MFK 01/2017 | HALTUNG

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HALTUNG

AUSGABE 01/2017


INHALT

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HALTUNG

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(K)EIN ESSAY ZUM THEMA...

DIE WIRBELSÄULE IN GEFANGENSCHAFT

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MARKRADIO – EIN INTERVIEW

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KURZTEXTE & LYRIC

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POSTITIONEN BEZIEHEN & BIEGSAM BLEIBEN

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ZUM BEGRIFF "HALTUNG"

YOGA MIT MARITA

ICH HABE EINE HALTUNG

EINE FRAGE DER EINSTELLUNG

RÄTSEL & REZEPT

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BLATTLINIE/ IMPRESSUM


LIEBE LESERIN, LIEBER LESER, seit einem guten halben Jahr beschäftigen wir uns intensiv mit dem Begriff „Haltung“. Nun habt ihr endlich das Ergebnis vor Augen. Warum wir das Thema gewählt haben? Es bietet zahlreiche verschiedene Interpretationsmöglichkeiten und –spielräume. Man kann von einer rein physischen Haltung ausgehen, wie Marita Voithofer in ihrer Yoga-Anleitung und Pamina Milewska in ihrem Manifest gegen die Buckelgesellschaft beweisen. Auch im Titelbild erkennt man zwei Beispiele physischer Haltungskorrekturen ungleichen Zwecks: Ein Korsett für die Verringerung von Skoliose sowie ein Korsett zur Erlangung eines gewissen Schönheitsideals. Beide versuchen dich in die richtige Position zu pressen, beide vertreten aber unterschiedliche Absichten. Auch Ruth Mayr hat sich für den Leitartikel „abgebuckelt“, nähert sich aber gedanklich der ideologischen Form der Haltung. Wer bin ich, welche Haltung habe ich, zu was stehe ich? Clemens Shittko nimmt hier einen klaren Standpunkt ein, während Dominik Gruber und Michael Lehner versuchen, den Begriff mit Adorno näher zu erklären. Veronika Aschenbrenners Essay über das Thema entpuppt sich als Gespräch über die Wichtigkeit einer Haltung insbesondere in literarischen Werken wie diesem.

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Sogar das Magazin selbst hat eine Einstellung: Die sogenannte Blattlinie auf der letzten Seite des Heftes. Wir waren wieder einmal total begeistert von den vielen verschiedenen Herangehensweisen zum Thema. Alle Ideen, Illustrationen, Fotos und Texte, die ins Magazin gefunden haben, sind gelungen. Der Leitgedanke der nächsten Ausgabe wird im September 2017 bekannt gegeben. Alle Infos zum Redaktionsschluss findet ihr wie immer auf www. marksalzburg.at/projekte/mfk bzw. auf unserer Facebook-Seite facebook.com/magazinfuerkultur. Vorerst aber viel Spaß mit dieser Ausgabe des MFK. Bewahrt eure Haltung, aber lasst euch vielleicht von dem ein oder anderen guten Standpunkt überzeugen. JOHANNA GRUBER

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POSITION BEZIEHEN & BIEGSAM BLEIBEN 2

Fotos JOHANNA GRUBER Text RUTH MAYR

Ich liege auf dem Rücken, mein rechtes Bein nach oben in die Luft gestreckt. Auf der Fußsohle balanciere ich ein Buch. Hardcover. Dreh dich auf den Bauch und wieder zurück, ohne dass das Buch runterfällt, hat die Therapeutin gesagt. Ich lache und mein Körper ist ratlos: Wie soll das gehen?

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Seit Wochen trage ich das Thema „Haltung“ mit mir herum, ziehe jedes Mal, wenn ich daran denke, die Schultern unwillkürlich etwas nach unten. Als könnte ich über Haltung nicht zusammengesunken schreiben. Immer wieder lande ich bei den Begriffen „aufrecht“ und „gerade“, egal, ob ich mich von der physiologischen oder der ideologischen Seite nähere. Haltung zeigen, eine Haltung haben. Wie schnell man dabei beim Thema Norm angelangt. Das Gerade, das Aufrechte, ist das Ideal. Wirbel, die sich in der richtigen Krümmung aneinanderreihen, keine Buckel bilden, die erlauben, dass man mit zwei gleich langen Beinen fest auf dem Boden steht – so soll es sein, und wenn es nicht so ist, dann: Physiotherapie, Osteopathie, Korsett, Massage, Akupunktur, Einlagen, Operation. An den körperlichen Makeln (die halt leider oft mit Schmerzen einhergehen) kann angesetzt werden. Die geistigen Verkrümmungen bleiben meist unbehandelt. „Ein aufrechter Mensch.“ „Ein grader Michl.“ – sagt heute aber sowieso keiner mehr, oder? Ist es eigentlich noch positiv konnotiert, wenn sich Menschen nicht verbiegen (lassen), oder steht Flexibilität als Wert über allem? MFK 01/2017

Nachdem mir das Hardcover zweimal fast ins Gesicht gefallen wäre, wechsle ich zu Taschenbuch. Auf die Übung selbst hat das kaum Einfluss, aber es tut weniger weh, wenn es runterfällt. Ich drehe meine Hüften und schaue dem Buch zu, wie es immer weiter in Schräglage gerät. Erstaunlich, wie lange es sich halten kann. Irgendwie sollte ich jetzt den Rest meines Körpers nach-drehen. Plumps. Lange habe ich diesen Artikel mit mir herumgetragen, wie ein zu schwerer Rucksack hing er an meinen Schultern – weit über den Redaktionsschluss hinaus. Mitten drin bin ich in einer Fortbildung der Robert Jungk Bibliothek für Zukunftsfragen zum Zürcher Ressourcenmodell gelandet – wo es u.a. darum ging, anhand von Bildern ein persönliches Motto-Ziel zu erarbeiten. Dabei sagte die Vortragende einen Satz, den ich gar nicht schnell genug in mein Notizbuch kritzeln konnte: „Motto-Ziele sind unstillbar – man kann nur seine Haltung verändern, um es besser für sich lebbar zu machen.“ Das bedeutet: Der Punkt, an dem ich mein Motto-Ziel (das kann verkürzt z.B. so etwas sein wie „Mehr Zeit für mich“) als erledigt abhaken kann, wird nicht kommen. Es ist etwas, das ich ausfüllen muss, lernen und trainieren. Laut Kristina Sommerauer dauert so etwas rund ein halbes Jahr. Man sucht sich z.B. angemessen herausfordernde Übungsfelder – als irgendetwas zwischen sofort Marathon laufen und nur Turnschuhe kaufen. Die Therapeutin versichert mir, dass die Übung auch für Nicht-AkrobatInnen möglich ist. Dass ich meinen eigenen Weg dafür finden muss. Ich versuche, auszublenden, was mein Verstand mir sagt, und überlasse meinem Körper die Führung. Wenn ich ihm nicht ständig sage: Das geht sicher nicht, kann der plötzlich Dinge, von denen ich gar nichts ahnte.

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Haltung bewahren. ErwarEine Haltung lässt sich nicht wechseln wie ein Pullover. Man wächst hinein – in manches von Geburt an, für anderes entschei- tungen erfüllen. Sich in einer det man sich bewusst und investiert Zeit und Energie, um es zu Situation angemessen verhalten. etwas Unbewusstem werden zu lassen. Wenn ich eine Haltung Nicht schwanken, nicht weiverinnerlicht habe, muss ich über bestimmte Verhaltensweisen nen, nicht lachen, nicht hinfalnicht mehr nachdenken: Ich kann vielleicht entscheiden, wie laut len. Obwohl es, das impliziert oder leise ich handle. Aber wenn meine Grundhaltung die Über- diese Aufforderung, Anlass zu zeugung umfasst, dass alle Menschen gleiche Chancen, Möglich- alldem geben würde: Weil keiten und Rechte haben sollen, werde ich entsprechend handeln. ma n t rau r ig ist, wei l sic h Eine Haltung ist mehr als eine Meinung. Und meiner Meinung jemand lächerlich oder lustig nach kann nur ersteres das zweite beeinflussen und nicht umge- verhält, weil man betrunken ist oder der Boden voller Schlaglökehrt. Aufstehen und Eintreten gegen Ungerechtigkeiten. Bereit sein, cher. Nur nicht auffallen, oder Widerstand zu leisten. Wo kommen die Bilder in meinem Kopf wenn, dann durch das perfekte her, die beim Nachdenken über klare Haltung immer gleich beim „Im Rahmen bleiben“. Würde„Dagegenhalten“ landen? Ist es nicht auch eine Haltung, und eine voll sein, auch in kompromitsehr wichtig, FÜR etwas zu sein? Offen zu sein, eine grundsätz- tierenden Situationen. (So viele liche Menschenfreundlichkeit zu verinnerlichen, an das Mitein- Teile eines Satzes, zu denen ander zu glauben? Vielleicht fällt es mir weniger rasch ein, weil man einfach „wtf?!!“ dazu schdiese Haltungen natürlich aufs Erste weniger auffallen. Da, wo es reiben möchte …) Aufprall gibt, Konfrontation, einen Knall, sieht man schneller hin. Wie anstrengend so etwas Nein-Sagen kann man aber auch auf eine stille Weise. Irgendeine Form von Aufmerksamkeit wird es immer erzeugen, weil es Simples, wie sich im Liegen ein Steinchen im Getriebe ist: „Ich möchte lieber nicht.“ Klack- umzudrehen, sein kann. klack-klack.

Wer versucht, dem Sturm zu la nge au frec ht zu t rot ze n, knickt irgendwann ein. Fällt um. Bricht ab. Manchmal ist das Verbiegen auch ein Statement. Und eine Haltung: Ich bin noch da. Ich gehe hier nicht weg. Ich kann mich drehen, eine andere Position einnehmen – aber das Buch bleibt t rotzdem oben liegen und stürzt nicht. Ich lande bei der Frage: Wie möchte ich dem Leben begegnen? Politisch, persönlich, physisch. Neugierde auf die Welt, das Leben und die Menschen ist sicher nicht verkehrt. JA sagen zu Vielfalt, Facettenreichtum, Buntheit und zu einem offenen Blick. Und für dieses JA eintreten – auch indem man manchmal NEIN sagt.

Es hat geklappt. Ich liege auf dem Bauch und das Buch immer noch auf meiner Fußsohle. Etappensieg.

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ich habe eine Haltung ich nehme eine Position ein ich vertrete einen Standpunkt ich beziehe Stellung ich habe eine Meinung ich habe eine Meinung und äußere diese auch ich äußere meine Meinung, solange man seine Meinung noch äußern darf und ich äußere meine Meinung, selbst wenn man seine Meinung nicht mehr äußern darf denn ich habe nun mal eine Haltung ich vertrete eine bestimmte Ansicht ich bin zu einer bestimmten Auffassung gelangt ich stehe für eine bestimmte Einstellung und ich bekenne mich zu einer bestimmten Überzeugung kurzum: ich habe eine Haltung man könnte es auch Gesinnung nennen – oder auch Weltbild oder gar Weltanschauung doch wie das ganze am Ende heißt, ist mir letztlich völlig egal, solange ich eine Haltung habe und eine Haltung habe ich definitiv, soviel ist sicher das steht ein für alle Mal fest das kann ich ganz klar sagen klar und deutlich kann ich das sagen und ich kann es nicht nur sagen, sondern ich sage es auch ich sage, dass ich mich positioniert habe ich weiß, wo ich stehe und deshalb sage ich auch, was ich denke ich sage, was ist ja, mehr noch: ich sage, wie es ist denn es kommt ja bekanntlich auf das Wie an – und nicht auf das Was denn der Untergang ist nun mal gewiss es geht nur noch darum, wie wir diesen Untergang einigermaßen würdevoll gestalten wollen und deshalb muss endlich Schluss sein mit den faulen Kompromissen und auch mit den Kompromissen, die nicht faul sind –

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wobei ja letztlich alle Kompromisse faul sind, sonst wären es ja keine Kompromisse, sondern Kühlschränke, Waschmaschinen, Toiletten oder sonst was doch wie komme ich jetzt ausgerechnet auf Kühlschränke, Waschmaschinen und Toiletten? na ja, egal ... ich schweife ohnehin ab dabei habe ich das gar nicht nötig denn ich habe ja schließlich eine Haltung ich nehme eine Position ein ich vertrete einen Standpunkt ich beziehe Stellung ja, mehr noch: ich sage, was ist und ich sage, was nicht ist denn ich weiß, wer ich bin und ich weiß, was ich kann und ich weiß, was ich will und das sage ich auch ich sage, wer ich bin und was ich kann und was ich will und vor allem sage ich, was ist und ich sage, was nicht ist denn irgendwer muss es ja sagen und da es sonst niemand tut, sage ich es eben denn irgendwer muss es ja sagen und da es sonst niemand tut, sage ich es eben denn irgendwer muss es ja sagen und da es sonst niemand tut, sage ich es eben, wenn man denn schon eine Haltung hat und eine Haltung habe ich definitiv so viel steht schon mal fest da können alle anderen sagen, was sie wollen das interessiert mich einfach nicht ich lasse mir doch von Außenstehenden nichts erzählen was fällt denen eigentlich ein? Text CLEMENS SHITTKO

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was glauben die eigentlich, wer sie sind? mir erzählen zu wollen, wer ich bin … und mehr noch: wie ich zu sein habe das geht die doch überhaupt nichts an die kennen mich ja noch nicht einmal keiner von denen, die da über mich reden, hat mich je persönlich getroffen und mit mir darüber gesprochen und überhaupt … ich werde ja wohl noch am besten wissen, wer ich bin – und was gut für mich ist soweit kommt es noch, dass ich mir von anderen etwas sagen lasse also wirklich … dieses ständige Einmischen von außen damit muss nun endlich Schluss sein aber heutzutage macht ja eh jeder, was er will was soll man dazu auch noch großartig sagen? wohin soll das denn bitteschön alles noch führen? haben die Leute denn nicht langsam mal genug? also dazu fällt mir nun wirklich nichts mehr ein das kann man doch keinem mehr erzählen keinem mehr erzählen kann man das doch das glaubt einem doch nun wirklich keiner mehr also wirklich … das ist doch alles nur noch krank ja, geradezu absurd ist das alles man könnte auch sagen kriminell so etwas hat es doch früher nicht gegeben ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern und am Ende wundern sich die Leute dann wieder, dass sie sterben müssen also nein … doch zum Glück habe wenigstens ich ja noch eine Haltung denn irgendwer muss ja schließlich eine Haltung haben und da sonst niemand eine Haltung hat, bin ich es eben, der über eine Haltung verfügt denn irgendwer muss ja schließlich eine Haltung haben und da sonst niemand eine Haltung hat, bin ich es eben, der über eine Haltung verfügt denn irgendwer muss ja schließlich eine Haltung haben und da sonst niemand eine Haltung hat,

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bin ich es eben, der über eine Haltung verfügt ja, so ist das mit mir ich sage, was ist und ich sage, was nicht ist denn ich weiß, wer ich bin und ich weiß, was ich kann und ich weiß, was ich will denn ich habe eine Haltung ich lasse mir nichts mehr sagen ich mache nicht mehr mit ich habe die Schnauze ein für alle Mal gestrichen voll ich steige einfach aus und ziehe mein eigenes Ding durch macht ihr ruhig euer Ding, ich mache meines ich mache mein Ding und damit hat es sich dann auch lasst mich doch endlich mit euren miesen Jobs in Ruhe und behaltet all euer gestohlenes Geld ein für alle Mal für euch ich brauche nichts davon denn ich habe mehr als genug mit mir selbst zu tun da brauche ich nicht auch noch eure Probleme dass ich mich ständig eurem Zugriff entziehen muss, ist nun wirklich Arbeit genug Arbeit, für die ich im Übrigen keinen einzigen Cent erhalte doch würde man mich dafür bezahlen, wäre die gesamte Menschheit auf einen Schlag pleite – oder im Gefängnis – oder sogar tot so sieht es nämlich aus so und nicht anders läuft es nun mal ab ich sage euch: es ist alles ein einziger großer Beschiss und dass ich das auch noch alles miterleben muss also nein … doch was rege ich mich eigentlich schon wieder so auf? schließlich habe ich doch eine Haltung ich habe eine Haltung ich nehme eine Position ein ich vertrete einen Standpunkt ich beziehe Stellung so ist es immer gewesen und so wird es auch immer sein

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EINE FRAGE DER EINSTELLUNG 12

Text MARKUS GRUNDTNER

Mein Kopf, ein Wohnzimmer mit Bildschirmen an jeder Wand. Mein Verstand, ein Videorekorder, der alle Episoden meines Lebens spielt, zeitgleich und zeitversetzt. Ich sitze und sehe fern, wie ich mich in Bildwänden fortbewege. Ich sitze und sehe nah, wie ich mich nicht wieder wegbewege. Die Wiedergabetaste drückt mich nieder, Bild um Bild bannt meine Beobachtung, bis ich mir zusehends beim Zusehen MFK 01/2017


Der Begriff „Haltung“ hat verschiedene Bedeutungen. Neben der Körperhaltung, die mehr oder weniger „gesund“ sein kann, verweist der Begriff der Haltung auch auf unsere Einstellungen, Gesinnungen – unsere „Geisteshaltungen“. So bewahren wir „Haltung“, wenn wir eine schwierige Situation meistern, dabei unser Gesicht wahren und unseren „Menschen stehen“. Ein anderes Mal sprechen wir von „Haltung“, wenn eine Person – allen Widerständen zum Trotz – auf ihren Standpunkt(en) beharrt. In diesen Situationen kommt uns ein „Der oder die beweist aber Haltung“ über die Lippen. Im Rahmen einer etwas „schwächeren“ Bedeutung sprechen wir von „Haltung“, wenn mensch konsistent, seinen oder ihren inneren Überzeugungen entsprechend handelt. Diese zugegeben oberflächlichen Begriffsbestimmungen handeln uns mindestens zwei Probleme ein, die uns in gewisser Weise mit Ratlosigkeit zurücklassen:

ZUM BEGRIFF "HALTUNG" ein Versuch mit Adorno

(1) Zum einen fällt es uns mit dieser Bestimmung schwer, den Begriff der „Haltung“, der tendenziell positiv besetzt ist und wird, von jenem des „Dogmatismus“ abzugrenzen. Denn unter diese Bestimmung würde auch eine Person fallen, die stur und um jeden Preis, auch gegen Widerstände, an bestimmten Standpunkten festhält. Auch sie würde „Haltung“ beweisen. In diesem Fall gebe es zwei Möglichkeiten: entweder mensch lässt von der positiven Konnotation des Begriffs ab und subsumiert darunter eben auch „dogmatische Haltungen“; oder mensch unterzieht den Begriff einer näheren, genaueren Bestimmung. MFK 01/2017

(2) Was allen in der Einleitung erwähnten Bedeutungsschattierungen des Begriffs „Haltung“ gemeinsam ist, ist die Tatsache, dass es sich um Formbestimmungen handelt. Der in diesen Weisen definierte Begriff sagt uns etwas darüber, wie Menschen handeln, die „Haltung“ beweisen, jedoch nicht wodurch sie dazu motiviert werden. Warum sie so handeln wie sie handeln. Das heißt, in seiner formalen Bestimmung abstrahiert dieser Ausdruck über seinen Inhalt, den zugrunde gelegten Sinn/Intention des Handelns. Würde mensch den Begriff „Haltung“ inhaltlich völlig offen lassen, müsste mensch auch – Wohl oder Übel – z. B. rechtsextreme Gesinnungen – sofern nach ihnen konsistent gehandelt werden würde – als „Haltung“ bezeichnen.

Wir wollen uns in weiterer Folge dem Versuch widmen, den Begr iff der „Haltung“ näher zu bestimmen; und zwar mit dem Ziel einer positiven Bestimmung, die zum einen dogmatisches Gedankengut und zum anderen rechte Gesinnungen auszuschließen vermag – um sozusagen Haltung gegenüber dem Begriff „Haltung“ zu beweisen und zu bewahren. Text DOMINIK GRUBER & MICHAEL LEHNER

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ZUR FORMALEN BESTIMMUNG VON „HALTUNG“

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Was könnte nun eine Haltung, die nicht droht in Dogmatismus abzugleiten, konkret aber dennoch formal ausmachen? Diese Frage wollen wir mit Theodor W. Adorno beantworten und klären. Adorno und Horkheimer legten in ihrem wohl bekanntesten Werk „Dialektik der Aufklärung“ dar, dass auch Aufklärung „totalitär“ werden kann, v. a. dann wenn die Vernunft zu einem bloßen Instrument verkommt, sprich, zur „instrumentellen Vernunft“ gerinnt. Eine Welt, in der aus Vernunftgründen alles geordnet, alles dem Diktat der „Nützlichkeit“ und der „Naturbeherrschung“ unterworfen wird, endet in einem „stahlharten Gehäuse“ – um einen Begriff von Max Weber zu bemühen –; oder gar in der schlimmsten Verwerfung der Moderne – in Auschwitz.

unter anderem ausmacht. Jedes Denken muss sich aus prinzipiellen Gründen als stets „unabgeschlossen“ und damit als „offen“ begreifen. Aufklärerisches Denken kann kein Ende finden, es ist zur Unendlichkeit verdammt. Ein Denken – gleich einem Dogmatismus –, das sich alles einverleiben und unterordnen will, das gleichsam „still steht“ und zu einem „Ende“ kommen will, fällt hinter die Aufklärung und – im schlimmsten Falle – in die Barbarei zurück. Es ist daher Aufgabe des Denkens und der Philosophie – so wie Adorno schreibt -, dass

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Genau das wäre ein Denken, eine Einstellung, eine Sicht und in letzter Konsequenz ein Umgang mit der Welt, der eine Gesinnung zu einer positiven Haltung macht, die sich dem Dogmatismus und den Verwerfungen einer nur instrumentell verstandenen Vernunft widersetzt. Eine Haltung hat sozusagen „Haltung“, wenn sie um ihre Unvollständigkeit und Unabgeschlossenheit weiß, dies reflektiert und sich dadurch wiederum selbst transformiert.

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Adorno geht jedoch nicht soweit die Aufklärung bzw. „aufklärerisches Denken“ vollständig zu verwerfen. (Aufklärerische) Vernunft ist stets in ihrem dialektischen „Doppelcharakter“ zu analysieren; sie ist sowohl Instrument der Herrschaft, als auch ein Mittel gegen sie. Das bedeutet, es bedarf stets einer „Aufklärung gegenüber der Aufklärung“, ein reflexives Moment, das die Vernunft zähmt, die „Offenheit“ beweist, und nicht auf Unterordnung beharrt. Genau das ist es, was das Kernstück des Denkens Adornos, seiner „Negativen Dialektik“

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„Was dem Maß von Berechenbarkeit und Nützlichkeit sich nicht fügen will, gilt der Aufklärung für verdächtig.“

„diese selbst in gewissem Sinn unendlich werde, – nämlich nicht länger fixierbar in einem Corpus zählbarer Theoreme, […] sondern grundsätzlich offen. Und damit komme ich zu der Forderung eines offenen Philosophierens im Gegensatz zu dem systematischen Philosophieren.“

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ZUR INHALTLICHEN BESTIMMUNG VON „HALTUNG” Wie weiter oben unter Punkt (2) beschrieben, fällt es schwer, mit einem nur „oberflächlich“ definierten Begriff von „Haltung“ rechtes oder rechtsextremes Gedankengut auszuschließen, bzw. als eine „unmögliche“ Haltung zu deklarieren. Die bisherigen, auf der Grundlage Adornos formulierten Überlegungen geben – zumindest zum Teil – jedoch bereits eine Antwort auf die zweite oben genannte Problemstellung, die die inhaltliche Dimension von „Haltung“ betrifft. Denn rechtes und rechtsextremes Gedankengut ist per definitionem ein Denken der „Ge- und Abgeschlossenheit“. Es will die Welt im strikten Sinn ordnen, sie in „Rassen“, „Ethnien“, „Kulturen“ einteilen, sie ausschließen, segregieren, an ferne Orte verweisen oder – im schlimmsten Falle – vernichten. Dieses Denken ist – um mit Worten Adornos zu sprechen – per se eines der „Identität“, das seine Vorstellungen und Begriffe mit der Realität in eins setzen möchte, sie miteinander identifiziert und alles „Nicht-Passende“, „Nicht-Wahrgenommene“ und „Unliebsame“ „abschneidet“. Aber reicht das um eine Haltung mit „Haltung“ in dem hier verwendeten Wortsinne zu „erfüllen“? Das wohl nicht. Progressiven Menschen und Bewegungen bleibt es wohl – oder auch zum Glück – nicht erspart, ihre „Haltung(en)“ mit Inhalt zu füllen und anzureichern, z. B. mit einer positiven oder „konkreten Utopie“ (Bloch), auch wenn diese – wie Adorno vorschlagen würde – in einer bloßen Negation oder Kritik bestehender Verhältnisse bestehen sollte. Denn auch utopisches Denken kann – so Adorno – zu Totalitarismus gerinnen.

1 Von bestimmten Verwendungsweisen des Begriffs „Haltung“ wird hier vollkommen abgesehen, wie z. B. von jener, die auf den Umgang mit Tieren verweist („Tierhaltung“, „artgerechte Haltung“). 2 Horkheimer, Max & Adorno, Theodor W. (2006/1944). Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente. 16. Auflage. Frankfurt am Main: Fischer. 3

ebd., S. 28

4 Adorno, Theodor W.

(200/1966). Negative Dialektik. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 5 Adorno, Theodor W. (2014/1965/66). Vorlesung über Negative Dialektik. Fragmente zur Vorlesung 1965/66. 3. Auflage. Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 120, Hervorhebung im Original. 6 Das bedeutet natürlich nicht, dass jedes „geschlossene“ rechtes Denken ist. Es kann jedoch umgekehrt behauptet werden, dass jedes rechte „geschlossenes“ Denken ist.

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Meine Hände sind feucht, mein Körper zittert, mir ist kalt von der weiten Reise. Mein Rucksack ist leicht, vieles hab ich zurückgelassen, dennoch erdrückt mich seine Last. Mit schweren Schritten überquere ich die Grenze, wage nicht zurückzuschauen und zwinge mich zur Hoffnung auf ein besseres Leben. Ein Leben ohne Gewalt, ohne Krieg, ohne Hunger. Verlassen stehe ich am Straßenrand, ich bin nicht der Einzige, der dort steht und hofft, dass jemand vorbeikommt, mich an die Hand nimmt und mir den Weg zeigt. Das Haus, wohin sie uns bringt, diese junge Frau mit dem goldglänzenden Haar, steht zwischen Rasenf läche und Bäumen, umrandet von einem Stacheldraht. Sie führt uns den Gang entlang. Es ist sehr laut. Überall dringen Worte an mein Ohr, Worte, die nicht so klingen wie die meinen. Ich bin ein Fremder unter Fremden. Ein verlorenes Wesen auf der Suche nach etwas Glück. Auf dem Gang versammeln sich Menschen. Ihre Blicke sind gezeichnet von Traurigkeit. Sie starren mich an und flößen mir Angst ein. Die Frau öffnet die Tür. Das

Zimmer hat viele Betten. In der Mitte stehen ein Tisch und ein Stuhl. Der kleine Schrank ist wahrscheinlich für die wenigen Habseligkeiten, die ich in meinem Rucksack mit mir schleppe. Ich zwinge mich, nicht zurückzuschauen. Ich will mich nicht erinnern. Der Schmerz ist zu groß. Ich weine, beuge mich den Weisungen, betrete den Raum und lasse mich vorsichtig aufs Bett fallen. Ich bin hungrig und durstig, doch ich bewahre die Haltung und schweige. Ich will nicht

Frieden zu beginnen. Dennoch spür ich, dass die Gewalt auch hier nicht vor mir Halt macht. Sie verfolgt mich regelrecht. Die Menschen schauen mir ins Gesicht und ich spüre ihre Haltung, weiß, was sie denken. Ihre Mimik, Gestik erklärt alles. Ich weiß nicht, ob ich ihnen vertrauen kann. Ich werde schweigen, meine wahren Gefühle verbergen. Ich will nicht gleichgültig sein, sie meiden, aber wenn sie mich anstarren, dann ist das aufdringlich und ich spüre bei vielen die Aggressivität in ihren Augen. Dann weiche ich zurück, verk rieche mich unter der Decke und warte bis ein neuer Tag anbricht. Und dennoch brauche ich die Nähe lieber Menschen, die mich umarmen, so wie es meine Mutter immer getan hat, und mich trösten in meiner schweren Zeit. Ich will vorwärts gehen. Ich hab ein Ziel vor Augen, will in der schwierigen Situation, in der ich mich befinde, die Haltung bewahren und hoffe auf ein verständnisvolles Gegenüber. Ich will dankbar sein, aber nicht zu Kreuze kriechen.

HALTUNG reden, ich weiß, dass mich niemand versteht. Ich hab sie nicht freiwillig verlassen, die Heimat, deren Erde mich ernährt hat. Ich musste fliehen vor dem Krieg, vor den Bomben, die vom Himmel fielen und alles vernichtet haben. Vor den Soldaten, die mir mein Leben nehmen wollten. Jetzt sitze ich in der Fremde, muss Haltung bewahren, versuchen mich anzupassen, zu integrieren und eine fremde Sprache zu erlernen, um ein neues Leben in

Text DAGMAR UNTERRAINER

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Illustration MYONART

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EINEN ESSAY ZUM THEMA HALTUNG SCHREIBT SIE, HAT ABER GAR NICHT … „Un libro fantástico! Wirklich, ich habe dem eigenen Stolz; über die ärgerte er sich früher es die ganze Zeit über mit Begeisterung in noch, doch da waren sie beziehungstechnisch zu sehr den Händen gehalten“, … Vor allem, weil sie etwas teilen, das er sonst mit sagt er. Sie nickt und bestellt beim Kell- niemandem – auch nicht mit seiner Frau – teilen ner, der sich vornehm und bedächtig neben kann: die mannigfaltige Begeisterung für alles sie gestellt hat. Geschriebene! Sie wartet auch gar nicht erst eine Reak„Weißt du, du hast letztes Mal über Hal- tion ab, sondern fährt – in leicht aufgebrachtem Ton tung gesprochen und es ist mir nicht aus – fort: dem Kopf“, „Wann setzt man sich denn schon mit Haltung aussagt sie und lässt sich auf die Buchdis- einander und wen interessiert denn überhaupt irgendkussion gar nicht erst ein. Es wird gleich so jemandes Haltung? Wann ist sie erwünscht? Und richtig aus ihr heraussprudeln, aber nicht zu wenn man nicht von Journalisten als Experte befragt dem Buch, das er vorgeschlagen hat. Wäre wird, kommt man doch nie dazu sich dazu zu äußern.“ es ein Vorschlag von ihr gewesen, dann „Naja, so schlimm ist es nun auch wieder nicht … sehe es anders aus. Aber das sind Dinge, Außerdem hat es doch schon seine Gründe, warum über die er hinweg sieht, bei Freundschaf- man das nicht macht. Es könnte ja sein, dass das ten, bei denen es um Wichtigeres geht als Gegenüber eigentlich ein Kontrahent ist …“ MFK 01/2017

Text VERONIKA ASCHENBRENNER Fotos KABOOMPICS

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Manchmal treffen sie sich wie früher, als sie beide angefangen haben zu schreiben und ihre Namen so unbedeutend waren wie die Flügelbezeichnung von Mistkäfern. Mittlerweile hat er zu schreiben aufgehört und liest stattdessen all die Manuskripte, die in sein Verlagshaus geschickt werden. Es ist ein kleines, eher unbedeutendes Haus, das spanisch-deutsche Literatur vertreibt. Sie schreibt noch, aber mittlerweile hauptsächlich Essays, weil es das einzige ist, in dem sie gut zu sein scheint. Vor jedem Treffen vereinbaren sie ein Buch, das sie lesen und besprechen werden. Dieses Mal ist es ein dickes mit blauem Buchschnitt.


„Kontrahent? … Naja … Man kann sich ja darüber unterhalten …“ „Wie lange ist denn das ganze Denunzi–“ „Das führt jetzt aber zu weit! Du glaubst doch nicht wirklich, dass in unserer Gesellschaft die Frage der Haltung so uninteressant ist, weil … vor über siebzig Jahren – Also, bitte! Du gehst davon aus, dass die Leute so etwas wie eine innere Grundeinstellung haben, die ihr Denken und Handeln prägt!? Soweit gestehe ich es den Leuten doch noch nicht einmal zu! Würdest du manche Sachen näher prüfen, dann würde das Konstrukt, das du dir dahinter vorstellst, schnell in sich zusammenfallen; dazu benötigt man nur ein paar wenige gezielte Fragen! Sieh dir doch ein paar von deinen Kollegen an! – Dass du mit so viel Naivität so gute Bücher verlegen kannst?“, ruft sie neckisch und gerade dieses Liebevoll-neckische ist es, das es ihm unmöglich macht, gekränkt zu sein. „Was glaubst du denn, wie so eine Haltung entsteht?“, fragt er. „Eine Haltung ist etwas sehr Tiefgreifendes. Meine Eltern haben es bei mir sicher schon als Saatgut gestreut und mich nicht mit überkommenen traditionellen Werten und Normen überschüttet. Mit ihrer politischen Gesinnung haben sie es zugegebenermaßen etwas übertrieben, aber ansonsten muss ich sagen: gut vorbereitet! Wer aber nicht so aufgewachsen ist, der hat ein Problem. – Über die ganze Schuldebatte muss ich mich ja nicht erst wieder auslassen … und über deine Montessori-Schulen will ich erst gar nichts mehr hören. Das ist eine vernachlässigbare Randgruppe!“ „Immerhin betrifft es jemanden!“, MFK 01/2017

verteidigt er sich, weil er sich diese Art der Schulen nicht kleinreden lassen will, nachdem er die Kinder in eine MontessoriSchule geschickt hat. Dann lässt er es sich doch nicht nehmen auf seine Kollegen zurückzukommen: „Und so leicht wie bei dir, ist es nun auch wirklich nicht! Manchmal ist es auch einfach schwierig, eine Haltung in Worte zu fassen oder genau zu wissen, welche Haltung man so ganz generell hat. Denn bei Haltung kommt es ja gerade darauf an, auch im Kleinen dieser Haltung treu zu bleiben und die Vielfalt des Lebens lässt sich nicht immer in sittlich, religiös, liberal, progressiv, konservativ oder in andere Begriffe fassen. – Und das sieht dann für jemanden, der sich für so superinteligente hält wie du, durchaus aus, als hätten sie keine Ahnung oder noch schlimmer: als hätten sie sich eine Meinung indoktrinieren lassen. Und so naiv bin ich nun auch nicht, dass ich nicht weiß, dass das schneller passiert als man glauben will!“ „Ja-ja … Du untergräbst einfach immer den gesellschaftlichen Aspekt! Du bist in deinen Gedanken bei jemandem, der bereits damit angefangen hat, seine innere Grundeinstellung zu erarbeiten und versucht danach zu handeln! – Ich hingegen bin noch bei der Mehrheit der Menschen, die gar nicht die Möglichkeit dazu bekommen, weil sie zwei Dinge nicht lernen, die dazu notwendig wären–“ „Nämlich?“ „Denken und reflektieren! Unser Schulsystem baut nicht darauf auf! Allerhöchst, dass die Jugendlichen einmal in ihrer Schulkarriere einen pro-contra-Aufsatz zum Thema 'Wegwerfgesellschaft' schreiben! Und das ist ja das Verwerfliche: Wenn es also bereits in der Schule gleichgültig ist, dann ist es – wenn man das Schulsystem als Spiegel einer Gesellschaft betrachtet – auch im späteren Leben völlig gleichgültig!

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Jeder Pups ist mehr Wert als die Herausbil- – heute gibt es all-in-Verträge und danach Liebesromane und völlig fertige Kommisein Fernsehprogramm, am besten nationa- sare in die Regale der Buchhandlungen dung einer inneren Grundeinstellung!“ „Deshalb gibt es ja auch so viele No-na- ler Massensport oder Volksverdummungs- bzw. virtuellen Regale von Onlineshops stellt? Aber nun zu der in diesem Fall ned-Romane, wie du es gerne formulierst. serien!“ „Ach, was! Was hat ein Fußballspiel wichtigsten Frage: Welche Ziele hat ein Wenn ich nichts zu sagen habe, wenn ich keine línea roja, keine Einstellung habe, damit zu tun? Hauptsache du kannst wie- Schreibender?“ „Ich bin mir gar nicht sicher, ob Schreikann ich die auch nicht transportieren und der Sportbashing betreiben … mit der der Text schon gar nicht … Das habe ich Volksverdummung á la 'Berlin – Tag und bende so viele Ziele haben! Die schreiben bei manchen Schreibenden schon mitbe- Nacht' und Dschungelcamp: Ein Punkt für einfach!“ „Sag mal! Das meinst du doch nicht im kommen. Beim ersten Text dachte ich: dich! – Aber zurück zu den Schriftstellern“, fängt er wieder an, denn er will sie Ernst!“ genial, dabei war es mehr ein Zufall, was „Natura lmente! Ich bin überzeugt sie da fabriziert haben, und der nächste Schritt für Schritt auf das Buch lenken, davon! Ich glaube, dass ein paar es schafwar ein vollendetes, nichtssagendes Chaos.“ aber sie unterbricht erneut. „Ja-ja, darüber habe ich mir schon fen, sich beständig an ihrem Text weiter „Ja, das hast du bereits beim letzten Mal und weiter heranzuwagen, bis sie irgendgesagt, aber die Frage ist ja: Woher kommt Gedanken gemacht. Lass mich mal –“ „Du hast wahrscheinlich schon längst wann – aber eher mehr intuitiv – verstandas? Es ist ja nicht so, als ob das nur bei den haben, was ihren Text gut macht oder Schriftstellern so wäre … Und wenn du einen Essay darüber geschrieben!“ „Er reift seit Wochen in meinem Kopf schlecht … Im Ernst! Wer überlegt sich all mir endlich einmal zuhören würdest, die Ziele? Natürlich wir, die Literaturwisdann wäre dir auch klar, dass es hier um heran …“, sagt sie mit einem zufriedenen Grinsen senschaftler, Verleger und Lektoren!“ etwas Größeres geht!“ und dann sprudelt es weiter: „Ach, das glaube ich nicht! – Aber lass „Als erstes ist festzustellen, dass jeder mich mal zu den Zielen kommen. Also: „Bei dir geht es immer um etwas Größeres! Um eine Haltung zu formen, benö- Schreibende ein Produkt der Gesellschaft ist Die einen, die stürzen sich auf die Ästhetik, tigt man auch Ruhe, man braucht viel- und somit auch ein gewisser Rahmen des wieder andere auf den Unterhaltungswert leicht sogar Langeweile, jedenfalls aber Möglichen vorgegeben wird. – Der lässt … ich kann mich gar nicht mehr erinnern sich hin und wieder vielleicht einmal … wann habe ich meinen letzten just-forZeit zum Denken!“ sprengen, aber wir beide gehören definitiv entertainment-Roman gelesen? Irgendet„Nein, das lässt das Gesellschaftssystem nicht zu diesen brains … – Als zweites stellt was war da mit Eichhörnchen, die Krimidoch gar nicht zu! Früher gab es harte sich die Frage: Ist eine Haltung überhaupt nalfälle lösen …“ Arbeit und als Belohnung: Brot und Spiele gewollt in einer Szene, die hauptsächlich MFK 01/2017


„So etwas liest du?“, fragt er lachend. „Das hat jemand im Zug vergessen und ich hatte kein Buch dabei … – Und dann gibt es die, die so authentisch wie möglich schreiben wollen und dafür fast alles tun würden – etwa ein Jahr als Obdachloser leben – und anderen geht es um die Vermittlung eines bestimmten Themas, also einer moralischen Message oder eben: einer Haltung!“ „Okay, noch einmal von vorne. Ästhetik –“ „Besonders coole, moderne oder literarisch hochwertige Formulierungen etwa. Das kennst du ja selbst ganz gut von deinen früheren Texten – während meine immer zu steif … waren deine immer zu blumig … Schon alleine aus diesem Grund sind sprachlich ästhetische Texte – die Eleganz von Buchstaben- und Wortbewegungen –, die ansonsten thematisch nicht viel hergeben, eine nicht zu unterschätzende Kunstform!“ Er nickt. „Naja, dann zur Unterhaltung: Wer anstrebt, unterhaltsame Literatur zu schaffen, muss deshalb nicht unbedingt etwas Seichtes schreiben. Aber wenn er das tut, dann vielleicht deshalb, weil der Schreibende davon ausgeht, dass ein oberflächlich, einfach geschriebener Roman das beste Mittel ist, um sich vor der Realität MFK 01/2017

und all ihren Verstrickungen, Windungen und Hintertürchen zu flüchten; dann muss der Leser nämlich nicht befürchten, dass etwas auf einen zukommt, mit dem man eventuell nicht umgehen kann oder will. Und mal ehrlich: Ist es jemandem vorzuwerfen, wenn er einen all-in-Vertrag hat oder nach der Arbeit seine Eltern pflegen muss? – Wenn du dich nicht um unsere Kinder kümmern würdest, würde ich vermutlich auch nicht Qualitätszeitungen und Philosophiebücher lesen …“ Auf den letzten Teil des Satzes geht er nicht ein. Er hat sie damals wirklich sehr …, aber sie war einfach unmöglich was Kinder betrifft. Sie ist wie eine Tante, die einmal am Wochenende zu Besuch kommt, alles auf den Kopf stellt, was man den Kindern beigebracht hat und am Sonntagabend wieder verschwindet und glaubt, damit wäre es getan. Und vielleicht haben seine Kinder – er denkt immer: seine – auch tatsächlich Glück gehabt: Eine verrückte und in intellektuellen Kreisen sehr geschätzte Mutter zu haben, hat schließlich auch seine Vorteile. Vorgeworfen hat er es ihr nie, er arbeitet mit zu vielen Männern zusammen, die genauso wenig die Familienrolle spielen können wie sie. „Und mit authentisch meinst du hier, dass die Charaktere, Orte, Handlungen und der Plot an sich glaubhaft sind?“

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„Ja, genau!“ „Gut, ich hab dich verstanden! – Aber „Und Haltung? Das ist doch viel zu Fakt ist: Jeder Schreibende muss sich entschwammig! Der Text muss ein Rückgrat scheiden und ich glaube, die meisten enthaben, darf sich nicht verstricken! Er soll scheiden sich entweder für Schönheit und nicht ein Mal dahin und ein Mal dorthin oder Unterhaltung!“ hüpfen! … Also ich verstehe schon irgendStatt ihr zu antworten, sucht er weiter wie, was du meinst, aber … ich hätte da im Buch und liest schließlich vor: noch etwas Interessantes!“ „Also, hör einfach nur kurz zu … Er hebt seine Ledertasche hoch, zieht das Buch von Elif Shafak heraus, sucht die 'Die Architektur, hieß es in dem Buch' verschiedenen mit Post-it beklebten Seiten – ein Buch von Vitruvius übrigens – durch, aber sie wartet gar nicht erst, son'sei eine Wissenschaft, die auf drei Kridern spricht einfach weiter: terien beruhe: forza, Kraft, utilità, was „Im Prinzip kommt es gar nicht darauf Jahan mit 'Nützlichkeit' übersetzte, und an, wie sie heißen diese Ziele oder Krite- bellezza, Schönheit. rien eines Schreibenden … vielleicht habe 'Welches Kriterium würdest du opfern, ich auch eine übersehen – ich weiß es wenn du auf eines verzichten müsstest?' nicht –, aber das Problem ist, kaum 'Die bellezza', antwortete Jahan mit jemand wird es schaffen Ästhetik, Unter- Überzeugung. 'Kraft und Nützlichkeit sind haltung, Authentizität und haltung in nicht verhandelbar, aber ohne die Schöneinem Text zu vereinen! Es ist beinahe heit kommen wir aus, wenn es sein muss.' unmöglich – vor allem in der heutigen Aus Sinans Miene sprach etwas anderes. Zeit!“ 'Nein, wir dürfen die Schönheit nicht „Ich glaube nicht, dass es in einer ande- opfern.' ren Zeit leichter war! Welche soll das 'Welches Kriterium dann?' gewesen sein? Zu Zeiten von Pest und Cho'Gar keines', sagte Sinan sanft lächelnd. lera, in den Kriegszeiten, in den Jahrhun- 'Wenn wir eines opfern, verlieren wir alle derten als Frauen gerade mal schreiben drei.' (Elif Shafak, Der Architekt des durften, wenn es um die heilige Schrift Sultans, 2014) ging oder zu Kaisers Zeiten?“

„Kraft, Nützlichkeit und Schönheit?“ „Du hättest das Buch lesen sollen …“ „Also Schönheit ist klar, aber wo siehst du Unterhaltung, Authentizität und Haltung?“ „Bellezza ist der Stil, die Schönheit. Authentizität ist forza, weil nur im Authentischen eine Kraft liegt, aber nicht im zittrigen Schein, nicht im abgestumpften Nicht-Wahrnehmen-Wollen. Utilitá ist die Unterhaltung und die Haltung. Eigentlich kennt man es den beiden Wörtern schon an: Ein gutes Buch kann nicht nur unterhalten, es muss auch eine Haltung haben. Die beiden bedingen einander genauso! – Genauso wie die anderen nötig sind! Warum gibst du es nicht zu! Ein gutes Buch besteht aus diesen dreien oder nach deinen Kategorien: aus diesen vier!“ „Nein, das glaube ich nicht! Es ist unmöglich!“ „Es ist unmöglich, weil du in deinem Leben selbst zu fokussiert bist! Für dich gibt es nur eines – alles andere hat keinen Platz. Du schaffst es nicht, das Leben zu vereinen, das ist dein Problem und deshalb MFK 01/2017


willst du nicht akzeptieren, dass es Schriftsteller gibt, die all dies erreichen!“ „Nein, nein – du hörst mir nicht zu! Ich glaube, dass es unmöglich ist – oder zumindest äußerst schwierig – … also … lass doch uns aus dem Spiel und denk jetzt daran, was ich vorhin gesagt habe: Haltung ist gesellschaftlich gesehen der Blinddarm. Braucht man nicht! Nur, dass es den Blinddarm wenigstens von Haus aus gibt – die Haltung muss man sich stattdessen erst selbst erarbeiten und unter vielen Operationen einsetzen. Das gelingt aber nur, wenn man auch das medizinische Equipment dazu hat – und das aber fehlt!“, sie blickt ihn um Verständnis ringend an und als sie davon ausgehen kann, dass er zumindest so tut als ob er es besäße, setzt sie fort: „Sowohl Ästhetik findet seinen Raum, als auch Unterhaltung – die gedeiht sogar prächtig – und Authentizität … Zurück bleibt – gesellschaftlich gesehen – allerdings die Haltung, die innere [Grund] einstellung – das Bedürfnis diese bei jedem Einzelnen zu fördern und Raum zu lassen für Wachstum. Zugespitzt formuliert: Genau wie diese in der Gesellschaft fehlt, so fehlt sie auch in der Literatur!“

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„Lies das Buch und ein paar von den anderen, die ich dir vorgeschlagen habe! Ich gebe dir ja recht, dass die Haltung vernachlässigt wird, aber ich glaube nicht, dass sie völlig inexistent ist! Ganz im Gegenteil: genau in der Literatur findest du sie – und sonst kaum wo!“ Sie seufzt und schüttelt den Kopf. Wie viele solcher Diskussionen haben sie schon geführt? Als er auf die Uhr blickt, fragt sie: „Musst du los?“ „Ja, wir fahren ein paar Tage weg.“ Das gibt ihr so ein Gefühl, so als würde kurz alles runterfallen in ihr drinnen. Es dauert nur einen kurzen Moment, aber es reiht sich ein zu all den anderen Verletzungen. Sie hätten sich gegenseitig zertrampelt, unter den Füßen ihrer verschiedenen Vorstellungen von Leben und Familie. Dann sagt sie: „Ich werde darüber nachdenken und ich werde bis zum nächsten Mal das Buch lesen“, und fügt dann wieder schelmisch hinzu: „Aber nur, wenn du in Amos Oz 'Eine Geschichte von Liebe und Finsternis' über die guten und schlechten Leser liest!“

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Die Wirbelsäule – eine fantastische Konstruktion – aus Knochen mit einer Höhlenöffnung für das Nervensystem, ermöglicht Beweglichkeit auf unterschiedlichen Ebenen: frontal, spatial, lateral und spiralig. Zum Beispiel, kann ich mich auf dem Boden liegend nach vorn hin zusammenrollen oder mich nach hinten hin bogenförmig lehnen. Inspiriert von Wellen tauche ich mit dem Kopf in Luft ein, während ich mit beiden Beinen auf dem Boden stehen bleibe, und die Bewegung dann umkehre. Weiters kann ich im Liegen Becken und Kopf, oder Knie und Ellbogen an meinen Körperseiten einander annähern, beziehungsweise mich sitzend oder stehend zu Seegrasbewegungen verleiten lassen. Um von Bauchlage in Rückenlage zu gelangen, lasse ich mich von einem Fuß oder einer Hand ziehen. Um meine Augen führen zu lassen, wenn sie hinter mich blicken wollen, folge ich Stück für Stück.

Pamina Milewska ist mein Name, und ich richte mich gerne auf. Das Zeitgenössischer Bühnentanz und Tanzpädagogik Studium in Linz erlaubte mir mich intensiv mit dem Körper, den ich als Grundlage für menschliches Sein empfinde, zu beschäftigen.

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Text PAMINA MILEWSKA

DIE WIRBELSÄULE IN GEFANGENSCHAFT Manifest gegen die Buckelgesellschaft.

Oft stelle ich mir vor, die Wirbelsäule sei in den Gewohnheitstieren "Mensch" gefangen, die zu gemütlich werden. Ein Buckel ist muskulär gesehen gar nicht entspannend, da dauerhaft einseitig die Vorderseite in Anspannung/Verkürzung ist und die Rückseite in Entspannung/Gezogenheit, was nicht im Sinne der Muskeln ist. Abwechslung, die neue Lernerfahrungen beinhaltet, ist was Wesen am Leben hält. Kinder werden als Körper geboren, die sich ausprobieren und neugierig Erfahrungen machen. Erwachsene sitzen meiner Meinung zu viel, und haben zu gut gelernt den natürlichen Bewegungsdrang zu unterdrücken, beziehungsweise außerkörperlichen Sachen zu viel Wichtigkeit zuzusprechen. Die Sprache meiner Wirbelsäule ist eine non-verbale und auch meine innere Haltung kann sich wortlos abspielen. Was innere Haltung und Wirbelsäule brauchen, um sich auszudrücken, sind Taten. MFK 01/2017

Heutzutage ist die Stadt gefüllt mit Ablenkung, die meist mit Konsum Hand in Hand geht. Der Körper allerdings, mit all seinen Systemen, bietet an sich viel Beschäftigung: Bewegung, Geräusche, Berührung, Gerüche, Geschmäcker… mal mit geschlossenen Augen, mal mit zugehaltenen Ohren, mal bewusst ohne Worte... Wenn ich nach oben blicken oder Wasser trinken möchte, sehe ich meine Halswirbelsäule als bis hin zum Brustbein reichend, um meinen Nacken lang zu halten. Oder ich wechsle die Perspektive und schau mir die Welt vom Boden aus an. Wenn ich sitze(n muss), setze ich mich aufrecht hin: das heißt, meine Sitzknochen rollen vor und zurück, meine Fußsohlen drücken und ziehen den Boden aktiv, mein Kinn zieht es Richtung Brustbein und meine Haare werden nach oben gezogen. Zusätzlich atme ich tief ein und aus.

Wenn ich stehe, dann am liebsten auf beiden Beinen. Zusätzlich hebe und senke ich die Innenseite meines Mittelfußes: Zehen, Außenseiten und Fersen bleiben in Kontakt mit dem Boden, drücken ihn weg und lösen den Druck wieder. Wiederholung macht es einfacher. Um meine Lendenwirbelsäule schmerzfrei zu halten, aktiviere ich meine unteren Bauchmuskeln: Unter dem Bauchnabel Bauch einziehen und weiterhin tief atmen. Mittelwege sind eine Lösung. Und ich rate, die Wirbelsäule als Mittelweg lang zu ziehen, immer wieder eigene Wirbelsäulenfreiräume zu schaffen und regelmäßig Zeit im Wald zu verbringen.

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DAS RADIO MACHT PERSONEN & PROJEKTE SYMPATHISCHER

Jeden ersten, dritten und fünften Mittwoch im Monat läuft auf der Frequenz der Radiofabrik (107,5 & 97,3 MHz) von 20:00 bis 21:00 Uhr die Sendung „MARKradio“. Moderiert und gestaltet wird sie seit 2013 von Kornelia Betz. Sie ist hauptberuflich Projektkoordinatorin in einer Designagentur und organisiert MARKradio ehrenamtlich in ihrer Freizeit. Illustration JULIA FINK Text RUTH MAYR

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Interview

Wie bist du zu MARKradio gekommen? Mich hat die Kaadi gefragt, die damals noch im MARK gearbeitet hat. Und mich hat das recht gefreut, weil Radio ist das Medium, das ich extrem toll find, und ich hab mir gedacht, das ist eine super Option, v.a., weil ich selber für mich nie eine eigene Sendung gemacht hätte, weil ich nicht das Bedürfnis hab, einfach nur, um eine Sendung zu machen, Radio zu machen.

Kannst du dich an deine erste Sendung noch erinnern? Also die erste Sendung mit MARKradio, da war dann eben auch die Kaadi dabei und es war sehr lustig, aber wir hatten nicht wirklich ein Thema, weil das Konzept noch nicht ganz so klar war … letztendlich hat auch alles geklappt, aber da war noch keinerlei Sicherheit da. […] Jetzt ist es so bei MARKradio: Es geht ums MARK natürlich, hauptsächlich um Veranstaltungen, die im MARK sind. Und dazu kommt immer ein Gast, der z.B. eine Veranstaltung betreut, im MARK auftritt, der dort irgendein Projekt leitet oder der dort arbeitet oder irgendeinen Bezug eben zum MARK hat, und mit dem Gast unterhalte ich mich eine Stunde und der Gast bringt dann auch Musik mit, die zu dem Projekt passt oder zu ihm selber – einfach, damit man den auch ein bisschen besser kennengelernt. Und so kriegt man – oder so ist der Plan: dass man einen guten Überblick kriegt, was im MARK so los ist, durch die Radiosendung. MFK 01/2017


Was ist das, was dir am Radiomachen oder vor allem an diesem Sendungskonzept besonders gefällt? Am Radio an sich gefällt mir, dass die Stimme viel mehr schafft als im Bild, weil mit der Stimme und mit Musik vermittle ich – da kann ich bei jedem landen, da kann sich jeder selber vorstellen, wie ich ausschau, wie der Gast ausschaut, wie das Projekt ausschaut, das ist dann seiner Phantasie überlassen. Ich glaub, dass dadurch die Leute und die Projekte sympathischer werden, weil ... … weil man sie nicht sieht?! … Ja, (lacht) weil jeder in seiner Vorstellung sich das Beste vorstellt. Und es gibt recht wenig unsympathische Radiomoderatoren, finde ich. Es gibt aber schon mehrere unsympathische Fernsehmoderatoren, hab ich das Gefühl. Und das find ich spannend. Und auch, dass man mit Radio einfach jemanden sehr weit wegholen kann. An dem Konzept, wie ich es jetzt hab, find ich gut, dass man Zeit hat, dass man sich mit jemandem unterhält, dass der was MFK 01/2017

erzählen kann über sein Projekt, wenn er das mit Leidenschaft macht, ist es natürlich noch viel besser … und … ja, für mich selber gefällt mir, dass ich alle zwei Wochen mit neuen Leuten in Kontakt komm, die mir was erzählen und ich die Herausforderung hab oder die Aufgabe, in einer Stunde jemanden kennenzulernen und jemanden so weit zu bringen, dass er auch was erzählt. […] Und man merkt meistens schon, die ersten Minuten sind etwas länger, oder da ist es ein bisschen schwieriger, und hinten raus wird’s dann immer: Ach, wie, es ist schon vorbei? Eine Live-Sendung ist ja noch einmal ein ganz besonderes Setting. Wie ist das für dich, bist du jetzt mittlerweile nach vier Jahren „abgebrüht“ … ? Das ist ja auch das Konzept meiner Sendung, dass sie live ist und ich nicht aufzeichne, da gibt’s mehrere Gründe, warum ich das will. Ich finde, Aufzeichnen ist viel mehr „Arbeit“, dann sagt der Gast vielleicht: Ach nein, das habe ich nicht schön gesagt, machen wir das nochmal – das geht bei einer Live-Sendung nicht, was ich super find, weil dann ist es halt einfach auch immer echt, und das finde ich ist auch, was Radio auszeichnet: Es ist viel echter als Fernsehen, auch wenn man das manchmal nicht glauben mag. Natürlich ist es schon so, wenn da die Uhr den Countdown runterzählt bis zur Sendung, ist es immer wieder aufregend – also es fällt z.B. manchmal die Technik aus oder die Musik funktioniert nicht richtig, und inzwischen weiß man, ja, das ist so, und dadurch passiert jetzt auch nichts Schlimmes, aber der Kitzel ist auf jeden Fall bei jeder Sendung wieder da – und v.a. auch, weil bei jeder Sendung ein anderer Gast ist und ich ja nicht weiß, was der macht. Heißt das, du hast nicht wahnsinnig lange Vorgespräche mit den Gästen, du lernst die Leute teilweise wirklich in der Sendung erst kennen? Ja, das ist v.a. dem Grund geschuldet, dass mir nicht so viel Zeit bleibt, den vorher mal zu treffen, was im wirklichen Radioleben sehr fahrlässig wär, wenn man einfach jemanden reinholt, den man kaum kennt. Und normal macht man’s

so, dass man vorher über die Leute recherchiert. Das mach ich auch, aber die Leute, die ich interviewe, sind meistens nicht so bekannt, dass es viel zu recherchieren gibt, sondern ich weiß über das Projekt Bescheid und manchmal ein bissl was über die Person. […] … ich schreib mir zwar ein paar Fragen auf, aber ich weiß nie genau, was zum Schluss rauskommt oder wo das hingeht. Ich fang jedes Interview an mit einer ganz kurzen Vorstellung und dann kommt gleich Musik, um jegliche Angst zu nehmen. Aber … es gibt auch Leute, die einfach nicht gern reden wollen oder können, und wenn die dann in die Sendung kommen, ist’s ein bisserl schwieriger. Kriegst du Feedback zu den Sendungen? Meistens von den Gästen und das ist immer total nettes Feedback. Und auch, wenn jetzt MARKradio nicht die Mega-Einschaltquoten hat, diese eine Stunde macht mir immer riesig Spaß, dass ich mit den Leuten red, und dass wir zwischendrin Musik hören, und das Feedback, das ich von

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meinen Gästen bekomm, das freut mich total, dass die sich wohlfühlen und ich hab mich wohlgefühlt in der Sendung und dann passt alles. Und wenn es dann vielleicht mal keiner gehört hat, ist es auch kein Problem, weil es war ne schöne Stunde – für die Gäste und für mich.

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Manchmal passieren aber sicher Pannen, oder? Ja, genau, das verbind' ich dann meistens aber nicht mit einer speziellen Sendung, sondern das passiert einfach hin und wieder – z.B., dass der Stuhl knarzt und ich frag mich dann immer, ob man das dann im Radio hört oder ob das nur im Studio so laut ist. MARKradio gibt es seit den 1990er-Jahren. Es ist eine der ältesten Sendungen auf der Radiofabrik. Hast du dir, als du begonnen hast, angehört, was vorher war? Warst du MARKradio-Hörerin? Also davor war ich keine Hörerin, ich glaube, ich wusste auch sehr lange nicht, dass es MARKradio gibt.

Wobei ich die Jess kannte, und ich wusste auch, dass sie MARKradio macht, aber ich konnte mir da nicht viel drunter vorstellen. Und ein paar ältere Sendungen hab ich gehört, bei dem Workshop von der Radiofabrik – das waren nicht die positivsten Beispiele, die sie da gebracht haben. […] Da war auf alle Fälle der Druck genommen, dass ich jetzt irgendwas übertrumpfen muss, weil … ich glaube auch, mit jedem Moderator wird die Sendung anders, mit jedem Konzept, und ich find’s sehr schön, und sehr toll und auch sehr ehrenhaft, dass ich die Sendung mache, die’s mitunter am längsten gibt auf der Radiofabrik. Bist du eigentlich die, die MARKradio am längsten durchgehend betreut? Ich weiß es nicht … weil ich weiß nicht, wie lange es die anderen davor wirklich gemacht haben. Die Jess, bei der war es glaube ich auch so, dass sie über einen bestimmten Zeitraum als Einzige moderiert hat. Aber sonst war es davor auch oft so, dass es eine Gruppe von Leuten gab, die dafür zuständig waren. Also da hat man sich dann halt einmal im Monat oder einmal alle zwei Monate um die Sendung gekümmert, abwechselnd. Ja, MARKradio war immer sehr offen, eine Zeitlang hat es sogar jede Woche stattgefunden und es konnten sich Leute einfach melden und sagen, ich möchte die Sendung diesmal machen. Wie kann man dich denn jetzt kontaktieren? Also ich würde mich freuen, wenn’s jemanden gibt, der da Interesse hat, weil ich glaube, dass es offen ist, um das auch zu erweitern, dass es nicht nur eine Person macht, und ich würde mich auch freuen …


Ich meine jetzt vor allem als Gast, nicht statt dir … … aber auch das! Aber auch als Gast natürlich total gern, weil ich immer auf der Suche bin nach Gästen. Es wäre schön, wenn es einen MARKBezug gibt, aber den kann man auch leicht herstellen, glaub ich, und es sollte ja trotzdem noch ein offenes Medium sein. Ich würde mich freuen, wenn Leute auf mich zukommen! Hörst du dir manchmal deine Sendungen nachher an? Ich hab das mal gemacht … Also jetzt mach ich’s nicht mehr, zum einen, weil ich auch weiß, was passiert in der Sendung und mich ärgert das manchmal, wenn ich Fehler höre, und das sollte, in der Form, wie MARKradio jetzt ist, eigentlich nicht der Ansporn sein, weil für die Zeit, die ich da reininvestier, muss es nicht perfekt sein und deswegen will ich nicht, dass der Spaß, den ich in der Sendung hab, dadurch geschmälert wird, wenn ich mir’s anhör und weiß, ah, das hab ich nicht richtig ausgesprochen oder das war nicht, oder da hört man das – das möchte ich nicht.

Aber für alle anderen – die sollen’s auf jeden Fall nachhören, oder? Das geht nämlich ganz einfach. Alle meine Sendungen lade ich selber hoch auf https://cba.fro.at/series/markradio da sind eigentlich fast alle meiner Sendungen zum Nachhören vorhanden und davor ist es auch ein bisschen unregelmäßig passiert, aber wenn man sich weit genug durchklickt, findet man auch viele Sendungen von vor 2013. Und vielleicht wird das ja auch noch erweitert durch die Sendungen aus den 1990erJahren, die momentan noch auf CD im Archiv der Radiofabrik verfügbar sind.

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Wer Lust hat, selbst Radio zu machen, bekommt in der Radiofabrik Unterstützung und Gelegenheit dazu: www.radiofabrik.at Wer gerne eine MARKradio-Sendung mit Koni machen würde, der kann sich hier bei ihr melden: radio@marksalzburg.at


Texte STEFAN HEYER

LINOLEUM 30

Nach kurzer Nacht, unruhig schlafend, an seine Großmutter gedacht, wusste er, wie er seine Küche endlich renovieren wollte. Der Fußboden musste aus Linoleum sein. Wie damals. In seiner Kindheit. Einfaches Linoleum. Kein Holz. Keine Fliesen. Kein Teppich. Er kannte einen Laden in Kreuzberg. Nahm Maß. Die Küche war nicht besonders groß. Langte für einen kleinen Tisch. Ein paar Stühle. Schrank. Herd. Einen Kühlschrank. Er mochte seine Küche. War gerne dort. Lud Freunde ein. Kochte hier und da etwas. Wenn die Zeit reichte. Er hasste Fertigpizza. Dann lieber Currywurst. Nahm Rucksack und seinen Zettel, schwang sich aufs Rad und fuhr los. Die Straße musste er suchen, war nicht mehr so oft im Viertel. Fand nach kurzem Hin und Her das Geschäft. Leer das Schaufenster. Er hatte extra im Telefonbuch nachgeschaut. Aber nicht angerufen. Warum auch. Aufgelöst. Zu vermieten stand auf dem roten Schild. Einsam und trostlos starrte er in die leere Tiefe. Ein paar alte Fahrräder lehnten gegen das Schaufenster. Verschmiert die schwere Holztüre. Kreuzberglook. Er hasste ihn. War zu alt dafür. Nie Punk gewesen. Sauberes Linoleum wollte er. Nur ein einfaches. Es roch so gut. Nach Kindheit.

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IN DER KÜCHE Jeden Tag war sie in ihrer Küche. Seit über 60 Jahre. Jetzt wurde sie schon bald 90. Sie liebte ihre Küche. Hatte noch einen alten Holzherd zum Kochen. Wamsler. Aber auch einen einfachen Elektroherd. Mit vier Kochplatten. War auch nicht mehr neu. Mittags kochte sie. Für sich. Ihr Mann war schon länger tot. Sie müsste mal wieder aufräumen. Aber dafür war später Zeit. Irgendwann. Jeden Tag kochte sie was frisches. Eine Tochter kam zum Essen vorbei. Wohnte in der Nähe. Auch ein Sohn ließ sich gern blicken. Sie hatte viele Kinder. Und Enkelkinder. Jetzt auch ein paar Urenkel. Sie war nicht einsam. Kamen gern zum Essen. Jetzt, mit dem Alter, lud sie weniger Gäste ein. An den Feiertagen kamen aber doch immer viele. Das gefiel ihr. Sie liebte die Abwechslung. Wenn es ihr zuviel wurde, legte sie sich aufs Sofa und schlief. Die Gäste störten nicht. Am liebsten war sie in der Küche. Schälte Kartoffeln, putze Karotten oder Rosenkohl. Gerne hatte sie eine Suppe auf dem Herd stehen. Irgendwas war immer zu essen im Haus. Wenn Besuch kam, bot sie ihm immer was an. Einen Kaffee. Einen Kuchen. Oder eine Suppe. Was gerade da war. Sie erwartete nicht mehr viel vom Leben. Alles gehabt. Im Urlaub war sie nie. Nach Rom wär sie gern mal gefahren. Aber dafür war keine Zeit. Das Geld hat immer gelangt. Sie brauchte nicht viel. Aus den Kindern war was geworden. Das war ihr wichtig gewesen. Abends trank sie gern ein Glas Wein. Oder ein Bier. Mehr brauchte sie nicht.

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BLUES

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Text RAOUL EISELE

praying for rain that plays with my ears behind when I think what you like about emily d.? that timbre in the background steadfast. serene. surrounded by thousands of pauciloquent tones sounds the drop of water in the sunlight which blinds [me] marvelous

GESPANNT Ich bin eine Saite und die Welt der Korpus, der mich hält. Am Anfang war ich lose zum Wurzelgrund gespannt. Doch heller klinge ich, seit all die Jahre an mir ziehen.

Tage greifen in mich, und ich schwinge mit dem Tau der Blätter, töne leis in einer andren Sprache, immer neu und doch nur Echo einer Stunde, die im Gras versinkt. Text SIGUNE SCHNABEL

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Text SIGUNE SCHNABEL

SCHAUMKRONE Mein Schatten nähert sich dem Meer. Mit Sand und Tang erfasst es ihn, und alles treibt in wilden Fluten hin und her. Allein mein Abbild haftet reglos und gemalt am Grund. Das Dunkel bleibt so ruhig von der Welt, durch nichts erschüttert liegt es einfach da. Die Wellenkämme glätten nicht sein wirres Haar.

Foto PEXELS

Dann weicht das Wasser und die Gischt hält still. Der Kopf zeigt sich auf einmal silbrig weiß gekrönt, und plötzlich frage ich mich, ob das Meer zusammen mit dem Wind mich wohl verhöhnt?

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IMMER SCHÖN HALTUNG BEWAHREN Mit Yoga zu mehr Gleichgewicht und Standhaftigkeit

Text & Fotos MARITA VOITHOFER


YOGA MIT MARITA

1 Vrksasana DER BAUM – VERWURZELUNG & VERBINDUNG

❱❱ Ausgangsposition: Du stehst in der Berghaltung, fest auf beiden Beinen und aufrecht. ❱❱ Verlagere dein Gewicht auf das linke Bein und beuge das rechte Bein am Knie ab. Bringe die rechte Ferse an den Ansatz des linken Oberschenkels (alternativ auch an den Unterschenkel, wichtig: NICHT ans Knie). ❱❱ Halte das Gleichgewicht auf dem linken Bein, während du einen Punkt vor dir fixierst. ❱❱ Bringe die Hände in Gebetshaltung vor die Brust. Atme ein und führe die Arme ausgestreckt über den Kopf. ❱❱ Bleibe für einige tiefe Atemzüge in dieser Stellung, wechsle dann die Seite. MFK 01/2017

2 Garudasana

DER ADLER – GLEICHGEWICHT & LOSGELASSENHEIT ❱❱ Ausgangsposition: Du stehst in der Berghaltung, fest auf beiden Beinen und aufrecht. ❱❱ Hebe das linke Bein über den rechten Oberschenkel oberhalb des Knies und bringe den linken Fuß hinter die rechte Wade. Das linke Bein ist nun um das rechte Bein geschlungen. ❱❱ Balanciere auf dem rechten Bein. Strecke nun die seitlich Arme aus und kreuze sie vor der Brust so, dass der rechte Arm oberhalb des linken ist, schlinge sie so ineinander und lege deine Handflächen aneinander. ❱❱ Achte darauf, dass dein Rücken gerade bleibt. Halte diese Stellung für einige tiefe Atemzüge. ❱❱ Löse die Haltung auf und wechsle dann die Seite.

3 Pada Hastasana

STEHENDE VORWÄRTSBEUGE – DEMUT & HINGABE ❱❱ Ausgangsposition: Du stehst in der Berghaltung, fest auf beiden Beinen und aufrecht. ❱❱ Atme ein und hebe die Arme. Strecke dich weit nach oben. ❱❱ Atme aus und beuge dich mit geradem Rücken nach vorne – soweit du kommst. Fortgeschrittene legen die Hände neben den Füßen ab. ❱❱ Bleibe ein paar tiefe Atemzüge in dieser Position. Der Nacken ist entspannt, der Kopf hängt. ❱❱ Anschließend einatmen und Wirbel für Wirbel wieder zum Stehen kommen.

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5 Virabhadrasana I

DIE HALTUNG DES KRIEGERS – STANDFESTIGKEIT UND EMPATHIE

4 Adho Mukha Svanasana

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DER HERABSCHAUENDE HUND – RUHE & ENERGIE

❱❱ Ausgangsposition: Im Vierfüßler auf der Matte. Deine Hände befinden sich direkt unter den Schultern, deine Knie in gerader Linie direkt unter den Hüften. Strecke deine Ellenbogen durch, dein Rücken ist gerade. ❱❱ Spreize deine Finger weit und verteile das Gewicht gleichmäßig, so entlastest du deine Handgelenke, stelle nun die Zehen auf. ❱❱ Atme aus und drücke deine Hüfte nach hinten und oben, während du die Beine durchstreckst. Verändere die Position deiner Füße dabei nicht. ❱❱ Achte darauf, dass die Wurzeln von Zeigefinger und Daumen fest in den Boden drücken, sodass deine Unterarme leicht nach innen und deine Oberarme leicht nach außen rotieren. So kreierst du Raum zwischen deinen Schultern und Ohren, das Kinn ziehst du leicht zur Brust, der Nacken ist entspannt. Achte darauf, dass deine Oberarme und Ohren auf einer Ebene sind. ❱❱ Drücke dich mit den Händen vom Boden weg, sodass deine Fersen in Richtung Boden absinken können. Sie müssen den Boden nicht berühren, können aber. ❱❱ Halte die Position für etwa 10 tiefe und lange Atemzüge und komme dann zurück in die Ausgangsposition.

❱❱ Ausgangsposition: Du stehst in der Berghaltung, fest auf beiden Beinen und aufrecht. ❱❱ Spreize die Beine seitlich mit etwa einer Beinlänge Abstand voneinander. Wende dich nach rechts und drehe gleichzeitig den rechten Fuß 90°, sodass er nach vorne zeigt. Den hinteren linken Fuß kannst du ein wenig nach innen drehen. ❱❱ Strecke die Arme dabei über den Kopf und lege die Handflächen aneinander. ❱❱ Beuge das rechte Knie bis zwischen dem rechten Oberschenkel und der rechten Wade maximal ein 90°-Winkel entsteht. Achte darauf, dass dein Knie höchstens über deinem Knöchel ruht, jedoch nicht darüber hinausragt. Strecke das linke hintere Bein durch. ❱❱ Achte darauf, dass Gesicht, Brust und rechtes Knie in dieselbe Richtung zeigen, und strecke die Wirbelsäule vom Steißbein aus hoch. Hebe den Kopf und blicke zu deinen Händen und bleibe einige Atemzüge in dieser Stellung.


6 Utthita Parsvakonasana

GESTRECKTE WINKELHALTUNG – KRAFT & STÄRKE ❱❱ Ausgangsposition: Du stehst in der Berghaltung, fest auf beiden Beinen und aufrecht. ❱❱ Spreize die Beine seitlich mit etwa einer Beinlänge Abstand voneinander und hebe die Arme seitwärts auf Schulterhöhe ausgestreckt an. ❱❱ Atme ein und drehe den rechten Fuß 90°, sodass er nach vorne zeigt. Den hinteren Fuß kannst du ein wenig nach innen drehen. ❱❱ Beuge das rechte Knie, bis Oberschenkel und Wade einen rechten Winkel erzeugen, und halte das linke Bein gestreckt. ❱❱ Atme ein. Während du ausatmest lässt du dich von deiner rechten Hand weit nach vorne ziehen und legst die Hand schließlich auf der Kleinzehseite deines rechten Fußes ab. ❱❱ Strecke den linken Arm über das linke Ohr aus sodass deine ganze linke Seite eine gerade Linie ergibt. Halte den Kopf oben und blicke in deine linke Handfläche. ❱❱ Halte diese Stellung einige tiefe Atemzüge, anschließend atme ein, hebe die rechte Hand vom Boden und strecke dein rechtes Bein durch. Deine Arme sind seitlich auf Schulterhöhe ausgestreckt. ❱❱ Drehe nun den linken Fuß 90° und wiederhole die Übung auf der linken Seite. MFK 01/2017

Im Yoga meint Haltung eine Einstellung, eine Tugend und eine Körperstellung. Yoga fördert unsere Fähigkeit, eine innere Haltung der Liebe und Achtsamkeit, des Vertrauens und der Akzeptanz einzunehmen. Während wir in der Meditation unsere inneren Haltungen urteilsfrei beobachten, um uns selbst besser kennenzulernen, helfen uns die Körperhaltungen dabei, Flexibilität und Kraft zu gewinnen. Sie sind Ausdruck von gewissen Haltungen und Hilfsmittel zugleich. Wir stellen uns in der Yogapraxis nicht nur körperlichen Herausforderungen, wir erkunden zugleich unsere inneren Grenzen und weiten diese mithilfe gezielter Körperstellungen und Atemübungen. Im Folgenden findest du die Anleitung für vier stehende Asanas zur Stärkung von Tugenden, die uns dabei helfen können, im Alltag eine positive Haltung zu einzunehmen. Marita Voithofer ist zertifizierte Hatha-Yogalehrerin und unterrichtet derzeit in ihrem Studio Yogaherz in Leipzig. www.facebook.com/yogaherz.om.shanti

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Illustration ALEXANDRA BRÃœNDL Foto SEPHELONOR

FINDE DIE 5 FEHLER

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VEGANE PIZZA

Rezept SAVT - STUDENTISCHE ARBEITSGRUPPE FÜR VEGANISMUS & TIERRECHTE Foto CATKIN

REZEPT VON SAVT SALZBURG

ZUTATEN | TEIG 400g Dinkelvollkornmehl (oder beliebiges anderes Mehl) 1 Päckchen Trockenhefe oder ¼ Würfel Frischhefe 1 TL Zucker (oder alternative Süßungsmittel) 200ml Wasser 4 EL Olivenöl

ZUBEREITUNG | TEIG + BELAG Mehl, Wasser, Hefe und Zucker vermengen und mit Wasser und Öl vermischen. Die Masse zu einem Teig verkneten und ausrollen. Eine Stunde abgedeckt im Kühlschrank ruhen lassen. Teig mit Tomatenmark oder selbstgemachter Tomatensoße bestreichen. Mit Salz, Knoblauch Oregano, Basilikum würzen oder anstatt der Kräuter einfach eine Pizzagewürzmischung verwenden. Nun wird der Teig mit folgenden Zutaten der Reihe nach belegt: Tomatenscheiben, Zwiebelringe, Zucchinischeiben, rote & gelbe Paprika in Streifen, Champignons, Mais, Bohnen, Oliven, Je nach Lust veganer Käse, veganer Aufschnitt oder selbstgemachte vegane Käsealternativen (siehe unten). Das Gemüse kann beliebig variiert werden. Nochmals würzen mit Salz oder Kräutersalz, Pfeffer, Knoblauch, Oregano, Basilikum oder anstatt der Kräuter einer Pizzagewürzmischung verwenden.

OPTIONAL: VEGANER HEFESCHMELZ Ein Glas halbvoll mit Wasser befüllen und unter ständigem Rühren Mehl dazugeben, bis eine dickflüssige Masse entsteht. In einem Topf wird die gewünschte Menge Wasser zum Kochen gebracht und unter ständigem Rühren (Gabel) die Mehl-Masse untergerührt. Das wird solange fortgesetzt, bis eine dickliche Soße entsteht, die die Basis für den Hefeschmelz darstellt. Mit Hefeflocken, etwas Senf, Pfeffer, Knoblauch und Salz den Schmelz abschmecken und auf der Pizza verteilen. Zum Schluss noch mit etwas Olivenöl verfeinern. Bei 200° wird die Pizza ca. 30 Minuten gebacken.

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BLATTLINIE

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Das MFK – Magazin für Kultur ist ein gesellschaftsliberales und von allen politischen Parteien, Institutionen und Interessensvertretungen unabhängiges Kultur-Magazin mit Redaktionssitz in Salzburg. Das Printprodukt wendet sich vor allem an Leser/innen aus der alternativen Kunst- und Kulturszene. Inhalt und Fotos bzw. Illustrationen werden selbstständig von den freien Redakteur/innen der jeweiligen Ausgabe des Magazins recherchiert und ausgewählt. Das Magazin distanziert sich von Gewaltverherrlichung, Rassismus, Populismus, Sexismus, Beleidigungen und Beschimpfungen gegen ethnische Volksgruppen und Religionsgemeinschaften, sowie von diskriminierenden Inhalten. Herausgeber ist der Verein MARK für kulturelle und soziale Arbeit. Das Magazin erscheint zweimal pro Jahr in einer Auflage von 500 bis 1.000 Stück. Es wird kostenlos in Kultur- und Bildungseinrichtungen verteilt. Wer die ehrenamtliche Arbeit aller Beteiligten durch eine Spende, einen Druckkostenzuschuss oder den Kauf eines Inserats in der nächsten Ausgabe unterstützen möchte, schreibt bitte an redaktion.mfk@marksalzburg.at.

Kreative Köpfe gesucht!

Mit Offenheit für Originelles veröffentlicht das MFK – Magazin für Kultur Beiträge verschiedenster Formen bisher unbekannter Künstler/innen, Autor/innen und Journalist/innen. Es stellt eine Plattform dar, für all jene, die sich künstlerisch und journalistisch ausprobieren, entdecken und verwirklichen wollen. Die Vielfältigkeit des Magazins bietet kreativen Freiraum! – für alles, was auf Papier möglich ist. Schickt uns eure Ideen, Vorschläge, Anregungen an redaktion. mfk@marksalzburg.at, liked unsere Facebook-Page MFK – Magazin für Kultur oder kommt zu unseren offenen Redaktionssitzungen ins MARK.freizeit.kultur in der Hannakstraße 17 und arbeitet mit, damit das Magazin mit einem breiten Spektrum an Berichten und Reportagen aufwarten kann. Die Abgabe oder Zusendung von Beiträgen für die nächste Ausgabe ist jederzeit möglich. Voraussichtlicher Erscheinungstermin der nächsten Ausgabe ist Winter 2017. MFK 01/2017


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HERAUSGEBER Verein MARK für kulturelle und soziale Arbeit Hannakstraße 17 | 5023 Salzburg, Austria ZVR-Zahl: 471905195 Online-Ausgabe: www.marksalzburg.at MIT BEITRÄGEN VON Veronika Aschenbrenner, Raoul Eisele, Dominik Gruber, Johanna Gruber, Markus Grundtner, Stefan Heyer, Michael Lehner, Pamina Milewska, Ruth Mayr, Clemens Shittko, Sigune Schnabel, Dagmar Unterrainer, Marita Voithofer.

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BILDER/ILLUSTRATIONEN Alexandra Bründl, Catkin, Julia Fink, Johanna Gruber, Kaboompics, Angela Karpouzi, Myonart, Pexels, Marita Voithofer COVER, LAYOUT UND GESTALTUNG Johanna Gruber LEKTORAT Alexandra Bründl, Ruth Mayr KONTAKT redaktion.mfk@marksalzburg.at | +43 650 743 17 99

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