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Fragen an
BÜROKRATISMUS BEIM STAAT
In der November-Sitzung verabschiedete der Landtag unter anderem das Staatsbudget 2022 und die Finanzplanung von 2022 – 2025, die eine exorbitante Steigerung der Ausgaben für das Staatspersonal aufweisen. Demzufolge betragen die jährlich wiederkehrenden, neuen Fixkosten für Personal und Sachaufwände innerhalb einer Dekade 50 Millionen Schweizer Franken. Das sind in den nächsten vier Jahren insgesamt 200 Millionen Franken, die den Staatshaushalt belasten. Insgesamt werden jährlich ca. 250 Millionen Franken für die 1100 Staatsangestellten ausgegeben.
Was kann der Landtag unternehmen, um die Ausweitung des Staatsapparates zu bremsen?
Sascha Quaderer, FBP
Als Betriebswirtschafter und Unternehmer stören mich vor allem zwei Dinge: erstens das Missverhältnis zwischen dem Budget und der vierjährigen Finanzplanung. Mit dem starken Ausgabenwachstum werden bereits im ersten Jahr die Eckwerte der Planung hinfällig – insbesondere durch Personalwachstum.
Zweitens stört mich der budgetierte Betriebsverlust. Wenn die Kapitalmärkte über eine längere Zeit schlecht laufen, bleiben die Finanzerträge aus. Dann verringert sich unser Staatsvermögen – zulasten zukünftiger Generationen.
Für mich ist klar, dass wir weiterhin haushälterisch mit unseren Finanzen umgehen sollten. Deshalb habe ich im Landtag die Regierung dazu aufgerufen, sparsam mit den Mitteln umzugehen. Das Übergewicht, das wir heute vermeiden, müssen wir uns nicht qualvoll in der nächsten Rezession von den Rippen hungern.
Doch weshalb wachsen die Ausgaben derart stark? Da ist zum einen die Verwaltung, die immer mehr Aufgaben übernimmt. Da ist die Regierung, die über internationale Vereinbarungen fortlaufend neue Stellen schafft. Da sind aber auch der Landtag und die Bevölkerung, die regelmässig neue staatliche Aufträge definieren.
Deshalb wäre es meines Erachtens an der Zeit, die staatlichen Aufgaben kritisch auf Effektivität und Effizienz zu durchleuchten. Macht der Staat heute noch das Richtige und macht er es richtig? Diese Fragen müssen sich Unternehmen regelmässig stellen. Auch das Land Liechtenstein sollte sie sich von Zeit zu Zeit stellen.
Zu guter Letzt sei erwähnt, dass unsere Staatsquote im europäischen Vergleich sehr tief ist. Wenn wir das beibehalten wollen, müssen wir uns aktiv dafür einsetzten. Immer neue Forderungen an Land und Gemeinden blähen den Verwaltungsapparat jedoch automatisch auf.
Hubert Büchel, VU
Auf den Punkt gebracht, lautet die Antwort: Der Landtag hat Finanzkompetenz und hat dem Budget, ohne auch nur einen Kürzungsantrag zu stellen, mit 24 Stimmen zugestimmt. Somit ist die Frage beantwortet. Gerne hole ich aber noch etwas aus. Vorab ist es wichtig zu wissen, dass Liechtenstein im europäischen Vergleich mit 20,9 Prozent (2019) europaweit die tiefste Staatsquote aufweist. Als Vergleich, weist die Schweiz eine Staatsquote von 36,5 Prozent (2020) und Österreich eine von 57,1 Prozent (2020) auf. Dies passt zu meiner persönlichen Ansicht, dass der Staat so schlank wie möglich aufgestellt sein muss, um gut und effizient arbeiten zu können. Natürlich muss es Effizienzanalysen geben, und auch der Staat muss sich in privatwirtschaftlicher Manier immer wieder hinterfragen, wo womöglich mehr Effizienz gefragt wäre. Dabei kann uns in Zukunft auch die Digitalisierung helfen, Abläufe einfacher und effizienter zu gestalten. Eine weitere wichtige Rolle sspielen das Angebot des Staates und die Erwartungen der Bürger. Diesbezüglich muss man sich fragen, welche Aufgaben der Staat erledigen soll und welche nicht. Je mehr verlangt wird, desto mehr Personal benötigt die Landesverwaltung, um die Aufgaben, die ihr aufgetragen werden, zu erfüllen. Beispielhaft können die parlamentarischen Vorstösse der Fraktionen und Wählergruppen erwähnt werden, diese sind einerseits ein wichtiges Instrument der politischen Arbeit, binden aber andererseits grosse Ressourcen in der Landesverwaltung. Kurzum: Wer sparen will, der muss auch auf etwas verzichten. Nicht nur personell, sondern auch inhaltlich. Das hiesse, Abläufe durch Digitalisierung effizienter zu gestalten und Staatsaufgaben zurückfahren. In vielen Bereichen würde letzteres aber sicher einen Aufschrei geben, weil man sich an Angebote des Staates bereits sehr gewöhnt hat.
Patrick Risch, FL
Diese Frage ist einseitig und blendet die Tatsache aus, dass der Landtag der Regierung mittels Gesetze und Anträge einige Aufgaben erteilt hat und dies immer wieder tut. Wie soll die Regierung ihre Aufgaben umsetzen, wenn die dafür notwendigen Ressourcen in der Landesverwaltung fehlen? Das alleinige Ausarbeiten von Gesetzen und den damit einhergehenden Aufgaben durch den Landtag nützt nichts, solange kein Personal für die Umsetzung vorhanden ist. Was nützt es, öffentlich zu monieren, dass gesetzliche Vorgaben nicht korrekt oder in der gesetzten Frist umgesetzt werden, ohne Geld für Man- und Womanpower zur Umsetzung bereitstellen zu wollen? Was nützt es, wenn man sich anlässlich der Kleinen Anfrage erkundigt, wie viele Angestellte sich derzeit in medizinischer Behandlung wegen eines Burn-outs befinden, wenn man nicht bereit ist, Abhilfe zu leisten? Ich kann dieser Frage absolut nichts abgewinnen und betrachte sie als nichts weiter als populistisch. Sie bringt uns nicht weiter.
Liechtenstein steht vor gewaltigen Aufgaben: Wir dürfen Strategien für die Klimaneutralität und Energiestrategien, Verkehrskonzepte und Berichte für Alterssicherung nicht nur erarbeiten, wir müssen sie auch umsetzen. Und ohne Personal geht das einfach nicht. Alle, die sich kostenlos und ehrenamtlich an diesen Mammutprojekten beteiligen und mitarbeiten wollen, bitte vortreten.
Pio Schurti, DU
Im Staatspersonalgesetz heisst es: Die Regierung führt einen Stellenplan (...), der sich nach der im Rahmen des Landesvoranschlages festgelegten und vom Landtag genehmigten massgeblichen Lohnsumme zu richten hat. Die Regierung unterbreitet dem Landtag jährlich einen Bericht über die Entwicklung des Personalbestandes zur Kenntnisnahme. Und die Regierung regelt das Nähere, darunter auch die Berichterstattung an den Landtag, mit Verordnung. Was der Landtag tun kann, ist also klar: Er kann nur am Geldhahn drehen. Sicher könnte er den Geldhahn bei den Personalkosten zudrehen oder zumindest nicht weiter aufdrehen. Was er stattdessen tut, wurde zum Beispiel vom Volksblatt nach dem November-Landtag mit folgenden Worten berichtet: Bei manchem hätten die Ausgaben für Personal «für Stirnrunzeln» gesorgt. Mit «strengem Blick auf die Personalkosten» genehmigte der Landtag dann aber den Landesvoranschlag mit 22 Stimmen. Der Landtag hat also gemacht, was er selbst für sich im Gesetz vorgesehen hat: Er hat die «Entwicklung des Personalbestandes» bloss zur Kenntnis genommen (vereinzelt zwar mit gerunzelter Stirn) und dann die von der Regierung im Landesvoranschlag festgelegte Lohnsumme genehmigt. Wollte der Landtag tatsächlich mehr Einfluss nehmen auf das Wachstum der Landesverwaltung, dann könnte er das Staatspersonalgesetz entsprechend abändern. Das wird aber nicht geschehen, denn die Parteien, die jeweils die Koalitionsregierung bilden, werden schon dafür sorgen, dass die Regierung die Schalthebel in der Hand behält. Regierung und Landesverwaltung übernehmen unnötigerweise immer mehr Aufgaben. Jüngstes Beispiel: Es wurden Stellen für professionelle Wildhüter geschaffen. Dies hätte der Landtag im Zuge der Revision des Jagdgesetzes verhindern können. Der Landtag ist also aufgefordert, generell im Rahmen der Gesetzgebung das Wachstum des Staatsapparates zu drosseln. Dabei kann und soll er nicht nur auf die Personalkosten starren, sondern kontrollieren, welche Aufgaben der Staat übernimmt bzw. an sich reissen will. Braucht unser Land tatsächlich staatliche Wildhüter?
Pascal Ospelt, DPL
Die Regierung schreibt im Regierungsprogramm, dass Kostenbewusstsein und ein sorgsamer Umgang mit den Staatsfinanzen zentral seien. Das Budget 2022 zeigt ein ganz anderes Bild, deshalb hat die DpL dieses Budget abgelehnt. Der Staatsapparat wird im kommenden Jahr weiter überdimensional aufgebläht. Im laufenden Jahr 2021 wurden bereits 40 neue Stellen geschaffen. Für das Jahr 2022 sind weitere 30 Stellen eingeplant. Damit wird der Staatsapparat seit 2019 bis Ende 2022, um 121 Stellen angewachsen sein. Allein die Personalkosten werden in diesem Zeitraum von vier Jahren von 213 Millionen Franken um 14,5 Prozent auf 244 Millionen anwachsen. Dieses horrende Wachstum liegt über dem vertretbaren Mass, zumal die Finanzplanung 2022–2025 gerade noch von einem jährlichen Wachstum von 2,5 Stellen ausgeht, was selbstredend absolut unrealistisch ist.
Im Jahr 2018 lagen die gesamten betrieblichen Aufwände bei 793 Millionen Franken. Für das Jahr 2022 plant die Regierung mit einem betrieblichen Aufwand von 900 Millionen Franken. Das entspricht einem Ausgabenwachstum von 107 Millionen oder 13,5 Prozent in vier Jahren. Auf der Einnahmenseite plant die Regierung für 2022 mit Erträgen aus betrieblicher Tätigkeit von 845 Millionen Franken. Das geplante betriebliche Defizit soll 55 Millionen betragen. Damit ist klar, dass der Staat auf den Finanzertrag der Reserven von 103 Millionen Franken angewiesen ist. Sollte sich in den kommenden Jahren ein schlechtes Börsenjahr einstellen, würde dies sofort ein grosses Loch in der Kasse verursachen. Mit dem verabschiedeten Kostenwachstumsplan wird es in der Zukunft eine grosse Herausforderung, neue Aufgaben zu bewältigen. Wir dürfen nicht vergessen, dass gerade Liechtenstein besonders in herausfordernden Zeiten auf Reserven angewiesen ist. Deshalb sollte der Staatshaushalt eine ausgeglichene Betriebsrechnung anstreben. Davon sollten die Regierung und der Landtag nicht nur reden, sondern verantwortungsvoll handeln.