Martin Auer Magazin Vol. °14

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There are a lot of good people around.
N O 14 2022

Wenn wir dem Brot die SEELE zurückgeben, sind wir mit VOLLEM ENTHUSIASMUS dabei.

Sie berührt, belebt und bewegt. Sie entfesselt ungeahnte Potenziale und bringt dabei so viel Besonderes hervor wie kaum ein anderes Gefühl. Wer ihr folgt, dem eröffnen sich neue Welten in scheinbar Gewöhnlichem. Als Grundzutat zu allem, was wir tun, begleitet sie uns schon lange. Und doch gibt es noch so viel an ihr zu entdecken. Darum haben wir sie erkundet, in dieser Ausgabe unseres Magazins: eine Ode an die Begeisterung.

12 Light my fire 26 Das wird lustig! 40 Unbezahlbar

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Haut

Couture

Milas linker Arm ist komplett tätowiert. Am rechten wäre aber noch etwas Platz für ein neues Tattoo. Wofür sie sich entscheidet?

Tja, das wird wohl eine Stichwahl.

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Ein Tattoo ist schon lange kein Tabu mehr. Im Gegenteil.

Fast jeder will eines haben. Am liebsten von jemandem wie Mila Delacroix. Ihre Tätowierungen sind gerade besonders begehrt.

Weil sie sehr filigran und äußerst kunstvoll sind. Quasi pieksfein.

Ob sie mit dem, was sie tut, andere Menschen berührt – da rüber muss sich Mila Delacroix nun wirklich keine Gedan ken machen. Wenn sie ihrer Leidenschaft nachgeht, geht das jedes Mal unter die Haut. Zugegeben: Als Tätowiererin gehört das zu ihrem Job. Eine Selbstverständlichkeit ist es trotzdem nicht. Dass Mila heute als Künstlerin besticht, liegt nämlich vor allem an ihrer Liebe zu ihrem Handwerk. Mila tätowiert, seit sie 21 Jahre alt ist. 2013 hat sie gemeinsam mit einem Freund ein eigenes Studio gegründet: High Frequency Tattoos. Heute ist die 33-jährige Grazerin in der Szene so be kannt, dass sie Tattoo-Termine nur mehrere Monate im Vorhi nein vergibt. Für uns hatte Mila ausnahmsweise schon etwas früher Zeit. Wir waren aber auch nicht zum Stechen, sondern nur zum Sprechen da. Über ein Handwerk, das Menschen schon seit Jahrtausenden begeistert und über Tätowierungen, die für die Ewigkeit sind.

MART I N AUER Mila, du bist bekannt für deine FinelineTattoos. Also Tätowierungen, die sich aus sehr zarten Linien zusammensetzen. Als jemand, der keine Tattoos hat, könnte ich mir vorstellen, dass feine Motive ein guter Einstieg sind. Denn wovor wir Untätowierten ja die größte Angst haben: dass es wehtut. Und so dünne Linien, das ist doch sicher weniger schmerzhaft als großflächige Bilder.

M I L A D E L A C R O I X Ja, das glauben viele, aber das stimmt leider nicht. Man muss sich das nämlich so vorstellen: Eine normal dicke Nadel besteht aus vielen dünnen Nadeln, die im Kreis aneinander gelötet sind. Die schiebt man über die Haut; es entsteht also eine Aufschürfung. Bei der Nadel, die ich ver wende, die gerade einmal 0,1 Millimeter dünn ist, schneide ich in die Haut – und das ist blöderweise unangenehmer. Darüber waren schon einige Kundinnen und Kunden entsetzt. (lacht)

MART I N AUER Die Frage hast du wahrscheinlich schon tausendmal beantwortet – aber wo tut es am wenigsten weh?

M I L A D E L A C R O I X Das kann man schwer sagen. Das ist sehr individuell und hängt zum Beispiel von der Tagesverfassung ab. Wie gut hat man geschlafen, hat man davor gegessen? Hat man am Vortag Alkohol getrunken? Das ist ein böses No-no.

MART I N AUER Wahrscheinlich spielt es letztendlich auch keine allzu große Rolle, oder? Wenn ich unbedingt ein Tat too haben möchte, geht das eben nicht ganz ohne Schmerz. Wobei ich eines weiß: Ich würde mir niemals die Lippen tätowieren lassen.

M I L A D E L A C R O I X Wieso das?

MART I N AUER Als ich 14 oder 15 Jahre alt war, hatte ich einen Motocross-Unfall. Ich bin zum Glück nicht gestürzt, aber mit meinem Kopf am Lenker aufgeschlagen. Dabei hat sich einer meiner Zähne durch meine Oberlippe gebohrt. Im ersten Moment hab ich nichts gespürt, nur gemerkt: Hm, da stimmt was nicht. Aber als die Wunde später im Spital genäht werden musste: Bist du deppert, hat das wehgetan! An die Schmerzen werde ich mich für immer erinnern! Deshalb: kein Lippen-Tattoo. Aber sag mal: Wie bist du eigent lich zu deinem ersten Tattoo gekommen?

M I L A D E L A C R O I X Mir haben Tätowierungen schon immer gut gefallen. Ich glaube vor allem deswegen, weil sie meiner Mutter nicht gefallen haben. Ich hab dann von ihr zum 16. Ge burtstag trotzdem eine Tätowierung geschenkt bekommen – unter der Bedingung, dass es die erste und einzige bleibt. (lacht) Das war ein Stern auf meiner Schulter. Ich bin aber froh darüber, dass ich so viel Respekt vor meiner Mutter gehabt habe, weil ich danach wirklich zwei Jahre gewartet hab, bis ich mir die nächste Tätowierung stechen hab lassen. Davon war meine Mutter dann nicht begeistert. Sie war übrigens auch nicht begeistert über meine Entscheidung, Tätowiererin zu werden. Das sei ja nix, das sei ja kein Beruf.

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Fotos MICHAEL KÖNIGSHOFER

MART I N AUER Wie geht’s deiner Mutter heute damit, dass du Tätowiererin bist?

M I L A D E L A C R O I X Mittlerweile ist sie stolz darauf. Wobei man schon sagen muss, dass es gesellschaftlich noch immer kein angesehener Beruf ist. Ich bin schon öfter gefragt wor den, was ich hauptberuflich arbeite.

MART I N AUER Dabei hat angeblich jeder vierte Österrei cher ein Tattoo. Ich hab sogar gelesen, dass bei den jungen Menschen, den unter 35-Jährigen, fast die Hälfte tätowiert ist. Da finde ich es schon sehr komisch, dass es noch immer nicht akzeptiert ist.

M I L A D E L A C R O I X Naja, viele Menschen sehen Tätowierun gen selbst nicht als so schlimm an, aber die Tätowierer. Die haben leider keinen besonders guten Ruf. Das kommt von früher, wo man Tattoos noch hauptsächlich mit Gefängnis sen verbunden hat. Mir ist das schon passiert, dass jemand erstaunt darüber war, dass ich eine Matura und ein Studium abgeschlossen habe.

MART I N AUER Du hättest so viele andere Möglichkeiten gehabt! (lacht)

M I L A D E L A C R O I X Genau! Und dann such ich mir gerade Tätowiererin aus! (lacht auch)

MART I N AUER Als ich meinem Vater das Unternehmen abgekauft hab, gab es auch Freunde, die meinten: Was, Martin? Du hast was gelernt, du hast studiert, du hast ja Optionen! Jetzt wirst du Bäcker?

M I L A D E L A C R O I X Die Leute sehen oft nicht, was dahinter steckt und was man daraus machen kann: in meinem Fall Kunst. Das ist das Schöne am Tätowieren: dass man Kunst auf Menschen verwirklichen kann, die man gemeinsam mit ihnen erarbeitet. Es gibt momentan keinen anderen Beruf, mit dem ich als bildende Künstlerin meinen Lebensunterhalt verdie nen könnte.

MART I N AUER Ich hab damals auch gewusst, dass wir aus der Bäckerei etwas Besonderes machen können. Brot ist so etwas Ursprüngliches und Altes. Das älteste Kulturgut, seit wir Menschen sesshaft geworden sind. Auch Tattoos, noch so eine Parallele zwischen unseren Handwerken, gibt es ja schon ganz, ganz lange.

M I L A D E L A C R O I X Diese ursprünglichen Tätowierungen, wie man sie in den Naturvölkern gefunden hat und teilwei se noch immer findet, faszinieren mich sehr. Damit wurde ein Lebensabschnitt besiegelt, man musste sich die Tattoos erst verdienen. Diesen Zugang finde ich sehr schön: eine be stimmte Zeit, die einen geprägt hat, auf der Haut festzuhalten. In der Jetztzeit tu ich mir da oft ein bisschen schwer. Vielen jungen Menschen geht’s mehr um das Tätowiertsein als ums Motiv. Auch wenn ich gegen mein Geschäft rede, aber ich finde das so schade. Vor allem weil sich die Leute dessen oft nicht bewusst sind, dass die Tattoos halt wirklich bis zum Lebens ende da sind.

MART I N AUER Wie gehst du eigentlich mit dieser Verant wortung um?

M I L A D E L A C R O I X Ich war die ersten zwei Jahre tatsächlich immer nervös, bevor die Kundinnen und Kunden zu mir ins Studio gekommen sind. Da hatte ich schon etwa fünf Jahre tätowiert. Das war so furchtbar, ich war jedes Mal so aufge regt. Dann war auf einmal die Routine drin.

MART I N AUER Du arbeitest seit mehr als zehn Jahren in diesem Beruf. Was begeistert dich noch immer daran?

M I L A D E L A C R O I X Das Handwerk an sich. Auf der Haut schaut ja nichts gleich aus wie auf einer Zeichnung. Klar, das ist manchmal anstrengend. Gleichzeitig ist es unglaublich spannend, was man mit der Rundung eines Körpers und mit dem Motiv machen kann. Im Voraus zu überlegen, auf welche Körperstelle ein Tattoo kommt und wie ich es ausrichten muss und welche Form es haben sollte, damit es die Anatomie nicht entstellt, sondern organisch wirkt. Darüber nachzudenken,

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Mila Delacroix und Martin Auer: zwei Handwerker*innen unter sich.

Nicht nur Tattoos sind für die Ewigkeit. Milas Liebe zu Diego, ihrem Zwergpinscher, der hier mit Martin zu sehen ist, ist auch „furever˝.

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„Das Schöne am Tätowieren: dass man Kunst auf Menschen verwirklichen kann, die man gemeinsam mit ihnen erarbeitet.“

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welche Nadelstärken ich kombinieren könnte, damit die Tä towierung einen schönen Kontrast für das Auge ergibt … Ich könnte mich stundenlang damit beschäftigen, da bin ich ein echter Nerd. Tätowieren ist jedes Mal einzigartig. Die Haut, meine Leinwand, unterscheidet sich von Kunde zu Kunde.

MART I N AUER Du meintest vorhin, für dich sei Tätowie ren eine eigene Kunst. Gibt es denn Künstler, die dich be eindrucken und dabei inspirieren?

M I L A D E L A C RO I X Definitiv. Ich hab ja Kunstgeschichte stu diert und seither sind die Van Eyck-Brüder, die die Ölmalerei in der Renaissance perfektioniert haben, meine absoluten Helden! Wer mich auch beeinflusst hat: Alfons Mucha, ein tschechischer Maler, der im gleichen Ort wie mein Opa auf gewachsen ist. Er hat ebenfalls mit dicken Außenlinien und feinen Details gearbeitet. Von ihm hab ich mir einiges abge schaut, gerade am Anfang.

MART I N AUER Ich hab mich auch gefragt, ob dein Name vielleicht etwas mit dem französischen Künstler Eugène Delacroix, einem Vertreter der Spätromantik, zu tun hat.

sie würde den Schmuck am Ende des Tages oft nur mehr schwer von den Händen bekommen. Das Problem hätte sie mit tätowierten Ringen nicht. Ein anderer Kunde war ein ka tholischer Pfarrer, das war fantastisch. Ich kann nicht sagen, welchen Wunsch er hatte, nur so viel: Es war ein Tattoo am Oberarm und es hatte nichts mit Jesus zu tun.

MART I N AUER Ist das Zufall, wer bei dir im Studio landet, oder suchst du dir deine Kundinnen und Kunden aus?

M I L A D E L A C R O I X Ich vergebe viermal pro Jahr neue Termi ne. Wer Interesse hat, muss sich mit einem Online-Formular bewerben. Und dann schau ich einfach, was von den Wün schen ich gerne tätowieren möchte. Das ist ein Riesenprivi leg! Dafür bin ich sehr, sehr dankbar. Ich weiß einfach, wenn ich etwas gerne mache, dann mache ich es gut. Und wenn ich etwas nicht so gerne mache, dann mache ich es halbherzig – und das soll ja gerade bei einer lebenslangen Tätowierung nicht so sein.

M I L A D E L A C R O I X

Ja, der kommt wirklich von diesem Dela croix. Ich muss ganz ehrlich sagen, ich hab das von der Aus sprache her schön gefunden. Mein eigentlicher Name ist ja Milena Bucek. Irgendwann dachte ich mir, ich nenne mich anders, und mein Künstlerinnenname ist dann geblieben. Mila Delacroix klingt halt einfach schön. Nicht so wie, naja, Milena Bucek. (lacht)

MART I N AUER Wenn ich mir so anschaue, was du schon alles tätowiert hast, denke ich mir, dass vieles davon wirk lich wahre Kunstwerke sind. An welche Motive erinnerst du dich, weil sie so besonders oder außergewöhnlich waren?

M I L A D E L A C R O I X Hm. Mich überraschen, komm ich grad drauf, eher immer die Menschen als die Motive. Meine älteste Kundin war zum Beispiel 72 Jahre alt, eine sehr coole Lady. Sie hat sich Ringe auf ihre Finger machen lassen, weil sie meinte,

MART I N AUER Das ist auch einer unserer Leitsprüche, der uns dazu motiviert, etwas Besonderes zu machen. Vielen Dank für das Gespräch. Ich habe mir übrigens die ganze Zeit überlegt, was für ein Tattoo ich mir stechen lassen würde …

M I L A D E L A C R O I X Und?

MART I N AUER Als ich etwa sieben Jahre alt war, habe ich das erste Mal ein Tattoo bewusst wahrgenommen. Zu der Zeit hat man in Graz nur selten Tattoos gesehen. Es war auf dem Unterarm eines Mannes in der Straßenbahn. Ein Anker und ein pfeildurchstochenes Herz – ich weiß noch, es war ganz grob und einfach gemacht. Wie vielleicht aus’m Häfn oder einer Hafenkneipe. So etwas wär’s vielleicht auch für mich. Ein Stück aus dem Ursprung der Tattoos in unserer Kultur.

M I L A D E L A C R O I X Wir können uns gerne einen Termin ausmachen. (lacht) Danke auch dir für das schöne Gespräch.

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Schmerzhaft? Von wegen! Für Martin war der Besuch bei Tätowiererin Mila sehr scherzhaft.
Wahrscheinlich war jeder von uns schon einmal so richtig begeistert. Ob vom Fallschirmspringen, von lateinischer Grammatik oder – so wie wir – von Brot. Aber warum eigentlich? Das erklärt uns Psychologin Manuela Paechter. Juhu! Light my fire 12

Kaum etwas begeistert uns so sehr wie Enthusiasmus. Kein Wunder, meint Manuela Paechter, die Psychologin an der Uni Graz ist und sich in ihrer Forschung unter anderem mit dem Thema Begeisterung auseinandersetzt. Begeisterung (oder Enthusiasmus) sei ein Zustand, der mit starken positi ven Gefühlen einhergehe. Mit Freude, Stolz, Glück. Was ge nau uns begeistert, ist dabei erst einmal Nebensache. „Physio logisch betrachtet, hat Enthusiasmus immer Auswirkungen auf unseren gesamten Körper. Auf Hirn und Herz, wenn man so will“, sagt Manuela Paechter. Er ist eine Art Aktivierungsund Erregungszustand, der uns als Ganzes in Aufruhr ver setzt. So werden beispielsweise Neurotransmitter, das sind Botenstoffe im Gehirn, angeregt, was zur Ausschüttung von Glückshormonen führt. Die Folge: ein Hormon-High, ausge löst durch Adrenalin, Dopamin und durch Endorphine. Wir fühlen uns f-a-n-t-a-s-t-i-s-c-h. Begeisterung sorgt aber nicht nur in unserem Nervensystem für Furore, auch unser Herz hüpft plötzlich vor Freude. Das Herzklopfen vor lauter Auf regung, es kommt also nicht von ungefähr. Vor allem sieht man uns Begeisterung aber an. Sie zeigt sich in unserem gan zen Verhalten, unserer Stimme und Mimik. Unsere Augen strahlen und unsere Wangen glühen. Lange dachten wir, bei uns im Unternehmen käme das von der Hitze der Backöfen. Dabei sind wir einfach nur die ganze Zeit schon hellauf be geistert von dem, was wir tun. Eben Feuer und Flamme für unser Handwerk.

Begeisterung ist, wonach einem der Sinn steht.

Grundvoraussetzung für jegliche Begeisterung ist die Be geisterungsfähigkeit. Also offen für Neues zu sein, Neugier zu verspüren, Motivation mitzubringen. Das ist gar nicht so schwer und klappt dann besonders gut, weiß Psychologin Paechter, wenn man etwas für besonders bedeutend hält. Begeisterung sei etwas sehr Persönliches, sagt sie. „Egal, ob in der Arbeit, der Schule oder wenn es um Hobbys geht, wir empfinden dann die größte Freude, wenn unsere Umwelt es uns erlaubt und es uns ermöglicht, dass wir selbstständig verändern und gestalten können, was uns wichtig ist.“ Wir begeistern uns daher für die Dinge, die für uns Sinn erge ben. Mathematik, soziales Engagement, Leistungssport. Oder Dinge, denen wir einen Sinn geben können. Das kann alles Mögliche sein, sogar so etwas Verrücktes wie am Berg zu bü geln ( siehe folgende Seiten ) . Von dieser Sinnhaftigkeit, die wir suchen, kommt übrigens das Wort selbst. Begeistern leitet sich von „mit Geist, Inhalt erfüllen, beseelen“ ab. Quasi mit einem Sinn versehen. Enthusiasmus wiederum kommt vom griechischen „enthousiasmós“, was so viel wie „Besessenheit durch Gott“ bedeutet. Früher einmal hat man das mit dem Geist und mit Gott noch wörtlich genommen, heute wissen wir, wir können uns auch dann für etwas begeistern, wenn

wir nicht religiös oder spirituell sind. Eine besondere Kraft entsteht trotzdem. Das merkt man daran, dass man voll und ganz in dem aufgeht, was einen erfüllt. In der Euphorie kann einen nichts ablenken. Der berühmte Flow.

Schwimmt man auf dieser Welle der Begeisterung, kann man auch andere ins Boot holen, ja regelrecht mitreißen. Ma nuela Paechter formuliert es so: „Begeisterung ist eine Anste ckung der Gefühle.“ Also der Funke, der überspringt. Danach liegt es an einem selbst, ein dauerhaftes Interesse zu entfa chen. Intrinsische Motivation heißt das in der Fachsprache, wenn uns etwas, wie bei der Begeisterung, von innen heraus motiviert. Bedeutet im Umkehrschluss: Mit Belohnungen von außen erzeugt man leider keinen anhaltenden Enthusiasmus. Kein Geld der Welt reicht, um jemanden langfristig für etwas zu begeistern – das sieht man zum Beispiel an Top-Managern, die eines Tages einfach aussteigen. Dann schon eher das Ge fühl, jemanden mit einem frisch gebackenen Honigreingerl den Tag zu versüßen.

1.

Let’s get excited! Drei Tipps für mehr Begeisterung.

Sinnsuche

Überlegen, was einem wichtig ist. Je bewusster uns ist, was wir selbst als sinnvoll erachten, desto aktiver können wir unser Tun danach gestalten.

2. Erfolgserlebnisse

Mehr Mut Einfach mal was Neues ausprobieren. Echtes Interesse entsteht oft erst dann, wenn man sich intensiv mit einem Thema oder einer Tätigkeit beschäftigt.

3.

Ziele stecken. Um begeistert zu bleiben, müssen sie nicht gleich erreicht werden. Wichtig ist die Aussicht auf Erfolg, die Hoff nung. Wie etwa bei sozialem Engagement.

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Backen wir Brot, sind wir mit Laib und Seele bei der Sache. Darum können wir das gut nachvollziehen, wenn man einem bestimmten Interesse voller Leidenschaft nachgeht. Bei den Menschen, die wir hier vorstellen, waren aber selbst wir überrascht davon, welche ausgefallenen Dinge ihnen so einfallen. Sie erfreuen sich an den ungewöhnlichsten Aktivitäten, mit denen sie zwar die unterschiedlichsten Absichten verfolgen, denen aber stets dasselbe Gefühl zugrunde liegt: extreme Begeisterung.

Fandom • Husky Tomo ist kein Tier wie jedes andere. Hinter seiner Maske verbirgt sich ein Mensch. Wer genau, bleibt unklar. Wie die Person auf den Hund gekommen ist? Ebenfalls ein Rätsel. So viel steht aber fest: Bei Tomo handelt es sich um einen Fan der Furry-Bewegung. Ihre Anhänger verehren Wesen, die sowohl menschliche als auch tierische Merkmale haben. Darum „furry”, also pelzig.

Schon die Griechen teilten diese Leiden schaft und gaben ihr die Bezeichnung Anthropomorphismus. Es dauert allerdings bis in die 1970er-Jahre, bis daraus eine weltweite Community mit regelmäßigen Conventions entstanden ist. Die Kostüme dafür fertigen die Furry-Fans meist selbst an, in mühevoller Kleinstarbeit. Auch wenn ihre Identität geheim bleibt, eins können wir mit Sicherheit sagen: Faulpelze sind sie ganz sicher nicht.

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01 • Foto Melanie Hübner 15

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Haushalt • Da gucken wohl einige dumm aus der Wäsche, wenn Matthew Battley wieder mal samt Bügelbrett auf einen Berg wandert. Wie in Großbritannien (Bild) oder etwa auf den Mount Ruapehu, den höchsten Vulkan Neuseelands. „Extre me Ironing”, extremes Bügeln, heißt sein außergewöhnliches Hobby. Praktisch: Der Vulkan in Matthews Heimatland ist noch aktiv, so konnte er sein Bügeleisen an den Steinen wärmen, ehe es seinem Hemd an den Kragen ging.

Handwerk • Eine beliebte Freizeitbeschäf tigung in Japan ist „Dorodango”, was über setzt Schlammkloß heißt. Dabei versucht man, mit seinen Händen perfekte Kugeln aus Erde und Wasser zu formen. Das kann schon mehrere Tage dauern. Ob daher der Ausdruck „eine ruhige Kugel schieben” kommt?

02 • Foto Phil Shaw
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03 • Foto Buck the cubicle 17

Stricken • Magda Sayeg hat sich da so in eine Sache verstrickt. Die Textilkünstlerin aus Amerika gilt als Begründerin des „Yarn Bombing” oder „Urban Knitting”, manche sagen auch gestricktes Graffiti dazu. Alles begann, als sie zum Spaß den Türknopf ihres Shops einstrickte. Davon waren ihre Kunden so begeistert, dass Magda schon bald Verkehrsschilder und Straßenlampen aufhübschte. Sie hat sogar mal einen Bus in Mexico City mit Garn umhüllt. Das Schöne an Magdas Hobby: Es bringt Farbe ins Leben.

Bergsteigen • Im November 2019 war Nirmal Purja längst über alle Berge. Davor hatte er alle Achttausender der Welt erklommen. Das sind insgesamt 14 Berge! Nirmal war zwar nicht der erste Mensch, dem das ge lang. Aber niemand war dabei schneller als der Nepalese. Der Rekord vor seinem „Pro ject Possible” lag bei sieben Jahren und elf Monaten. Nirmal brauchte gerade einmal 189 Tage. Da war er wohl auf Hochtouren unterwegs.

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05 18 04 • Foto Inga Spence
05 • Foto Sandro Baebler/Trunk Archive 19
06 • Foto Denis Doyle 20

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Recycling • 60 Jahre hat Justo Gallego  Martinez an einer Kathedrale in der Nähe von Madrid gebaut. Zum Dank für seine Heilung von Tuberkulose. Justo war zwar nicht vom Fach, aber er war schlau. Als Material für die Kirche verwendete er das, was für andere schlicht Müll war. So erschuf er ein beeindruckendes Gebäude: 55 Meter lang, 25 Meter breit, 35 Meter hoch. Er selbst erlebte die Fertigstellung leider nicht mehr. 2021 starb er im Alter von 96 Jahren. Die Madrilenen wollen die Kirche nun aber unbedingt in seinem Na men vollenden. Das passt gut. Denn schon zu Justos Lebzeiten wurde sie von allen sowieso nur Justo-Kathedrale genannt.

Umweltschutz

• Als der Fotograf Sebastião Salgado nach längerer Zeit im Ausland Mitte der 1990er-Jahre auf die Farm seiner Eltern zurückkehrte, war der Regenwald verschwunden. Dieser Abholzung, die in Brasilien auch heute noch stattfindet, wollte er etwas entgegensetzen. Gemeinsam mit seiner Frau Lélia pflanzte er innerhalb von 18 Jahren über zwei Millionen Bäume auf 7.000 Hektar – ein Gebiet so groß wie das Bundesland Salzburg. So konnte sich die Natur auf der Familienfarm wieder erholen. Für die Salgados gibt’s hingegen keine Ver schnaufpause. Sie setzen sich weiter für den Schutz des Regenwalds ein.

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Foto Polina Kuzovkova
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Für ihre Leistung wurde Pelin als Lehrling mit dem „Star of Styria˝ ausgezeichnet. Für uns war sie schon davor eine VIP.

Michael ist nicht nur Backstubenleiter, er backt manchmal auch noch selbst mit an.

Nicht nur Clara hat Spaß bei der Arbeit. Auch Hündin Chilli findet’s im Atelier paw-some.

Was Werner schätzt: Im Unternehmen sei man ein Mensch und keine Nummer. Außer wenn’s um die Durchwahl geht.

Seit über 20 Jahren dabei, aber immer noch so motiviert wie am ersten Tag: Das ist Claudia.

Milena ist zwar erst seit Jänner bei uns, den Hauptplatz könnten wir uns ohne sie

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Erzählt doch mal, wie das bei euch so ist

Unser Job ist es, Mitarbeiter*innen für ihren Job zu begeistern. Egal, ob sie seit 20 Jahren oder erst seit heuer bei uns arbeiten. Ihre Brotokolle.

Michael Muhr

Backstubenleiter

Dabei seit: 18.08.2014

„Was für mich als Bäcker spannend war: neue Produkte zu entwickeln. Aber auch als Backstubenleiter, der für die Produktion zuständig ist, wird mir nie langweilig. Für meine Mitarbeiter bin ich immer, auch nachts, erreichbar. Fixe Arbeitszeiten hab ich also nicht. Dafür fahr ich mal früher heim, wenn’s die Arbeit erlaubt. Die freie Zeit nutze ich, um an meiner Modelleisenbahn zu bau en. Bisher ist sie viermal zweieinhalb Meter. Fertig bin ich damit aber noch lange nicht.“

Milena Primschitz

Lehrling am Hauptplatz Dabei seit: 18.01.2022

„Es heißt, am Hauptplatz sind die extrovertierteren Mitarbeiter. Da pas se ich gut dazu. Ich hab auch sofort gespürt, dieses Team ist was Besonde res. Wir sind nicht nur Kollegen, wir sind Freunde. Vielleicht hat es deshalb noch keinen Tag gegeben, an dem ich mich nicht auf die Arbeit gefreut hab. Das Topfentascherl spielt dabei aber auch eine große Rolle. Das hab ich als Volksschulkind schon immer gegessen. Ihm halte ich bis heute die Treue – und MARTIN AUER ja eigentlich auch.“

Pelin Kaya Filialleitung in Straßgang

Dabei seit: 14.06.2017

„An meinem ersten Arbeitstag als Lehrling war ich so schüchtern, ich hab mich nicht aus der Küche getraut. Das hat sich zum Glück schnell gelegt. Seit her hat sich viel verändert. Ich bin jetzt zum Beispiel Filialleiterin. Und auch bei unseren Produkten tut sich immer wieder was. Ich finde das toll. Vor allem weil wir neues Gebäck natürlich sofort probieren. Meine Empfehlungen der zeit: bio Peter, Dinkel-Ciabatta und die Schokoschnecke. Wobei, die geht immer.“

Clara Schedlbauer Filialmanagement

Dabei seit: 20.08.2018

„Auf mich hat das Unternehmen immer innovativ gewirkt – und so ist es wirklich. Ich kann Veränderungen so gar selbst anstoßen und immer wieder mal Neues ausprobieren. Egal ob orga nisatorisch, kreativ oder kulinarisch. Das ist aber nicht der einzige Grund, warum mir die Arbeit solchen Spaß macht. Ich freu mich nämlich auch jeden Tag auf meine Kolleginnen und Kollegen. Ohne sie wäre es nur halb so lustig.“

Claudia Palzer Service & Verkauf in St. Peter Dabei seit: 25.03.2002

„Ich erinnere mich gut: Beim Be werbungsgespräch war ich als Querein steigerin extrem nervös. Trotzdem hat es mit dem Job geklappt. Seither hab ich in sieben Filialen gearbeitet und mich in jeder wohlgefühlt. Mir geht’s auch deshalb so gut, weil das Unter nehmen hinter mir steht. So wie ich auch voll und ganz hinter dem Unter nehmen stehe. Unsere neue Filiale in St. Peter ist außerdem der Hammer. Klein und fein – wie ich.“

Werner Rassi Leitung Buchhaltung

Dabei seit: 01.08.2005

„Das Schönste für mich ist, dass es im Unternehmen noch immer familiär zugeht, obwohl wir so gewachsen sind.

Ich hatte heuer eine schwierige Zeit, da haben Barbara und Martin sofort von sich aus ihre Hilfe angeboten. Auch im Team unterstützen wir uns gegenseitig.

Ich bin ein positiver Mensch und über zeugt davon, dass jedes Problem lösbar ist. Vor allem jetzt, wo ich kein Einzel kämpfer mehr bin, sondern zwei Kolle ginnen hab, auf die ich mich verlassen kann.“

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Brote in einer

Unsere Backstagetour findet immer freitags von 13 bis 15 Uhr statt. martinauer.at/backsta g etour

Wir behaupten gerne, wir hätten nichts zu verbergen. Und das stimmt ja auch. Den besten Beweis dafür liefert unsere neue Backstagetour, bei der wir keine Fragen offen lassen. Quasi ausbacken. Man kann dabei unseren Bäckern wortwörtlich auf die Finger schauen. Weil wir den Menschen unser Handwerk eben noch näher bringen möchten. Da lag auch die Idee, Interessierte in die Backstube einzuladen, nicht mehr fern.

Wir machen auf unserer Tour de Atelier aber nicht nur bei Brot und Semmel halt. Sonst würde es ja Gebäckstage heißen. Wir legen auch je einen Stopp bei Getreidemühle und Kaffeerösterei ein. Und wir sprechen mit unseren Gästen

darüber, wofür MARTIN AUER eigentlich steht. Also außer für Martin selbst. So viele Informationen, das muss man erst einmal verdauen. Da kommt die gemeinsame Jause zum Abschluss gerade recht. Wenn man weiß, woher Kaffee und Gebäck kommen, macht das Snacken, finden wir, umso mehr Spaß. Außerdem wollen wir niemanden hungrig nach Hause schicken. Ohne Brot natürlich auch nicht.

Alle Teilnehmer bekommen von uns deshalb einen bio Holzofen Bauernlaib, für den wir uns gerade besonders er wärmen. Und auch von unserem bio Natursauerteig kann sich natürlich jeder etwas nehmen. Wer bei der Tour aufgepasst hat, weiß jetzt ja, wie man das mit dem Brot gebacken kriegt.

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einer Tour

Eine

Welcome

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backstage!
Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsressort Steiermark, der Steirischen Wirtschaftsförderung und der Creative Industries Styria im Rahmen der Erlebniswelt Wirtschaft.

Das wird lustig!

So ein Striezi!

Cosimo nimmt das Flechten eines Zopfes selbst in die Hände.

Bei Langeweile hört der Spaß auf. Darum wird im FRida & freD ja auch kurzer Prozess mit ihr gemacht. Als Resultat wir beln die jungen Besucher oft stundenlang durch eine Ausstel lung, ohne dass ihnen dabei fad wird. Richtige Begeisterungs stürme sind das. Ein Kinderspiel für ein Kindermuseum, möchte man meinen. Wenn man allerdings weiß, dass sie benjährige Kinder gerade einmal fünf bis fünfzehn Minuten aufmerksam und konzentriert sein können, ist das ziemlich beeindruckend. Die Zielgruppe von FRida & freD sind übri gens Drei- bis Zwölfjährige. Uff! Zum Vergleich: Erwachsenen gelingt es, sich bis zu 90 Minuten am Stück zu konzentrieren. Dagegen ist eine Viertelstunde nun wirklich nicht lang. In den paar Minuten geht es sich gerade aus, ein Ei hart zu kochen. Eine Folge Biene Maja hingegen schon nicht mehr. Und trotz dem verbringen die Kids im FRida & freD ganze Tage. Viele von ihnen kommen auch immer wieder, oft sogar in dieselbe Ausstellung. Das Kindermuseum im Augarten gehört zu den meistbesuchten Museen in Graz. Es zählte in seinem bisher besten Jahr fast 100.000 Besucher. Wie machen die das bloß?

Anfassbar gut

Das Zauberwort heißt mitmachen. Im FRida & freD muss man erstens nicht still sitzen und darf zweitens so laut sein, wie man möchte. Logisch, dass sich Kinder vom Museum magisch angezogen fühlen. Bettina Deutsch-Dabernig, die Kuratorin und Leiterin der Ausstellungen im FRida & freD, erklärt es so: „Das Um und Auf ist, dass die Kinder aktiv wer den können und alles angreifen dürfen. Dass sie überrascht werden und amüsiert sind. Das heißt nicht, dass alles immer lustig sein muss, sie können sich auch mit ernsteren Themen, zum Beispiel mit dem Klimawandel, der Globalisierung und sogar dem Tod, auseinandersetzen. Es muss uns aber gelin gen, Emotionen bei den Kindern zu wecken, nur so können wir sie begeistern.“ Bettina weiß das deshalb so gut, weil sie viel Erfahrung damit hat, Kindern eine Freude zu machen. Sie arbeitet schon seit 2003, dem Jahr, als es eröffnet wurde, im Kindermuseum. Seit 2004 konzipiert sie die Ausstellun gen mit ihrem Team, jeweils zwei pro Jahr – eine für die ganz Kleinen und eine für die schon etwas Größeren. Gerade jetzt

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Hier haben Kinder ihre Finger im Spiel: im FRida & freD. Im Grazer Kindermuseum gibt’s nämlich keine verstaubten Vitrinen, sondern Ausstellungen zum Anfassen. Für ein kleines Publikum mit großen Erwartungen.

27 Text SABRINA LUTTENBERGER Fotos STIEFKIND FOTOGRAFIE

ist für alle ab acht beispielsweise eine Ausstellung zum Thema Essen zu sehen, und das Erfolgsrezept von FRida & freD zeigt sich in „Schmeckt’s?“ besonders gut. Oder besser gesagt: Das junge Gemüse kommt dabei garantiert auf den Geschmack. Es ist ja auch für jeden was dabei: der Verdauungstanz für den Bauch zum Beispiel. Und für den Kopf die riesengroßen Stoff striezel, in die man sich leicht verflechten kann. Sogar eine Ganzkörperwaage gibt’s. Sie rechnet das eigene Gewicht in Lebensmittel um und gibt den süßen Früchtchen was Wichti ges mit auf den Weg: Äpfel und Birnen, die kann man einfach nicht miteinander vergleichen. Wir sind alle unterschiedlich, und das ist gut so.

Besser wissen

Auch die Wissenschaft setzt sich immer wieder mit der Begeisterungsfähigkeit von Kindern auseinander und bestä tigt das, was Bettina seit Jahren beobachtet. Forscher haben herausgefunden, dass es Kindern tatsächlich dann leichtfällt, sich für etwas zu begeistern, wenn sie etwas am eigenen Leib erleben. Wenn sie mit Neuem konfrontiert werden und ver

suchen, es zu verstehen. Wenn sie experimentieren und Er gebnisse ihres eigenen Tuns sehen. Oder wenn sie eine Sache lernen, die sie bis vor Kurzem noch nicht beherrscht haben. Das alles motiviert sie richtig, auch über eine längere Zeit. An geblich erleben kleine Kinder den Zustand der Begeisterung so bis zu 50-mal pro Tag. Leuchtet uns ein, für sie ist ja auch öfter mal was neu, während wir Erwachsenen glauben, schon alles einmal gesehen zu haben.

Im FRida & freD wissen Bettina und ihr Team also sehr genau, was es braucht, um Kinder zu motivieren. Gleichzeitig kennen sie die kleinen Tabus. Führungen sind zum Beispiel so eine Sache, auf die man hier ganz gut verzichten kann. Kinder entdecken, siehe oben, viel lieber selbst, was sie begeistert. Was man im Kindermuseum ebenfalls vergeblich suchen wird: lange Texte. Die kommen, kurz gesagt, gar nicht gut an. Außerdem sollen die jungen Gäste ja nicht nur alles an-, sondern vor allem begreifen. „Unser Anspruch ist es, Inhalte so aufzubereiten, dass sie von allen sofort verstanden werden. Es geht um lustvolle Wissensvermittlung, die echtes Interes se weckt. Im besten Fall über die Ausstellungen hinaus“, sagt Bettina. Daran finden dann übrigens auch wir Erwachsenen Gefallen. Das FRida & freD, es wird dadurch auch für uns zum Erlebnis. Für Spaß ist man schließlich nie zu alt.

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Rhea, Martha und Santino sind sich einig: Mit Cosimo unter dem Salatblatt ist dieses Brot gut belegt.
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„Der beste Job der Welt“

Was ist das Besondere am FRida & freD?

Unser Auftrag ist es, Kindern die Möglichkeit zu geben, die Welt in ihrer Vielfalt kennenzulernen und in ihrer Kom plexität zu verstehen. Wir bereiten die jährlich wechselnden Themen – Zeit, Mensch, Geld, Architektur – dabei so auf, dass sie sich darauf einlassen können, mit all ihren Sinnen. Dass dafür ein eigenes Gebäude gebaut wurde, zeigt die Wert schätzung für Kinder und ist österreichweit einzigartig. Alles andere ist immer für Erwachsene und auch für Kinder. FRida & freD, das ist für Kinder.

Begeistern sich Kinder heute für andere Dinge als vor 20 Jahren?

2003 war es noch ein Highlight, etwas Digitales in unserer Ausstellung zu haben. (lacht) Kinder fühlen sich heute früher als Jugendliche, die Kindheit hat sich schon etwas verändert. Was aber immer noch gilt: Sobald sie begeistert sind, bleibt die Erinnerung daran im Kopf und im Herzen.

Wie entstehen eure Ausstellungen?

Mit viel Vorlaufzeit und in unserem interdisziplinären Team. Bei uns braucht es zum Beispiel jemanden, der sich ein Konzept überlegt, Pädagog*innen, Gestalter*innen, Illustra tor*innen, Programmierer*innen, Kostümbildner*innen … Wir haben mal ausgerechnet, wie lange eine einzelne Person arbeiten müsste, um eine Ausstellung ganz alleine auf die Beine zu stellen: 25.000 Stunden! Man wäre umgerechnet 13,74 Jahre damit beschäftigt. Ohne Wochenenden.

Hört sich nach ganz schön viel Arbeit an.

Ja! Das klappt auch im Team nur so gut, weil wir selbst alle so begeistert sind. Ich hab zum Beispiel immer so eine große Freude daran, mich mit einem Thema intensiv ausein anderzusetzen und mir zu überlegen, wie wir es den Kindern vermitteln können. Für mich ist das der beste Job der Welt.

Bettina Deutsch-Dabernig hat den Dreh beim Palatschinkenwerfen mit Santino raus.

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Bettina Deutsch-Dabernig im Word(w)rap.

Gerichte, die das Leben schrieb.

bio Peter – Irgendwann macht fast jeder Bekanntschaft mit ihm, quasi früher oder Peter. Der bio Peter ist nämlich das Brot unserer Brotzeit und im Grunde ein Rosegger – mit einem grundlegenden Unterschied.

Den Peter backen wir in der Kastenform, darum hat er eine weichere, dünnere Kruste und einen etwas anderen Geschmack als der Rosegger im Laib. Was man lieber hat: hauptsächlich Formsache.

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Pizza – Das, was die Pizzaioli, die Pizzabäcker Neapels, seit Jahrhunderten kreieren, hat weite Kreise gezogen. Ihr Handwerk gehört sogar zum Weltkulturerbe. Auch wir haben jetzt unsere Liebe zum Pizzabacken entdeckt. Seither läuft es bei uns ebenfalls rund – auch wenn unsere Pizzen, genau genommen, länglich oval sind. Natürlich stets mit den besten Zutaten sowie unserer hausgemachten Tomatensauce. Und die ist, finden wir, paradeisisch gut.

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Rotkäppchen – Dieses Rotkäppchen möchte nur zu gerne verspeist werden. Es handelt sich dabei ja auch um unsere Schokomousse. Genauer gesagt: um zweimal samtigen Schokobiskuit mit fruchtiger Himbeermarmelade, gefolgt von einer leichten Schokosahne, plus einer cremigen Ganache on top. Als köstliche Krönung setzen wir dem Dessert noch, nein, kein Sahnehäubchen, sondern eine frische Himbeere auf. Einfach märchenhaft!

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Croissant Lyon – Dieses Frühstücks-Croissant füllen wir mit Rucola, einem bio Spiegelei und würzigem Bergkäse. Daher auch sein Name: Lyon, unweit der Alpen, ist für köstlichen Käse bekannt. Zugegeben, seine Bezeichnung ist auch unserer Affinität zu Frankreich, seiner Küche und, oui, der Sprache geschuldet. Apropos, wusstet ihr, dass Frühstück in Frankreich „le petit-déjeuner” heißt? Wörtlich: das kleine Mittagessen. So gesehen spricht natürlich auch nichts gegen einen Lunch mit dem Lyon.

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To bean or not to bean

Was wir in unseren Filialen als Cappuccino oder als Verlängerten servieren, ist allein unser Kaffee. Seit wir nämlich ins Atelier gezogen sind, rösten wir alle Bohnen für Espresso und Co. selbst. Man könnte auch sagen, für uns gibt es jetzt nur mehr eins: unseren Blend No. 1.

Wer glaubt, wir begeisterten uns nur für gutes Brot und alles andere in teressiere uns nicht die Bohne, irrt sich. Zu einem gelungenen Tag gehört für uns nämlich auch Kaffee. In Österreich sind wir damit in guter Gesellschaft. Nichts trinken wir hier lieber. Nicht ein mal Wasser. Durchschnittlich schlürft jeder von uns zweieinhalb Tassen Kaffee pro Tag. Gut, darüber kann unser Röst meister Daniel natürlich nur lachen. Bei ihm sind es, rechnet er vor, eher fünf bis zehn Häferl. Da könnte man fast mei nen, Daniel werde fürs Kaffeetrinken bezahlt. So ganz falsch ist das auch nicht, immerhin gehört das Verkos ten zu seinem Job. Seine Aufgaben als Röstmeister beginnen aber schon viel früher, quasi nach dem ersten Espresso.

Daniel ist, einfach gesagt, dafür ver antwortlich, dass der Kaffee in unseren Filialen immer in der richtigen Menge und der richtigen Qualität vorhanden ist. Seine Berufsbezeichnung kommt natürlich auch nicht von ungefähr. Erst

durch das Rösten der Kaffeebohnen, bei dem bis zu eintausend Aromastoffe frei werden – das macht Kaffee übrigens aromatischer als jeden Wein –, ent stehen der für Kaffee typische Geruch und sein Geschmack. Entscheidend sind dabei Temperatur und Dauer, was man als Röstprofil bezeichnet. Jeder Röstmeister hat dafür ein ganz eigenes Rezept. Unseres heißt „Blend No. 1“ und wurde von Daniel unter anderem in Zu sammenarbeit mit Martin und Barbara entwickelt. Der Blend No. 1 ist eine Mi schung aus den Sorten Arabica und Ro busta, die wir kräftig rösten, um einen schokoladig-nussigen Geschmack zu er halten. Bis es allerdings so weit war, hat es so einige Kaffeepausen gebraucht. Die richtige Röstung für uns zu finden, war gar nicht so leicht. Wir wollten die Bohnen so dunkel wie möglich rösten, damit auch der Caffè Latte noch nach köstlichem Kaffee schmeckt. Aber nicht so dunkel, dass der Espresso bitter wird. Eine Bohnen-Balance, die wir seither penibel beibehalten. Selbst kleinste

Abweichungen davon können große Auswirkungen auf die Qualität haben. Genau darum braucht es Daniel. Und Ali und Florian, die ihn am Röster im Atelier unterstützen. Gemeinsam setzen sie dem Röstvorgang die Bohne auf.

Ein glücklicher Zufall

Kaffee ist also eine echte Wissen schaft. In Italien ist die Amore für Kaf fee sogar so groß, dass Forscher dort die DNA einer Arabica-Kaffeebohne entschlüsselt haben. Sie ist, für alle die es jetzt genau wissen wollen, 140 Zenti meter lang, umfasst 44 Chromosomen und passt, würde man alle Bestandteile auflisten, auf 550.000 DIN-A4-Seiten. Geht es um Kaffee, will man heute eben nichts mehr dem Zufall überlassen. Da bei ist Kaffee genau so entstanden!

Angeblich soll Kaldi, ein Hirte aus Äthiopien, eines Tages, irgendwann im neunten Jahrhundert, beobachtet ha ben, dass seine Ziegen völlig aufgekratzt waren, nachdem sie von Kaffeekirschen

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37 Text SABRINA LUTTENBERGER
Fotos MICHAEL KÖNIGSHOFER

genascht hatten. Das fand er seltsam, also suchte er Rat bei einem Weisen. Der probierte die Früchte wiederum selbst und konnte sich nicht erklä ren, was es damit auf sich hatte. Sie schmeckten viel zu bitter, also warf er sie genervt ins Feuer. Als sie durch die Hitze geröstet wurden, entstand ein wunderbarer Duft. Kaldi und der Weise waren begeistert und hatten eine Idee. Sie kochten die gerösteten Bohnen – die Samen der Kaffeekir schen – und kamen so in den Genuss des ersten Kaffees. Wir nehmen an, die beiden Männer waren danach mindes tens genau so aufgeregt wie Kaldis Zie genherde.

Hoch die Tassen!

Man muss Kaffee aber nicht ge rade erst für sich entdeckt haben, um begeistert davon zu sein. Das sind auch langjährige Kaffeetrinker. Was nicht nur am Geschmack, sondern eventuell auch am Koffein liegen könnte. Koffe in hält uns nicht nur wach, es steigert zudem Stimmung und Konzentration. Blöderweise gewöhnt sich unser Ge hirn aber mit der Zeit daran. Je mehr wir davon konsumieren, desto geringer ist die Wirkung von Koffein. Zumal wir es ja auch über Cola, Schokolade oder Schwarztee aufnehmen. Insofern ma chen wir es in Österreich schon ganz

richtig mit unseren zweieinhalb Tassen am Tag. In der Fachsprache sagt man moderater Kaffeekonsum dazu – und der gilt sogar als gesund. Wer Kaffee trinkt, soll laut Studien sogar länger leben. Ein Glück also, dass Kaffee jetzt nicht mehr nur Wohlhabenden vorbe halten ist. Bis ins 19. Jahrhundert galt er noch als absoluter Luxus.

Erst mit dem Aufkommen großer Plantagen in Südamerika wurde Kaf feekonsum schließlich für die breite Bevölkerung leistbar. Trotzdem ist man weiter sparsam damit umgegangen. Die Menschen haben ihren Kaffee da mals noch aus großen Gefäßen getrun ken, immer wieder neu aufgegossen und ihn so den ganzen Tag warmgehal ten. Sogar Brot wurde darin getunkt –eine Stärkung für den anstrengenden Arbeitsalltag. Das Eintunken von Ge bäck in den Kaffee kennen wir auch heute noch. Wobei wir dafür gerne Mandelbrot oder Croissants nehmen.

Am allerliebsten genießen wir und unsere Gäste aber den Geschmack ei nes perfekt zubereiteten Kaffees. Dazu kann Röstmeister Daniel ebenfalls viel erzählen, denn er ist nämlich zusätz lich noch ausgebildeter Barista. Und auch mit unserer Getreidemühle kennt er sich als gelernter Müller aus. Aber diese Geschichte erzählt euch Daniel am besten selbst – vielleicht ja schon bald bei einem Kaffee im Atelier.

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„Wir rösten unsere Sorten –Arabica und Robusta einzeln. Das bedeutet zwar mehr Arbeit, aber auch höchste Qualität.”
Er
ist Mr. Bean: Röstmeister Daniel. Illustrationen LENA WURM

Schritt 1

Die Bohnen werden in den Röster gefüllt und verlieren ihre Restfeuchtigkeit, bis sie circa 150 bis 160 Grad erreichen. Die Bohnen werden gelb.

Schritt 4

Bei 190 Grad platzen die Bohnen auf, der „first crack“. Die Entwick lungsphase beginnt. und Geschmack.

Schritt 7

Der geröstete Kaffee kommt für zwei Wochen ins Lager, damit er sein volles Aroma entfalten kann.

Schritt 6

Nach ungefähr 13 Minuten kommen die Bohnen in das Kühlsieb.

Pro Jahr verarbeiten wir 30 Tonnen Rohkaffee, den wir an sechs Tagen pro Woche rösten.

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Unbezahlbar

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Welche Bedeutung das Ehrenamt für unsere Gesellschaft hat, ist nicht zu unterschätzen. Umso bewundernswerter finden wir alle, die sich für eine gute Sache einsetzen. So wie Tanja, Andrea und Dominik. Drei freiwillige Helferinnen und Helfer, die viel von sich für andere geben. Aber stets von Glück reden, wenn sie über ihren unermüdlichen Einsatz sprechen.
Fotos JOHANNA LAMPRECHTText SABRINA LUTTENBERGER

Kältetelefon

Ein warmer Schlafplatz für alle obdachlosen Menschen in Graz, wenn es draußen kalt ist. Das Kältetelefon der Caritas ist von 15. November 2022 bis 31. März 2023 erreichbar: 0676 88015 8111

Für seine Mitmenschen konnte sich Dominik Schratzer eigentlich schon immer erwärmen. Darum hat er auch keine Sekunde gezögert, als es vor ein paar Jahren darum ging, sich für das Kältetelefon der Caritas zu engagieren. Schon beim Zivildienst, den er bei der Lebenshilfe – einer Organisation, die Menschen mit Behinderung unterstützt – absolviert hat, hat Dominik gemerkt, wie glücklich es ihn macht, anderen eine Freude zu bereiten. Er hat dann sogar kurz überlegt, ob er nicht vielleicht doch Sozialarbeit studieren soll. Am Ende ist es Jus geworden, denn da kann er andere Menschen mit seinem Expertenwissen auch unterstützen. Von November bis April ist Dominik zusätzlich ehrenamtlich im Einsatz. Eben beim Kältetelefon.

Für ihn, sagt er, gehe es darum, seine Zeit sinnvoll zu nut zen. „Das Schönste ist die Dankbarkeit. Es berührt mich ein fach jedes Mal, wenn ich sehe, wir helfen den Leuten wirklich.“ Wer beim Kältetelefon arbeitet, nimmt nämlich nicht nur An rufe entgegen. Der geht ihnen regelrecht nach. Oder besser gesagt: Er fährt ihnen hinterher. In Dreierteams kümmern sich die Ehrenamtlichen des Kältetelefons um Obdachlose in

der Stadt. Dominik und seine Kollegen suchen Menschen auf, die von besorgten Grazern über die Hotline gemeldet wurden, und nehmen sie in die Winternotschlafstelle der Caritas mit. Sie versorgen aber auch alle, die draußen bleiben möchten, und kommen jeden Abend wieder, um nach ihnen zu sehen. „Wir stellen die Grundversorgung sicher“, erzählt Dominik. „Wir schauen dann zum Beispiel, dass sie einen Schlafsack ha ben. Wir bringen ihnen Tee und Jause mit.“

Nach vier Jahren auf der Straße kennt Dominik die Men schen – und umgekehrt. Manche würden sogar schon auf den Besuch der Helfer warten. Auf den Betreuungsfahrten durch Graz legt das Team aber auch neue Stopps ein. Immer dann, wenn neue Meldungen eingegangen sind. Drei bis fünf Tele fonanrufe erhalten die Mitarbeiter pro Abend. Oft geht es dabei um Personen, die den Ehrenamtlichen bereits bekannt sind. Nur manchmal kennen sie jemanden noch nicht. So oder so: Jeder Anruf beim Kältetelefon zählt. Und wer weiß, vielleicht sitzt dann gerade Dominik am anderen Ende der Leitung. Dass er sich auch heuer wieder engagiert, ist für ihn Ehrenamtssache.

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„Wir helfen den Leuten wirklich.”
Dominik Schratzer engagiert sich beim Kältetelefon der Caritas.

VinziWerke

Die VinziWerke helfen Menschen in den verschiedensten Notlagen. Zwei ihrer Einrichtungen sind der VinziBus, der belegte Brote und Tee in Graz verteilt und das VinziDorf, in dem ehemals ob dachlose Männer Unterschlupf finden.

Tanja Grabner ist Ärztin. Ihr Job ist es also, anderen zu helfen. Das hält sie aber nicht davon ab, sich auch in ihrer Freizeit für ihre Mitmenschen einzusetzen. „Für mich ist ge teilte Freude doppelte Freude. Deshalb war ich schon immer ein bisschen sozial angehaucht“, sagt Tanja. Ihr Leben erzählt eine andere Geschichte: nämlich eine von sehr viel Engage ment. Schon als Studentin ist Tanja zum Beispiel eine der Frei willigen, die beim VinziBus mitfahren. Neun Jahre lang hilft sie dabei, belegte Brote und Tee an Hilfsbedürftige in Graz zu verteilen. Sie merkt, es ist nicht nur der heiße Tee, über den sich die Menschen freuen, es sind die warmen Worte, die Tanja immer für sie übrig hat. „Ich kann mich an einen Mann erinnern, der unserem Bus auf seinem Rad nachgefahren ist. Nicht weil er mehr Gebäck haben wollte, sondern weil er sich nach sozialem Kontakt gesehnt hat. Er wollte einfach reden.“ Im VinziDorf, einer Einrichtung, die ehemals obdachlose al koholkranke Männer betreut und in der Tanja heute als Eh renamtliche tätig ist, sei das ähnlich.

„Zu wissen, dass jemand da ist, der sich um sie kümmert und der fragt, wie es ihnen geht, und zu spüren, dass es eben nicht egal ist, dass sie da sind – genau das stärkt die Bewoh ner“, erzählt Tanja. Eine Sprechstunde, in der das Zuhören zählt. Es komme darauf an, sagt Tanja, auf die Bedürfnisse der Menschen einzugehen. Gleichzeitig sei es wichtig, sie auf andere Gedanken zu bringen. Dann spielt sie mit den Bewoh nern schon mal Tischtennis oder bereitet ein Abendessen zu. Tanja ist zwar nicht zum Spaß im VinziDorf, gescherzt wird trotzdem oft, wenn sie einen Dienst übernimmt.

Schwierige Momente und Schicksalsschläge bleiben dennoch nicht aus. Das ist nicht leicht, auch nicht für sie als Ärztin. Durch ihren Beruf habe sie aber gelernt, besser mit herausfordernden Situationen umzugehen. Sie weiß, wie sie Distanz gewinnt: indem sie auf den Schöckl oder auf eine Rad tour geht. So ganz klappt es mit dem Abstandnehmen aber nicht. Tanja schaut oft im VinziDorf vorbei, auch wenn sie an dem Tag nicht als Helferin eingetragen ist. Gut, es liegt halt auch auf ihrem Heimweg. Und wer weiß, meint sie, vielleicht könne sie dann jemandem, der es gerade brauche, ein Lachen ins Gesicht zaubern. Das ist ja bekanntlich die beste Medizin.

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Tanja Grabner hilft ehrenamtlich im VinziDorf.
„Es ist nicht egal, dass ihr da seid.”

PA N E

Der karitative Shop von MARTIN AUER. Hier verkaufen wir Brot vom Vortag zum halben Preis – die gesamten Einnah men spenden wir für den guten Zweck. Quasi gutes Brot, Gutes tun.

Seit gut einem Jahr ist Andrea Tarmastin jetzt schon in Pension. Trotzdem arbeitet sie immer noch in ihrem ursprüng lichen Beruf. „Ich bin einfach mit Herz und Seele Verkäuferin“, sagt sie. Bei Andrea stimmt das wirklich, quasi wortwörtlich. Vor allem seit sie ehrenamtlich im PANE aushilft. Dort kann sie tun, was sie liebt, und hilft dabei ihren Mitmenschen. PANE ist unser karitativer Shop in der Mariahilferstraße, in dem wir Brot vom Vortag für einen guten Zweck verkaufen. Dazu muss man vielleicht wissen, dass Andrea vor ihrer Pen sionierung acht Jahre lang bei MARTIN AUER gearbeitet hat. PANE kennt sie also schon lange. Dass sie sich dort gerne einmal engagieren würde, stand für sie ebenfalls früh fest. Sie sagt: „Ich helfe, wo ich kann. Geld kann ich zum Beispiel nicht so viel geben wie andere. Dafür habe ich jetzt in der Pension Zeit, die ich mir für soziales Engagement nehmen kann.“

Für Andrea ist das eine Selbstverständlichkeit. Sie habe schon immer soziale Verantwortung gespürt. Während des Corona-Lockdowns ist sie zum Beispiel für ihre älteren Nach barn einkaufen gegangen. Bei PANE ist es genau umgekehrt: Da kommen die Leute jetzt zu Andrea, um für die gute Sache einzukaufen. Das unterscheidet PANE übrigens auch von so

zialen Einrichtungen. Zwar lernt Andrea hier viele Studenten kennen, bei denen das Geld knapp ist oder Senioren, die auf ihre Ausgaben achten. Aber es gebe eben auch viele Kunden, erzählt Andrea, bei denen der Preis keine Rolle spiele. Sie wissen, dass alle Einnahmen an karitative Zwecke gespen det werden und möchten einen Beitrag leisten. Und Andrea taugt auch der Trubel, den sie schon in der Brotküche am Jakominiplatz genossen hat. „An manchen Tagen stellen sich die Leute schon zehn Minuten, bevor wir um neun Uhr auf machen, an, damit sie ja ihr bio Evi oder ein bio Rütting be kommen.“ Auch wenn das heißt, dass nicht jeder immer mit seinem Lieblingsbrot nach Hause gehen kann, würden wir daran nichts ändern wollen. Denn je mehr Menschen unser Angebot nutzen, desto mehr Menschen können wir unter stützen. Derzeit bewältigen Andrea und ihre Kolleginnen den Ansturm übrigens noch zu fünft. Wer sich engagieren möchte, sei trotzdem immer willkommen. „Auch wenn das jetzt vielleicht abgedroschen klingt, aber ich glaube an das Gute im Menschen“, so Andrea. „Es gibt genug Leute, die hel fen möchten.“ Und die sind, wenn es nach Andrea geht, bei PANE genau richtig.

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Andrea Tarmastin vor dem PANE in der Mariahilferstraße.
„Jeder gibt, was er kann.”

Es geht auch anders

Wenn wir als Unternehmen wachsen, zählen wir nicht nur unsere Filialen. Was für uns wirklich zählt: dass wir uns weiterentwickeln. Übrigens auch, was die Gestaltung unserer Shops angeht. Stil-stand ist nämlich nicht so unser Ding.

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Das nennen wir ein echtes Großaufgebrot: Wir er öffnen in diesem Jahr nicht nur eine neue Filiale, son dern gleich sieben an der Zahl. Klar, dass das eine weitreichende Entscheidung war. Unsere Neueröff nungen beschränken sich nämlich längst nicht nur auf Graz. Uns findet man künftig in Gleisdorf, Klagenfurt bekommt schon seine dritte und vierte Filiale und wir haben uns sogar an die Drau getraut: nach Villach.

Gutem Brot, zeigt sich da wieder einmal, sind kei ne Bundeslandgrenzen gesetzt. Wenn wir neu in einer Stadt sind, ist das für uns richtig spannend. Quasi jedes Mal eine Standortbestimmung. Ob wir den Geschmack der Leute treffen? Das wissen wir vorher nie so ge nau. Bei einem sind wir uns aber sicher: So lange wir in Sachen Qualität – das betrifft Produkt, Marke und Service gleichermaßen – genauso wachsen wie in der Anzahl unserer Filialen, sind wir am richtigen Weg. Egal, ob der uns nach Reininghaus oder Kärnten führt.

Unser Ziel: Wir wollen es immer noch ein biss chen besser machen. Als Bäcker haben wir ganz ge naue Vorstellungen davon, was in unser Brot und in unsere Semmeln kommt. Was in eine Filiale gehört, haben wir erst mit der Zeit für uns herausgefunden. Oder besser: Weil kein MARTIN AUER dem anderen gleicht, lernen wir eben jedes Mal dazu, wenn wir eine neue Filiale planen. Insofern ist es praktisch, dass wir in diesem Jahr sieben Standorte eröffnen.

Eine wichtige Erkenntnis, zu der wir schon vor vielen Jahren gekommen sind: Ein einheitliches La denbaukonzept passt einfach nicht zu uns. Weil wir es immer besonders machen wollen und uns von den Gegebenheiten vor Ort inspirieren lassen. Für uns macht es einen riesigen Unterschied, ob wir in ein altes Gebäude ziehen oder uns in einem Neubau nie derlassen. Der traditionelle Schillerhof und die Filiale

Sieben auf einen Streich:

Marburgerstraße

Graz

Graz

Gleisdorf

Klagenfurt

Klagenfurt

Villach

Straße

Villach

im Wohnpark in der Marburger Straße? Die können ja gar nicht gleich sein, weil die Voraussetzungen ganz anders sind. So haben wir mit der Zeit einen eigenen Stil geschaffen, der sich stets weiterentwickelt. Zum Beispiel wenn wir mit neuen Eindrücken von einer Reise zurückkommen. Einen Wiedererkennungswert gibt’s natürlich trotzdem. Wir behaupten, wer einen MARTIN AUER kennt, erkennt auch die anderen - bald 41 - Filialen auf den ersten Blick. Und am Duft unseres frischen Brots sowieso.

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Wir sind zwar Bäcker und keine Architekten, unsere Finger haben wir aber immer im Spiel: beim Backen und beim Bauen.
Marburgerstraße 10 8042 Graz Reininghaus UNESCO-Esplanade 12 8020
Ragnitz Ragnitzstraße 91 8047
Gleisdorf Hauptplatz 9 8200
Sterneckstraße Sterneckstraße 1 9020
SÜDPARK Shopping Center Südpark 1 9020
ATRIO
Kärntner
34 9500
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Join our team

Warum wir bei MARTIN AUER gut lachen haben? Na, wegen der lieben Kolleg*innen natürlich. Und auch wenn wir nicht nur zum Spaß hier sind – Freude an der Arbeit haben wir als Team allemal. An frischem

Brot und köstlichem Kaffee übrigens auch. Du findest,

Wir

an? Dann schick uns deine

Wir WACHSEN In VERKAUF und SERVICE In der BACKSTUBE In der ORGANISATION
martinauer.at/jobs
bio
das hört sich gut
Bewerbung mit Lebenslauf an: welcome@martinauer.at
freuen uns auf dich! IMPRESSUM: Herausgeber und inhaltliche Verantwortlichkeit: MARTIN AUER GmbH, Maggstraße 2, 8042 Graz, Austria, www.martinauer.at · Designed with passion by moodley brand identity, www.moodley.at, Sabine Kernbichler; Martina Kogler · Illustration: Lena Wurm · Fotografie: Michael Königshofer: Cover, S. 4 10, 25, 32 35, 37 38, 47; Melanie Hübner: S. 15; Phil Shaw: S. 16; Buck the cubicle: S. 17; Inga Spence: S. 18; Sandro Baebler/Trunk Archive: S. 19; Denis Doyle: S. 20; Polens Kuzovkova: S. 21; Stiefkind Fotografie: S. 26 31; Johanna Lamprecht: S. 40 43; Alex Krischner: S. 44 46; Text: Sabrina Luttenberger; Martin Auer · Lektorat: Lektorat-punktgenau Druck: Walstead Leykam tiskarna d.o.o., Miklavška cesta 61, 2311 Hocˇe, Slovenia

GIB DEM BROT DIE SEELE ZURUCK.

Es jeden Tag besser zu machen, ist nur möglich, indem wir übers Backblech hinausdenken. Indem wir überlegen, was Brot ist. Was sicher reinkommt und was auf keinen Fall reinkommt.

www.martinauer.at

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