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Offenheit und Unternehmergeist
Einst im Zentrum der Seidenstraße gelegen, bietet Usbekistan ein zunehmendes Wirtschaftspotenzial, auch für den deutschen Mittelstand. Nicht nur der zollfreie Zugang zu großen Märkten, auch die junge, gut ausgebildete Bevölkerung begünstigten zuletzt einen massiven Anstieg der usbekisch-deutschen Handelsbeziehungen. Darüber spricht Oybek Khamraev, stellvertretender Minister für Investitionen, Industrie und Handel der Republik Usbekistan.
Mittelstand.: Herr Khamraev, die Beziehungen zwischen Usbekistan und Deutschland sind in den vergangenen sechs Jahren enger geworden. Wie kam es zu dieser Entwicklung?
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Oybek Khamraev: Dank der umfassenden Reformen, die in den vergangenen Jahren durchgeführt wurden, hat sich die politische und wirtschaftliche Situation in Usbekistan stark verändert sowie das wirtschaftliche Umfeld erheblich verbessert. Dies hat zu einer intensiven Zusammenarbeit mit den Ländern der Europäischen Union, insbesondere mit Deutschland, geführt. In den letzten sechs Jahren hat sich der Handelsumsatz verdoppelt und wird nach unseren Statistiken bis Ende 2022 mehr als 1,15 Milliarden US-Dollar erreichen. Seit Anfang dieses Jahres hat der gegenseitige Handel weiter zugenommen und belief sich im Zeitraum Januar bis März auf 671 Millionen US-Dollar. In diesem Zeitraum hat sich die Zahl der Joint Ventures und Projekte verdoppelt. Dies zeigt, wie dynamisch sich unsere wirtschaftlichen Beziehungen entwickeln.
Was sind die Hauptgründe für dieses Wachstum?
Der Hauptgrund für die verstärkte Zusammenarbeit ist unser gemeinsames Interesse an einer für beide Seiten vorteilhaften Partnerschaft. Beide Länder haben eigene Stärken in entsprechenden Bereichen, und wir haben erkannt, dass wir gemeinsam mehr erreichen können. Es ist historisch gewachsen, dass viele Deutsche in Usbekistan leben. Auch das trägt zur Stärkung der Beziehungen bei.
Welche Rolle spielen deutsche Unternehmen in Usbekistan?
Deutsche Unternehmen sind wichtige Partner für Usbekistan. Der- zeit gibt es rund 220 Unternehmen mit deutschem Kapital in unserem Land, darunter führende Firmen wie Claas, MAN, Knauff, Viessmann, Linde. Moderne und energieeffiziente Technologien, deutsche Managementsysteme und deutsches Know-how sind für uns wichtig. Usbekistan ist seinerseits bereit, deutschen Unternehmen eine moderne Produktionsinfrastruktur, Rohstoffe und Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen sowie Steuer- und Zollprivilegien anzubieten. Darüber hinaus ist Usbekistan das bevölkerungsreichste Land in Zentralasien. Außerdem haben wir die
Oybek Khamraev, usbekischer Politiker und Diplomat, der seit 2006 verschiedene Posten in Usbekistan und im Ausland bekleidet hat. Seit Februar 2023 ist er der stellvertretende Minister für Investitionen, Industrie und Handel der Republik Usbekistan.
Möglichkeit, in Usbekistan hergestellte Produkte zollfrei an einen Markt von 300 Millionen Menschen zu liefern. All dies macht unser Land zu einem günstigen Standort für einen Produktionsbetrieb. Wenn es uns gelingt, diese positiven Eigenschaften beider Seiten zu kombinieren, können wir die Investitionskooperation zwischen Usbekistan und Deutschland weiter aktiv ausbauen.
Welche Waren und Dienstleistungen exportiert Usbekistan nach Deutschland, und welche importiert es aus Deutschland?
Usbekistan exportiert Textilien, chemische Erzeugnisse, Lebensmittel und Dienstleistungen nach Deutschland. Im Gegenzug importieren wir Fahrzeuge, Technologie und Ausrüstung, pharmazeutische Produkte und chemische Erzeugnisse aus Deutschland. Die Wirtschaft Usbekistans ist jedoch stark diversifiziert. Es besteht eine große Chance, die Handelsbereiche zu erweitern.
Wie sieht die Zusammenarbeit im Verkehrssektor aus?
Es gibt Direktflüge auf der Strecke Taschkent – Frankfurt. Wir be -
Gut zu wissen
USBEKISTAN
■ Hauptstadt: Taschkent
■ Fläche: 448.924 km²
■ Einwohnerzahl: 34,92 Millionen
■ Bruttoinlandsprodukt: 69,2 Milliarden USD
■ Geschäftssprachen: Usbekisch, Russisch, Englisch
■ Währung: Usbekistan-Sum (UZS)
■ BVMW Repräsentant in Usbekistan (Taschkent): Nodir Ayupov https://bvmw.info/auslandsbüro_usbekistan absichtigen, die Anzahl der Flüge und Strecken zu erweitern. Außerdem arbeiten wir aktiv an der Diversifizierung der Verkehrswege und der Logistik in Zusammenarbeit mit den Nachbarländern und internationalen Finanzinstitutionen. Derzeit wird an der Umsetzung von Großprojekten in diesem Bereich gearbeitet, wie den Strecken China – Kirgisistan – Usbekistan und Termez –Masar-e Scharif – Kabul – Peschawar. Auch der Ausbau des mittleren Korridors durch die Kaukasusländer nach Europa wird neue Perspektiven eröffnen. All diese Projekte werden zweifellos dazu beitragen, die Handelsbeziehungen zwischen unseren Ländern zu vertiefen.
Welche Rolle spielt Deutschland in Usbekistan?
Deutsch ist eine weit verbreitete Sprache in Usbekistan. Etwa 600.000 Schüler im Land lernen Deutsch. Es gibt eine Reihe von Organisationen, die sich um die Förderung der deutschen Sprache bemühen. Dazu gehören das Goethe-Institut Taschkent, der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) und die Zentralstelle für schulische Ausbildung im Ausland.
Was macht Usbekistan für deutsche Unternehmen attraktiv?
Erstens bietet Usbekistan einen jungen, gut ausgebildeten Arbeitsmarkt, denn 60 Prozent unserer Bevölkerung sind unter 30 Jahre alt. Zweitens hat Usbekistan eine strategisch bedeutsame geografische Lage. Unser Land befand sich im Zentrum der Seidenstraße und war schon immer eine Brücke, die den Westen mit dem Osten und den Norden mit dem Süden verband. Außerdem verfügt unser Land über reiche Rohstoffvorkommen. Usbekistan gehört zu den 20 Ländern der Welt mit den größten Reserven an Bodenschätzen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die umfassende Unterstützung der usbekischen Regierung für die Durchführung gemeinsamer Projekte und Initiativen. Wir sind bereit, exklusive Bedingungen für deutsche Investoren zu schaffen. Wir würden die notwendigen Arbeitskräfte, Infrastruktur, Grundstücke, Räumlichkeiten und andere Einrichtungen zur Verfügung stellen sowie die Abnahme der Produkte garantieren. Darüber hinaus ist die usbekische Kultur durch Offenheit, Gastfreundschaft und Unternehmergeist geprägt, was sich durch unsere historische Rolle als Teil der Seidenstraße erklärt.
Das Interview führte Harald Ehren, BVMW Leiter Presse und Kommunikation, Chefredakteur Mittelstand.