1 minute read
FilmTipp
THORIUM – ATOMKRAFT OHNE RISIKO?
Die Angst vor dem Atom sitzt tief, vor allem in Deutschland. „Thorium – Atomkraft ohne Risiko?“ stellt eine alternative Nukleartechnologie vor, die seit Kurzem wieder im Gespräch ist.
Wir lernen zu Beginn der arte/NDRProduktion Dr. Alvin Weinberg kennen – als animierte Trickfigur, denn der Reaktorphysiker ist vor Jahren verstorben. Seine Aussagen jedoch sind authentisch. Er erzählt uns seine Geschichte, die auch die Geschichte des ThoriumFlüssigsalzreaktors ist.
Der Kalte Krieg setzt die Maßstäbe
1946: Nach dem Zweiten Weltkrieg soll die Energie der Atombombe auch zivil genutzt werden. Der junge Weinberg arbeitet am Oakridge National Laboratory in Tennessee und warnt eindringlich vor den Druckwasserreaktoren, die die Behörden favorisieren: Fällt deren Kühlung aus, kommt es zur Kernschmelze. Doch im Kalten Krieg will das Pentagon diese Reaktoren, denn sie sind geeignet für U-Boote und Schiffe. Das Konzept wird weltweit auf die zivile Nutzung übertragen.
Den GAU unmöglich machen
Weinberg forscht weiter an einem Reaktortyp, der ohne Druckwasserkühlung auskommt. Er entwickelt den HRE, den Prototyp eines Flüssigreaktors, in dem kein Festbrennstoff wie Uranstäbe zum Einsatz kommen, sondern ein Flüssigbrennstoff. Doch auch hierbleibt das Problem der Kühlung. Weinberg hat eine Idee: Warum nicht die Spaltprozesse gleich in geschmolzenem Salz einleiten – eine Kernschmelze wird damit unmöglich, die Spaltung geschieht unter normalen Druckverhältnissen. Eine Überhitzung ist unmöglich, sollte die Kühlung versagen (wie es später in Tschernobyl geschehen wird), endet die Kettenreaktion von selbst. Als Brennstoff wählt Weinberg Thorium – auf dem Planeten in großen Mengen gleichmäßig verteilt. 1966 geht der experimentelle Flüssigsalzreaktor MSRE in Betrieb. Die Kollegen Weinbergs erinnern sich: „Es war schlicht langweilig. Man konnte nur im Kontrollraum sitzen und zusehen, wie er funktioniert."
Thorium –Atomkraft ohne Risiko?
Dokumentarfilm (D/F/LU 2016)
105 Minuten
Regie: Myriam Tonelotto
FSK: 0
Zu sehen auf Netflix
Die Industrie wehrt sich
Das erfolgreiche Experiment erregt weltweit Aufsehen, doch die US-Behörden stellen das Projekt ein. Ein Reaktor, der sicherer ist als die herkömmliche Technik? Das würde die konventionelle Atomindustrie in Verruf bringen. 1973 wird Weinberg als Direktor des Oakridge Laboratoriums gefeuert; die Idee des Thorium-Flussigsalzreaktors ist begraben. Weinberg stirbt 2006. Die Dokumentation lässt Zeitgenossen sowie junge Forscher und Investoren zu Wort kommen. Keiner behauptet, Thorium sei die Lösung aller Energie- und Klimaprobleme, aber die Forschung daran wieder aufzunehmen, lohnt sich. China und Indien zumindest tun es.
Bernd Ratmeyer Journalist mittelstand@ bvmw.de