2 minute read

«Ein kleines Land müsste viel agiler und schneller handeln können»

Politik bedeutet, im Rampenlicht zu stehen. Dabei liefern auch Stimmen im Hintergrund einen wichtigen Beitrag für unser Land. Die Wirtschaftsprüferin Serpil Yörümez sitzt im Verwaltungsrat der Telecom, für die FBP als Ersatzmitglied in der Medienkommission, war Stimmenzählerin in Gamprin und im Vorstand der FBP-Ortsgruppe Gamprin-Bendern. Was sie besonders geprägt hat und wie sie die Liechtensteinische Politiklandschaft wahrnimmt, erzählt sie im Interview.

Interview: Anton Beck

Wann hast du gemerkt, dass dein Einsatz einen Unterschied machen kann?

Serpil Yörümez: An der Generalversammlung des Vereins Kindertagesstätten Liechtenstein wurde ich gefragt, ob ich in den Vorstand eintreten möchte. Und das wollte ich. Mein Sohn Emir besuchte die Kita, und deren Entwicklung war mir wichtig. Mit den weiteren Vorstandsmitgliedern engagierte ich mich für eine faire Finanzierung, und daraus entwickelte sich ein positives Erlebnis. Als ich bald darauf von der FBP-Vizepräsidentin Judith Hoop, einer alten Schulfreundin, angefragt wurde, ob ich mich politisch engagieren wolle, sagte ich zu. Ich konnte dann verschiedenste Erfahrungen sammeln, etwa im Vorstand der Ortsgruppe Gamprin-Bendern oder als Stimmenzählerin.

Seit April dieses Jahres bist du Verwaltungsratsmitglied der Telecom Liechtenstein. Welche Aufgaben bringt das mit sich?

Es steht insbesondere die strategische Weiterentwicklung der

Telecom im Vordergrund. Meine Expertise ist rund um die Finanzen gefragt. Mein Wissen als Wirtschaftsprüferin hilft mir da ebenso wie jenes, das ich im Finanzsektor gesammelt habe.

Welche Erfahrung hat dich als Mensch am meisten geprägt?

Sicherlich sehr prägend war, dass meine Mutter in meiner Kindheit mit meiner Schwester und mir häufig zwischen der Türkei und Liechtenstein hin- und hergereist ist. Mein Vater war als Gastarbeiter im Land tätig, und der Familiennachzug war damals erst nach fünf Jahren Aufenthalt möglich. 2009 gründete ich dann meine eigene Familie mit meinem Ehemann Alper. 2017 kam dann unser Sohn Emir zur Welt, eine der wohl prägendsten Erfahrungen.

Und welche Herausforderung war beruflich besonders prägend?

Bevor ich 2012 zu PWC gewechselt bin, hatte ich vor allem kleinere Industriemandate geprüft. Plötzlich war ich aber als Managerin für Mandate von Banken und Fonds zuständig. Das war eine der grössten Herausforderungen meines Lebens. Denn ich bekam damals auch das umfassendste Mandat der Ostschweiz und somit auch das grösste Prüferteam, das ich bisher leiten musste. Mir fehlten die Branchenkenntnisse als Prüferin, die Unternehmenskenntnisse der PWC sowie Führungserfahrung. Das musste ich mir alles im Eiltempo aneignen, und es erfüllte mich mit stolz, dass es so gut geklappt hat. Nach fünf tollen Jahren bei PWC wollten mein Ehemann und ich dann mit der Familienplanung beginnen.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist auch ein in der Politik häufig diskutiertes Thema. Wie stehst du dazu?

Ein kleines Land wie Liechtenstein müsste viel agiler und schneller handeln können, um die Vereinbarkeit zu fördern. Es gibt drei Stellschrauben: Mehr und günstigere Betreuungsplätze, flexible Arbeitszeitmodelle und das Bewusstsein in der Bevölkerung stärken, dass berufstätige Eltern nicht per se schlechter sind, beziehungsweise die Verantwortung nicht nur bei der Mutter liegt.

Wie nimmst du die liechtensteinische Politiklandschaft generell wahr?

Grundsätzlich finde ich sie sehr ausgeglichen, jedoch für Personen mit ausländischen Wurzeln schwer zugänglich. Ich spreche nicht davon, in eine Partei aufgenommen zu werden, sondern davon, ein Gemeinderats- oder Landtagsmandat zu erringen. Ich denke, da benötigt es noch die eine oder andere Generation.

This article is from: