MFK - Magazin für Kultur Ausgabe 01/2011 - Themenwechsel

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themenwechsel 44 Seiten mit kritischen, literarischen, lustigen und vor allem lesenswerten Texten zum Thema THEMENWECHSEL Plus Fotos, Horoskop, R채tsel und was zum Spielen. WE LIKE!


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Liebe Leserinnen, liebe Leser!

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„Die Sache ist ja die, dass es so viele Sachen sind“, hat die Schriftstellerin Elisabeth Rank ihrem Blog mevme. com/lizblog als Motto vorangestellt. Der Wahrheitsgehalt dieser Aussage ist erstens unbestreitbar und trifft zweitens den Kern der aktuellen MFK-Ausgabe so genau, dass wir uns diesen Satz als Einstieg einfach mal ausborgen. Sehr viel besser kann man die Vielfalt der Beiträge auf den folgenden Seiten nämlich kaum zusammenfassen. Themenwechsel ist dabei nicht der, im Nachhinein über ansonsten nicht miteinander in Verbindung stehende Beiträge, gestrichene Kitt. Ganz im Gegenteil: diese Ausgabe steht im Zeichen einer intensiven und differenzierten Auseinandersetzung mit der Frage, was, wann, warum, wo und wie lange „Thema“ ist. Mit ihrem Leitartikel eröffnet


Anna Milena Ofner nicht nur unterschiedliche Blickwinkel auf diese Frage(n), sondern liefert auch eine wunderbare Metapher und einen praktischen Tipp für das nächste, sich in die Länge ziehende, mäßig interessante Gespräch. Eine drastischere und weniger zur Nachahmung empfohlene Variante serviert Katharina Pichler in drei Szenen eines sonntäglichen Familienessens. Wie verführerisch und bequem es ist, sich Informationen in kleinen Häppchen über den Bildschirm zuzuführen, ohne sich von Politik und Weltgeschehen den Appetit auf Hollywood-Romanzen und das Abendessen verderben zu lassen, beschreibt der Beitrag „Von Attentätern und Babyelefanten“, Seite 8. Dass es dazu Alternativen gibt, Medien nicht nur konsumiert, sondern auch gestaltet werden können, beweist die Geschichte des Salzburger Piratensenders Radio Bongo 500. Über dessen Gründung in den 1990er Jahren befragte Peter.W. schon vor einiger Zeit Wolfgang Hirner. Für die aktuelle Ausgabe des MFK hat er dieses Interview aus seinem Archiv zur Verfügung gestellt – ebenso wie eine neue Folge seiner Comicserie „Schulterratten“. Wer mit wem, und vor allem: wer mit wem warum nicht (mehr)? Worum drehen sich Gespräche im zwischenmenschlichen Bereich eigentlich hauptsächlich? Geht’s dabei wirklich immer nur um „das Eine“, und was ist das überhaupt? Kann man dem entkommen? Eine/r unserer AutorInnen meint: die Stadt kann man wechseln, den Freundeskreis auch. Irgendwann führt man dann an fremden Orten mit anderen Menschen aber wieder dasselbe Gespräch. Ein/e andere/r hängt noch in der Warteschleife, und Marita Voithofer hat einen Selbstversuch gestartet und zwei Wochen lang nicht über Beziehungen gesprochen. Ein durchaus nachahmenswertes Experiment.

Nicht gewechselt haben wir lieb gewonnene Rubriken wie die Klolumne, das Bilderrätsel, Horoskop und Penippel. Gleich zwei Porträts Salzburger Künstlerinnen und Künstler warten darauf, von euch entdeckt zu werden, und dazwischen gibt es noch so vieles mehr in dieser Ausgabe, dass wir vorschlagen: lest noch schnell die nächsten zwei Absätze (bitte!), und dann nix wie Umblättern! Die Frage, ob ein Heft zum Stichwort „Themenwechsel“ noch als monothematisch gelten kann, darf gerne bei einer der nächsten Redaktionssitzungen per LeserInnenbrief oder im Gesichtsbuch in unserer Gruppe „MFK – Magazin für Kultur“ diskutiert werden. Für Anregungen und Vorschläge, für neue Themen und Rubriken, sowie konstruktiver Kritik an den bestehenden Texten sind wir offen. Beschwerden werden allerdings nur nach nachweislicher Lektüre des Artikels akzeptiert. Wenn ihr Lust habt, selbst einen Beitrag zum nächsten Magazin für Kunst & alternative Jugendkultur beizusteuern, dann ran an Tastatur, Stift oder Fotoapparat. Wir freuen uns auf eure Texte, Bilder und Ideen! Redaktionsschluss ist der 18. April 2011. Dafür darf diesmal ausnahmsweise alles 08/15 sein. Wer sich vorher nicht nur ein Schriftbild vom MFK machen möchte, möge sich den Mai 2011 vormerken, die letzte Ausgabe zum Thema Verkehr mit dem Anfahrtsplan zum MARK.freizeit.kultur von www.marksalzburg.at herunterladen und sich nach Sam aufmachen. Was sich hinter dem von Zoot woman geborgten Schlagwort „Living in a magazine“ verbirgt, erfahrt ihr dort – ein ganz klein wenig mehr aber auch schon auf Seite 24. Cu there! Mit oder ohne Lametta. Herzlichst, eure Redaktion Editorial | 1


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ohnsitze, Buslinien, Städte, Zahnpastamarken und die Winamp-Playlist, Stammlokal, Nachtkastlbuch und nicht zuletzt natürlich auch die Socken: Man wechselt ständig irgendetwas. Das Gesprächsthema zu wechseln gestaltet sich zumeist doch ein wenig schwieriger als die morgendliche Sockenprozedur. Ein Blogger legt nahe, die peinliche Stille, die auf den Satz „Wechseln wir das Gesprächsthema!“ folgt, egal zu welcher Jahreszeit, mit Konversation über Weihnachtsbäume zu füllen. Ob man überhaupt einen will, religiöse Hintergründe – ja oder nein, wenn man einen will – groß oder klein, lebend oder nicht, Lametta oder kein Lametta, solche Sachen. Ich persönlich bin übrigens aus naheliegenden ästhetischen Gründen überzeugte Lamettagegnerin. Es wird meiner Meinung nach grundsätzlich in hässlichen Farben produziert, die das angenehme Grün der Tanne glitzernd überdecken und sowieso die Gesamtkompo-

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sition des Baumes stören, weil das Material einfach unschön ist. Die Weihnachtsbaum-gesprächsrettungskonversation ist zwar ein Thema, zu dem jeder etwas sagen kann, zumindest „Will ich nicht“ oder „Ich bin Buddhist“, auch wenn es an Spannung doch recht wenig zu bieten hat. Ein neues Thema zu suchen setzt voraus, ein anderes zu beenden. Der Inhalt des aktuellen Gesprächs ist also zumindest für einen der Beteiligten nicht angenehm oder langweilig. Bewusst das Gesprächsthema zu wechseln ist eine Übereinkunft, etwas stehen zu lassen und zumindest für einen begrenzten Zeitraum abzuschließen. Agree to disagree, Flucht, vielleicht einfach nur Ermüdung oder Desinteresse. Es ist eine Form der verbalen Interpunktion. Punkt, Absatz. Man könnte auch politisch das Thema wechseln, sollte das in der Politik schon ewig andauernde Gerede über Weihnachtsbäume einmal ein Ende finden. Ein Weihnachtsbaum ist in diesem Fall ein, das


Zeichnung: Julia Fink

Eigentliche nur sehr unvollständig repräsentierendes Thema, das ablenken soll von einer Angelegenheit, zu der keine Stellung bezogen werden will. Man verschiebt das Thema von Brisanz zu Medienpräsenz. Der Wechsel persönlicher Themen bedeutet, die Auseinandersetzung mit Unangenehmem, Ausweglosem, Vergangenem oder Zukünftigem zu meiden und das Blickfeld auf Anderes zu lenken. Etwas einfach abzuschließen oder ruhen zu lassen, um Anderes auszuprobieren oder um sich neuen Interessen zu widmen. Kathi hat ihren Job als Bankangestellte aufgegeben, um Landschaftsskulpturen in Südamerika zu gestalten. Andi schmeißt sein Studium, fängt an, wieder Fleisch zu essen und schreibt Romane. Markus würde „Thema“ sowieso anders definieren, aber der ist ja auch Musiker. Der würde sagen: „Thema, das ist der musikalische Grundgedanke einer Komposition. Das, was sich durchzieht. Ein Thema ist manchmal defi-

niert durch die Fokussierung auf einen Inhalt, kann aber auch still im Hintergrund stehen und nur existent sein, über allem schwebend.“ Bei KünstlerInnen werden Themen, die sie beschäftigen, vielfach in Reihen oder Zyklen sichtbar, in denen sie sich vielleicht auch von unterschiedlichen Richtungen ausgehend einem Inhalt annähern. Das Thema ins Bild rücken oder an den Bildrand, es akzentuieren, groß werden lassen und verkleinern, damit spielen. Auch kulturell können Themen gewechselt werden, Themenausstellungen einander ablösen, Themenwochen, -monate, -jahre abgehalten werden. Ein solcher Themenwechsel schließt kein endloses Gespräch, kein Sich-unwohl-Fühlen ab, sondern weckt neues Interesse durch einen weniger bekannten Inhalt. Das Thema fordert Auseinandersetzung und Beachtung, damit man nicht dauernd über Lametta reden muss. In diesem Sinne: Themenwechsel! Anna Milena Ofner

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Die Geschichte der 4 | Count our culture


Teil 1: Radio Bongo 500 (1992/93) Anfang der 1990er lehnten sich StudentInnen aus ganz Österreich aktiv gegen das Rundfunkmonopol des ORF auf und gingen mit ihren eigenen Piratensendern On Air. In Salzburg war es das Radio Bongo 500 das trotz ständiger Verfolgung durch Polizei und Funküberwachung von den Bergen der Stadt aus sendete. Am 17. Januar 2006 führte Peter.W. – ursprünglich für das Magazin MonoPoly – ein Interview mit Wolfgang Hirner, dem Gründer und damaligen Geschäftsführer der Radiofabrik 107,5 MHz (Freier Rundfunk Salzburg):

OUR CULTURE

der salzburger Gegenkultur Count our culture | 5

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W ie kam es zu dem groSSen Radiopiraten-Boom? Der Initialfunke ist eigentlich aus dem Ausland gekommen, durch die Föderation europäischer Freier Radios, die auch bei uns schon damals ihren Ableger hatte. Das waren ein paar Leute aus Kärnten, die angefangen haben, das Konzept nach Wien brachten und mit der Studentenszene daran weiter gearbeitet haben. Ab dem Moment haben dann hauptsächlich die das ganze getragen und daran getüftelt das auch österreichweit was passiert. Das ist so weit gegangen, dass die wiener Technikstudenten Sender gebaut haben, als Exportartikel. Zum Beispiel hat irgendwer wen in Graz gekannt, der Radio machen wollte und dem den Sender einfach geschenkt oder günstig verkauft! Als ich angefangen hab, gab’s in Wien schon so 10, 15 Piratensender, am Ende glaub ich so an die 30! Zur besten Zeit in Wien wurden bis zu 55 Stunden Programm in der Woche gemacht. Unter Verfolgungssituation! Das war schon eine saubere Leistung! W ie hat alles bei euch angefangen? Wir habe ja schon in Wien Piratenradio gemacht und als ich mein Studium nach Salzburg verlegen wollte, kam der Sender (Schorsch) einfach mit. Ich bin zu den StudentInnen von der salzburger Publizistik gegangen und habe gesagt: Wir könn‘ doch Radio machen! Die Idee ist begeistert aufgenommen worden und Ende 1992 sind wir dann erstmals mit Bongo 500 auf Sendung gegangen!

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W ar die Idee nicht umstritten? Immerhin war das eine höchst illegale Angelegenheit! Eigentlich nicht! Es war zwar rein nach österreichischem Recht illegal, aber nicht nach europäischem! Gerade zu der Zeit lief eine Klage von Seiten einiger Privater beim europäischen Gerichtshof in Strassburg, dass das österreichische Rundfunkmonopol ORF das Recht auf freie Meinungsäußerung (Artikel 10 der europäischen Menschenrechtskonvention) einschränkt. Daraufhin kam es 1993 zu einem Prozess gegen die Republik Österreich, den wir dann sogar gewonnen haben! Außerdem waren das alles Verwaltungsdelikte (der Betrieb, Besitz und Verwahrung eines Senders), das ist im Prinzip wie Falsch-Parken. Die Höchststrafe betrug anfangs 5000 Schilling, ein kalkulierbares Risiko, außerdem hättest du als Student nie die Höchststrafe gekriegt. 1993, als die Piratensender immer mehr geworden sind, hat sich das allerdings auf 100.000 Schilling erhöht. Damit wollte man die Piratenszene endgültig eliminieren und das ist ihnen natürlich dann auch gelungen! In ganz Österreich sind sie sehr massiv gegen die Radiomacher vorgegangen. Ab Mitte 1993 gab es praktisch kein Piratenradio mehr in Österreich! W ie kommt man dazu, einen Piratensender aufzubauen? Radiomachen ist sehr lustvoll, es macht einfach Spaß! Und es hat einen politischen Anspruch – wir waren gegen das Monopol, für die freie Meinungsäusserung usw – dann das Räuber-und-Gendarm-Spiel mit der Funküberwachung und der Polizei... Das war so das Erfolgsgeheimnis des Ganzen!


W ie hat das technisch funktioniert? Einfacher als man’s glaubt! Die Sendungen waren auf Kassette vorproduziert, man hat ein Autoradio gehabt (im Auto deshalb, weil es eine Metallummantelung hat und dadurch die Abstrahlung von der Antenne nicht beeinflusst) man hatte eine Stromversorgung (in unserem Fall eine Motorrad-Batterie) und eine Antenne (die wir uns nach simpelsten Plänen selber gebaut haben). Die Antenne schließt man an den Sender, den Sender ans Autoradio und beides an die Stromversorgung an. Man fährt auf irgendeinen erhöhten Punkt - wie einen Berg - hat das aufgebaut, die Antenne in die Bäume gehängt und Radio gemacht! W as waren die Inhalte von Radio Bongo 500? Ich glaube unsere erste Sendung war gegen das Ausländer-Volksbegehren vom Haider. Es waren auch Musiksendungen, mit lokalen Musikern, wirklich gemischt, je nachdem, wer Beiträge produziert hat! Wir waren ein ¾ Jahr auf Sendung, einmal die Woche, eine halbe bis eine Stunde. Und wir waren sehr präsent in den Medien, die eben auch Interesse an der Liberalisierung des Rundfunks hatten, weil sie selber Radio machen wollten! Die waren zu jenem Zeitpunkt unsere Verbündeten! W ie war die Verfolgungssituation? Dafür dass es ein Verwaltungsdelikt war war es vollkommen unangemessen, total überzogen! Bei der ersten Sendung am 30. November 1992 auf dem Gaisberg waren an die 30 Leute von der Polizei, Feuerwehr, vom Verfassungsschutz, irgendwelchen

Spezialeinheiten… es war echt absurd! Was da für ein Aufwand betrieben wurde und man denkt sich, wer zahlt das alles?!! Das ging dann ein ¾ Jahr so dahin, bis sie uns wirklich erwischt haben. Sie sind sogar mit einem Hubschrauber angerückt und da springt jemand raus mit gezückter Pistole… also, einfach eine Frechheit, was da mit Waffengewalt gegen Radiomacher angegangen wurde! W omit ist das begründet worden? Mit garnichts! Es war halt „illegal“, aber es ist nicht sehr lustig wenn da ein Gendarm auf dich zu kommt und dich mit einer Waffe bedroht! Das war einfach skandalös! Beim ersten Mal hat auch jemand von uns seine sechsjährige Tochter dabei gehabt und die ist dann tatsächlich verhört worden: „Macht dein Papa Radio?“ 1993 hat‘s dann aufgehört, weil wir auch keinen Sender mehr gehabt haben. Und einige von uns wollten dann einen eigenen Frequenzantrag schreiben. Als das so langsam aufgekommen ist, nach dem Urteilsspruch in Strassburg, hat sich die ganze Szene darauf verlegt, auf legalem Weg weiter zu machen. S o ist dann zum Beispiel die Radiofabrik entstanden! Indirekt! Wir haben 94 unseren Antrag gestellt, haben die Frequenz nicht bekommen und dann ist das ganze bis 1997 auf Eis gelegt worden!

Interview: Peter.W.

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Von Attentätern und Babyelefanten

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st es nicht erstaunlich, wie sehr uns das Fernsehen unterhalten kann? Jeden Tag und zu jeder Uhrzeit können wir den Wunderkasten einschalten und uns von allerlei Themen berieseln lassen. Seien es der aktuelle Blockbuster mit Johnny Depp, der neuste Fall von Kobra 11, oder eine der vielen Dokumentationen über den Weltuntergang 2012. Die Auswahl liegt dabei ganz bei uns, wäre da nicht der Faktor Zeit. Wer kann es sich denn heute schon leisten, den ganzen Tag vor der Glotze zu sitzen, um dieses breite Unterhaltungsangebot in vollem Ausmaß zu genießen? Wobei das ja bei einer Senderauswahl von 100+ eh ein Ding der Unmöglichkeit ist. Es sei denn man hat 100+ Fernsehgeräte und natürlich auch dementsprechend viele Kabelanschlüsse. Die GIS würd’s freuen … Aber zum Glück für uns alle hat die bunte Fernsehwelt eine Lösung gefunden: Nachrichten! Jaja, du hast schon richtig gelesen. Nachrichten

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sind nämlich schon lange keine langweiligen Informationssendungen mehr. Heute spricht man von „Infotainment“, also Information und Entertainment. Ja, die TV-Sender wissen eben wie der Hase läuft. Wenn der Zuschauer keine Zeit hat sich der vielfältigen Unterhaltung hinzugeben, dann muss man diese Vielfalt eben in komprimierter Form weiterleiten und zwar in Form von Nachrichten. Der Zuschauer hat ja ein gewisses Bedürfnis an Information. Da es jedoch viel zu anstrengend ist, diese trockenen Informationen, sprich die Nachrichten im TV, ganze zehn Minuten (!!!) zu verfolgen, muss man als Nachrichtenschaffender ganz genau überlegen, welche Nachrichten man sendet: Hm … der Faymann streitet sich mit Parteikollegen über irgend so ein neues Gesetz … Okay das ist wichtig – aber fad. Naja senden müssen wir‘s trotzdem. Aber mit was fangen wir an? Ah, da war ja wieder so ein Selbstmordattentat im Nahen Osten! Ja, das kommt als Erstes.


Fotos: Wikim. Comm

Viele Opfer und Explosionen, wie in einem Kinofilm von Michael Bay. Das ist Entertainment. Da werden Gefühle geweckt. Aber wir haben ja noch den Faymann … Ach, bauen wir ihn einfach jetzt rein. Schließlich ist Politik ja wichtig – fad, aber wichtig. Na Gott sei Dank haben wir den Politikteil abgehakt. So, Themenwechsel! Was kommt jetzt? Flutkatastrophe in China? Super! Am besten sind die Bilder aus dem Helikopter, bei denen man die fast ertrinkenden Menschen sieht. Da gibt’s wieder großes Mitgefühl seitens der Zuschauer. Und danach? Eine Eilmeldung! Im Berliner Zoo hat die Elefantenmutter ein Junges zur Welt gebracht! Ah, herrlich! Das Wunder der Geburt. Mit einer solchen Meldung beendet man doch gerne eine Nachrichtensendung. Die Zuschauer sitzen vor den Fernsehern und sind entzückt von dem süßen, kleinen Elefantenbaby und haben den langweiligen Politikteil bestenfalls schon wieder ganz vergessen. Zwar vielleicht auch das Attentat und die Flutkatastrophe – aber egal. Es folgt das Wetter.

Ist es nicht herrlich? In einer Gefühlsachterbahn sausen wir von Entsetzen, über Langeweile und Mitleid, hin zur Begeisterung und der Freude über einen gesunden Babyelefanten – und das alles in nur zehn Minuten! Ja, es ist ein nahezu genialer Schachzug seitens der Fernsehmacher, dieses breite Spektrum an Unterhaltung und Gefühl in eine solch kurze Zeitspanne zu zwängen. Für uns hat es ja nur Vorteile. Wir bekommen die wichtigsten Meldungen präsentiert und das Ganze auch noch schön verpackt. Wer mehr wissen will, der kann die Details dann eh im Internet, oder am Tag darauf in der Zeitung nachlesen. Aber wozu eigentlich? Wenn jemand weiß, was die wichtigsten Themen des Tages waren, dann doch wohl das Fernsehen. Daher können wir nach den 20 Uhr Nachrichten – und vielleicht noch dem darauffolgenden Blockbuster mit Johnny Depp – ruhigen Gewissens ins Bett gehen, denn wir sind informiert. Sebastian Bauer

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Foto: Anna Milena Ofner

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g e i d , n e h c s n e m s e ein c s t s b el s h c i s r de


N.N.

wollte eine Identität. In modernen Zeiten wie diesen, schien ihm das Social Web ein guter Startpunkt für seine Persönlichkeitskonstruktion zu sein. Deshalb legte sich N.N. ein Profil im sozialen Netzwerk „Facebook“ an. Er war sich natürlich der Schwierigkeit seines Vorhabens bewusst und erkannte, dass zu einer vollendeten Identitätsgenerierung im Social Web eine Reihe von Arbeitsschritten dazugehörte. Zunächst beschäftigte er sich mit der Entwicklung seiner Persönlichkeit. Zur Gestaltung eines Individuums im Social Web brauchte N.N. zunächst ein Bild von seiner Person. Er wusste, dass dies nicht irgendein Bild sein sollte, sondern dass dieses mehrere Kriterien erfüllen musste: Es sollte einen Menschen darstellen, der einer gesellschaftlichen Norm entspricht, sich jedoch durch einige besondere Merkmale einzigartig macht. Er fertigte eine Skizze an, die seiner Meinung nach alle Kennzeichen eines gelungenen Profilbildes erfüllten. Jetzt wo er wusste, wie seine Identität ausschaute, brauchte er einige charakterisierende Eigenschaften. Um sich näher zu definieren legte er eine Liste mit beschreibenden Adjektiven fest, aus denen er sich mehrere auswählte. Er bestimmte ein humorvoller, aufgeweckter, gebildeter, sportlicher, liebenswerter Mensch zu sein – so wollte er sich ab nun auch auf seiner Facebook-Seite präsentieren. Jetzt wo das Grundkonstrukt seiner Person bereits stand, wollte N.N. seine Persönlichkeit vertiefen. Um als vollständiges Individuum im Social Web wahrgenommen zu werden, brauchte er, wie jedes Individuum, einige spezielle Interessen. Diese sollten so gewählt sein,

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dass auch die Neugier von anderen Usern für seine Person geweckt würde. Er surfte ein wenig im Internet um herauszufinden, was denn gerade angesehen und modern war. Schließlich schrieb er in sein Profil, dass er gerne Fußball spielte, auf Partys ging und in ferne Länder reiste. Eine schöne Mischung, die ihn bei anderen Facebook-Nutzern sicher vielseitig interessant machte. Jetzt brauchte er nur noch Fotos, die ihn bei der Ausübung seiner Freizeitbeschäftigungen zeigten. Er suchte im Internet Bilder von Fußballspielen, von Festen, Feiern und Partys und setzte mit Photoshop das Bild seiner Person ein. Schließlich verfügte er über diverse Bilder, die ihn auf dem Fußballfeld oder beim Ausgehen, beim Biertrinken, beim Tanzen oder beim Flirten mit Frauen zeigten. Nun wollte er auch Bilder von seinen etlichen Reisen. Er suchte im Web nach Fotos von Sehenswürdigkeiten und angesehenen Städten. Auch hier setzte er wieder seine Person ein: N.N. in Badehose am Bondi Beach, im Louvre bei Mona Lisa, kniend vor dem Taj Mahal oder beim Einkaufen am Times Square. Zufrieden betrachtete N.N. seine Profilseite, die durch die bunten Bilder bereits sehr lebendig geworden war. Da er sich heute selbst geschaffen hatte, schrieb er in seinen Status: „Heute große Geburtstagsparty“ und weil er gehört hatte, dass dies unter jungen Menschen modern war, fügte er noch ein „yeah ;-)“ an. Er bemerkte, dass er immer noch „0 Freunde“ hatte. Dies würde sich jedoch rasch ändern, wenn sich erst herumgesprochen hatte, was für ein toller Typ er war. N.N. lächelte zufrieden. Natürlich würde er noch weiter an seiner Persönlichkeit arbeiten, doch für heute war erstmal genug. Immerhin musste er seinen Geburtstag feiern. Er schaltete den Rechner aus und öffnete ein Flasche Rotwein. Doris Mair

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7:59. Ordination Dr. Marienthal, unsere Ordinationszeiten sind Mo, Mi, Fr 8:00 bis 12:00 und Di und Do 16:00 bis 20:00. Aha. So so. Uhrenvergleich. Ungeduldiges Hin- und Herzappeln. Die Blumen müssten mal wieder gegossen werden. Und ständig dieser Staub. Wie geht dieser Spruch? Du bist wie das Gurkerl im Cheeseburger. Immer dabei und jeden nervt‘s. Oder so ähnlich. Ich war noch nie gut im Sprüche merken. Jedenfalls, lieber Staub. Du bist doof. Dieses Katz-MausSpiel mit uns beiden geht mir gehörig auf den Senkel. Das hört ab jetzt auf. Hast du mich gehört? 8:01. Lieber noch eine Minute warten. Man möchte schließlich nicht penetrant erscheinen. Blöde Fliege, summt direkt über meinem Kopf herum. Du dumme Fliege … wenn ich dich kriege … dann reiss ich dir mit ganz viel Genuss und gleichzeitigem Ekel deine vier Haxen aus. Der letzte Teil des Satzes muss schnell und ohne Pause gesprochen werden. Ansonsten passt die Sing-Sang-Melodie des Liedes nicht mehr. 8:03. Die Zeit vergeht ganz schön langsam, wenn man damit beschäftigt ist, nicht penetrant zu wirken. Lalalulu. Puh, ganz schön heiß heute. Und das schon um diese Uhrzeit … und zwar um … oh, immer noch 8:03. 8:04. Jetzt reichts. Tut, tut, tut … Ordination Dr. Marienthal, unsere Ordinationszeiten sind Mo, Mi, Fr von 8:00 bis 12:00 und Di und Do von 16:00 bis 20:00.

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Foto: theelectriclowrider / photocase.com


Ach, das war mir neu. Danke für die Info. Vielleicht geht meine Uhr falsch? Armbanduhr, mittlerweile 8:05. Rüber zum Fernseher: 8:04. Handy? 8:05. Mikrowelle? 22:30. Tja. Dummdidumm. Meine Fingernägel sind dreckig. Warum sind Fingernägel eigentlich dauernd dreckig? Selbst wenn man nichts, auch rein gar nichts in Richtung Gartenarbeit, Töpfern oder sonst etwas Schmutzigem gemacht hat? SOLCHE Dinge sollten Wissenschafter mal genauer erforschen. Und nicht die x-te Faltencreme. Oder muss es nicht Anti-Faltencreme heißen? Es heißt ja auch Anti-Aging. Jaja, ihr habt schon Recht. Nur nicht alt und hässlich werden. Wir haben schließlich nichts gegen das Alter, nicht wahr Leute? Zumindest nichts wirklich Wirksames … So. 8:08. Jetzt aber. Tut, tut, tuu … Ordination Dr. Marienthal, sofort nach Freiwerden einer Leitung sind wir für Sie da. Hmmmm. Gut, dass ich nicht zum Arzt muss wegen meiner schwachen Nerven. An alle, die mit schwachen Nerven oder sonstigen eher akuten Dingen zu kämpfen haben, bei Dr. Marienthal bitte so einrichten, dass die Beschwerden Mo, Mi, Fr nur zwischen 8:00 und 12:00 Uhr oder Di, und Do von 16:00 bis 20:00 auftreten. Ansonsten könnte es kritisch werden. Am Besten gleich wieder anrufen. Hoffentlich hebt nicht wieder diese neue Sprechstundenhilfe ab. Die war beim letzen Mal äußerst griesgrämig und unverständig.

Gott lobe die Wiederwahltaste. Ohne die wären meine Finger schon längst wundgewählt. Tut, tut, dudelidudelidudeli. Tot. Jetzt ist also die Leitung tot. Ob die wohl mittlerweile meine Nummer kennen und mich einfach so aus der Leitung kicken? Das wäre ja … unerhört wäre das. Tja, die kennen mich aber schlecht: WAHLWIEDERHOLUNG! Zum Teufel mit der Pene … Penetrantheit? Penetranität? Penetrität? Nein, liebes MacBook, ich meinte nicht „penetriert“. So von penetrant gibts es offensichtlich kein Nomen. Müsste mal erfunden werden. Kommt bei den Wissenschaftern also gleich mit auf die Liste … Penetranz! Puh, gut, dass mir das jetzt noch eingefallen ist. Diese ständigen „tut, tut“ Geräusche in meinem Ohr hindern mich am Denken. 8:11. Tut. Tut. Tut. Tut. Tut. Tut. Tut. Tut. JA BIST DU DEPPERT. Mir egal. Ich hab Zeit. Ich leg das Telefon einfach auf den Tisch und lass es munter weitertuten. Tut. Tut. Ohwie, meine Haare haben schon wieder ganz schön Spliss. Ich sollte mal wieder zum … Ordination Dr. Marienthal, Annemarie am Apparat, was kann ich für Sie tun? Grüßgott Frau Annemarie. Könnten Sie mich bitte mit der Frau Doktor verbinden? Ich stelle mir vor, wie das Fräulein Annemarie gerade die Zähne fletscht, mit den Augen rollt und ihre nichtvorhandenen Stirnfransen aus dem Gesicht schnaubt. Alles gleichzeitig, versteht sich. Um dann mit zuckersüßer Stimme zu sagen: einen Moment, bitte, ich verbinde. Und da ist sie wieder, meine Lieblingsmelodie. Für Elise. Dieses Lied wird mich jetzt den Rest des Tages begleiten. Vielen Dank. Aber was solls … Dr. Marienthal am Apparat, hallo? Ja hallo Mama, dein Handy ist schon wieder ausgeschaltet. Ich wollte dich nur fragen was und vor allem wann du vorhast heute zu kochen? Viktoria Hubner

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Gespr채che in der Familie.

Am Mittagstisch. Zusammen. Kommunikation. Ad absurdum.

1. Szene 12.00 Mittag. Die Familie sitzt versammelt am Tisch. Anwesend sind der Herr Papa (45) und die Frau Mama (41), Karl und Maria. Die kleine Tochter Marianne (13) und der Sohn Bernhard (21). Es gibt Schweinsbraten mit Sauerkraut und Erd채pfelsalat. Als Vorspeise eine Griesnockerlsuppe. Alle miteinander sind recht adrett gekleidet. Es ist Sonntag.


Mama: Ja, ich hoff es schmeckt jedem recht gut!? Tochter: Mmmmh. Papa: Unglaublich was so alles passiert. Unglaublich ist das. Tochter: Mmmmh. Mama: Dieses Mal habe ich mich besonders bemüht. Es ist Sonntag. Papa: Seit Wochen, nein seit Monaten streiten die im Gemeinderat darüber was mit dem Schwimmbad jetzt passiert. Die finden einfach keine Lösung. Unglaublich ist das. Tochter: Mmmmh. Mama: Ich hab ganz ein neues Gewürz probiert. Das gibt es jetzt neu im Geschäft. Oder vielleicht ist es mir bis jetzt noch nie aufgefallen (lacht). Ingwerwurzel heißt es.

2. Szene Für eine Weile bricht die Kommunikation ab. Zu hören ist nur das Klirren des neuen Silberbestecks. Die Tochter schluckt einmal kräftig. Es ist Sonntag.

Mama: Ja Bernhard, nimm dir noch was. Es ist noch so viel da.

Papa: Typisch, wieder mal zu viel gekocht. Mama: Ist ja auch nicht so leicht einzuschätzen (lächelt). Tochter: Mmmmh. Papa: Im Gemeinderat können sie sich auch nicht darüber einigen, wieviel sie investieren wollen, oder ob sie überhaupt investieren wollen. Eine unglaubliche Ansammlung an Unkompetenz ist das. Bernhard: Inkompetenz, Papa. Papa: Was? Bernhard: Es heißt Inkompetenz und nicht Unkompetenz, Papa. Mama: Wenn Marianne auch noch was isst, dann bleibt ja fast nichts übrig. Tochter: Mmmmh. Papa (schreit): Genau wegen solchen Leuten wie du es bist, geht nichts weiter im Gemeinderat. Mama: Es gibt ja gar keinen Nachtisch dafür. Und das obwohl Sonntag ist. (seufzt) Bernhard (zornig): Wie ich es bin? Du spinnst ja wohl! Du kannst dir keine Fehler eingestehen. Bist ja Mister Oberschlau und weißt wie man es richtig macht. Wie alle alles richtig machen könnten. Mama: So, wer hilft mir dann beim Geschirr abspülen? Marianne, du?

3. Szene Die Tochter steht auf. Sie verlässt den Raum ohne ein Wort. Vater und Sohn halten kurz inne im Streitgespräch, die Mutter flüstert leise und kopfschüttelnd: „Es ist Sonntag.“ Sekunden später kommt die Tochter wieder in die Küche. Aus ihrem Mund tropft Blut, ihre Pupillen sind starr geweitet.

Sie weint und krächzt: „Mmmmh.“ Mama: „Kind, was ist los? Du blutest ja? Pass aber bitte ein bisschen auf den neuen Teppich auf!“ Die Tochter hat eine Hand zur Faust geballt und öffnet diese vor dem Angesicht der Familie langsam. Sie schmeißt ein auf den ersten Blick nicht zu identifizierendes Objekt auf den Küchentisch. Die Mama schreit entsetzt auf. Der Papa und der Sohn sind nicht am Geschehen außerhalb ihres Konflikts interessiert. Das Blut tropft weiterhin aus dem Mund der Tochter. Auf dem Tisch liegt ihre Zunge. Selbstabgebissen. Es ist Sonntag.

Katharina Pichler

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Einmal „abgeklatscht“ – schon vergessen

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hh, entschuldigt mich – habe mich eigentlich noch nie richtig vorgestellt. Ich bin Anna. Das war‘s dann auch schon. Denn das Wissen über eine andere Person ist in ihrer Komplexität nicht zu steigern, ganz zu schweigen von der Selbstkenntnis. Denn das Selbst ist ein Hund. Glaubt man erst mal, die Wahrheit über die eigene Psyche erkannt zu haben, sitzt sie weinerlich oder schreiend in irgendeinem Eck – hinter irgendwelchen Hirnwindungen, versteckt, eingekettet und verstoßen von der eigentlichen Realität. Schließlich besteht die Schaltzentrale des menschlichen Körpers aus einem so großen und verwirrenden Labyrinth, dass das Selbst die Vielfalt des eigenen Daseins wahrscheinlich nie richtig erkennen kann. Aber das nur am Rande – eine kleine Anekdote aus meiner Gedankenwelt, sozusagen. Die ich eigentlich auch noch nie so richtig verstanden habe. Wer sind sie, die Gedanken? Und was wollen die eigentlich von mir? Keine Ahnung – ist in Wirklichkeit aber auch keine Antwort. Um ehrlich zu sein, wollte ich nach dem anstrengenden Tag am Dach des Shoppingcenters einfach mal die Seele baumeln lassen. Dasitzen, rauchen, Frucade trinken und zu Ehren des Sonntags einen Mohnstrudel genießen. Aber nein – was machen die oberen zwölf Hirnnerven – sie kommunizie-

Foto: Verena Massl


ren unentwegt, ohne Punkt, ohne Komma, Doppelpunkte existieren sowieso nicht, Klammern haben nichts verloren und über Strichpunkte braucht Mann oder Frau erst gar nicht mehr nachzudenken. Schließlich reiht sich ein Thema nach dem anderen, ohne zu wissen was der eigentliche Gedanke sagen wollte. So als würden sich die Themen gegenseitig die Hände „abklatschen“. Nach jedem Klatsch eine neues Thema, ein neues Abenteuer. Je nach Stimmung und Laune, zieht sich die Themenkette ins Endlose oder verweilt in einer Sackgasse. Apropos Sackgasse – nach dieser, ehrlicherweise verwirrenden Erkenntnis, spüre ich wieder diese innere Unruhe. Vielleicht ist es aber auch nur der Mohn. Er beflügelt mich einfach immer wieder. Ich weiß auch nicht warum – ist aber so. Meine Stimmung lechzt regelrecht danach. Das beste Mittel um die Kommunikationswellen da oben mal für einige Millisekunden auszuschalten, ist das reine Beobachten. Beobachten zu können ist in Wirklichkeit keine Gabe, wohl eher ein Handwerk, das gepflegt werden muss. Ja, ja der liebe Mensch, was hat er nicht schon alles im Laufe seiner Evolution verlernt. Das ist aber nun wirklich ein anderes Thema. Trotzdem – eines sei gesagt: So überlebenswichtig einst das Beobachten und Verstecken auch war – so unwichtig ist es heute geworden. Die beiden Vokabeln sind in vielen menschlichen Gehirnen bis zur Unkenntlichkeit verbrannt und verkohlt. Wahrscheinlich sind derart ausgebrannte Denkorgane so eine Art Selbstschutz der Gesellschaft. Zu viel im Hintergrund zu behalten, könnte größere Schäden nach sich ziehen, als glänzend und gepfeffert zugleich im Vordergrund zu verweilen. Damit das zu viele Grübeln keine gröberen Schäden hinterlässt, feiert der Bildungsstand da oben alle heiligen Zeiten wieder Neujahr. Je nach Gehirnentwicklung und Zustand werden mal kleinere und manchmal auch größere Feuer-

werke entzündet. Ob mit genügend Alkohol, irgendwelchen Drogen oder dem absolut befreienden Gang zum Fernseher. Es schaltet sich aus und reinigt sich sozusagen selbst. Danach fühlt sich der Mensch wieder Mensch genug, um die Ellbogen weit genug zu spreizen und die Vorderbühne mit einem Grinsen zu betreten. Natürlich bin ich da keine Ausnahme, aber aus irgendeinem bestimmten Grund schaffe ich es immer wieder im Strom des Alltags unterzugehen. Regelrecht zu ertrinken. Und wenn ich mal nach Luft schnappe, dann hagelt es Blicke, die gleichzeitig durch mich hindurch schauen und den Modus „nicht Wichtig“, „Vergessen“ aktivieren. Aber pille-palle. So ist es nun mal und nicht anders. Ändern kann ich es auch nicht – nur darauf achten, dass sich nicht zuviel explosives Material da oben entzünden kann. So, und nun. Nun sitze ich immer noch da, auf meinem kleinen Balkon, mit meiner Frucade, dem Zigarettenrauch, meinem Lieblingsstrudel und meinen heißgeliebten Flip-Flops. Um ehrlich zu sein, wollte ich das menschliche Wesen da draußen inspizieren, nach seiner Themenwahl Ausschau halten. Aber irgendwie bin ich in den Unmengen von geistigen Aktivitäten in meinem eigenen Gehirn hängen geblieben. Die haben sich „abgeklatscht“, als ginge es ums Überleben der Themenvielfalt. Eigentlich weiß ich auch gar nicht mehr, welcher Gedanke damit begonnen hatte. Und eigentlich bin ich schon beim übernächsten Thema. Wie viele Themen waren das jetzt? Drei, Vier oder Fünf? Aber auf jeden Fall, von allem etwas und nichts zu viel oder gar zu lang. Schließlich könnte sich der Leser, oh pardon, natürlich ein „Nichtdenker“ langweilen. Plots müssen nun mal ruhelos den Themenwechsel des Autors vorantreiben. Langeweile ist schlussendlich der Tod des Menschen. Andrea Folie

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Themenwechsel: Nicht stattgegeben

T Fotos: Verena Massl

hemenwechsel ist mit jedem Wechsel an sich vorgesehen, für mich vor allem mit dem Wechsel in eine neue Stadt verbunden. Er geht einher mit dem Wechsel von alten zu neuen Freunden, von langzeitig Vertrautem auf neues Aufregendes. Unvorhersehbare Begegnungen verdrängen die alten, neue Straßen tauchen auf, die erkundet werden wollen, neue Plakate laden einen zum Nachdenken ein. Man erlebt andere, neue Situationen, denen man sich stellen muss und steht anderen Problemen gegenüber als früher, als Zuhause. Jede neue Begegnung formt das eigene Leben und in der Ferne scheint das frühere Leben so weit weg. Die Hoffnung noch einmal ganz von vorne anzufangen, das jetzt al-

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les besser wird, wer kennt das nicht? Auf den ersten Blick erscheint alles so neuartig und fremd, als hätte es mit dem eigenen Leben gar nichts mehr zu tun. Die Menschen schneiden Themen an, mit denen man noch nie konfrontiert war, sprechen über dritte, die einem selbst nichts sagen, über Firmen und Ereignisse, die einem noch unbekannt sind. Man betritt Geschäfte, in denen man sich noch nicht auskennt und eine gefühlte Ewigkeit braucht, um etwas zu suchen, was es gar nicht zu kaufen gibt. Nur ganz langsam beginnt man Muster zu erkennen, die nicht nur auf die Globalisierung zurück zu führen sind. Es durchfährt einen wie ein Blitz, ein Déjà-vu der Sonderklasse. Zu Beginn wehrt


man sich. Man kämpft dagegen an, man verbietet der Wahrheit einfach, sich zu entblößen und durch die alleinige Kraft der positiven Gedanken hofft man, der Realität zu entfliehen. Bis man einsehen muss, dass es woanders auch nicht anders ist. Auch wenn man die Hoffnung auf absolute Veränderung bis zuletzt nicht aufgeben möchte. So viele verschiedene Menschen und Kulturen es auch geben mag und wie vielfältig und unendlich in ihrer Anzahl Gesprächsthemen sein können, im Grunde gibt es genau ein Thema, weil alle auf der Welt den gleichen Ursprung haben. Egal mit welchem Thema man anfängt, man kommt ziemlich schnell auf die wirklich wichtigen Sachen im Leben. Liebe, Glück, Freundschaft … auf die, die einen bewegen. Gesundheit, Kindheit, Freiheit … mit denen man konfrontiert ist. Arbeit, Geld, Politik … mit denen man sich beschäftigt. Musik, Normen,Werte und Einstellungen …

Das alles steht hinter dem Gedanken: Wie werde ich glücklich? Egal welches Gesprächsthema man auch auswählt, wie oberflächlich oder tiefsinnig es sein mag, wie aktuell oder veraltet, wie religiös, wie fremd-oder selbstauferlegt, es geht darum herauszufinden, was einen glücklich macht und wenn man schimpft und sich moniert, dann beschäftigt man sich damit, was einen unglücklich macht. Was einen wieder darauf zurück führt, was man wie gerne wann wie hätte, damit man glücklich wird. Auch wenn sich Inhalte unterscheiden und verschiedene Meinungen zum selben Thema herrschen, das Ziel bleibt das gleiche. Egal in welchem Jahrhundert und egal auf welcher Seite der Erde. Solange wir Menschen sind, ist einem Themenwechsel nicht stadt(t)gegeben. Iris-Sophie Schindler

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Mit der Schlinge um den Hals wurde sie langsam, zögerlich losgelassen, ganz sanft. Im leeren Raum. Sie merkte einen leichten Druck am Kehlkopf. Ihr Bewusstsein veränderte sich. Sie hängt am Seil in der Luft, ohne Boden unter den Füßen. Sie wird gezwungen ihre Aufmerksamkeit auf das Thema „Selbst“ zu lenken.

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Traditionell. Ein Wiener Schnitzel vom Schwein nicht vom Rind, schließlich ist Rezession und das Geld knapp, ein Verlängerter und ein SodaZitron. Wobei die Erfindung dieses Getränkes zu modern erscheinen mag. Seit wann gibt es eigentlich …? Ein Achterl Rot stattdessen. Kaffeehausliteratur. Und wer ist Gonzalez? Die Augen sind zu blau. Ihre Augen sind nicht zu blau, doch Nichtraucherin. Dies muss noch erwähnt werden. Es muss geraucht werden. Zigarettenkaffeerauchhausliteratur. Es überrascht mich immer wieder. Ich überrasche mich. Mehrere Gedankenausgänge. Abzweigrichtungen und welche wird mein Schreibgerät wählen. Wohin? Welche Wortfolge, Gedankenfolge, Bedeutungsfolge wird festgehalten, niedergelegt, verschoben, aufgehoben? Was geht verloren? Nicht alles Ergrübelte wird bewahrt. Ihre Handhaltung ist elegant. Sinnlose Adjektive. Was könnt ihr euch schon für eine Vorstellung machen, wenn ich von der Eleganz der Hand der Frau mit den blauen Augen schreibe? Nicht die zu blauen. Das war Gonzalez.


Ein Tag ohne Liebe!

Foto: Verena Massl

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as Thema ist wohl vielen von uns bekannt – es geht um endloses Gerede über das vielfältige und doch immer gleiche Thema Liebe, wie dieses Wort auch aufgefasst werden mag. Es wird sich ausgekotzt, vorgeschwärmt oder auch –geheult. Freunde müssen herhalten, Fremde müssen herhalten und dennoch ändert das ewige Reden darüber nichts an der jeweiligen Situation. Sei es in der Anfangsphase einer Verliebtheit, in der sich kein anderes Thema zu finden scheint als der/die Auserwählte, oder seien es Beziehungs- bzw. Sexprobleme, oder auch -phantasien, sei es Trennungsschmerz, das Feld ist ein weites und wird dementsprechend ausführlich abgehandelt. Es gibt wissenschaftliche Aufsätze zum Thema Liebe und Beziehung daneben existieren die typischen Ratgeber, die keiner zugibt gelesen zu haben. Wir werden 24/7 damit konfrontiert, sei es in Büchern, Filmen, in der Werbung oder im Internet. Wie soll es nun auch anders sein, als dass wir uns ständig damit beschäftigten? Alles verständlich und auch gut so, solange es sich im Rahmen hält. Reden ist gut, ein Austausch mit Freunden natürlicherweise auch. Sich Rat zu holen, ist meist nicht verkehrt, aber seien wir uns doch einmal ehrlich, gibt es nicht auch genug anderes, dass möglicherweise durch das ewig gleiche Gefasel zu weit in den Hintergrund rückt? Warum versuchen wir nicht einmal, und sei es nur für kurze Zeit, uns auf etwas anderes im Leben zu konzentrieren als auf unser Liebesleben? Eventuell würden wir dann etwas viel Bunteres und Vielfältigeres entdecken, als das von zwischenmenschlichen Beziehungen dominierte Leben, gemeint seien hier die mehr oder weniger romantischen. Im zweiwöchigen Selbstversuch hat sich gezeigt, dass es gut tut, das Thema zu wechseln. Zwar gestaltet sich das zu Beginn noch recht schwierig und führt zu teilweise langen Schweigepausen, aber dennoch, bereits nach ein bis zwei Tagen zeigen sich Erfolge. Je weniger darüber geredet wird, desto weniger wird daran gedacht und desto wichtiger werden andere Dinge, die viel zu lange vernachlässigt und nun – neu entdeckt – begeistert aufgenommen werden. Die Aufgabe an alle die auch an einem Themenwechsel interessiert sind: Versucht doch einen Tag lang über etwas anderes zu sprechen, ihr werdet sehen: es tut nicht nur euch gut, ihr macht auch euren Freunden eine Freude damit! Marita Voithofer

ein tag ohne liebe | 21

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22 | Gimmick


Š Rita Atteneder

Gimmick | 23

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m magazin für kultur

(in a)

FK

magazine Find yourself Between the lines (Zoot Woman, Living in a magazine)

W

ir lassen das MFK lebendig werden. Anfang Mai 2011 verwandeln wir das MARK in der Hannakstraße 17 in ein begehbares Magazin – in ein living magazine („living“ im Gegensatz zu „live“ – nicht nur ein Moment des Lebendigseins und dann wieder im Nichts verschwinden, sondern „leben“, Spuren hinterlassen, nicht nur in den Synapsen der Zuschauenden). Wir wollen mehr Raum einnehmen als nur 2 MB Speicherplatz. Das Living magazine kann man durch eine Tür betreten, statt umzublättern bewegt man sich selbst zwischen den Seiten. Das, was ihr bisher in den gedruckten und den Online-Versionen des MFK lesen konntet, wird drei- und vierdimensional, wir „remixen“ die bisherigen Ausgaben zum Thema „Umzug“, „Verkehr“ und „Themenwechsel“.

So könnt ihr euch das (ungefähr) vorstellen: Ein Blätterwald im wahrsten Sinne des Wortes. Musik. Lachen. Und was für den Intellekt. Mit realen Personen nachgestellte Bilderrätsel. Ein DIY-Gimmick in Lebensgröße. Lesungen. Hintergrundinfos zu unseren Spezialrubriken. Und haben wir schon die Musik erwähnt? Außerdem: eine öffentliche Redaktionssitzung – nehmt Einfluss auf die weitere Magazinentwicklung! Wir sind offen für Beiträge aller Art – kommt vorbei, setzt mit uns einen Kontrapunkt zur um sich greifenden „Gefällt mir“-Manie. Lasst eure Meinung nicht auf einen Knopfdruck reduzieren, wir wollen hören, was ihr zu sagen habt! Wenn es keine Medien gibt, die die Themen, die uns wichtig sind, aufgreifen, die Jugendliche und die (lokale) alternative Jugendkulturszene ansprechen, dann machen wir uns dieses Medium eben selbst.

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er Name Myrto klingt schon anders – gegenwärtig und historisch zugleich – griechisch um genau zu sein. Schon Sokrates hatte eine Myrto als Ehefrau. Wir in Salzburg haben sie auch. Natürlich nicht als Gattin im eigentlichen Sinne, aber als Liebhaberin der freien Künste. Es wirkt schon anmutend, wenn einem die zierlich, in schwarz gekleidete Frau gegenübersitzt – und erzählt – von einem Leben, das sich der Kunst, genauer dem Tanz, der Musik und der Schauspielerei, widmet. Vereint, im Toihaus Theater zu charakteristischen Eigenproduktionen. Mal werden sie gelobt, mal kritisiert. Aber die Bereitschaft zum Scheitern gehört für die Frau in Schwarz dazu. „Denn nur durch die Risikobereitschaft können neue Ideen entwickelt und höhere Ziele gesteckt werden“, so Myrto. Während hinter uns die alte Mauerfassade ein wenig bröckelt, macht auch Myrto einen Schwenk in ihre Vergangenheit. Künstler wird man schließlich nicht von heute auf morgen – probieren kann es natürlich jeder – davon einigermaßen zu leben und den gesellschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden, ist was anderes. Gewappnet dafür hat sich die Künstlerin schon in ihrer frühesten Kindheit. Bereits mit vier Jahren machte sie Bekanntschaft mit dem Tanz. Dafür steht sie heute da, ohne Furcht und ohne Kompromiss das freie Theater weiter zu fordern und zu fördern. Die Salzburger Festspiele sind schließlich nicht die Eigentümer der Kulturstadt. In den Siebzigern hat sich ein Gegenfestival zur Monopolstellung der Festspiele entwickelt. „Die Szene der Jugend“ (heutige Szene) hat sich mit einer Reihe von Künstlern im Petersbrunnhof und anderen Lokalitäten den sommerresidierenden Salzburgern gestellt. Geerntet haben sie viel Erfolg und Jubel. „Kaum vorstellbar, aber es gab Zeiten, da sind Gäste mit Applaus aufgestanden, sobald die Künstlergruppe eine Bar betrat“ – so Myrto. Dass es funktioniert, sich der unkonventionellen Freiheit hinzugeben, beweist sie mit ihrer Gruppe immer wieder aufs Neue. Ideen dafür lassen sich überall finden „denn schlussendlich ist die ganze Welt ein Theater“ (Shakespeare). Andrea Folie

ein Portrait mit der Künstlerin

Myrto Dimitriadou „die freie kunst ist mehr als nur das salz in der suppe“

Foto: Andrea Folie

Portrait | 25

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Foto: My Escape

Die Flucht in die melodische Rocklandschaft


Neben den drei Jungs von My Escape ist noch ein Platz frei – aund zwar jener des Sängers. Gesangstalente bewerbt euch!

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op? Nein. Punkrock? Auch nicht. Aber dazwischen bewegen sich die Jungs von „My Escape“ – nach eigenen Angaben im Bereich des Melodic Rock. Ohne Label, Fremdunterstützung zogen sie ihr eigenes Bandprojekt auf, fern von Kommerz und populärer Musikkultur. Alternativ? Aus einer gewissen Perspektive sicherlich. Anders? Mit Sicherheit. Der Antrieb? Leidenschaft, Streben nach Perfektion und Liebe für die Musik. Nicht musizieren geht nicht. Als im damaligen Sommer 2009 im oberösterreichischen Hausruckviertel eine Band für einen Auftritt geordert wurde, wusste diese Band nicht einmal den eigenen Namen. Im Gespräch war zwar „Four Melody“, doch irgendwie konnte sich keines der Bandmitglieder wirklich damit zufrieden geben. Doch der Veranstalter des Festes bestand auf einen Bandnamen. Nach langer Überlegung hatte Gründungsmitglied und Bassist Florian Kalleitner die Idee mit „My Escape“ - quasi die Flucht vom anderen Namen, mit dem sich niemand identifizieren konnte. „Kann man so sehen, muss man aber nicht“, so Florian dazu. Was man am 22. August im damaligen Sommer sehen konnte, war der „Geburtstag“ von „My Escape“ – und geflüchtet ist hier niemand, schon gar nicht die Besucher des Konzerts. Trotz schlechten Wetters rockte die Musikformation den Vierkanthof des Festes. „Wir waren begeistert, das kann man sich nicht vorstellen“, sinniert Florian. Die Band, welche mittlerweile am zweiten Studioalbum schreibt (Werk Nummer eins mit dem Titel „One“ erschien im Herbst 2009), stammt zwar nicht aus dem urbanen Zentrum Salzburgs, doch unweit davon beheimatet im angrenzenden Salzkammergut, genauer gesagt im Raum St. Georgen am Attersee in Oberösterreich. Gitarrist und „Mastermind“ (aufgrund des überwiegenden Songtext-Schrei-

Bandportrait | 27

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bens) Daniel Nagl studiert aber in Salzburg Philosophie – und zwar gemeinsam mit Drummer Sebastian Krempelmeier, der zusätzlich noch Jus am Studienplan stehen hat. Und hier wollen die engagierten Musiker auch in ferner oder besser gesagt naher Zukunft auftreten – sobald natürlich der neue Sänger gefunden ist. Mit einer weiblichen Frontfrau hat es für das erste Album gereicht, danach trennten sich die drei Bandmitglieder von selbiger. Nun wollen sie es mit einer männlichen Stimme versuchen – und bisher ist diese „Stelle“ auch noch nicht besetzt. Quasi ein Aufruf an alle Gesangstalente mit Ypsilon-Chromosom und Hang zu leidenschaftlichem Musikschaffen. Aber ohne hier Partei zu ergreifen: Diverse Songs von My Escape fanden auch schon den Weg ins Salzburger Radio, unter anderem ging der Titel „You Make Me Smile“ im November 2009 über den Äther des ORF Salzburgs (im Rahmen der Sendung Uniradio). Zwei Tage später: Nahezu zeitgleich feierten die jungen Musiker Premiere als Studiogäste im freien Rundfunk auf den Frequenzen der Radiofabrik Salzburg. Hier konnten sie ausführlich, ausgiebig und ausreichend ihr Album vorstellen. Daniel Nagl erinnert sich zurück: „Wir haben in den Sommer- und Herbstmonaten 2009 in Eigenregie eine CD aufgenommen und waren froh, sie bei der Sendung rough radio in der Radiofabrik Salzburg präsentieren zu können“. Apropos musikalische Präsenz: Wie die Jungs auf ihren Musikstil Melodic Rock bekommen sind, erklärt Daniel so: „Es setzt sich niemand hin und sagt, jetzt schreib ich einen Pop- oder einen MetalSong. Es beginnt immer alles mit einer Idee und wenn man sich nach der Idee schon auf eine Musikrichtung festlegen würde, dann würde man sich praktisch einschränken. Somit könnten sich die Ideen nicht mehr frei entfalten. Einschränken wollen wir uns nicht – daher lassen

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wir das einfach immer geschehen und das Ergebnis hat dann Florian unter Melodic Rock eingeordnet“. Außerdem wollen die Jungs mit dieser Philosophie vermeiden, dass das Ganze eintönig wird. Monoton wird zudem auch das zweite Album nicht: Exklusiv beim Interview verrieten Daniel, Florian, und Sebastian auch Infos zu diesem. Den Weg auf den Tonträger finden in etwa zwölf Songs, wie z.B. „The World Is Yours“ (eine Anspielung auf den Spielfilm „Scarface“ mit Al Pacino?), „On The Road“ (Soundtrack des Promo-Videos des Extreme Austria Road Trips 2010) und „Virtual Reality“. Letzterer übt Kritik an Social Networks wie beispielsweise Facebook. Drummer Sebastian Krempelmeier blickt mit viel Freude den Aufnahmen für die neue CD entgegen und ergänzt noch euphorisch: „In unserem Album steckt vor allem eines drin: Leidenschaft für unsere Musik“. Wenn in diesem Sommer dann Album Nummer Zwei auf CD gepresst wird, steht „My Escape“ in neuer Formation in den Startlöchern. Motiviert, engagiert und talentiert blicken sie ihrem nächsten Schritt entgegen: Live-Auftritten in Salzburg. Und Umgebung. Oder beides. Und noch dazu: Salzburg soll auch nicht Endstation sein, die melodische Rocklandschaft Österreichs muss zudem noch bereist, bespielt, bereichert und begeistert werden. Wer jetzt von dieser Truppe begeistert ist und nicht nur unter der Brause singen kann, sollte sich bei Daniel, Florian und Sebastian bewerben. Quasi als Flucht in eine Band, die das Konzept „do it on your own“ derartig intensiv verkörpert und umsetzt - und mittels Melodic Rock Flüchtlingen von anderen übersättigten Musikgenres ein Zuhause bietet. Initiative „(Rock-)Sänger gesucht“ – Kontakt: Gitarrist und Songschreiber Daniel Nagl (daniel.nagl@gmx.at). Raphael Auer


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Sudern und andere Zeitbudgeträuber „So ein scheiß Wetter heute …“ „Ah geh, hör auf zu sudern! Könnte bitte jemand mal das Thema wechseln?“ Peinliches Schweigen …

A Quellen: www.welt.de fragen-antworten.metagrid.de de.wikibooks.org www.geo.de de.statista.com www.destatis.de

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b wann wird Schweigen unangenehm? Fünf Sekunden, zehn Sekunden? Keine Ahnung … Situationsabhängig würden die meisten sagen. Manchmal ist doch nichts sagen auch ganz nett oder nicht? Hört man nicht oft genug, dass es vor allem auf die Menschen im Leben ankommt, mit denen man auch schweigen kann? Doch führt man mit diesen Menschen überhaupt Diskussionen übers Wetter? Laut einer Forsa-Studie ist Arbeit mit circa 50 Prozent das Thema Nummer eins mit Freunden und Bekannten. Eigentlich auch verständlich. Schließlich

verbringen die meisten Menschen einen Großteil ihrer Zeit in der Arbeit. Wie viele Tage sind das auf ein Leben gerechnet? Für so eine Frage gibt es nur eine schnelle, nicht allzu anstrengende Lösung: Computer an, google starten und Frage eintippen. Schließlich müssen doch auch Halbweisheiten aus dem Internet ein Fünkchen Wahrheit enthalten. Gibt man also die Frage bei google ein, stößt man zunächst, wie zu erwarten, auf eine Wikipedia-Seite: Der Mensch in Zahlen. Interessant! Sofort draufgeklickt, ohne nicht vorher noch zu bemerken, dass zwei Links unterhalb auf einer Website namens Es-gibt-keinedummen-Fragen.de die Frage gestellt wird, wie viele Liter Sperma ein Mann in seinem Leben produziert. Frage gemerkt, im Gehirn gespeichert und für spätere Recherchen oder zum Vergessen aufgehoben, mit dem geistigen Zusatz ob es nicht doch dumme Fragen gibt. Also volle Aufmerksamkeit zurück auf das wichtigste Gesprächsthema der 18- bis 65-Jährigen. Laut Geo Wissen, genauer laut einer Zeitbudget-Erhebung des Statistischen Bundesamtes Deutschland von 2000/2001, arbeitet der durchschnittliche Mensch sieben Jahre und verbringt neun Monate auf dem Weg zur Arbeit. So, das wäre geklärt.


Sieben Jahre und neun Monate, ist das nun lange? Irgendwie schon, wenn man bedenkt, dass man nur eine Sache noch länger macht, nämlich Schlafen. Dieser weitaus erbaulicheren Beschäftigung geht der Durchschnittsmensch nämlich 24 Jahre und vier Monate nach. Laut diesen Berechnungen sind also bei einer Lebenserwartung von ca. 73 Jahren weltweit fast 32 Jahre des Lebens bereits verplant, zählt man noch die fünf Jahre der Nahrungsaufnahme und die sechs Monate auf der Toilette hinzu (der Mensch verdaut ungefähr das 500-fache seines eigenen Körpergewichts in seinem Leben!), wären wir schon bei über 37 Jahren. Da sind doch die zwölf Wochen Vorspiel, zwei Wochen Küssen und 16 Stunden sexueller Höhepunkte ein kurzer, aber doch erfreulicher Lichtblick, der uns immerhin fast vier Monate unseres Lebens versüßt. Bei den etwas verdorbeneren Subjekten unter uns stellt sich vermutlich jetzt die Frage, wie viele dieser Höhepunkte fremd- und wie viele eigenverschuldet sind. Bei einem Durchschnittswert von 2.500 bis 4.000 Mal Sex im Leben (übrigens siebtliebstes Thema in Gesprächen mit Freunden und Bekannten) und einer durchschnittlichen Orgasmusdauer von fünf bis sieben Sekunden, ist vermutlich zweiteres der heißere Tipp. Eine Zahl sticht noch ins Auge: zwei Jahre und zehn Monate verbringt der Mensch mit Plaudern, Tratschen und Scherzen. Das ist doch erfreulich. Moment, da war doch noch das Lieblingsgesprächsthema der westlichen Menschheit. Fast die Hälfte aller Gespräche dreht sich um die Arbeit. Also noch ein Jahr für die Arbeit mit eingeplant, denn schon über die Arbeit plaudern ist doch irgendwie Arbeit oder? Zumindest wenn man seinen Job nicht gerade als erfüllend empfindet.

Laut welt.de sind erstaunliche 83% der EU-Bürger mit ihrem Job zufrieden. Wer hätte das gedacht? Erfährt man doch meist von Bekannten und Freunden eher das Gegenteil. Oder ist es einfach des Österreichers Lieblingssportart, das „Sudern“, das es uns erst ermöglicht, unseren Job gerne zu machen und uns vor Magengeschwüren und Hämorriden bewahrt? Also eine neue Suchanfrage an den Heiligen Google … und der erste Eintrag unter dem Stichwort „Sudern“ gleich ein voller Erfolg: Sudern.at! Auf den ersten Blick eine geniale Erfindung (abgesehen vielleicht von den üblichen „Pudern-„, „Schnoitzn-„ und anderen „Fick-“ Superlustig-Einträgen): die Möglichkeit wildfremden Menschen seine Probleme aufs Auge zu drücken (selbstverständlich gibt es eine eigene Rubrik für Arbeit) und digitales Mitleid zu heischen. Auf den zweiten Blick eine schockierende Erkenntnis: da hab ich doch einiges schon mal gehört – aus meinem Munde! Nun ist es eine Frage der Grundeinstellung oder vielleicht auch der Tagesverfassung, was man mit dieser Erkenntnis anfängt. Als klassischer Pessimist würde man wohl jetzt die Bestätigung gefunden haben, dass der Mensch an sich einfach nicht glücklich sein kann und nachdem so viele Menschen dieselben Probleme haben, die Welt an sich schlecht ist – also den Suderkreislauf fortsetzen. Ein Pragmatiker würde auf die Zeitverschwendung hinweisen, die eine solche Suderei darstellt, da es ja schließlich nichts an der Situation ändert, in der sich der Suderant befindet. Der gute alte Optimist hingegen würde ein Lächeln aufsetzen, die Tatsache anerkennen, dass jeder so seine Probleme hat und schlussfolgern, dass, wenn auch andere Menschen über dieselben Probleme sudern, diese nicht so schlimm sein können. Denn wie schon Konfuzius sagte: „Nichts ist so scheiße, wie schlechtes Wetter!“ Julia Fink

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P H S A Y E F M N

Ü T V Ö X M Y I E

F N E Q Ä Ö T A G U R L M B A Ü P I Ö W Q D L I S S E

U Y Q A P T X F Z

E X B U K Q S E Ö

R S C H E I N U N G X W J R Ä S C E F L O Ü X V K C Z I Ö E N I Z X K T S Y B A B W Y Ä W T O L B T H E M E N W E C H S E L S V Ü N D I G U N G M R W X T A I E T W Y M X K I N D H E I T Ä A S T E R B E N B K P Ü A Z E V S T C I S I S Y X C V N Q T R Ä L E P H Y Q M E N O P A U S E F W R

Y Q T L V Ö Y M Q

V B B R E A K U P

Z E I T Z O N E X

SUCHBILD © Rita Atteneder

FINDE 17 BEGRIFFE ZUM THEMA themenwechsel

Lösung in der nächsten Ausgabe MFK 02/11 auf der letzten Seite

32 | RÄTSEL | SCHULTERRATTEN

Finde die acht Fehler!


1 Energie = Masse mal Geschwindigkeit des Lichtes zum Quadrat / Albert Einstein 1905

Foto: Rita Atteneder

Z

eit ist immanent, Charakterstärke ihre Botschaft! Genial und genesend; Schmerzen, Probleme, Gedanken, alles antizipierte, flüchtige Veränderungsmomente. Und obwohl sich manches oft verschlimmert, wandelt sich das Prinzip, alles, und das ständig. Was für eine globale Chance! Evolution und Revolution, beides urreal, definiert nur durch dieses philosophische, magische Prinzip – der Erkenntnis: die Zeit ist eine linear gerichtete Einheit mit einem kleinen Schönheitsfehler, der Relativität zu dem uns umgebenden Raum. E(1) = mc² Da bleibt Mensch schon mal etwas länger auf der Toilette sitzen und beschäftigt sich mit der plötzlich zur Verfügung gestellten Zeit. Alles kann jetzt passieren, oder alles verrinnt, oder das einfache Teilhaben an Vorgängen, die auch ganz automatisiert funktionieren, meistens. Und dann poltert da plötzlich so ein Idiot an die Tür und will rein! Schreie, Beschimpfungen, egoistischer Argumentationsmüll. Subjektive Triebe verfolgend und dann immer im Recht sein wollen. Diese ungustiösen Zeitgenossen, die keine Gespräche führen können, oder wollen. So leben sie nur in ihrer eigenen Zeit. Wieso seid ihr überhaupt? Seid ihr der Test für unsere Geduld, unsere Standfestigkeit, unsere Zugeständnisse, unsere Kompromissfähigkeit? Dabei langweilen wir uns ob dieser Unterschiede des nicht Verstehens, der Wahrnehmung diversiver Zeitlichkeit. Aber Zeit heilt alle Wunden! Danke dir meine liebe, leider schon verstorbene Großi, dass du mir gezeigt hast, Menschen zu lieben und zu versuchen in verschiedene Zeitmetaphern einzutauchen. Wie viel du gewusst hast, mir gesagt hast und ich nicht in derselben Zeitdimension war – damals; heute bin ich angekomReflektierende men: wir können weiterreden und ich Gedanken­ejakulate kann wieder aus dem Refugio Klo über Arschlöcher herauskommen. in unserer Zeit Viel Spaß in deiner Zeit!

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M

arktwirtschaft ist Mist. Das klingt provokant, aber eigentlich wissen das ja eh alle irgendwie. Oder könnten es zumindest wissen, auch ohne etwas von Marx gelesen zu haben. Schauen wir uns zum Beispiel den aktuellen Wettlauf der europäischen Länder um das härteste Sparpaket an: Da drängt sich der Gedanke schon einigermaßen auf, dass in diesem System die Lebensqualität seiner BewohnerInnen nicht unbedingt an allererster Stelle steht. Ganz im Gegenteil: Eine schlechte Lebensqualität der Menschen wird nicht nur in Kauf genommen, sie ist sogar das Mittel für den Erfolg der Nation. Deutlich wird das momentan in Deutschland, das sich besonders schnell von der Krise erholt hat. Der Wachstumsmotor brummt. Und warum? Die FAZ ist um eine ehrliche Antwort nicht verlegen: „Arbeit ist günstig zu haben in Deutschland und flexibler zu handhaben als oft geglaubt. (…) Ihre Bescheidenheit haben die Arbeitnehmer

inzwischen amtlich: Nirgendwo sind die Löhne in den vergangenen Jahren weniger gestiegen.“ Auf den Punkt: Das Erfolgskriterium für eine kapitalistische Nation ist Wachstum und fürs Wachstum ist es gut, wenn die Unternehmen möglichst viel Profite machen. Löhne sind aber immer ein Abzug vom Unternehmensgewinn. Ergo: Damit Profite rauf, Löhne (und Sozialleistungen) runter. Nur so steht alles zum Besten in der besten aller möglichen Welten! So weit, so bekannt – die MeinungsführerInnen aus Politik, Wirtschaft und Presse machen aus diesem Umstand ja sowieso selten einen Hehl. Das haben die gar nicht (mehr) nötig. Warum? Weil die mündigen und zu gesundem Skeptizismus erzogenen StaatsbürgerInnen, wenn es um eine wirkliche Veränderung geht, plötzlich außerordentlich kritisch werden: „Aber kann es denn überhaupt anders gehen?“, wird man ge-

* In dieser Reihe werden subjektive Meinungen von Einzelpersonen und/oder Gruppen wiedergegeben, die einen allgemeinen Diskurs auslösen sollen und die nicht zwangsläufig der Meinung der MFK-Redaktion entsprechen müssen.

Foto: ***jojo / photocase.com

Themenwechsel? Systemwechsel!


fragt. Nein, natürlich nicht: Menschen sind von Natur aus so konzipiert, dass sie ein ultra-kompliziertes System einrichten, wo die Wurst auf dem Butterbrot vom Herrn Meier genauso wie der Mietpreis von Frau Müller davon abhängen, ob irgendeiner Bank mit irgendwelchen Wertpapier-Derivaten, die die selber nicht mehr verstehen, ihre Spekulation gelungen ist. Das steht im menschlichen Genom, ganz vorne im ersten Kapitel – wusstet ihr das nicht? Eigentlich ist es doch ganz einfach. Wir leben in einer Welt, in der ein gewisses Maß an Arbeit getan werden muss. Das mag man beklagen, ist aber so. Es stellt sich nun die Frage: Wie teilen wir Arbeit und deren Ertrag auf? In der Marktwirtschaft läuft das übers Privateigentum: Der eine hat z.B. eine Fabrik (oder eine Zeitung) und kann die anderen für seinen Wohlstand arbeiten lassen. Die wiederum können froh sein, wenn sie mit dem Lohn einigermaßen über die Runden kommen. Sind sie für die Profitmehrung nicht von Nutzen, werden sie aussortiert und sind noch schlechter dran. In einer vernünftig organisierten Gesellschaft

hingegen würden sich die Leute gemeinsam überlegen, was sie brauchen und was sie arbeiten können und auf der Basis dessen planen, wie man das Ziel am besten erreicht. Ja genau, Planen, so wie in Planwirtschaft, so wie im Kommunismus. Nein, bitte nicht schon wieder: „Aber das hat man ja gesehen, dass der Kommunismus nicht funktioniert hat, damals in der DDR!“ Grrr. Bzw.: Ja, eh. Der Realsozialismus war nicht so toll. Auch wenn die Armut in Russland nach dem Ende der Sowjetunion massiv gestiegen ist, genauso wie z.B. die Obdachlosigkeit in Ostdeutschland. Kann man ruhig mal Leute fragen, die da gelebt haben. Und auch die gut Hundert Mauertoten sind im Vergleich zu den Zehntausenden Flüchtlingen, die jedes Jahr an den freiheitlich-demokratischen Grenzen des „Friedensprojekts Europa“ den Tod finden, eher harmlos. Trotzdem, wie gesagt: Toll war er nicht, der Realsozialismus. Anstatt die Menschen vom Verwertungszwang zu befreien, hat er den Versuch unternommen, den Kapitalismus in Sachen Produktivität zu überho-

len. Das ist ein Spiel, das man erstens nicht gewinnen kann (weil der Kapitalismus in der Verwertung seines Menschenmaterials immer effizienter, weil rücksichtsloser ist) und man auch nicht gewinnen sollte: Das Ziel einer kommunistischen Gesellschaft müsste das gute Leben für alle sein und kein von oben verordneter Produktivitätswettlauf. Kein Wunder also, dass die realsozialistische „Hebelwirtschaft“, die versucht hat, die Marktwirtschaft nachzuahmen und sozialistische Varianten von Lohn, Preis und Profit hervorzubringen, letztlich nicht nur am Klassenfeind im Westen, sondern auch an ihren eigenen Widersprüchen zerbrochen ist. Was tun? Das ist eigentlich eh klar: (Sich) bilden, organisieren, agitieren, kämpfen. Klar, ganz einfach wird das nicht. Aber sehen wir‘s doch positiv: Angesichts der sozialen Härten und des Irrsinns, der in den kommenden Jahren der Krise und (falls es das gibt) danach noch auf uns zuschwappen dürfte – dagegen erscheint die soziale Revolution doch fast wie ein Sparziergang! J. M.

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Fotos: Melanie Fath

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schütze 23.11. - 21.12. Er ist zuversichtlich, optimistisch, begeisterungsfähig und immer auf der Suche nach dem Sinn. Ein Gralssucher, der an den größeren Zusammenhang glaubt, an die schützende Hand von oben. Seine schlimmste Vorstellung ist wohl, dass am Ende des Lebens die Erkenntnis stehen könnte, dass alles keinen wirklichen (höheren) Sinn hatte. Sein Leben ist geprägt von Visionen und Träumen, sowie von Wunsch und Glaube. Er achtet auf Zeichen und Symbole, denn alles hat eine Bedeutung, alles dient einem höheren Zweck. Er glaubt an das Prinzip der Fügung. In ihm vereinen sich Sport und höhere Bildung. Er will seinen Horizont erweitern – in jeder Hinsicht. Darum beschäftigt er sich leidenschaftlich gerne mit fremden Kulturen, fernen Ländern, verschiedenen Religionen und philosophischen Systemen. Sehr freiheitsliebend, immer nach neuen Ufern strebend, ist er stets auf der Suche nach neuen, edlen Wegen. Das Leben ist eine Reise! Er kann sehr tolerant sein – im schlimmsten Fall jedoch dogmatisch und missionarisch. Dann will er alle bekehren und predigt ex cathedra. Er flüchtet vor Verantwortung, Dunkelheit und Schmerzen. Sind diese Dinge in Sicht, ist er schon weg. Holt ihn die Dunkelheit dennoch einmal ein, trägt ihn sein natürlicher Optimismus durch die dunkle Zeit, denn letztlich, davon ist er überzeugt, wird alles gut.

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Steinbock 22.12. - 20.01. Schritt für Schritt, beständig, beharrlich, zielstrebig, hartnäckig, effizient geht er auf sein Ziel zu. Er nimmt stets den kürzesten Weg und behält immer sein Ziel im Auge. Er kann sehr eisern mit sich sein und lässt sich von nichts und niemandem abhalten. Geschenkt will er nichts, sondern alles aus eigener Kraft erreichen. Aus seiner Leistung bezieht er seinen Wert. Gesellschaftliche Anerkennung, Status und Prestige sind ihm wichtig. Er hält sich an Normen, Konventionen und Regeln und weiß genau, was „man“ tut und was nicht. Ist er sich in einer Sache unsicher, befragt er gerne Autoritäten und holt sich dort gleichsam die „Absolution“. Er ist ein Meister der Beschränkung, konzentriert sich aufs Wesentliche, ist ernsthaft und streng. Außerdem fühlt er sich schnell für alles verantwortlich und wird dann zum Lastenträger der kollektiven Schuld. Oft ist er zu hart mit sich selbst und seine persönlichen Bedürfnisse bleiben auf der Strecke, was zu Verbitterung und Verhärtung führen kann. Er hat einen enormen Schaffensdrang, große Gestaltungskraft, möchte ein Werk in der Welt hinterlassen. Er braucht Aufgaben, die ihn fordern, die er meistern kann – für die Gemeinschaft, für das Kollektiv. Persönliches stellt er ohne Probleme für das Gemeinwohl zurück. Er übernimmt gerne Verantwortung, hat eine natürliche Autorität und seine Reife gibt anderen Sicherheit.


Wassermann 21.01. - 19.02. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – das sind die Schlagworte des Wassermanns. Für ihn sind alle Menschen gleich und jeder ist ein Individuum. Es geht ihm um den Ausdruck der eigenen Individualität innerhalb des Kollektivs. Er hat hohe humanitäre Ideale und Visionen, verfolgt revolutionäre Ideen und Utopien und ist immer mit der Frage beschäftigt, wie man das Zusammenleben der Menschen humaner gestalten kann. Oft jedoch verzweifelt er an der Tatsache, dass der reale Mensch nicht so perfekt ist, wie sein Ideal des wahren Menschen. Und auch er selbst hat von Zeit zu Zeit Schwierigkeiten, seinen hohen Idealen gerecht zu werden. Unabhängigkeit und geistige Freiheit sind ihm wichtig, er ist ein Diogenes in der Tonne. Er hat Anspruch auf Originalität – will anders und etwas ganz Besonderes sein und als dies – in seiner ganzen Individualität – auch wahrgenommen werden. Mit den irdisch-biologischen Dingen hat er es nicht so – Blutsverwandte sind ihm kein allzu großes Anliegen. Was zählt, ist das gemeinsame Ideal, die geistige Übereinstimmung. Darum ist ihm sein Freundeskreis auch sehr wichtig, die geistige Verwandtschaft, die gleiche Wellenlänge. Er schließt schnell Freundschaften – interessiert sich für alle gleich. Jeder ist wichtig, jeder Teil seines Systems. Alles, was neu und revolutionär ist, fasziniert ihn und er ist mehr als andere bereit, neue Dinge auszuprobieren. Hauptsache anders und originell.

Fische 20.02. - 20.03. Der Fisch ist das ego-schwächste Zeichen des Tierkreises, durchlässig, sensibel, überpersönlich und sehr empathisch. Er fühlt sich mit allen Menschen verbunden und ist so mitfühlend, dass er das Leid der anderen mitunter selber spürt. Da er immer gleich sein Ich opfern will, bevor er überhaupt noch eines aufgebaut hat, gerät er leicht in die Gefahr, ein Helfersyndrom zu entwickeln. Auf diese Art verhindert er dann, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, denn die Verantwortung für sich selbst und das Erwachsenwerden zögert er gerne hinaus. Er ist ein Mystiker – tief drinnen erinnert er sich an das Paradies und lebt in der beständigen Sehnsucht, wieder mit allem zu verschmelzen. Darum ist er auch das inkarnationsärmste Zeichen. Diese Welt ist ihm immer ein bisschen zu „irdisch“ und zu real. Moral ist dem Fisch fremd und er wertet nicht – alles hat seine Berechtigung, alles ist Teil der Schöpfung. Geprägt von einem enormen Wunschdenken, lebt er sehr stark seine Phantasiewelten, er lässt sich gerne verführen, ergreifen und berauschen. Dies macht ihn auch für Süchte aller Art empfänglich. Der Fisch ist ein Fluchtzeichen, er hat eine große Begabung im Vergessen – alles, was ihm nicht in den Kram passt, leugnet er. Er ist ein Verwandlungskünstler, also sehr anpassungsfähig. Bei zu viel Überflutung von außen braucht er den Rückzug, um wieder zu sich zu kommen.

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PE NIP PEL kaffeetasse

Penippel, das = bevorzugte Form, Farbe, Aussehen, Marke, physikalischer Zustand, Geruch etc. eines Gebrauchsgegenstands oder anderer alltäglicher, oftmals zu wenig beachteter Objekte.

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Jannis, 27: „Weil Garfield weiß, woher der Franzi, 23: „Die schnurrt mich morgens Wind weht!“ an.“


Fotos: Julia Fink / Miriam Lempert

Rita, 22: „Sie hat so eine schöne Form und Raphael, 24: „Ist nicht meine, trotzdem Rudi, 60: „Weil auf der Tasse meine Name es steht sogar Café oben.“ schön.“ steht.“

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welche körperlichen beschwerden werden hier gesucht?

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Fotos: Rainer Rossgoderer / Miriam Lempert

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Lösung in der nächsten Ausgabe MFK xx/2011 auf der letzten Seite

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Magazin für Kunst und alternative Jugendkultur

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as MFK – Magazin für Kunst und alternative Jugendkultur ist ein gesellschaftsliberales und von allen politischen Parteien, Institutionen und Interessensvertretungen unabhängiges Jugendkultur-Magazin mit Redaktionssitz in Salzburg. Das Printprodukt wendet sich vor allem an LeserInnen aus der alternativen Kunst- und (Jugend-)Kulturszene. Inhalt und Fotos bzw. Illustrationen werden selbstständig von den freien RedakteurInnen der jeweiligen Ausgabe des Magazins recherchiert und ausgewählt. Das Magazin distanziert sich von Gewaltverherrlichung, Rassismus, Populismus, Sexismus, Beleidigungen und Beschimpfungen gegen ethnische Volksgruppen und Religionsgemeinschaften, sowie von diskriminierenden Inhalten. Herausgeber ist der Verein Jugend in Beruf und Freizeit (MARK.freizeit.kultur). Das Magazin wird ab 2011 periodisch, vier Mal pro Jahr aufgelegt – in einer Auflage von 1000 Stück.

kreative köpfe gesucht! Politik ist einfach. Kultur ist leicht einzusparen. Zeitungmachen hingegen ist beinharte Arbeit. Deshalb: leiht uns eure Kreativität – wir gehen damit hausieren. Schickt uns eure Ideen, Vorschläge, Anregungen an office@marksalzburg.com oder schaut bei einer unserer Redaktionssitzungen vorbei (Termine auf www.marksalzburg.com) Abgabe oder Zusendung von Texten, Fotos, Bildern, usw. für die Ausgabe MFK 02/2011 zum Thema „08/15“ sind jederzeit möglich! Voraussichtlicher Erscheinstermin: Mai 2011.

Foto:Julia zentextures.com Foto: Fink Lösungen der Rätsel MFK 02/10 Wörtersuchrätsel: Kreuzung, Stau, Ampel, Lenker, Fahrrad, Bahnübergang, Gondelfahrer, Unfall, Autobahn, Abgase, Hutfahrer, schleichen, Promille, fliegen, vögeln, Kondome, Raststätte Bilderrätsel: 1. Die Goldenen Zitronen, 2. Die Toten Hosen, 3. Blumentopf, 4. Rammstein, Lösungswort: Die Ärzte


Impressum MFK – Magazin für Kunst und alternative Jugendkultur Herausgeber: Verein Jugend in Beruf und Freizeit – MARK.freizeit.kultur ZVR-Zahl: 471905195 Hannakstraße 17, 5023 Salzburg, AUSTRIA Online-Ausgabe: www.marksalzburg.com Obfrau: Ute Lang Verantwortlich für den Inhalt / Redaktion: MARK.freizeit.kultur, Gerd Pardeller, Miriam Lempert, Marita Voithofer, Katharina Pichler, Viktoria Hubner, Ruth Mayr, Anna Milena Ofner, Julia Fink, Doris Mair, Ute Lang, Peter.W., Andrea Folie, Iris Schindler, Jannis Menn, Robert Presslaber, Stefan Bernhard, Patricia Lang, Raphael Auer, Sebastian Bauer Bildredaktion / Illustrationen: Rainer Rossgoderer, Hans Schütz, Peter.W., Julia Fink, Rita Atteneder, Melanie Fath, Andrea Folie, Verena Massl Layout und Gestaltung: Julia Fink Lektorat: Marita Voithofer

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