Allgemeinmedizin und anschließend zur Fachärztin für Radiologie. Während dieser fachärztlichen Spezialisierung, die sie 2013 abschloss, erwarb sie noch Zusatzdiplome als Notärztin und ÖAKDiplom-Schulärztin. Dr. Birgit AlexanderSuitner gehört zum Ärzteteam der Facharztpraxis »Radiologie Innsbruck«; die Knochendichtemessung ist eines ihrer Spezialgebiete. Sie ist aktives Mitglied der Österreichischen sowie der Europäischen Röntgengesellschaft (ÖRG bzw. ERG). Als Konsiliarärztin des Park Igls ist Dr. Alexander-Suitner für Knochendichtemessungen zuständig, die sie in der Praxis »Radiologie Innsbruck« durchführt.

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