# Bürokultur
# ARBEITSWELT
BEGEGNUNG DER DRITTEN ART
Mit dem New Normal sind wir an einem Punkt angelangt, an dem Bürogebäude infrage gestellt werden. Vor diesem Hintergrund gehen Prof. Mark Phillips und Dipl.-Ing. Angelika Donhauser von der Hochschule Coburg zusammen mit dem Architekturbüro Kinzo der Frage nach, wo Büroarbeit künftig wie stattfinden wird. Von Kinzo entworfener Co-Kreativraum beim Saatguthersteller KWS in Berlin.
Die Corona-Pandemie hat einen Reflexions prozess, der unter dem Begriff New Office die Bürobranche bereits zuvor durchgeschüttelt hat, noch weiter befördert. Wie also werden sich Kreativräume im New Normal darstellen? Die Raumgestaltung von physischen Räumen kann nachweislich Einfluss auf Kreativität, Interaktion, Kommunikation, Fehlerhäufigkeit und Geschwindigkeit von Mitarbeitenden im Büro haben. Gut ablesbar sind diese Zusammenhänge in zwei Studien, die Prof. Craig Knight an der University of Exeter und Ben Waber, Jennifer Magnolfi sowie Greg Lindsay am MIT durchgeführt haben. Bessere Ergebnisse wurden dann erzielt, wenn die Studienteilnehmenden ihren Arbeitsplatz individuell gestalten konnten bzw. wenn sie in Bewegung waren.
SOZIALE BEGEGNUNGSSTÄTTEN Die Corona-Krise beschleunigt einen Trend, der sich angedeutet hatte: Die Umdeutung des Büros vom rein sachbezogenen Arbeitsort hin zu einem Ort der sozialen Interaktion. In Zukunft werden Mitarbeitende genauer entscheiden, warum sie ein Büro aufsuchen und zu welchem Zweck. Das Büro verliert damit seine Bedeutungshoheit als alleinige Arbeitsstätte und verändert sich auch in der Planung. Büros müssen zukünftig in erster Linie soziale Begegnungsstätten sein und Kommunikation und
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Kollaboration fördern. Die neuen Büros werden sich auf Fokuszonen, Co-Creation und informelle Begegnungen ausrichten. Die Bedeutung von Zwischenräumen und Gemeinschaftsflächen wird zunehmen.
INDIVIDUELLE ANPASSUNG Die Flexibilität, die das Konzept Homeoffice ermöglicht, erlaubt es prinzipiell, überall zu arbeiten. Das kann zu Hause sein, aber genauso gut in einem Café, im Park, bei einem Bekannten, im Hotel – oder eben in einem Coworking Space. Flexibilität bedeutet nicht, alle diese Orte die ganze Zeit durcheinander zu nutzen. Es bedeutet, dass wir unser Verhalten individuell so ändern und anpassen können, wie es für jeden einzelnen Sinn macht.
DER „DRITTE ORT“ Dies ist ein enormes Potenzial, das natürlich auch das Homeoffice (erster Ort für Arbeit) oder den Arbeitsplatz im Unternehmen (zweiter Ort für Arbeit) mit einbezieht, aber weit über den Dualismus dieser beiden Orte als einzige Möglichkeiten hinaus geht. Wenn wir uns mit solchen zukünftigen dritten Orten für kreatives Arbeiten beschäftigen, wird es um unser Wohlbefinden, um eine Verbesserung des Arbeits alltages und um ein sinnhaftes Arbeiten gehen.
Die zukünftigen Kreativräume nach dem (Corona-)Homeoffice werden wohl genau die dritten Orte sein, die wir uns selbst erarbeiten – weil wir sie nutzen wollen, sie uns fördern und einfach guttun. Der „Dritte Ort“ ist eine Verbindung der Vorteile der Arbeitsplätze im Unternehmen und im Homeoffice und bietet darüber hinaus weitere positive Aspekte, die insbesondere von den Generationen Y und Z – und somit den zukünftigen Mitarbeitenden – besonders geschätzt werden.
MARK PHILLIPS Professor für expe rimentellen Raum, Hochschule Coburg. Wissenschaftliche Begleitung, Kinzo Architekten.
ANG ELIKA DONHAUSER Lehrbeauftragte, Hochschule Coburg, Kinzo Architekten. hs-coburg.de kinzo-berlin.de
Abbildung: Schnepp Renou
FLEXIBLES ARBEITEN IN KREATIVRÄUMEN DER ZUKUNFT