lie:zeit Ausgabe 84

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84 April 2020

Zeitschrift für Liechtenstein und die Region

Lebensqualität und Attraktivität des Standorts ausbauen

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Das Mobilitätskonzept 2030 wird alle Verkehrsträger berücksichtigen ab Seite 6

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EDITORIAL Liebe Leserinnen, lieber Leser Derzeit beherrscht nur ein Thema unseren Alltag: das Coronavirus, das die Welt in Atem hält. Unsere Regierung setzt seit Wochen alles in Bewegung, um das Gesundheitswesen in dieser Krise zu entlasten und gleichzeitig die Wirtschaft zu stützen. «Die von der Regierung ergriffenen Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus und um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden, sind tiefgreifend und einschneidend», sagte Regierungschef Adrian Hasler an einer der vielen Pressekonferenzen der letzten Wochen. Die Zunahme der Neuinfektionen habe sich in Liechtenstein klar verlangsamt, bedeute aber noch keine Entwarnung. Dem Dank und Appell des Regierungschefs schloss sich Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch an: «Wir alle haben zum moderaten Anstieg beigetragen und müssen uns weiterhin strikt an die Massnahmen halten. Obwohl die Lage ernst ist, sollten wir nicht in Angst oder Panik verfallen, sondern die Hoffnung haben, als Gesellschaft gestärkt aus dieser Krise hervorzugehen. Bleiben Sie gesund.» In diesem Kontext haben wir einen Blick zurück in die Geschichte geworfen und sind der Frage nachgegangen, ob unsere Gesellschaft aus früheren Pandemien gelernt hat. Vor allem die Spanische Grippe, die 1918 auch in unserem Land wütete und 36 Todesoper in fast allen Gemeinden gefordert hat, werden wir näher vorstellen und versuchen, Vergleiche zum Coronavirus herzustellen. Abgesehen von der derzeitigen Ausnahmesituation rund um die CoronaKrise und dem Kampf für ihre Eindämmung, ist das Verkehrsproblem in Liechtenstein eine der drängendsten Herausforderungen. Dieses gilt es mittelfristig zu lösen. Dazu soll das Mobilitätskonzept 2030 beitragen, das in Kürze von Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch vorgestellt wird. Die momentane wirtschaftliche Lage gestaltet sich für sehr viele Personenkreise schwierig. Unternehmer müssen ihren Betrieb einschränken, Arbeitnehmer fürchten um ihren Job, da der Arbeitgeber nur mehr eine

geringe Anzahl an Arbeitnehmern benötigt. Einen Weg, um Kündigungen zu vermeiden, stellt die Kurzarbeit dar, die Rechtsanwalt Thomas Nigg näher beleuchtet. Claudia Fritsche war fast 40 Jahre lang auf der diplomatischen Bühne zu Hause, davon 26 Jahre in den USA. Sie hat Liechtenstein sowohl bei den Vereinten Nationen als auch in Washington D.C. vertreten. Sie hat sich neben dem Wohl ihrer Heimat vor allem auch für die Menschenrechte eingesetzt. Das Sportgeschehen ist vorläufig auf Eis gelegt. So ruht bis mindestens am 30. April der Meisterschaftsbetrieb in den Schweizer Fussball-Ligen. Besonders schwierig ist diese Situation für die Profivereine wie den FC Vaduz. Wir haben mit FCV-Trainer Mario Frick ein Interview geführt. Er geht davon aus, dass die restlichen 13 Runden zu Ende gespielt werden. In diesem Sinne wünsche ich euch alles Gute, viel Gesundheit und auch Freude bei der Lektüre der lie:zeit.

Herbert Oehri, Redaktionsleiter

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CORONAVIRUS: ABSTAND IST DIE BESTE MEDIZIN Durch die Reduktion der sozialen Kontakte auf das absolute Minimum kann die Anzahl der Ansteckungen reduziert werden. So werden ältere und kranke Mitmenschen geschützt und das Gesundheitssystem entlastet. Des Weiteren baut die Regierung auf die Einhaltung des Ansammlungsverbots, das besagt, dass nicht mehr als fünf Personen sich versammeln sollen. In Liechtenstein sind schon seit geraumer Zeit sämtliche privaten und öffentlichen Veranstaltungen einschliesslich Sportveranstaltungen und Vereinsaktivitäten grundsätzlich untersagt. Zusätzlich zur Schliessung von Restaurants und Bars sowie Unterhaltungs- und Freizeitbetrieben wurden öffentlich zugängliche Einrichtungen für das Publikum geschlossen. Ebenso werden Betriebe geschlossen, in denen das Abstandhalten nicht möglich ist, wie Frisörsalons oder Kosmetikstudios. Ausgenommen von den Massnahmen sind Lebensmittelläden sowie Tankstellen, Bahnhöfe, Banken, Poststellen, Hotels, die öffentliche Verwaltung, soziale Einrichtungen sowie Fahrrad- und Autowerkstätten. Auch Gesundheitseinrichtungen wie Spitäler, Kliniken und Arztpraxen sowie Drogerien und Apotheken sind vom Verbot ausgenommen und bleiben geöffnet. Dies gilt auch für Einrichtungen von Gesundheitsfachpersonen beispielsweise in der Pflege und Physiotherapie. Die Versorgung

der gesamten Bevölkerung mit Lebensmitteln, Medikamenten und Waren des täglichen Gebrauchs ist sichergestellt. Es sind genügend Vorräte angelegt. T +423 239 09 09 Schulamt / Fragen zum Schulbetrieb: T +423 236 70 40 Amt für Volkswirtschaft / Kurzarbeitsentschädigung: T +423 236 69 43 Bei Symptomen: T +423 235 45 32 Allgemeine Fragen: T+423 236 76 82

Die Gesamtregierung während einer Medienkonferenz zur CoronaPandemie in Vaduz.


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Coronavirus und vermeintliche europäische Gewissheiten Es ist derzeit schwierig, nicht über den Coronavirus zu schreiben. Die Seuche greift in alle Bereiche unseres Lebens ein. Lieb gewordene Gewissheiten werden über den Haufen geworfen und unsere Flexibilität wird strapaziert. Auch die Politik und das Recht sind betroffen. So werden Parlamentssitzungen nicht mehr im Landtagsgebäude abgehalten und die Öffentlichkeit von den Sitzungen ausgeschlossen oder die Medikamentenabgabe eingeschränkt und der Landesbank ausserordentliche Liquiditätsgarantien gewährt, damit sie dem Gewerbe Überbrückungskredite zur Verfügung stellen kann. Diese Erschütterung erfasst nun auch die Europapolitik. Egal, was man von der EU hielt, es stand doch zumeist eines fest: Der Binnenmarkt funktioniert. Waren, Dienstleistungen, Kapital und Personen bewegen sich ungehindert innerhalb der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR). In letzter Zeit hat sich gezeigt, dass auch diese vermeintliche Gewissheit nicht mehr in Stein gemeisselt ist. EU-Mitgliedstaaten schlossen ihre Grenzen, um in Zeiten der Pandemie Personen daran zu hindern, unkontrolliert einzureisen und damit den Virus weiterzuverbreiten. Im Rahmen der Schengen-Kooperation ist dies durchaus zulässig, vor allem wenn es darum geht, die öffentliche Ordnung oder die nationale Sicherheit zu schützen. Allerdings müssen zuvor die anderen Vertragsparteien und die EU-Kommission konsultiert wer-

den. Zudem darf der freie Warenverkehr nicht beeinträchtigt werden. Die westeuropäischen Staaten konsultierten einander zwar, bevor sie Grenzkontrollen einführten. Doch wurden zeitgleich für gewisse Produkte, die aus nationaler Sicht als vital für die Eindämmung der Pandemie angesehen werden, wie z.B. Schutzmasken, Ausfuhr- und sogar Durchfuhrverbote erlassen. Davon waren nicht zuletzt die Schweiz und damit auch Liechtenstein betroffen. Zentraleuropäische Staaten, wie z.B. Ungarn, erliessen kurzfristig und ohne jede Konsultation Grenzschliessungen, was zu immensen Staus führte und Bürger weiter östlich gelegener Staaten lange an den Grenzen blockierte. Zudem wurden auch die Ein- und Ausfuhr von Waren zum Erliegen gebracht. Es bedurfte einiger zwischenstaatlicher Konferenzen und Koordinationsbemühungen seitens der EU-Kommission, um die Blockaden wieder aufzulösen. Nach dem ersten Schreck über die negativen Folgen der Abschottung haben die EU-Mitgliedstaaten nun einer EU-Verordnung zugestimmt, welche den Binnenmarkt

schützen und den freien Warenverkehr auch während der Corona-Pandemie sicherstellen soll. Die EFTA-Staaten und die europäischen Kleinststaaten sind wegen ihrer engen Anbindung an den Binnenmarkt mitumfasst. Die Corona-Pandemie wirkt sich aber auch auf die Verhandlungen zwischen der EU und der Schweiz über ein Institutionelles (Rahmen-)Abkommen (InstA) aus. Der Fahrplan sah vor: Die Schweiz stimmt am 17. Mai 2020 über die Begrenzungsinitiative der Schweizerischen Volkspartei (SVP) ab. Kurz danach erwartet die EU die Stellungnahme des Bundesrates, ob er den Entwurf zu einem InstA unterschreibt oder nicht. Sollte das Schweizer Stimmvolk die Begrenzungsinitiative annehmen, wäre dies wahrscheinlich das Ende der Bilateralen Abkommen zwischen der EU und der Schweiz. Jetzt ist alles anders: Die Massnahmen zur Bekämpfung der Corona-Epidemie führen auch zu einer Ver-

schiebung der Abstimmung vom 17. Mai 2020. Der Urnengang soll im September nachgeholt werden. Die Schweizer Parteien unterstützen diesen Schritt, und auch die EU und ihre Mitgliedstaaten scheinen damit keine Probleme zu haben. Es gibt jetzt eben ganz andere Prioritäten. «Brüssel» kann nicht einfach «diktieren», wie dies viele meinen, selbst nicht bei so schwerwiegenden Ereignissen wie einer globalen Pandemie. Vielmehr haben die EU-Mitgliedstaaten wieder einmal bewiesen, dass der nationale Reflex noch immer tief verwurzelt ist. In solchen Situationen zeigt sich, dass ein funktionierender Binnenmarkt nicht selbstverständlich ist. Es bedarf immer wieder des Engagements und der Solidarität der beteiligten Staaten, ihn im Interesse aller funktionsfähig zu erhalten.

DR. GEORGES BAUR Jurist, Forschungsbeauftragter am Liechtenstein-Institut

GASTKOMMENTAR

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AUS DEM INHALT

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Titelstory – Mobilität

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«Vom öffentlichen Verkehr profitiert am Ende jeder»

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Corona-Pandemie

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Aus dem Vorzimmer auf die grosse diplomatische Bühne

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Frage an …

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Schnell auf den eigenen Beinen stehen

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Neue Bank AG, Vaduz, ist fit für die Zukunft

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Kurzarbeit aufgrund der Sondersituation Coronavirus

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Sonderthema Bildung

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«Niemand soll in der Schullaufbahn beeinträchtigt sein»

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Formatio: «Von der digitalen zur virtuellen Schule»

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«Wir müssen bereit sein, wenn es wieder losgeht»

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«Jeder sollte sich mit 80 noch die Socken anziehen können»

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Das abrupte Ende einer grossen Karriere

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«Wir sollten die für uns beste Lösung wählen»

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Im Gespräch mit Jugendlichen

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20 Jahre «Wir teilen: Fastenopfer Liechtenstein»

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Burgruine Tosters (um 1260) und die tausendjährige Eibe

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«Hät dr Gonza an Huat, wörds Wätter guat»

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polit:zeit Der Kampf gegen das Virus In einer beispiellosen Kooperation von Regierung, Verwaltung, Gesundheitswesen und vielen anderen mehr mit der Bevölkerung beginnen die Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus und zur Vermeidung einer Überlastung des Gesundheitssystems zu wirken. ab Seite 9

polit:zeit 40 Jahre im diplomatischen Dienst Fast vier Jahrzehnte war die aus Mauren stammende Claudia Fritsche für Liechtenstein als Botschafterin unterwegs, davon 26 Jahre in den USA. Neben dem Wohl ihrer Heimat waren ihr unter anderem die Menschenrechte ein grosses Anliegen. Seite 20

sport:zeit Schwierige Zeiten auch für den Sport

Impressum Verleger: Zeit-Verlag Anstalt, Essanestrasse 116, FL 9492 Eschen | Redaktion: Herbert Oehri (Redaktionsleiter), Johannes Kaiser, Vera Oehri-Kindle, Oliver Hartmann, Heribert Beck | Beiträge/Interviewpartner/Innen: S.D. Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein, Georges Baur, Jürgen Frick, Claudia Fritsche, LGT, Thomas Nigg, Regierungsrätin Dominique Hasler, Eva Meirer, Mario Frick, Christoph Kindle, Tamara Beck, Julia Harrer, Kenny Vogt | Parteien: FBP, VU, FL, DU, DpL | Satz/Lithos: Joanne Rohner, Oliver Hartmann | Druck: Somedia Partner AG | Fotos: Oliver Hartmann, Böhringer Friedrich, Pexels, Pixabay, Archiv, zVg. | Akquisition/Marketing/Beratung: Vera Oehri-Kindle (Leiterin), Brigitte Hasler | Urheberschutz: Die Texte und Bilder dürfen ohne vorherige Genehmigung des Herausgebers/Verlegers nicht kommerziell genutzt, weitergegeben oder veröffentlicht werden | Erscheinung: Samstag, 4. April 2020 | Auflage: Postverteilung in alle Haushaltungen und Postfächer Liechtensteins und an die Postfächer im Bezirk Werdenberg. (Umfang 80 Seiten) | Meinungsvielfalt: Die lie:zeit gibt Gast-Autoren Platz, um ihre Meinung zu äussern. Dabei muss der Inhalt mit der Meinung der Redaktion und der Herausgeber nicht übereinstimmen. Dasselbe gilt auch für die Leserbriefe und Standpunkte von Gastautoren. Sie unterliegen gewissen Regeln wie z.B. Beitragslänge (max. 2’000 Zeichen) oder ethischen Grundsätzen wie Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde oder Persönlichkeitsrechte, Schutz der Ehre von Menschen. «lie:zeit» nicht erhalten? Rufen Sie uns an: Tel. 375 90 00 (Natascha Oehri). Zustellung erfolgt sofort.

«lie:zeit» online: www.lie-zeit.li

Nächste «lie:zeit»: 9. Mai 2020

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Das Sportgeschehen ist mindestens bis 30. April auf Eis gelegt. Der FC Vaduz-Trainer Mario Frick stellt sich den Fragen der lie:zeit. Frick geht davon aus, dass die restlichen 13 Meisterschafts- Runden in der Profiliga zu Ende gespielt werden. ab Seite 34

meine:zeit Bezahlte Elternzeit: Lösungssuche Die Einführung einer bezahlten Elternzeit wird auch in Liechtenstein nur noch eine Frage der Zeit sein. Wie wichtig diese für unsere Gesellschaft ist, hat S.D. Erbrpinz Alois bereits in seinem Neujahrsinterview sowie in der Thronrede erklärt. Wir haben nachgehakt. ab Seite 38


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«Lebensqualität und Standortattraktivität bewahren und ausbauen» Abgesehen von der derzeitigen Ausnahmesituation rund um das Corona-Virus und seiner Eindämmung ist das Verkehrsproblem gemäss mehreren Umfragen eine der drängendsten Herausforderungen, die Liechtenstein mittelfristig lösen muss. Einen wesentlichen Beitrag dazu soll das Mobilitätskonzept 2030 leisten, das Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch der Öffentlichkeit in Kürze präsentieren will. Text: Heribert Beck


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Gleiche Infrastruktur, ein Vielfaches an Fahrzeugen Das Problem des Liechtensteiner Strassenverkehrs ist bekannt. Morgens und abends staut es sich an den Werktagen von Schaanwald über Nendeln, Eschen und Bendern bis nach Schaan und Vaduz an allen Knotenpunkten. Betroffen sind auch andere Gemeinden und vor allem die Wohnquartiere, die als Schleichwege genutzt werden. Das Problembewusstsein bestand bereits vor 15 Jahren, als die Mobilitätsstrategie 2015 ausgearbeitet worden ist. Diese sorgte aber lediglich für punktuelle Verbesserungen wie einige Busspuren, Busbevorzugungen oder bessere Kreisellösungen.

«Unsere Generation muss die erforderlichen Infrastrukturen bereitstellen, auf die Liechtenstein, seine Einwohner und die Wirtschaft für eine erfolgreiche Zukunftsgestaltung angewiesen sind», sagt Regierungschef-Stellvertreter und Infrastrukturminister Daniel Risch zu seinen Beweggründen hinter der Ausarbeitung des Mobilitätskonzepts 2030. Auf dem Weg zu diesem Ziel seien viele einzelne Schritte notwendig, deren Gesamtheit schliesslich ein in sich stimmiges Bild ergebe. Das Mobilitätskonzept 2030 setze daher auf viele grössere und kleinere Einzelmassnahmen von der S-Bahn Liechtenstein über den Bau von Radwegen und Entlastungsstrassen bis hin zum Einsatz modernster Technik zur besseren Steuerung und Verteilung der Verkehrsspitzen.

Das Problembewusstsein hat sich im Laufe der Zeit bei einem jährlichen Wachstum der Fahrzeugzahlen von zwei Prozent noch verstärkt, wie die Mobilitätsbefragung des Ministeriums für Infrastruktur im vergangenen Herbst gezeigt hat. «Sowohl die liechtensteinische Bevölkerung als auch die Pendler sehen in der heutigen Verkehrssituation ein Problem. Entsprechend erkennt eine grosse Mehrheit Handlungsbedarf im Verkehrsbereich», sagt Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch im Rückblick auf die Ergebnisse der Befragung. Dies sei wenig verwunderlich, da sich der Verkehr auf Liechtensteins Strassen auf einer Infrastruktur abspiele, die sich in den vergangenen 50 Jahren kaum verändert habe, während das Land fast doppelt so viele Einwohner und mehr als dreieinhalb Mal so viele Arbeitskräfte hat wie 1970.

Knoten am Anschlag, Verkehr weicht aus Dies wirkt sich auf einige Strassenabschnitte besonders stark aus. Andere Strassenstücke haben aufgrund des Ausweichverkehrs ausserordentlich hohe Zuwachsraten zu verzeichnen. Den grössten durchschnittlichen Werktagsverkehr wies im vergangenen Jahr die Rheinbrücke Vaduz auf mit fast 21'000 Fahrzeugen. Es folgen der Rheinübergang Bendern mit rund 18'000 Fahrzeugen, die Rüfebrücke zwischen Schaan

und Vaduz mit 17'600 Fahrzeugen und die Strecke von Eschen nach Bendern mit fast 17'000 Fahrzeugen. Auch die Rheinbrücke Schaan-Buchs ist mit rund 16'000 Fahrzeugen führend mit dabei. Deutliche fünfstellige Zahlen weist ebenfalls das Schaaner Zentrum an Werktagen auf. Die Kapazitätsgrenzen dieser Knotenpunkte sind damit teilweise erreicht oder sogar überschritten. Dass dies zu den Spitzenzeiten zu Staus führt, ist unumgänglich. Dies wiederum hat zur Folge, dass die Autofahrer, vor allem Zu- und Binnenpendler auf früher weniger stark befahrene Strassen ausweichen – gross- wie auch kleinräumig. Die tägliche, morgendliche wie abendliche Stausituation in Bendern führte beispielsweise dazu, dass die Rheinbrücke Ruggell in einem Zeitraum von zehn Jahren einen Zuwachs von fast 1000 Fahrzeugen allein in den Spitzenstunden zu bewältigen hatte. Hohe Zuwachsraten verzeichnen auch der Grenzübergang Ruggell-Nofels, die Landstrasse zwischen Ruggell und Bendern oder die Rheinbrücke Balzers. Der kleinräumige Schleichverkehr betrifft vor allem die Wohnquertiere und dabei insbesondere jene in Schaan, da viele Autofahrer die stark belastete Rheinbrücke in Vaduz meiden und die Autobahn auf der Höhe Buchs verlassen, um über Schaan an ihr Ziel zu gelangen. «Angesichts dieser Situation ist es unerlässlich, dass die Politik nun handelt. Es geht um nichts weniger als die Lebensqualität und Sicherheit für die Einwohnerinnen und Einwohner, aber auch ganz stark um die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Liechtenstein, für den eine gute Erreichbarkeit der Unternehmen von grosser Bedeutung ist», sagt Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch. «Denn auch wenn wir heute zur Tat schreiten, braucht es Jahre und teilweise Jahrzehnte, bis die aufeinander abgestimmten Massnahmen des Mobilitätskonzepts spürbar greifen und ihre volle Wirkung entfalten können.»

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Land der Autofahrer mit Umsteigebereitschaft Gleichzeitig verweist der Infrastrukturminister nochmals darauf, dass das Problem ein hausgemachtes ist. Über 96 Prozent des Verkehrs auf Liechtensteins Strassen ist entweder Binnenverkehr der Einwohner selbst oder Ziel- bzw. Quellverkehr aufgrund des Arbeitskräftebedarfs der Liechtensteiner Wirtschaft. Ebenfalls betont Daniel Risch, dass Liechtenstein mit dem höchsten Motorisierungsgrad Europas und der teilweise weitverzweigten Siedlungs- und Arbeitsplatzstruktur traditionell ein Land der Autofahrer ist, in dem gemäss der Mobilitätsbefragung aber auch ein grosses Potenzial zum Umstieg auf den öffentlichen Verkehr besteht. Immerhin rund 75 Prozent aller Einwohner und Arbeitspendler hatten sich darin bereiterklärt, vermehrt Bus und Bahn zu nutzen, wenn das Angebot attraktiver ausgestaltet wird. Dies bedeutet einerseits günstige Tarife, andererseits aber auch kurze Reisezeiten und damit verbunden sichere Anschlüsse. Von Regierung zur Kenntnis genommen, bald im Landtag Das Ministerium für Infrastruktur, Wirtschaft und Sport und das ihm zugehörige Amt für Bau und Infrastruktur hat sich des Verkehrsproblems bereits vor längerer Zeit angenommen und die Ergebnisse der Mobilitätsbefragung schliesslich in seine Arbeit einfliessen lassen. «Wobei man sagen kann, dass die Resultate der Befragung sich mit den Vorarbeiten der internen Experten weitestgehend decken. Es besteht weitgehend Einigkeit, dass nur ein gut aufeinander abgestimmter Mix aller Verkehrsträger zur Lösung des Problems führen kann. Dennoch haben wir aus der Befragung wertvolle Erkenntnisse gewonnen und gerne den einen oder anderen Punkt durch die Ergebnisse der repräsentativen Umfrage ergänzt oder optimiert», sagt Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch. Der Landtag wird das inzwischen von der Regierung zur Kenntnis genommene Konzept in einer seiner nächsten Sitzungen behandeln können.


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«Vom öffentlichen Verkehr profitiert am Ende jeder» Dass der öffentliche Verkehr das Rückgrat der Liechtensteiner Mobilität sein soll und viel Potenzial hat, steht für LIEmobil-Geschäftsführer Jürgen Frick ausser Frage. Genauso klar ist für ihn aber auch, dass es den im Mobilitätskonzept 2030 vorgesehenen Massnahmenmix braucht, um den ÖV künftiger attraktiver zu gestalten. Interview: Heribert Beck

Dass der Verkehr in Liechtenstein zu den Spitzenzeiten an den neuralgischen Punkten zäh fliesst, ist nicht neu. Wie aber wirkt sich dies auf die LIEmobil aus? Jürgen Frick: Der Verkehr in Liechtenstein nimmt zusehends zu. In den letzten Jahren hat er an verschiedenen Orten ein Mass erreicht, das den öffentlichen Verkehr vor grosse Probleme stellt. Unser ÖV ist eng vernetzt und bedient überall Anschlussknoten – im Land wie auch in der Schweiz und Österreich. Eine Verspätung von mehreren Minuten führt oft dazu, dass Anschlüsse nicht mehr funktionieren. Für die Kunden verlängert sich die gesamte Reisezeit massiv und nicht nur um die verlorene Stau-Zeit. Die Verlustzeiten sind je nach Wochentag, Uhrzeit und Jahreszeit sehr unterschiedlich. Besonders in Eschen, Schaan und Vaduz sind bei starkem Verkehr die Verlustzeiten schnell bei zehn Minuten – wenn eine Linie durch alle diese Orte führt, addiert sich dies auf bis zu einer halben Stunde. Aber nur schon auf der kurzen Verbindung von Buchs nach Schaan können in Extremfällen Verspätungen von einer halben Stunde auftreten – dies sowohl für den Bus als auch für den Individualverkehr. Darf ich in diesem Fall davon ausgehen, dass Sie es begrüssen, dass die Regierung mit dem Mobilitätskonzept 2030 das Heft des Handelns in die Hand nimmt und was erwarten Sie sich von diesem Konzept?

Der Verkehr hat sich in den letzten Jahrzehnten vervielfacht – nicht aber die Infrastruktur. Hier gab es nur vergleichsweise geringe und punktuelle Anpassungen. Ich schätze es deswegen sehr, dass sich die Regierung diesem wichtigen Thema gesamtheitlich annimmt. Der öffentliche Verkehr kann sehr viel beitragen zur Lösung des Verkehrsproblems. Mit grossen Fahrzeugen, die viele Menschen mit einem optimalen Takt befördern, wird die Infrastruktur bestmöglich genutzt und dadurch gewährleistet, dass Liechtenstein trotz der stetig steigenden Mobilität weiter attraktiv bleibt. Vom Konzept erwarte ich Massnahmen, die dafür sorgen, dass der öffentliche Verkehr gestärkt wird, damit er seiner wichtigen Rolle noch stärker gerecht werden kann. Die Mobilitätsbefragung des Ministeriums für Infrastruktur hat ergeben, dass rund 75 Prozent der Einwohner und Pendler verstärkt auf den öffentlichen Verkehr umsteigen würden, wenn dieser attraktiver wäre. Was kann die LIEmobil und was kann die Politik dazu beitragen, dass der ÖV tatsächlich attraktiver wird? Die langfristige Vision ist ein öffentlicher Verkehr, der wie in einer Grossstadt funktioniert. Das heisst, ein sehr dichter Takt auf den vielbefahrenen Korridoren kombiniert mit einer hohen Pünktlichkeit, indem der öffentliche Verkehr möglichst am Individualverkehr vorbeigeschleust wird. Dadurch ist der öffentliche Verkehr schnell

und hoch verfügbar. Um dies zu erreichen, müssen wir alle zusammenarbeiten. Von Seiten LIEmobil braucht es ein ausgebautes Liniennetz, von Seiten Politik die passende Infrastruktur und Massnahmen zur Förderung des öffentlichen Verkehrs. Damit sollte einer vermehrten Nutzung des öffentlichen Verkehrs durch die Mehrheit der Einwohner und Pendler nichts mehr im Wege stehen. Gibt es bereits ein Grobkonzept, wie die LIEmobil zur Attraktivitätssteigerung des Personenverkehrs auf der Schiene beitragen könnte, falls die S-Bahn Liechtenstein realisiert wird? Ich habe erwähnt, dass der Zeitverlust auf der Strasse von Buchs nach Schaan im Extremfall eine halbe Stunde beträgt. Zum Vergleich: Die S-Bahn bewältigt diese Strecke in drei Minuten. Und dies jeden Tag zu jeder Tageszeit. Was der bestehenden S-Bahn fehlt ist ein durchgehender Takt. Aufgrund des einspurigen Streckenabschnittes ist das Trassee zu wichtigen Zeiten durch andere Züge blockiert. Ebenfalls ist eine einspurige Streckenführung sehr anfällig für Verspätungen. In Nendeln treffen sich immer zwei Züge. Wenn einer verspätet ist, ist es der andere automatisch auch. Dazu kommt, dass im öffentlichen Verkehr ein durchgehender und einfach merkbarer Takt enorm wichtig ist. Mit dem geplanten Ausbau der S-Bahn durch Liechtenstein könnten diese Probleme beseitigt und das volle Potenzial der S-Bahn ausgeschöpft

Jürgen Frick, LIEmobil-Geschäftsführer

werden. Unsere Nachbarländer haben erfolgreich gezeigt, dass eine getaktete S-Bahn das Rückgrat des öffentlichen Verkehrs ist und dass damit erhebliche Steigerungen der Fahrgastzahlen möglich sind. Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch hat angekündigt, dass das Verkehrskonzept auf einen Mix von ÖV, motorisiertem Individualverkehr und Langsamverkehr setzt. Inwiefern könnten die beiden anderen Verkehrsträger von den geschilderten Massnahmen der Kombination aus S-Bahn und LIEmobil profitieren? Je mehr Menschen mit dem öffentlichen Verkehr unterwegs sind, desto weniger Verkehr hat es auf der Strasse. Davon profitiert im Endeffekt jeder: der Radfahrer, der Fussgänger und auch der Individualverkehr. Grundsätzlich ergänzen sich der öffentliche und der Langsamverkehr häufig. Man fährt mit dem Rad oder geht zu Fuss zur Bushaltestelle oder zum Bahnhof und fährt mit dem Bus oder Zug weiter. Ein Ausbau beider Verkehrsarten bietet sich damit an. Um den öffentlichen Verkehr schneller zu machen, müssen die Stauschwerpunkte irgendwie eliminiert werden. An einzelnen Orten wird dies nicht ohne neue Trassen möglich sein. Von einem fliessenden Verkehr profitiert auch der Individualverkehr. Es sind verschiedene Massnahmen für verschiedene Verkehrsträger notwendig, dann können wir unser Verkehrsproblem sicherlich in den Griff bekommen.


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CORONA-PANDEMIE

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«Die Lage ist ernst, aber Panik ist fehl am Platz» Die Regierung setzt alles daran, das Gesundheitswesen in der Corona-Krise zu entlasten und gleichzeitig die Wirtschaft zu stützen. Sie setzt ausserdem auf eine transparente Informationspolitik. «Die von der Regierung ergriffenen Massnahmen zur Eindämmung des Coronavirus und um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden, sind tiefgreifend und einschneidend, aber notwendig», sagte Regierungschef Adrian Hasler Ende der vergangenen Woche an einer der zahlreichen Pressekonferenzen, mit denen die Regierung die Bevölkerung über die Entwicklung

fehlungen sowie Massnahmen halten. Gerade über 65-Jährige sollten das Haus nur im Notfall oder zu Spaziergängen mit Personen verlassen, die im eigenen Haushalt leben, und jeder sollte sich stets den Übertragungsweg vor Augen halten, um sein Verhalten entsprechend anzupassen. «Damit helfen Sie, Leben zu retten», lautete der deutliche Appell des Regierungschefs.

Regierungschef Adrian Hasler (links) und Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch.

des Virus und die getroffenen Massnahmen in jüngster Zeit informierte. Gleichzeitig dankte er der Zivilgesellschaft für das weitestgehend strikte Befolgen der Massnahmen sowie die Solidarität untereinander und all jenen, die sich dafür einsetzen, dass die Grundversorgung und die medizinische Versorgung aufrecht erhalten bleiben.

«Sie helfen, Leben zu retten» Die Zunahme der Neuinfektionen habe sich in Liechtenstein klar verlangsamt, führte der Regierungschef weiter aus. «Dies bedeutet aber noch keine Entwarnung. Wir müssen den Weg weiterbeschreiten und die Ausbreitung des Virus einzudämmen.» Dazu müsse jeder Einzelne seinen Beitrag leisten und sich an die Emp-

«Wir werden alle gebraucht» Dem Dank und dem Appell des Regierungschefs schloss sich Regierungschef-Stellvertreter und Wirtschaftsminister Daniel Risch an. «Wir alle haben zum moderaten Anstieg der Fälle beigetragen und müssen uns weiterhin strikt an die Massnahmen halten. Obwohl die Lage ernst ist, sollten wir nicht in Angst oder Panik verfallen, sondern Hoffnung haben, als Gesellschaft gestärkt aus der Krise hervorzugehen. Bleiben Sie gesund, denn wir alle werden gebraucht.» Der Nöte der Wirtschaft und vieler Unternehmen ist sich der Wirtschaftsminister mehr als bewusst. «Uns war es daher wichtig, das erste Massnahmenpaket rasch zu verabschieden, um schnell hel-

fen zu können.» Viele Gewerbetreibende fielen aber noch nicht unter die erste Verordnung und hätten trotzdem grosse Einbussen zu erleiden. Daher werde nun mit einem Massnahmenpaket 2.0 nachjustiert, um weiterhin rasch und unbürokratisch zu helfen. Dafür werde auch das Budget weiter erhöht. «Es wird ein auf Liechtenstein zugeschnittenes Paket, das schnell, effizient und flexibel funktioniert.»

Chronologie der Ereignisse • 30. Januar: Die WHO erklärt die Epidemie zu einer gesundheitlichen Notlage internationaler Tragweite. • 11. Februar: Die Regierung setzt einen Krisenstab unter der Leitung von Gesundheitsminster Mauro Pedrazzini ein. • 27. Februar: Die ersten drei Corona-Verdachtsfälle ergeben ein negatives Resultat. • 28. Februar: Liechtenstein erlässt ein Verbot für Grossveranstaltungen mit über 1000 Personen. • 3. März: Die erste Person in Liechtenstein wird positiv auf das Virus getestet. • 11. März: In Liechtenstein sollen keine Besuche mehr in Alten- und Pflegeheimen stattfinden. • 13. März: Schulen und Kitas werden vorerst bis zu den Osterferien geschlossen, Veranstaltungen mit über 100 Personen verboten. Gastronomiebetriebe dürfen nicht mehr als 50 Personen aufnehmen. • 15. März: Unterhaltungs- und Freizeitbetriebe sollen geschlossen werden. Lokale werden ab 17. März geschlossen. • 16. März: Zwölf bestätigte Fälle. Öffentliche und private Anlässe mit mehr als fünf Per-

• •

sonen sind verboten. Die Regierung kündigt ein Massnahmenpaket zur Unterstützung der Wirtschaft im Rahmen von 100 Millionen Franken an. Zur Umsetzung wird eine Task Force eingesetzt. 17. März: Ab dem 19. März sind sämtliche öffentlichen und privaten Veranstaltungen verboten, weitere Läden werden geschlossen. 18. März: Nur noch Arbeitspendler dürfen die Grenze zwischen Liechtenstein und Österreich passieren. 28 Personen wurden inzwsichen positiv getestet. 19. März: Regierungschef Adrian Hasler und Wirtschaftsminister Daniel Risch stellen das Massnahmenpaket zur Unterstützung der Wirtschaft vor. Zusätzlich zu den 100 Millionen Franken steuern die Gemeinden 20 Millionen bei. 20. März: Der Landtag stimmte dem Massnahmenpaket einhellig zu. Versammlungsverbot ab sechs Personen im öffentlichen Raum. In Liechtenstein gibt es 37 bestätigte Fälle. 23. März: Schaffung von Kapazität im LAK-Haus St. Peter und Paul in Mauren, um das Spital allenfalls zu entlasten. 26. März: 56 positive Testresultate. 27. März: Regierungschef Adrian Hasler und Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch kündigen an, das Massnahmenpaket für die Wirtschaft zu erweitern. Über 500 Betriebe haben Kurzarbeit angemeldet. 30. März: Die Drive-Through-Testanlage in Vaduz geht in Betrieb. 1. April: 72 Personen wurden positiv getestet.


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Aus früheren Pandemien gelernt? Spanische Grippe, Asiatische Grippe, SARS – in den vergangenen 100 Jahren versetzten gleich mehrerer Pandemien die Welt in Aufregung. Wir gehen der Frage nach, ob die Lehren aus der Geschichte im Kampf gegen das Coronavirus helfen können oder teilweise schon geholfen haben und blicken zurück auf die Auswirkungen der Spanischen Grippe auf Liechtenstein. Texte: Herbert Oehri

Die Spanische Grippe, die grösste Pandemie der Neuzeit, mit schätzungsweise 50 Millionen Toten weltweit verlief etwas anders als die gegenwärtige Pandemie mit dem Coronavirus. Gabor Paal vom deutschen Südwestrundfunk (SWR) hat dazu einen Beitrag verfasst. Er sagt, dass es doch einige Unterschie-

de zwischen der Grippe und der Corona-Pandemie gibt. Es fallen folgende Unterschiede auf: 1918 tobte der Erste Weltkrieg, die Grippe trat in einer geschwächten Welt auf. Sie breitete sich auch anders aus. Ihr Ursprung liegt nicht in Spanien, wie der Name annehmen lässt,

sondern höchstwahrscheinlich in den USA. Soldaten brachten die Grippe nach Europa, wo sie sich mit der Kriegsfront ausbreitete. Die Grippe verlief auch anders. Die Inkubationszeit war deutlich kürzer als beim neuartigen Coronavirus. Und der Grippe fie-

len im Gegensatz zur derzeitigen Pandemie 20- bis 40-Jährige zum Opfer. Vor allem aber: Die Medizin wusste kaum etwas. Nicht einmal der Erreger war bekannt.

Spanische Grippe: Unterschiede bei der Eindämmung Das Konzept der Quarantäne


war bereits vor 100 Jahren keineswegs neu. Das Wort geht darauf zurück, dass Venedig währen der Pest im 14. Jahrhrundert die aus dem Osten ankommenden Handelsschiffe 40 (ital. «quaranta») Tage isolierte, schreibt Gabor Paal in seiner Abhandlung. Seitdem werde es immer wieder eingesetzt, um eine Epidemie-Ausbreitung zu verlangsamen. Dennoch, so Paal, lohne sich der Vergleich mit der Spanischen Grippe. Er schreibt: «Heute ist klar: Damals waren die Länder zögerlich.» In Mannheim hat man 1918 überlegt, «ob man die Kinos und Theater schliessen lässt», sage der Heidelberger Medizinhistoriker Wolfang. U. Eckart. «Man hat dann davon abgesehen mit der Begründung, die Leute müssen doch irgendwas haben, um sich zu belustigen, der Krieg ist schon fürchterlich genug.»

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Die Wirksamkeit drastischer Massnahmen zeigte sich 1918 in den USA jedoch deutlich. In Philadelphia fand zum Herbstbeginn noch eine grosse Militärparade statt. 200’000 Bürger und Armeeangehörige füllten die Strassen und Plätze. Drei Tage später waren die Krankenhäuser überfüllt, innerhalb einer Woche starben fast 5000 Personen. Ganz anders in St. Louis im Bundesstaat Missouri. Zwei Tage nach dem Bekanntwerden der ersten Fälle schloss die Stadt Schulen, Kindergärten und Kirchen. Öffentlich Ansammlungen von mehr als 20 Personen wurden verboten. Die Ausbreitung wurde dadurch zwar nicht verhindert, aber die Infektionsrate deutlich verlangsamt und die Zahl der Toten massiv reduziert. Dies ergab eine rückblickende Studie aus dem Jahr 2007.

Asiatische Grippe: Beschwichtigung kostete Zehntausende Leben Gabor Paal schreibt, dass man zunächst aus dem Beispiel der Spanischen Grippe nichts gelernt habe, wie sich in den Jahren 1957/58 beim Ausbruch der aus China stammenden Asiatischen Grippe gezeigt hätte. Ein Interview von Radio Bremen aus dem Jahr 1957 mit dem Gesundheitsamt zeige die Beschwichtigungstaktik auf, die viele Menschen das Leben gekostet habe. Der ärztliche Leiter des Gesundheitsamtes erklärte, es sei «keinerlei Grund zur Unruhe» gegeben. «Schon die Bezeichnung Asiatische Grippe halte ich für eine Dramatisierung.» Und die Präventionsmassnahmen? Die Schulen blieben offen, auch zur Vorbeugung wurde nicht etwa Händewaschen empfohlen, sondern das «Gurgeln mit Wassersuperoxid» sowie das

Einnehmen «Formalin freisetzender Tabletten». Angesichts dieser unzureichenden Massnahmen hatte die Asiatische Grippe leichtes Spiel. Innerhalb eines Jahres sind in Deutschland daran rund 30’000 Menschen gestorben.

Der grosse Unterschied zu heute Das heute grassierende Coronavirus ist bekannt. Es gibt Pandemiepläne der allermeisten Länder, die greifen und auf die Besonderheiten des neuen Virus angepasst werden. Die Kommunikation ist sehr gut. Jeder weiss, wie er sich zu verhalten hat, um die Pandemie einzudämmen. Es gibt Tests und die Grundlage für einen hoffentlich bald vorliegenden Impfstoff. Wenn auch die wirtschaftlichen Folgen laut Expertenstimmen hart ausfallen und die Welt in eine Rezession stürzen könnten, so hat in allererster Linie die Gesundheit Vorrang. Das sollte jedem klar sein.

Coronavirus-Pandemie: Ausbruch in China Die COVID-19-Pandemie (umgangssprachlich auch Coronavirus-Pandemie, Corona-Pandemie, Coronavirus-Krise oder Corona-Krise genannt) ist ein Ausbruch der neuartigen Atemwegserkrankung COVID-19 (für Englisch «corona virus disease 2019», wobei sich die Jahreszahl auf das erste Auftreten bezieht). Diese Erkrankung war erstmals Ende Dezember 2019 in der Millionenstadt Wuhan der chinesischen Provinz Hubei auffällig geworden, entwickelte sich im Januar 2020 in der Volksrepublik China zur Epidemie und breitete sich schliesslich zur weltweiten Pandemie aus. Der Ausbruch wurde durch das bis dahin unbekannte Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelöst. Um einer Ausbreitung in Staaten ohne leistungsfähige Gesundheitssysteme entgegenzuwirken, rief die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 30. Januar 2020 die internationale Gesundheitsnotlage aus. Ab dem 28. Februar 2020 schätzte die WHO in ihren Berichten das Risiko auf globaler Ebene als «sehr hoch» ein (englisch WHO risk assessment, global level: very high), zuvor als «hoch». Am 11. März 2020 erklärte die WHO die bisherige Epidemie offiziell zu einer Pandemie, der ersten seit der Pandemie H1N1 2009/10.

Hotlines zum Thema Coronavirus Amt für Gesundheit / Gesundheitsbezogene Massnahmen der Regierung T +423 236 73 46, Montag – Freitag; Bürozeiten Schulamt / Fragen zum Schulbetrieb T +423 236 70 40, Montag – Freitag; Bürozeiten Amt für Volkswirtschaft / Kurzarbeitsentschädigung T +423 236 69 43, Montag – Freitag; Bürozeiten

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Landesspital / Notfälle T +423 235 44 11, ganze Woche; 24 Std. Hotline für Tests T +423 235 45 32, ganze Woche; 24 Std. Corona-Anlaufstellen der Gemeinden für Nachbarschaftshilfe T +423 340 11 11, Montag – Freitag; Bürozeiten Allgemeine Fragen T +423 236 76 82, Montag – Freitag; Bürozeiten


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«Das Coronavirus ist ein Jahrhundertereignis» Einer der international führenden Virologen, Jeremy Farrar, Direktor des britschen Wellcome Trust mit Sitz in London, vergleicht die aktuelle Coronavirus-Pandemie und frühere Pandemien mit der Spanischen Grippe von 1918.

«Wir haben es mit einer völlig anderen Grössenordnung zu tun als bei SARS im Jahr 2003 oder der Schweinegrippe-Pandemie von 2009», sagte Farrar im Deutschlandfunk. Der beste Vergleich sei die Influenza-Pandemie nach dem Ersten Weltkrieg (1914 – 1918). Diese gebe das Ausmass vor, auf das sich die Menschheit vorbereiten sollte, sagt Virologe Jeremy Farrar. «Es ist natürlich extrem schwierig, das zu kommunizieren und gleichzeitig zu verhindern, dass die Menschen in Panik ausbrechen. Aber man muss der Gefahr ehrlich ins Auge sehen. In

der vergangenen 100 Jahren hat es keine vergleichbare Situation gegeben. Wir haben es bei der Coronavirus-Pandemie mit einem Jahrhundertereignis zu tun», führte Farrar weiter aus. Farrar fordert auf, ruhig zu bleiben, die Fakten zu bewerten und die neuesten Forschungsergebnisse zu berücksichtigen. Der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité äusserte allerdings vor Kurzem die Einschätzung: «Ich glaube nicht, dass es so schlimm wird wie die Spanische Grippe 1918.»

Bei der Spanischen Grippe 1918 und 1920 kamen Schätzungen zufolge mindestens 25 Millionen Menschen ums Leben, manche Quellen sprechen von 50 Millionen. Damit hatte sie in absoluten Zahlen ein ähnliches Ausmass wie die Pest von 1348, an der etwa ein Drittel der damaligen europäischen Bevölkerung starb. Beim derzeit grassierenden Coronavirus gibt es allerdings ganze andere medizinischen Behandlungsmöglichkeiten als damals.


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Die Spanische Grippe im Jahre 1918 in der Geschichtsschreibung hinterlassen. Wer in Schweizer Geschichtsbüchern nach Informationen über die Spanische Grippe sucht (dasselbe gilt auch für Liechtenstein), wird überraschend wenig oder gar nichts finden. Wenn überhaupt, dann nur im Zusammenhang mit dem Schweizer Militär, hielt der Historiker Armin Rusterholz 2006 in seiner Studie über die Grippe-Epidemie in der Schweizer Armee fest.

Zwei Krankenschwestern des US-amerikanischen Roten Kreuzes bei einer Übung der Notfallambulanz in Washington D. C. zu Zeiten der Spanischen Grippe im Jahr 1918 (digital koloriert).

Die Spanische Grippe wurde durch einen ungewöhnlich virulenten und aggressiven Abkömmling des Influenzavirus (Subtyp A/H1N1) verursacht. In Liechtenstein traf sie auf ein vergleichsweise schlecht entwickeltes Gesundheitswesen – mit entsprechend tragischen Folgen. Die ergriffenen Schutzmassnahmen wiesen jedoch bereits auf die heute in Kraft stehenden Massnahmen voraus. In der Rubrik «Wissen» veröffentlichte die NZZ im Jahr 2018 einen Beitrag über die Spanische Grippe. Allein in der Schweiz starben 1918 wegen dieser fürchterlichen Seuche etwa 25’000 Personen.

Bis zu 100 Tote in Liechtenstein In Liechtenstein, so sagen unbestätigte mündliche Überlieferungen, seien es gegen 100

Menschen gewesen, die der Spanischen Grippe erlegen sind. Am häufigsten betroffen seien – im Gegensatz zur heutigen Coronavirus-Pandemie – junge, kräftige Männer im Alter von 20 bis 40 Jahren gewesen. Statistische Zahlen belegen zwar eine Mortalität von lediglich 36 Opfern in Liechtenstein. Die Statistik hatte aber damals längst nicht den Aussagewert, den sie heute besitzt. Sonderbarerweise ist von der Spanischen Grippe im Allgemeinen nur wenig bekannt. Wer, so schreibt Autor Patrick Imhasly im besagten NZZ-Beitrag, ans 20. Jahrhundert denkt, denke in erster Linie an die zwei Weltkriege, an faschistische Diktaturen und an den Aufstieg und Fall des Ostblocks. An die «Vergessene Katastrophe», so beschreibt Imhasly die Spanische Grippe, «erinnert sich niemand mehr».

Tragödie des 20.Jahrhunderts Dabei sei sie die Tragödie des vergangenen Jahrhunderts gewesen, dennoch sei sie heute, 100 Jahre später, aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden. Während die Pest im Mittelalter auf Europa, Asien und die USA beschränkt geblieben ist, verlief die Influenza-Pandemie von 1918 global, so wie derzeit die Coronavirus-Pandemie. Die Spanische Grippe forderte viele Millionen Tote. Ihr fielen vielleicht sogar mehr Menschenleben zum Opfer als im Ersten und Zweiten Weltkrieg zusammengerechnet, schreibt Patrick Imhasly, wobei dies angesichts der Opferzahlen beider Kriege zusammen mit fast 65 Millionen Toten etwas zu hoch gegriffen sein könnte. Wo blieb die Geschichtsschreibung? Trotz der vielen Toten habe die Spanische Grippe kaum Spuren

Die alljährlich wiederkehrende Grippe war den Menschen vertraut, ohne dass sie damals wussten, dass ein Virus dafür verantwortlich ist. Doch 1918 sei plötzlich alles anders gewesen, heisst es im erwähnten NZZ-Bericht. Die Grippe hat die Schweiz und auch Liechtenstein mit nie gekannter Heftigkeit erfasst. Nachdem sie vermutlich durch US-Soldaten im Frühjahr 1918 nach Europa eingeschleppt worden war, sei die Seuche Ende Juni, anfangs Juli auch in der Schweiz ausgebrochen. Die Grippe kam in zwei Wellen über die Westschweizer Kantone, erfasste das Mittelland, die Ostschweiz, Vorarlberg sowie auch unser kleines Land..

Liechtenstein verhältnismässig stark betroffen Wie der bekannte Liechtensteiner Historiker Dr. Rupert Quaderer in seiner Schriftenreihe «Bewegte Zeiten in Liechtenstein 1914 – 1926», seien in Liechtenstein erste Meldungen über die Spanische Grippe Ende Juli 1918 aufgetreten. Am 24. Juli habe die Ortsvorstehung Balzers bei der Regierung angezeigt, dass ein Mädchen die Grippe von «Guscha» eingeschleppt habe. Die Grippe sei – so der Balzner Vorsteher – bei den Soldaten auf der Luziensteig stark aufgetreten, und er vermute, dass die Balzner beim Heuen auf bündnerischem Gebiet mit den Leuten des Grenzkommandos in


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Berührung gekommen seien. Auch in Buchs und Sevelen habe die Grippe grassiert, berichtete zwei Tage später das «Liechtensteiner Volksblatt.» Der damalige Landesphysikus Felix Batliner hat kurz darauf eine Verlautbarungen abgegeben, in welcher er die Auffassung vertrat, dass sich wegen der Grippe «eingreifende Massnahmen der Seuchenbekämpfung» nicht rechtfertigen liessen und verwies auf andere Länder, die auch keine allgemeinen ernstlichen Einschränkungsversuche unternehmen würden. Die Spanische Grippe war nach Batliner, so schreibt Historiker Rupert Quaderer, als «eine nicht schwere Erkrankung» anzusehen. Nur wenn Komplikationen dazukämen oder bei «geschwächten Individuen» könne sie «zu einem schlimmen Ende führen». Der Landesphysikus hat diese beschwichtigenden und beruhigenden Stellungnahmen wohl auch deshalb abgegeben, weil er Panikreaktionen vermeiden wollte. Er lehnte sich in dieser Frage an die Bundesbehörden in der Schweiz an, welche in Zirkularen an die Kantone vorerst ebenfalls von einem «ziemlich gutartigen Charakter» der Grippe sprachen.

Landesverweser beschwichtigt Rupert Quaderer schreibt in seinem historischen Werk: Die Regierung hielt in einem Rundschreiben an die Ortsvorstehungen fest, dass die Grippe bei der Zivilbevölkerung des Rheintales verstärkt auftrete. Die Regierung empfahl deshalb, den Verkehr mit der Schweiz möglichst einzuschränken. Landesverweser Imhof meinte aber, dass «das Auftreten der Lungenpest im Rheintale» eine Grenzsperre nicht erforderlich mache. Nach seinen Informationen lagen nur vereinzelte Fälle von Lungenentzündungen vor, ein «Pestbazillus» sei nirgends nachgewiesen worden. Kurz darauf berichtete das «Liechtensteiner Volksblatt» von «beunruhigenden Gerüchten über

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Grippefälle in den Gemeinden 1918 In der ersten Hälfte des Oktobers brachten die Gemeinden folgende Grippefälle zur Anzeige: Gemeinde

1.–15.Sept. 16.–30.Sept.

Vaduz Triesen Balzers Triesenberg Schaan Planken Eschen Mauren Gamprin Ruggell Schellenberg

3 6 25 1 1 1 10

das Auftreten der Lungenpest im Rheintal» und von vorübergehenden Einschränkungen im Grenzverkehr zwischen Vo-

6 12 25 -

46 Familien 36 Häuser (ca. 100 Personen) 147 Verdacht, aber keine Anzeigen «fortwährend am Steigen» 1 1 53 -

rarlberg und der Schweiz beziehungsweise Liechtenstein. Die Regierung beruhigte indessen mit der Information,

Notlazarett in Zelten auf einer Grünfläche in Brookline, Massachusetts, im Oktober 1918.

1.–15.Oktober

dass es in der Schweiz keine Lungenpest gebe, sondern nur schwere Fälle von Grippe.


Regierung verlangte schriftlichen Bericht aus allen Gemeinden Die Regierung wies die Gemeinden wenig später an, alle 14 Tage schriftlich über die Grippefälle in jedem Dorf zu berichten. Nach dem ersten Bericht, der am 15. September zu erstellen war, meldete Landesphysikus Batliner, dass etwa 40 «Parteien» wegen Grippe in Behandlung stünden, drei der Fälle bezeichnete er als «schwer». Die Tabelle (oben) zeigt, dass die Grippeerkrankungen in einzelnen Gemeinden im Oktober innerhalb kürzester Zeit sprunghaft in die Höhe gestiegen sind. Zeitgleich gab es Meldungen über einen abrupten Anstieg der Grippe in Vorarlberg. Die Regierung musste nun handeln und erliess eine Verordnung «betreffend Massnahmen gegen die Grippe». Die Abhaltung von Versammlungen, die Veranstaltung «öffentlicher Produktionen» und grössere «gesellige Zusammenkünfte» wurden untersagt. Auch verbot die Regierung «Fernerstehenden» das Betreten der Wohnungen von Erkrankten und Ansammlungen im Trauerhaus einer an Grippe verstorbenen Person. Ausserdem wurde das Abhalten von Betstunden in Privathäusern bei Todesfällen verboten. Schulkinder, in deren Familien Grippefälle auftraten, wurden vom Unterricht ausgeschlossen.

Triesen traf es am härtesten Der Triesner Vorsteher teilte der Regierung Ende Oktober mit, dass sich die Grippekrankheit «eher verschlimmert» habe und sich in jedem zweiten Haus in Triesen ein Patient oder mehrere Patienten befänden. Nach Aussage des Vorstehers versetzten die täglichen Todesfälle die Bewohner von Triesen «geradezu in Angst und Schrecken». An einem einzigen Tag, am 29. Oktober, verstarben fünf Personen, zwei Erwachsene und drei Kinder, zwei Tage zuvor waren zwei Erwachsene und ein Kind gestorben. In einem Bericht über Mauren heisst es im «Volksblatt», dass die Grippe schon zwei Todesopfer gefordert habe und es auffalle, dass «die Frauen im bes-

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36 Todesopfer in Liechtenstein Krankheits- und Todesfälle durch Grippe in Liechtenstein In der Zeit von Oktober bis Dezember 1918 machten die Ärzte die folgenden Angaben über Krankheits- und Todesfälle (siehe Tabelle):

Monat

Krankheitsfälle Todesfälle

Oktober 223 15

Todesfälle Gemeinden Vaduz 2, Triesen 12, Eschen 1

November 223 19 Vaduz 1, Triesen 3, Triesenberg 4, Eschen 1, Nendeln 2, Schellenberg 4, Ruggell 2, Schaan 1, Mauern 1 Dezember

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ten Alter am stärksten gefährdet sind». Ein Bericht des Triesenberger Vorstehers hält fest, dass nun auch in der Berggemeine der Grippetod Einzug gehalten habe. Die betroffenen Familien meldeten dies jedoch nicht oder nur ungern, da diese Krankheit «direkt verheimlicht werden will». Es würden in Triesenberg auch die Vorsichtsmassnahmen nicht beachtet. Denn die weit auseinanderliegenden Häusergruppen würden es der Ortsvorstehung schwer machen, sich über den Gesundheitszustand der Familien zu erkundigen.

Offiziell 460 Infizierte und 36 Tote Am 27. November setzte die Regierung die Gemeindeberichte aus. Von Oktober bis Dezember waren gemäss Anzeigen der Ärzte 460 Personen in Liechtenstein an Grippe erkrankt, 36 waren verstorben. Der Vergleich zwischen Liechtenstein, der Schweiz im Allgemeinen und dem Kanton St. Gallen im Speziellen zeigt, dass in Liechtenstein ein geringerer Prozentsatz der Bevölkerung an Grippe

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Triesenberg 1, Eschen 1

erkrankte, von den Betroffenen hingegen ein weitaus grösserer Prozentsatz verstarb. Ein Prozentsatz, der noch deutlich steigt, wenn die mündlichen Überlieferungen von bis zu 100 Todesopfern in einem Land mit damals gerade einmal knapp 10’000 Einwohnern stimmen. Die gegenüber Liechtenstein höheren Prozentzahlen an Erkrankten in der Schweiz dürften darauf zurückzuführen sein, dass es dort allein unter den während des Ersten Weltkriegs zur Grenzsicherung zusammengezogenen Soldaten viele Tausend Erkrankte und 3000 Grippetote gab. Eine Frage lautet zudem, wie intensiv die Krankheitsfälle erfasst beziehungsweise von den betroffenen Familien auch gemeldet wurden. Es war schwierig, genaue Zahlen zu eruieren. So heisst es etwa im Bericht von Triesen, dass die Grippe «in jedem 2. Haus» festgestellt wurde. Triesenberg meldete in der ersten Oktoberhälfte neun Grippefälle, der Vorsteher bemerkt aber dazu, dass es «sicherlich» mehr Fälle gebe, als gemeldet seien. Und aus Mauren heisst es, dass die Grippe sich

«sehr ausgebreitet» habe und «ca. 200 Personen» in 49 Häusern betroffen seien. Aus anderen Gemeinden kamen sehr allgemein gehaltene Angaben über die Grippefälle. Diese Aussagen zeigen, dass die Erhebungszahlen mit Vorsicht zu interpretieren sind, wie Historiker Rupert Quaderer bemerkt.

Schlechte Versorgung, schwierige Zeiten Eine Erklärung für die hohe Prozentzahl an Verstorbenen im Vergleich zu den Erkrankten kann vielleicht darin gefunden werden, dass die medizinische Versorgung in Liechtenstein nicht dem schweizerischen Standard entsprach. Zu beachten sei auch, so Rupert Quaderer, dass sich die grassierende Grippe mit ihren zum Teil tragischen Folgen in einer Zeit der allgemeinen innen- und aussenpolitischen Umwälzungen ereignete. Zur Aufgabe der Lösung der täglichen Not habe sich auch noch diejenige der politischen Neuorientierung gesellt, hält der Historiker in Band 1 seiner Schriftenreihe fest.


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Prominente Opfer In der Reihenfolge des Todestages: Frederick Trump (* 14. März 1869 in Kallstadt (DE), †27. Mai 1918 in New York City), Unternehmer und Grossvater des amtierenden US-Präsidenten Donald Trump Egon Schiele (* 12. Juni 1890 in Tulln an der Donau, †31. Oktober 1918 in Wien), österreichischer Maler des Expressionismus Guillaume Apollinaire (* 26. August 1880 in Rom, † 9. November 1918 in Paris), französischer Dichter und Schriftsteller Margit Kaffka (* 10. Juni 1880 in Grosskarol, Siebenbürgen, † 1. Dezember 1918 in Budapest), ungarische Schriftstellerin, Dichterin und Publizistin Mark Sykes (* 16. März 1879 in Yorkshire (GB), † 16. Februar 1919 in Paris), britischer Schriftsteller, Offizier, Politiker und Diplomat Francisco Marto (* 11. Juni 1908 in Aljustrel (heute Teil von Fátima, Portugal), † 4. April 1919 in Aljustrel), portugiesischer Heiliger und Zeuge der Marienerscheinung von Fátima Sophie Halberstadt (* 12. April 1893 in Wien, † 25. Januar 1920 in Hamburg), Tochter Sigmund Freuds Jacinta Marto (* 11. März 1910 in Aljustrel (heute Teil von Fátima, Portugal), † 20. Februar 1920 in Lissabon), portugiesische Heilige und Zeugin der Marienerscheinung von Fátima Max Weber (* 21. April 1864 in Erfurt, † 14. Juni 1920 in München), deutscher Soziologe und Ökonom Rosalia Lombardo (* 13. Dezember 1918 in Palermo, † 6. Dezember 1920 in Palermo), Tochter eines italienischen Generals, mumifiziert in der Kapuzinergruft in Palermo

Auch in der Schweizer Armee forderte die Spanische Grippe gegen Ende des Ersten Weltkriegs zahlreiche Todesopfer.

Spanische Grippe: Der Ursprung des Namens Der Name Spanische Grippe entstand, nachdem die ersten Nachrichten über die Seuche aus Spanien kamen. Als neutrales Land hatte Spanien im Ersten Weltkrieg eine relativ liberale Zensur, sodass dort im Unterschied zu anderen betroffenen Ländern Berichte über das Ausmass der Seuche nicht unterdrückt wurden: Nachrichtenagenturen meldeten Ende Mai 1918, dass in ganz Spanien acht Millionen Menschen infiziert waren. In Madrid erkrankte jeder Dritte. Büros und Geschäfte mussten geschlossen werden. Die Strassenbahnen stellten ihren Dienst ein. Unter den Erkrankten waren auch der spanische König Alfons XIII. und einige seiner Kabinettsmitglieder. Die Agencia Fabra kabelte an Reuters in London: »A strange form of disease of epidemic character has appeared in Madrid. The epidemic is of a mild nature, no deaths having been reported.” («Eine merkwürdige Krankheit mit epidemischem Charakter ist in Madrid aufgetreten. Diese Epidemie verläuft harmlos, keine Todesfälle wurden gemeldet.») In den folgenden Presseberichten wurde die Bezeichnung Spanische Grippe gebraucht. In der deutschen Presse durfte zwar nicht über Erkrankungen an der Front berichtet werden, wohl aber ab Anfang Juni 1918 – auch auf den Frontseiten der Zeitungen – über zivile Opfer. In Deutschland wurde sie gelegentlich «Blitzkatarrh» oder «Flandern-Fieber» genannt, amerikanische Soldaten nannten sie «three-day fever» (Drei-Tage-Fieber) oder «purple death» («lila Tod» wegen der Hautverfärbungen), britische Soldaten bezeichneten sie als «flu» oder «flandrische Grippe», die Franzosen als «la grippe» oder «bronchite purulente» (eitrige Bronchitis) und die Italiener – fälschlicherweise – als «Sandfliegen-Fieber». In Spanien hatte sich die Bezeichnung «gripe» eingebürgert. Quellen: NZZ, Januar 2018, lie-zeit, Februar 2018, Deutschlandfunk, März 2020, Dr. Rupert Quaderer, Schriftenreihe «Bewegte Zeiten in Liechtenstein 1914-1926», Vaduz/Zürich, Band 1, Chronos-Verlag, Seiten 475-480, Bilder: Wikipedia, Keystone, Centers for Disease Control and Prevention, Oliver Hartmann


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Die Solidarität ist ein Hoffnungsschimmer in der Krise Das Coronavirus und die Massnahmen zu seiner Eindämmung haben unser aller Leben überaus stark eingeschränkt und sie bringen zwischenmenschliches Leid und teilweise grosse wirtschaftliche Schwierigkeiten mit sich. Dennoch sind wir in Liechtenstein bisher noch in einer vergleichsweise guten Situation und die Krise beinhaltet die Chance, uns als Gesellschaft gestärkt in die Zukunft zu führen. Text: Johannes Kaiser, Landtagsabgeordneter

Es gibt Sätze, die Politiker zu bestimmten Themen oft und gerne benutzen. Zum Teil nutzen sich diese Sätze dann leider auch ab. Ein Satz, welcher derzeit sehr häufig gesagt und geschrieben wird, der sich aber für einmal meines Erachtens nicht abnutzt, ist der folgende: «Besondere Umstände erfordern besondere Massnahmen.»

Ernst der Lage erkannt, aber keine Panik Wir befinden uns zweifellos in einer Zeit besonderer Umstände und die ergriffenen Massnahmen sind so notwendig wie seit langer Zeit beispiellos. Seit der Verfassung von 1862 kennt Liechtenstein das Vereinsrecht, seit der Verfassung von 1921 die Versammlungsfreiheit. Beide Rechte halfen entscheidend mit, den Weg in unsere heutige, freiheitliche und demokratische Gesellschaft zu bahnen und sie tragen zur Kontrolle der Regierenden bei. Heute ist das Vereinsleben temporär zum Erliegen gekommen und die Versammlungsfreiheit praktisch bis zum Ende der Corona-Krise aufgehoben.

Es sind noch zwei andere Aspekte, die mir in der Corona-Krise besonders aufgefallen sind: die allgemeine Solidarität und der Wert des Einsatzes der älteren Menschen für unsere Gesellschaft. Was Liechtensteins Senioren tagtäglich, jahrein und jahraus leisten, zeigt sich gerade jetzt, da sie diese Leistungen eben nicht erbringen können und dürfen. Ich bin mir sicher, dass es den allermeisten bewusst ist, wie dankbar sie unseren Senioren immer wieder sein können. Johannes Kaiser, FBP-Landtagsabgeordneter

Dennoch bin ich der festen Überzeugung, dass wir der Regierung dankbar sein müssen, dass sie diese und viele weitere Massnahmen bis hin zu den Schulschliessungen und dem faktischen Kontaktverbot der Senioren zu ihren Kindern und Enkelkindern ergriffen hat. Die jüngste Entwicklung der Erkrankungszahlen gibt zwar noch keinen Grund zur Ent-


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warnung, aber doch zur Hoffnung, dass die Massnahmen der Regierung Wirkung zeigen. Die transparente Informationsund Kommunikationspolitik der Gesamtregierung – aller fünf Regierungsmitglieder – hat sicher einen wesentlichen Teil dazu beigetragen, dass die Bevölkerung den Ernst der Lage erkannt und die neuen Verhaltensregeln befolgt hat, ohne dabei in Panik auszubrechen.

Regierung, Landtag und Gemeinden Hand in Hand Neben dem gesundheitlichen Aspekt und dem Retten von Menschenleben, die selbstverständlich an erster Stelle stehen und jederzeit stehen müssen, haben vor allem die wirtschaftlichen Auswirkungen des heruntergefahrenen öffentlichen Lebens Liechtenstein, seine Arbeitnehmer und Unternehmer schwer getroffen. Auch diesbezüglich hat die Regierung jedoch grossartig reagiert. Das Hilfspaket wurde in einem Kraftakt in wenigen Tagen geschnürt. Die kurzen Wege und die Agilität des Kleinstaates haben sich dabei einmal mehr bewährt. Mein Dank gilt daher der Regierung, der Task Force und allen Fachleuten in der Landesverwaltung, die eine Gesetzesvorlage in Rekordzeit erarbeitet haben. Die einhellige Zustimmung des Landtags ohne Wenn und Aber hat deren ausserordentliche Arbeit bestätigt und die Solidarität des Gesetzgebers mit der Wirtschaft unter Beweis gestellt. Mein Dank gilt auch den Gemeinden des Landes, die sich entschlossen haben, sich solidarisch zu zeigen und ihren Teil zum 120-Millionen-Franken-Paket beizutragen. Damit ist es möglich, die grösste wirtschaftliche Not zunächst einmal zu lindern. Hoffnung für die Wirtschaft macht mir auch, dass Regierungschef und Finanzminister Adrian Hasler sowie Regierungschef-Stellvertreter und Wirtschaftsminister Daniel Risch bereits weitere staatliche Hilfen in Aussicht gestellt haben, falls dies nötig wird.

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Liechtenstein ist in der glücklichen Lage, ein Hilfspaket wie dieses aus der eigenen Tasche zu stemmen. Es zeigt sich gerade in der aktuellen Situation, wie wichtig es ist, dass der Staat solide Reserven angesammelt hat, um in solchen Krisenzeiten, wie sie beinahe über Nacht über Liechtenstein, Europa und die ganze Welt hereingebrochen sind, wirkungsvoll die Wirt-

Mich freut die grosse Solidarität, die in Liechtenstein herrscht und die uns als Gesellschaft und Gemeinschaft auszeichnet. Untereinander und vollkommen generationsübergreifend ist eine Welle der Solidarität über Liechtenstein hereingebrochen. Einzelne leisten Übermenschliches. Ihnen allen – Jung und Alt – danke ich herzlich. Johannes Kaiser, FBP-Landtagsabgeordneter

schaft – seien es die Industrie, das Gewerbe, die Gastronomie und Hotellerie, die Finanzdienstleiter oder die zahlreichen Einzelunternehmer – und damit die Gesellschaft als Ganzes zu unterstützen.

Solidarischer Einsatz für alle und von allen Es sind aber noch zwei andere Aspekte, die mir in der Corona-Krise besonders aufgefallen sind: die allgemeine Solidarität und der Wert des Einsatzes der älteren Menschen für unsere Gesellschaft. Was Liechtensteins Senioren tagtäglich, jahrein und jahraus leisten, zeigt sich gerade jetzt, da sie diese Leistungen eben nicht erbringen können und dürfen. Ich bin mir sicher, dass es den allermeisten bewusst ist, wie dankbar sie unseren Senioren immer wieder sein können, ihre Kinder in die Obhut der Grosseltern übergeben zu dürfen, um selbst der Erwerbstätigkeit oder der Hausarbeit nachgehen zu können. Besonders

bewusst wird uns dies aber gerade jetzt, wo diese Möglichkeit eben nicht mehr besteht. Im Umkehrschluss freut mich aber auch die grosse Solidarität, die in Liechtenstein herrscht und die uns als Gesellschaft und Gemeinschaft auszeichnet. Viele Einwohnerinnen und Einwohner geben nun durch Einkäufe, Botengänge oder Besuche auf angemessene Distanz etwas an unsere Seniorinnen und Senioren zurück. Aber auch untereinander und vollkommen generationsübergreifend ist eine Welle der Solidarität über Liechtenstein hereingebrochen. Es bilden sich Initiativen und Plattformen, Schüler setzen sich für die Betreuung der Kinder erwerbstätiger Eltern ein, obwohl sie selbst wirklich keine Ferien haben, die Lehrerschaft hat in aller Kürze vom normalen Unterricht auf den virtuellen umgestellt und das medizinische Personal leistet Übermenschliches. Ein grosses Dankeschön gilt daher all den freiwilligen Helfern, den

Ärzten, dem Pf legepersonal, den Verkäufern in den Lebensmittelgeschäften und Apotheken, den Landes- und Gemeindepolizisten und all jenen, die in den Verwaltungen und der Privatwirtschaft dafür sorgen, dass die Grundversorgung gewährleistet ist und unser Leben trotz Ansteckungsrisiken für sie selbst weiterhin einen Anschein der Normalität wahren kann. Ihre Leistung kann nicht genug gewürdigt und verdankt werden.

Nehmen wir den positiven Geist mit Ich bin mir sicher, dass die Welt und Liechtenstein nach der hoffentlich bald überstandenen Corona-Pandemie anders sein werden. Die Erkrankten müssen sich erholen, die Wirtschaft muss wieder zum Laufen kommen und es wird sicher einige Zeit dauern, bis das gesellschaftliche Leben wieder seinen gewohnten Gang geht. Andererseits bin ich mir sicher, dass es uns bereits heute gelungen ist, als Gesellschaft näher zusammenzurücken, inzwischen vollkommen unbedeutende Differenzen zu überwinden und neue Wege zu gehen. Diese Solidarität, dieser Zusammenhalt zeichnen unser Liechtenstein aus. Nehmen wir diese zahlreichen kleinen und grossen positiven Signale mit in die Zeit nach Corona und gestalten wir gemeinsam das Liechtenstein der Zukunft, damit die schreckliche Pandemie doch noch etwas Gutes hat. Kontakt: johannes.kaiser@landtag.li


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Aus dem Vorzimmer auf die grosse diplomatische Bühne Fast vier Jahrzehnte war Claudia Fritsche im diplomatischen Dienst, davon 26 Jahre in den USA. Sie hat Liechtenstein sowohl bei den Vereinten Nationen als auch in Washington D.C. vertreten. Neben dem Wohl ihrer Heimat waren ihr dabei unter anderem die Menschenrechte ein grosses Anliegen – ein Engagement, das sie bis heute prägt. Text: Heribert Beck

«Nelson Mandela hat mich als Persönlichkeit, der ich im Rahmen meiner Jahre in New York begegnet bin, sicherlich am meisten beeindruckt. Das Zusammentreffen mit ihm bleibt unvergesslich, auch wenn es keine lange Konversation war. Es hat bei mir einen tiefen Eindruck hinterlassen, wie er sich nach seiner langen Gefangenschaft ohne jegliche Bitterkeit für die Interessen Südafrikas, allen voran die Abschaffung der Apartheid, eingesetzt und Herausragendes geleistet hat. Ich habe selbst während einem halbjährigen Aufenthalt in Südafrika erfahren, wie menschenunwürdig das System der Apartheid war», sagt Claudia Fritsche. Getroffen hat die liechtensteinische Botschafterin bei den Vereinten Nationen und in den Vereinigten Staaten in ihren mehr als zweieinhalb Jahrzehnten als leitende Diplomatin zahlreiche führende Politiker als aller Welt – darunter vier amtierende US-Präsidenten und drei UNO-Generalsekretäre. «Jemanden wie Nelson Mandela zu treffen, ist aber ein besonderes Privileg.»

Wettbewerb da, Kooperation dort Persönliche Treffen sind es denn auch, die den Diplomatenalltag in New York und Washington stark geprägt haben. Allerdings auf ganz unterschiedliche Weise. «Bei der UNO sind alle Mitgliedsstaaten gleichwertig. Jeder Staat hat einen Sitz und eine Stimme, ob er eine Weltmacht ist oder Liechtenstein. Daher geht es am


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Hauptsitz in New York meist darum, Allianzen zu bilden mit Staaten, welche die gleichen Interessen verfolgen, und Liechtenstein dabei bekannter zu machen, aufzuzeigen, was wir sind und vor allem, was wir nicht sind», sagt Claudia Fritsche. «Eine Botschafterin muss sich also im Prinzip mit allen Mitgliedsstaaten – zu meiner Zeit waren es rund 180 – sowie deren Diplomaten und Politikern befassen und gute Beziehungen zu ihnen pflegen. «Da ich mich schon seit meiner Jugend stark für fremde Länder und Kulturen interessiert habe, empfand ich diese Zeit als überaus bereichernd. Wenn ich für Liechtenstein Respekt beanspruche, muss ich diesen anderen Ländern gegenüber bezeugen.»

Nur ganz wenige Diplomaten haben eine solche Gelegenheit einmal in ihrem Leben. Dafür, dass ich sie gleich zweimal hatte, bin ich sehr dankbar. Claudia Fritsche, ehem. Botschafterin in Washington0

Liechtenstein hat seine UNO-Mitgliedschaft seit dem Beitritt 1990 stets nicht nur als Privileg, sondern auch als Aufgabe empfunden. «Bereits 1991 wollten wir ein brisantes Thema auf die Agenda bringen: das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Gemäss der liechtensteinischen Initiative war nicht ganz auszuschliessen, dass neue Länder entstehen. Daher war unserer Initiative im UNO-Kontext wenig Erfolg beschieden, da es in fast jedem Land mindestens eine Gruppierung gibt, die in irgendeiner Form nach mehr Autonomie oder sogar Unabhängigkeit strebt.» Es freut die ehemalige

Botschafterin, dass das Thema Selbstbestimmung seither auf akademischer Ebene weiterverfolgt wird. «Seine Durchlaucht Fürst Hans-Adam II. hat in der Folge an der Universität Princeton ein Institut eingerichtet und dotiert, das sich heute noch damit befasst.» Und Liechtenstein habe sich nicht entmutigen lassen, sondern bringe sich zu diesem Thema weiter ein und werde damit seinem Ruf als aktiver Kleinstaat gerecht. «In unserem UNO-Engagement mussten wir natürlich Prioritäten setzen. Wir befassen uns aufgrund der begrenzten Ressourcen mit weniger Themen dafür aber auf einem hohen Niveau, und wir haben stets versucht, Themen mit globalen Auswirkungen voranzubringen, unter anderem im Bereich der Menschenrechte.»

«Das Rad nicht neu erfinden» Ganz anders war der diplomatische Dienst in Washington. «Dort zählt vor allem der Nutzen, den ein Land für die Interessen der USA haben kann, was wiederum zu einem grossen Wettbewerb unter den Botschaften führt. Denn alle verfolgen das gleiche Ziel, nämlich die bestmöglichen Beziehungen in Washington und darüber hinaus zu haben. Lobbyarbeit ist dabei ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg. Gute Kontakte, eine gute Vernetzung sind daher das A und O. Das gilt nicht nur für Mitglieder der US-Regierung und Abgeordnete des Kongresses, sondern auch für Universitäten, Think Tanks und Interessensvertretungen», sagt Claudia Fritsche. Die Vertreter von Kleinstaaten und Leiter kleiner Botschaften könnten die Botschafterrolle ohnehin nie ablegen. «Verlässt man die eigenen vier Wände, ist man immer Vertreterin seines Landes. Viele Menschen in den USA kommen in der Person der liechtensteinischen Botschafterin oder des Botschafters zum ersten und vielleicht letzten Mal mit Liechtenstein in Kontakt. Es galt daher, jede sich bietende Gelegenheit zu nutzen, um auf Liechtenstein aufmerksam zu machen.» Um einen Termin bei

den richtigen Leuten zu bekommen, dürfe eine Botschafterin sich ausserdem nie scheuen, um einen Gefallen zu bitten und auf andere zuzugehen. «Das bedeutet unter anderem, viele Einladungen auszusprechen und anzunehmen, aber auch kulturelle Veranstaltungen zu besuchen. Washington hat ein pulsierendes gesellschaftliches Leben. Oft trifft man an Vernissagen oder Konzerten Politikerinnen und Politiker, Regierungsmitglieder oder deren enge Mitarbeiter, Richterinnen und Richter sowie andere einflussreiche Persönlichkeiten, was zu wertvollen Kontakten führen kann. Ich denke, dass ich in Washington von erfahrenen Botschaftern und Botschafterinnen einiges lernen konnte. Denn es nützt wenig, das Rad neu erfinden zu wollen. Eine grosse Hilfe zur Positionierung des Landes war auch, dass es von Regierungsseite stets gewünscht war, die aussenpolitischen Prioritäten Liechtensteins, wenn möglich, auch auf der bilateralen Ebene einzubringen.»

Start-ups in New York und Washington … Claudia Fritsche war in ihrer frühen Zeit als diplomatische Mitarbeiterin immer wieder fallund zeitweise in verschiedenen Positionen und mit unterschiedlichen Aufgaben an den Liechtensteiner Botschaften in Bern und Wien sowie beim Europarat in Strassburg tätig. Schliesslich bereitete sie zusammen mit dem damaligen Leiter des Amtes für Auswärtige Angelegenheiten, Botschafter Roland Marxer, im Auftrag der Regierung den Liechtensteiner UNO-Beitritt vor und klärte in New York bei anderen Staaten ab, ob dem Beitritt allenfalls etwas im Weg stünde. Dem war nicht so, und Liechtenstein wurde im September 1990 als 160. Staat in die Vereinten Nationen aufgenommen. Claudia Fritsche wurde damit beauftragt, Liechtensteins Ständige Vertretung in New York aufzubauen. Die gleiche Aufgabe fiel ihr zwölf Jahre später in Washington D.C. zu. «Dies ist ein seltenes Privileg. Nur ganz wenige Diplomaten haben eine solche Gelegenheit

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einmal in ihrem Leben. Dafür, dass ich sie gleich zweimal hatte, bin ich sehr dankbar. Es ist aber auch so, dass mir Start-ups mehr liegen als der Einstieg in etwas Etabliertes.»

… sowie in Liechtenstein Eine Art Start-up war auch der Liechtensteiner Verein für Menschenrechte, der gegründet wurde, als Claudia Fritsche 2016 aus Washington zurückkehrte und in dessen Vorstand sie als Vizepräsidentin tätig ist. «Es war eine wunderbare Erfahrung, nochmals Auf bauarbeit leisten zu können in einem Themenbereich, der mir während zwölf Jahren bei der UNO sehr am Herzen lag. Der Verein befindet sich inzwischen in seinem vierten Jahr, und ich bin sehr glücklich, wie er sich entwickelt hat. Wir haben eine ausgezeichnete Geschäftsstelle und ich bin überzeugt, dass wir in der Öffentlichkeit immer stärker wahrgenommen werden.» Das Interesse und das Engagement von Claudia Fritsche sind dabei breit gefächert. «Schwerpunkte in meiner Arbeit als Vorstandsmitglied des Vereins für Menschenrechte sind die Situation und Integration von Migrantinnen und Migranten sowie die Gleichstellung von Mann und Frau und damit verbunden die ausgewogene Vertretung von Frauen und Männern in Politik und Wirtschaft.» Wichtig sind Claudia Fritsche aber auch die noch ausstehende Ratifizierung der Behindertenrechtskonvention durch Liechtenstein und die Rechte der LGBTI-Community. «Verunglimpfungen und Hassrede kommen leider auch bei uns immer wieder vor.» Dass es in all diesen Menschenrechtsfragen auch wieder Rückschläge geben wird, ist Claudia Fritsche bewusst. In ihrem Leben als Diplomatin hat sie gelernt, dass diese zum Fortschritt dazugehören. Entmutigen lassen wird sie sich davon aber nicht und sich weiter für das Wohlergehen ihres Landes und seiner Einwohnerinnen und Einwohner einsetzen.


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Frage an …

Zukunftsfähige Mobilität in Liechtenstein Für die Standort- und Lebensqualität in Liechtenstein ist eine funktionierende Mobilität ein zentrales Thema. Vor dem Hintergrund der enormen Arbeitsplatzentwicklung und des Bevölkerungswachstums in den vergangenen fünfzig Jahren wird es immer mehr spürbar, dass die Strassen und Rheinbrücken an ihre Kapazitätsgrenzen stossen. Wohl auch deshalb, weil die Verkehrsinfrastruktur mehr oder weniger auf dem Stand der 1970er-Jahre stehen geblieben ist. Ein grosser Teil der repräsentativ befragten Bevölkerung und der Pendler sowie viele Gewerbetreibende sind sich darin einig, dass gehandelt werden muss. Im Mobilitätskonzept 2030 zeigt die Regierung auf, mit welchen Massnahmen und Projekten eine nachhaltige und zukunftsfähige Mobilität in Liechtenstein auch für kommende Generationen erreicht werden kann.

W

as erwarten Sie sich vom Mobilitätskonzept der Regierung und was sollte in der Verkehrspolitik mit Priorität angegangen werden?

Alexander Batliner, FBP

Manfred Kaufmann, VU

Vom Mobilitätskonzept erwarte ich Antworten, wie die Verkehrsinfrastruktur langfristig ausgerichtet werden soll. Diesbezüglich gehe ich davon aus, dass darin verschiedene Schwerpunkte dargelegt werden. In Bezug auf den Öffentlichen Verkehr erhoffe ich mir einerseits einen Ausbau des grenzüberschreitenden Angebots. Dass dieser Ausbau notwendig ist, hat vor kurzem die Petition zur Einführung der Linie Feldkirch-Ruggell-Salez aufgezeigt. Andererseits erhoffe ich mir, dass das Angebot in die Quartiere, die sogenannte Feinverteilung erweitert wird, wie es nun in Eschen umgesetzt wurde. Zudem erhoffe ich mir durch das Mobilitätskonzept, dass es die Optimierung der Infrastruktur für den motorisierten Individualverkehr darlegt. Auch diesbezüglich sind langfristig Massnahmen unabdingbar, wie beispielsweise der Autobahnzubringer Triesen-Vaduz oder eine Verbesserung der Situation beim Grenzübergang Bendern. Des Weiteren erachte ich es als zwingend, dass dargelegt wird, wie die Dorfzentren entlastet werden können. Hierbei denke ich in erster Linie an die Orte Nendeln, Schaanwald und Ruggell, deren Dorfzentren durch den steigenden Verkehr stark belastet werden, was auf Dauer keine Alternative mehr sein darf.

Das unter Federführung von Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch ausgearbeitete Mobilitätskonzept 2030 ist für mich ein wichtiges Signal. Die vergangenen Wochen haben uns gelehrt, wie wichtig es ist, auf mögliche Szenarien optimal vorbereitet zu sein und rechtzeitig Massnahmen zu treffen. Wir haben die Chance, vorzusorgen und eine Verschlimmerung der Verkehrssituation abzuwenden. Das sollten wir genau jetzt tun. Infrastrukturmassnahmen nehmen im Verkehrsbereich viel Zeit in Anspruch. Deshalb erwarte ich vom Mobilitätskonzept, dass es dem Landtag den Weg zu einer nachhaltigen Lösung aufzeigt. So können wir in den kommenden Wochen entscheidende Schritte in Richtung eines attraktiven, mobilen und wirtschaftlich starken Liechtensteins für die kommenden Jahrzehnte setzen.

Antworten auf FBP-Interpellation Darüber hinaus ist die Regierung noch die Antworten der FBP-Interpellation zur allfälligen Anbindung und Weiterführung der S-Bahn FL-A-CH schuldig, mit welcher die Regierung aufzeigen soll, wie das Oberland und die stark wachsenden Industriegebiete Ruggell und Bendern an ein etwaiges S-Bahn-Netz angeschlossen werden könnten. Von dieser Interpellationsbeantwortung erwarte ich auch eine Darlegung konkreter Visionen. Dies umso mehr, als ich davon ausgehe, dass ohne klare Vision, wie die von der S-Bahn nicht tangierten Gemeinden an diese angeschlossen werden können, es schwierig werden dürfte, bei einer Volksabstimmung eine Mehrheit für das S-Bahn-Projekt zu erhalten.

Ich begrüsse es, dass sich Daniel Risch für einen ausgewogenen Mix aller Verkehrsträger ausgesprochen hat. Liechtenstein ist auch ein Land der Autofahrer. Gemäss der Befragung vom vergangenen Herbst gibt es Umsteigebereitschaft auf einen attraktiven ÖV. Der Langsamverkehr gewinnt in Liechtenstein immer mehr an Bedeutung. Diese Einflussfaktoren wird das Mobilitätskonzept zu berücksichtigen haben. Dann bin ich überzeugt, dass wir alle gemeinsam eine zukunftsfähige Lösung finden werden. Wichtig ist, dass wir bereit sind, auch bei persönlichen Präferenzen für ein bestimmtes Verkehrsmittel zum Gesamtkonzept Ja zu sagen und die für alle anderen Verkehrsträger geplanten Massnahmen ebenfalls zu unterstützen. Wenn wir in der Gestaltung der Mobilität als Bevölkerung zusammenhalten, können wir alle einen Beitrag zu einer zukunftsfähigen Verkehrsinfrastruktur im Land leisten.


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Patrick Risch, FL

Ado Vogt, DU

Herbert Elkuch, DPL

Ich erwarte nicht nur ein Mobilitätskonzept mit möglichen Entwicklungen und Szenarien, sondern ein Massnahmenpaket, welches konkret umgesetzt werden kann und wird. Wir haben im Land schon unzählige Konzepte gesehen, aber wirklich viel passiert ist in den letzten Jahrzehnten nicht. Es muss ein guter Mix aller Verkehrsmittel sein, wobei der Fokus klar auf dem Ausbau und der Optimierung des öffentlichen Verkehrs und auf dem Langsamverkehr inklusive Fahrradnetz liegen muss. Dazu gehört auch ein umfassendes betriebliches Mobilitätsmanagement mit Parkplatzbewirtschaftung.

Das neue Mobilitätskonzept wurde angekündigt, liegt aber noch nicht vor. Es wird unter anderem anhand der repräsentativen Mobilitätsumfrage, die letztes Jahr durchgeführt wurde, erstellt. Aus der Umfrage wird schon mal klar, was sich wir, die Liechtensteiner, erwarten. Das Auto habe nach wie vor hohen Stellenwert. Es zeigt sich, dass zum Beispiel die (Wieder-)Einführung von Busbuchten und Busspuren zur Förderung des motorisierten Individualverkehrs gewünscht wird. Aber auch der ÖV ist erwünscht.

Das Mobilitätskonzept zeigt eine Vielfalt an Massnahmen, welche zur flüssigen Verkehrsabwicklung beitragen können. Solche Studien ergeben aber nur Sinn, wenn wenigstens ein Teil umgesetzt wird. Die Autobahnanschlüsse Bendern, Schaan und Vaduz stossen in den nächsten Jahren an die Kapazitätsgrenze. Diese Grenzübergänge sollten ausgebaut werden. Dies ist nur in Zusammenarbeit mit der Schweiz möglich. Die Brücke in Bendern sollte vierspurig sein, damit die Ein- und Ausfahrt der Autobahn auf die äusseren Spuren links und rechts verlegt werden kann. Im Mobilitätskonzept 2030 ist kein Kapitel der Tunnelspinne in Feldkirch gewidmet, die wahrscheinlich gebaut wird. Hier müsste doch bereits jetzt nachgedacht werden, ob die Hauptverkehrsachse im Unterland, Feldkirch-Haag, in Zukunft ausserhalb der Dörfer verlagert werden soll und kann. Die Tunnelspinne wird gebaut, um in Stosszeiten die Kapazität auf österreichischer Seite zu erhöhen. Wird auf liechtensteinischer Seite nichts gemacht, verlagert sich das Problem auf unsere Seite. Wäre es möglich, eine Durchgangsstrasse westlich der Bahnlinie und dann entlang der Esche bis zur Rheinbrücke Bendern zu bauen? Damit wären die Industrieanschlüsse für Mauren, Eschen, Bendern, teils für Schaan sowie der Transitverkehr weitgehend ausserhalb bewohnter Gebiete. Die Strassen zu den Grenzübergängen sollten kurz und für schnellen Verkehrsfluss ausgelegt sein. Ein Bestandteil attraktiver Arbeitsplätze ist eine gute Verkehrsanbindung für alle Formen der Fortbewegung, also auch für Busse und Fahrräder. In der S-Bahn sehe ich keine wesentliche Entlastung. Über 100'000 Personen überqueren täglich die Grenzen. Im Jahr 2018 benutzten an Werktagen ab Buchs 171, ab Feldkirch 434 Personen die S-Bahn. Ebenfalls keine Zeile ist im Mobilitätskonzept 2030 den Werkbussen gewidmet.

Derzeit greifen die Menschen aus Angst vor Ansteckung mit dem Coronavirus vermehrt wieder zum Autoschlüssel, wodurch der öffentliche Verkehr etwas im Nachteil ist. Gefordert sind bald intensive Begleitmassnahmen, damit sich die Verteilung wieder normalisiert und die Leute wieder angstfrei in den Bus steigen.

Etwas überspitzt könnte man sagen, dass wir Liechtensteiner wieder einmal «'s Füüferli und 's Weggli» wollen. Das klingt nach Überheblichkeit, in der Verkehrspolitik ist es aber gar nicht so schlecht, «alles» zu wollen. Wichtig ist, nicht einen Verkehrsträger gegen den anderen auszuspielen. Ich bin überzeugt, dass wir keine substanzielle Investition beim Volk durchbringen, wenn Bus gegen Auto oder Auto gegen Velo ausgespielt wird. Jeder Verkehrsträger hat seine Berechtigung, denn auf der Strasse fahren ja nicht nur Autos, sondern auch Busse, LKW, und auch Hybrid- und Elektroautos. Wir sollten den Mut haben, alle Verkehrsträger in einer umfassenden Lösung zu berücksichtigen. Wieso nicht Busspuren entlang der Hauptachsen bauen, das können separate Trassen sein. Dort fahren Busse, Autos mit mehr als zwei Insassen und anfangs Elektrofahrzeuge. Wieso nicht die Lücken bei den Velowegen schliessen? Wieso nicht bei den grossen Industrie- und Gewerbegebieten Industriezubringer bauen respektive weiterziehen und diese dann einhausen. Wieso keine S-Bahn: den Busverkehr haben wir im Griff, er ist flexibler, den Takt kann man anpassen und die Feinverteilung ist einfacher. Bei der S-Bahn bewegen wir uns auf fremdem Gebiet, und die Anbindung nur mit dem Unterland löst gar kein Problem.

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Berufsstart Fiona Hoop (4.v.l.) und Davide Rizzo (2.v.r.) mit ihren neuen Kolleginnen und Kollegen an ihrem ersten Arbeitstag

Schnell auf den eigenen Beinen stehen Damit der Start in die Berufswelt gelingt, braucht es mindestens zwei Zutaten: das eigene Engagement und das Engagement des Arbeitgebers. Letzteres ist bei der LGT garantiert. Die Lernenden erhalten eine solide Ausbildung, die nicht nur auf der fachlichen Ebene alles vermittelt, was es für ein erfolgreiches Arbeitsleben braucht. Text: LGT

Die LGT bildet Lernende in zwei Berufsfeldern aus. Interessierte haben die Wahl zwischen der IT-Lehre mit Schwerpunkt Systemtechniker sowie der Lehre zur Kauffrau bzw. zum Kaufmann Branche Bank. In beiden Lehrberufen werden die Lernenden durch langjährige, erfahrene Mitarbeitende begleitet und gefördert. Sie erhalten von Beginn an Einblicke in die Vermögensanlage

oder das Kreditgeschäft sowie in die Arbeitsweise der Bank. Ihr Wissen erarbeiten sich die Lernenden zum einen in der täglichen Arbeit, zum anderen in überbetrieblichen Kursen, in der Berufsschule und in unternehmensinternen Schulungen. Der bankfachlichen Lehrabschlussprüfung geht eine intensive Vorbereitung inklusive Vorbereitungslager zur Lehrabschlussprüfung vor-

aus und unterstützt die Lernenden damit optimal, um den Lehrabschluss mit Erfolg zu meistern.

Die Lehre als Grundlage für die spätere Karriere Zara Wagner hat bis dahin noch etwas Zeit; sie ist im zweiten Lehrjahr zur Kauffrau bei der LGT und hat schon mehrere Bereiche


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der Bank kennengelernt: «Während unserer Ausbildung arbeiten wir in verschiedenen Abteilungen, man lernt ständig etwas Neues. In den drei Monaten am Schalter hatte ich zum Beispiel viel mit Kunden zu tun; auch in der Kundenberatung, aber dort auf eine andere Weise. Ich war auch schon in Back-Office-Abteilungen und habe administrative Tätigkeiten kennengelernt. Durch die Lehre bei der LGT bekommt man Einblicke in die ganze Welt der Bank und kann die Theorie sofort in die Praxis umsetzen.» Die Lehre ist auch für Fiona Hoop, die im ersten Lehrjahr zur Kauffrau bei der LGT ist, ein guter Einstieg ins Berufsleben: «Ich finde es gut, bereits jetzt berufliche Erfahrungen zu sammeln. Wenn man sein erstes eigenes Geld verdient, lernt man den Umgang damit, und man wird in vielen Bereichen früher selbstständig.» Doch Fiona denkt schon viel weiter – an die «Möglichkeiten, nach der Lehre aufzusteigen oder auch Weiterbildungen zu machen.» Für sie ist die LGT daher «ein guter Ort, eine Lehre zu machen; sie hat einen sehr guten Ruf und ist international an den wichtigsten Finanzzentren vertreten. So hat man nach der Lehre vielleicht auch einmal die Möglichkeit, im Ausland zu arbeiten.»

Im Lernendenlager die eigenen Grenzen testen Bis dahin aber gilt es, noch einiges zu lernen: das umfangreiche Bankenfachwissen, den Umgang mit Kunden oder auch, Verantwortung für Projekte zu übernehmen – so betreuen die Lernenden der LGT etwa einen eigenen Instagram-Account. Unter #LGTyoung zeigen sie laufend, was sie während ihrer Ausbildung bei der LGT erleben. Einen besonderen Stellenwert hat für die LGT auch die Persönlichkeitsbildung ihrer Lernenden. Deshalb veranstaltet die Bank jährlich ein einwöchiges Lernendenlager mit wechselnden Programmen. Davide Rizzo ist im ersten Lehrjahr zum IT-Techniker und hat bereits an einem Lager teilgenommen. Er findet: «Das Lager ist eine gute Idee. Es war eine Möglichkeit, die anderen Lernenden besser kennenzulernen.» Das war auch für Fiona Hoop im ersten Jahr wichtig, «da wir im normalen Arbeitsalltag die älteren Lernenden nicht so viel sehen und im Lernendenlager von den Erfahrungen der anderen profitieren können.» Die Lernenden berichten aber auch von sehr viel Spass und Teamwork – im letzten Jahr gab es eine Sportwoche, die mit Klettern, Jog-

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Durch die Lehre bei der LGT bekommt man Einblick in die ganze Welt der Bank und kann die Theorie sofort in die Praxis umsetzen. Zara Wagner, Lernende

gen, River Rafting und sogar Skifahren auf dem Gletscher ausgefüllt war. Ihre Teamarbeit stärkten die Lernenden zusätzlich mit Workshops.

Engagiert in Nachhaltigkeitsprojekten Einige Lernende sind auch in Sachen Klimaund Umweltschutz aktiv. Ihre Ideen sind bei der LGT gern gesehen, denn die Bank ist Sponsor am Projekt «Fürstentum Liechtenstein – Pionier(e) für eine nachhaltige Gesellschaft» der Stiftung «myclimate» und stiftet den Preis für die erste Durchführung der «Energie- und Klimawerkstatt», einem nationalen Projektwettbewerb für Lernende. Daher machen sich bei der LGT derzeit neun Lernende in vier Projektgruppen Gedanken über mögliche Klimaschutzprojekte. Diese werden sie bis Ende Juli selbst planen und anschliessend umsetzen. Zara Wagner erzählt von ihrer Gruppe: «Mit unserem Projekt machen wir die Angestellten der LGT darauf aufmerksam, wie viel Einfluss die Lebensmittelindustrie auf unser Klima hat. Wir möchten vermitteln, wie man sich gesund und klimafreundlich ernähren kann; dabei zeigen wir Alternativen auf, ohne jemanden zum Vegetarier oder Veganer machen zu wollen.» Für alle Gruppen und Projekte ist der Ansporn gross, etwas für das Klima zu tun. Hinzu kommt noch eine persönliche Herausforderung: Die besten Projekte, die in der landesweiten Energieund Klimawerkstatt entstehen, werden nach den Sommerferien prämiert. Persönlich wachsen in der LernendenAcademy Wer bei der LGT Bereitschaft zur persönlichen Reflexion zeigt, darf an der LGT Academy4trainees teilnehmen. Diese findet dieses Jahr auf Schloss Freudenfels statt

und stellt die Stärkung der Persönlichkeit in den Fokus. Dazu gibt es für die Lernenden ein vielseitiges Programm mit unterschiedlichen Schwerpunkten – es geht um Motivation, Leidenschaft, Körperbewusstsein, Gedächtnisleistung, Kreativität, Teamgeist. Aber auch der Einsatz für das Gemeinwohl hat einen festen Platz in der Lernenden-Academy. Wie unlängst, als die Jugendlichen einen ganzen Tag lang Waldflächen für die Wiederaufforstung vorbereiteten, die zuvor von Unwettern stark beschädigt wurden. Sie befreiten den Boden von Astwerk und polsterten mit diesem die Zufahrtswege. So wurde Platz für neue Bäume geschaffen.

Die Zutaten für einen guten Start ins Berufsleben Bei so viel Engagement von allen Seiten entsteht eine professionelle Ausbildung mit reichlich Abwechslung und persönlichem Freiraum. Aber was muss man mitbringen, um für eine Lehre bei der LGT gerüstet zu sein? Dazu hat die Lernendenverantwortliche Nicole Marthy ein einfaches Rezept: «Das Wichtigste ist sicher Interesse am Bankwesen und Freude am Umgang mit Menschen. Aber auch Fleiss in der Schule gehört zur Basis für den Start in die Berufswelt. Wir freuen uns über jede Anmeldung zu den Schnuppertagen, an denen interessierte Jugendliche mehr über unser Ausbildungsangebot erfahren.»

Schnuppertage Die LGT bietet jedes Jahr sechs Ausbildungsplätze für KV-Lernende und zwei für IT-Lernende Systemtechnik. Die Schnuppertage für IT-Lernende finden am 19.und 22. Juni 2020 statt, diejenigen für KV-Lernende am 16., 18. und 24. Juni 2020. Weitere Informationen und Anmeldung: www.lgt.li/lehre


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Neue Bank AG, Vaduz ist fit für die Zukunft Abschluss per Ende 2019 mit Jahresgewinn in Höhe von 8.9 Millionen Franken Die NEUE BANK AG konnte im Jahr 2019 einen Bruttogewinn von 106 Millionen Franken erzielen. Die betreuten Kundenvermögen erhöhten sich um 366.3 Millionen oder 6.9 Prozent auf 5'668.2 Millionen Franken. Der Verwaltungsrat wird der Generalversammlung eine Dividende von 17 Prozent auf das Aktienkapital vorschlagen. «Das Geschäftsjahr 2019 geht als Jahr der Erneuerung und Weiterentwicklung in die Geschichte der NEUE BANK AG ein», so lic. oec. Karlheinz Ospelt, Präsident des Verwaltungsrates der NEUE BANK AG. «Die Bank setzte ihre Schwerpunkte auf den weiteren Ausbau der Digitalisierung, die Erweiterung ihres Beratungsangebots durch die umfassende Finanzplanung sowie den Aufbau eines Family Office.» Trotz dieser arbeits- und kostenintensiven Investitionen sowie unter Berücksichtigung des unverändert anspruchsvollen wirtschaftlichen und politischen Umfelds konnte die NEUE BANK AG einen Jahresgewinn von 8.9 Millionen Franken erzielen. Nachdem in den beiden vergangenen Jahren der Gewinn deutlich gesteigert werden konnte, bedeutet dies einen Rückgang von 14.8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die getroffenen Massnahmen sind eine Investition in die Zukunft und werden sich in den folgenden Jahren positiv bemerkbar machen.

Reorganisationen und Strukturanpassungen Mit dem Ausscheiden von Willy Bürzle, der seit der Gründung der Bank im Jahr 1992 Mitglied der Geschäftsleitung war, musste diese per 1. Juni 2019 ergänzt und reorganisiert werden. Sie erhielt mit Pietro Leone, welcher seit 2007 als Mitglied der Geschäftsleitung amtiert, erstmals einen Vorsitzenden. Zusammen

mit Dr. Reinhard Malin, lic. oec. Claudia Jehle-Ospelt und Thomas Hemmerle übernahm ein Viererteam ab Juni die operative Leitung der Bank.

Positive Entwicklung beim Bestand an Hypothekarforderungen Der erwähnte Ausbau des Dienstleistungsangebots führte zu einem Anstieg des Geschäftsaufwandes um 6.8 Prozent auf 16.7 Millionen Franken, wobei die Erhöhung dank effizienter Kostenkontrolle unter den budgetierten Vorgaben blieb. Die Cost-Inco-

me-Ratio stieg aufgrund der für die Zukunft getätigten Investitionen von 54.6 Prozent auf 61.1 Prozent an und liegt damit in der Grössenordnung der Jahre 2014 und 2015. Positiv entwickelte sich der Bestand an Hypothekarforderungen, der mit einem Plus von 15.1 Prozent auf 262.4 Millionen Franken deutlich gesteigert werden konnte. Trotzdem führten die anhaltenden Negativzinsen in den Währungen Schweizer Franken und Euro sowie das im US-Dollar tiefere Zinsniveau zu

einem gegenüber dem Vorjahr um 14.3 Prozent verminderten Erfolg aus dem Zinsengeschäft von 6.7 Millionen Franken. Der Erfolg aus dem Kommissionsund Dienstleistungsgeschäft belief sich aufgrund zurückhaltender Kundenaktivitäten auf 14.5 Millionen Franken und lag damit 4.6 Prozent hinter dem Vorjahreswert. Erfreulicherweise verzeichnete der Erfolg aus Finanzgeschäften ein Plus von 9.6 Prozent auf CHF 6.1 Millionen Franken.


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Kurzarbeit aufgrund der Sondersituation Coronavirus Die momentane wirtschaftliche Lage gestaltet sich für sehr viele Personen schwierig. Unternehmer müssen ihren Betrieb einschränken, Arbeitnehmer fürchten um ihren Job, da der Unternehmer zum Beispiel nur mehr eine geringere Anzahl an Arbeitnehmern benötigt. Einen Weg, um Kündigungen zu verhindern, stellt die Kurzarbeit dar, die im folgenden Artikel kurz beleuchtet wird. Text: Thomas Nigg, Rechtsanwalt und Senior Partner

Allgemeines und Hintergrund Bereits im Arbeitslosenversicherungsgesetz (ALVG) ist die Möglichkeit der Kurzarbeit vorgesehen, die dazugehörige Verordnung, die Arbeitslosenversicherungsverordnung (ALVV), konkretisiert das Gesetz in gewissen Punkten. Grundgedanke der unter anderem darin beschriebenen Kurzarbeit ist es, Arbeitnehmer zu unterstützen, deren normale Arbeitszeit verkürzt wird, da der Arbeitgeber nicht mehr dazu in der Lage ist, den Arbeitnehmer voll zu beschäftigen. Die Einführung von Kurzarbeit soll dazu beitragen, dass es zu weniger Kündigungen kommt. Anstatt der Vollzeitbeschäftigung von ein paar wenigen Arbeitnehmern, befürwortet das ALVG die Beschäftigung von vielen Arbeitnehmern zu verkürzten Arbeitszeiten. Aufgrund der nunmehrigen Lage, resultierend aus dem sich ausbreitenden Coronavirus, sah sich die Regierung dazu veranlasst, die Voraussetzungen für die Kurzarbeit etwas zu lockern.

Rechtslage nach der neuen Verordnung Am 17. März 2020 erliess die Regierung deshalb eine neue Verordnung betreffend die Ausrichtung von Kurzarbeitsentschädigung zum Ausgleich der wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus. Kurzarbeit liegt nur dann vor, wenn die aktuelle Arbeitszeit,

selbst unter Einbeziehung der Überstunden, nicht das Ausmass der normalen Arbeitszeit erreicht und dies in einem Kalendermonat zumindest zwei volle Arbeitstage ausmacht. In diesem Fall kann der Arbeitgeber die Kurzarbeit beim Amt für Volkswirtschaft anmelden, um Unterstützung für den Arbeitnehmer zu erlangen. Damit die Bestimmungen der neuen Verordnung angewendet werden können, muss der Arbeitsausfall auf den Coronavirus zurückzuführen sein. Überdies wird gefordert, dass der Arbeitsausfall nicht aus Umständen resultiert, die der Arbeitgeber selbst zu vertreten hat. Auch der Arbeitnehmer muss gewisse Voraussetzungen, die in Art. 39 ALVG allgemein geregelt sind, erfüllen, andernfalls steht ihm keine Unterstützung zu. So wird gefordert, dass er beitragspflichtig ist oder er das Mindestalter für die Beitragspflicht in der AHV noch nicht erreicht hat. Des Weiteren muss das Arbeitsverhältnis noch bestehen bzw. dessen Kündigung durch die Kurzarbeit verhindert werden. Zwecks Nachvollziehbarkeit des Arbeitsausfalles ist es notwendig, die betrieblichen Arbeitszeiten genau festzuhalten. Die Anmeldung der Kurzarbeit muss unterschiedlichste Informationen über den Betrieb enthalten, damit sich das Amt für Volkswirtschaft ein Bild über die Lage machen und anhand dieser

eine Entscheidung fällen kann. Unter anderem muss die Anmeldung Details über das Ausmass und die Dauer der Kurzarbeit, die wirtschaftlichen Aussichten des Betriebes sowie Angaben darüber, welche Arbeitnehmer davon betroffen sind, beinhalten. Die Anmeldung muss einen Tag vor Beginn der Kurzarbeit erfolgen.

Ablauf nach Anmeldung Nach erfolgreicher Anmeldung der Kurzarbeit beim Amt für Volkswirtschaft hat der Arbeitgeber weiterhin den vertraglich vereinbarten Lohn anteilmässig – er zieht die ausgefallene Arbeitszeit ab – sowie die vollen Sozialversicherungsbeiträge auszubezahlen. Zusätzlich obliegt es dem Arbeitgeber, 80% des anrechenbaren Verdienstausfalles im Voraus, zusammen mit dem anteilmässigen Lohn, auszubezahlen. Die Kurzarbeitsentschädigung erhält er erst am Ende jeder Abrechnungsperiode. Die Unterstützung beträgt 60%, sodass der Arbeitgeber die restlichen 20% selbst zu tragen und zu finanzieren hat. Fazit Das Instrument der Kurzarbeit ermöglicht es Unternehmern, Beschäftigungsverhältnisse weiterhin aufrechtzuerhalten, auch wenn sich die Arbeitsauslastung verringern sollte. Dies schafft Sicherheit für Arbeitnehmer, zumal ein Teil ihres Lohns durch die Anmeldung zur Kurzarbeit gesichert ist.

M.A. HSG THOMAS NIGG, LL.M. Rechtsanwalt und Senior Partner

Über die Person Thomas Nigg ist seit 2010 als Rechtsanwalt in Liechtenstein zugelassen. Schwerpunktmässig beschäftigt er sich mit Gesellschafts-, Stiftungs- und Trustrecht. Darüber hinaus befasst sich Thomas Nigg mit Fragen des allgemeinen Zivil- und Strafrechts, insbesondere unter dem Blickpunkt des Wirtschaftsrechts.

Wuhrstrasse 6 9490 Vaduz T +423 236 30 80 office@gasserpartner.com www.gasserpartner.com


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SONDERTHEMA BILDUNG

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«Niemand soll in der Schullaufbahn beeinträchtigt sein» Liechtensteins Schüler, Eltern und Lehrer sind aufgrund der Schulschliessungen derzeit besonders gefordert. Bildungsministerin Dominique Hasler betont aber, dass der Fernunterricht trotz aller Herausforderungen gut angelaufen ist. Die Umstellung innert weniger als 48 Stunden ist eine historische Teamleistung, wofür insbesondere den Schulen und den Familien grosser Respekt und Dank gebührt. Text: Heribert Beck Frau Bildungsministerin, die Situation rund um das Coronavirus ist einmalig für Liechtenstein und die Schutzmassnahmen der Regierung sind in vielen Bereichen einschneidend. Gerade auch im Bildungsbereich. Zunächst nahm die Regierung von Schulschliessungen Abstand. Warum hat sie sich schliesslich dennoch dazu durchgerungen? Regierungsräten Dominique Hasler: Am 11. März 2020 hat die WHO den Ausbruch des Coronavirus als Pandemie eingestuft. Die sehr dynamische Situation verlangt, dass die Lage laufend neu beurteilt und die Strategie anpasst wird. Die Regierung des Fürstentums Liechtenstein setzt alles daran, eine Ausbreitung des Coronavirus so gut wie möglich zu verlangsamen und damit eine Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern. Bei den Massnahmen, welche die Regierung unter dem Kontext des Coronavirus trifft, stehen die Gesundheit und der Schutz der Bevölkerung im Zentrum. Wie sehen die flankierenden Massnahmen zum Lernen zu Hause – oder Homeschooling – aus? Seit dem Tag der Schulschliessung am 13. März 2020 wurde ein Grundsatz ins Zentrum gestellt und so im Auftrag an die Schulen kommuniziert: «Kein Kind, kein Jugendlicher soll wegen dieser ausserordentlichen Situation in der Schullaufbahn beeinträchtigt sein!» Die Familien sind derzeit ausserordentlich belastet. Fernlernen braucht mehr Zeit als Präsenzlernen. Die Klassenlehrperson hat daher den

Auftrag, die Arbeitsaufträge zu koordinieren. Es ist wichtig, dass sich die Lehrpersonen untereinander gut absprechen, damit die Schülerinnen und Schüler nicht zu viele Aufträge bekommen. Es wurden Richtwerte für die Arbeitszeiten der Schülerinnen und Schüler definiert und zudem müssen auch ein Anteil musisch-kreative Aufgaben gestellt und Bewegungsaufträge gegeben werden. Die Lehrpersonen sind ferner auch angehalten, mit den Schülerinnen und Schülern sowie den Eltern in regelmässigem Austausch zu stehen, um ein Feedback zu erhalten und entsprechend den individuellen Bedürfnissen im Rahmen der Möglichkeiten Unterstützung bieten zu können. Wie reagieren Schüler, Eltern und Lehrer auf die neue Situation? Trotz der sehr herausfordernden Situation ist der Fernunterricht insgesamt erstaunlich gut angelaufen. An dieser Stelle möchte ich mich auch ausdrücklich bei den Eltern für ihr grosses Verständnis und Engagement bedanken. Selbstverständlich kann nicht schon alles in den ersten zwei oder drei Wochen optimal organisiert sein. Die Kommunikation spielt daher eine zentrale Rolle, um den Kontakt mit den Schülerinnen und Schülern zu halten und ihre Bedürfnisse und Fragen fortlaufend aufzunehmen. Die Schulen holen laufend Feedbacks ein, um den Fernunterricht, die Kommunikation und die Aufträge zu optimieren. Auch die Eltern müssen regelmässig und direkt informiert werden,

damit die Lernziele und Kompetenzen bestmöglich erarbeitet werden können. Umgekehrt ist es jedoch auch wichtig, dass sich die Eltern bei Fragen oder Anliegen jederzeit an Lehrpersonen wenden. Ferner helfen ein Wochenplan und ein strukturierter Tagesablauf dabei, mit der Krise konstruktiv umzugehen.

Wie ist es in weniger als 24 Stunden gelungen, die Umstellungen zu bewerkstelligen und umzusetzen? Es gibt einen Pandemieplan und ein Kriseninterventionsmanagement. Mit einer Krise dieser Tragweite hat aber wohl niemand wirklich gerechnet. Schulschliessungen hat es in die-

Bildungsministerin Dominique Hasler: «Schulamt, Schulleitungen, Lehrpersonen, Eltern und Schülerinnen und Schüler arbeiten jeden Tag daran, die ausserordentliche Lage zu bewältigen und das Beste aus den Umständen zu machen.»

Die Kinder und Jugendlichen sollen nicht überflutet werden mit Aufträgen, sondern koordiniert über die Klassenlehrpersonen im Fernunterricht begleitet werden. Die momentane ausserordentliche Lage trägt auch dazu bei, die fächerübergreifenden Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler zu stärken. Gelernt werden in dieser Krisensituation vor allem auch soziale Kompetenzen. Im Lehrplan «LiLe» sprechen wir dabei von überfachlichen Kompetenzen, den sogenannten personalen, sozialen und methodischen Kompetenzen.

ser Form in Liechtenstein in seiner ganzen Geschichte noch nie gegeben. Dennoch ist es gelungen, in nicht einmal 24 Stunden 4‘800 Schülerinnen und Schüler und 760 Lehrpersonen über die aktuelle Situation zu informieren, um dann gemeinsam sicherzustellen, dass ein geordneter Übergang vom Präsenz- zum Fernunterricht erfolgt. Auch die innerhalb von kurzer Zeit erarbeiteten Richtlinien für den Fernunterricht haben sehr geholfen, rasch klare Strukturen und Orientierung zu schaffen. Dabei konnten wir auf eine engagierte Lehrerschaft zählen, welche die Herausforderung angenommen hat und den Fernunterricht nun


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mit sehr viel Engagement und didaktischem Ideenreichtum gestaltet. Vom Schulamt wurde zudem sofort eine Hotline für Fragen eingerichtet. Schulamt, Schulleitungen, Lehrpersonen, Eltern und Schülerinnen und Schüler arbeiten jeden Tag daran, die ausserordentliche Lage zu bewältigen und das Beste aus den Umständen zu machen. Das ist eine historisch eindrückliche Teamleistung, wofür jedem Einzelnen grösster Respekt und Dank gebührt. Wie geht es nun weiter, falls auch nach den Osterferien kein Präsenzunterricht möglich ist? Derzeit wird intensiv an verschiedenen Szenarien gearbeitet, um möglichst vorausschauend auf unterschiedliche Entwicklungen vorbereitet zu sein. Die Lage muss weiterhin laufend neu beurteilt werden. Die genauen Regelungen zur Schullauf bahn hängen daher auch stark von der weiteren Entwicklung der Corona-Pandemie ab.

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SONDERTHEMA BILDUNG

Wie werden Prüfungen und Klassenarbeiten abgehalten? Dies wird durch die Lehrpersonen geregelt. Sie kann Aufträge benoten und mündliche und schriftliche Beiträge, wo sinnvoll, in die Beurteilung einfliessen lassen. Lernen braucht grundsätzlich immer auch Feedback. Es wird momentan alles daran gesetzt, dass die Coronakrise möglichst keine negativen Auswirkungen auf die Schullauf bahn unserer Schülerinnen und Schüler hat. Um dieses Ziel zu erreichen, werden alle anstehenden Verfahren und Entscheidungen entsprechend angepasst.

Maturaprüfungen auf Ende des Schuljahres im Sommer 2020 organisiert und durchgeführt werden können. Diese Fragestellungen werden mit hoher Priorität bearbeitet, und sobald sie geklärt sind, werden die Betroffenen selbstverständlich umgehend informiert.

Im Malarsch 4 FL-9494 Schaan

Was bedeutet dies für die Oberund Realschüler sowie die Maturanten, die in Kürze ihren Abschluss machen sollten? Derzeit wird von den zuständigen Bildungsbehörden, wo dies nötig ist in Abstimmung mit den schweizerischen Bildungsgremien, geprüft, wie Übertrittsverfahren, Aufnahme-, Schul- und Lehrabschlussprüfungen sowie

Krise unterschiedlich betroffen sind, wird davon ausgegangen, dass teilweise branchenbezogene Lösungen gefunden werden müssen. Das Amt für Berufsbildung und Berufsberatung wird die heimischen Lehrbetriebe in dieser besonderen und herausfordernden Ausnahmesituation direkt, laufend und aktuell über die weiteren Vorgehensschritte informieren.

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Wie werden die Lehrabschlussprüfungen in dieser Zeit sichergestellt? Ziel ist es, allen Lernenden im letzten Ausbildungsjahr der beruflichen Grundbildung im Sommer 2020 die Möglichkeit eines Lehrabschlusses zu gewähren. Jedoch sind die Modalitäten und die Organisation der Qualifikationsverfahren in dieser ausserordentlichen Lage unter Einbezug der zuständigen Trägerschaften anzupassen. Die zuständigen Verbundpartner in der Schweiz suchen derzeit nach entsprechenden Lösungen, die auch für Liechtenstein Gültigkeit haben werden. Da die einzelnen Branchen von der gegenwärtigen

Die ganze Krise ist – hoffentlich – eines Tages überstanden. Wie geht es dann weiter mit dem Unterricht? Wird von einen auf den anderen Tag wieder angefangen oder ist eine gewisse Zeit des Repetierens eingeplant? Gerade auch im Bereich des Förderunterrichts ist derzeit sehr viel Engagement festzustellen. Ergänzungslehrpersonen sind mittels Telekommunikation im Austausch mit ihren Schülerinnen und Schülern, um diese zu unterstützen und sie sind auch für die Eltern erreichbar.

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Damit alle Schülerinnen und Schüler auch in dieser schwierigen Zeit entsprechend ihren Bedürfnissen individuell begleitet werden können, muss auch beim Fernunterricht eine Differenzierung stattfinden. Die Lehrer sind darauf vorbereitet, denn die Bedürfnisse der Familien nach Unterstützung sind schon im regulären Schulalltag unterschiedlich. Es ist zentral, dass auch beim Fernunterricht die Beziehung zur Lehrperson aufrechterhalten bleibt. Damit wird sichergestellt, dass möglichst keine Lücken entstehen. Natürlich wird trotz allem bei der Umstellung vom Fern- zum Präsenzunterricht wiederum jeder Schulstandort und jede Lehrperson gefordert sein, zu eruieren, wo jede Schülerin und jeder Schüler steht. Unser Schulsystem kennt auf Primarschul- und Sekundarstufe Fördermassnahmen wie beispielsweise den Ergänzungsunterricht oder Stütz- und Förderkurse,

SONDERTHEMA BILDUNG

um Schülerinnen und Schüler im Lernen zu unterstützen. Die Lehrpersonen sind Fachleute für das Lernen und können für ihre Klassen einschätzen, wie die Fördergefässe, aber auch eine Zeit des Repetierens im Übergang zu nutzen ist. Haben die Corona-Schutzmassnahmen Einfluss auf die bereits länger laufenden Digitalisierungsmassnahmen im Liechtensteiner Bildungswesen? Ja, die Corona-Schutzmassnahmen haben den Digitalisierungsprozess verstärkt. Viele Lehrpersonen übermitteln Lerninhalte, Aufgaben und Erklärungen für den jetzigen Fernunterricht auf elektronischem Weg. Auf der Sekundarstufe haben viele Schulen begonnen, intensiv mit Applikationen zu arbeiten. Sie halten beispielsweise Videokonferenzen mit den Schülerinnen und Schülern ab, geben Hilfestellung über den Chat und nutzen digita-

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le Austauschplattformen, um Ergebnisse zu präsentieren etc. Aus Sicht des Projekts im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien, des ICT-Projekts also, hat die Krise daher auch positive Seiten. Viele Lehrpersonen sind mit grossem Engagement dabei, den Unterricht,

soweit dies sinnvoll und möglich ist, zu digitalisieren. Zum Glück arbeiten die Schulen und Lehrpersonen schon seit längerem am Thema Digitalisierung. Das hilft bei der Bewältigung dieser Krise.

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Fokus Lebenslanges Lernen Die öffentlich-rechtliche Stiftung Erwachsenenbildung Liechtenstein ist für die optimalen Rahmenbedingungen und die Entwicklung einer vielfältigen Bildungslandschaft für Erwachsene verantwortlich. Sie trägt durch ideelle und finanzielle Unterstützung zur Professionalisierung und Stärkung der entsprechenden Angebote in Liechtenstein bei. Im Zentrum ihrer Aktivitäten steht die Umsetzung des Stiftungszwecks unter Berücksichtigung der Eignerstrategie. Unter www.erwachsenenbildung.li erfahren Sie mehr. Für die Leitung der operativen Geschäfte und professionelle Weiterentwicklung der Stiftung suchen wir für die

Geschäftsführung (50 – 70%) eine bildungsbegeisterte Person. Diese attraktive Position bietet viel Gestaltungsfreiraum und eine breite Palette administrativer, organisatorischer und konzeptioneller Aufgaben mit folgenden Schwerpunkten: • Operative Führung der Geschäftsstelle (Budgetierung, Zahlungswesen, Reporting, Controlling, Korrespondenz usw.) • Zusammenarbeit mit und Controlling der akkreditierten Bildungsinstitutionen • Vorbereiten und Ausführen der Stiftungsratsbeschlüsse • Nationale und internationale Vernetzungs- und Projektarbeit (inkl. aktuell laufendes Erasmus+ Projekt zur Information und Beratung neuer Lernergruppen)

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Heilpädagogisches Zentrum des Fürstentums Liechtenstein Das Heilpädagogische Zentrum des Fürstentums Liechtenstein besteht aus den Bereichen Schule, Therapie, Werkstätten, Wohnen und Verwaltung. In den Bereichen Schule, Werkstätten und Wohnen suchen wir ab August 2020 für die Dauer eines Jahres Praktikantinnen / Praktikanten (100%) Die detaillierten Stellenausschreibungen finden Sie unter www.hpz.li. Das hpz bietet im Anschluss an ein Praktikum Ausbildungsplätze in verschiedenen sozialen Berufen an. Die Praktikantinnen und Praktikanten im hpz haben die Möglichkeit, sich auf diese Ausbildungsplätze zu bewerben.

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SONDERTHEMA BILDUNG

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Aktuelle Erfahrungen positiv nutzen Erasmus+ in Zeiten von e-learning und virtuellen Mobilitäten Erasmus+ steht für Auslanderfahrung, Austausch mit internationalen Partnern und Mobilität. In der aktuellen Zeit von social distancing und Isolation scheint die Grundidee dieses sehr erfolgreichen europäischen Bildungsprogramms gefährdet. Bei genauer Betrachtung aber bietet sich auch die Chance der Veränderung. Erasmus+ steht für Auslanderfahrung, Austausch mit internationalen Partnern und Mobilität. In der aktuellen Zeit von social distancing und Isolation scheint die Grundidee dieses sehr erfolgreichen europäischen Bildungsprogramms gefährdet. Bei genauer Betrachtung aber bietet sich auch die Chance der Veränderung. In der Projektdatenbank von Erasmus+ findet man unter dem Begriff «e-Learning» bereits über 11'000 Projekte. Dahinter verbirgt sich die Auseinandersetzung mit den Themen, die uns plötzlich alle direkt betreffen: Home-Office, tele-working, home-teaching und e-Learning. Für potenzielle Projektträger eröff-

nen sich jetzt spannende Felder, die sich im Umfeld dieser Themen beispielsweise mit pädagogisch-didaktischen Methoden beschäftigen, mit der Zusammenarbeit globaler Teams, neuen Kommunikationsformen und Branchen. Aber auch Projekte ausserhalb dieser e-Themen können ungehindert gestartet und weiterverfolgt werden. Nur die physische Mobilität erfährt derzeit eine Einschränkung. Die geistige Mobilität und der internationale Austausch über e-Plattformen hat keine Begrenzung. eTwinning Ein Programm aus der Erasmus+ Fa-

milie erhält aktuell ebenfalls grosse Beachtung: eTwinning. Dabei geht es um die Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften, Schülern, Schulen, Eltern und lokalen Behörden. Der Begriff Twinning steht hier für «Kooperation» oder «Partnerschaft», das kleine «e» führt in den digitalen Raum. In den eTwinning Programmen arbeiten Lehrkräfte interaktiv zusammen und entwickeln dabei Aktivitäten für die Schüler. Der Austausch basiert auf der Idee, dass alle eine aktive Rolle einnehmen, dass interagiert und kooperiert wird. Jedes Mitglied eines Teams leistet seinen Beitrag. Auch hier findet die Vernetzung im digitalen Raum statt.

Heute sind in der eTwinning-Community knapp 800'000 Lehrpersonen und über 200'000 Schulen mit über 100'000 Projekten verknüpft. Auf der Website etwinning.net findet man Wissenswertes und Inspiration. Vielleicht auch die neue Idee für ein Erasmus+ Projekt. Die Antragsfrist für strategische Partnerprojekte im Programm Erasmus+ wurde bis zum 23. April 2020 verlängert. Der Projektstart hat Zeit bis zum 31. Dezember 2020. Bei Anfragen wenden Sie sich bitte an die AIBA in Vaduz (info@aiba.li).

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Die AIBA ist das Kompetenzzentrum für internationale Bildungsangelegenheiten in Liechtenstein. Sie betreut fünf Bildungsprogramme und fördert die Weiterbildung von jungen Fachpersonen sowie Bildungsverantwortlichen in ganz Europa und darüber hinaus. Agentur für internationale Bildungsangelegenheiten Kirchstrasse 10 | 9490 Vaduz | info@aiba.li | Tel. +423 236 72 20 | www.aiba.li

Das Jubiläum: 25 Jahre EWR Mitgliedschaft (1995 bis 2020) A uslandserfahrung sammeln I nnovationen im Bildungsbereich fördern B rücken zu internationalen Partnern bauen A lles aus einer Hand Die AIBA weist als Nationalagentur des europäischen Programms Erasmus+ im Bildungsbereich folgende Leistungsbilanz aus.

Leistungsbilanz Erasmus+ 2014 bis April 2020 · 93 Erasmus+ Projekte in Liechtenstein · 8’500 Teilnehmende auf Vertragsbasis · ø EUR 145’000 Förderung / Projekt · 300 Partnerorganisationen in Europa · EU-Förderungen im Umfang von EUR 13,5 Mio. wurden zur Stärkung des Bildungsstandorts investiert.


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SONDERTHEMA BILDUNG

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Formatio: «Von der digitalen zur virtuellen Schule» Auch für die formatio Privatschule ist die Schulschliessung eine grosse Herausforderung. Eva Meirer, die Leiterin der Sekundarschule und des Oberstufengymnasiums, verweist aber darauf, dass sowohl das Schulkonzept als auch die bereits bisher praktizierte Arbeitsweise der Lehrer und Schüler die Umstellung erleichtern.

Eva Meirer

Der Bildungsbereich steht in Liechtenstein und weiten Teilen Europas vor einer nichtgekannten Herausforderung. Welche Massnahmen hat die formatio Privatschule ergriffen, um den Unterricht trotz Schulschliessung sicherzustellen? Eva Meirer: Im Wesentlichen wurde die formatio Privatschule in wenigen Stunden von einer digitalen zu einer virtuellen Schule. Das heisst: Die Schü-

lerinnen und Schüler und die Lehrpersonen folgen weiterhin ihrem Stundenplan, aber von zu Hause aus. Alle notwendigen Präsenzphasen werden als virtuelles Klassenzimmer abgehalten. Da unser Unterrichtsalltag ohnehin digital geprägt ist, sind alle das Arbeiten mit diversen Lernmanagement-Applikationen bereits gewöhnt. Es ist uns ausserordentlich wichtig, in dieser Situation einen geordneten und ritualisierten Lernalltag zu gewährleisten.

Wie reagieren Schüler, Eltern und Lehrer auf die neue Situation? Der virtuelle Lernalltag hat sich sehr schnell bestens eingespielt. Wichtig für den Erfolg der virtuellen Schule ist die Zusammenarbeit zwischen Lehrpersonen, Schülerinnen und Schülern sowie Eltern. Wir haben zum Beispiel auch unseren Elternsprechtag virtuell abgehalten, das sichert den Austausch und die Kommunikation. Ein weiterer Gelingensfaktor ist sicherlich,

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Die Digitalisierung zieht an. Unser Schulkonzept ist digital, persönlich, plurilingual und vernetzt. Seit März 2020 lernen wir virtuell. Das von der Europäischen Kommission ausgezeichnete Schulkonzept bildet seit 1995 von der Primarschule bis zur Matura. Willst auch du fit für die Zukunft werden? Dann melde dich bei uns. www.formatio.li formatio Privatschule T +423 392 2088


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An der formatio Privatschule verbinden sich digitales, analoges und virtuelles Lernen.

dass unser Schulkonzept ohnehin Eigenverantwortung in das Zentrum rückt. Das heisst, die Kinder und Jugendlichen sind es gewohnt, Aufgaben selbständig zu bewältigen und bei der Verfolgung eines Lernziels eigeninitiativ Unterstützung bei Lehrpersonen zu suchen. Diese individuelle Unterstützung erhalten sie natürlich auch weiterhin per Chat oder Videokonferenz. Ist die Herausforderung Schulschliessung für eine Privatschule schwieriger zu meistern als für staatliche Schulen oder hat die formatio Privatschule sogar Vorteile? Eine Schulschliessung mit dem Anspruch, den Unterricht dezentral aufrechtzuerhalten, ist eine grosse Herausforderung für jede Schule. Unsere konkreten Vorteile würde ich darin sehen, dass wir generell sehr viele Ressourcen in unsere Schulentwicklung stecken. Daher sind

wir Veränderungen gegenüber grundsätzlich aufgeschlossen und haben Erfahrung damit, Neues umzusetzen. Ein weiterer Pluspunkt ist natürlich, dass wir bereits seit 2012 mit Tablets im Unterricht arbeiten und daher versiert im Umgang mit digitalen Medien sind. Sollte die Schliessung über die Osterferien hinaus andauern, sind sicher auch Prüfungen ein Thema. Haben Sie einen Plan, wie diese abgehalten werden könnten? Es werden auch derzeit Prüfungen durchgeführt. Bei diesen Lernzielkontrollen fokussieren wir uns auf die Anwendung von Wissen und testen nicht unbedingt Fakten, die auch auswendig gelernt werden könnten. Ein Beispiel dafür sind sogenannte «open book exams», bei denen alle Unterlagen verwendet werden dürfen und auch googeln erlaubt ist. Es ist auch wichtig, dass die Schülerinnen und

Schüler zeigen können, wie sie sich Informationen beschaffen, diese einordnen und das Wissen anschliessend in einer Situation anwenden. In den staatlichen Schulen ist die Digitalisierung momentan ein grosses Thema. Wie steht es diesbezüglich in der formatio Privatschule? Wir haben bereits vor acht Jahren damit begonnen, unseren Unterricht mit digitalen Medien zu unterstützen und diese für das Lernen zu nutzen. Digitalisierung bedeutet aber wesentlich mehr als den Umgang mit digitalen Technologien. Gerade jetzt erleben wir, wie dynamisch und komplex die Welt des 21. Jahrhunderts ist. Diese Zusammenhänge der digitalen und globalen Welt zu erforschen und zu reflektieren, wo man selbst innerhalb dieser Welt seinen Platz findet, ist wohl der zentrale Bildungsauftrag in der Digitalisierung.

Hat die formatio Privatschule spezielle Pläne für das kommende Schuljahr? Werden Neuerungen eingeführt? Das kommende Schuljahr markiert bereits das vierte Jahr intensiver und innovativer Schulentwicklung, für die wir von der Europäischen Kommission ausgezeichnet wurden. Das bedeutet, dass wir unsere vier Kernbereiche Persönlichkeit, Plurilingualität, Digitalität und Vernetzung ständig weiterentwickeln. Besonders freue ich mich darauf, dass wir im Oberstufengymnasium mit der Einführung des Unterrichtsfachs Entrepreneurship einen zusätzlichen Schwerpunkt anbieten werden, der unser Profil erweitert. Auch in der Sekundarschule stehen vor dem Hintergrund des neuen Liechtensteiner Lehrplans einige Neuerungen an, welche die Entwicklung der Persönlichkeit und das Stärken der individuellen Talente noch weiter in den Mittelpunkt rücken werden.


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«Wir müssen bereit sein, wenn es wieder losgeht» Der Meisterschaftsbetrieb in der Super- und in der Challenge League ruht noch bis mindestens am 30. April. Die Corona-Krise hat auch den Fussball komplett lahmgelegt. Eine schwierige Situation auch für die Profis des FC Vaduz, die sich auf individuelles Heimtraining beschränken müssen. Interview: Christoph Kindle Im Lager des FC Vaduz hofft man natürlich, dass die Saison zu Ende gespielt werden kann, schliesslich befindet man sich auf Tabellenplatz zwei und wäre nach jetzigem Stand qualifiziert für die Barrage-Spiele. Momentan weiss niemand, wann und wie es weitergehen soll. Die Lie:Zeit hat sich mit FCV-Trainer Mario Frick unterhalten.

«Meine Spieler fehlen mir» Wie geht es dir gesundheitlich und zum andern mit der aktuellen Situation rund um die Corona-Krise? Mario Frick: Mir geht es gesundheitlich gut, andererseits ist es momentan schon sehr langweilig. Das tägliche Training sowie meine Spieler und mein Staff fehlen mir. Es ist für uns, aber auch für alle anderen, eine schwierige Situation. Man wird quasi seiner Tätigkeit beraubt. Wir hoffen, dass das Ganze rasch vorbeigeht, der Virus eingedämmt werden und der Alltag wieder beginnen kann.

Welche Vorgaben hat der Trainer den Spielern mit nach Hause gegeben? Die Spieler haben ein individuelles Trainingsprogramm bekommen, da war vor allem unser Athletiktrainer Alex Kern sehr aktiv. Er hat Videos zusammengestellt und so den Spielern genau beschrieben, welche Übungen sie machen sollen. Unser Spiel ist bekanntlich generell ausgelegt auf Intensität und Tempo, darum liegt darauf auch das Augenmerk in der Heimarbeit der Spieler. Da braucht es eine gewisse Eigenverantwortung, schliesslich sollen sie parat sein, wenn es wieder losgeht. Ich habe aber ein gutes Gefühl, weil wir eine sehr gute Mentalität in der Mannschaft haben.

«Wir wollen Platz 2 verteidigen» Wann denkst du, kann der Spielbetrieb wieder aufgenommen werden? Bis am 30. April sind die Sportstätten in unserem Land gesperrt. Falls sich die Lage vorher

entspannen würde, dann könnte man vielleicht schon trainieren, eventuell auch in kleinen Gruppen. Das wäre natürlich um einiges einfacher für die Spieler, um sich zu motivieren. Wir müssen aber die schwierige Situation so annehmen, wie sie ist. Vielleicht geht die Meisterschaft im Mai oder im Juni weiter, dann wollen wir bereit sein. Wir liegen in der Challenge League auf dem 2. Tabellenrang und wir möchten alles daransetzen, um diesen Platz auch zu verteidigen. Wie stehst Du eigentlich im Kontakt mit den Spielern und dem Staff? Wir haben eine WhatsApp-Gruppe gegründet, zu der die Trainer jetzt auch gehören. Vorher waren die Spieler noch unter sich. Dort können wir ihnen neue Videos übermitteln. So haben wir die Möglichkeit, die Spieler stets zu motivieren, am Ball zu bleiben. Auch die Spieler können Videos posten, damit auch wir vom Trainerstab sehen, was sie machen,

Mario Frick, Trainer FC Vaduz

ob sie Spass haben und ob es Verbesserungsmöglichkeiten gibt. So stehen wir ständig im Kontakt mit den Spielern.

«Wir müssen fokusiert bleiben» Siehst du eine andere Ausgangslage als vor der Corona-Krise, wenn die Meisterschaft dann nach einem langen Unterbruch irgendwann fortgesetzt wird? Stand jetzt gehe ich davon aus, dass die verbleibenden 13 Runden zu Ende gespielt werden. Darum ist es so wichtig, dass wir weiter fokussiert trainieren und im Saft bleiben, auch wenn die Umstände derzeit speziell sind. Wie gehen denn die Spieler mit der ganzen Situation rund um die Corona-Krise um? Bisher gehen sie gut damit um. Es fehlt natürlich das Balltraining und vor allem das Training in der Mannschaft. Sie müssen einfach motiviert bleiben und ich hoffe für uns alle, dass schon bald wieder der Alltag einkehren wird.

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Anmeldung ab sofort möglich Bereits jetzt bietet sich die Möglichkeit zur Anmeldung. Unter den ersten 50 Anmeldungen werden 1x2 Dauerkarten für die Nations League Spiele der Liechtensteinischen Nationalmannschaft verlost. Eine frühe Anmeldung kann sich also doppelt lohnen. Alle Informationen dazu auf www.usv.li . Für Fragen zum Camp kann auch das Sekretariat des USV telefonisch (+423 371 17 00) oder per E-Mail an info@usv.li kontaktiert werden.

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«Jeder sollte sich mit 80 noch die Socken anziehen können» 1925 haben sich einige Schaaner Sportler zusammengeschlossen und den Turnverein, den ältesten des Landes, gegründet. Während 70 dieser 95 Jahre war Werner Niedhart Mitglied des TV Schaan und bis heute leitet er das Seniorenturnen. Der aktive Rentner und seine Turnerfreunde freuen sich über neue Mitglieder. Text: Heribert Beck Werner Niedhart ist unter seinem Spitznamen «Niedl» weit über die Schaaner Gemeindegrenzen hinaus bekannt – als Turner, aber auch als geselliger und humorvoller Zeitgenosse. Mit seinen 85 Jahren kann er körperlich zwar nicht mehr all das machen, was er sich sein Leben lang gewohnt war. Seine Teilnahme am öffentlichen Leben und vor allem seine Mitarbeit in seinem geliebten Turnverein Schaan lässt sich das Ehrenmitglied aber nicht nehmen. «Auch wenn ich nicht mehr selbst mitturnen kann, leite ich das Turnen für Senioren bis heute an», sagt Werner Niedhart.

Für Pensionisten aus allen Gemeinden «Bei uns sind alle Männer aus allen Gemeinden herzlich willkommen, die ihre Pension angetreten haben. Wir treffen uns – sobald die Bestimmungen rund um den Corona-Virus es wieder zulassen – jeden Donnerstag um 9.30 Uhr in der hintersten Turnhalle im Gemeinschaftszentrum Resch in Schaan», sagt Werner Niedhart. Als versierter und altgedienter Turner – er hat während Jahrzehnten die verschiedensten Riegen des TV Schaan geleitet – weiss «Niedl», worauf es beim Seniorenturnen ankommt. «Ich achte auf Abwechslung und führe verschiedene Programme durch. Wir beginnen zum Warmwerden und Aufwachen immer mit einem Federballspiel. Danach geht es um die Beweglichkeit, das Dehnen, die Kraft oder die Stärkung des Rumpfs. Ich baue auch Yoga-Elemente oder Geräte wie die Sprossenwand ein. Natürlich alles dem Alter angepasst und gelenkschonend.» Dass Männer im Alter einen Bauch bekämen, sei

bekanntlich weitverbreitet. Wie beweglich sie damit seien, sei aber ganz unterschiedlich. «Manche kommen schon kurz nach der Pensionierung nicht mehr zu ihren Füssen hinunter, andere sind mit fast 90 noch überaus fit. Ich denke aber, jeder sollte sich mit 80 noch selbst die Socken anziehen können.»

Die Geselligkeit kommt nicht zu kurz Bei den Seniorenturnern geht es jedoch längst nicht nur um die Bewegung. «Schon beim Umziehen diskutieren wir über Gott und die Welt, wie man so schön sagt. Nach dem Turnen natürlich auch», sagt Werner Niedhart, für den der Kontakt mit seinen Kameraden auch viel Lebensqualität bedeutet. «Freundschaften, die sich beim Sport ergeben, lassen das Gefühl der Einsamkeit, die sich im Alter leider oft einstellt, besser bewältigen und machen einer neuen Lebensfreude Platz.» Neben dem eigentlichen Turnen kommen die Senioren von Werner Niedharts Turnstunde auch während des Jahres immer wieder einmal zusammen. Sei es an der Generalversammlung des Turnvereins, bei der Turnerunterhaltung, bei einem Hock mit anderen Senioren des TV Schaan, beim Boccia am Fasnachtsmontag, beim halbjährlich stattfindenden Hock im Restaurant Specki oder beim Wildessen im Herbst. Neumitglieder herzlich willkommen Trotz aller Fitness geht das Alter aber auch an den turnenden Senioren nicht spurlos vorbei. «Wir sind leider nur noch rund zehn Mitglieder. Oft sagen dann noch einer oder zwei ab, weil sie

krank sind oder einen Termin haben. Schöner ist das Turnen aber einfach mit mehr Teilnehmern. Dann lässt es sich auch eher in ein Spiel umwandeln», sagt Werner Niedhart. Dementsprechend sind Neumitglieder jederzeit herzlich willkommen. «Das Schnuppern ist selbstverständlich gratis. Danach kostet es den normalen Mitgliedsbeitrag des TV Schaan. Eine Stunde kommt dabei billiger als ein Kaffee im Restaurant.»

Interessenten können sich beim Turnverein Schaan (www.tvschaan.li) melden, einfach zu den Trainingszeiten direkt in die dritte Turnhalle im Resch kommen oder Werner Niedhart unter der Nummer +423 794 51 57 anrufen. «Damit habe ich kein Problem. Mich kennen sowieso fast alle und die meisten haben schon bei mir geturnt», sagt Werner Niedhart und lacht herzhaft.

Die Seniorenturner kurz bevor das altersgerechte Training losgeht.

Bei Werner Niedhart (Mitte hinten) und «seinen» Seniorenturnern hat der persönliche Kontakt grosse Bedeutung.


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Das abrupte Ende einer grossen Karriere Es war am 29. Februar, einem Samstag, als Tina Weirather beim Super G in La Thuile im Aostatal das Ziel erreichte. Auf der Anzeigetafel leuchtete Platz 14 auf. Was niemand zu diesem Zeitpunkt ahnte (wohl auch sie selber nicht), das 222. Rennen sollte das letzte in der erfolgreichen Karriere der 30-jährigen Planknerin sein. Text: Christoph Kindle An gleicher Stätte, wo sie vier Jahre zuvor einen ihrer insgesamt neun Weltcupsiege gefeiert hatte, endete also die Karriere von Tina Weirather abrupt. Geplant war dies so sicher nicht, denn die Liechtensteinerin hatte noch das Weltcupfinale zwei Wochen später in Cortina im Visier. Dazu sollte es aber aufgrund der Corona-Krise nicht mehr kommen.

«Habe meine Ziele erreicht» Nachdem die Absage des Weltcupfinals am 6. März publik wurde, begann Tina Weirather damit, sich intensiv mit ihrer sportlichen Zukunft zu beschäftigen. «Ich habe beide Szenarien durchgeplant, mir Gedanken darüber gemacht, was wäre, wenn ich weiterfahren würde und was wäre, wenn ich einen Schlussstrich ziehen würde. Letztlich habe ich den Entschluss gefasst, jetzt aufzuhören.» 15 Jahre lang war sie im internationalen Skizirkus unterwegs gewesen: «Ich habe alles gegeben, mein Potenzial ausgeschöpft, meine Ziele erreicht und deshalb bin ich jetzt bereit für etwas Neues.» Natürlich drängt sich die Frage auf, ob das enttäuschende Abschneiden in der abgelaufenen Saison (kein Podestplatz) auf die Entscheidungsfindung Einfluss hatte. Tina verneint dies klar und sagt schmunzelnd: «Im Gegenteil, die eher schwache Saison hätte mich beinahe dazu bewogen, weiterzumachen. Schliesslich hatte ich mir meinen Abschied anders vorgestellt.» Die Tochter der zweifachen Olympiasiegerin von 1980, Hanni Wenzel, und des Abfahrts-Weltmeisters von 1982, Harti Weirather, fand letztlich aber keine zwingenden Gründe mehr, ihre Laufbahn fortzuset-

zen. Auch die anstehende WM 2021 in Cortina oder die nächsten Olympischen Spiele 2022 in China waren nicht Anreiz genug für Tina: «Ich hatte eine märchenhafte Karriere, da kann ich es auch akzeptieren, dass das Ende nicht so gut war.» Die LSV-Athletin liess sich bei ihrer Entscheidung nicht gross beeinflussen, hörte nur auf ihre innere Stimme: «Schliesslich bin ich es, die alleine im Starthaus steht und das ganze Trainingspensum bewältigen muss. Ich habe nichts zu bereuen, kann erhobenen Hauptes auf meine Karriere zurückblicken.»

WM-Silber und Olympia-Bronze Ihr riesiges Kämpferherz half Tina auch diesmal dabei, zurückzukehren. Mit einer Engelsgeduld und viel Einsatz schaffte sie das nächste Comeback und dies sollte letztlich belohnt werden. Im Februar 2017 strahlte sie in St. Moritz vom WM-Podium (Silber im Super G) und ein Jahr später folgte dann in Pyeongchang endlich auch die Olympia-Medaille (Bronze im Super G). Dazu kamen in diesen beiden Jahren noch zwei kleine Kristallkugeln für den Super G-Weltcup. Insgesamt stehen auf Anzeige

Tina kehrte immer wieder zurück Kaum eine andere Sportlerin hatte in ihrer Laufbahn so viele Rückschläge zu verkraften wie Tina Weirather. Die meisten hätten nach vier Kreuzbandrissen und sieben (!) Knie-Operationen bis zum Alter von 21 Jahren längst das Handtuch geworfen. Trotzdem war die Planknerin zu diesem Zeitpunkt bereits zweifache Junioren-Weltmeisterin, hatte ihr immenses Potenzial also schon mehr als angedeutet. Die unbeschreibliche Liebe zum Skifahren und ihre Leidenschaft für diesen Sport liessen Tina aber immer wieder zurückkehren. Am 1. März 2013 war es dann soweit: Beim Super G in Garmisch feierte sie ihren ersten Weltcupsieg. Aber der nächste schwere Rückschlag folgte schon bald. 2014 reiste Tina Weirather in absoluter Topform zu den Olympischen Spielen nach Sotschi und zählte in drei Disziplinen zu den Favoritinnen. Beim letzten Abfahrtstraining zog sie sich einen Schienbeinkopfbruch zu, der Olympia-Medaillentraum war geplatzt!

dem Konto von Tina Weirather 9 Weltcup-Einzelerfolge (7 im Super G, je 1 in Abfahrt und Riesenslalom), 41 Mal stand sie auf dem Podest. Eine wahrlich grossartige Karriere!


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«Wir sollten die für uns beste Lösung wählen» Die Einführung einer bezahlten Elternzeit wird auch in Liechtenstein nur noch eine Frage der Zeit sein. Wie wichtig diese für unsere Gesellschaft ist, hat S.D. Erbrprinz Alois von und zu Liechtenstein bereits in seinem Neujahrsinterview sowie in der Thronrede erklärt. Die Lie:Zeit hat nochmals nachgehakt. Interview: Tamara Beck

Viele Eltern und auch Entwicklungsexperten sind überzeugt davon, dass ein bezahlter Elternurlaub eine Investition ist, die sich langfristig mehrfach bezahlt macht. Erkenntnisse aus Forschungen zeigen, dass tragfähige Beziehungen des Kindes zu seinen allerengsten Bezugspersonen in den ersten Lebensjahren eine wesentliche Voraussetzung für eine gesunde

Persönlichkeitsentwicklung und eine funktionierende Bildung sind. Besonders entscheidend für eine intakte Bindung ist dabei das erste Lebensjahr. Zufriedene Eltern und ihre Kinder bilden ein starkes Fundament unserer Gesellschaft – heute, wie auch in Zukunft. Somit sollte eine bezahlte Elternzeit im Interesse von allen sein. Leider sind viele Eltern in Liechtenstein aus

finanziellen Gründen dazu gezwungen, ihre Kinder früh ausserhäuslich betreuen zu lassen. Eine zu frühe und zu häufige Fremdbetreuung (viele Stunden täglich) kann sich nachteilig auswirken. Kleine Kinder brauchen ihre Eltern – und umgekehrt.

Eltern-Kind-Bindung lässt sich nicht auslagern Denn die so wertvolle Eltern-

Kind-Beziehung lässt sich nicht einfach auslagern. Gleichzeitig sollte die so wertvolle Betreuungs-Arbeit zuhause entsprechend Wertschätzung erfahren und honoriert werden. Diesem Thema wurde bereits in der Studie «Frühe Kindheit in Liechtenstein» der Sophie von Liechtenstein Stiftung aufgegriffen, welche die Elternzeit


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als Investition in die Zukunft der Kinder und der Gesellschaft Liechtensteins sieht. Diese Investition lässt sich auch beziffern. Laut Ökonom James Heckman bringt jeder in die frühe Prävention investierte Franken einen Return on Invest von 1:8 bis 1:16 durch die langfristige Senkung der Gesundheits- und Sozialkosten oder durch die erfolgreichen Berufswege der Unterstützten. Durchlauchter Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein, sowohl im Neujahrsinterview auf 1 FLTV sowie auch in der Thronrede im Januar im Landtag haben viele Eltern die wertvollen Worte von Ihnen bezüglich einer bezahlter Elternzeit nach der Geburt eines Kindes gehört. Es gibt bereits die Möglichkeit auf eine 4-monatige Elternzeit gemäss Gesetz, jedoch ist diese unbezahlt und wird nicht in jedem Fall diskussionslos vom Arbeitnehmer genehmigt. Wieso ist es enorm wichtig, dass die Elternzeit bezahlt wird? S.D. Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein: Die finanzielle Unterstützung für Eltern mit dem Ziel, die Betreuung ihrer Kinder in den ersten Lebensmonaten selbst wahrnehmen zu können, ist deshalb so wichtig, weil in dieser Zeit die Selbstbetreuung für die Entwicklung des Kindes im Normalfall besser als eine Fremdbetreuung ist. Der Grund dafür ist vor allem darin zu suchen, weil in den ersten Lebensmonaten eine sichere Bindung zu ein bis zwei Hauptbezugspersonen für die Entwicklung des Kindes von grosser Bedeutung ist. Wie wichtig war es Ihnen, nach der Geburt Ihrer Kinder und darüber hinaus als Vater präsent und aktiv zu sein? Für die Entwicklung eines Kindes ist auch der regelmässige Kontakt zum Vater bzw. neben einer weiblichen auch zu einer männlichen Bezugsperson vorteilhaft. Daher war mir meine Präsenz als Vater neben der rein persönlichen Freude auch in dieser Hinsicht wichtig.

Eine persönliche Frage: Wie haben Sie und Ihre Frau die Betreuung Ihrer Kinder nach deren Geburt und in der Kleinkindzeit geregelt und was war Ihnen dabei wichtig? Nach der Geburt und in der Kleinkindzeit lag die Betreuung zwar primär bei meiner Frau, ich habe jedoch versucht, sie so gut wie möglich dabei zu unterstützen und auch meinerseits ausreichend Zeit mit den Kindern zu verbringen. So habe ich z.B. auch regelmässig die Windeln gewechselt oder die Flasche gegeben. Viele Eltern wie auch Entwicklungsexperten sind überzeugt davon, dass eine vernünftige Lösung betreffend bezahltem Elternurlaub eine Investition ist, die sich langfristig bezahlt macht. Entscheidend ist dabei das erste Lebensjahr. Zufriedene Eltern und ihre Kinder bilden wichtige Pfeiler unserer Gesellschaft. Somit ist eine bezahlte Elternzeit im Interesse von allen. Können sie diese Aussage so bestätigen und stützen? Heute weiss man, dass die ersten Lebensmonate ganz entscheidend für die Entwicklung der Kinder sind, vor allem hinsichtlich ihrer Bildung und Gesundheit. Es sollte daher im langfristigen Interesse der Gesellschaft und somit auch des Staates sein, den Eltern und ihren Kindern gerade in dieser Zeit möglichst gute Voraussetzungen zu bieten. Das EU-Parlament hat im Juni 2019 eine Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige erlassen. Die Mitgliedsstaaten, darunter auch Liechtenstein als Mitglied des EWR, haben bis August 2022 Zeit, die Vorschriften der Richtlinie 2019 / 1158 zum Vaterschafts- und Elternurlaub und Urlaub für pflegende Angehörige umzusetzen. Wo sehen sie die Herausforderungen in der Umsetzung der Richtlinie? Die grösste Herausforderung wird wahrscheinlich die Finanzierung sein. Da möglichst gute Entwicklungsvoraussetzungen für die Kinder in den ersten Le-

bensjahren der Gesellschaft insgesamt sehr zugute kommen, wäre es aber wichtig, eine solche Finanzierung sicherzustellen. Könnte Liechtenstein mit einer Lösung, welche die Mindest-Standards der Richtlinie übertrifft, ein eindeutiges Signal setzen und eine Vorbild-Funktion einnehmen, z.B. für die noch schlechter situierte Schweiz? Meiner Ansicht nach sollten wir die für uns beste Lösung wählen. Ob diese Lösung dann für andere Staaten ein Vorbild sein kann, halte ich für zweitrangig. Ein bezahlter Elternurlaub würde auch einen grossen Beitrag zur Chancengerechtigkeit von Frauen und Männern leisten. Der Frau wird nicht mehr die alleinige Verantwortung für die Kinder aufgedrängt, der Mann wird nicht mehr zwingend der alleinige Familienernährer sein. Im Sinne einer reellen Wahlfreiheit können Erwerbs- und Familienarbeit in den Familien individuell aufgeteilt werden. Ist Liechtenstein bereit dafür? Je nach Ausgestaltung finanzieller und sonstiger Massnahmen im Hinblick auf die Betreuung von Kindern lässt sich auch eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf erreichen. Da diese Thematik in den letzten Jahren bei uns schon intensiv diskutiert wurde, glaube ich, dass Liechtenstein grundsätzlich dafür bereit ist. Während in den skandinavischen Ländern und auch z.B. in Deutschland oder Österreich die Elternzeit für Mann und Frau längst zum Standard gehört und von den Unternehmen gut bewerkstelligt wird, stehen wir in Liechtenstein noch am Anfang. Bewusstsein und Akzeptanz müssen bei den Unternehmen noch reifen, damit es selbstverständlich wird, dass auch ein Vater für zwei Monate in Elternzeit geht. Wo denken Sie, könnte man hier ansetzen? Ich denke, dass man die Akzeptanz dafür bei den Unternehmen am besten dann erreicht, wenn

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Heute weiss man, dass die ersten Lebensmonate ganz entscheidend für die Entwicklung der Kinder sind. S.D. Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein

man ihnen zeigen kann, dass dies langfristig zum Vorteil der Gesellschaft und der Unternehmen selbst ist. Dazu müssen Unternehmen wissen, mit welchem Zusatzaufwand einerseits und mit welchen Vorteilen andererseits sie rechnen können. Mit einem bezahlten Elternurlaub gemäss der EU-Richtline oder etwas darüber hinaus, der längst nicht dem Konzept der erwähnten Staaten folgt, aber bereits eine immense Verbesserung der Ist-Situation darstellt, werden Eltern und Betreuungseinrichtungen entlastet, die Chancengleichheit gefördert und in direkter Folge würde die Zufriedenheit und die Gesundheit von Familien gesteigert. Nur die Wirtschaft sieht sich beim Thema Elternzeit als Verlierer, obwohl die stark gebundenen Kinder von heute die benötigten Fachkräfte von morgen sind. Es müsste also im Interesse der Unternehmen sein, den Elternurlaub einzuführen. Argumentieren Sie ebenfalls so? Mein Eindruck ist, dass wegen des demographisch bedingten Fachkräftemangels immer mehr Unternehmen durchaus Handlungsbedarf sehen. Momentan sind es noch eher die grossen Unternehmen der LIHK, es wird aber auch zunehmend ein Thema im KMU-Bereich. Meiner Ansicht nach wäre es wichtig, dass sich Unternehmen vor allem auch untereinander austauschen, mit welchen Massnahmen ohne grossen Aufwand viel in Richtung einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf erreicht werden kann.


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IM GESPRÄCH MIT JUGENDLICHEN

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«Liechtenstein ist unser Land und unsere Zukunft» Die 18-jährige Julia Harrer aus Schellenberg ist im Moment im Maturajahr des Liechtensteinischen Gymnasiums. Sie ist politisch sehr interessiert und engagiert sich auch im Vorstand des Jugendrates. Im Interview gibt sie einen sehr eindrücklichen Einblick in ihr jugendliches Weltbild. Interview: Johannes Kaiser • Foto: Oliver Hartmann Etwas Positives zum Anfang: Welche politische Entscheidung oder Entwicklung hat dich zuletzt besonders gefreut und warum? Julia Harrer: Innerhalb des letzten Jahres hat der Jugendrat Liechtenstein eine grosse Anzahl an neuen Mitgliedern gefunden. Auch sind viele neue Gruppierungen und Organisationen entstanden, die sich für ihre Herzensangelegenheit einsetzen. Man sieht: Die Jugend ist sehr engagiert. Was meinst du, inwiefern und in welchen Themenbereichen die Jugend an die Zukunft denkt? Meiner Meinung nach denkt die Jugend insbesondere beim Thema Umweltpolitik sehr an die Zukunft. Das Verhalten der Menschen gegenüber unserer Natur wird vor allem unsere und die nächsten Generationen betreffen und somit ist es uns Jugendlichen sehr wichtig, dass wir nachhaltiger leben und etwas gegen den Klimawandel unternehmen. Die Klimastreiks und verschiedenen neu entstandenen Organisationen sind vor allem von jungen Menschen geprägt. In diesem Jahr stehen mehrere richtungsweisende Volksabstimmungen an: über die doppelte Staatsbürgerschaft, die Verfassungsinitiative HalbeHalbe und voraussichtlich die S-Bahn. Inwiefern bewegen dich diese Themen? Ich selbst besitze auch die doppelte Staatsbürgerschaft, da mein Vater aus Österreich stammt und meine Mutter aus Liechtenstein. Meiner Meinung

nach sollte es jedem offenstehen, Doppelstaatsbürger zu sein. Wenn man mit einem Land eng verbunden ist, sollte man auch das Recht haben, eine weitere Staatsbürgerschaft zu besitzen. Die Verfassungsergänzung ist für mich nicht notwendig – ich wähle die Landtagsabgeordneten aufgrund Kompetenz und übereinstimmender Meinungen. Die S-Bahn finde ich eine gute Idee und ich hoffe, dass sich die Mehrheit des Volkes ebenfalls für deren Realisierung stark macht. Wird in der Bildung für die Schüler und Jugendlichen in Liechtenstein genug getan? Zum Beispiel im Angebot des Erlernens von Fremdsprachen, also um in einer Fremdsprache wirklich fit zu sein? Wir besitzen im Vergleich zu anderen Ländern gute Fremdsprachenkenntnisse. Die grundlegenden Fächer werden von kompetenten Lehrern vermittelt und gut abgedeckt. Jedoch mangelt es meiner Meinung nach an «lebensnahem» Lerninhalt wie zum Beispiel dem Ausfüllen einer Steuererklärung, notwendigen Versicherungen, Budgetplanung oder der Unterscheidung von News und Fake News. Solche Dinge brauchen wir alle früher oder später, lernen aber nie, wie es genau geht und worauf es ankommt. Welches Thema liegt dir besonders am Herzen und warum? Ich finde, die Jugendlichen sollten sich mehr an der Politik beteiligen. Handkehrum sollte man die Politik für die Jugend

Die engagierte Jugendliche Julia Harrer aus Schellenberg im Gespräch mit dem Landtagsabgeordneten Johannes Kaiser.

aber auch leichter zugänglich machen. Vor allem im Jugendrat Liechtenstein, in dem ich auch Vorstandmitglied bin, ist es ein Ziel, das Interesse junger Erwachsener für die Politik zu stärken und sie neutral auf das Wählen vorzubereiten. Liechtenstein ist unser Land und unsere Zukunft und deshalb sollten auch wir Jugendlichen in der Politik rege mitbestimmen. Momentan ist die Wählerquote von Jugendlichen meines Erachtens zu niedrig. Welchen anderen Themen sollte sich die Politik deines Erachtens dringend annehmen? Laut Statistik «Wahlbeteiligung 2019» ist die Stimmabgabe bei den 25- bis 34-Jährigen am geringsten. Die Politik sollte sich überlegen, wie man die Wahlbeteiligung der Jugendlichen an-

kurbeln kann. Weitere wichtige Themen sind sicherlich der Klimaschutz, Vaterschaftsurlaub oder Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wie informiert sich die Jugend heutzutage über die Landespolitik und auf welche Kanäle sollten Politiker und Parteien vermehrt setzen, um die jungen Leute zu erreichen? Heutzutage werden von Jugendlichen vor allem die Sozialen Medien genutzt. Um die Jugend zu erreichen, ist dies sicherlich der richtige Weg. Jedoch denke ich, dass nach wie vor die Zeitung nicht vergessen werden darf. Die Jugendlichen lesen zwar nicht mehr die Papierzeitung am Küchentisch, sondern schauen sie sich online an, trotzdem wird die Zeitungen immer noch rege genutzt.


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20 Jahre «WIR TEILEN: Fastenopfer Liechtenstein» Noch vor zwei Jahren hätte die dreijährige Amina ihre Malaria vielleicht nicht überlebt, weil sie unter anderem auch an akuter Blutarmut litt. Ihre Mutter brachte sie gerade noch rechtzeitig ins Kinderspital von Mahenge im ländlichen Süden Tansanias. Weil die finanzielle Unterstützung des Fastenopfers WIR TEILEN es kurz zuvor ermöglicht hatte, die miserablen Zustände im Spital zu beheben und den Raum für schwerkranke Kinder mit der notwendigen Ausrüstung auszustatten, konnte Amina erfolgreich behandelt werden. Heute strahlt sie wieder über beide Ohren. Diese Erfolgsgeschichte machte keine Schlagzeilen. Genauso wenig wie viele andere nachhaltige Verbesserungen von Lebensbedingungen benachteiligter Menschen, welche «WIR TEILEN: Fastenopfer Liechtenstein» in den letzten 20 Jahren mit der Unterstützung von 108 Projekten bewirken durfte. Dahinter stehen enge Kontakte und Beziehungen von WIR TEILEN mit professionellen Hilfsorganisationen und Vertrauenspersonen, welche konkrete Projekte begleiten, die Verhältnisse vor Ort kennen und gewährleisten, dass die finanziellen Mittel gezielt eingesetzt werden.

Seit 1962 FastenopferSammlungen in Liechtenstein Die Idee des Fastenopfers wurde bereits 1962 in Liechtenstein aufgegriffen. Von 1971 bis 2000 bestand die vom Dekanat Liechtenstein getragene Fastenopferkommission. Diese förderte im gemeinsamen Wirken von Priestern und Laien, Frauen und Männern sowie in Verbundenheit mit dem Schweizer Fastenopfer und ökumenischer Offenheit die ideelle und materielle Unterstützung der Entwicklungszusammenarbeit. In diesem Sinn setzt sich WIR TEILEN seit dem Jahr 2000 weiter für wirkungsvolle und nachhaltige Unterstützung von benachteiligten und ausgegrenzten Menschen, vorwiegend in Afrika, Lateinamerika und Asien, ein. Solidarisch – weltoffen – ökumenisch «WIR TEILEN» hat sich einer solidarischen, weltoffenen und ökumenischen Grundhaltung verschrieben. Der Solidaritäts-

gedanken steht im Zentrum der Tätigkeit. «WIR TEILEN» steht für ein Miteinander der Kirchen und Religionen ein. Die Spenden kommen allen Menschen zugute, unabhängig ihrer Religion und Weltanschauung. Spezielle Beachtung schenkte «WIR TEILEN» in den vergangenen Jahren Menschen auf der Flucht. Unterstützt wurden Rettungsaktionen im Mittelmeer, die unter dem Krieg leidende Zivilbevölkerung in Syrien und die Rohingya-Flüchtlinge. Letztere stehen beispielhaft für die humanitären Krisen weltweit, die von den Medien und der Politik vergessen werden und somit zu wenig Hilfe erhalten.

Gemeinsam stark sein – gemeinsam mehr erreichen «WIR TEILEN» gehörte zu den Gründungsmitgliedern des Netzwerkes für Entwicklungszusammenarbeit in Liechtenstein. Dieses vereinigt Organisationen und

Privatpersonen, die sich für Entwicklungszusammenarbeit und internationale Solidarität einsetzen. Gegenseitiger Austausch, die Sichtbarmachung des zivilgesellschaftlichen Engagements sowie die Verankerung der Entwicklungszusammenarbeit in Bevölkerung, Wirtschaft und Politik sind dabei wichtige Zielsetzungen.

Jugendprojekt «föranand» zur Förderung der Solidarität junger Menschen Seit 2016 führen Jugendliche der Weiterführenden Schulen jedes Jahr ein Projekt gemeinsam mit «WIR TEILEN» durch. Schülerinnen und Schüler des Liechtensteinischen Gymnasiums, des Freiwilligen 10. Schuljahres, der Weiterführenden Schulen Vaduz und der Oberschule Triesen haben in den vergangenen Jahren mit grossem Einsatz Darbietungen und Veranstaltungen zugunsten von Projekten in Nepal, Kenia, Burkina Faso und Tansania organisiert und durchgeführt.


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Dieses Jahr setzen sich Schülerinnen und Schüler der Realschule Triesen für die Viktoria Schule in Mwanza, Tansania, ein. Diese wird von Johanna Sele-Rutwina und Ihrem Mann geführt. Leider musste aufgrund der aktuellen Situation die für den 7. April geplante Benefizveranstaltung abgesagt werden. Die Schülerinnen und Schüler der Realschule Triesen planen nun im September einen Herbstmarkt, um Spendengelder zu sammeln. Sie freuen sich auf Ihre Unterstützung. Nähere Informationen dazu erfolgen rechtzeitig.

Spendenkonto Liechtensteinische Landesbank AG, Vaduz Konto: 218.075.56 Clearing: Nr.: 8800 IBAN: LI80 0880 0000 0218 0755 6

Das Fastenopfer WIR TEILEN ist seit 2000 eine wichtige Institution, die in der Fastenzeit und darüber hinaus zum Spenden für professionell ausgewählte Hilfsprojekte aufruft. Mit unserer Spende an das Fastenopfer WIR TEILEN tragen wir zu einer gerechteren Welt bei, sind solidarisch mit Menschen, denen es nicht gut geht und werden zudem mit einem dankbaren Gefühl in unserem Herzen belohnt. Danke an alle Engagierten, die mit viel Herzblut die ehrenamtliche Arbeit der Stiftung WIR TEILEN auf sich nehmen. Möge euer Elan und das Lindern von Not der Benachteiligten dieser Welt eure Arbeit weiterhin segensreich begleiten.

Ingrid Allaart Mitglied der Kommission WIR TEILEN - das andere Fastenopfer 2000 – 2006

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Burgruine Tosters mit Burgpark. Foto: Böhringer Friedrich

Burgruine Tosters (um 1260) und die tausendjährige Eibe Die Burgruine und das «Santanilga-Kirchlein» in Tosters sind nach wie vor beliebte Ausflugsziele. Denn an diesem historischen Ort wird man in eine Zeit zurückversetzt, seit der mehr als 1‘000 Jahre vergangen sind. Text: Herbert Oehri (Zusammenstellung)

Beim «Santanilga-Kirchlein» am Fusse der alten Ruine Tosters steht eine grosse Eibe, deren Alter auf mehr als eintausend Jahre geschätzt wird. Der Baum gilt als der älteste in Vorarlberg und einer der ältesten in Österreich. Dieses Naturdenkmal hat am Fuss einen Umfang von 5 Meter, was schon auf sein ehrwürdiges Alter hinweist. Die Eibe musste durch einen Brettergürtel geschützt werden, sonst wäre der ehrwürdige Baum ein Opfer seines

Ansehens geworden. Eine alte Sage verleiht der tausendjährigen Eibe noch eine besondere Weihe. Da nämlich die Gottesmutter auf dem Weg von Einsiedeln nach St. Gerold bei dieser Eibe Rast gemacht habe, sprach man der Rinde des Baumes heilende Wirkung bei allerlei Krankheiten zu. Das veranlasste leider viele Gläubige, Rinde abzuschneiden, was der Eibe mit der Zeit sehr schadete. Weil ihr auch ein Blitzschlag grossen Schaden zufügte, musste man mit dem Absterben des Baumes rechnen.

Die Rettungsmassnahmen der «Tausendjährigen Eibe» vor etwa 40 Jahren gewährleistete nun aber, dass dieser Baum, der unzertrennbar zu St. Corneli gehört, noch viele weitere Jahre erhalten bleibt. Dass St. Corneli, die alte Pfarrkirche von Tosters, im Volksmunde «Santanilga» heisst, kommt vielleicht davon, dass an der Stelle, wo Maria gerastet haben soll, weisse Ilgen (Lilien) entsprossen seien. Weisse Ilgen hält auch das Jesuskind in dem Bilde auf der Eibe in Händen.


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Die Kirche St. Corneli unterhalb der Ruine Tosters dürfte schon im 11. Jh. erbaut worden sein. Die erste Urkunde, in der diese Kirche erwähnt wird, ist die Schutzbulle Papst Alexanders III. von 1178, aus der hervorgeht, dass Tosters in jener Zeit im Besitz des Frauenklosters Schänis in der Schweiz war.

Mauren war mit Kirche eng verbunden Auch mit der Gemeinde Mauren ist die Kirche St. Corneli eng verbunden. Aus der Schutzbulle von 1178 ist zu entnehmen, dass «anfangs die Kirche von einem Priester aus dem benachbarten Mauren versorgt worden sei». Als die Grafen von Montfort aber bei der Pfarrkirche in Feldkirch ein Herrenbenefizium (zur Nutzung überlassenes erbliches Land) stifteten, übernahm dieser Benefiziat schon vor 1730 auch die Sorge für St. Corneli in Tosters.

Burgruine Tosters Die Ruine Tosters ist die Ruine einer Höhenburg am Fusse des nordseitigen Ausläufers der Schellenberger Bergkette im Feldkircher Ortsteil Tosters. Die Burg wurde um 1260 durch die Grafen von Montfort erbaut und von einer Teillinie des Geschlechts bewohnt. Graf Hugo VII. erhielt um 1331/32 die Burg sowie die Herrschaft Tosters. Die Burganlage wurde während des Appenzellerkrieges am 25. November 1405 durch die mit den Appenzellern verbündeten Feldkircher Bürger eingenommen. Der Brand zerstörte alles außer den Turm. Nach 1408 erfolgte ein Wiederaufbau und Anfang des 16. Jahrhunderts wurde das Haupttor in die Südecke verlegt, indem ein Teil der Ringmauer abgetragen wurde und in ein eingezogenes Flankentor umgestaltet wurde. Vom alten Burgtor gelangte man mittels hölzerner Brücke über den vorgelagerten breiten Graben. Seit 1616 verfiel die Anlage. Der Turm wurde 1838/39 restauriert und in den Jahren 1974 bis 1980 erfolgte eine Gesamtsanierung des Mauerbestandes. Die Ruine des Bergfriedes sowie Teile des Palas und der Außenmauer stehen noch und sind nun ein beliebtes Ausflugsziel.

Quellen

Quellen

• Im Sagenwald, Neue Sagen aus Vorarlberg, Richard Beitl, 1953; St. Cornelius und • St. Cyprian, Feldkirch-Tosters, Schnell & Steiner Kunstführer, Regensburg/D, 2004.

• Alois Niederstätter: Die Vorarlberger Burgen. Universitätsverlag Wagner, Innsbruck 2017

Eibe bei Tostner Kirche ist über 1000 Jahre alt.

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«Hät dr Gonza an Huat, wörds Wätter guat» Kenny Vogt beschäftigt sich seit seinem 16 Lebensjahr mit dem regionalen Wetter. Inzwischen ist aus dem Hobby ein Nebenberuf geworden, der zusätzlich zum Studium einen grossen zeitlichen Aufwand erfordert. Langzeitprognosen kann aber auch er nicht erstellen, sondern nur Tendenzen erahnen. Demnach steht Liechtenstein vor einem warmen und durchschnittlich nassen Sommer. Text: Heribert Beck · Foto: Oliver Hartmann

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ner Rechenkünste, um erkennen zu können, dass diese durch den Menschen geschaffenen Veränderungen nicht spurlos an unserem Planeten vorübergehen.» In welcher Form und ob das Klima hier für den grossen Knall in Bezug auf unsere Existenz sorgt, werde sich in Zukunft zeigen, so Vogt. «Wir dürfen auf alle Fälle niemals vergessen, dass die Erde nicht uns gehört, sondern wir der Erde. Die Frage aller Fragen ist letzt]lich folgende: Wie können wir die Erde für unsere Nachkommen lebenswert erhalten?»

Von Mäls ins ganze Land Ein Thema, in dem Kenny Vogt umso sattelfester ist, ist das Wetter in Liechtenstein. Seit dem Jahr 2013 betrieb er die Private Wetterstation Balzers (PWS), die sich vor allem auf Facebook und als App grosser Beliebtheit erfreute, ihn aber auch zum Wetterexperten von Radio Liechtenstein und zum beliebten Gesprächspartner der Landeszeitungen machte. Seine eigene Wetterstation im Garten des Elternhauses in Mäls erweiterte Vogt nach und nach um Stationen in Balzers, Triesen, Triesenberg und Mauren, um den Nutzern immer mehr eine regionale Plattform zur Verfügung zu stellen.

Um den Klimawandel und das Wetter ist es aufgrund des Coronavirus still geworden in den vergangenen Wochen und Monaten. Kenny Vogt mahnt, das aktuelle Wetter nicht mit dem Klima zu verwechseln: «Wetter und Klima sind zwei Paar Schuhe. Meine Füsse passen in jene des Wetters.» Dennoch führt der junge Balzner aus: «Dass der Klimawandel zu einem grossen Teil menschgemacht ist, wurde und wird allen gelehrt. Diesen Fakt gilt es hinzunehmen und jeder muss nun für sich nachdenken, welche Rolle er selbst darin spielt. Generell stelle ich fest, dass wir auf die Natur zu wenig Acht geben. Es bedarf kei-

Mittlerweile ist aus der PWS der Wetterring Liechtenstein geworden und damit eine eingetragene Firma. «Ich biete eine Wetterplattform für ganz Liechtenstein und auch die angrenzenden Regionen an. Mich dabei vom Namen her auf eine einzige Wetterstation in einer von elf Gemeinden zu beschränken, würde den Leistungen nicht gerecht und neue Kunden in die Irre führen. Mit dem Namen Liechtenstein und dem Wort Wetterring, welcher die Vernetzung der Wetterstationen und Gemeinden in den Fokus stellt, kann ich den angebotenen Leistungen eher entsprechen.» Der Zeitaufwand ist mit der Firmengründung nicht weniger geworden, da administrative Belange hinzugekommen sind – je nach Wetterlage sind es aber zwischen

sieben und 20 Stunden pro Woche, die der junge Firmenchef für den Wetterring aufwendet.

«Als CEO musst du doch …» Die Firmengründung hat jedoch auch Vorteile für Kenny Vogt. «In der Sparte der Wetterprognosen kann ich die Last auf drei weitere

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wie Wetterprognosen, aktuelle Wetterwarnungen, Webcambilder und Wettermodelle kostenlos verfügbar, sodass sich jeder stets über das Wetter in Liechtenstein auf dem Laufenden halten kann. In seiner Beziehung hatte die Firmengründung aber auch Auswirkungen für den 23-jäh-

Es kann derzeit mit grosser Wahrscheinlichkeit gesagt werden, dass der Sommer gegenüber dem langjährigen Schnitt zu warm sein wird. Dies, weil es in den vergangenen Jahrzenten tatsächlich immer wärmer geworden ist und die Vergleichszeiträume nur immer alle zehn Jahre angepasst werden. Kenny Vogt Wetterexperte

Paar Schultern abgeben, welche mich unterstützen. Es sind dies zwei Hobby-Meteorologen und ein Bald-Meteorologe aus Vorarlberg. Mit ihnen arbeite ich seit fast zehn Jahren für den Wetterring Vorarlberg zusammen und ich konnte somit kompetente Mitstreiter für mein neues Grossprojekt gewinnen.» Damit ist auch ein deutlicher Angebotsausbau erfolgt, der einen Mehrwert für die ganze Bevölkerung darstellen soll. Auf der Webseite wetterring.li sind alle Inhalte

rigen Balzner. «Meine Freundin leitet ihrer Anliegen gerne mit dem Nebensatz ‹Aber als CEO einer Firma musst du doch ...› ein», sagt Kenny Vogt und lacht.

«Ich lebe für das Wetter» Obwohl es naheliegend gewesen wäre, dass er auch hauptberuflich ganz auf die Karte Meteorologie setzt, hat sich Kenny Vogt anders entschieden. Er steht kurz vor dem Bachelor-Abschluss als Kindergarten und Primarlehrer für die ersten drei


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Stufen. «Ich arbeite einfach unglaublich gerne mit Kindern zusammen und es ist sehr schön, sie ein Stück weit bereit für das Leben zu machen beziehungsweise den Grundstein für ihre schulische Lauf bahn zu legen», sagt Vogt. Während seiner Schulzeit am Liechtensteinischen Gymnasium und an der Pädagogischen Hochschule Rorschach hat ihn die Faszination für das Wetter im Allgemeinen aber nie losgelassen, wobei seine Oma eine gewisse prägende Rolle gespielt hat mit ihrem Interesse für die Vorhersagen. Wetter sei für Kenny Vogt aber viel mehr als nur die Prognose. «Ich lebe für das Wetter im Allgemeinen. Besonders angetan haben es mir die Wetterextreme wie Unwetter, Hochwasser, Stürme oder Gewitter. Von diesen Wetterextremen haben wir in der Region mit den zahlreichen Föhnstürmen nicht zu wenige. Das Rheintal und die Bodenseeregion sowie das Sarganserland halten ganz allgemein vielerlei meteorlogische Besonderheiten bereit, welche auch die Wettervorhersagen spannend machen. Zum Beispiel sind dies im Bodenseeraum der Lake Effect – lokale, kräftige Schneefälle um das Bodenseeufer – oder das ‹Schneegeheimnis› von Sargans. Dort hat es immer mit Abstand am meisten Schnee. Weitere Besonderheiten sind die sommerlichen Gewitter und nicht zuletzt natürlich der bereits erwähnte Föhn.»

Das Netz als wichtigstes Hilfsmittel Das Erstellen der Prognosen ist eine vielfältige Arbeit. «Heutzutage läuft das meiste digital ab. Auch ich habe zwar noch teilweise analoge Messgeräte, zum Beispiel für Temperatur und Niederschlag, im Einsatz. Grundsätzlich wird aber alles digital registriert und auf einem lokalen Datenspeicher abgelegt. Je nach Zeit, Lust und Laune analysiere ich die Daten, dies vor allem nach speziellen Wetterereignissen oder um Vergleiche zu Vorjahren ziehen zu können. Mehr Zeit investiere ich aber in

Webseite des Wetterrings (www.wetterring.li)

die Öffentlichkeitsarbeit und die Prognosen», sagt Kenny Vogt. Vergleiche zu früheren Perioden zu ziehen, sei ohnehin schwierig für ihn. Dafür reichen die Daten seit dem Jahr 2013 nicht aus und er ist dankbar für das Internet. «Online kann ich die Wettermodelle konsultieren und damit arbeiten. Denn meine eigene Messreihe reicht nicht, um klimatische Schlüsse oder dergleichen ziehen zu können. Auch Niederschlagsradare, Satellitenbilder und viele weitere kleine Online-Hilfsmittel erleichtern mir die Arbeit.»

«Ändern können wir es ohnehin nicht» Kurzzeitige Messreihen kann Kenny Vogt dennoch bieten: «Der zurückliegende Winter war aufgrund der vorherrschenden West- und Südwestwetterlagen und der einfliessenden Atlantikluft deutlich zu warm,

Ich lebe für das Wetter im Allgemeinen. Kenny Vogt Wetterexperte zu trocken und zu sonnig. Das Gleiche lässt sich für den vergangenen Sommer sagen.» Prognosen auf den Sommer 2020 wagt er trotz aller Erfahrung jedoch nur bedingt und unter Vorbehalt. «Es kann derzeit mit grosser Wahrscheinlichkeit gesagt werden, dass es gegenüber dem langjährigen Schnitt zu warm sein wird. Dies, weil es in den vergangenen Jahrzenten tatsächlich immer wärmer geworden ist und die Vergleichszeiträume nur immer alle zehn Jahre angepasst werden.» Tat-

sächlich gebe es auch Wettermodelle, die versuchen, eine Saisonvorhersage beziheungsweise eine Drei-Monats-Prognose zu erstellen. «Diese zeigen derzeit allesamt einen Trend hin zu einem zu warmen und meist auch zu einem durchschnittlich nassen Sommer.» Diese Trends seien jedoch wirklich mit Vorsicht zu geniessen. «Unterm Strich ist es aber auch Wurscht, was genau zu erwarten ist. Denn ändern können wir es ohnehin nicht und wenn die Prognose zusätzlich nicht stimmt, hat auch keiner etwas davon und das Gejammer ist gross», sagt Kenny Vogt mit einem Schmunzeln auf den Lippen. Seine liebste Bauernregel lässt er sich trotzdem noch entlocken: «Hät dr Gonza a Kappa, macht s Wätter a Schlappa. Hät dr Gonza an Huat, wörd s Wätter guat!» Sehr oft treffe dies regional bedingt durchaus zu.


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Schaubrit. spieler Schau- † (Stewart) spieler † (Stewart)

Verband von Verband Tieren von Tieren engl. Krimiengl. autor Krimi(Edgar) autor † (Edgar) †

frühere Skirennfrühere läuferin Skirenn(Hanni) läuferin (Hanni)

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