MFK - Magazin für Kultur Ausgabe 2015/2016 - Nähe

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AUSGABE 2015/ 16

Thema NÄHE

HAPPY BIRTHDAY MFK & HIGH FIVE! Highlights aus 5 Jahren MFK-Redaktion. EINE ANEKDOTE VOM GEBEN. Die Geschichte einer Begegnung. STRUDEL AM ÜBERSCHWAPPEN. Ein Interview mit Julia Aichinger. NÄHE UND NÄHTE. Auf angsterstarrtem Papier gedruckt.

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INHALT mfk 2015/16

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HAPPY BIRTHDAY MFK & HIGH FIVE 2

ZWEI SEITEN – EIN BLATT 12

ALLES KUNST ODER WAS? 24

AHLAN WA SAHLAN 34

RÄTSEL 46

DER BÜCHERWURM 6

LYRIK 15

NÄHE UND NÄHTE 26

HANUSCHPLATZ 40

REZEPTTIPP 51

ECHT FERTIG 7

STRUDEL AM ÜBERSCHWAPPEN 16

MENSCHLICHE NÄHE 28

BUCHEMPFEHLUNG 41

BLATTLINIE 52

NÄHE 8

BEKENNTNISSE EINER BIBLIOPHILEN 22

EINE ANEKDOTE VOM GEBEN 32

PENIPPEL 42


LIEBE LESERIN, LIEBER LESER!

Ein leeres Blatt Papier. Was gibt es schöneres, als ein leeres Blatt Papier? Das nur darauf wartet, gefüllt zu werden. Ich kann frei sein. Ich kann es füllen. Wie ich will. Meiner Kreativität freien Lauf lassen. Mit Worten und Bildern Welten kreieren. Wo komme ich mir näher? Als auf einem leeren Blatt Papier.

Es ist eine Blockade. Wir haben im Alltag verlernt zu spielen. Wir wollen Nachahmen. Kopieren. Aber doch etwas Eigenes schaffen. So gut sein, wie die anderen. Oder vielleicht sogar noch besser. Wie soll das gehen? Wenn nichts gut genug ist und Entwurf für Entwurf im Papierkorb landet.

In den letzten fünf Jahren habe ich viele Menschen gefragt, ob sie einen Beitrag für's MFK - Magazin für Kultur gestalten möchten. Die meisten waren sofort begeistert. Ist es doch etwas Schönes, einfach mal kreativ zu sein. Ohne Zwang!

Ein leeres Blatt Papier. Was gibt es kritischeres, als ein leeres Blatt Papier? Das nur darauf wartet, gefüllt zu werden. Sei frei! Füll es! Wie du willst! Lass deiner Kreativität freien Lauf! Kreiere deine Welt mit Worten und Bildern! Wo kannst du dir näher kommen? Als auf einem leeren Blatt Papier.

Ein leeres Blatt Papier. Was kann frustrierender sein, als ein leeres Blatt Papier. Das nur darauf wartet, gefüllt zu werden. Könnte ich nur frei sein. Dann könnte ich es füllen. Wie ich will. Aber meine Kreativität ist blockiert. Möchte ich doch Welten kreieren, mit Worten und Bildern. Wie soll ich mir näher kommen? Wenn das Blatt Papier leer bleibt.

Zu unserem 5-jährigen Jubiläum möchte ich mich bei allen Menschen, die das MFK - Magazin für Kultur mit einzigartigen Wortund Bildbeiträgen bestückt haben, bedanken. Alle anderen möchte ich dazu einladen, ein leeres Papier in die Hand zu nehmen und es zu füllen und an unsere Redaktionsadresse ­­redaktion. mfk@marksalzburg.at zu schicken ;-).

Für viele, auch für mich, erscheint es zunächst oft einfacher, als es ist. Abzuschalten. Ideen zu entwickeln. Einfach mit Worten und Bildern zu spielen. Haben wir doch im Leben gelernt, dass Vielen Dank und viel Freude beim Lesen der Ausgabe zum Thema alles einem Muster folgen muss. Alles eine bestimmte Form ha- „Nähe“. ben muss. Alles ein bestimmtes Ziel haben muss. Wie soll ich das abschalten in meinem Kopf? Doris Mair mfk 2 0 1 5 / 1 6


Leitartikel

HAPPY BIRTHDAY MFK & HIGH FIVE! Die Highlights aus 5 Jahren MFK-Redaktion. Text MARITA VOITHOFER DER Illustration RITA ATTENE

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etrospektive: Herbst 2009, das MARK.freizeit.kultur lebt und werkt übergangsweise in den Räumlichkeiten des alten Musikums im Nonntal. Das Haus darf für Vereinstätigkeiten genutzt werden, Veranstaltungen sind verboten und auch sonst bleibt vieles untersagt, was in die Kernkompetenzen, der mehr als 40-Jahre alten Salzburger Jugendinstitution fällt. Es bleibt also Zeit für ein neues Projekt und Raum genug, die geballte Kreativität vieler „Markler“ anderweitig auszuleben: Die Idee zu einem hauseigenen Magazin entsteht. Es dauert nicht lange und das MFK - Magazin für Kultur wird geboren. Die Gründerredaktion bestand damals aus Günter Baumgartner, Gerd Pardeller, Stefan Findeisl und Marita Voithofer. Dass das

MFK - Magazin für Kultur heute so heißt, wie es heißt, haben wir diesen vier Leutchen zu verdanken. Weitere Ideenvorschläge für das Magazin wären beispielsweise „Mark Aber“, „Error“ oder auch „Casa Nostra“ gewesen. 10 in 5: Ein guter Schnitt! Insgesamt erblickten in den vergangenen fünf Jahren zehn MFK das Licht der Öffentlichkeit. Ursprünglich waren vier Hefte pro Jahr geplant. In altbewährter und sympathischer Mark-Manier und weil das eine ehrenamtliche Sache war und von Menschen in ihrer Freizeit organisiert und in einer offenen Redaktion aus interessierten Schreiberlingen produziert wurde, variierte die Anzahl der Ausgaben natürlich dementsprechend. mfk 2 0 1 5 / 1 6


2010 – UMZUG & VERKEHR

Thematisch angepasst an den Umzug des MARK.freizeit.kultur in die heutigen Räumlichkeiten in der Hannakstraße 17 in Sam beschäftigte sich das allererste MFK mit dem Thema „Umzug“ und Veränderungen aller Art. Neben dem Ernsten gab es aber auch Lustig-Unwichtiges, wie dem Lieblingsklopapier der Redaktionsmitglieder oder dem wunderprächtigen Captain-MarkComic. Die zweite Ausgabe „Verkehr“ ging noch einen Schritt weiter und beleuchtete zahlreiche verschiedene Blickwinkel auf ein bewegtes Thema, u.a. mit Berichten von Weitgereisten, Einblicken in fremde Verkehrskulturen, Gedanken zu Bewegungen aller Art, dem Weg zweier Flüchtlinge nach Salzburg, einer D.I.Y.-Bildergeschichte und jeder Menge Poesie sowie den Lieblingsgraffitis der Redaktion. 2011 – THEMENWECHSEL, 08/15 & LÜGEN

„Themenwechsel“ war ein buntes Sammelsurium an tollen Beiträgen zur Frage, „was, wann, warum, wo und wie lange etwas ‚Thema‘ ist“, wie es im Editorial heißt. Mit Einblicken in die Geschichte der Salzburger Gegenkultur oder die Suderkultur unserer Gesellschaft. Mit der Kaffeetasse im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, Lesezeichen zum Ausschneiden und vielem mehr. Ganz und gar nicht „08/15“, sondern inhaltlich ungewöhnlich, dann das gleichnamige Magazin mit arabischem Beitrag und hochphilosophischer Abhandlung über archéische Dichtung. Zudem: Gender- und Abgrenzungsthematik, 08/15-Comic- und Bastelanleitung, Zahlenspielen u.v.m. „Lüg mich an, bitte“, so das Credo der „Lügen“-Ausgabe, in der unterschiedlichste Wahrheiten und Wahrheitsansprüche kul­ mfk 2 0 1 5 / 1 6

tureller, politischer und gesellschaftlicher Systeme aufgegriffen wurden. Über Pressefreiheit und andere Verschwörungstheorien und mit gleich zwei tollen Bilderstrecken: „Alien to society“ und einer lustige Fotomüllhalde voll Sinnlosigkeiten. Einem Interview mit Rocko Schamoni, sowie Doku- und Buchtipps aus ­d er ­Redaktion. 2012 – PAUSE

Die halbe Redaktion war auf Auslandsaufenthalt: Passend zur eher mäßigen Magazinernte im 12er Jahr, machte „Pause“ das Fehlen weiterer Ausgaben mit guten Inhalten wett. Über Kehrtwendungen nach innen, Grenzerfahrungen, Überforderung, die Wichtigkeit des Innehaltens und mit allerhand Schönem für den Müßiggang. 2013 – IDENTITÄT & SYMBOL

Fragen der „Identität“ galt es in der ersten Ausgabe von 2013 zu beantworten: Was mit individuellen und bunten Beiträgen geschafft wurde. Von 2345782 Wurstsemmeln, über Einblicke in verschiedenste Lebenswelten, Portraits von Persönlichkeiten am Rande der Gesellschaft bis zu etwas anderen Hochzeitszeremo-

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nien sowie spannenden Berichten aus dem Ausland. Neu im Layout, brachte „Symbol“ frischen Wind ins MFK. Eine Ausgabe, die durchwegs über den Tellerrand von Österreich blickte: Von Zeichensprachen und -systemen über die unterschiedlichen Auffassungen von Symbolen in diversen Kulturen bis zu spannenden Künstler- und Musikerportraits, war alles mehr als nur symbolisch vertreten. 2014 – VERWANDLUNG & SPIELRAUM

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Facettenreich und gehaltvoll auch die erste Ausgabe im Jahr 2014. In „Verwandlung“ lasen wir über die Möglichkeiten der Wandelbarkeit, die Schauspielerei, das wandelbare menschliche Wesen, reisten mit dem Zug nach Shanghai, fürchteten uns vor den Alpenzombies, schmunzelten mit Peter.W. und staunten über die Verschmelzung von Kabarett und Metal, sowie über die kafkaeske Verwandlung einer Frau ohne Kind zu einer Mama. Und mit „Spielraum“ erkundeten wir Zwischenräume, Spielraumschiffe und das Spielerwesen. Quatschten mit der Generation Y und ließen uns versuchsweise auf ein migrationspolitisches Ene Mene Muh ein – irgendwo zwischen Wirklichkeit und Illusion.

den letzten zehn Ausgaben des MFK beteiligt. Jedem einzelnen von euch sei hiermit gedankt! Vor allem Doris Mair, die das Redaktionsteam seit 2010 leitet und zusammenhält! Fakt ist: Ohne Doris gäb‘s gar kein MFK mehr! Ein besonderer Dank gilt auch Peter Wetzelsberger alias Peter.W., der bisher als einziger in jeder einzelnen Ausgabe inhaltlich vertreten war. Neben seinen beliebten Schulterratten, prägte auch sein bisher umfangreichster Beitrag „Count our Culture“ (ein vierteiliges Portrait über die Geschichte der Salzburger Gegenkultur) das Gesamtwerk MFK. Statement Peter.W.: EINE OFFENE REDAKTION MIT 132 REDAKTEUR/INNEN „Jede Ausgabe war eine schwere Geburt und ich bin fest davon Seit dem ersten Redaktionstag haben unzählige Redaktions- überzeugt: Wenn es sich nicht jedes Mal ausgezahlt hätte, gäb's sitzungen stattgefunden, von einer Hand voll an Teilnehmer/ uns schon lange nicht mehr! Es war ein hartes Stück Arbeit und innen bis zu einem guten Dutzend, viele davon umbaubedingt ich möchte an der Stelle mal diejenigen würdigen, die sich den auch daheim bei Redaktionsmitgliedern. ganzen organisatorischen Kram angetan haben: Vielen Dank!“ Damit das Projekt so erfolgreich vonstatten gehen konnte, wie Das durchgehend wunderschöne und inspirierende Layout es das tat und immer noch tut, braucht es viele helfende und mo- kam und kommt von Julia Fink (bis 2013) und Rita Atteneder (seit tivierte Hände! Insgesamt um die 132 Redakteur/innen waren an „Symbol“, 2013). mfk 2 0 1 5 / 1 6


Weil doch jeder Listen mag … Gibt’s jetzt ausgewählte Top-5-Rankings aus fünf Jahren MFK:

TOP 5 DER TOTEN RUBRIKEN

AUF & AB: REDAKTIONELLE HERAUSFORDERUNGEN

Die engere MFK-Redaktion stand mehr als einmal vor schier unlösbaren Problemen: Das Geld war knapp und ist es immer noch, die Motivation mal hoch, mal niedrig – wie sie eben so ist, ebenso die Anzahl der Redakteur/innen und das jeweilige Zeitpensum. Von langwierigen Debatten zur Sponsorensuche, nicht enden wollenden Auseinandersetzungen mit den Gender- und Extremismus-Handhabungen im Magazin, über die mühsame Auswahl der Inhalte bis zur fast schon verzweifelten Suche nach Beiträgen, gestalteten sich die Herausforderungen vielfältig für die MFK-Redaktion in den letzten Jahren. Geschafft haben wir es am Ende der Mühen dennoch jedes Mal aufs Neue, ein spannendes Heftchen mit guten Inhalten zu präsentieren, wie wir finden und uns euer Feedback bisher glauben lässt. Das haben wir zuversichtlich und mit eurer Hilfe auch in Zukunft vor! Wir freuen uns auf zahlreiche weitere Ausgaben unseres geliebten MFK und leiten die Jubiläumsausgabe mit einer kleinen Top-5-Sammlung ein! mfk 2 0 1 5 / 1 6

1. Captain Mark – Comic von Simon Linder 2. Die Klolumne – Gerd Pardellers KloGedanken 3. Speaker’s Corner 4. Miss Bildung 5. MFK-Gimmick zum Herausnehmen TOP 5 DER UNVERÖFFENTLICHTEN IDEEN

1. D.I.Y.-Fotolovestory: Die ­Geschichte von Rhabarbarella 2. Fixe Rubrik für Album-Rezensionen 3. Scheiß-Society Rubrik 4. Mark-Knigge 5. Lustigste Monothemen-Ideen: „Das Leben ist ein Jammertal“, „Auweia“, „Spermierin“, „Suderlos“, „rein und raus“, „Strumpfhose“, …

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DER BÜCHERWURM Über den Geschmack der Bücher.

6 SBE RGE R Text STE FAN KLINGER DER Illustration RITA ATTENE

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in Buch. Mir bisher unbekannt, aber ich habe vernommen, dass es gut sein soll. Ich koste. Es schmeckt verführerisch süß, einfach zum InSich-Hinein-Schlemmen. Oder es ist würzig scharf und regt die Sinne an. Oder aber beides, Bücher können das, manche jedenfalls, aber zu wenige. Diesmal habe ich Glück, die Empfehlung für diese Haubenküche bekam ich zu Recht und ich werde sie weitergeben. Ich verschlinge das Buch regelrecht, weil ich grad die Zeit dazu habe, anders kann ich nun gar nicht. Ich versuche,

mich darauf zu konzen­trieren und es gleichzeitig so gut wie möglich mit Geschmacksnoten, die ich von früher her kenne, zu vergleichen. Mit etwas Schnaps spüle ich das Buch hinunter, denn damit verdauen sich alle Speisen besser. Es ist leichter oder schwerer verdaulich. Oft prägt es sich mir in letzterem Fall besonders gut ein. Die nahrhaften Bestandteile werden nun ein Teil von mir, geradezu ein organischer. Die anderen hingegen scheide ich einige Zeit später ruhigen Gewissens wieder aus. Dieses Mal hatte ich Glück. Die Nahrhaften haben deutlich überwogen. Schade nur, dass so viel Ungenießbares aufgetischt wird, dabei würge ich doch so ungern. Schade, dass so viel Unverdau­ liches angepriesen wird, dabei verschwende ich so ungern meine Zeit und Energie. mfk 2 0 1 5 / 1 6


ECHT FERTIG

oder „Nähe oder doch lieber Hütte?“

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ch bin unfertig. Wie kann das sein? Man kann doch nicht unfertig durch die Welt laufen – das ist doch gefährlich! Ich bin nicht fertig, im Sinne von vollentwickelt, ideal, perfekt... und doch muss ich mich jeden Tag auf´s Neue dem Außen stellen – den Anforderungen – dem Druck. Kann ich nicht bitte die nächsten zwanzig Jahre in einer kleinen Hütte verbringen, wo mich niemand sieht und nichts ist, außer ein wenig Natur, ein schöner Ausblick und unendlich viel Ruhe? Dann könnte ich mich nämlich endlich ordentlich fertig entwickeln – oder? Oder brauche ich die Welt? Um an ihr zu wachsen... Falls sie mich nicht vorher erschlägt. Und dennoch – in meiner friedvollen Hütte wäre ich vielleicht schon nach ein paar Tagen „fertig“ und komplett, weil dann gäbe es ja nichts und niemanden mehr, der mich fertig macht – nicht mal einen Spiegel! mfk 2 0 1 5 / 1 6

Text SILVIA GLA SER Foto ALE S KRIVEC

Brauche ich die Welt? Um an ihr zu wachsen... Falls sie mich nicht vorher erschlägt. Wird man also erst vollständig in der Nähe zum Außen, an dem Reibungspunkt, an dem es so lange wetzt und bröckelt, bis sich aalglatt eines an das andere schmiegt und das große Nirvana eintritt? Oder doch lieber das Weite suchen? Wenn man so wie ich einen Beruf mit freier Zeiteinteilung, mit Vorsicht zu genießenden Kolleginnen und unzähligen Kundenkontakten hat, stellt sich diese Frage tatsächlich täglich. Stelle ich mich heute der Gefahr, fertig gemacht zu werden oder doch der Chance, ein Stück fertiger zu werden, oder mache ich mich lieber zuhause richtig fertig – mit meinen eigenen Ansprüchen und Gedanken? Fertig!

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NÄHE Ein Definitionsversuch.

Text CLAUDIA M. KRA ML ESTRE, Fotos DIEG O TORRES SILV JOHN ASHBURNE

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ine frühlingshafte Neumondnacht, gegen drei Uhr morgens. Die Stadt schweigt still, während ich durch ihr Gassengewirr haste, von verhaltenem Scharren, Lachen und Flüstern einmal abgesehen. Doch gerade diese Geräusche sind es, die mich mein Tempo beschleunigen lassen, um möglichst schnell in meine eigenen vier Wände zurückkehren zu können. Nur allzu gern hätte ich jetzt jemanden an meiner Seite, der mir das Gefühl des Alleinseins nimmt. Ich wünsche mir quasi die Nähe vertrauter Personen, um jene Unbekannter zu vermeiden. Doch nicht immer ist es bloß ein Schutzmechanismus, der uns rät, dass die Anwesenheit anderer Leute eigentlich von Vorteil wäre. Der Mensch ist ein geselliges Wesen und ein gewisser Herdentrieb ist ihm nicht fremd, wenngleich er großen Wert auf Individualität legt. Wo sollte er diese allerdings unter Beweis mfk 2 0 1 5 / 1 6

stellen, wenn nicht im Beisein anderer, die ihm gleichzeitig Projektionsfläche für seine Ideen und Wünsche bieten? Und nicht nur das – Nähe ist überlebenswichtig. Nichts ist schlimmer, als die Vorstellung, mit niemandem Kontakt aufnehmen, sich nicht mitteilen und Gedanken austauschen zu können. Man "ist" (im philosophischen Sinne) nicht zuletzt durch die Rückmeldung seiner Mitmenschen auf die eigene Persönlichkeit. Wie in allen Angelegenheiten des täglichen Lebens, so spielt jedoch auch hier die Dosis eine entscheidende Rolle. Problematisch kann es zudem werden, wenn die Vorstellungen verschiedener Menschen in Bezug auf dieses Thema voneinander abweichen. Findet es die eine Seite völlig normal, die Freundin jeden Mittag während der Pause anzurufen, kann ein solches Verhalten für die andere schon einmal zu aggressiven Ausbrüchen führen. Eltern, die ihre Kinder durch die Lektüre von Tagebüchern vor schlimmen Gefahren bewahren möchten, können trotz all des guten Willens nur auf wenig Vertrauen hoffen. Dann wird die einseitig gewünschte Nähe als erdrückend empfunden, man fühlt

Der Mensch ist ein geselliges Wesen und ein gewisser Herdentrieb ist ihm nicht fremd.

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sich in die Enge getrieben und in seiner persönlichen Freiheit eingeschränkt. Eine solche Art von Nähe wird man gerne wieder los, entledigt sich ihrer wie eines Mantels im Hochsommer und freut sich über die wiedergewonnene Unabhängigkeit. Was in der Folge zu dem Paradoxon führt: Nähe sollte Freiheit beinhalten. Die Sicherheit, auch Zeit für sich allein zu haben, ohne von der Gegenseite Ablehnung zu erfahren. Sie basiert auf Vertrauen, nicht auf gegenseitiger Überwachung. Weiters wäre es vorteilhaft, zwischen körperlicher und seelischer Nähe zu unterscheiden. Wie es des Öfteren der Fall ist, so weist auch hier das Englische expliziter auf eine Differenzierung hin: „Near“ kann zwar wie „close“ räumliche Nähe signalisieren, „close“ ist aber mehr als „near“. Sprich, „nahe“ im psychologischen Sinne. Tagtäglich gibt es unzählige Menschen, von denen uns zeitweise nur wenige Zentimeter trennen, und dennoch wissen sie nicht einmal über unseren Namen Bescheid. Beim Gedränge in der Straßenbahn (oder, lokal gesehen, im Obus) geraten wir wohl kaum in Versuchung, den Mitdrängern unsere Lebensgeschichte näherzubringen. Andererseits gibt es aber auch langjährige, erstaunlich gut funktionierende Fernbeziehungen. Paare, die trotz tagtäglichen Zusammenlebens kaum mehr ein Wort miteinander wechseln, und die leider nur in den seltensten Fällen erwiderte Liebe zu Filmstars vervollständigen das variantenreiche Bild. Wie man sieht, ist die Sache mit der Nähe – bei näherer Betrachtung – etwas kompliziert. Und als wäre es noch nicht genug, beschert sie uns gelegentlich sogar in hypothetischer Form Kopfzerbrechen. Während man etwa noch unschlüssig, von frischem Trennungsschmerz geplagt, regungslos auf seinem Sessel verharrt, sieht man eine mutigere Version seiner selbst aufspringen mfk 2 0 1 5 / 1 6

Nähe sollte Freiheit beinhalten. Die Sicherheit, auch Zeit für sich allein zu haben, ohne von der Gegenseite Ablehnung zu erfahren. und denkt dabei: „Soll ich es wagen, sie nach ihrer Handynummer zu fragen? Auch, wenn uns in wenigen Stunden wieder Hunderte von Kilometern trennen? Und damit die ungefähr zwanzigste Enttäuschung seit Beginn dieses Jahres riskieren?“ Manchmal wäre man gerne näher, als es die äußeren Umstände oder die eigene, als Vernunft getarnte Angst vor dem Scheitern erlauben. Doch wenn alles zusammenpasst, die Sicht beider Seiten auf ihre Beziehung großteils Übereinstimmungen aufweist und man sich weder eingeengt noch im Stich gelassen fühlt – dann ist die Nähe eine positive. Dieses Phänomen nennt sich Freundschaft, in extremen Fällen sprechen Menschen davon, ihre Seelenverwandten gefunden zu haben, oder auch schlicht und einfach von Liebe. Da bleibt nur noch zu hoffen, dass die zeitliche Komponente dem Ganzen nicht wieder einen Strich durch die Rechnung macht. All die vorangegangenen Ausführungen lassen sich schlussendlich auf eine simple Zusammenfassung kürzen: Nähe ist, wenn man etwas von sich selbst gibt und als Antwort darauf Vertrauen bekommt.

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ZWEI SEITEN– EIN BLATT Eine Kurzgeschichte.

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Text JEANETTE RÖMER DER Illustration RITA ATTENE

ls sie die Bar betrat, dröhnte ihr die Musik entgegen. Der Rauch der Zigaretten hing in der Luft und kreierte dadurch eine fast nebelartige Atmosphäre. Sie musste grinsen, denn diese fast horrorfilmartige Kulisse passte genau zu der Bar und seinen Besuchern. An der Theke angekommen, begegneten ihr die üblichen Gestalten. Der Koch wie auch der LKW-Fahrer hoben schon ihren vierten Zirbenschnaps. Die Gläser klirrten. Im hinteren Bereich des Raumes spielten die jüngeren Besucher, mit ihren mit schwarzer Mascara bemalten Gesichtern, wie immer Billard.

Sie bestellte sich eine Halbe und setzte sich an die Theke. Eigentlich hasste sie es alleine in Bars zu gehen, aber mittlerweile war diese hier fast ihr zweites zu Hause geworden. Sie prostete den üblichen Verdächtigen zu und stürzte die ersten paar Schluck hinunter. Langsam drehte sie sich eine Zigarette, als sie aus dem Augenwinkel Armin wahrnahm. Armin hatte es schon öfter bei ihr versucht, aber sie hatte ihn immer wieder abgewimmelt. Sie drehte die Zigarette zu Ende, steckte sie lässig zwischen die Lippen und zündete sie an. Alles innerhalb einer sehr schnellen Routinehandbewegung. „Hey, dich habe ich ja auch schon ewig nicht mfk 2 0 1 5 / 1 6


mehr gesehen.“ Armin war unbemerkt angetorkelt gekommen, und legte ihr nun seine Hand auf den unteren Rücken. Sie blies die erste Rauchwolke aus. „Ja stimmt, da hast du Recht“, meinte sie nur ausweichend und schaute wieder auf den Fernseher, auf dem gerade ein Metalvideo mit einer kauernden, halbnackten, weißgesichtigen Frau in einer schwarzen Korsage zu sehen war. „Was gibt es neues bei dir?“ Er zog sich einen Barhocker heran und setzte sich direkt neben sie. Sein linkes Bein war so nah, dass es ihres berührte. Sie roch seinen nach Schnaps stinkenden Atem. „Es läuft gut, danke“, meinte sie nur und wendete ihren Kopf wieder ab. Sie hasste es, wenn Männer einfach ihren Sicherheitsabstand überwanden und dann nicht mehr abzuschütteln waren. Sie rückte weiter nach links. Armin rückte nach. „Das freut mich. Bei mir in der Arbeit läuft es auch sehr gut und ich habe wieder an meiner Wohnung gearbeitet.“ Armin rückte nach. „Schön.“ Er lange gedauert hat, aber heute ist wirklich viel los.“ „Kein Probwandte sich der Kellnerin zu. „He, kannst mir noch zwei Zirben lem, ich wollte sowieso nur für ein Bier vorbeischauen und dir bringen?“ Die Kellnerin verschwand kurz unter dem Tresen und Hallo sagen. Magst du mit mir vielleicht ein Nusserl trinken?“ stellte ihr daraufhin zwei kleine, mit brauner Flüssigkeit gefüllte „Na klar, einer ist sicher kein Problem. Ich hol‘ sie eben mal.“ Alex Gläser hin. „Dann sage ich mal zum Wohl!“ Sie prostete ihm un- verschwand wieder hinter dem Tresen. Sie prosteten sich schließwillig zu und stürzte das harzige Gesöff hinunter. „Du, ich muss lich über die Theke hinweg an, ehe die nächsten langhaarigen mal eben rüber zu Tom. Ich komm gleich wieder“, sagte er lallend Männer in ihren Metalkutten an der Bar standen und sich ihr und schwankte langsam vom Hocker hinunter, wobei er sich fast nächstes Getränk ersehnten. „Liebes, ich muss mal weitermaan dem Kleiderhaken unter der Theke verhakte. Langsam wan- chen.“ „Kein Problem, Süße, ich komme schon zurecht.“ kend ging er davon. Aufatmend, da sie nun endlich ihre Ruhe Sie ließ ihren Blick durch den Raum gleiten. Ein paar Gesichhatte, drehte sie sich noch eine Zigarette, die schon nicht mehr ter kannte sie von vergangenen Abenden in der Bar oder von ganz so ästhetisch wirkte wie die erste. Sie schaute auf ihr Handy, Konzerten. Ein paar andere Gesichter waren ihr jedoch neu. Ihr es war schon fast halb zwölf. Blick blieb schließlich bei einem Mann mit kurzen blonden HaaNach einer weiteren Zigarettenlänge kam Alex hinter der Bar ren hängen, dessen Frisur ein wenig an die Beatles erinnerte. Er hervor. „Hey Süße, ma dich hab ich ja schon lange nicht mehr interessierte sie, schon alleine deswegen, weil er nicht wie das gesehen.“ Sie umarmten sich herzlich. „Entschuldige, dass es so typische Klientel in dieser Bar aussah.

Sie ließ ihren Blick durch den Raum gleiten. Ein paar Gesichter kannte sie von vergangenen Abenden in der Bar oder von Konzerten. Ein paar andere Gesichter waren ihr jedoch neu.

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Sie bestellte sich ein neues Bier und konzentrierte sich wieder auf die Videos. Ein schwarzhaariger Mann posierte gerade vor einem weißen umgedrehten Pentagramm auf schwarzem Grund. Es regnete rote Farbe, die sich über seinem bleichen, nackten Oberkörper ergoss. Sie musste grinsen. Das pathetische Posieren hatte er inne. „Hey“, sagte plötzlich jemand. Sie drehte sich überrascht um und sah nun in das Gesicht des Beatles-Imitators. „Hey“, entgegnete sie und musste grinsen, da er sie trotz seiner Größe etwas von unten heraus anschaute. „Ich finde dich attraktiv“, meinte er mit einem frechen Grinsen. So viel Ehrlichkeit fand sie erfrischend. Das typische „Hey, was kann ich dir ausgeben“ oder „Bist du öfters hier?“ kannte sie schon zur Genüge. „Danke!“, entgegnete sie mit einem besonders netten Lächeln. „Wohnst du in Salzburg?“ „Ja“, antwortete er und kam näher an sie ran, so dass nur noch gefühlte zehn Zentimeter zwischen ihnen lagen. Er schaute ihr nun gerade in die Augen und sagte: „Ich möchte dich gerne küssen.“ Langsam bewegten sich ihre Gesichter aufeinander zu, bis schließlich der letzte Abstand überwunden war. Der Kuss dauerte einige Minuten und ließ sie die Zeit vergessen. Schließlich nahm sie wieder Abstand und lachte laut auf. „Ich kenne dich ja nicht einmal!“ Er musste jetzt auch lachen. „Was willst du denn wissen?“ „Was arbeitest du eigentlich? Oder studierst du noch?“ „Ich habe mich gerade erst mit Animationen selbstständig gemacht.“ Die Anziehung funktionierte schon wieder und sie küsste ihn abermals. Was war nur mit ihr los? Normalerweise redete sie doch zu mindestens erst einmal mit den Männern, die sich ihr näherten, bevor sie irgendwen in ihre Sicherheitszone ließ. Aber bei ihm war das anders. War es die Ehrlichkeit gewesen, die ihre Mauern einriss? Oder war es der Alkohol?

Wie unterschiedlich doch die Abstände zu Menschen sind, die man mag und zu jenen, die man nicht mag. Das Gespräch holten sie jedenfalls nach und sie sprachen noch den ganzen Abend. Er nahm nun Armins Platz ein und es störte sie nicht im Geringsten. Seine Hand ruhte auf ihrem unteren Rücken und wanderte bei den Küssen zum Teil auch weiter runter. Sie ließ dies ohne jeglichen Widerstand geschehen und genoss den Abend, der damit endete, dass er sie zum Abschied an die Außenwand der Bar drückte und stürmisch küsste, was sie an alte Hollywoodstreifen erinnerte. Als sie nach Hause ging, schüttelte sie grinsend den Kopf. Wie unterschiedlich doch die Abstände zu Menschen sind, die man mag und zu jenen, die man nicht mag. Das Fremde ist dann gar nicht mehr bestimmend, wird zur Nebensache, wenn man eine Person auf Anhieb sympathisch findet. Nähe ist verbunden mit Sympathie, Freundschaft und Liebe, Abstand dagegen mit Abgrenzung und Ignoranz. Der Beatles-Imitator gegen Armin – schließlich zwei unterschiedliche Welten. Das Dunkel der Straße verschluckte sie, während ein neuer Tag durch zaghaftes Vogelgezwitscher hereinbrach.

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Lyrik

DIE FLIEGE ERKANNTE DEN LAUF DER ZEIT

DRAMOLETT Text PATRICIA LANG

Text ANDREA FOLIE

Nah am Fenster ist nah am Menschen – dachte die Fliege und flog hinein. Noch näher am Menschen ist sehr nah an Geheimnissen – bemerkte die Fliege und setzte sich auf den Sims. Sehr nah an Geheimnissen, bedeutet nahe Gefahr – wusste die Fliege nicht und schwirrte auf Messers Schneide. Die Messers Schneide war wohl etwas zu nah am menschlichen Körper und suhlte sich in seiner wärmenden Nähe. Der menschliche Körper zuckte nur mehr auf und ab. Eine Nahaufnahme der Fliege auf Messers Schneide. Die Nahaufnahme – ein rot verschmiertes Messer, ein hechelndes Lächeln einer Frau von oben herab, ein ruheloser Körper eines Mannes am Boden liegend. Am Boden liegend schreit der Körper nach lebender Nähe. Während der lebende Körper von oben herab dem nahen Tod entgegenlacht. Am Ende sind es zwei Körper. Einer lebend. Einer tot. Zu nah am Menschen ist dann doch zu nah am Leben und dem Tod etwas näher als gedacht – erkannte die Fliege und flog wieder aus dem Fenster. mfk 2 0 1 5 / 1 6

Sie: Die Kunst des Schweigens zu verstehen. Siezwei: still Sie: Deine Stille macht mich. Siezwei: still Sie: Machtlos. Siezwei: still Sie: Macht los...

Siezwei: still Sie: Wer braucht Macht? Siezwei: still Sie: Wer braucht, macht! Siezwei: still Sie: Ich liebe dich. Siezwei: still

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STRUDEL AM ÜBERSCHWAPPEN Ein Interview mit Julia Aichinger.

Text DORIS MAIR INGER Illustration JULIA AICH

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ulia Aichinger ist erst 19, hat aber künstlerisch bereits einen unverkennbaren Stil entwickelt. In ihren Illustrationen beschäftigt sie sich vor allem mit dem weiblichen Körper - weil Frauen einfach schön sind. Ironie und Provokation sind die Stilmittel mit denen sie auf Konfrontation geht und gerne mal harte Themen unbeschönigt auf den Punkt bringt. Tiefgründige Kunst mit einer frischen Prise jugendlicher Rebellion. Bei ihrer Vernissage „Strudel zum Überschwappen“ im MARK. freizeit.kultur begegne ich einer selbstbewussten jungen Künstlerin, die schon ganz genau weiß, was sie will. mfk: Wie lange zeichnest du schon? Julia Aichinger: Wieso fragt das jeder? Komische Frage! Ich zeichne seit ich ein Kind bin und habe nie damit aufgehört. mfk 2 0 1 5 / 1 6

Woher holst du dir die Inspiration für deine Illustrationen? Ich lasse mich von anderen Künstlerinnen inspirieren, wie Xenia Hausner, Maria Lassnig und anderen Illustratoren, Blogs und Fotografien. Das Leben, Bücher, Magazine und die Musik. Wenn du zeichnest, hast du immer eine konkrete Vorstellung, wie es zum Schluss aussehen soll? Ich arbeite nie mit Konzept. Ich arbeite einfach drauf los und schau was passiert. Was willst du mit deinen Bildern ausdrücken? Es geht vor allem um meine eigenen Gefühle, die ich in den Bildern verarbeite und Sachen die mich bewegen. Ich stelle in meinen Bildern oft arge Sachen dar und will damit Leute – unbewusst – schockieren. Deine Bilder thematisieren Gewalt, Vergewaltigung und viel Nacktheit. Provozierst du gern? Ja! Warum? Menschen denken zu wenig darüber nach, was sie sehen. Zum Beispiel über Vergewaltigung. Sie wird nicht gesehen, obwohl sexuelle Gewalt gegen Frauen präsent ist. Ich weiß nicht, was

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Es geht vor allem um meine eigenen Gefühle, die ich in den Bildern verarbeite und Sachen, die mich bewegen. in Menschen vorgeht, wenn sie meine Bilder sehen, aber ich will, dass sie über solche Themen nachdenken und sich damit auseinandersetzen. Muss Kunst provozieren? Nein! Kunst kann auch einfach nur schön sein. Sie kann auch nur gefallen. Wie Landschaftsbilder. Wie wichtig ist dir Nähe? Ich bin nicht so die Kuschelbeziehungsperson. Nähe ist mir nicht so wichtig. Meine Freunde sind mir sehr wichtig. Freundschaften sind meist stabiler als Beziehungen. Macht es für dich einen Unterschied, ob du vor Freunden oder Fremden ausstellst? Natürlich! Vor Freunden auszustellen ist sehr intim. Es ist, wie wenn man sich auszieht oder sein Tagebuch offenlegt. Illustrieren ist für mich eine Projektionsfläche für meine Gedanken und Gefühle. In meinen Zeichnungen verarbeite ich alles, was ich sehe und höre. mfk 2 0 1 5 / 1 6

Kennst du die Menschen, die du zeichnest? Nein! Natürlich male ich manchmal auch Freunde, wenn mich jemand fragt. Aber die Frauen, die ich male kenne ich nicht. Die meisten sind eine Zusammensetzung von verschiedenen Menschen oder einfach Fantasiemenschen. Oft inspirieren mich Frauen in Frauenmagazinen. Mir ist vor allem der Ausdruck wichtig. Sie sollen selbstbewusst wirken. Das ist in der Werbebranche oft so, dass Frauen selbstbewusst dargestellt werden, obwohl die Models eigentlich unterdrückt werden. Ist es dir wichtig, dass die Frauen, die du malst, schön sind? Was ist Schönheit? Wer bestimmt wer schön ist? Nein, ich will nicht, dass die Frauen auf meinen Bildern einem Schönheitsideal entsprechen. Mir ist der Ausdruck wichtig. Bist du Feministin? Ja, natürlich! Warum sind nicht alle Frauen feministisch? Ein Schwarzer sagt auch nicht, ich bin schwarz, aber Rassismus ist mir egal. Was würdest du am aktuellen Frauenbild ändern? Es soll Gleichberechtigung herrschen. In der Werbebranche werden Frauen nur auf ihren Körper reduziert. Zieh'mas aus und leg'mas drauf und verkaufen das Produkt. Frauen sollen nicht reduziert werden, sondern als Personen gesehen werden. Eine Frau ist wertvoll und verdient Respekt. Du hast den HTL Zweig Grafik und Kommunikation besucht. Willst du in die Werbebranche? Definitiv Nein! Nein, auf keinen Fall! Wie wird es nach der Matura weitergehen? Ich möchte ein freiwilliges soziales Jahre machen und danach studieren. Irgendwas mit Kunst. Und ich möchte natürlich weiterhin illustrieren, sonst geht es mir nicht gut.

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Fotos JANA & JS / www.janaundjs.com


BEKENNTNISSE EINER BIBLIOPHILEN Oder: Meine tausend Leben.

DERBERGER Text LISA-VIK TORIA NIE O.COM/ Illustration ISTO CKPHOT ASKOLD ROM ANOV

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ch habe nicht nur ein Leben, ich habe unzählige. Habe unzählige Male geliebt, gelacht und gelitten. Man hat meinen Stier unter einer Glaskuppel erschlagen, ich habe den Orinoko erkundet und bin von den spanischen Eroberern erdrosselt und kopfüber gekreuzigt worden. Man hat mich geschlagen, angebetet, geschwängert, geheiratet, vergewaltigt und ich habe Kathedralen gebaut, Bücher in Barcelona gesucht, trug eine eiserne Maske, den EINEN Ring und die Kaiserkrone. Ich bin nach Canossa gegangen, war in Guanta-

namo, habe Jerusalem erobert und viel zu viele Aale gegessen. Ich bin mit Alexander und Hephaistion bis nach Indien gereist, bin Frodo bis in die Feuer Mordors hinein gefolgt, habe mit Captain Nemo den Meeresgrund erkundet und mit Ronja Räubertochter und Birk Borkasson den schönsten Sommer meines Lebens im Mattiswald verbracht. Mit Justine hatte ich ernsthaftes Mitleid, auf Alice und ihre Abenteuer hinter den Spiegeln war ich immer irgendwie ein bisschen neidisch und die liebe, kleine, naive Effi bringt mich immer – wahrscheinlich unbeabsichtigt – zum Lachen. Als Kind habe ich mit der Knickerbockerbande bolivianische Drogenbosse überführt, mit Asterix Rom erobert und dass die mfk 2 0 1 5 / 1 6


Wer sieben gute Bücher hat, braucht keine Menschen mehr. Bücher sind die treusten Tröster, Bücher sind bessere Freunde als Menschen, denn sie reden nur, wenn wir wollen und schweigen, wenn wir anderes vorhaben. Sie geben immer und fordern nie. FREIHERR VON MÜNCHHAUSEN Nazis böse sind, habe schon vor dem Geschichtsunterricht von Indiana Jones gelernt. Vor Angst hab ich den Kopf in die Suppenschüssel gesteckt und mich dann von Valerie in die gute Nacht schaukeln lassen. Timmy der Hund war stets an meiner Seite, die Sonne Homers lächelt auch mir und es reicht ein Griff neben mich und ich durchlebe sämtliche Sternstunden der Menschheit. Mein Penis hat den Mauerfall herbeigeführt und unter geteilten Himmeln habe ich Liebe gefunden. Ich habe das goldene Kalb angebetet, Kinder im Kreidekreis zerreißen wollen und stundenlang im Labyrinth nach David Bowie gesucht. Ich war ein Waldbauernbub, ein Waisenkind mit Aufziehvögeln und Steppenwölfen als Begleitern, sie haben mich das Glasperlenspiel gelehrt und die Venus hat mir ihren Pelz gezeigt. Sommernachtsträume und Wintermärchen habe ich mfk 2 0 1 5 / 1 6

durchlebt, habe von Häusern aus Süßigkeiten gekostet und aus dem Fluss Lethe getrunken. Christian Grey hat mich entjungfert, ich habe meinen Körper am Bahnhof Zoo verkauft und mit Avocadokernen gespielt. Mein Zauberstab hat Lord Voldemort getötet und der Arzt von Stalingrad hat mich gesund gepflegt. Wie laut hab ich der Anna zugeschrien damals „Nein – bitte mach das nicht!“, wie der Zug immer näher gekommen ist, aber hat sie etwa auf mich gehört? Und was hab ich Tränen vergossen, bei den tragischen Toden von Patroklos, Severus Snape und Intschu tschuna! Todesängste hab ich durchgestanden in Raum 104. Hatte die schrägsten Dropentrips in Leith. Und in den oben schon erwähnten Birk Borkasson war ich sowieso meine halbe Kindheit verliebt. Manchmal ist meine Welt eine Scheibe auf dem Rücken von vier Elefanten und eine Riesenschildkröte trägt sie durch das Universum. Es ist die Welt der Flaschenbabys und Methanhydratfelder am Meeresgrund, wo man russische U-Bahnstationen durchwandern und tote Mönche in Badewannen finden kann. Eine Welt, regiert von einäugigen Göttern, französischen Libertines und Sudankäfern. Ich bin zum Mittelpunkt der Erde gereist und hatte schwerelosen Sex in Mondhotels, kämpfte im Winter ohne Strom ums Überleben und im Harem um die Aufmerksamkeit meines Scheiches. Und heute Abend werde ich vielleicht die Südsee erkunden. Oder wieder einmal mein Erspartes in der Winkelgasse für Süßigkeiten in absurden Geschmacksrichtungen ausgeben. Den zerbombten Dom im Nachkriegssalzburg bestaunen – ich weiß es noch nicht, ich weiß nur, dass der Winter kommt…

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ALLES KUNST ODER WAS?

Immer wiederkehrende Gedanken zu Moderner Kunst.

Text NINA HER ZOG Illustration NINA HER ZOG HER MANN BUT TER

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ie Wissenschaft im Allgemeinen, insbesondere die Kunstwissenschaft, aber auch die gesamte Kunstwelt, neigt in jüngster Zeit generell vermehrt dazu, alles kompliziert betrachten zu wollen. Die grundlegenden Fragen wie, warum, weshalb, wozu und woher kommt die Kunst, kreisen in der Gedankenwelt vieler Kunstspezialisten kaum noch. Vielmehr wird dem Pünktchen eines „i“ mehr Beachtung geschenkt, wie etwa der Streit, ob es sich um ein perfekt gefälschtes Werk handelt oder ob ein Kunstwerk restituiert gehört oder nicht. Überdies werden Werke von Andy Warhol oder Pablo Picasso als teure Spekulationsobjekte verkauft, während heimische Künstler ins Abseits geraten bzw. erst gar nicht wahrgenommen werden. Man gewinnt den Eindruck, die Welt der Kunst besteht nur mehr aus alten Meistern mfk 2 0 1 5 / 1 6


Vieles kann und sollte der Mensch ab und zu auch mal andersrum betrachten dürfen.

oder profitabler Kunst des 20./21. Jahrhunderts. Dabei bräuchte man sich nur umschauen und man würde in seiner nächsten Umgebung schnell einen talentierten Künstler, gar einen sogenannten „Laienkünstler“, entdecken. Die Kunstwelt hat längst ihre Grundwerte vernachlässigt und vergisst oft, welch' wertvolles geistiges und historisches Allgemeingut sie tagtäglich behandelt und dass die Welt der Kunst nicht nur aus komplexen Methodiken oder überstrapazierten Analysen besteht, sondern auch schlicht und einfach durch ihre Schönheit, ihr Vorhandensein Erholung schaffen und der simplen Besänftigung des Geistes im Alltag (wie z.B. Kunst in Museen, aber auch „Alltagskunst“ in den eigenen vier Wänden) dienen kann. Warum gibt es Kunst? Wer, was hat Kunst das erste Mal erschaffen? Freilich beginnt vorher die Debatte, was Kunst überhaupt mfk 2 0 1 5 / 1 6

ist. Wer kann Kunst wirklich hundertprozentig definieren und dann auch noch deren Ursprung genau feststellen? Es handelt sich um eine gigantomanische Aufgabe, aber sicherlich nicht um eine unnütze oder sinnlose Angelegenheit – wie einige doch meinen könnten. Denn nur etwas zu hinterfragen und zu erforschen, wo sich voraussichtlich ein profitables Ergebnis erwarten läßt, mag materielle Vorteile, jedoch nicht immer tatsächlich geistige Freude mit sich bringen. Vieles kann und sollte der Mensch ab und zu auch mal andersrum betrachten dürfen, denn gerade die Umkehrung, der bereits bekannten Weltanschauung kann einem Wissenschaftler und auch Kunstinteressierten vielleicht zu einer Horizonterweiterung verhelfen – zumindest zu mehr Gelassenheit im Leben. Also, schauen wir uns lieber ab und zu echte und lebende Künstler aus nächster Nähe an, statt immerfort von fernen „Millionen-Werken“ oder etwa jüngst von der Gurlitt-Sammlung zu sprechen. Dadurch könnten wir – ohne es zu wissen – womöglich das nächste „Genie unserer Zeit“ bereits entdecken, denn in hundert Jahren schon kann ein heute angeblich unbedeutender Künstler bereits als „Klassiker“ gelten. Viele Künstler und Gelehrte hatten bereits verquerte sowie scheinbar verrückte Ideen (siehe von Leonardo Da Vinci bis zu Vincent Van Gogh) und wurden von ihrer damaligen Umgebung dementsprechend nicht beachtet sowie für „nicht normal“ erklärt. Über diesen Weg würden vielleicht viele Menschen – eben vergleichbar wie etwa bei Da Vinci – auch zu innovativen Erkenntnissen gelangen können. Es wird folglich an der Zeit, auch mal wieder verquerte Gedanken mit viel Freiraum zuzulassen und auch, sich scheinbar mit so simplen Fragen wie „was ist Kunst?“ zu beschäftigen.

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NÄHE UND NÄHTE Auf angsterstarrtem Papier gedruckt.

Text SIMON SCHARINGER DER Illustration RITA ATTENE

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ähe bedeutet bei Weitem kein Vernähen von zwei Menschen, kein Zusammennähen von verschiedenen Stoffen, kein Verstricken in Eifersucht und Besitz und Brauchtum, sondern ein stoffliches Getrennt-Sein, um ein wärmendes Kleidungsstück zu ergeben. Nähe braucht eine klare Naht zwischen zwei oder mehreren Liebenden, bloß so kann sie erfüllen und das sollte sie auch, denn das ist ihr Zweck. Und dieser Zweck heiligt alle Mittel, beweihräuchert alle Wege, die zu Zärtlichkeit und Körperlichkeit führen, äschert Verstand und Sorge ein. Professionelle Herzlichkeit braucht es und einzwei Herzen am gerechten Fleck, allzeit bereit Heißes zu werfen, Ofenkartoffeln und Orangenpunsch. Des einen warme Nähe ist des anderen Anzeige und deshalb braucht es zu Zeiten den Abstand, den weder Kett- noch mfk 2 0 1 5 / 1 6

Nähe darf kein Gedicht sein, darin erstickt sie, wie die Liebe grundsätzlich. Schussfäden von seinem Schaffen abhalten dürfen. Strickt man sie doch in das Gewebe zweier sich haltender Hände, reißen Narben in den Gestus ein, narben Risse auf Fingern und ihren Nägeln. Nähe darf kein Verzetteln sein, kein Wir, sondern ein Ich und ein Du, ein Dich und ein Mich, gedruckt auf chlorfrei gebleichtem angsterstarrtem Papier, vielleicht sogar mit Prägedruck versehen. Nähe darf kein Gedicht sein, darin erstickt sie, wie die Liebe grundsätzlich. Sie muss Prosa sein, muss sich in Sprichwörter einschreiben, in allgemeines Sprachgut, das man um sich selbst herum verfälscht, um es wieder wirklich zu machen. Ein Stich ist bald geschehen in einen nackenden Menschen. Pappnase und Stofftiger wissen weshalb und wozu. Und auch abfolgendes Folgendes: Nähe ist eine Kunst, weil sie im tiefen kühlen Grunde wie die Kunst ist. Ein Hin- und ein Her-Gerissen-Sein ohne einzureißen dabei. Ein Zugleich von Befreiendem und Einengendem. Ein Fremd-Sein als Ganzes, entspannend Spannendes. Gezogenes und Näherungsschalterhaftes. Nahrung.

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MENSCHLICHE NÄHE

Text STE FAN HUBER NLINGWIMMER Illustration SAR AH SPE

Das Fernlicht gegen die Dunkle Materie.


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em 26-jährigen Finnen Nikko Konförmeinen wurde 2014 von der Unternehmensberatungs-Agentur UBA Reendit ein Preis verliehen. Ohne die Betroffenen darüber informiert zu haben, hatte man die Lebensgewohnheiten von Nikko und 2399 weiteren Finnen analysiert. Nikko wurde der Erstgereihte in der Kategorie „Menschen mit dem höchsten Anpassungsgrad an die Bedürfnisse des Spät-Kapitalismus“. Als Preis erhielt Nikko einen Benzingutschein in der Höhe von 500 Euro in einem Kuvert ohne Absender übermittelt. Was Nikko diesen Gewinn beschert hatte, war sein unbeirrbares Suchen nach Nähe in der Ferne. Im Durchschnitt war Nikko nach Feierabend noch annähernd 200 Kilometer ziellos auf Finnlands Straßen unterwegs. Nikko war ein Getriebener. Das Fernweh, das ihn als Jugendlicher über die Grenzen der Region Uomla hinaus geführt hatte, war in Folge seiner Vollzeit-Anstellung bei einem Konzern in der Maschinenbaubranche mutiert zu einer unhaltbaren Sehnsucht nach etwas, das woanders lag. Mit jedem zurückgelegten Kilometer war er süchtiger geworden nach der Weiterfahrt: der Suche nach etwas, das ihm irgendetwas geben könnte, wofür es sich lohnte unterwegs zu sein. Für die Fahrt vom Arbeitsplatz in seine mfk 2 0 1 5 / 1 6

Wohnung – für die ein finnisches Schulkind 23 Minuten zu Fuß braucht – verbrachte Nikko täglich zwischen 3 und 4 ½ Stunden im Auto. Nikkos Herumirren führte ihn über schmale Straßen an die Seen im Osten, in die Berge im Norden, durch die dunklen Wälder im Westen und oft an die Küste im Süden. Weil er bis spät in die Nacht über einsame Straßen fuhr, benutzte Nikko gerne das Fernlicht. Im hellen Kegel des Fernlichts konnte er weit vor ihm liegende Kurven und Engstellen früh erkennen und dadurch große Strecken noch schneller zurücklegen. Bei Schlechtwetter, Regen, Hagel, Sturm und Schneefall wurde Nikkos ganzes Denken zu Klebstoff zwischen dem Lenkrad und seinen Handflächen. Seine Aufmerksamkeit war zielgerichtet auf Verkehrszeichen, Mittelstreifen, Leitschienen, Tafeln, Begrenzungen und Schneestangen. Autos im Gegenverkehr verdoppelten die Reflexionen am Straßenbelag. Bei Gewittern steuerte Nikko absichtlich besonders kurvenreiche Teilstücke an: Es blitz-

Mit jedem zurückgelegten Kilometer war er süchtiger geworden nach der Weiterfahrt: der Suche nach Etwas, das ihm irgendetwas geben könnte, wofür es sich lohnte unterwegs zu sein.

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te am Himmel, auf der Straße und in seinem Kopf. In der Grauzone zwischen einem verlorenen Traum und der Flucht vor sich selbst wurde er zum Bestandteil der Passstraße. Dabei tauchten nicht selten jene Gestalten vor seinem inneren Auge auf, die auch den Song F-Monster (siehe http://bit.ly/1v8XC9Y) inspirierten. Was abseits der Straße lag, konnte Nikko nicht wahrnehmen, nicht überdenken, es existierte für ihn nicht. Nichts heimeliges war in Nikkos fiebrigem Rasen durch die Nacht. Daraus auszubrechen, einmal anzuhalten, einfach auszusteigen, war ihm nicht in den Sinn gekommen. An einem Ort zu bleiben, um eine Umgebung wahrzunehmen, Nähe überhaupt zu ermöglichen, sie zu erlauben oder gar geschehen zu lassen, war aus Nikkos Erfahrungswelt ausgeschlossen. Was er tat, um Nähe zu suchen, hinderte ihn daran, Nähe zu erleben. Wohin er auch fuhr, Wärme und Austausch blieben ihm verwehrt. Nähe entsteht im Austausch mit dem Umfeld, mit dem Lebendigen, dem Präsenten. Nähe passiert aber auch eingebettet im früher Entstandenen. Auch die Errungenschaften vergangener Zeiten sind in unserer Nähe, prägen uns, leiten und verleiten uns zu gewissen Spielarten von Nähe. Was von anderen ersonnen

Manche richten ihr Fernlicht nicht nach vorne aus, sondern heften es an einen Laternenmast, um damit ihr Umfeld zu beleuchten.

und in unsere Nähe gerückt wurde, lenkt unser Leben in bestimmte Bahnen. Bruno Latour nennt das ständig wachsende Fundament, der von Menschen gemachten Technologie „Dunkle Materie“. Diese Dunkle Materie ersetzt menschliches Handeln und damit auch menschliche Nähe. Das Auto ersetzt den Fußweg von Nikko Konförmeinen, der Home-Stepper ersetzt die Bergtour mit Freunden, die Suchmaschine ersetzt die Erinnerung, die Geburtstags-SMS ersetzt die Umarmung. Die heutige Welt gleicht in diesem Sinn einem Werkzeugladen aus materialisierter, antrainierter und internalisierter Dunkler Materie, deren allesdurchdringender Nähe wir uns nur in Ausnahmefällen bewusst sind. Wie viele Dinge sind in deiner Nähe, während du diesen Satz liest? Ein durchschnittlicher Haushalt zählt 40.000 Dinge. mfk 2 0 1 5 / 1 6


Sie alle zählen zur Dunklen Materie, weil sie bewusst hergestellt wurden, um einen Zweck zu erfüllen. Was wir als „Normalität“ kennen, besteht wohl zu mehr als 98 % aus Dunkler Materie. Darin eingebettet kann in den restlichen zwei Prozent menschliche Nähe entstehen. Oder wir ersetzen auch diese. Wer keine menschliche Nähe möchte, kann sich Dunkle Materie in ihrer spät-kapitalistischen Ausprägung als reales oder digitales Produkt kaufen. Nikko Konförmeinen ist der Meister darin: Er kapselt sich in einem Käfig aus Metall auf vier Reifen von seinem Umfeld ab, schaltet das Fernlicht ein, blickt starr nach vorne und schießt wie ein Geschoss an allem in seiner Nähe vorbei. Andere Menschen gehen andere Wege. Manchen richten ihr Fernlicht nicht nach vorne aus, sondern heften es an einen Laternenmast, um damit ihr Umfeld zu beleuchten. Sie pflegen Kontakte, erwerben Fähigkeiten und erlernen Künste, die sie in ihre Gemeinschaft einbringen. Sie schreiben, zeichnen, musizieren, singen, unterrichten, tanzen, begleiten und teilen. Ihnen allen ist etwas gemeinsam: Sie bemühen sich Austausch, Wärme und Nähe möglich zu machen. Damit erleben sie Nähe, so paradox es auf den ersten Blick erscheinen mag, sowohl lokal wie auch auf Reisen. Wer Nähe kennt und fördert, ist hier und dort zuhause. Er ist an allen Orten willkommen und hat das Potential zum Kosmopoliten, auch wenn er nicht jede Meinung teilt. „Wir Kosmopoliten glauben, dass wir selbst von jenen etwas lernen können, die anderer Ansicht sind“ (Kwame Anthony Appiah). Solche Weltbürgerinnen und Weltbürger sind in der Lage, überall ein Lichtlein für ihr Umfeld zu entzünden; überall ein bisschen Nähe entstehen zu lassen und überall zu Wärme und Austausch beizutragen. mfk 2 0 1 5 / 1 6

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Bilder aus dem Video des Songs F-Monster von Martin Schönegger


EINE ANEKDOTE VOM GEBEN

Zwischendurch dösen wir, die Haut unserer Arme berührt sich im engen Bus. Ich fühle mich ihr nahe, nicht nur körperlich, sondern vor allem geistig.

Die Geschichte einer Begegnung.

Text/Foto SABINE FRITSCH

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ch sitze im Bus. Seit 20 Stunden. Ich bemerke, dass ich kein Bargeld dabei habe. Und dass das Gefährt für eine lange Zeit nicht anhalten wird. Der Müll wird einfach aus dem fahrenden Untersatz geworfen, dessen offene Tür kaputt ist. Ich bin leicht schockiert, lasse es mir aber nicht anmerken. Straßenhunde freuen sich beim Anblick der fallenden Essensreste. Kinder auch. Ich blicke zurück auf die letzten paar Stunden meiner Reise. Von Höhenkrankheit befallen, musste ich das bolivianische Altiplano, das Hochgebirge in den Anden, so schnell wie möglich verlassen. Mit einer holländischen Backpackerin stieg ich in den nächsten Bus Richtung tieferliegendem Gelände. Die Einheimischen kauten Koka-Blätter. Es war Nacht, die Vorhänge waren

zu, wir fühlten uns wie in einer Achterbahn und der Staub der kleinen Gebirgsstraße, auf der wir uns zu diesem Zeitpunkt befanden, drang in unsere Nasen und Kehlen ein. In Oruro angekommen verabschiedeten wir uns um drei Uhr in der Früh. Ich war wieder allein. Nicht, dass ich es nicht mag allein zu reisen, ganz im Gegenteil! Doch fühlte ich mich zu diesem Zeitpunkt etwas einsam. Der nächste Bus ging nach Potosí. Ich stieg ein, es war noch immer stockdunkel, doch die Sterne leuchteten so hell vom Himmel, wie ich es noch nie erlebt hatte. Ich konnte die unendlich scheinende Schlucht neben mir durch den Mondschein sehr gut erkennen. Ich schluckte. Dann schlief ich unter Berieselung meiner Reise-Playlist ein und mfk 2 0 1 5 / 1 6


wachte erst wieder auf, als die Landschaft sich bereits drastisch geändert hatte. Plötzlich sah ich feuchte Nebelschwaden, die durch grünes Dickicht zogen, anstatt karger Trockenheit. In den Bergen befanden wir uns offensichtlich noch immer, doch hunderte Höhenmeter tiefer. Ich atmete auf. In Cochabamba wechselte ich in den nächsten Bus. Den vorletzen. Halbzeit! Und hier bin ich nun, verschwitzt drücke ich meinen Rucksack an mich und habe Hunger. Wenigstens habe ich meine ZweiLiter-Wasserflasche nicht vergessen aufzufüllen, wäre ja typisch. Müll fliegt, es ist so heiß, dass im Bus kaum geredet wird. Nur die Fliegen sind froh über das Klima, das hier drin herrscht. Schon bald hält der Bus doch an. Eigentlich hält er gar nicht richtig an, er fährt nur für einige Zeit im Schritttempo weiter, damit Kinder, die Essen verkaufen, schnell in den Bus stürmen und ihre Köstlichkeiten an den Mann bringen können. Ich schaue heimlich in die Schüssel meiner Sitznachbarin, die an lilafarbenen Kartoffeln, Süßkartoffeln und etwas Fleisch herumkaut, das sie den Kleinen für umgerechnet fünfzig Cent dankbar abgenommen hat. Ich weiß, dass die Kartoffel in Bolivien das wichtigste Grundnahrungsmittel ist und dass es hunderte verschiedene Sorten gibt. Zusätzlich zu meinem Loch im Magen bin ich neugierig auf den Geschmack der bolivianischen Kost. Völlig unerwartet grinst mich die Frau neben mir an. Ertappt! Ich lächle zurück, woraufhin sie mir ihre Schüssel hinhält. Dankbar nehme ich an. Wir essen mit den Fingern. Ein Merkmal der Menschen, die ich bisher auf meiner achtmonatigen SüdamerikaReise kennen gelernt habe, ist, dass sie, in dem Maße, in dem sie können, sehr großzügig sind, egal, wie viel sie besitzen. Obwohl ich durch einen Schulaustausch in Argentinien Spanisch gelernt habe, fällt es mir schwer meine Nachbarin zu verstehen und mich mfk 2 0 1 5 / 1 6

ordentlich zu bedanken. Ihrer traditionellen Kleidung nach nehme ich an, dass sie Aymara oder Quechua ist und dass das auch ihre Muttersprache ist. Nach und nach verständigen wir uns mit Händen und Füßen. Ich habe gehört, Kommunikation ist zu mindestens 80 % Körpersprache. In diesem Moment fühlt es sich so an. Wir verstehen uns blendend und die anstrengende Busfahrt ist plötzlich nicht mehr anstrengend. Zwischendurch dösen wir, die Haut unserer Arme berührt sich im engen Bus. Ich fühle mich ihr nahe, nicht nur körperlich, sondern vor allem geistig. Langsam bricht wieder der Abend herein. In meinem Halbschlaf bemerke ich, dass sie telefoniert. Ich verstehe nicht, was sie sagt, aber ihr Gesichtsausdruck wirkt besorgt. Ich frage sie, ob alles in Ordnung ist. Sie bricht in Tränen aus. Sagt, dass sie mir nicht sagen kann, was los ist. Sie schluchzt und schluchzt. Ich nehme sie instinktiv in den Arm. So sitzen wir da. Eine oder zwei Stunden, ich weiß es nicht. Sie hat Durst, vielleicht von dem Flüssigkeitsverlust, den ihre vielen Tränen verursachen. Meine Wasserflasche kommt zum Einsatz. Sie nimmt ein paar große Schlucke. Ich wische ihr die Tränen mit einem Taschentuch von der Wange. Sie atmet durch. Lächelt. Und dann sagt sie „Gracias“. Wir kommen in Santa Cruz am Rande des Amazonas an. Sie fragt mich, ob sie mir für die Nacht Unterschlupf bieten kann. Doch ich muss weiter nach San Ignacio de Velasco, die Tiefe des Amazonas ruft. Mir wird bewusst, wie sehr ich Bolivien liebe, mit all seiner Vielfalt, seinem Kulturreichtum und seinen Bewohnern. Sie bringt mich zum nächsten Bus und wir umarmen uns. Fest. Dieses Mal sage ich „Gracias“. Ich steige ein und mit dem Wissen, dass dies der letzte Bus ist, döse ich vor mich hin. Es erleichtert mich einerseits und macht mich andererseits traurig. Der Weg ist das Ziel.

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AHLAN WA SAHLAN

Herzlich Willkommen in Salzburg!

ULLI Text/Fotos FRE SCHTA RAS PIA LORBER

or einigen Wochen erreichte die Flüchtlingswelle Salzburg. Der Salzburger Hauptbahnhof war und ist immer noch eine entscheidende Drehscheibe für die Weiterreise in andere europäische Staaten - insbesondere Deutschland. Viele erreichten nach wochenlanger Flucht einen sicheren Ort, wo sie Willkommen geheißen und versorgt wurden. Zahlreiche Flüchtlinge bekommen hier Nahrung, Kleidung und medizinischer Versorgung. Ohne zu zögern meldeten sich viele Freiwillige, um den Schutzsuchenden zu helfen. Wo es am Anfang noch sehr chaotisch und unorganisiert zuging, kehrte nach einigen Tagen Routine und Ordnung ein. Wir ­– Freschta Rasulli und Pia Lorber – haben uns während der freiwilligen Tätigkeit am Hauptbahnhof kennengelernt. Gemeinsam haben wir Essen verteilt und eilten den Schutzsuchenden bei Notfällen zur Hilfe – wie viele weitere Freiwillige auch. Im Laufe der Tage haben wir einige unserer Gäste näher kennengelernt, deren Schicksale wir sicher nicht vergessen werden. In den Medien erfahren wir eigentlich nur allgemeine Informationen über die Lage bzw. Zustände der Menschen in den von Krieg betroffenen Ländern und deren Flucht. Einige der Flüchtlinge mfk 2 0 1 5 / 1 6


Die Menschlichkeit auf beiden „Seiten“ – die der Flüchtlinge und der Helfer/innen, die wir erlebt haben, hat uns sehr berührt. vertrauten uns ihre persönliche Geschichte an. Es war häufig sehr schockierend und dramatisch. Trotz ihrer negativen Vergangenheit haben viele von ihnen nicht ihre Hoffnung und ihr Lächeln verloren. Für jede Hilfe wurden wir mit Dankbarkeit überschüttet, ob es eine warme Mahlzeit war oder frische Kleidung. Obwohl viele von ihnen ein ähnliches Schicksal teilen, kann man sie nicht alle in eine Schublade stecken. Oft vergisst man das, weil in den Medien immer nur von der großen „Gruppe der Flüchtlinge“ gesprochen wird. Dass jeder unterschiedliche Wünsche und Erwartungen sowie individuelle Persönlichkeit und Charakterstärken hat, wird dabei nicht betont. Schon in dem Notquartier am Bahnhof wurde uns klar, dass unter den Schutzsuchenden viele hochgebildete und motivierte Personen sind. Aufgrund ihrer Untätigkeit und Langeweile überraschten sie uns mit ihrem Wunsch uns Helfer/innen zu unterstützen. Einer dieser motivierten Helfer war der Teenager Ahmed aus Syrien. Mit den Worten „Do you have a job for me?“, kam er auf uns zu und prompt teilten wir ihn zur Essensausgabe ein. Den ganzen Abend über hat Ahmed für uns übersetzt, gemeinsam mit uns Wasserflaschen ausgeteilt, Müll eingesammelt und die Betten (Liegen) gemacht. Ahmed war kein Einzelfall: Immer mfk 2 0 1 5 / 1 6

wieder wurden wir bei unseren Tätigkeiten von zahlreichen Flüchtlingen unterstützt. Eines Abends machten wir unsere gewöhnliche Runde durch das Notquartier am Bahnhof. Wir wurden auf eine ältere Frau aufmerksam, die offensichtlich unsere Hilfe benötigte. Es stellte sich heraus, dass die ältere Frau 100 Jahre alt war und aus Afghanistan gemeinsam mit ihrer Familie geflüchtet ist. Auf der Flucht verletzte sie sich zweimal am Knöchel und erlitt einen Bänderriss. Der Knöchel war sehr stark angeschwollen und mit Blutergüssen bedeckt. Wir brachten „unsere Oma“ in das Zelt des Roten Kreuzes, wo sie von einem freundlichen Arzt untersucht und versorgt wurde. Auf Dari sagte sie zu uns unter Tränen aus Dankbarkeit: „Möget ihr mit Gottes Hilfe Erfolg im Leben haben und einen guten Ehemann finden!“. In diesen Tagen und mittlerweile Wochen konnten wir unseren Horizont stark erweitern und sind sehr über uns hinausgewachsen. Die Menschlichkeit auf beiden „Seiten“ - die der Flüchtlinge und der Helfer/innen, die wir erlebt haben, hat uns sehr berührt. Ihre Geschichten gaben uns für einen Moment einen Einblick in ihr Leben und in ihre Kultur. Über das Kriegsgeschehen in den betroffenen Ländern erfuhren wir über die Medien, aber nicht über deren kulturelle Vielfalt, Schönheit und Traditionen. Einen kurzen Einblick in die syrische, irakische und afghanische Musik lieferten sie uns, indem sie uns mit Tanz, Gesang und Instrumentenvorspiel unterhielten. Diese Erfahrungen am Bahnhof, die wir nicht missen wollen, sind für uns sehr kostbar und unbezahlbar. Wir gewannen nicht nur wichtige Erfahrungen, sondern auch neue Freunde und Bekanntschaften.

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Fotos DORIS MAIR UND MARTIN KLAPPACHER www.kunstschleuder.at


Kolumne

HANUSCHPLATZ Angriff der Schimmelyetis.

Text PETER.W.

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ls ich zum ersten Mal den Begriff „Gulaschkanone“ hörte, fragte ich PETER.W. reflektiert mich natürlich, was man sich darunter in jeder Ausgabe über vorzustellen hat. Mir war schon zu Ohren die Welt, wie sie sich ihm präsentiert. gekommen, dass man einst heißes Öl über die Zinnen seiner Burg oder Festung goss, um einer Eroberung derselben Vorschub zu leisten. Tatsächlich gehen die meisten Verbrennungen des Mittelalters auf ebenjene Praxis zurück, wobei auch das zu jener Zeit moderne Brandschatzen und die von der Kirche verordneten Hexenjagden maßgeblich dazu beitrugen. Entgegen aller Vermutungen stehen Drachen noch ganz unten auf der Liste. Wen wundert's? Wer mit Feuer aufwächst, weiß noch am besten damit umzugehen! Die Gulaschkanone jedenfalls schien wohl denselben Zweck zu erfüllen, mit dem Unterschied, dass sie auch gegen entfernte Ziele eingesetzt werden konnte. Aber warum ausgerechnet Gulasch? Nun, die pikante, wie nicht ganz unbekannte Speise hat neben ihren verbrühenden Eigenschaften auch noch eine andere,

sehr unangenehme: Gulasch macht Flecken, die man – wenn überhaupt – nur sehr schwer wieder heraus bekommt. Dass man im Schützengraben eine Waschmaschine mit sich führte, kam eher selten bis garnicht vor. Was blieb den verbrühten und von oben bis unten besudelten Soldaten also anderes übrig, als ihre Stellungen aufzugeben und die dreckigen Hemden zum Waschen heim zu Mutti zu bringen? So dachte man zumindest, hatte aber nicht bedacht, dass die meisten Mütter ohnehin schon in den Fabriken schuften mussten. Über den zusätzlichen Arbeitsaufwand wurde sich dann natürlich lauthals beklagt und wer sich das nervende Gezeter und Gekeife nicht anhören wollte, schloss sich eben der Roten Armee an: Soldaten, die mit der Zeit so hart und abgebrüht waren, dass ihnen die vielen Flecken nichts mehr ausmachten; die im Gegenteil, sogar so lange weiterkämpften, dass man von „Flecken" schon garnicht mehr reden konnte. Jede Pore, jedes kleinste Härchen hatte im Verlauf der Kampfhandlungen die Farbe von Gulasch angenommen: Rot. Daher der Name! Bedauerlicherweise verfügt Gulasch noch über eine dritte, verhängnisvolle Eigenschaft, um die vor allem alleinstehende Männer wissen: Wenn Gulasch alt wird, fängt es unglaublich zu schimmeln an und riecht derart bestialisch, dass selbst einem Iltis die Spucke wegbleibt. So kam es, dass sich die Rote Armee mit der Zeit in eine Horde wilder, giftiger und zum Himmel stinkender Schimmelyetis verwandelte, die nicht nur hart und abgebrüht, sondern auch von ihrem eigenen Gestank in den Wahnsinn getrieben worden waren. Und die griffen natürlich alles und jeden an, der nicht bei Drei auf den Bäumen war. Eine Stimmung wie bei Tolkien! Nach diesem Desaster hatte sich der Einsatz der Gulaschkanonen wohl endgültig erledigt und ist durch die Genfer Konvention verboten worden. mfk 2 0 1 5 / 1 6


Tipp der Redaktion

BUCHEMPFEHLUNG Text PETER.W. Illustration RITA ATTENE DER

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raphic Novels, das moderne Bindeglied zwischen Literatur und Comic, gewinnen immer mehr an Bedeutung. In Österreich ist es allen voran Mahler, der mit seinen satirisch-humoristischen Aufbereitungen der Werke Thomas Bernhards (Alte Meister) und Robert Musils (Der Mann ohne Eigenschaften) überzeugen konnte. In seinem 2014 erschienenem Band "Franz Kafkas Nonstop Lachmaschine" sondert er zudem einige interessante Gedanken

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über das Medium Graphic Novel ab. Wesentlich authentischer ausgefallen ist der Klassiker "Fahrenheit 451" von Ray Bradbury in einer grafischen Umsetzung des renommierten DC und Black Horse Comics-Zeichners Tim Hamilton. Wem Adaptionen nicht so zusagen möchte vielleicht einen Blick in das autobiografische "Persepolis" von Marjane Satrapi werfen, in dem die Autorin über ihre aufwühlende Kindheit im Iran und ihrem Exil im Ausland berichtet. Oder folgen Sie dem Kanadier Guy Delisle auf seiner Reise durch die nordkoreanische Hauptstadt Pjöngjang. Sie werden es nicht bereuen!


PENIPPEL

Adi Dörflinger Buch Gustav Schwab: Sagen des klassischen Altertums

Schätze aus der Kindheit. Fotos CHRISTINE GNAHN JEANETTE RÖMER

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Das Buch habe ich als Kind in dem Nachlass einer Hausmeisterwohnung gefunden, in die ich mit meinen Eltern einzog. Daraufhin habe ich die Geschichten verschlungen, da sie so schön altmodisch und nicht kindgerecht waren. mfk 2 0 1 5 / 1 6


Matthias Gruber Teddy

Das Geschirr hat mich schon seit meiner Kindheit begleitet. Da es meiner Mutter nicht gefallen hat, habe ich es beim Ausziehen mitgenommen. Gerade, dass es das Geschirr so lange gibt, ist der Aspekt, der mir so gef채llt.

43 Das ist der Gul-Gul, den hat mir mein Onkel aus S체dkorea mitgebracht. Ich habe ihn immer schon schirch gefunden, besonders als ihm st채ndig der Kopf abgefallen ist. Mittlerweile habe ich ihn aber lieb gewonnen, auch wenn er so grausig ist. mfk 2 0 1 5 / 1 6

Lisa- Viktoria Niederberger Gmundner Keramik


Isabella Stief Plüschhund

44 Mein Schnuffi begleitet mich schon fast mein ganzes Leben. Er gibt mir auch auf Reisen das Gefühl von Heimat, zum Beispiel als ich für ein AuPair-Jahr nach England gegangen bin. Sein voller Name ist ,Schnuffi Wuffi Rex Kommissar Stief Moser Kriminalpolizei‘.

Alexandra Grantner Comicheft: „Asterix und die Goten“

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Eva Krallinger Mobile und Käfer

Mein Großvater machte mit mir, als ich noch ein Kind war, eine Österreichreise und schenkte mir in jedem Bundesland ein neues Obelixheft. Abends nach den Ausflügen, lagen wir dann beide auf dem Bett und lasen die Hefte. Seitdem verbinde ich meine Obelixcomics mit meinem Großvater.

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45 Ich konnte mich nicht entscheiden, ich liebe sie beide. Das Mobile in Katzenform ging bei uns durch alle Geschwister, sein Klang ist für mich Sicherheit und Geborgenheit. Der Käfer in der Nussschale bringt mich zum Lachen, weil ich an meinen Papa denke: Der hat immer gezeigt, wie ruhig er seine Hand halten konnte. Bei ihm allein hat der Käfer nämlich nicht gewackelt.


Rätsel

BILDERRÄTSEL

Welche Bezeichnungen für „eine Macke haben“ werden hier gesucht? Fotos DORIS MAIR UND MARTIN KLAPPACHE R

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Lösung in der nächsten Ausgabe MFK 01/2016 auf der letzten Seite

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Rätsel

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FINDE ZEHN BEGRIFFE ZUM THEMA „NÄHE“! A

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Lösung in der nächsten Ausgabe MFK 01/2016 auf der letzten Seite.

Bildersuchrätsel ALEXANDRA BRÜNDL Wörtersuchrätsel ALEXANDRA BRÜNDL Comic PETER.W.

FINDE DIE FÜNF FEHLER!

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„Das vegetarische Volxküche Kochbuch“ – eine Sammlung der leckersten Rezepte aus der Volxküche.

„Na! Ned heid!“, das Buch der Gewinnerin des Lesewettbewerbs „Wir lesen uns die Münder wund 2014“ ist nun im MARK.freizeit.kultur erhältlich.

Gesund, vegan, preisgünstig – das ist Volxküche! Jeden Donnerstag ab 19.00 Uhr im MARK.freizeit.kultur.


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FRITZ COLA

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REZEPTTIPP DER VOLXKÜCHE

CHUCK NORRAH'S ROHKOST SCHOKOTORTE BODEN 250 g Datteln 1 Packung gemahlene Mandeln u./o. Haselnüsse 1 Packung Kokosflocken SCHOKOLADENMOUSSE 300 g Kochschokolade 2 EL hochwertiges Kokosfett 2 Avocados 1 Banane Heidelbeeren/Himbeeren zum Verzieren

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Zubereitung Boden Datteln kleinschneiden und in etwas Wasser einweichen (schont den Pürierstab), zu einer Paste mixen und mit so vielen gemahlenen Mandeln und/oder Haselnüssen und Kokosflocken mischen, bis eine feste Bodenmasse entsteht. Boden in der Springform auslegen. Zubereitung Schokoladenmousse 300g Kochschokolade bei geringer Hitze schmelzen, Kokosfett dazugeben und mit Avocados und Banane pürieren. Auf den Tortenboden gießen, mit Heidelbeeren, Himbeeren verzieren und Kokosflocken bestreuen und ein paar Stunden in den Kühlschrank, Voilá!

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as MFK – Magazin für Kultur ist ein gesellschaftsliberales und von allen politischen Parteien, Institutionen und Interessensvertretungen unabhängiges Kultur-Magazin mit Redaktionssitz in Salzburg. Das Printprodukt wendet sich vor allem an Leser/innen aus der alternativen Kunst- und Kulturszene. Inhalt und Fotos bzw. Illustrationen werden selbstständig von den freien Redakteur/innen der jeweiligen Ausgabe des Magazins recherchiert und ausgewählt. Das Magazin distanziert sich von Gewaltverherrlichung, Rassismus, Populismus, Sexismus, Beleidigungen und Beschimpfungen gegen ethnische Volksgruppen und Religionsgemeinschaften, sowie von diskriminierenden Inhalten. Herausgeber ist der Verein MARK für kulturelle und soziale Arbeit. Das Magazin wird zwei Mal pro Jahr aufgelegt – in einer Auflage von 1.000 Stück.

Lösung Bilderrätsel mfk 02/2014 Die Hosen runter lassen, Auf den Punkt kommen, Reinen Wein e­ inschenken, Nicht um den heissen Brei reden, Butter bei die Fische Lösung: Raus mit der Sprache Lösung Wörtersuchbild mfk 02/2014 Freiheit, Platz, Entfaltung, Bewegung, Auslauf Moeglichkeiten, Freiraum, Fantasie, Spass, Kreativität

Kreative Köpfe gesucht!

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it Offenheit für Originelles veröffentlicht das MFK – Magazin für Kultur Beiträge verschiedenster Formen bisher unbekannter Künstler/innen, Autor/innen und Journalist/innen. Es stellt eine Plattform dar, für all jene, die sich künstlerisch und journalistisch ausprobieren, entdecken und verwirklichen wollen. Die Vielfältigkeit des Magazins bietet kreativen Freiraum! – für alles, was auf Papier möglich ist. Schickt uns eure Ideen, Vorschläge, Anregungen an redaktion. mfk@marksalzburg.at, liked unsere Facebook-Page MFK - Magazin für Kultur oder kommt zu unseren offenen Redaktionssitzungen ins MARK.freizeit.kultur in der Hannakstraße 17 und arbeitet mit, damit das Magazin mit einem breiten Spektrum an Berichten und Reportagen aufwarten kann. Die Abgabe oder Zusendung von Beiträgen für die Ausgabe MFK 01/2016 zum Thema „Anders“ ist jederzeit möglich (Redaktionsschluss 31. November). Voraussichtlicher Erscheinungstermin der nächsten Ausgabe ist Jänner 2016. mfk 2 0 1 5 / 1 6


IMPRESSUM

HERAUSGEBER Verein MARK für kulturelle und soziale Arbeit ZVR-Zahl 471905195 Hannakstraße 17 5023 Salzburg, Austria Online-Ausgabe www.marksalzburg.at VERANTWORTLICH FÜR DEN INHALT / REDAKTION Doris Mair, Marita Voithofer, Jeanette Römer, Peter.W., Alexandra Bründl, Sabine Fritsch, Stefan Huber, Patricia Lang, Silvia Glaser, Stefan Klingersberger, Claudia Kraml, Andrea Folie, Lisa-Viktoria Niederberger, Nina Herzog, Simon Scharinger, Christine Gnahn, Freschta Rasulli, Pia Lorber, Yvonne Nicko

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BILDER / ILLUSTRATIONEN Rita Atteneder, Doris Mair, Martin Klappacher, Peter.W., Alexandra Bründl, Jeanette Römer, Sabine Fritsch, Sarah Spenlingwimmer, Christine Gnahn, Julia Aichinger, Nina Herzog, Hermann Butter, Freschta Rasulli, Pia Lorber, Jana&JS, Yvonne Nicko, Diego Torres Silvestre, John Ashburne, Ales Krivec, istockphoto.com/ Askold Romanov COVERFOTO Diana Födinger – www.dianafphotography.com LAYOUT UND GESTALTUNG Rita Atteneder LEKTORAT Doris Mair, Alexandra Bründl KONTAKT redaktion.mfk@marksalzburg.at +43 650 743 17 99

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Online-Version unter

www.marksalzburg.at


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