Das Buch wendet sich an ein breites Publikum, sei es einheimisch oder auswärtig, kundig oder einfach wissbegierig. Es lädt zu Besuch und Umschau. Ein erstaunlicher Reichtum des christlichen Erbes im kleinen Land wird sichtbar.
ISBN 978-3-033-07125-4
Christliches Liechtenstein
Dieses Buch versammelt die heutigen christlichen Stätten Liechtensteins. Sie werden von sechs kundigen Autoren beschrieben, so wie sie sich heute darbieten und wie sie geschichtlich geworden sind. Der reich illustrierte Band mit Fotos von Josef Eberle führt die Objekte unmittelbar vor Augen. Zwei Beiträge beleuchten die Christianisierung und die Religion heute.
Kirchen, Kapellen und Zeichen des Glaubens
Das Gebiet des heutigen Fürstentums Liechtenstein ist seit etwa 1500 Jahren christlich geprägt. Sichtbarer Ausdruck sind die dominierenden Pfarrkirchen, die grossen und kleinen Kapellen, die zahlreichen Bildstöcke, dazu weitere Zeichen des Glaubens an Wegen, Gebäuden, im Innern von Häusern, auf Fluren und Bergspitzen.
Christliches Liechtenstein
Kirchen, Kapellen und Zeichen des Glaubens
Christliches Liechtenstein Kirchen, Kapellen und Zeichen des Glaubens
Cornelia Herrmann | Peter Geiger | Josef Eberle Klaus Biedermann | Adolf Marxer | Franz Näscher
Christliches Liechtenstein
Kirchen, Kapellen und Zeichen des Glaubens
Fotos von Josef Eberle
Balzers, 2019
Dieses Buch wurde dank der Förderung durch die Hand in Hand Anstalt AG, Balzers, ermöglicht. Herausgeber Hand in Hand Anstalt, Balzers Koordination Herbert Oehri, Medienbuero Oehri & Kaiser AG, Eschen Jacqueline Vogt, Hand in Hand Anstalt, Balzers Grafische Gestaltung und Satz Anna Stenek, Sonja Schatzmann, Medienbuero Oehri & Kaiser AG, Eschen Korrektorat Schreiber Korrektorat Lektorat, Mauren Lithos PREPAIR Druckvorstufen AG, Schaan Druck Lampert Druckzentrum, Vaduz Auslieferung Medienbuero Oehri & Kaiser AG, Essanestrasse 116, 9492 Eschen, +423 375 90 00 ISBN 978-3-033-07125-4
© 2019 Hand in Hand Anstalt, Balzers Zum Einbandbild: Erdkugel mit Kreuz, gestaltet von Anna Stenek unter Verwendung einer Glasmalerei von Fritz Weigner in der Pfarrkirche Schellenberg (Foto: Josef Eberle).
Inhalt Ruth Vogt
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Christianisierung in unserem Gebiet
Peter Geiger
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Christliche Religion in Liechtenstein
Franz Näscher
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Vorwort
Kirchen und Kapellen in Liechtenstein 20 Balzers
Cornelia Herrmann
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Triesen
Peter Geiger
51
Triesenberg
Josef Eberle
79
Vaduz
Klaus Biedermann
105
Schaan
Cornelia Herrmann
135
Planken
Cornelia Herrmann
161
Peter Geiger
169
Cornelia Herrmann
189
Peter Geiger
215
Cornelia Herrmann / Peter Geiger
243
Cornelia Herrmann
271
Adolf Marxer
283
Herbert Oehri
303
Die Autoren
304
Literatur
306
Gamprin-Bendern Eschen Mauren Schellenberg Ruggell Zeichen des Glaubens und religiĂśsen Brauchtums Dank
Bildnachweis 308
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Vorwort
Wenn ich das heutige Liechtenstein mit dem meiner Kindheitserinnerungen vergleiche, so unterscheidet es sich vor allem darin, dass damals das religiöse Leben einen viel stärkeren Einfluss auf das öffentliche Leben hatte. Die kirchlichen Feste waren zugleich Anlässe, an denen die ganze Gemeinde teilnahm und die von Jung und Alt mitgestaltet wurden. Das religiöse Leben war ganz selbstverständlich Teil unseres Aufwachsens. Heute hat das kirchliche Leben für viele Menschen nicht mehr dieselbe Bedeutung. Mit dem Wohlstand ist auch eine gewisse Distanz zwischen dem Alltagsleben und dem religiösen Leben eingetreten. Und doch begegnen uns nach wie vor überall in Liechtenstein Zeugen des Christentums und vor allem der katholischen Religion. Sie weisen uns darauf hin, wie stark unser Land von den Werten des Christentums und dem Glauben an Gott geprägt war und erinnern uns an die Dankbarkeit der Menschen über das gütige Schicksal, das ihnen über die Jahrhunderte zuteil wurde. Kirchen und Kapellen, Bildstöcke, Alp- und Gipfelkreuze, Hausinschriften und selbst Wirtshausund Geschäftsschilder geben Auskunft über die
christliche Gesinnung der Ersteller. Ein reichhaltiges Brauchtum, das immer mehr in Vergessenheit zu geraten droht, ist ebenfalls Zeuge des Glaubens der Menschen und ihres Vertrauens in Gottes Fügung. Einen Teil der Zeugen des Christentums in Liechtenstein soll dieses Buch festhalten und in Erinnerung rufen. Wenn es den Autoren gelingt, den Lesern bewusst zu machen, wie wichtig das christliche Leben für unsere Vorfahren war und für unsere heutige Gesellschaft ist, so hat es sein Ziel vollumfänglich erreicht. Beim Betrachten der Bilder, beim Lesen der Texte werden viele Erinnerungen geweckt. Es wird dem Leser eindrücklich in Erinnerung gerufen, wie sehr die Zeichen christlichen Glaubens und Brauchtums unsere Landschaft und unser Leben prägen. Ich wünsche mir, dass die christlichen Wurzeln weiterhin ein stabiles Fundament unserer Heimat bleiben und auf dieser Basis ein friedliches Zusammenleben der Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit möglich ist. Ruth Vogt, Verwaltungsrätin der Hand in Hand Anstalt, Balzers
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Reste des Taufbeckens unter der Kapelle St. Peter, Schaan, 5./6. Jahrhundert.
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Peter Geiger
Christianisierung in unserem Gebiet
Das Christentum als neue Religion verbreitete sich zuerst durch die Apostel im Römischen Reich. Märtyrer der Christenverfolgungen wurden als Glaubenszeugen verehrt, z. B. die Thebäer um 303 bis 305 bei Martigny. Legionäre, Beamte und Händler trugen den neuen Glauben in die Reichsteile, auch in unsere Region. Hier wurde die Bevölkerung romanisiert, das Lateinische verdrängte das Rätische, man redete schliesslich während Jahrhunderten räto-romanisch. Im Jahr 313 wurde unter Kaiser Konstantin das Christentum im Reich als gleichberechtigte Religion anerkannt. Gleichzeitig wurde das eigenständige Armenien der erste christliche Staat. Im Jahr 380 erhob Kaiser Theodosius I. das Christentum im Römischen Reich zur Staatsreligion, 391 wurden alle als heidnisch erachteten Kulte verboten. Dank einer Verwaltungsneugliederung des Reiches im 4. Jahrhundert konnten sich Siedlungen wie Chur, Sitten oder Basel zusehends eigenständig entwickeln und auch christliche Bistümer einrichten. In Augusta Raurica nahe Basel gab es den ersten Bischofssitz schon um 346, belegt sind dann Bischöfe für Martigny um 381, für Genf um 441, für Chur – und damit unsere Region – ein Jahrzehnt später.
Christianisierung | Peter Geiger
Bischof in Chur um 451, Taufbecken in Schaan Der erste urkundlich erwähnte Bischof von Chur, Asinio, nahm 451 an einer Synode der Mailänder Kirchenprovinz teil. Unser Gebiet gehörte seit spätestens Mitte des 5. Jahrhunderts zu einer christlichen Diözese in der römischen Provinz Raetia prima. Alemannen drückten von Norden her auf den römischen Limes und über den Rhein. Kastelle sicherten die Handels- und Nachschubrouten, so auch das Kastell in Schaan, von dem heute noch Fundamentmauern zu sehen sind. Es wurde in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts gebaut und war wohl bis ins 5. Jahrhundert belegt. Danach wurde im 5./6. Jahrhundert in den Mauern des verlassenen Kastells ein Baptisterium mit Taufbecken gebaut, dazu eine kleine Saalkirche. Wie viele frühe Kirchen ist sie dem Apostel Petrus geweiht – dem Stellvertreter Christi, ersten Bischof von Rom und Papst. Es gab also in Schaan in der Zeit um etwa 500 eine christliche Gemeinde. Glaubensboten im Frühmittelalter Um jene Zeit, im 5./6. Jahrhundert, lebte Luzius. Man weiss wenig über ihn. Er stammte aus dem Prätti- gau (oder aus dem Montafon), war Bekenner des christlichen Glaubens und wirkte als Missionar
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Luzius verkündigt um ca. 500 in unserem Gebiet das Christentum. Gemälde von Eugen Zotow, 1942.
im Churer Rheintal. Seine Gebeine wurden in Chur in der Krypta der karolingischen St.-Luzi-Kirche bestattet, heute liegen sie in der Churer Kathedrale. Um 800 wurde sein Leben erstmals beschrieben. Da darin die im Prättigau und Montafon lebenden Britanni irrtümlich mit Britannien verbunden wurden, galt Luzius später auch als ein König von Britannien aus dem 2. Jahrhundert, welcher im Auftrag des Papstes auf Mission gesandt wur-
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de, bis Rätien. Luzius gilt auch als erster Bischof von Chur, fehlt aber in der dortigen Bischofsliste. Seit dem 10. Jahrhundert wird er als Schutzpatron des Bistums Chur und seit dem 18. Jahrhundert auch des Fürstentums Liechtenstein verehrt. Dass Luzius auch in unserer Gegend das Christentum lehrte, darf als sicher angenommen werden. Vielleicht taufte er gar in Schaan im Baptisterium zu St. Peter.
In den Grenzregionen des Römischen Reiches und dann des Fränkischen Reiches siedelten zusehends germanische Völkerschaften, bei uns Alemannen. Um auch ihnen den christlichen Glauben zu verkünden, zogen aus irischen und fränkisch-elsässischen Klöstern Mönche aus. Gallus (um 550–620/640) und Kolumban von Luxeuil (um 540–615) kamen etwa um 610 über Rhein, Aare und Limmat zum oberen Zürichsee, später zum Bodensee. Gallus baute im Tal der Steinach die Klause, wo schliesslich das Kloster und darum herum die Stadt St. Gallen entstand. Kolumban missionierte in Bregenz. Von dort wanderte er 612 durch das Rheintal herauf, wohl auch durch unser Land, und bis nach Oberitalien, wo er 614 das Kloster Bobbio gründete. Zum zeitlichen Vergleich: Fast zur selben Zeit, nämlich um etwa 613, begann im fernen Arabien Mohammed (570/573–632) den Islam zu verkünden. Vorchristliche Religionen in unserer Gegend Wie aber überzeugte man die Menschen von der neuen Glaubenslehre Christi? Es war gewiss nicht einfach. Teils geschah es durch behördliche Verordnung, erst römische, dann bischöfliche und fränkische, teils mit militärischer Gewalt wie in den Kriegen gegen die Sachsen, teils aber gewiss auch freiwillig, durch Vorbild und Worte. Völker, Stämme und Familien hatten bereits eigene religiöse Vorstellungen entwickelt, als Antworten auf grundlegende Fragen zu ihrer Existenz, ihrem Leben und zu der sie umgebenden Natur: Warum besteht die Welt so, wie sie ist? Wer hat sie geschaffen? Wer bewegt Sonne, Mond und Sterne? Wer lenkt Blitz und Donner, bringt Regen und Schnee? Wer sorgt für Früchte und Jagdtiere? Was für Geister wirken in den Bergen, im Wald, im Moor, an der Quelle? Übermenschliche Wesen müssen es sein, Götter, Geister, Ungeheuer auch. Was muss man tun und opfern, um jene Mächte günstig zu stimmen? Um dem Unglück zu wehren, das Leben zu bewahren?
Christianisierung | Peter Geiger
Den Römern war ihr Götterhimmel geläufig, mit Jupiter als Göttervater, Juno als Gemahlin, Venus für Liebe, Mars für Krieg, Ceres für gute Ernten, hinzu kamen weitere Gottheiten und entsprechende Kulte mit Tempeln und Statuen. Von den religiösen Vorstellungen der eingesessenen und dann romanisierten Räter weiss man wenig, sie kannten jedenfalls Weihegaben. Die zuwandernden germanischen Alemannen hatten eigene Götter, so Wodan als Hauptgott, Frija als Schutzherrin von Ehe und Herd, Balder für Licht und Sonne, Donar als Wettergott, Sunna (Sol) als Sonnengöttin, Mani als Mondgott, Ziu (Tyr) als Gott des Kampfes. Einzelne Götternamen leben in unsern Wochentagsnamen fort (Donschtig, Ziischtig, Fritig). Die Alemannen, so berichtet schon Tacitus, verehrten die Gottheiten nicht in Tempeln, sondern an geheiligten Naturorten wie Hainen, Mooren, Wassern. Die ganz neue Lehre Und nun kamen also einzelne Römer, dann die römische Verwaltung, ab Mitte des 5. Jahrhunderts der Bischof von Chur, danach kurz nach 600 die irischen oder fränkischen Mönche. Und alle erzählten sie vom Glauben an Jesus Christus und von seiner Lehre der Barmherzigkeit und Liebe, vom einen Schöpfergott, dessen Sohn Mensch geworden war – in einem sehr fernen Land –, von Jesu Leben, seinen Gleichnissen und Wundern, von Kreuzestod, Auferstehung und Himmelfahrt, von der Erlösung aller Menschen, Vergebung der Sünden, von einem Weiterleben im Jenseits nach dem irdischen Tod, im Himmel – oder in der Hölle. Auch erzählten sie von der Gottesmutter Maria und von Josef, von den ersten Jüngern, von Aposteln, Märtyrern und Heiligen. Und von der Erschaffung der Welt in sieben Tagen – in einleuchtender Reihenfolge –, auch von der Schaffung der ersten Menschen, Adam und Eva, und warum sie, sündhaft neugierig, auf die Erde verstossen wurden, wie Kain den Bruder erschlug, aber auch, wie Noah Menschen und die Vielfalt der Tiere in der Sintflut rettete und unter dem magischen Regenbogen den Bund mit Gott neu schloss.
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Logos, «Wort, Geist», in griechischer Schrift am Lesepult der Pfarrkirche Schellenberg, 1963.
Was musste man tun, um in den rettenden Kreis der Christenheit einzutreten? Sich taufen lassen, Erwachsene und Kinder. Das schöne Christengebet «Vater unser im Himmel …» gemeinsam und auch allein aufsagen. Das Glaubensbekenntnis «Credo in unum Deum …» – wie es seit dem Konzil von Chalcedon 451 gefasst war – dem Priester bei der Taufe und in der Messe nachsprechen. Und, besonders wichtig, nach den 10 Geboten leben, der menschlich so allgemein einleuchtenden christlichen Ethik: … du sollst Vater und Mutter ehren, du sollst nicht töten, nicht stehlen, nicht lügen, nicht begehren des Nachbarn Weib, am siebten Tage sollst du ruhn. Und im Sinne der Bergpredigt: liebe die Nächsten, die Armen, die Friedfertigen, selbst die Feinde. Es dürfte für die Menschen nicht einfach gewesen sein, all das Neue zu verstehen, es aufzunehmen und dem Alten vorzuziehen, ins Taufwasser zu steigen oder es übers Haupt giessen zu lassen. Manche Vorstellung von Alt und Neu liess sich immerhin verbinden – etwa Lokalgottheiten und Heilige, Götterdämmerung und Jüngstes Gericht, Walhalla und
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Paradies. Letzteres erschien für Römer gewiss anziehender als die schattenhafte Unterwelt jenseits des Styx im Hades. Gewirkt haben dürften für die Annahme des Christentums insbesondere das Vorbild der Mönche, die Überzeugungskraft ihres Lehrens, bald auch die günstige Tätigkeit der Klöster, brachten sie doch Fortschritt. Gewissenskonflikte? Wie es indes um Gewissenskonflikte der einzelnen Menschen hierzulande bei der Abkehr vom alten Glauben und der Übernahme des neuen Glaubens bestellt war, wissen wir nicht, auch nicht, ob Glaubensstreite der frühen Jahrhunderte des Christentums – etwa über die von den Arianern bestrittene Gleichwertigkeit von Vater, Sohn und Heiligem Geist – hier auch zur Kenntnis gelangten und diskutiert wurden. Konflikte gab es sicher, in Dörfern, in Familien, in der Brust des Einzelnen. Widerstände Dass es auch in unseren Gegenden Widerstände gab, darauf verweisen die Überlieferungen zu Luzius,
Gallus und Kolumban und ihrem missionarischen Wirken im Frühmittelalter. Von Luzius berichtet die Legende, dass er im Gebiet von Maienfeld, Fläsch und Mäls (bei Balzers) mit heidnischen Anhängern eines Rinderkults in Streit geraten, von ihnen auf der Luzisteig in einen Brunnen geworfen, aber von Bekehrten ins christliche Chur gerettet worden sei. Als etwas später Gallus und Kolumban am Zürichsee bei Tuggen missionierten, warf Gallus eine Götterstatue in den See, um zu zeigen, dass sie heidnisch und ohne Macht sei. Worauf manche sich taufen liessen – andere aber den Missionaren drohten, sodass sie weiterziehen mussten. Kolumban und Gallus missionierten darauf in Bregenz, wo in der bereits christianisierten Bevölkerung alte Kultbräuche wieder auflebten. Es kam zu Spaltungen unter der Bevölkerung, der Landesherr wies Kolumban an, um des Friedens willen wegzugehen, worauf er nach Italien, Gallus nach Arbon und dann ins Steinachtal zog. Dort gründete hundert Jahre später, um 719, Othmar das Kloster St. Gallen, welches bald weit ausstrahlte. Klöster waren überhaupt wichtige Treiber der Christianisierung. Sie wurden Bildungszentren, noch vor den Städten, und stellten Priester für Kirchen und Ortschaften. Frühe christliche Kirchen in Liechtenstein Sieht man sich in den reichhaltigen archäologischen und kunsthistorischen Werken zu Liechtenstein um, so erkennt man, dass die konkreten Anfänge von christlichen Gotteshäusern gar nicht so einfach zu datieren sind. Dies hat mit dem Mangel an hiesigen schriftlichen Zeugnissen aus der Zeit der Spätantike, des Früh- und Hochmittelalters zu tun. Urkundlich erwähnt sind frühe Kirchen und Kapellen durchwegs erst lange nach ihren Anfängen. Andererseits liefert die intensive archäologische Erforschung der Kirchen und Kapellen wertvolle Anhaltspunkte.
Christianisierung | Peter Geiger
Vom Frühmittelalter im 5./6. Jahrhundert an bis vor die Jahrtausendwende entstanden im Gebiet unseres Landes nachweislich acht christliche Kirchen oder Kapellen. Das erste Kirchlein wurde, wie erwähnt, in Schaan im 5./6. Jahrhundert in den Kastellmauern gebaut, als Baptisterium und kleine Saalkirche. In Bendern wurde in einer Adelsburg oder deren Ruinen wohl im 6./7. Jahrhundert eine kleine Saalkirche errichtet, die Fundamente sind unter dem Schiff der heutigen Pfarrkirche zugänglich. In Mauren wurde im 7. Jahrhundert auf Ruinen einer römischen Hofstatt ein Kirchlein gebaut, unter dem Boden der heutigen Pfarrkirche sind die Fundamente zu bestaunen. In Eschen entstand im 7./8. Jahrhundert, wenig östlich der heutigen Pfarrkirche, eine kleine Kirche, sie ist im churrätischen Reichsgutsurbar erwähnt. Für Balzers sind im selben Urbar von 842/43 zwei Kirchen verzeichnet, es handelte sich wohl um eine kleine Vorgängerkirche der späteren Pfarrkirche sowie eine St. Donatus geweihte Kapelle samt Friedhof auf der Kuppe, wo später die Burg Gutenberg entstand. In Triesen können die Anfänge der Kapelle St. Mamertus ins 9./10. Jahrhundert datiert werden. In Vaduz schliesslich wurde die Florinskapelle, östlich neben der heutigen Pfarrkirche, im ausgehenden 10. Jahrhundert errichtet, ebenfalls noch vor dem Jahr 1000. Eineinhalb Jahrtausende Diese ersten Kirchen im Lande waren, soweit archäologisch erkennbar, einfach, klein und rechteckig, die herrschaftliche Kapelle St. Florin besass immerhin eine einfache Krypta. Später entstanden An- und Ausbauten. Es gab Brände, Einstürze, Renovationen, Erweiterungen und Neubauten, von den kleinen Wegkapellen bis zu den grossen Pfarrkirchen von heute. So spiegeln denn unsere Kirchen und Kapellen die Entwicklung und den Wandel unseres seit über eineinhalb Jahrtausenden christianisierten Landes, den Glauben der hier lebenden Menschen und dessen vielfältigen Ausdruck.
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Linke Seite: «Wie Christus mit seinen Jüngeren das Osterlam isset». Letztes Abendmahl, eine von 24 Szenen auf dem Fastentuch von Bendern von 1612 (Original im Landesmuseum, Vaduz).
Franz Näscher, Altdekan und Pfarrer
Christliche Religion in Liechtenstein
Bedeutung des Wortes Religion Das Wort Religion hat seinen Ursprung im lateinischen «religio», was Rückbindung bedeutet. Davon abgeleitet kann es auch Bedenken, Gewissenhaftigkeit oder religiöse Denkweise meinen. Erst viel später bekam «religio» die Bedeutung von Konfession und Religionszugehörigkeit. Bei Kirchenschriftstellern entstand das Wort «religiositas», das Gottesfurcht, Frömmigkeit oder Religiosität bedeutet. Unter dem Eigenschaftswort «religiosus» versteht man gewissenhaft, gottesfürchtig, fromm usw. Zum Wort «religio» gehört das Verb «relegere», das unter anderem erneut lesen, bedenken, achtgeben und Ähnliches besagt. Religionszugehörigkeit in Liechtenstein Die stärkste Religionsgemeinschaft in unserem Land ist gemäss Volkszählung im Jahr 2015 die römisch-katholische Kirche mit 27 576 Mitgliedern; das sind 73 Prozent der Wohnbevölkerung. Sie ist jedoch seit der Volkszählung von 2010 mit 0,5 Prozent kaum gewachsen. Weitere christliche Gemeinschaften sind die evangelisch-reformierte Kirche mit 2364, die christlich-othodoxe Kirche mit 472 und die evangelisch-lutherische Kirche mit 447 Mitgliedern sowie die Freie Evangelische Gemeinde Schaan mit rund 70 praktizierenden Gläubigen. 2215 Einwohner gehören zum Islam. Seit 2010 ist
Christliche Religion in Liechtenstein | Franz Näscher
die Zahl der Muslime um 13 Prozent gewachsen. Das Wort Islam leitet sich vom arabischen Verb «aslama» ab und bedeutet völlige Hingabe (an Gott), Unterwerfung (unter Gott); Muslim oder Moslem meint somit den Menschen, der sich Gott hingibt. 672 Einwohner gehören zu anderen Religionen. Auffallend ist, dass die Zahl derer, die keine Religionszugehörigkeit angeben, am stärksten zugenommen hat – nämlich 2623 Einwohner, das sind 34,4 Prozent mehr als im Jahr 2010, und 1253 Einwohner, die gar keine Angabe machen, was einer Zunahme von 35,5 Prozent entspricht. Christliche Religiosität heute Wie die Volkszählung von 2015 festgestellt hat, ist die katholische Kirche in den fünf Jahren seit 2010 gerade noch um ein halbes Prozent gewachsen, im Verhältnis zur Wohnbevölkerung jedoch kleiner geworden. Allerdings handelt es sich bei der Volkszählung nur um eine freiwillige Selbstangabe, die keine klaren Schlüsse zulässt. Wie in anderen europäischen Ländern ist die Bindung an Institutionen auch bei uns weniger stark als früher. Für die katholische Kirche sollte dies ein Weckruf sein. Kürzlich war in einer Zeitschrift unter der Überschrift «Es war einmal» zu lesen: «Ich habe noch
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eine Zeit erlebt, da gingen fast alle Katholiken am Sonntag in die Kirche. Die Kirchen waren voll. Es waren Kinder, Schüler, Jugendliche, Familien, Erwachsene, ältere und alte Leute in der Kirche, um zu beten und um die Heilige Messe zu feiern. (...) Heute gehen immer weniger Leute am Sonntag in die Kirche. Kinder, Schüler, junge Leute und Familien sieht man fast keine mehr.» Es ist feststellbar, dass der Besuch der Kirche und des Gottesdienstes vielfach zu einer privaten Angelegenheit geworden ist. Doch wenn die Religiosität nur noch privat ist, zerbröckelt die Gemeinschaft. Dazu kommen innerkirchliche Spannungen, wenn beispielsweise solche, die nicht in allem genau derselben Meinung sind, nicht ernst genommen oder sogar als «nicht richtig katholisch» abgelehnt werden. Erwähnenswert ist auch, dass manche religiöse Wörter ihren ursprünglichen Sinn verloren haben und für alles Mögliche verwendet werden. Das alles wirft die Frage auf, wie stark die katholische Kirche als Gemeinschaft noch ist und wie stark sie das gesellschaftliche Leben prägen kann oder will. Mangelt es heutzutage an einer persönlichen, innigen Beziehung zu Jesus Christus? Doch er ist der Ursprung der Kirche, und durch ihn wissen die Christen sich miteinander verbunden. Er bezeichnet sie als seinen Freundeskreis, wenn sie tun, was er ihnen sagt (Joh 15,14). Wenn Religion vom Wortursprung her die Bedeutung von Rückbindung hat, dann ist damit gesagt, dass der Mensch in einer tieferen Beziehung steht. Beim religiösen Menschen ist es die Beziehung zu Gott. Es kann aber auch eine Rückbindung an etwas anderes wie Reichtum und Macht sein, in den Evangelien «Mammon» genannt. Geld kann in der rechten Einschätzung beitragen zu Freiheit und Lebensfreude. Bedenklich wird es, wenn die Rückbindung daran wichtiger wird als die Beziehung zu Gott und seinem Willen. Dann werden christliche Werte bedroht; sie gehen verloren, «wenn wir durch das Modell eines mehr und mehr auf Konkurrenz, Wettbewerb und Steigerung orien-
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tierten Erwerbslebens und unter dem Druck der Konsumgesellschaft den Eindruck bekommen, alles auf dieser Welt liesse sich in monetären Werten beziffern». Zu den zahlreichen Abhängigkeiten des heutigen Menschen kommt auch die in ihrer Stärke noch viel zu wenig durchschaute Medienabhängigkeit. Nicht umsonst legt Jesus klar fest: Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon. (Mt 6,24)
Religion im Leben der Christen Die Antwort auf die Frage, wie tief verwurzelt die Religion in Liechtenstein noch ist, lässt sich daran ablesen, was die Bibel über die Religion im Leben der Christen sagt. Die christlichen Konfessionen haben den Namen «Kirche»; dieses Wort bringt die Rückbindung klar zum Ausdruck; es stammt vom griechischen «kyriake». «Kyrios» heisst Herr und Gott. Mit diesen Worten wird Jesus Christus im Neuen Testament angeredet. Kirche meint nicht nur die Kirchenleitung, Papst, Bischöfe und Priester, sondern alle Gläubigen, die durch Jesus Christus ihre Rückbindung an Gott sehen und so die kirchliche Gemeinschaft bilden (vgl. 1 Kor 12, 12ff). Religion als Rückbindung gestaltet die Beziehung zu Gott, prägt aber auch das Zusammenleben der Menschen untereinander. Kurz und bündig kommt dies im Hauptgebot der Liebe zum Ausdruck: Gott lieben, aber auch die Mitmenschen wie sich selbst; so lehrt Jesus und greift damit Gedanken auf, wie sie schon über ein Jahrtausend früher im Alten Testament (z. B. Lev 19,18) vorkommen: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deiner Kraft und all deinen Gedanken, und: Deinen Nächsten sollst du lieben wie dich selbst. (Lk 10,27)
Jesus legt die entsprechende Haltung der Liebe in der Bergpredigt (Mt 5–7) dar. In den Gleichnissen nennt er immer wieder Beispiele für das richtige Verhalten, durch das sich diese Liebe zeigt, z. B. in den wohl bekanntesten Gleichnissen vom barmherzigen Vater (Lk 15,11–32) und vom barmherzigen Samariter (Lk 10,25–37) oder jenem vom reichen Mann und dem armen Lazarus (Lk 16,19–31). Die Apostel haben die Grundsätze Jesu weitergegeben, z. B. Paulus in den Briefen an die von ihm gegründeten christlichen Gemeinschaften. Er gemahnt sie immer wieder an die wichtigsten Grundhaltungen. Der Gemeinde in Ephesus schreibt er, jede Art von Bitterkeit, Wut, Zorn, Geschrei und Lästerung und alles Böse aus ihrer Mitte zu verbannen, vielmehr gütig und barmherzig zueinander zu sein (Eph 4,31f). Die Gemeinde in Philippi mahnt er, untereinander eines Sinnes zu sein, nichts aus Ehrgeiz oder Prahlerei zu tun, nicht nur auf das eigene Wohl bedacht zu sein, sondern auch auf das der anderen (Phil 2,2–4). Es gäbe diesbezüglich noch eine Reihe von Textbeispielen. Am bedeutendsten ist, was er in seinem ersten Brief an die Christengemeinde in Korinth schreibt, das sogenannte «Hohelied der Liebe»; dort heisst es unter anderem: Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig. Sie ereifert sich nicht, sie prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf. Sie handelt nicht ungehörig, sucht nicht ihren Vorteil, lässt sich nicht zum Zorn reizen, trägt das Böse nicht nach. Sie freut sich nicht über das Unrecht, sondern freut sich an der Wahrheit. Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand. Die Liebe hört niemals auf. (1 Kor 13,4–8)
Das ist die Grundlage christlichen Lebens und damit die Grundlage für das Zusammenleben als kirchliche Gemeinschaft. Meine Beziehung zu Gott ist dann echt, wenn ich mich auch um eine gute Beziehung zu den Mitmenschen bemühe, denen
Christliche Religion in Liechtenstein | Franz Näscher
ich tagtäglich begegne; niemand darf mir gleichgültig sein, schon gar nicht in der kirchlichen Gemeinschaft, zu der ich gehöre. Zur Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965) und der Umsetzung seiner Ziele durch die Bistumssynode 72 (1972–1975) ist vieles entstanden, was Kirche als Gemeinschaft erkennbar macht, sowohl in der Liturgie wie auch in der Gestaltung des kirchlichen Lebens. In der Liturgiekonstitution weist das Zweite Vatikanische Konzil klar auf das Entscheidende der Liturgie hin, auf die Gegenwart von Jesus Christus: Um dieses grosse Werk voll zu verwirklichen, ist Christus seiner Kirche immerdar gegenwärtig, besonders in den liturgischen Handlungen. Gegenwärtig ist er im Opfer der Messe in der Person dessen, der den priesterlichen Dienst vollzieht, (... ) wie vor allem in den eucharistischen Gestalten. Gegenwärtig ist er mit seiner Kraft in den Sakramenten, so dass, wenn immer einer tauft, Christus selber tauft. Gegenwärtig ist er in seinem Wort, da er selbst spricht, wenn die heiligen Schriften in der Kirche gelesen werden. Gegenwärtig ist er schliesslich, wenn die Kirche betet und singt, er, der versprochen hat: «Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.» (Mt 18,20)
Erinnern wir uns an die Erneuerung der Liturgie! Das übliche Latein wurde durch die Volkssprache ersetzt. So verstehen alle in den Gottesdiensten die vorgetragenen Texte der Bibel und können sich auf das Wort Gottes besinnen. Der Priester zelebriert nicht mehr mit dem Rücken zum Volk am Hochaltar, sondern am sogenannten «Volksaltar» mit dem Blick zum Volk. So wird im Gottesdienst deutlich, dass alle gemeinsam zusammen mit dem Priester die Messe feiern und nicht nur der Priester am Altar; Laien, Frauen wie Männer, auch Jugendliche, wurden als Lektoren, Fürbittensprecher, Kommunionspender usw. eingesetzt. Jugendliche bildeten da und dort Musik- und Singgruppen, um Gottes-
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dienste zu gestalten. Der Kommunionempfang war bis in die 1950er-Jahre sehr selten, meist nur an den hohen Feiertagen (vgl. Osterkommunion) und dies vor oder nach der Frühmesse; im Hauptgottesdienst wurde wegen des Nüchternheitsgebotes nur selten die Kommunion gespendet. In jener Zeit kam es dann zur häufigerer Kommunion, auch während der Frühmesse. Seit dem Konzil gehört die Kommunionspendung zu jeder Messfeier. Wir suchen dabei die Gemeinschaft mit Jesus Christus, aber auch mit allen, die dadurch, wie wir mit ihm, eins werden und zu ihm gehören wollen. So werden Kirchen und Kapellen zu Orten der Begegnung mit Gott und miteinander. Was das kirchliche Leben in unserem Land betrifft, wurden zur Zeit des Konzils und in dessen Folge Laien zusammen mit Priestern in verschiedenen Bereichen aktiv: im 1962 gegründeten Liechtensteiner Fastenopfer, in den um 1970 entstandenen Pfarreiräten und im Landesseelsorgerat, in den Arbeitsstellen für Erwachsenenbildung und kirchliche Jugendarbeit, in Arbeitskreisen für Religionsunterricht, Öffentlichkeitsarbeit u. a. Es gab Kurse für Lektoren und für solche, die im Religionsunterricht aktiv werden wollten. Erwähnenswert ist auch, wie man begann, die kirchliche Gemeinschaft durch verschiedene Anlässe wie Ausflüge, Wallfahrten, Vorträge, Informationsabende, Apéros u. a. zu stärken. Das alles ist ganz im Sinne der biblischen Lehre und damit des Zweiten Vatikanischen Konzils, das in der Kirchenkonstitution festgehalten hat: Gott hat es gefallen, die Menschen nicht einzeln, unabhängig von aller wechselseitigen Verbindung zu heiligen und zu retten, sondern sie zu
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einem Volke zu machen, das ihn in Wahrheit anerkennen und ihm in Heiligkeit dienen soll.
Blick in die Zukunft der Kirche Im Laufe der Kirchengeschichte gab es wiederholt Zeiten, in denen die Kirche im Umbruch war beziehungsweise dem Willen und der Lehre von Jesus nicht voll entsprochen hat. Sie brauchte und braucht immer wieder die Erneuerung. Echte Religiosität beeinflusst Wertvorstellungen und menschliches Verhalten, Handeln und Denken. Das ist gerade in der gegenwärtigen Zeit angesichts der kriegerischen Auseinandersetzungen in vielen Teilen der Welt und des dadurch ausgelösten Flüchtlingselends und unserer Haltung gegenüber Flüchtlingen von Bedeutung. Wirklich religiöse Menschen denken nicht nur an sich selbst und beeinflussen dadurch das Zusammenleben; sie beeindrucken durch ihre Haltung und geben damit ein Beispiel für echte, gelebte Religiosität. Im christlichen Sinn ist es die Orientierung und Rückbindung an Jesus.
Rechte Seite: «Wie Christus seinen Lieben Jüngern den H: Geist schicket am H: Pfingstag». Pfingsten, Szene auf dem Fastentuch von Bendern, mit Jahrzahl «1612» und Initialen «JGC», wohl des Malers Johann Georg Clessin, Feldkirch (Original im Landesmuseum, Vaduz).
Christliche Religion in Liechtenstein | Franz Näscher
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Kirchen und Kapellen in Liechtenstein Nachfolgend sind alle christlichen Kirchen und Kapellen in Liechtenstein beschrieben, so wie sie heute bestehen, von Sßden nach Norden, durch die Gemeinden von Balzers bis Ruggell, unter Einbezug von Geschichte, Besonderheiten und Schätzen. Im anschliessenden Teil sind zahlreiche kleinere Zeichen des Glaubens aus Alltag und Jahreslauf der Menschen dargestellt. Fotos ergänzen die Texte. Sichtbar wird erstaunliche Vielfalt, ein Mosaik, spiegelnd Leben und Hoffen.
Vaduz
Triesen Balzers
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Triesenberg
Ruggell Gamprin-Bendern
Schellenberg
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Mauren
Schaan
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Balzers Cornelia Herrmann
Pfarrkirche St. Nikolaus Bauzeit
1909 –1912,
1992 Anbau Friedhofskapelle
Pläne
Architekt Gustav Ritter von Neumann, Wien
Bauleitung Landestechniker Gabriel Hiener, Vaduz Grundsteinlegung 24. Oktober 1909 Erstweihe
12. November 1912
Renovationen
1971–1974, 1981/82
Ein Kirchenstandort zwischen den Dorfteilen Als vor mehr als 100 Jahren am Fuss des Burghügels Gutenberg zwischen Balzers und Mäls, nahe dem Schulhaus von 1869, ein Bauplatz für die neue römisch-katholische Pfarrkirche St. Nikolaus gewählt wurde, hatten die Verantwortlichen auch das Ziel vor Augen, die beiden Dorfteile näher zusammenzuführen. Heute steht die Pfarrkirche St. Nikolaus tatsächlich mitten im Dorf. Mit dem Gemeindehaus von 1926, den späteren modernen Gebäuden für Gemeindeverwaltung und Schulen sowie einer zunehmenden Bebauung der Randbereiche der Dorfteile ist im Laufe der Jahrzehnte eine Zentrumsbildung gelungen, zu der die Pfarrkirche St. Nikolaus eindrücklich beiträgt. Wunschdenken und Finanzen Spätestens seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts wurde aufgrund der gestiegenen Bevölke-
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rungszahl und wegen des schlechten Bauzustands der alten, nahe beim nördlichen Dorfeingang gelegenen Pfarrkirche St. Nikolaus von 1807 ein Kirchenneubau immer dringlicher. Zwischen den ersten Anstössen des Bauprojekts und seiner Realisierung vor allem unter Pfarrer Peter Schmid und Gemeindevorsteher Heinrich Brunhart lagen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten viele Jahre der Diskussion um die Beschaffung der finanziellen Mittel. Die Gemeinde Balzers hatte 1824 die Gutenbergischen Güter erworben und damit das Patronatsrecht über Pfarrkirche und Pfründe übernommen, war seitdem statt des Hauses Habsburg selbst für die Finanzierung eines Kirchenneubaus verantwortlich. Das Bauvorhaben konnte schliesslich dank der Zusage einer grosszügigen Unterstützung seitens des Fürsten Johann II. von Liechtenstein im Jahr 1909 in Angriff genommen werden. Von den Gesamtkosten in Höhe von rund 300 000 Kronen übernahm das Fürstenhaus etwa zwei Drittel. Den Rest trugen Gemeinde und private Stifter. Zu Ehren des Landesfürsten und zur Erinnerung an dessen Regierungsantritt im Jahr 1859 erhielt das Gotteshaus den zusätzlichen Namen «Fürst-Johann-Jubiläumskirche». Ein Wiener Architekt und seine Baupläne Für die Pläne des Kirchenneubaus zeichnete der fürstliche Architekt Gustav Ritter von Neumann aus Wien verantwortlich. Neugotik, Neurenaissance, Neubarock, Neuklassizismus und die an der Pfarrkirche in Balzers zu entdeckende Neuromanik gehörten damals zu den gebräuchlichen Stilen des Historismus. Bauaufgaben wurden gestalterisch durch die Verwendung und Neuinter-
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Blick in das Innere zum Chorraum.
pretation vergangener, neu belebter Formen gelöst. Von Neumann besass eine gute Detailkenntnis mittelalterlicher Architektur, die er vor allem in der Meisterklasse von Architekt Friedrich von Schmidt an der Wiener Akademie der bildenden Künste erworben hatte. In Balzers arbeitete von Neumann zudem mit Gestaltungselementen aus dem Bereich des Heimatstils. Sein erstes architektonisches Werk auf liechtensteinischem Boden war die Pfarrkirche St. Lauren tius in Schaan, für die er in den 1880er-Jahren den neugotischen Stil gewählt hatte. Zur Fertigstellung einer Unvollendeten Die Weihe der neuen Pfarrkirche zu Ehren des hl. Nikolaus fand nach rund dreijähriger Bauzeit am 12. November 1912, dem 54. Jahrestag des Regierungsantritts von Landesfürst Johann II. statt. Das Gotteshaus besass damals weder Glocken noch Orgel, lediglich zwei Notaltäre, eine provisorische Kanzel und schlichte Kirchenbänke aus Tannen-
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holz. Erst Wochen nach der Kirchweihe trafen vier, in der Glockengiesserei Gebrüder Grassmayr in Buchs gegossene, in As - c - es - f gestimmte Glocken ein. Eine fünfte und grösste Glocke aus der deutschen Glockengiesserei Karl Czudnochowsky in Erding kam 1965 hinzu. Während der auf die Weihe folgenden Jahrzehnte erfuhr die Pfarrkirche St. Nikolaus im Innern wiederholt Veränderungen, teils zur Vervollständigung des Inventars oder im Zuge der Liturgieanpassung, teils aufgrund von gewandelten Stilauffassungen oder aus technischen Gründen, wie zur Verbesserung der schlechten Akustik. Immer wieder musste die helfende Hand des Landesfürsten mit Spenden eingreifen, erneut bei den 1928 in Angriff genommenen Mosaikarbeiten für die Hauptfassade und bei der malerischen Ausgestaltung im Inneren, die ab 1932 von den Kunstmalern Richard Arthur Nüscheler aus Boswil und Otto Hämmerle aus München an Wänden und Decken ausgeführt wurde. Die Mosaiken der Tiroler Glasmalerei und
Mosaikanstalt in Balzers zählen mit den ebenfalls von dieser Firma ausgeführten Mosaiken am Regierungsgebäude in Vaduz zu den seltenen Zeugnissen dieses Kunsthandwerks in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Fürstentum Liechtenstein. Reformen und Modernisierungen Ein massgeblicher Grund für die Neugestaltung des Innern ab den 1970er-Jahren lag in der Anpassung an die neue Liturgieform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil begründet. Nach der Entfernung von Teilen der Innenausstattung kamen in der Gemeinde Bedenken und Befürchtungen hinsichtlich einer leer geräumten, reformierten Kirche auf. Weitere Massnahmen wurden darum zurückgestellt und zunächst nur Verputz- und Malerarbeiten ausgeführt, die zum Verlust der Wandmalereien aus den 1930er-Jahren führten. Die Dekorationsmalereien an der Decke des Kirchenschiffs sind seit dieser Zeit dem Auge des Betrachters zwar entzogen, doch haben sie sich hinter einem vorgesetzten Pseudo-Kreuzgewölbe in Gipskonstruktion erhalten. Die einst für die Anbringung der Wandmalereien im Chorraum zugemauerten Fenster wurden wieder geöffnet. In den 1980er-Jahren wurde die Neugestaltung des Kircheninnern nach einer Abstimmung in der Gemeinde fortgesetzt. Die Pläne, eine Weiterentwicklung älterer Konzepte der Architekten Hanns A. Brütsch und Edwin A. Bernet aus Zug sowie des 1980 verstorbenen Vaduzer Architekten Hans Rheinberger, lieferte das Schaaner Architekturbüro Alois Eberle und Florin Frick. Der heutige Gesamteindruck der Pfarrkirche St. Nikolaus in ihrem Inneren geht im Wesentlichen auf die Massnahmen dieser Zeit zurück. Als künstleri-
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scher Berater zeichnete der Maler, Grafiker und Plastiker Martin Frommelt aus Schaan verantwortlich. Der Chorbereich wurde neu gestaltet und mit neuer Ausstattung versehen, der Taufraum in den Chor verlegt. Hauptaltar und Seitenaltäre wurden entfernt, die Kirchenbänke durch Einzelstühle ersetzt, diese mit Bänken aus der alten Pfarrkirche kombiniert. Zu Frommelts Auftrag gehörte auch das Konzept für elf Kirchenfenster, drei im Chor, je vier auf jeder Seite des Langhauses, die in moderner Formensprache, teils farblos hell, teils in starken Farben realisiert wurden. Das äussere Erscheinungsbild des Gotteshauses blieb in seinen Grundformen nahezu unverändert. Lediglich der Anbau einer von Architekt Hans Barras aus Balzers entworfenen, 1992 geweihten Friedhofskapelle erweiterte das späthistoristische Formengefüge des Architekten von Neumann. Mehr als eine einfache Landkirche Der von der Fürstenstrasse zum Hauptportal der Pfarrkirche St. Nikolaus führende Weg leitet den Kirchenbesucher zunächst am Denkmal für den 1927 verstorbenen Liechtensteiner Priester, Erzieher, Historiker und Heimatdichter Johann Baptist Büchel vorbei. Das Werk des Bildhauers Georg Malin aus Mauren, eine Stele und ein liegender Schriftstein aus geschliffenem Cristallina-Virginio-Stein, erhielt seinen Platz auf dem Wieshang im Zuge einer Neugestaltung der Kirchenumgebung in der Mitte der 1960er-Jahre. Die Eingangsfassade der Pfarrkirche wird von einer grossen Bogennische dominiert, deren oberes Bogenfeld ein bleigefasstes Buntglasfenster mit
Glasfenster des Schaaner Künstlers Martin Frommelt.
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Mosaiken der Innsbrucker Glasmalerei und Mosaikanstalt: Links: Lamm Gottes. Rechte Seite: Hl. Nikolaus, hl. Martin und Jubiläums- inschrift in der Mitte.
ornamentalem Teppichmuster aus der Erbauungszeit der Pfarrkirche einnimmt. Darunter präsentieren sich drei Rundbogennischen, gefüllt mit Mosaikbildern aus Goldglas und venezianischem Email. Zusammen mit dem Mauerwerk der Pfarrkirche aus dunklem Balzner Marmor erzielen sie einen wirkungsvollen Kontrast. Bei dem Baumaterial, auch «Balzner Stein» genannt, handelt es sich um einen grauen, von weissen Kalzitadern durchzogenen Kalkstein, der erst beim Aufbrechen in seiner typisch dunkelgrauen bis fast schwarzen Farbe zur Geltung kommt. Die Mosaikbilder der Tiroler Glasmalerei und Mosaikanstalt in Innsbruck zeigen die Patrone der Pfarrei, den hl. Nikolaus als Helfer in Seenot und den hl. Martin von Tours zu Pferd mit einem Bettler. In der mittleren Nische ist das Fürsten- und Landeswappen zu sehen, darunter eine Inschrift, die an die 50. Wiederkehr des Regierungsantritts seiner Durchlaucht Fürst Johann II. von Liechtenstein im Jahr 1909 erinnert. In dem ebenfalls in Mosaiktechnik gestalteten Tympanon, dem Schmuckfeld über dem Eingangsportal, findet sich das Motiv des von Reben und Blattwerk umrankten Lamm Gottes auf dem Buch mit sieben Siegeln. Zur äusseren Gestalt Die äussere Gestalt des Gotteshauses lässt sich als vielfältig gegliederte Kirchenarchitektur mit gestaf-
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felt aneinandergebauten Gebäudeteilen beschreiben. Hierzu gehören ein übergiebelter Portalvorbau und ein etwas höheres Kirchenschiff unter einem Satteldach, das sogenannte «Langhaus», an das sich ein niedrigerer Chor mit einem apsidialen, d. h. halbrunden Abschluss anschliesst. An der Westseite des Chors steht der Kirchturm mit einem leicht eingeschnürten Pyramidenhelm und zwei Dachhäuschen, an der Ostseite der Anbau einer mehrgeschossigen Sakristei. In deren Untergeschoss wurde in jüngerer Zeit eine Kapelle eingerichtet, 2010 auf den Titel Mariä Namen und hl. Nikolaus geweiht. Die moderne Friedhofskapelle ist über den Sakristeianbau mit der Pfarrkirche architektonisch verbunden. Im Westen und Osten gliedern vier bzw. fünf Strebepfeiler und je vier Rundbogenfenster die Aussenfassaden. Auf der Westseite und an der Apsis verläuft ein Gesims unterhalb der Fensterbänke. Eine vielfältige Dach- und Fensterlandschaft, diverse Türmchen, Fachwerkzierrat an einem torhausähnlichen Gebäude an der Nordwestecke der Hauptfassade und der offene Laubengang an der Ostseite setzen romantisch anmutende Akzente, die dem Heimatstil nahestehen. Im Inneren des Laubengangs mit flacher Holzdecke finden sich unbesetzte Kragsteine, die als Standorte für Figuren gedacht waren. Die Steinskulptur des hl. Donatus in einer Ecknische der Hauptfassade stellt
heute den einzigen figürlich-plastischen Schmuck an den Aussenfassaden des Gotteshauses dar. Seit 1988 erinnert dieses Werk des Vaduzer Bildhauers Engelbert Ospelt, eine abstrahierende Version des geschnitzten spätmittelalterlichen Originals im Schweizerischen Nationalmuseum in Zürich, an den Titelheiligen einer heute verlorenen Kapelle auf Burg Gutenberg. Der Weg von den «Sieben Zeichen» zum Tisch des Herrn Ein Windfang mit rechteckigen, von Metallbändern gefassten Glasflächen empfängt die Kirchenbesucher im Eingangsbereich unterhalb der von Holzstützen getragenen und weit in das Kirchenschiff hineinragenden Empore. Die Vaduzer Künstlerin Evi Kliemand hat darin ungleich verteilte Felder mit «Sieben Zeichen» gestaltet, hierzu aus Metallflächen Formen herausgeschnitten, diese mit Glas unterschiedlicher Farbgebung gefüllt. Evi Kliemand versteht die Zeichen als Lichtelemente zum meditativen Schauen, als energetische Punkte. Der Windfang bildet einen Vorraum, in dem ein Weihwassergefäss aus poliertem Balzner Marmor steht, geschaffen von Steinmetz Thomas Kaufmann aus Balzers als Replik des Taufbeckens von 1935. Der Windfang führt zu einem Gebetsraum in der Nordostecke der Kirche mit einer Fatima-Madonna des Südtiroler Holzbildhauers Vigil Prugger aus der Zeit um 1950 und einem geschnitzten Wolkenkranz
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mit Taube und Engelbüsten aus der alten Pfarrkirche an der Decke, auf der gegenüberliegenden Seite zu den Funktionsräumen im Torbogenanbau und zur Empore. Auf der Empore nimmt seit 1982 eine Orgel mit modernem Prospekt der Rapperswiler Orgelbaufirma Gebrüder Späth ihren Platz ein. Hinter dem Eingangsbereich öffnet sich ein heller Innenraum, der von einem einschiffigen Langhaus und einem tiefen Chorraum mit apsidialem Abschluss gebildet wird. Der Boden der beiden Raumteile ist mit Platten aus Balzner Stein und Porphyr belegt. Über dem Langhaus erhebt sich eine von Gurtbögen unterzogene, kreuzgratgewölbte Decke in Gipskonstruktion. Die Wandflächen sind durch einzeln oder paarweise aufgelegte Dreiviertelsäulen mit Kapitellen in Balzner Marmor gegliedert. Zwischen den Wandgliederungen heben sich insgesamt acht bleigefasste Rundbogenfenster mit künstlerischer Glasgestaltung vom hell verputzten Kirchenraum ab. Für die Fenster entwarf der Künstler Martin Frommelt Anfang der 1980er-Jahre allgemein gehaltene, zentrale Aussagen zum Wesen Gottes, entfernt von traditionellen Darstellungen christlicher Überlieferung. Ausgeführt wurden die Entwürfe von der Glasmalerei Engeler in Andwil, St. Gallen. Jedes der Fenster bezieht sich auf Worte des Evangelisten Johannes, die vier Fenster der Ostseite auf den Prolog des Johannes-Evangeliums, die
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vier Fenster auf der Westseite auf den ersten Brief des Johannes. In schwarzer und roter Blockschrift ziehen sich stichwortartig erläuternde Texte wie Schlüssel zur Bildbotschaft über die malerischen und geometrischen Farbelemente. Diese sind teils farblos hell, um viel Licht in die Kirche zu lassen, teils in starkem Rot, Blau, Gelb, Grün oder Schwarz gewählt. Von Fenster zu Fenster, vom Chor vorne nach hinten zur Empore steht zu lesen: «Und Gott war das Wort», «In ihm war das Leben», «Im Anfang war das Wort», «Und das Wort ist Fleisch geworden» (Ostseite), «Gott ist Licht», «Wer den Sohn hat, hat das Leben», «Furcht ist nicht in der Liebe», «Gott ist Liebe» (Westseite). Drei weitere, kleinere Rundbogenfenster des Künstlers Martin Frommelt von 1983 nehmen den Gläubigen mit ihrer meditativen Symbolik an der Rückwand des kreuzgratgewölbten Chorraums in Empfang. Im mittleren Fenster ist abstrahierend Gott als Schöpfer der Welt angedeutet, im linken
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sind mehrfach ineinandergreifende Hände zu sehen, im rechten ist fliessendes, Leben spendendes Wasser dargestellt. Der Chorraum ist podestartig erhöht, bis vor den Chorbogen und in der Mitte in das Langhaus hinein erweitert. An zentraler Stelle im vorderen Bereich des Podests, den Gottesdienstbesuchern näher gerückt, steht ein vierbeiniger Altar aus Holz, die Seiten unterschiedlich gestaltet, mit einer Mensa aus Stein. Im hinteren Chorraum befindet sich der moderne Taufbereich in Form einer Stufenanlage aus Balzner Stein, in deren Mitte ein Taufbecken aus Bronze, das an einen antiken Dreifusskessel erinnert. Drei Bronzetafeln an der Rückwand des Raumes weisen die Symbole Brot, Schöpferhand Gottes und Taube auf, eine vierte wurde in der Form einer Kerze gestaltet und trägt die Inschrift «Lumen Christi». Die von der Anton Vogt Schreinerei AG in Balzers ausgeführten Entwürfe für Altar und Zelebrantensitze stammen wie die Entwürfe für Ambo, Taufbecken und Bronzetafeln wiederum von Martin Frommelt.
Ausstattung zwischen Tradition und Moderne Die heutige Innenausstattung der Pfarrkirche St. Nikolaus ist in vielen Bereichen eine moderne, wie die Beschreibung des Chorraums gezeigt hat. Wie eine Reminiszenz an die Vergangenheit wurde diese moderne Ausstattung mit historischen Artefakten kombiniert. Über der Tür zur Sakristei hängt ein grossformatiges, mit einem opulenten Rahmen versehenes Ölgemälde einer «Beweinung Christi durch die drei Marien» von der Hand des Wiener Malers Franz Jaschke. Das 1891 geschaffene und in Rom preisgekrönte Werk war von Landesfürst Johann II. erworben und der Gemeinde Balzers geschenkt worden. Das Gemälde gehört, wie beispielsweise auch die beiden Statuen des hl. Paulus und des hl. Petrus unterhalb der Empore, zu dem älteren Kunstbestand der Pfarrkirche, der die Zeiten überdauert hat. Weitere Kunstwerke wurden an das Liechtensteinische Landesmuseum übergeben, wie die Vortragefigur einer Muttergottes mit Strahlenkranz aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Sie ist in der Pfarrkirche selbst als Kopie an der Langhauswand zu sehen.
Linke Seite: Blick in das Innere zur Empore. Oben: Kreuzwegstation der Mayer’schen Hofkunst-Anstalt in München.
Zu den historischen Ausstattungsobjekten gehören auch die Kreuzwegstationen der Mayer’schen Hofkunstanstalt in München an den Langhauswänden. Die 1913/14 zwar serienmässig gefertigten Arbeiten zeichnen sich durch ihre ausdrucks- und farbstarken Relieffiguren als qualitätsvolle Kunsterzeugnisse von besonderer Stärke aus. Vor der rechten Chorbogenwand platzierte Bänke aus der alten Pfarrkirche von 1807 kontrastieren mit den im Langhaus aufgereihten Einzelstühlen jüngerer Zeitstellung. Die reliefverzierten Wangen der alten Bänke mit geschweiftem Umriss und schwungvollem Rocailledekor könnten aus dem 1782 aufgehobenen Kloster Valduna bei Rankweil nach Balzers gelangt sein. Die Bänke heben sich stilistisch ebenso von einem vor der Chorbogenwand auf einem Steinsockel aufgestellten modernen Tabernakel ab. Dieser gehört zusammen mit einem Ewigen Licht und einem an der rückseitigen Wand hängenden Rundbild, einer Emailarbeit mit dem Bildmotiv «Lamm Gottes», zu einem Anfang der 1980er-Jahre
von Martin Frommelt bzw. nach dessen Entwürfen realisierten Ensemble. Eine jüngere Zutat dieser Objektgruppe sind Säulenfüsse der alten Seitenaltäre aus poliertem Balzner Marmor, die rechts und links des Tabernakels die Funktion von Sockeln für zwei Kerzenständer übernehmen. Die Seitenaltäre waren in den 1930er-Jahren vom Schaaner Bildhauer Gottfried Hilti nach Plänen des Vaduzer Architekten und Bildhauers Egon Rheinberger gefertigt und für die Neugestaltungen des Kirchenraums in den 1980er-Jahren entfernt worden. An der linken Chorbogenwand hängt entsprechend dem kirchlichen Jahreszyklus jeweils einer von vier modernen Wandteppichen mit geometrischen Mustern, nach Entwürfen von Leopold Schädler aus Triesenberg gewebt von Franziska Gehr aus Altstätten. Insbesondere das bewegliche Kulturgut wird auch in Zukunft Zeugnis vom Wandel der Vorlieben, des Geschmacks, des unterschiedlichen Kunstempfindens und der Bedürfnisse ablegen.
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Friedhofskapelle Der neue Friedhof bei der Pfarrkirche St. Nikolaus wurde am 16. Oktober 1966 eingeweiht, seitdem wurde nicht mehr auf dem Friedhof beim Turm der alten Pfarrkirche bestattet. Die Pläne für die sowohl über das Innere der Pfarrkirche St. Nikolaus als auch über den Friedhofsbereich zu erreichende Friedhofskapelle schuf Architekt Hans Barras aus Balzers in den 1990er-Jahren. Bis zur Einweihung dieser Kapelle am 23. Februar 1992 erfolgte die Aufbahrung der Toten zuletzt in einem gewölbten Raum unterhalb der Sakristei. Das moderne Bauwerk wurde in Beton und Ziegelmauerwerk
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mit einer äusseren Verkleidung aus dunklem Stein errichtet. Zusammen mit einem halbrund schliessenden Vordach über einem entsprechenden Vorplatz erzielt das Gebäude die Gesamtwirkung eines Rundbaus, an den sich weitere Funktionsräume anschliessen. Zur besonderen Atmosphäre der Friedhofskapelle tragen die Glasmalereien nach Entwürfen von Monika Foser-Mahlknecht, Meran/Balzers bei, ausgeführt unter ihrer Mithilfe von der Tiroler Glasmalerei und Mosaikanstalt in Innsbruck.
Das Hauptthema ist der «Lebensbaum» an der grossflächig verglasten Eingangsseite, ausgeführt in filigranen Formen und zarten Farben auf mundgeblasenem, bleigefasstem Antikglas. Zwei emporrankende Bäume mit weissen Blüten, goldenen Früchten und Kristallen vereinigen sich über der Tür mit ihren Ästen und Ranken. Von der Glaskünstlerin Foser-Mahlknecht stammen auch die zwei seitlichen Fenster mit abstrahierenden Figuren, die Totenwache halten und beten, ebenso die Oberlichtfenster im Kapellenflachdach in weissgelber Betonglasmalerei sowie der Handlauf der Kapellentür in Form von grossen gläsernen, in Eisen gefassten Rosenkranzperlen. Für das Innere der Kapelle schuf die Künstlerin ein einfaches, mit farbigem Glas besetztes Wandkreuz.
Fünf Steinplatten an den Innenwänden der Kapelle stammen von der Kanzel, die 1933 von Steinmetz Gottfried Hilti nach Plänen von Architekt und Bildhauer Egon Rheinberger in Balzner Marmor gefertigt worden war. Sie zeigen Christus und die Symbole der vier Evangelisten Johannes, Lukas, Markus und Matthäus. Eine farbig gefasste Pietà dürfte aus der Zeit um 1930 stammen. Sie stand einst in der ehemaligen Taufkapelle im Innern der Pfarrkirche.
Linke Seite: Eingang zur Friedhofskapelle. Rechts: «Lebensbaum» von Monika Foser-Mahlknecht.
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Bauzeit 1805–1807 (Pfarrkirche gesamt) Pläne Architekt Franz Barraga, Innsbruck Grundsteinlegung 2. Mai 1805 Erstweihe 25. Juli 1808 Abbruch 1926 Abbruch der Pfarrkirche mit Ausnahme des Turms
Rechte Seite: Kreuz auf dem Areal des alten Friedhofs.
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Turm der alten Pfarrkirche St. Nikolaus Wie ein Leuchtturm erhebt sich der Turm der alten, mit ihren übrigen Gebäudeteilen nicht mehr erhaltenen Pfarrkirche St. Nikolaus im Areal des parkähnlich neu gestalteten, ehemaligen Friedhofs. Im Zentrum steht ein grosses Kruzifix, das schon in den Jahrzehnten zuvor den Friedhof geziert hat. Die Errichtung dieses Gotteshauses war nach der Zerstörung einer nahe dem heutigen Kulturzentrum Alter Pfarrhof gelegenen Vorgängerkirche notwendig geworden. Der am 22. Oktober 1795 im Höfle ausgebrochene Dorfbrand hatte diese Kirche so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass sie nicht mehr aufgebaut werden konnte. Die Nachfolgekirche wurde zwischen 1805 und 1807 östlich des vorherigen Standorts nach Plänen des Innsbrucker Baudirektors Franz Barraga unter Aufsicht von Baumeister Josef Ferdinand Weyrather aus Feldkirch errichtet und am 25. Juli 1808 zu Ehren des hl. Nikolaus geweiht.
dinariats in Chur aus dem Jahr 1926 heisst es, dass der alte Kirchenbau des Erhaltens nicht wert sei. Sein Schicksal war damit nach langen Diskussionen über einen sinnvollen Verwendungszweck besiegelt. Die alte Pfarrkirche St. Nikolaus wurde im selben Jahr bis auf den Turm abgebrochen, der Friedhof schliesslich im Lauf des Jahres 1997 aufgehoben, die Grabstätten mit Gusskreuzen und Grabsteinen entfernt. Lediglich an der Ostseite der Friedhofmauer erinnern noch zwei Grabsteine aus dem 19. Jahrhundert an die Balzner Postmeisterfamilie Wolfinger. Den rekonstruierten Grundriss der nicht mehr erhaltenen Gebäudeteile der alten Pfarrkirche wie Chor, Langhaus und Anbauten visualisieren in den Boden eingelassene Steinplatten.
Der mit einem Zeltdach gedeckte Kirchturm wird von einem hohen, mit Lichtschlitzen versehenen Schaft gebildet, der mit einem profilierten Gesims abschliesst. Darüber erhebt sich ein achteckiges Glockengeschoss mit stichbogigen Schalllöchern. Der Zugang an der Südseite des Turms diente ursprünglich als Verbindungstür zwischen Turm und Chorraum. Am Kirchturm erinnern Gedenktafeln an Pfarrer Leonhard Hollweck und an weitere einst in der Pfarrei Balzers tätige Geistliche. Der Mailänder Bote Josef Spehler verstarb 1815 auf seiner Reiseroute in Balzers, wie einer Tafel an der Nordseite des Kirchturms zu entnehmen ist. Der schlechte Bauzustand und vor allem eine wachsende Bevölkerungszahl bedingten, dass bereits rund 100 Jahre nach der Kirchweihe der Grundstein für die neue und grössere Pfarrkirche St. Nikolaus unterhalb von Burg Gutenberg gelegt wurde. In einem Gutachten des bischöflichen Or-
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Kapelle St. Peter Bauzeit
Anfang 14. Jahrhundert, Erweiterung nach 1510 und Ende 16. Jahrhundert
Renovationen
1873, 1968–1971
Die mittelalterliche Hauskapelle und ihre Geschichte Die Kapelle St. Peter am Südrand des Dorfteils Mäls grenzt zusammen mit einem mittelalterlichen Turmhaus und einem Doppelstall an einen zentralen Platz. Der kleine Kapellenraum ist wöchentlich mit Andacht und Leben erfüllt, wenn eine Messe gefeiert wird, aber auch, wenn zeitweilig Hochzeiten oder Gottesdienste aus Anlass von Silbernen oder Goldenen Hochzeiten stattfinden. Das Datum der Erstweihe der Kapelle ist nicht bekannt, doch verweisen Ergebnisse archäologischer und baugeschichtlicher Untersuchungen auf eine Errichtung des Sakralbaus im beginnenden 14. Jahrhundert. Der Gründungsbau bestand aus
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einem annähernd quadratischen Altarraum unter Kreuzrippengewölbe und einem kleineren Vorraum unter flacher Decke. Diese Raumproportionen, das Verhältnis des grösseren Altarraums zu einem kleineren Raum für nur wenige Gläubige, auch die Nähe des Sakralbaus zu Turmhaus und Wirtschaftsgebäuden bestärkt die These, dass es sich bei dem historischen Ensemble um eine ehemalige weltliche oder klösterliche Heimstätte mit Hauskapelle handeln könnte. Von Umbauten und Erweiterungen Kaplan Stephan Fischer leistete 1510 beim bischöflichen Ordinariat in Chur eine Zahlung für eine Bewilligung zum Umbau der Kapelle. Diese wurde in der wohl darauf folgenden zweiten Bauphase um einen überwölbten Chorraum in der Breite des Kapellenschiffs erweitert, das Schiff wurde erhöht und zur Verbindung der Raumteile ein Triumphbogen aus der Südwand der Gründungskapelle herausgebrochen, der Eingang an die Nordseite verlegt. Ein zu Ehren der Heiligen Petrus, Paulus und Johannes geweihter Altar sei 1516 herbeigeschafft und aufgestellt worden, heisst es im Visitationsbericht von 1639. Die Kapelle wird in dieser schriftlichen Quelle mit den Eigenschaften elegant und eng beschrieben. Es ist von bemalten Gewölben die Rede. Sie war damals den Heiligen Petrus und Paulus geweiht, während noch vier Jahrzehnte zuvor eine Kapelle St. Petrus genannt wird. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts schien noch der hl. Johannes als Nebenpatron der Kapelle auf. Auf den möglichen Zeitraum der Errichtung des Kapellenturms oder der Aufstockung eines bestehenden Turms dürfte die Jahreszahl 1587, das Jahr des Glockengusses oder der Glockenstiftung, auf der Wandung der grossen Glocke im Turm verweisen. Eine zweite und kleinere Glocke ohne Inschrift stammt vermutlich von Anfang des 16. Jahrhunderts. 1873 wurde das Chorgewölbe abgebrochen und durch ein Gipslattengewölbe ersetzt, das Eingangsportal mit einem steinernen Giebelfeld versehen.
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Die heutige Kapelle St. Peter Der Vaduzer Architekt Hans Rheinberger erhielt 1968 den Auftrag, ein Konzept zur Renovierung der Kapelle St. Peter zu erarbeiten. Das ausgeführte Projekt, in das Turmhaus und Wirtschaftsgebäude einbezogen wurden, gilt samt einer integrierenden Platzgestaltung als erstes Beispiel eines Ensembleschutzes und einer Ensembleerhaltung im Fürstentum Liechtenstein. Seit dem Ende dieser Renovierungsphase im Jahr 1971, mit Abbruch des Kreuzgratgewölbes über dem Kapellenschiff, aber auch mit Rekonstruktionen dekorativer Malereien auf neuem Aussenverputz, blieb die Kapelle St. Peter weitestgehend unverändert und präsentiert sich uns heute wie folgt. Die nach Süden gerichtete Kapelle besteht aus einem dreiseitig geschlossenen Chor, der sich ohne Einzug an ein kleines Kapellenschiff anschliesst. Der ungegliederte Bau trägt ein über dem Chor abgewalmtes und mit Ziegeln gedecktes Satteldach. An der Ostseite des Chors erhebt sich ein fünfgeschossiger Kapellenturm. Den Chor belichten zwei Spitzbogenfenster mit schlichter Bleiverglasung. Sie rahmen ein in der Raumachse liegendes, geschlossenes Spitzbogenfenster. Die Gewände dieser Chorfenster sind aussen grau bemalt, die Farbflächen mit roten Linien begrenzt. Die geschlossene Fensterfläche ist flächig rot gestaltet. Eine kleine Fensteröffnung an der Westseite umzieht aussen ein graues, von einer roten Linie begleitetes Band, das oberhalb des Fenstersturzes einen Dreiecksgiebel bildet. Nahe der Nordwestecke der Kapelle ist das Gewände eines älteren, geschlossenen Kapelleneingangs als Nische sichtbar, aussen mit rahmender rot-grauer Quadermalerei versehen. Der heutige Eingang liegt an der nördlichen Giebelseite, nimmt hier den Platz einer älteren überdachten Öffnung, vielleicht eines Andachtsfensters ein. Das steinerne Schmuckfeld über der Tür zeigt die Jahreszahl 1873 und die Attribute des hl. Petrus, zwei einen Kreuzstamm überkreuzende Schlüssel. Seit jüngerer Zeit ist die Tür mit einem
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kleinen Fenster versehen, um den Blick auf das Kapellen- innere zu jeder Zeit zu ermöglichen. Beide durch einen Chorbogen getrennten Raumteile, Chor und Kapellenschiff, liegen unter einer flachen Bretterdecke, die wie der Bodenbelag aus Balzner Stein aus der Zeit der Renovierung von 1969/1971 stammt. Von der Ostseite des Chors führt eine Tür zur Sakristei im Erdgeschoss des Turms. Der Flügelaltar – ein Zeugnis spätmittelalterlicher Kultur Schon beim Betreten des kleinen Kapellenraums erblicken wir am Ende des kurzen Mittelgangs ein besonderes Zeugnis spätmittelalterlicher Kultur. Das Kernstück des 1516 aufgestellten Flügelaltars bildet ein Schrein mit drei geschnitzten, polychrom gefassten Heiligenfiguren vor einem damaszierten Goldgrund mit Granatapfelmuster. Die Figuren werden überhöht von einem seitlich
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von schmalen Säulen gestützten Dreipassbogen mit Laubwerk und girlandenartigen Schnüren. Die Mitte nimmt der hl. Petrus ein, bartlos und in päpstlichem Ornat, sitzend mit einem geöffneten Buch auf den Knien, in der Rechten einen Schlüssel haltend. Gemäss altertümlicher Bedeutungsperspektive, die wichtigere Figuren im Massstab grösser darstellt, ist Petrus als Titelheiliger der Kapelle grösser und breiter als seine Assistenzfiguren gestaltet, zu seiner rechten Seite der hl. Johannes Evangelista mit Kelch und zu seiner linken der hl. Paulus mit Schwert. Der ruhige Ausdruck und die Faltengebung der Schnitzfiguren deuten darauf hin, dass der oder die Schöpfer einer älteren Bildhauergeneration in der Tradition der Spätgotik angehört haben könnten. Auch eine Zweitverwendung der Figuren aus einem älteren Altar ist nicht auszuschliessen.
Hinsichtlich ihrer künstlerischen Bedeutung sind besonders die Malereien auf der Vorderseite der Predella mit ihrer genreartigen Ausschmückung und den stilistischen Einflüssen der Donauschule hervorzuheben. Die Vertreter dieser Strömung im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts im bayerisch- österreichischen Donauraum, im Zentrum der Regensburger Maler und Grafiker Albrecht Altdorfer, widmeten ihre besondere Aufmerksamkeit der Landschaftsdarstellung, die auf einem neuen Naturgefühl basierte. Diesem Anspruch folgt auch der Maler der Darstellung einer Anna selbdritt auf der Vorderseite der Predella des Flügelaltars. Die aus dem Annenkult hervorgegangene und besonders im späten 15. und frühen 16. Jahrhundert beliebte Gruppe zeigt Mutter Anna mit ihrer Tochter Maria und dem Jesuskind inmitten einer atmosphärisch durchdrungenen Landschaft, einer Berglandschaft mit See. Auch die gemalten Figuren der Flügelinnenseiten mit ihren aufgebauschten, weichen Gewandfalten stehen der Donauschule nahe. Sie zeigen vor dunkelgrünem Hintergrund und auf braunem Boden je zwei Heilige, rechts die hl. Agatha mit Kerze und der hl. Mauritius in ritterlicher Rüstung, mit Fahne und Schild, links die hl. Ursula mit Pfeil und Schiff sowie der hl. Jakobus d. Ä. mit Pilgerflasche. Auf den Aussenseiten ist eine weniger qualitätsvolle, wohl von einer weiteren Künstlerhand geschaffene, über beide Flügel reichende Verkündigung des Erzengels an Maria zu sehen. Die Rückseite der Predella zeigt das Schweisstuch der hl. Veronika. Aus der Kombination dieses malerisch umgesetzten Bildthemas mit der darüber auf der Rückseite des Altarschreins befindlichen Malerei des Jüngsten Gerichts ergibt sich ein doppelter Bezug zur Beichte, die einst hinter den Altären abgelegt wurde. Das Tuch, auf das sich das Antlitz Christi während der Passion niedergeschlagen hatte, wurde in Rom als Reliquienbild verehrt. Im 13. Jahrhundert verfügte der Papst einen zehntägigen Ablass von Sündenstrafen für alle, die an diesem Bild ein besonderes Gebet verrichteten. Über allem
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Linke Seite: Spätgotischer Flügelaltar. Rechts: Thronende Muttergottes.
thront Christus als Weltenrichter in wehendem Gewand, die Füsse auf die Weltkugel gestützt, seitlich unterhalb knien Maria und Johannes, Fürbitte leistend, sowie zwei nackte Figuren in kleinerem Massstab, zwischen beiden eine Teufelsgestalt. Zur Ausstattung der Kapelle gehört zudem eine thronende Muttergottes aus der Zeit um 1410/1420 an der Ostseite des Kapellenschiffs. Die nahezu frontal ausgerichtete Figur mit dem auf ihrem rechten Knie stehenden Jesusknaben lässt Anklänge an romanische Sitzmadonnen erkennen. Doch es haben bereits Elemente des Weichen Stils Eingang gefunden, wie beispielsweise an den brüchigen Falten an Mantel und Kleid Mariens zu erkennen ist. Die Figur entspricht einem in mehreren Varianten verbreiteten Marientypus, der auf ein älteres Vorbild, vielleicht ein Gnadenbild aus dem Bodenseeraum zurückgehen könnte. Das schlichte Innere der Kapelle strahlt Ruhe aus, lässt Raum zur Andacht, das Kleinod – der spätgotische Flügelaltar – ist zentral, doch zurückhaltend in der Wirkung.
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Kapelle Maria Hilf Bauzeit
1690 erste schriftliche
Erwähnung,
1891 Vorhalle,
1895 Sakristei
Renovationen 1. Hälfte 18. Jahrhundert, 1944/45
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Eine Oase im Wohnquartier und ihre Geschichte Die von einem Parkareal umgebene Kapelle Maria Hilf im Dorfteil Mäls wirkt heute wie eine Oase inmitten eines Wohnquartiers, während sie vor 100 Jahren noch frei zwischen Wiesen und Feldern stand. Die Kapelle ist ein Ort von besonderer Anziehungskraft, ein Ort des stillen Gebets, ein würdevoller Andachtsort zur Marienverehrung, hier wird der Rosenkranz gebetet, auch Gottesdienst gehalten, hier werden Hochzeitspaare getraut. Das Gotteshaus sei von den Bewohnern von Mäls als Dank für die Hilfe der Muttergottes im Kampf gegen einen beim Ellberg hausenden Drachen errichtet worden, heisst es im Liechtensteiner Sagenbuch. Nach mündlicher Überlieferung soll sie zum Gedächtnis an die in der Nähe geschlagene
Schlacht zwischen dem Churer Bischof Friedrich von Montfort und seinem Vetter Graf Hugo von Werdenberg am 5. Januar 1289 erbaut worden sein. Wie alt die Kapelle Maria Hilf tatsächlich ist, lässt sich nicht mit endgültiger Sicherheit feststellen. Bauuntersuchungen erbrachten den Hinweis, dass es eine kleinere Vorgängerkapelle ohne Turm gegeben hat. Schriftlich bezeugt ist die Kapelle Maria Hilf erstmals im Testament des Triesner Pfarrers Valentin von Kriss aus dem Jahr 1690. Hier lesen wir von einer neuen Kapelle zu unserer Lieben Frauen Hilf in Balzers, an die Teile des von Kriss vermachten Besitzes gehen sollen. In einem unbekannten Zeitraum vor der Abfassung des Testaments dürfte, wenn nicht der Neubau einer Kapelle, so doch eine Verlängerung des bestehenden Kirchenschiffs auf seine heutige Grösse erfolgt sein. Weitere bauliche Veränderungen lassen auf Stiftungen und Spenden schliessen, die mit der Gründung der «Bruderschaft der seligsten Jungfrau Maria der Hilfreichen» im Jahr 1736 und einem Aufschwung der Kapelle als Wallfahrtsort in Zusammenhang stehen könnten. Der alte Chorraum wurde durch die heutige Apsis ersetzt, das Kapellenschiff erhöht, ein neuer Dachstuhl errichtet und ein Kapellenturm angebaut. Chorbogen und Rundbogenfenster im Kapellenschiff wie auch eine erste Empore entstammen dieser Zeit. Mit diesen Baumassnahmen in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erlangte die Kapelle im Wesentlichen ihr heutiges Aussehen. Die Vorhalle von 1891 und die Sakristei von 1895 fehlten noch. 1944/45 erfolgte unter den Architekten Hans Rheinberger und Karl Gassner, Vaduz, und unter der künstlerischen Leitung des Schweizer Kirchenmalers Karl Haaga eine umfassende Aussen- und Innenrenovierung. Eine letzte grössere Renovierung erforderte ein Brand im Jahr 2012. Nach Reinigung und Restaurierung von Innenraum und Ausstattung, der Neuerstellung von Wurzelkrippe und Krippenfiguren wurde die Kapelle Maria Hilf mit einem Gottesdienst am 4. Juli 2012 wieder ihrer Bestimmung übergeben.
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Von der Vorhalle zum Chorraum Die nach Südosten gerichtete Kapelle besteht aus einer unter einem Walmdach liegenden und von Arkaden gebildeten Vorhalle, einem daran anschliessenden rechteckigen, einschiffigen Langhaus und einem apsidialen Chor. Beide Gebäudeteile liegen unter einem über dem Chor abgewalmten, ziegelgedeckten Satteldach. Im Südwesten ist eine Sakristei angebaut, im Nordosten ein Turm mit Zwiebelhelm, der mit Holzschindeln gedeckt ist. In der oktogonalen Glockenstube hängen zwei Glocken, von denen die jüngere in das Jahr 1508 datiert. Die ältere aus der Zeit um 1300 soll Ende des 18. Jahrhunderts von Burg Gutenberg in die Kapelle Maria Hilf gelangt sein.
Hl. Nikolaus von Flüe, Glasfenster von Gottlieb Engeler.
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Die Kapellenbesucher durchschreiten zunächst die Vorhalle und gelangen durch eine zweiflügelige, mit Blumenamphoren und Rebzweigen verzierte, aus der alten Pfarrkirche St. Nikolaus stammende Tür in das Kapelleninnere. Beide durch einen Chorbogen getrennten Raumteile, Altarraum und Langhaus, sind in einheitlicher Höhe mit flachen Gipsdecken versehen. Das ehemals als Sakristei genutzte Erdgeschoss des Kapellenturms liegt unter einem Kreuzgratgewölbe. Zur Empore unter flacher Bretterdecke führt eine Wendeltreppe, wie auch der hier aufgestellte tänzelnde Putto aus der alten Pfarrkirche St. Nikolaus eine Zutat der Renovierungsphase von 1944/45. Auf der Empore steht eine im 19. Jahrhundert von der Pfarrgemeinde in Mols, St. Gallen erworbene Orgel, möglicherweise ein Werk aus der Werkstatt des Johann Martin Walpen, mit marmoriertem Gehäuse und einem mit Rocaillen verzierten Prospekt. Acht bleiverglaste Rundbogenfenster, zwei im Chor und je drei an den Seiten des Langhauses, erhellen mit ihren Wabengläsern in grün-gelblicher Färbung aus der Zeit um 1945 das Kapelleninnere. Die Fenster sind eine Schöpfung des Schweizer Glasmalermeisters Gottlieb Engeler aus Andwil, St. Gallen. Jedes Fenster weist im unteren Drittel eine kleine Heiligenfigur auf. Darunter steht im Schriftband der betreffende Name, ergänzt durch einen Stifterhinweis. Ohne ein freigiebiges Mäzenatentum hätten die dekorativen Fenster – wie auch diejenigen in vielen anderen Kirchen des Landes – nicht geschaffen werden können. Im Altarraum sind Maria und der hl. Josef dargestellt. Aus den Fenstern im Kirchenschiff blicken auf der linken Seite drei weibliche Heilige (hl. Anna mit Maria als Kind, hl. Cäcilia, hl. Theresia von Lisieux), auf der rechten drei männliche Heilige (hl. Nikolaus von Flüe, hl. Antonius von Padua, hl. Aloisius). An der Eingangsfassade finden sich zwei weitere Fenster, das eine mit dem Wappen der Familie Rheinberger, das andere mit der Figur des hl. Franziskus. Blick in das Innere der Kapelle Maria Hilf mit spätbarockem Altarensemble.
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Maria im Tempel, Deckenmalerei im Kapellenschiff.
Deckenmalereien mit Szenen aus dem Marienleben Das durch diese Fenster belichtete Innere der Kapelle Maria Hilf strahlt eine besondere Atmosphäre aus, zu der insbesondere die Deckenmalereien und die barocken Altäre beitragen. Über den oder die Schöpfer der Deckenmalereien ist nichts bekannt. Die genreartigen, klar strukturierten und in ländlicher Manier gemalten Figuren aus dem Themenkreis zum Leben Marias lassen eine Datierung um die Mitte des 19. Jahrhunderts nicht ausschliessen. Die gekünstelte Lebendigkeit der Barock- und Rokokozeit ist in der Deckenmalerei
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der Kapelle Maria Hilf einem Geschehen mit tieferem Ernst gewichen. Im flach gedeckten Schiff ist die Darstellung der jungen Maria mit ihren Eltern Anna und Joachim im Tempel zu sehen. Architekturelemente und ein blauer, geraffter Vorhang rahmen die Familie in der unteren Bildhälfte. Der obere Teil bleibt der himmlischen Sphäre mit Wolkenbändern und Engeln vorbehalten, in der Mitte die Dreieinigkeit, bildlich ausgedrückt in einem strahlenden Dreieck. In Blickrichtung zum Altarraum schliesst sich ein kleineres, mit kraftvollem Pinselstrich gemaltes
Queroval, eine Darstellung der Verkündigung an Maria an. Maria kniet vor einem Betpult, ihr gegenüber schwebt auf einer Wolke der Verkündigungsengel Gabriel. Die Szenerie wird überhöht von einer kleinen Engelschar, die das Symbol des Heiligen Geistes, eine Taube, rahmt. Die Deckenmalerei im Altarraum darf im Vergleich mit den beiden anderen Bildfeldern als Arbeit von künstlerisch bester Qualität bezeichnet werden. Vor einer fein strukturierten Hintergrundlandschaft bewegen sich die Akteure der Heimsuchung, der Begegnung der beiden werdenden Mütter Maria und Elisabeth. Die beiden Frauen im Zentrum des Geschehens werden assistiert von ihren Männern, links Josef, der den Packesel führt, rechts der alte Zacharias mit Stab. Das spätbarocke Altarensemble und die weitere Ausstattung Die einfachste Form der Gruppierung mehrerer Altäre ist die Anordnung eines mittleren Hauptaltars mit zwei Seitenaltären vor den Chorbogenwänden, eine Anordnung, wie sie sich in der Kapelle Maria Hilf findet. Das Altarblatt, das Gemälde des Hauptaltars wird von je zwei rötlich-braun marmorierten Säulenpaaren mit vergoldeten Basen und Kompositkapitellen gerahmt. Es durchbricht mit seinem rundbogigen Abschluss das verkröpfte Gebälk der Altararchitektur, dieses mit je einem knienden Engel auf jeder Seite. Neben dem Altarblatt stehen die Schnitzfiguren des hl. Johannes Evangelist mit Kelch auf der linken Seite und des hl. Johannes Baptista mit Lamm und Stab auf der rechten Seite. In der ovalen Bekrönung ist Gottvater mit Taube zu sehen. Das Altarblatt zeigt eine Darstellung der Muttergottes, die nach dem Vorbild eines Gemäldes von Lucas Cranach d. Ä. geschaffen wurde. Das Original im Innsbrucker Dom gilt als eines der am meisten kopierten Werke des 16. Jahrhunderts, das in zahlreichen katholischen Kirchen und Kapellen vor allem in Süddeutschland und im Alpenraum wie auch in der Marienkapelle in Triesen
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Verbreitung gefunden hat. Die Bildvariante in der Kapelle Maria Hilf in Mäls zeigt Mutter Maria in leuchtend rotem Obergewand als einfache Frau mit dem Jesuskind, das sich an das Gesicht der Mutter schmiegt. Spuren im oberen Teil des Gemäldes deuten darauf hin, dass der Bereich der himmlischen Sphäre mit Puttoköpfchen und Wolkengebilden in späterer Zeit hinzugefügt wurde. Es ist durchaus möglich, dass das Gemälde einst, in einem kleineren Rahmen, in einem anderen Altar eingefügt gewesen und durch Annähen eines Leinwandstückes und malerische Ergänzungen der Grösse des Altars in der Kapelle Maria Hilf angepasst wurde. In den Kirchenrechnungen ist für 1863 ein neuer Kranz am Mariahilf-Bild verzeichnet. Damit würde sich der Kreis zu den stilistisch um die Mitte des 19. Jahrhunderts zu datierenden Deckenmalereien schliessen. Die beiden Seitenaltäre sind als Pendants, ihre Altaraufsätze einfacher als die des Hauptaltars gestaltet. Zwei Säulen mit rot marmoriertem Schaft tragen ein Gebälk mit Aufsatz, darauf je zwei Schnitzfiguren, darunter beim linken Seitenaltar das Altarblatt mit der figurenreichen Darstellung der Heiligen Familie, in der ovalen Bekrönung die Darstellung der Stigmatisierung des hl. Franziskus. Den rechten Seitenaltar ziert das stimmungsvolle Bild des hl. Antonius von Padua, dem die Gottesmutter erscheint, darüber im ovalen Bildfeld Johannes von Nepomuk. Nicht unerwähnt bleiben sollen die in akademischer Manier gemalten Kreuzwegstationen von Karl Haaga aus dem Jahr 1947, ebenso wie die beiden Chorbänke mit ihren rocailleverzierten Wangen, die aus dem 1782 aufgelösten Klarissinnenkloster Valduna bei Rankweil nach Balzers gelangt sein sollen. Die zu beiden Seiten des Mittelgangs aufgestellten schlichteren Bankreihen weisen Wangen mit stilisierter Laubschnitzerei auf. Die Kapelle Maria Hilf ist insgesamt ein stimmungsvolles barockes Gesamtkunstwerk mit dezent gesetzten Neuerungen jüngerer Zeit.
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Kapelle von Burg Gutenberg Im Zusammenhang mit Burg Gutenberg ist von zwei Kapellen zu berichten. Die ältere der beiden, die einst im Innern des Burghofs gelegene Kapelle St. Donatus mit einer weit ins Mittelalter reichenden Geschichte, wird von keinem über dem Bodenniveau sichtbaren Stein mehr bezeugt. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts, nachdem die Burgvögte, die Freiherren von Ramschwag, ihre Rechte auf Gutenberg an das österreichische Kaiserhaus zurückgegeben hatten, wurden keine Reparaturen mehr an der Burg ausgeführt. Der exterritoriale und strategische Stützpunkt hatte seine Bedeutung verloren. Die unbewohnte Burg verfiel zur Ruine. Noch vor
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Ende des 18. Jahrhunderts dürfte die Kapelle abgetragen worden sein. Die Ruine Gutenberg ging 1824 durch Verkauf an die Gemeinde Balzers, zwei Jahrzehnte später gelangte sie an das Fürstenhaus Liechtenstein. 1905 erwarb Architekt und Bildhauer Egon Rheinberger die Ruine, rekonstruierte die Burg nach eigenen Plänen im romantischen Geist der Burgenrenaissance. Die heutige Burgkapelle gehört zu den von Rheinberger nordöstlich der Hauptburg neu errichteten Gebäuden. Im Zuge einer Sanierung des Rosengartenareals, abgeschlossen 2010, wurde die
Kapelle einer Renovierung unterzogen, die ehemalige Kaplanei zu einem kleinen Saal ausgebaut. Die Kapelle liegt unter einem tief herabgezogenen Satteldach, ihr Glockenturm unter einem achteckigen, kegelförmigen, holzschindelgedeckten Dach. Im Turm hängt seit 2009 wieder eine Glocke, deren Wandung mit dem Relief des hl. Donatus verziert ist. Sie wurde in der Innsbrucker Glockengiesserei Grassmayr gegossen. Die Decke des kleinen Altarraums, von der nur die tragenden Balken erhalten waren, ist ebenso wie die modernen Beleuchtungskörper eine Ergänzung der letzten Renovierung. Die Bretterdecke mit Rand- und Mittelfriesen wie auch die ornamental bemalten Deckenleisten im übrigen Kapellenraum erstrahlen wieder in ihrer Farbigkeit. Die Kopie eines Altarschreins mit Muttergottes und vier Heiligen unter verzierten Masswerk-Baldachinen gehört neben den restaurierten Bänken zu den wenigen Ausstattungsstücken des kleinen Andachtsraums. Das Original des Altars, einst von Egon Rheinberger im Kunsthandel erworben, gelangte in das Liechtensteinische Landesmuseum in Vaduz.
Eine vom Land Liechtenstein und von Privaten favorisierte Nutzung der Kapelle für Andachten und Trauungen blieb ohne Weihe, ohne Errichtung als katholische Kapelle nach kanonischem Recht ein Wunschtraum. Linke Seite: Blick von Westen auf Burg Gutenberg, links im Bild Gebäudeareal mit Kapelle, Kaplanei und Rosengarten. Oben: Spätgotischer Altarschrein, Kopie nach Original im Liechtensteinischen Landesmuseum, Vaduz. Links: Decke der Kapelle mit ornamentaler Malerei von Egon Rheinberger.
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Kapelle von Haus Gutenberg Zu den jüngeren Sakralbauten in der Pfarrei Balzers gehört die nach Plänen des Vaduzer Architekturbüros Franz Hasler errichtete Kapelle im Bildungszentrum Haus Gutenberg. Am 29. Oktober 1964 vollzog Landesvikar Johannes Tschuor die Altarweihe. Als Teil eines grösseren, gewachsenen Gebäudekomplexes ist die Kapelle Teil einer bewegten Geschichte. Sie steht neben dem ältesten Gebäude des Bildungszentrums, dem klassizistischen Haupthaus von 1854/1856. In diesem Gebäude hätte nach der Fertigstellung eine Erziehungsanstalt für Knaben
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eingerichtet werden sollen. Umbaupläne zu einer Residenz für Landesfürst Johann II. wurden nicht ausgeführt. Die deutschen Schwestern der Christlichen Liebe zogen mit einem Töchter-Pensionat ein, in den 1920er-Jahren die Schwestern der Anbeterinnen des Kostbaren Blutes mit einer Haushaltungsschule. Schliesslich erwarben es die Patres der Kongregation unseren Lieben Frau von La Salette. Unter deren Leitung wurde von 1954 bis 1973 ein Lyzeum für Knaben geführt und der Bau der Kapelle realisiert. 1985 begann eine neue Ära als Bildungszentrum und Haus der Begegnung, dessen Leitung 2004 die Stiftung Haus Gutenberg übernahm.
Die öffentliche Hauskapelle, ein Ort für Gottesdienste, Gebet und Meditation, trägt ein geschwungenes Dach. Über dessen Trauflinie erhebt sich ein lateinisches Kreuz aus Metall. Der Innenraum ist schlicht gehalten. Umso mehr wirken die vom Schaaner Künstler Martin Frommelt gestalteten und in Betonglas ausgeführten Glasfenster. Im Altarraum lässt ein rechteckiges, die Höhe der Wand füllendes Fenster Licht und Farbe, viel Gelb und Rot mit Anteilen von Blau, Grün, Weiss und Schwarz seitlich einfallen. In abstrahierender Darstellung ist die göttliche Dreifaltigkeit durch die drei Symbole Taube, Kreuz und die zum Betrachter hin geöffnete Hand Gottes veranschaulicht. Es handelt sich um eine Beton-Glasmalerei, bei der die Glasteile relativ dick sind und die verbindenden Stege nicht aus den üblichen Bleiruten, sondern aus Beton bestehen.
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Im Rahmen baulicher Massnahmen am Gebäudekomplex von Haus Gutenberg erfuhr auch der Kapellenraum zwei Jahrzehnte nach der Weihe erste Veränderungen. An der Nordseite wurde eine Sakristei angebaut, am oberen Rand der Chorwand eine Reihe von farbigen kleinen Farbfenstern entfernt und durch neue Lichtquellen in der Decke ersetzt. An die Stelle des ursprünglichen Altars kam ein schlichter, freistehender Tisch aus Holz, die Bänke wurden durch Stühle ersetzt. An die Erscheinung der «Weinenden Mutter» von Salette erinnern seit Beginn jeweils verschiedene Marienstatuen. Linke Seite: Blick von Südwesten auf Haus Gutenberg mit Kapelle, links im Bild Burg Gutenberg. Unten: Blick in das Innere der Kapelle.
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Kapelle im Alters- und Pflegeheim Schlossgarten Die Pforten des in zentraler Dorflage «Unterm Schloss» neu errichteten Alterswohn- und Pflegeheims Schlossgarten wurden im Jahr 1994 geöffnet. Im Erdgeschoss des Gebäudekomplexes befindet sich ein gemeinsamer, öffentlicher Nutzungsbereich, ein Längstrakt mit Eingang und Foyer, mit Verwaltungsräumen, Speisesaal, strassenseitiger Cafeteria und einer Kapelle, an diese angrenzend ein separater Raum zur Aufbahrung der Verstorbenen. Der lichtdurchflutete Kapellenraum zeichnet sich durch eine Ausstattung in hellem Holz aus. Altar und Ambo, die im Halbrund gestellten Einzelstühle sind schlicht gehalten. Zum künstlerischen Schmuck gehören ein schweres Wandkreuz mit dem leidenden Christus und eine Muttergottesfigur mit Kind, eine Himmelskönigin mit Krone und Zepter.
«Kappele» beim St.-Kathrina-Brunnen Nach mündlicher Überlieferung soll ein Vorgängerbau vor mehr als hundert Jahren der hl. Katharina von Alexandrien, Schutzpatronin der Müller und Wagner, als Dank für die Errettung eines Kindes des Balzner Müllers aus dem Mühlbach errichtet worden sein. Das heutige Kappele beim St.-Kathrina-Brunnen an der Strasse zur Luziensteig ist ein kleines Häuschen aus verputztem Mauerwerk unter einem mit Flachziegeln gedeckten Satteldach. In der Nische wird ein Andachtsbild der hl. Katharina mit den Attributen Rad und Schwert aufbewahrt. Dieses schuf der Balzner Maler Leo Wolfinger für das 1973 nach Plänen des Architekten Hans Rheinberger
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neu erbaute Bildstöcklein, nachdem ein älterer, etwas weiter am Wald stehender Vorgängerbau bei Strassenbauarbeiten in Mitleidenschaft gezogen worden war.
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Triesen Peter Geiger
Pfarrkirche St. Gallus
der Pfarrkirche beitrügen. Jahrhunderte versah sie ihren Dienst, für die Bevölkerung von Triesen und auch für einen Teil von Triesenberg.
Bauzeit
1841–1843
Pläne
1841 Georg Wingelmüller, Wien; 1991 Walter Bosshart, Zürich
Bauleitung
Josef Anton Seger, Vaduz; Alex Negele, Triesen
Erstweihe
8. September 1846
Renovationen
1889/90, 1942/43, 1991–1994
Die alte Galluskirche mit südöstlich angrenzendem Friedhof bestand aus Langhaus mit einzelnen Strebepfeilern, gewölbtem Chor und nordseitigem Turm. Sie enthielt vier Altäre, Empore, Kanzel und drei Glocken. An der Nordwand des Schiffs zeigten Wandmalereien Christi Leidensgeschichte, auch der Chor war ausgemalt. Den Hochaltar zierten Statuen von Maria und Gallus sowie ein Altarblatt der 10 000 Märtyrer. Zahlreiche Skulpturen stammten aus der Zeit vor 1500, andere aus der Mitte des 17. Jahrhunderts von Erasmus Kern und dessen Werkstatt in Feldkirch.
Dorfkirche im Wandel Am Fuss des nacheiszeitlichen Bergsturzgeländes zieht sich das Dorf Triesen von der Rheinebene über die Hänge hoch. Von einer Geländeterrasse im Oberdorf schaut die Pfarrkirche west- und südwärts übers Tal. Dem frühchristlichen Glaubensboten St. Gallus geweiht, ist die heutige Kirche doch erst gut eineinhalb Jahrhunderte alt, in Teilen gar erst wenige Jahrzehnte. Triesen besitzt seit dem Hoch- und Spätmittelalter und bis heute die Kapelle St. Mamertus und die Marienkapelle. Die heutige Pfarrkirche ersetzt eine alte Vorgängerkirche. Von der alten Pfarrkirche St. Gallus Die frühere Pfarrkirche, auch sie dem hl. Gallus geweiht, stand etwas weiter oben, am Fusse des Lehaböhels, am oberen Ende der Dorfstrasse, unterhalb des Hauses an der heutigen Runkelsstrasse 5 und des Sprötzahüsles. Die Kirche bestand vielleicht schon im 13. Jahrhundert, eine Weihe ist für die Zeit um 1450 anzunehmen. Im Jahre 1485 erteilten Kardinäle Ablässe an jene, die zur Reparatur
Triesen | Peter Geiger
Ab der Zeit des Dreissigjährigen Krieges mehrten sich Klagen über den Zustand der Kirche. Das Gewölbe war rissig. 1815 bestätigte Landvogt Schuppler, die Kirche sei nicht nur alt, sondern auch baufällig. In den Mauern klafften Spalten, der Turm neigte sich bedrohlich, man wagte kaum mehr, die Kirche zu betreten – wie zur selben Zeit in Mauren. Gemäss dem damaligen Pfarrer Hofer von Triesen boten die beiden Kirchen von Triesen und Mauren einen «Scandal der Christenheit». 1834 schliesslich wurde die Kirche durch den Landesvikar exsekriert, der Weihe enthoben. Sie wurde mühsam abgebrochen, mit Pulver und Stossmaschinen, bis Kirche und Turm einstürzten. Die Orgel aus der alten Kirche verkaufte man nach Eschen, die Glocken verwendete man zum Umgiessen, den Dachstuhl zum Kalkbrennen im Tobel. Die Nachfolgerkirche wurde am neuen, heutigen Standort grösser erbaut.
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Immerhin blieben zahlreiche Ausstattungsgegenstände aus der alten Galluskirche erhalten, so spätmittelalterliche Altarblatt-Teile und manche Statuen, teils solche von Erasmus Kern. Das meiste ist im Landesmuseum verwahrt. Einiges liegt im Dorfmuseum Triesen. Von der Exsekration der alten Kirche 1834 bis zum Martinstag 1843 wurden die Gottesdienste der Pfarrei in der Marienkapelle, unten an der Landstrasse, gehalten.
chitekt Georg Wingelmüller (1810–1848) aus Wien, die Ausführung leitete Landesbaumeister Josef Anton Seger. Der Kirchenbau fiel in eine wirtschaftlich und sozial schwierige Zeit. Ab 1843 konnte in der neuen Kirche Gottesdienst gehalten werden, doch die Bauabnahme erfolgte erst drei Jahre später, sodass am 8. September 1846 die Kirche schliesslich vom Churer Bischof Kaspar eingeweiht wurde, erneut zu Ehren des hl. Gallus als Patron und mit drei Altären des hl. Gallus, des hl. Rosenkranzes und des hl. Martin.
Bau der neuen Pfarrkirche 1841–1843 Für den Bau der neuen Kirche wählte man etwas weiter unten eine besser gelegene, grössere Hangterrasse. Die Pläne lieferte der junge fürstliche Ar-
Die neue Kirche war eine nach Süden orientierte, rechteckige Hallenkirche. An der Ostseite stand ein Vorbau, durch den zwei Treppen zum Eingang führten. Das Schiff trug eine flache Decke, der ein-
Links: Spätgotischer Flügelaltar von 1492/1494 im Chor, im Mittelteil Mond- sichelmadonna mit Kind und den Heiligen Margaretha und Ludwig (oder Luzius), Altarflügel mit Zeno und Florin. Rechte Seite: Blick in das Innere zu Altar und Chor.
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gezogene Chor war gewölbt. Eine säulengestützte Empore trug eine Orgel. Südlich des Chors stand der Chorturm, in dessen Verlängerung eine Sakristei. Der Architekt Wingelmüller nahm bis zum Schluss nie einen Augenschein, erst 1846, als alles fertig war, kam er kurz vorbei – und fand den von ihm selbst entworfenen Turm zu dick. Kritik am ursprünglichen Bau, neugotische Ergänzungen Es gab schon während der Bauzeit und darüber hinaus viel Kritik an der neuen Kirche. Besonders beredt äusserte sich Pfarrer Peter Wendelin Hofer, damals von 1821 bis 1864 Pfarrer in Triesen. Er beklagte das geringe Interesse von Bevölkerung, Behörden und Bischof, den verzögerten Baufortschritt, überhaupt den Plan des Architekten. Man begann mit dem Aushub, bevor die genauen Pläne aus Wien kamen. Pfarrer Hofer kritisierte, das Fundament sei zu tief ausgehoben (oberhalb der Kirche musste man einen Erdwall anlegen); der Turm
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sollte seitwärts stehen, ebenso die Sakristei; der Turm sei für das Geläut zu eng und zu niedrig, zu niedrig auch der Altarraum; der Architekt habe nur einen Altar vorgesehen statt deren drei – immerhin stiftete ein Privater dann noch zwei Seitenaltäre. Pfarrer Hofer monierte weiter, beim Predigen gebe es störendes Echo; die Gänge im Kirchenschiff seien zu breit; die Empore sei mit einem theaterförmigen Orchester verbaut; der Portikus am Kircheneingang wäre besser entfallen, denn im dortigen «Refugium der kirchenscheuen Kirchenbesucher» seien «die Treppen mit Nachlässigen gefüllt». Der Architekt habe überhaupt «wenig Kirchengeist» gezeigt, die Kirche gleiche mehr «einem Opernbau». So schlimm, wie der engagierte Pfarrer es sah, war dann alles nicht. Wie überall, wurde im Laufe des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts in der Kirche in Triesen manches ergänzt und verändert. 1889 gab der Maler und Dekorateur Caspar Jäckel aus Wien der
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Links: Deckenmalerei von Johannes Hugentobler, 1943, Ausschnitt: Figur der Wollust (Hauptsünde), Schlangen (Sünden), Seraphim (Engel). Rechts: Kreuzwegstation von Hans Schwer, Bludenz, 1949/50, an der Aussenwand.
Kirche Kalkanstrich und «Dekorierung» mit Schablonenmalerei. 1890 verengte man den Chorbogen und stellte einen neugotischen Hochaltar auf. 1895 erhielten die Seitenaltäre Aufsätze mit Ornamentik und echter Vergoldung. 1905 reparierte man den Turm und errichtete einen neuen Glockenstuhl, 1911 gab es eine Turmuhr. 1939 schliesslich renovierte man das Äussere, die Schindeln des Turmdachs wurden durch Kupferplatten ersetzt. Innenrenovierung 1942/43 Hundert Jahre nach der Erbauung der Kirche schritt man zur Erneuerung, mitten im Weltkrieg. 1942 wurde der bekannte Appenzeller Maler und Architekt Johannes Hugentobler (1897–1955) mit der inneren Neugestaltung der Pfarrkirche beauftragt. Er stand mit dem Triesner Pfarrer Albert Schlatter und Regierungsrat Pfarrer Anton Frommelt, beide kunstsinnig, in enger Verbindung. Das Innere erhielt ein stark verändertes und in vieler Hinsicht moderneres Aussehen, auch wenn die strikte Ausrichtung nach vorn, im Sinne einer Wegkirche, erhalten blieb.
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Man übertünchte die Malerei des späten 19. Jahrhunderts und entfernte die neugotische Einrichtung, nämlich Hochaltar, Seitenaltäre, Kanzel, Bänke, Kreuzwegbilder, Figuren. Einzig die Kreuzigungsgruppe aus dem Hochaltar blieb, sie wurde neu auf einen Balken im Chorbogen platziert. Man machte die Wände am Chorbogen breiter – seither erscheint der Bogen selber schmaler und höher. Hugentobler malte die ganze Chorbogenwand aus, oben mit Verkündigung und schwebenden Figuren in zurückhaltenden Farben, unten malte er anstelle der Seitenaltäre in zwei Gruppen rechts die Hl. Familie, links Gallus mit Bruder Klaus und wohl Martin. Hugentobler malte insbesondere die flache Kassettendecke vollständig aus, und die Fenster im Schiff füllte er mit leuchtender Glasmalerei. Die renovierte Kirche erregte Aufmerksamkeit, insbesondere mit ihrer Decken- und Glasmalerei. Kirchgänger erblickten über sich an der Decke teils in grellen Rot- und Orangetönen nur Ungeheuer, Engel und Schlangengeringel. Und hoch von den Fenstern herab schauten farbige Engel gross auf
die unten im schmalen Schiff Sitzenden. Kinder konnten sich kaum sattsehen, Erwachsene waren verwirrt, von auswärts kamen Kunstverständige. Die Bevölkerung fühlte sich zum Teil unbehaglich in der renovierten Kirche, manche fanden besonders die Hugentoblerdecke «grusig». Aber eigentlich lag das intuitiv verspürte Unbehagen an den ungünstigen Raumproportionen. Erweiterung und Erneuerung 1991–1994 Ab den 1980er-Jahren ging Triesen schliesslich eine weitere Renovation mit Erweiterung und Umgestaltung der Galluskirche an. Zentrale Fragen waren, ob und wie der Raum vergrössert, der Turm erhöht, der Kirchenvorraum ausgebaut, die Innenausstattung ersetzt, die Decke und die Glasmalerei erhalten werde. Nach Diskussionen entschied das Stimmvolk der Gemeinde für Beibehalt der Decke und für Erweiterung des Baus. Zu berücksichtigen waren zum einen das langjährige Unbehagen der Bevölkerung im Kirchenraum, zum andern die Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils. Das Ergebnis der langen Planungs- und Bauarbeit, unter Einbezug der Gemeindestimmbürger, war eine in zentralen Bereichen neue Kirche, die zugleich Wertvolles bewahrte. Die Pläne entwarf Architekt Walter Bosshart, Zürich, ausgeführt wurden sie durch Architekt Alex Negele, Triesen. Wesentliche Änderungen waren die Weitung des Schiffs, der Volksaltar, die halbrunde Ausrichtung der Bänke, die Seitenemporen, der grosse Vorraum. Erhalten blieben die Deckenmalerei – nach knappem Ja in einer Gemeindeabstimmung – und die Glasmalerei von Hugentobler. Der kleine Dachreiter über dem Nordgiebel entfiel. Eine Erhöhung des Kirchturms wurde in einer Gemeindeabstimmung abgelehnt. Am 9. Oktober 1994 konnte Wolfgang Haas, Bischof von Chur, die neu renovierte Kirche St. Gallus einweihen. Blick auf das Äussere Die Pfarrkirche von Triesen ist dem Hang folgend von Norden nach Süden ausgerichtet. Ans Schiff unter mittelsteilem Satteldach fügen sich in der Längsachse der etwas niedrigere, eingezogene,
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dreiseitig geschlossene Chor und der Chorturm an. Im Erdgeschoss des Turms liegt die Sakristei. Beidseits des Langhauses stehen schmale Seitenschiffe unter Pultdach. Ihre Wände und Dächer sind durchbrochen von jeweils drei grossen Rundbogenfenstern in der Mitte und je einem Rundfenster auf beiden Seiten. Der Kirchturm hat seine Form seit den Anfängen 1843 bewahrt. Er ist verhältnismässig niedrig, etwas massig wirkend. Um den Turm etwas schlanker erscheinen zu lassen, ist 1994 das ursprüngliche dunkle Gesims im unteren Teil entfernt worden. Unter dem Glockengeschoss mit rundbogigen Schallfenstern sind die vier Ecken abgeflacht, sodass der Turm im oberen Teil optisch leichter wirkt, mit acht ungleich langen Seiten. Die kurze Turmhaube nimmt die polygonale Form des obersten Geschosses auf, sie ist leicht eingeschnürt und trägt vier kleine Spitzgauben, Kegel, Kugel – mit alten und neuen Dokumenten – und Kreuz. Zifferblätter an drei Seiten des Turms zeigen die Zeit, das vierte Zifferblatt, welches man hinter dem hohen Kirchendach nicht sähe, ist an die Nordwand gesetzt. Vor dem über Stufen erhöhten Nordeingang der Kirche steht ein offenes Vorzeichen. Dessen tonnengewölbtes Glasdach erstreckt sich fort über eine neue, geräumige Vorhalle, sie ist als Begegnungsort gedacht und besitzt Annexräume. Über der Vorhalle durchbrechen die Nordmauer des Schiffs zwei Rundbogenfenster, gerahmt von einem grossen Rundbogen, sie belichten die Empore. Die äusseren Seitenwände der Kirche zeigen auf Augenhöhe Leidensstationen Christi, Marmorgussreliefs von Hans Schwer aus Bludenz von 1949/50. Das ganze Äussere der Kirche strahlt in weisser Farbe. Auf der südwestlich angrenzenden Terrasse liegt der Friedhof mit der modernen Friedhofskapelle. Im neuen Innern Beim Betreten der Kirche fällt der Blick in einen weiten, im Grundriss quadratischen Raum, auf den bis zum Altar leicht abfallenden Boden, auf die
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im Halbrund angeordneten Bänke mit vier Zwischengängen, auf den weit ins Schiff vorgeschobenen Volksaltar und durch den Chorbogen mit der Kreuzigungsgruppe hindurch in den Chor, in dem der zierliche gotische Flügelaltar über einem Tabernakel mit Glasvorbau steht. Der Blick schweift weiter zu den Figuren im und beim Chorbogen, hoch zu den Glasmalereifenstern und schliesslich nach oben zur flachen, bemalten Holzdecke. Starke, geradlinige Zwillingsstützen, je zwei links und rechts, tragen den Dachstock, die Kassettendecke und die abgeschrägten Dächer der seitlichen Raumteile. Diese sind keine Seitenschiffe, das Halbrund der Bänke umgreift sie mit. Vor dem Chor schiebt sich ein um vier Stufen erhöhtes, halbrundes Podest mit Altartisch und Lesepult weit ins Schiff vor, bis zu den Bänken. Gläubige und Priester feiern so in gemeinsamer Runde den Gottesdienst, dem Zweiten Vatikanischen Konzil folgend. Der Chor trägt ein Gewölbe mit Stichkappen, seitliche Rundbogenfenster hinter dem Chorbogen belichten ihn. Chor und Chorbogen zeigen keine Malerei mehr. Die Empore mit Orgel geht an beiden Seiten unter den Fenstern in eine schmale Galerie mit Sitztreppen und Holzbrüstung über. Die Kirche ist hell, alle Wände, einschliesslich Chor, Stützen, Beton-
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flächen und Decken, sind weiss gestrichen – mit Ausnahme der Kassettendecke. Spätgotischer Flügelaltar Erhöht auf einer Konsole in der Mitte der Chorwand ruht ein spätgotischer Flügelaltar. Er stammt von 1492 oder 1494 – da war gerade Amerika entdeckt. Der kleine Altar stand bis 1973 in der Kapelle St. Mamertus, dann als Leihgabe im Landesmuseum, nun seit 1994 in der Pfarrkirche Triesen. Im Mittelteil dieses Altars stehen drei geschnitzte Figuren: eine Mondsichelmadonna mit Kind, rechts die hl. Margaretha mit Drachen, links ein heiliger König, vielleicht Ludwig, mit Reichsapfel, Zepter und Krone – der gleichnamige Landesherr Ludwig von Brandis hatte 1494 für St. Mamerten eine Kaplaneipfründe gestiftet. Die drei Figuren wurden wohl in der Ulmer Werkstatt des Niklaus Weckmann geschnitzt und von Ivo Strigel aus Memmingen farblich gefasst. Die Altarflügel sind mit Öl- und Temperafarben ausgemalt, die Bilder verweisen ins Umfeld des Ulmer Malers Bartholomäus Zeitblom. Geöffnet zeigen die Altarflügel Bilder des hl. Zeno mit Spitzhut und Kreuzstab, Bischof von Verona im 4. Jahrhundert (irrtümlich mit «papa», Papst, beschriftet), sowie des hl. Florin mit Kelch und Buch, Kirchenpatron zu Vaduz und Mitpatron des Bistums Chur.
Sind die Flügel geschlossen, zeigen die Aussentafeln die Verkündigung mit dem Engel und Maria vor einem Buch. Neugotisches Zierwerk säumt als spätere Zutat den feinen, eindrücklichen Altar. Kreuzigungsgruppe im Chorbogen Hoch im Chorbogen steht auf einem horizontalen Balken eine Kreuzigungsgruppe. Scharf heben sich Kruzifix, Maria und Johannes vor dem hellen Hintergrund des Chors ab. Die Figuren standen ursprünglich im Hochaltar von Mitte des 19. Jahrhunderts. 1943 platzierte sie Hugentobler auf den erwähnten Balken, in den er in teils roter, teils schwarzer Schrift, weit lesbar, die Worte schnitzte: «Dazu ist der Sohn Gottes erschienen, dass er die Werke des Teufels zerstöre». Der Satz verweist auf die Decke.
Die Cherubim, Symbole der Gegenwart Gottes, wiegen die Schlangen, Symbole der aus den Hauptsünden resultierenden weiteren Sünden, auf. Alle Figuren unterscheiden sich in Form und Farbe. Auf dem Kleid eines der Engel erkennt man Triesner Hauszeichen, als Dekoration. Der Künstler hatte sie bei seinem Aufenthalt im Dorf gesehen. Die Engel sind in reinen Farben leuchtend gemalt, die Untiere im Gegensatz dazu dunkler, in grünen Umbra- und braunen Erdtönen. Jeder grosse Engel und jedes grosse Untier bedeckt zwei Kassettenfelder; während aber das Doppelfeld des Untiers durch die Kassettenleiste geteilt ist, bleibt der Engel ungeteilt, vollkommen. Die Figuren sind grotesk gestaltet,
Deckenmalerei: Bekämpfung der sieben Hauptsünden, Erklärung der Zeit 1942/43 malte Johannes Hugentobler auch die ganze, flache Decke im Schiff aus. Sie weist 98 quadratische Kassettenfelder auf, verteilt auf 7 Längs- und 14 Querreihen. Der Künstler füllte sie mit Figuren in starken, auffälligen Farben. Dargestellt sind keine biblischen Szenen, keine Heiligen. Die Figuren sind zwar klar umrissen auf den braunen Holzgrund gemalt, doch bedarf es der eingehenden Beobachtung und auch Fantasie, um den Inhalt und die Aussagen zu verstehen. 7 grosse Engelfürsten, über die Decke verteilt und bewaffnet mit Lanze, Schwert oder Bogen, bekämpfen 7 groteske Tierungeheuer. Sie verkörpern die 7 Hauptsünden, die bösen Begierden der Menschen, nämlich (von vorn her gesehen): Masslosigkeit, Neid, Wollust, Trägheit (des Herzens), Stolz, Zorn, Habsucht (Geiz). Die übrigen Felder sind, regelmässig abwechselnd, als Grundmuster der ganzen Decke, mit sechsflügligen Cherubim und geringelten Schlangen gefüllt: Rechts: Glasmalereifenster von Johannes Hugentobler im Schiff, 1943. Linke Seite: Balken und Kreuzigungsgruppe im Chorbogen.
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voll von symbolischen Andeutungen. Die Allegorie der Wollust zum Beispiel zeigt eine schwarze, dürre Figur, die im oberen Teil geflügelt und gehörnt ist und einen Knochen mit Totenkopf als Zepter hält, über dem Unterleib aber einen schönen, weiten, farbig karierten Rock trägt, auf dem eine Schlange den Apfel darbietet – unten lugen wieder schwarze Krallenfüsse hervor. Die monumentale Deckenmalerei entstand mitten im Zweiten Weltkrieg. Man darf sie denn als künstlerisch-theologische Zeiterklärung lesen, als Antwort auf die Frage, warum Menschen und Welt in so schrecklicher Unordnung liegen. Frage wie Antwort gelten durchaus weiter. Leuchtende Engel-Fenster Hugentobler gestaltete zudem die sechs grossen Glasmalereifenster im Schiff über den Seitengalerien. Auch sie zeigen keine Heiligen oder Bibelszenen, sondern in leuchtenden Farben erneut grosse Engelsgestalten. Frontal hebt sich in jedem Fenster ein Engel vor einem gelbgoldenen, je unterschiedlichen geometrischen Muster ab. Die Engel auf der linken Seite des Schiffs tragen Attribute des Glaubens, jene auf der rechten Seite Zeichen priesterlicher Funktionen. Auffällig sind dunkle Gesichter mit gross herabblickenden Augen. Als Stifter der Fenster sind Jugend, Jungfrauen und Jungmänner der Gemeinde, unter anderem auch Pfarrer Albert Schlatter genannt. Figuren, Taufstein, Bilder, Glocken Im Schiff sind wertvolle ältere Figuren aufgestellt. Dazu zählen zwei spätgotische, bemalte Holzfiguren aus der Zeit um 1450 bis 1470, die wohl einst zu einem Altar der alten Pfarrkirche gehörten und heute an der linken Chorbogenwand platziert sind: Muttergottes mit Kind auf einer nach unten gedrehten Mondsichel sowie die Figur des hl. Gallus mit Stab und einem Brot in der Hand – Gallus gab das Brot gemäss Legende dem Bären mit dem Verweis, Menschen und Haustiere in Frieden zu lassen. Vor den beiden Figuren steht ein achteckiger Taufstein, vermutlich aus Balzner Marmor, datiert am Becken mit «1678» – im Jahr darauf begann in Liechtenstein
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die letzte grosse Hexenverfolgung von 1679/80. An der rechten Chorbogenwand hängt ein grosses, als Relief in Arve geschnitztes, bemaltes, zum Teil bronziertes Weihnachtsbild, es zeigt die Anbetung der Hirten im Stall. Es war von Josef Anton Bachlehner (1871–1923) entworfen worden und wurde, da jener starb, 1925/26 vom jungen Johannes Troyer (1902–1969) ausgeführt. Troyer war dann ab 1938 in Liechtenstein künstlerisch tätig. Hinten im Schiff, beim linken Aufgang zur Empore, steht schliesslich eine Figur des hl. Martin mit Gans – Gänse hatten der Legende gemäss Martin, der sich versteckte, um nicht Bischof zu werden, verraten, er wurde 372 n. Chr. Bischof von Tours. Ein Martins-Altar war bereits 1846 in der neuen Galluskirche von Triesen geweiht worden. Fünf Glocken bilden das Geläute. Drei davon waren 1842 beim Bau der Kirche bei Joseph Anton Grassmayr in Feldkirch gegossen und in den Triesner Kirchturm aufgezogen worden, nämlich die Gallus-Glocke als grösste (Durchmesser 155 cm), die Rosenkranz-Glocke (123 cm) und die Martins-Glocke (103 cm). Dazu kamen 1960, in Rickenbach/ Thurgau bei Ernst Eschmann gegossen, die Dreifaltigkeits-Glocke und die Schutzengel-Glocke. Die Glockennamen entsprechen durchaus den in der Kirche selber verehrten Heiligkeiten. Das Läuten verscheucht auch nicht die im Kirchendachraum hausenden Fledermauskolonien. Moderne Dorfkirche Heute ist die Kirche St. Gallus in Triesen der äusseren Form nach eine schmucke Dorfkirche, zugleich in der inneren Ausgestaltung und Ausstattung ein Gotteshaus, welches Gemeinschaft betont und Tradition mit Modernität verbindet, mit eindrücklichen Werken des Spätmittelalters und des 20. Jahrhunderts. Exemplarisch stehen dafür der spätgotische Flügelaltar und die Decken- und Glasmalerei von 1942/43. Alle sind Ausdruck tiefen Glaubens. Rechte Seite: Kampf der Engel gegen die sieben Hauptsünden. Allegorische Deckenmalerei von Johannes Hugentobler, 1942/43.
Triesen
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Kapelle St. Mamertus Bauzeit Kapelle
9./10. Jh., 14./15. Jh. (Turm)
Renovationen
U. a. 1720er Jahre, 1818/21, 1967/68, 2003/05
Erstes Kirchlein in Triesen An den steilen Hängen oberhalb von Triesen steht auf einem Hügelvorsprung, einer Bergsturzterrasse, die Kapelle St. Mamertus, im Volk «St. Mamerten» genannt. Sie stammt aus karolingischer Zeit im Hochmittelalter. Den charakteristischen Turm erhielt sie später. Sie war erstes Gotteshaus in der öfter von Erdrutschen und Wasser heimgesuchten Gemeinde. Patron der Kapelle ist der hl. Mamertus von Vienne in Frankreich. Im Innern birgt sie wertvolle Wandmalereien aus dem Spätmittelalter. Karolingische Kapelle, späterer Turm Die architektonische Form der Apsis mit dem kleinen Rundbogenfenster sowie archäologische Grabungen bestätigen, dass die Kapelle auf das 9./10. Jahrhundert zurückgeht. Auf der Terrasse standen
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zu jener Zeit auch andere Gebäude. Die Kapelle bestand ursprünglich aus der Apsis, einem kleinen Kapellenschiff und einem westlichen Anbau, der grösser als die heutige Vorhalle und nach drei Seiten ausgreifend war. Gräber lagen teils bei der Kapelle, teils südlich davon in einem Friedhof beim Dorfbach. Im 12./13. Jahrhundert wurde die Terrasse mit einer Ringmauer gesichert, innerhalb welcher möglicherweise die Burg eines Dienstmanns, der einem höheren Adeligen diente, stand. Eine gepflästerte Strasse lief nördlich der Kapelle vorbei. Der heutige Turm entstand, wie Bauholzdatierungen von 2004 belegen, teils im 14. Jahrhundert, teils im Jahrhundert darauf in den 1430er-Jahren. Bald danach wurden im Jahr 1446 im Alten Zürichkrieg neben der Kapelle stehende Wohngebäude verbrannt, doch blieben Kapelle und Turm unzerstört. Von da an stand die Kapelle wohl allein. Auf und Ab im Zeitenlauf Schriftlich erwähnt ist die Kapelle erst 1415, nämlich beiläufig im Zusammenhang mit der Lehenverleihung einer Wiese «hinder St. Mamerten». 1461 erging von Rom eine Ablassurkunde für die Kapelle – eine solche diente in der Regel zur Mittelbeschaffung für Reparaturen. 1494 stiftete Landesherr Ludwig von Brandis eine beachtliche Kaplaneipfründe zu St. Mamerten, mit Kapital, Haus, Hof, Bongert, Wingert. Zu der Zeit bestand bereits weiter unten am Lehaböhel die Pfarrkirche St. Gallus, ebenso im Unterdorf die Marienkapelle. Später geben die gelegentlichen Visitationsberichte Auskunft über die «Capella St. Mamerti». In der Zeit des Dreissigjährigen Krieges meldeten sie freilich, die Kapelle drohe einzustürzen, auch der Turm sei in üblem Zustand, man empfahl, die Kapelle abzubrechen, was zum Glück unterblieb, anders als bei der grösseren Marienkapelle. 1721 – das Land war kurz zuvor liechtensteinisch geworden – wurde eine Instandstellung der Kapelle ange-
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mahnt, sie erfolgte alsbald. Hierbei baute man um 1724/25 auch den heutigen Dachstuhl der Kapelle. Eineinhalb Jahrhunderte später – da stand schon die neue Galluskirche – galt 1877 St. Mamerten den Visitatoren wieder als baufällig. 1913 und 1918 musste das Schindeldach repariert, Anfang der 1930er-Jahre der Turm renoviert und neu gedeckt werden. Sanierungen und Renovierungen der Kapelle folgten schliesslich in raschem Rhythmus im vergangenen halben Jahrhundert: 1968, 1989, 1994, 2004/05. In den Jahren 1967/68 konnten ausgedehnte archäologische Grabungen aussen und innen durchgeführt, ebenso Fragmente der Wandmalereien freigelegt, restauriert und auch retuschiert werden. 2005 wurden die Malereien gereinigt, Retuschen wieder entfernt, die Bilder lesbarer gemacht. Anblick von aussen Die kleine Kapelle St. Mamertus ist geostet. Ans einfache Schiff unter Satteldach schliesst sich an der Ostseite niedriger die Apsis an, halbrund, un-
Chorapsis, 9./10. Jh., grosses Fenster später.
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Gesamtansicht innen, spätmittelalterliche Wandmalereien aus dem 14. Jahrhundert.
gegliedert, die Wand aus dem leicht abfallenden Gelände aufwachsend, gedeckt vom abgewalmten Dach. In der Mitte der östlichen Chorwand liegt ein kleines, rundbogiges Fenster in der dicken Mauer, während auf beiden Seiten des Chors grössere, rechteckige Fenster den Chor belichten. Auf der Westseite führt eine niedrige Vorhalle zum Eingang. Quer unter einem Pultdach liegend, auf Mauern und Pfeiler gestützt, auf zwei Seiten offen, bietet sie Schutz. Die Aussenwände von Schiff, Chor und Vorhalle sind weiss verputzt, die Dächer mit Schindeln gedeckt. Über dem rundbogigen Eingang hat man Rötelzeichen entdeckt, wohl von Pilgern, ähnlich wie in der Rofenbergkapelle in Eschen. Der mächtig wirkende Turm prägt das äussere Gesamtbild der Kapelle stark. Er steht an der Nordseite des Schiffs am Ansatz der Apsis. Auf quadratischem Grundriss ist der untere Teil aus groben Buntsandsteinen gemauert, fensterlos, ohne Glie-
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derung, nur zwei Lichtschlitze unterbrechen die östliche Wand. Über den zwei Mauergeschossen sitzt, ebenfalls viereckig, die grosse Glockenstube aus Holz, offen, von einer umlaufenden Brüstung eingefasst. Daraus ragen vier hölzerne Eckpfeiler auf, sie tragen den hohen, achteckigen, schindelgedeckten Spitzhelm mit Kugel und Kreuz. Von welcher Seite auch immer besehen, erweckt dieser leicht über die Glockenstube hinausragende Turmhelm den Eindruck, er beschirme das ganze kleine Gotteshaus mit seiner hingeduckten Apsis samt Umgebung. Auch von Weitem erkennt man die Kapelle auf der Anhöhe wegen des charakteristischen Turms. Eintritt ins Innere Man betritt die Kapelle von der Vorhalle her durch den niedrigen, rundbogigen Eingang. Wenn man aus der Lichtfülle von draussen kommt, liegt der
Raum vorerst für die Augen im Halbdunkel. Unter der flachen Holzleistendecke öffnet sich das niedrige, längliche Kapellenschiff. Durch den Chorbogen blickt man in die zwei Stufen höher liegende Apsis. Sie ist gewölbt, gleich hoch wie das Schiff, aber schmaler. Vor dem Chorbogen führt links eine Tür zum Turm. Dessen Erdgeschoss dient behelfsmässig als Sakristei und Technikraum. Eine kleine Vertiefung über der Sakristeitür deutet noch auf eine einstmals tiefere Lage der Deckenbalken hin, die Kapelle war demnach ursprünglich noch etwas niedriger als heute. An allen Wänden, auch am Chorbogen und in der Apsis, ziehen sich grossflächige Reste von Wandmalereien hin. Im Schiff stehen einfache Holzbänke beidseits des Mittelgangs, der Boden der Kapelle ist mit Tonplatten bedeckt. Das Schiff wird in der Mitte von zwei grossen, einander gegenüberliegenden Fenstern belichtet, jenes rechts ist rundbogig, jenes links mit Stichbogen abgeschlossen. Beide stammen nicht aus der Erbauungszeit, sie sind später aus den Mauern gebrochen worden, das stichbogige in der Nordwand erst im 18. Jahrhundert. An den tiefen Laibungen zeigt sich, wie dick und stark die Kapellenmauern sind. Ursprünglich hat das Kapellenschiff kleine Fenster besessen, sie sind wohl um 1450 zugemauert worden, als Nischen sind sie aussen an der Südwand noch sichtbar. Wandmalerei im Chor: Christus, Evangelisten, Heilige Der kleine Chor ist eine halbrunde Apsis, in der ein einfacher, steinerner Blockaltar steht, er stammt wohl aus dem Hochmittelalter und zeigt noch Vertiefungen, vermutlich für Reliquien gedacht. Auf dem Altar steht eine kleine Kreuzigungsgruppe zwischen Leuchtern. Die Apsis ist kalottenförmig gewölbt, annähernd halbkugelig, ohne Grate oder Rippen. Viel Licht fällt durch drei Fenster herein, durch ein ursprüngliches, kleines Rundbogenfenster in der Mitte sowie durch zwei grössere, rechteckige Fenster aus späterer Zeit, je eines seitlich
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in der Nord- und in der Südwand der Apsis. Die Wandmalerei in der Apsis ist gut sichtbar, allerdings sind die Reste nur teilweise erkennbar. Die Wandmalerei stammt aus dem 13./14. Jahrhundert, nicht aus der Entstehungszeit der Kapelle. An der Gewölbedecke ist eine Mandorla von vier grossen Rundmedaillons umgeben. Was sie enthalten, sieht man kaum mehr, nur in einem Medaillon kann man vage einen Adler erkennen, das Evangelistensymbol des Johannes. Weil aber die ganze Anordnung einschliesslich Ort besonders in der romanischen Kirchenkunst häufig vorkommt, erschliesst sich die Gewölbemalerei der Kapelle St. Mamertus dennoch. Die Mandorla enthielt den richtenden Christus, und die zugeordneten Kreise zeigten, dargestellt durch geflügelte Symbole, die vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes (Mensch, Löwe, Ochse, Adler). Sie hatten ja das Neue Testament und damit die Grundlagen des Christentums überliefert. Daher der zentrale Ort am Chorgewölbe. Gleiches, etwas deutlicher erhalten, kann man in der Kapelle auf Masescha in Triesenberg sehen. Direkt unterhalb der Evangelisten-Medaillons ziehen sich vier Bilder von Heiligengestalten um die Chorwand, es sind von links nach rechts: im Bischofskleid mit Kirchenmodell der hl. Mamertus (oder Wolfgang), von Pfeilen durchbohrt der hl. Sebastian, einen Drachen führend der hl. Magnus sowie im Mönchsgewand mit Bär der hl. Gallus. Zweien der Heiligen begegnen wir in Triesen und in der Gegend häufig, der Glaubensbote Gallus ist ja Patron der Triesner Pfarrkirche, und der römische Märtyrer Sebastian gilt als Pestheiliger. Der Hl. Magnus von Füssen lebte im 8. Jahrhundert, war Einsiedler, Klostergründer, Begleiter von Gallus und Kolumban und gilt als «Apostel des Allgäus». In St. Gallen ist Magnus Patron der Kirche St. Mangen. Der Legende nach bezwang Magnus einen Drachen. Er gilt als Nothelfer gegen Mäuse, Raupen, Engerlinge – solche plagten die Bevölkerung auch hierzulande. Dann aber St. Mamertus, wofür steht dieser unbekannte Heilige?
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Wer war Mamertus? Der Patron der Kapelle St. Mamertus ist in unseren Regionen sonst nicht präsent. Wie kommt es, dass die Triesner Kapelle ihm geweiht ist? Mamertus lebte im 5. Jahrhundert nach Christus im Rhonetal. Aus Lyon stammend, wurde er im Jahre 461 Erzbischof von Vienne, der alten Römerstadt südlich von Lyon. Nach zerstörerischen Feuern und Erdbeben in Vienne führte Mamertus «Drei Bittgänge» vor Christi Himmelfahrt ein, in den Frühlingstagen also, zur Abwehr von Gefahren und für göttliche Hilfe. Mamertus starb in Vienne um 477. Die von ihm eingeführten Bittgänge als Flurprozessionen wurden in Gallien und danach in weiten Teilen Europas üblich, auch hierzulande. Mamertus ist der erste unter den fünf «Eisheiligen», sein Gedenktag ist der 11. Mai. Mamertus mag den Triesnern im Hochmittelalter als Beschützer bei Naturgefahren wie auch im Zusammenhang mit den Bittprozessionen im Mai willkommen erschienen sein. Immerhin liegt das Dorf Triesen am Fuss eines Bergsturzgebiets und erlebt sporadisch Wassergefahren. So gelten auch nach Sagenüberlieferung der Hügel und die Kapelle von St. Mamerten als schützender Ort. Wandmalerei im Schiff: Passion, Ostern, Pfingsten Zwar sind die Wandmalereien, die alle Wände des Schiffs und die Chorbogenwand bedecken, nur mehr bruchstückhaft erhalten. Dennoch lassen sie sich wie ein offenes Buch lesen. Wandmalereien waren einst und lange eine «Bibel der Armen». Lesen konnte die Bevölkerung nicht, abgesehen von Geistlichen, Amtsleuten, einigen Wirten und Händlern. Die Kapelle St. Mamertus ist Ende des 14. Jahrhunderts vollständig ausgemalt worden. Im Zuge der Restaurierung der Bilder im Jahr 2006 ist man an der Westwand sogar auf die Jahrzahl «1395» gestossen. Die Bilder wurden grossenteils direkt auf den nassen Putz gemalt (al fresco), Einzelheiten dann noch trocken aufgetragen (al secco), transparent (lasierend). Stilistisch sind die Wand-
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bilder teils höfischer Gotik, teils dem italienischen Trecento (14. Jh.) verwandt, zugleich verweisen sie auf die Wandmalerei in der Kapelle auf Masescha, die wohl in derselben Zeit entstanden ist. In zwei Reihen übereinander ziehen sich rechteckige Bilder um das ganze Schiff, mit der ersten Reihe an der rechten Chorwand oben beginnend, mit der unteren Reihe an der linken Chorwand unten endend. Den Bildzyklus schliesst eine gemalte Stoffdraperie zum weiss getünchten Sockelbereich hin ab. Die einzelnen Bilder und die beiden Reihen sind durch helle Streifen voneinander abgegrenzt. Jedes Bild enthält eine biblische Szene. Als Farben sind Rotbraun und Blaugrün verwendet, und zwar von Bild zu Bild so abwechselnd, dass einmal das helle Blaugrün den Hintergrund und das dunkle Rotbraun die Figuren bestimmt, im nächsten Bild dann umgekehrt der Hintergrund rotbraun und dafür die Figuren blaugrün gehalten sind. Das Fenster in der Südwand trägt in der Laibung Rankenmalerei. Themenbilder der oberen Bildreihe sind, beginnend an der rechten Chorbogenwand: Tempelreinigung, Vorbereitung des Mahls, Abendmahl, Fusswaschung, Jünger am Ölberg, Gefangennahme, Jesus vor Pilatus, Geisselung, Jesus vor Kaiphas, Dornenkrönung – dann fehlt ein Bild –, Kreuztragung, Kreuzigung, schliesslich an der linken Chorbogenwand oben: Jesus stirbt am Kreuz. Es folgen in der unteren, zweiten Reihe, wieder von rechts vorne beginnend: Kreuzabnahme, Abstieg in die Hölle, Grablegung, Auferstehung, Noli me tangere (Jesus begegnet Maria Magdalena), an der Westwand: Himmelfahrt Jesu, Pfingsten. Weitere Bildfelder sind nicht erhalten, mit Ausnahme einer Heiligengestalt. Auch wenn die Malereien in der Kapelle St. Mamertus nicht mehr vollständig sind, boten sie den Menschen von Triesen und auch auswärtigen Besuchern während Jahrhunderten ein eindrucksstarkes Bildprogramm des christlichen Glaubens. Es wirkt für Heutige, welche die kleine Kapelle besuchen und sich im stimmungsvollen Raum versenken, fort.
Statuen, Glocken Noch in den 1920er-Jahren gab es in der Kapelle einzelne Ölbilder, eine Statue des hl. Wolfgang (heute im Landesmuseum) und eine kleine Gipsmadonna, ebenso Votivzeichen, welche einzelne Personen zum Dank für erfahrene Hilfe gewidmet hatten.
plakatives Triesner Wahrzeichen, sie führt mit den Wandmalereien sowohl den Laien wie den Kunstliebenden in unvergänglichen Bildern die christliche Botschaft vor Augen.
Heute stehen einzig vor der Chorbogenwand noch zwei Statuen, links der hl. Antonius (oder Aloisius) mit Lilie, etwa aus der Zeit vor 1900, rechts ein Vesperbild, eine Pietà aus dem Spätmittelalter nach 1350 – als gute Kopie des im Landesmuseum stehenden wertvollen Originals. Die farbintensiv bemalte Holzskulptur zeigt die Gottesmutter, den toten Sohn nach der Abnahme vom Kreuz auf dem Schoss, das Gesicht jenem des Sohnes zugewandt. Maria hält Jesus halb aufgerichtet, als wäre er leicht wie ein Kind. Blutstropfen bedecken Jesu Leib, Blut rinnt aus der Lanzenwunde in der Brust. Ein Schwert durchbohrt Marias Brust, zum Zeichen unsäglichen Mutterschmerzes. Die ganze Darstellung ist auf die Schmerzensmutter, die Mater Dolorosa, ausgerichtet. In der Glockenstube schliesslich hängen zwei alte, kleine Glocken. Die eine, mit 44,5 cm Durchmesser und 140 kg, gilt als älteste Glocke in Liechtenstein, sie trägt die Inschrift «+ anno · Domini · man · zalt · im· xxvii · iar · und · mcccc · iar», sie stammt also von 1427 und ist reich mit Reliefbildern verziert. Die zweite, etwas kleinere und ebenfalls alte Glocke von ca. 1500 ist schrift- und schmucklos. Zufluchtsort, christliche Botschaft Verschiedene Triesner Sagen kreisen um St. Mamerten, Fromme fanden Rettung. Wer dort um Kindersegen bitte, so der Volksmund, werde erhört. Heute ist die Kapelle beliebt für Hochzeiten. Seit über 1100 Jahren steht sie dort. Seit den Anfängen bis heute haben 55 Generationen (rechnet man vier Generationen pro Jahrhundert) die Kapelle besucht und um Schutz gebetet. Mit ihrer alten Apsis, dem kleinen Schiff mit Vorzeichen und dem beherrschenden Turm ist das kleine Gotteshaus nicht nur
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Pietà, Schmerzensmutter, Holz bemalt, nach 1350 (Kopie, Original im Landesmuseum).
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Marienkapelle Bauzeit
Vorgängerkapelle 13./14. Jh., heutige Kapelle 1653/54
Weihe
29. September 1654
Renovationen
1964/1968, 2001/02
«Unserer Lieben Frau beim Rhein» In Triesen steht östlich der Landstrasse leicht erhöht am Hang die stattliche Marienkapelle. Sie wurde im 18. Jahrhundert auch «Unserer Lieben Frau Kapelle bei dem Rhein» genannt. Denn das Wasser des ungezähmten Rheins erreichte fast die Kapelle. Die Marienkapelle liegt nicht längs am Hang, sondern aufwärts mit dem Chor nach Osten. Dahinter erhebt sich das grosse Fabrikgebäude der ehemaligen Weberei. Die Marienkapelle war Ziel von Wallfahrern und Station für Bittgänge. Kranke und Gebrechliche kamen in der Hoffnung auf Heilung, Votivtafeln und Krücken in der Kapelle kündeten noch im 20. Jahrhundert davon. Einige Jahrhunderte nach der Errichtung der Kapelle St. Mamertus am oberen Rand von Triesen
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wurde im Spätmittelalter auch am unteren Rand des Orts eine kleine Kapelle gebaut, unmittelbar an der Rheinebene. Erbaut wurde sie wohl gegen Ende des 13. Jahrhunderts, eventuell schon früher. 1964 durchgeführte Grabungen haben Eigentümliches ergeben: Die frühe Kapelle hatte ein kleines Schiff, aussen knapp 7x10 Meter messend, mit Rundbogenfenstern und halbrunder Apsis, alles im spätromanischen Stil – unter dem Schiff aber lag ein gewölbter Keller. Wie dieser ungewöhnliche Bauteil aber genutzt wurde, bleibt ungelöst. War er ein Weinzehntlager, eine Grabkrypta, eine Unterkirche, ein Beinhaus? Für Wein spräche der Umstand, dass später noch ein zweiter, grösserer Keller vor der Westseite der Kapelle angefügt wurde, nun mit Holzdecke. Schriftlich erwähnt ist die «Capella Beate Marie virginis» in Triesen 1415. Da war sie nämlich reparaturbedürftig, sodass Bischöfe des Konzils von Konstanz und der Bischof von Chur für jene, die zur Erhaltung und Vergrösserung der Marienkapelle beitrugen oder Almosen spendeten, Ablässe versprachen, nämlich Verkürzung von Sündenstrafen im Jenseits. Zur Kapelle gehörten Lehengüter, verliehen vom Kloster St. Luzi in Chur. Die Lehennehmer hatten die Kapelle samt den zwei Kellern instand zu halten und mit Wachs und Licht zu versorgen. Kapelle und nicht unbeträchtliche zugehörige Güter gingen 1553 vom Kloster St. Luzi an den Vogt auf Burg Gutenberg, Balthasar von Ramschwag, der sie 1556 den Triesner Bürgern Hans Rig und Hans Banzer zu Lehen gab. 1610 ging das Lehen an weitere Lehensleute, darunter Sebastian Kindle und Hans Gantner. Abbruch der alten Kapelle und Bau einer neuen 1653/54 Die Zähne der Zeit nagten. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, es war die Zeit des Dreissigjährigen Krieges, brachen die Triesner Lehensleute die alte Kapelle ab, offenbar eigenmächtig. Schliesslich bewilligte das Kloster St. Luzi als Patronats-
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herr einen Neubau. An gleicher Stelle entstand eine neue Kapelle. Die alten Keller wurden zugeschüttet, das Schiff nach Westen verlängert und nach Norden breiter gebaut, nach Osten kam ein neuer, geräumiger, leicht eingezogener und dreifach abgeschlossener Chor zu stehen. Auf der Südseite von Schiff und Choransatz wurde ein hoher Turm gebaut, teils ins Schiff eingezogen. Die neue Marienkapelle wurde am 29. September 1654 vom Churer Fürstbischof Flugi von Aspermont geweiht, samt drei barocken Altären. Ein paar Jahrzehnte darauf verkaufte das Kloster St. Luzi Anfang des 18. Jahrhunderts die Lehengüter an die Gemeinde Triesen, behielt aber die Patronatsrechte über die Marienkapelle. 1877 wurde die Kapelle als baufällig beschrieben. 1902 wurde der Dachstuhl verstärkt, das Schindeldach durch Ziegel ersetzt. Zurück zu Romanik und Barock 1964/1968 erfuhr die Kapelle neben erkenntnisfördernden Grabungen etliche Veränderungen unter Leitung von Architekt Hans Rheinberger. Eine Vorhalle an der Westseite wurde entfernt. An der Südwand wurden aussen Mauerteile des ersten, romanischen Kapellenbaus sowie innen Fresken
Südwand aussen, Mauerteile aus dem 13. Jahrhundert.
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freigelegt. 2001/02 wiederum wurde unter Leitung des Architekturbüros Helmut Kindle die Kapelle in ihren barocken Zustand zurückgeführt. Erzbischof Wolfgang Haas konnte die Marienkapelle samt Altären am 1. Mai 2002 erneut weihen. Anblick von aussen Am eindrücklichsten zeigt sich heute die Marienkapelle dem Auge von Süden und Südwesten her. Sie steht geostet am leicht ansteigenden Hang.
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Das Schiff liegt unter einem steilen Satteldach. Der viereckige, schlanke, hohe Turm steht auf der Südseite an der Naht von Chor und Schiff, teils eingezogen ins Schiff, das Turmdach ist quer zum Kapellendach gestellt, sodass der Turm ins Weite zu schauen scheint. Der Chor ist leicht eingezogen und dreiteilig abgeschlossen. Er wirkt höher als das Schiff, weil die Trauflinie des Daches höher verläuft, das Chordach ist gewalmt und wie das Langhaus und der Turm mit Ziegeln gedeckt.
die Kapelle, je zwei auf beiden Seiten des Schiffs und je eines beidseits des Chors. Das Rundfenster in der Westwand gibt Licht auf die hölzerne Empore. Der Turm weist neben wenigen Lichtschlitzen keine Gliederung auf, hoch oben hat er an allen vier Seiten je zwei schmale, rundbogige, zwillingsartige Schallöffnungen, im Giebelfeld jeweils eine einfache, gleich geformte Öffnung. Baugeschichte sichtbar gemacht Die Wände von Schiff, Turm und Chor sind verputzt und weiss gestrichen, mit einer Ausnahme: Die Südwand des Schiffs präsentiert neben einem weissen, westlichen Wandteil einen dunkleren Teil als unverputzte Bundsteinmauer. Freigelegt ist hier nämlich die teils erhaltene Südwand der spätromanischen Vorgängerkapelle. So führt dieser Südwand-Abschnitt die zweifache Kapellenbaugeschichte unmittelbar vor Augen. Die Mauer ist in Pietra-Rasa-Technik errichtet, bei der die Bruchsteine teilweise mit Fugenmörtel überzogen und zugleich die Steinköpfe noch sichtbar gehalten wurden. Im unverputzten Wandteil sieht man noch den Rahmen einer zugemauerten Tür und oben rechts einen Teil eines ehemaligen romanischen Rundbogenfensters.
Blick in das Innere zum Chor, drei barocke Altäre von 1654/55, Wandmalerei um 1410/1415.
Auf der Eingangsseite im Westen zeigt sich die Wand einfach und formschön, ohne Vorzeichen. Gegliedert ist sie nur durch die über vier Stufen erreichbare, stichbogige Eingangstür, ein darüber in die Mauer vertieftes Rundfenster und ein schmales, stichbogiges Fenster hoch oben. Den Giebel bekrönt ein einfaches Kreuz, der Turm trägt keines. Die Dächer des Langhauses und des Turms schwingen unten leicht aus. Sechs grosse, stichbogige Fenster aus der Bauzeit von 1653/54 belichten
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Barock im Innern Man betritt eine klar barocke Kapelle. Sie ist in der jüngsten Renovierung von 2001/02 wieder weitgehend in den Stand der Erbauungszeit von 1653/54, vor über dreieinhalb Jahrhunderten, gebracht worden – ausgenommen die auch innen ältere Südwand. Über dem Eingang liegt eine Empore mit Orgel. Das geräumige, rechteckige Schiff liegt unter einer flachen Gipsdecke in feinem Ockerton mit Stuckzierleisten, ein Profilgesims trennt Wand und Decke. Durch die breiten, stichbogigen Fenster fällt viel Licht in Schiff und Chor. Die Fenster tragen farblose, wabenförmige Bleiverglasung, die Fensterlaibungen sind mit barocken Ornamenten, sogenannter Rollwerkdekoration, verziert. An der Wand des Schiffs, wie auch im Chor, sind Apostelkreuze im Laubkranz aufgemalt. Beidseits des
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Mittelgangs stehen hölzerne Sitz- und Kniebänke. Der Bodenbelag der Kapelle besteht aus grossen, hellgrauen Sandsteinplatten, die Bänke stehen auf einem Holzboden. Vor dem Chorbogen ist das Niveau um eine Stufe erhöht, der dahinterliegende Chor liegt dann nochmals drei Stufen höher. An beiden Chorbogenwänden stehen barocke Altäre, ausladend, mit Aufbauten bis zur Decke. Durch den niedrigen, halbkreisförmigen Chorbogen hindurch geht der Blick weiter in den hellen Chor. Dessen Grundriss ist aussen zwar mit drei geraden Teilen abgeschlossen, innen aber ist nur der mittlere Teil hinter dem Altar gerade, während die andern zwei Teile gerundet sind. Das hohe Gewölbe ist links und rechts von je einem hochliegenden Fenster durchbrochen, die beiden Grate zwischen Gewölbe und Wand schliessen in einem gedrückten Stichbogen. Dahinter steht, den rundbogigen Gewölbe- und Chorabschluss ganz ausfüllend, der barocke Hochaltar. Vor diesem steht im Chor, als Volksaltar platziert, ein neuer, moderner Altartisch aus Stein. Er ist mit schmalem Block und breiter, dicker Tischplatte so gestaltet, dass man den Altar auch als «Tau-Kreuz» (in T-Form) sehen kann. Auf dem Altar ist der Tabernakel platziert. Im Erdgeschoss des Turms ist die kleine Sakristei untergebracht, sie ist vom Chor her zugänglich, ebenso die steinerne Wendeltreppe mit anschliessender Holzstiege zum Glockenstuhl. Mittelalterliche Wandmalerei von 1410/1415 Szenen zu Jesu Geburt Im Schiff sind an der Südwand grossflächige Reste eines Freskenzyklus von 1410/1415 aus der früheren Kapelle erhalten. Sie waren beim Bau der neuen Kapelle im 17. Jahrhundert übertüncht worden, erst dreihundert Jahre später sind sie 1964/1968 wieder freigelegt worden. 2001/02 sind Retuschen wieder entfernt, die Bilder konserviert und zugleich deren Lesbarkeit vorsichtig verbessert worden, etwa durch Aquarellieren von störenden Fehlstellen. Die Bilder wurden vor sechshundert
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Jahren in Freskotechnik ausgeführt, also direkt auf den feuchten Putz aufgetragen, was im Mittelalter nördlich der Alpen sehr selten begegnet. Vielleicht stammte der Künstler aus dem Südtirol. Die Bilder, ursprünglich gesamthaft zwölf, ziehen sich waagrecht in zwei Reihen hin. Unter den beiden Reihen schliesst eine dritte Zone mit gemalter Stoffdraperie das Ganze feierlich ab. Freilich sind zum Teil nur Bildfragmente erhalten, zumal beim Neubau in der Barockzeit Fenster in die Wand gebrochen wurden. Rote Säulchen auf vertikalem, weissem Band trennen die Bilder. Über den Bildern erklären Schriftbänder den Inhalt. Was erkennt man noch? Im ersten Bild ist oben vorne die Wurzel Jesse mit Maria dargestellt, also der Stammbaum Jesu aus dem Hause Davids. Im nächsten Fresko sitzen die Könige Salomon mit Leier und David mit Harfe beieinander. Daneben erscheint ein Engel einem Hirten auf dem Feld, wohl zur Geburt Jesu. Weiters stehen bei einem Gebäude zwei Menschen, wohl Anna und Joachim, die Eltern Marias. In der unteren Bildreihe links bringen die drei Weisen aus dem Morgenland ihre Gaben zum Stall. Das nächste Bild zeigt, fragmentarisch, eine Hügellandschaft mit einer Kapelle und einem Haus. Es folgt der Kindermord von Bethlehem mit Herodes auf dem Thron, mit Soldaten und toten Kindern. Das letzte Bild, nur Fragment, zeigt eine Landschaft. Der ganze Zyklus galt also dem Geschehen rund um die Geburt Christi. In der Südwand vor dem Chorbogen wurde um 1513 eine Nische ausgebrochen, um Platz für einen Seitenaltar zu bekommen. Die Nische ist mit spätgotischen Ranken verziert. Eine rechteckige Vertiefung stammt von einer kleinen, ehemaligen Lichtöffnung des Vorgängerbaus. Drei bildreiche Barockaltäre Den Bereich der Chorbogenwand und des Chors bestimmen drei hohe, ausladende Barockaltäre. Sie stammen aus der Zeit, in der die barocke Kapelle
Wandmalerei um 1410/1415 an der Südwand, Ausschnitt, im rechten Feld die Könige David mit Harfe und Salomon mit Leier.
erbaut wurde, der Rosenkranzaltar aus dem Jahr 1654, der Anna-Altar und der Hochaltar aus dem Jahr 1655. Sie dürften im Raum Feldkirch oder Rankweil entstanden sein. Die schönen Skulpturen der Altäre werden dem Umkreis von Erasmus Kern zugeordnet. Die drei Altäre sind im Prinzip gleich aufgebaut. Über dem Altartisch steht auf rechteckigem Sockel (Predella) ein Altarbild, beidseits gerahmt von verzierten Säulen, denen je eine Figur, Heiliger oder Engel, angefügt ist. Darüber folgt ein Gebälk (Architrav), welches wiederum einen Aufsatz mit einem Bild und Verzierungen trägt. Kleine Engelchen und Engelsköpfe krönen seitlich und oben die Auskragungen. Alle drei Altäre sind Maria-Themen gewidmet. Der Hochaltar ist Maria geweiht, der linke Seitenaltar der Verleihung des Rosenkranzes durch Maria, der rechte Seitenaltar Anna. Hochaltar: «Maria Hilf» und Zorn Gottes Im obersten, kleineren Bild des Hochaltars ist Maria mit dem Jesuskind zu sehen, darunter der Schriftzug «Maria Hilf». Es handelt sich um eine Kopie des Mariahilf-Bildes von Lucas Cranach von ca. 1537, das im Innsbrucker Dom hängt und in
Triesen | Peter Geiger
Vielzahl kopiert worden ist. Die Triesner Kopie malte 1654 Georg Wilhelm Gressner aus Konstanz, der auch in Graubünden wirkte. Gressner schuf 1654 auch das grosse Altarblatt des Hochaltars. Es zeigt, hierzulande einmalig, den «Zorn Gottes»: Auf einer dräuenden, von Engeln bevölkerten Wolke schwingt Gottvater ein Zepter, schwebt der Heilige Geist als Taube und schickt Jesus sich an, zornig drei Lanzen auf die Erde zu schleudern, Krieg, Pest und Hunger bringend. Vor ihm aber bittet Maria um Verschonung der Menschen, während unten auf der Erde, an der Erdkugel kniend, der hl. Franziskus – er trägt die Wundmale Jesu – und der hl. Dominikus zu Maria und zum Himmel flehen. Das ungewöhnliche Bild bezieht sich auf Stellen im Alten und Neuen Testament, die Gottes Strafen für Sünden ankündigen. Als solche wurden die Verheerungen des eben beendeten Dreissigjährigen Kriegs, die Pest und die Missernten verstanden. Nur Marias und der Heiligen Bitten könnten dagegen helfen. Den Hochaltar stifteten übrigens, wie die Inschrift auf der Predella besagt, der damalige Landesherr und seine Gemahlin 1856, Graf Franz Wilhelm I.
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von Hohenems (1628–1662) und Eleonora Katharina, geborene von Fürstenberg (1630–1676). Beide starben jung. Auf den Giebelsegmenten halten Engel die Wappen der Hohenems mit Steinbock und der Fürstenberg mit Adler. Bezüge zum Stifter haben auch die an den Seiten stehenden Heiligenfiguren: links der hl. Karl Borromäus, Namenspatron eines Grossonkels von Franz Wilhelm, rechts der hl. Wilhelm, Namenspatron des Stifters.
Rosenkranz-Altar Der linke Seitenaltar von 1654 trägt hoch oben zwischen dem gesprengten Segmentgiebel ein Rundbild mit Gottvater in Halbfigur. Seine Hand weist herab auf die im grossen, rundbogigen Altarblatt gezeigte «Verleihung des Rosenkranzes an die hll. Dominikus und Katharina von Siena». Wer beides gemalt hat, ist nicht bekannt. Über Maria halten zwei schwebende Engel die prächtige Krone der Himmelskönigin. Sie hält auf dem linken Arm das Jesuskind als Knäblein, in der rechten Hand das Zepter. Zu Marias Füssen knien der hl. Dominikus und die hl. Katharina. Beide empfangen einen Rosenkranz, Dominikus aus der Hand Mariens, Katharina aus der Hand des Jesuskindes. Dominikus war der Gründer des gelehrten Dominikaner- oder Predigerordens zu Anfang des 13. Jahrhunderts. Legenden sagen, Maria sei ihm erschienen und habe ihm einen Rosenkranz geschenkt, desgleichen der asketischen Mystikerin Katharina. In der Predella steht die lateinische Inschrift: «Regina SS. Rosarii», übersetzt «Königin der heiligen Rosenkränze». Gemeint sind der freudenreiche, der schmerzensreiche und der glorreiche Rosenkranz. Auf dem Altarblatt zieht sich um die Szene mit Maria, dem Jesusknaben und den zwei Heiligen ein Kranz von 15 Medaillons, alle von Rosen umflochten, zusammen bilden sie einen «Rosen-Kranz». Die Rundbilder führen gemalte Szenen von der Verkündigung über die Geburt Jesu (freudenreich) durch die Passion Christi (schmerzensreich) bis zur Auferstehung und zur Krönung Mariens im Himmel (glorreich) vor Augen. Rosenkränze werden mit Glaubensbekenntnis, Vaterunser, zehn «Gegrüsst seist Du, Maria» und, in dieses eingeschoben, wiederholten Anrufungen – wie «den du o Jungfrau vom Heiligen Geist empfangen hast» – gebetet. Es gab vielerorts Rosenkranz-Bruderschaften. Eine solche wurde 1627 auch in Triesen errichtet. Am Rosenkranz-Altar können Betende den Bildern anschaulich folgen.
Hl. Magnus mit Drachen, Holz bemalt, 17. Jh.
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Anna, Antonius Der Seitenaltar von 1655 an der südlichen Chorbogenwand ist der hl. Anna geweiht. Im Aufbau entspricht er grossenteils dem Hochaltar. Zuoberst ist in einem kleineren Bild Anna mit der heranwachsenden Maria auf einer barocken Gebäudeterrasse gemalt, Maria hält ein Buch, ihre Mutter lehrt sie Lesen, im Hintergrund schweben zwei Engel. Das grosse Altarblatt zeigt den hl. Antonius von Padua als Franziskanermönch, er kniet am Altar und hält das Jesuskind, das ihm erscheint, es steht auf einem aufgeschlagenen Buch. Antonius, aus Lissabon stammender Theologe, war Anfang des 13. Jahrhunderts ein berühmter Prediger in Italien, bekannt mit dem hl. Franziskus und, wie dieser, den Armen helfend. Ihm soll in einer Vision das Jesuskind erschienen sein, daher die Darstellung. Als ihm einmal die Menschen nicht zuhören wollten, predigte er den Fischen im Meer; am Altar in der Marienkapelle sieht man in der Predella ein kleines Gemälde hierzu. In den Seitenteilen des Anna-Altars stehen – passend – verwandte Heiligenfiguren: rechts mit Beil der hl. Josef, der als Zimmermann für den Unterhalt der Heiligen Familie sorgte, und links mit Schaufel oder Stab der hl. Joachim, der Vater Mariens und damit Grossvater mütterlicherseits von Jesus. Einzelfiguren, Glocken Statuen fanden und finden immer wieder neue Standorte. Im Landesmuseum in Vaduz steht eine ehemals wohl in der Marienkapelle in Triesen aufgestellte, 61 cm hohe, eindrückliche Holzfigur aus der Zeit nach 1350, Maria mit Kind darstellend, Maria trägt eine Krone. An der Nordwand des Schiffs hängt ein grosses Kruzifix aus der Mitte des 17. Jahrhunderts, der Zeit der Erbauung der neuen, barocken Kapelle. Es war ursprünglich vermutlich das Chorbogenkreuz. Ebenfalls aus der Mitte des 17. Jahrhunderts stammt eine bemalte Holzstatue des hl. Magnus an der Südwand des Schiffs. Sein
Triesen | Peter Geiger
schwarzes Mönchsgewand, golden gerändert und verziert, hat weite Ärmel, ein Strahlenfächer rahmt das Haupt des Heiligen, er steht auf einem Drachen, den er der Legende gemäss besiegt hat. Er hält den überlangen Abtsstab, der über den Drachen und die Kartusche des mit «S. Magnus» beschrifteten Sockels hinabreicht. Magnus lebte im 8. Jahrhundert, zeitgleich mit Gallus und Kolumban, als Glaubensbote im Allgäu, er gründete ein Kloster in Füssen. Die Magnus-Figur wurde in Triesen noch im 20. Jahrhundert bei der «Magnusprozession in die Kapelle» getragen. Eine andere barocke Statue stellt den hl. Nepomuk dar, sie stammt wahrscheinlich aus einem um 1730 entfernten Altar der Marienkapelle. Nepomuk, der Brückenheilige, hält ein Kruzifix, er trägt ein Pilgergewand mit Jakobsmuscheln. Im Turm der Marienkapelle hängen zwei Glocken, beide tragen Inschriften mit Jahrzahlen, dazu Reliefbilder. Die grössere wiegt etwa 250 kg und misst 73 cm im Durchmesser, sie stammt von 1670, die Inschrift bittet die Gottesmutter Maria um Schutz, Reliefs zeigen Maria mit Kind sowie den hl. Antonius (oder Josef) mit Kind. Die kleinere Glocke (58 cm, 180 kg) ist die ältere, sie stammt von 1516, drei Reliefs stellen die Pietà, den hl. Wolfgang mit Axt und wohl den hl. Theodul mit Teufel dar. Eine Vermutung geht dahin, diese Glocke habe früher in der St.-Wolfgang-kapelle gehangen. Das Vorgängerglöckchen aber, so die Überlieferung, hätten die Eidgenossen aus der Marienkapelle geraubt – falls so, dann im Alten Zürichkrieg 1446 oder im Schwabenkrieg 1499. Triesner «Kappili» Die Triesner Bevölkerung war und ist eng verbunden mit ihrem «Kappili», wie sie die Marienkapelle nennen. Markierte sie einst sichtbar den unteren Rand des Dorfs, so steht sie heute wenig auffällig zwischen den höheren Gebäuden rundherum – und ist doch ein historisches und religiöses Kleinod.
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Kapelle St. Wolfgang Im nördlichen Gemeindegebiet steht an der Maschlinastrasse Richtung Meierhof eine kleine, offene Kapelle. Sie wurde Ende des 19. Jahrhunderts gebaut und 1948 renoviert. Sie steht indes auf viel älterem Fundament. Vormals hatte hier nämlich eine viel grössere, gotische St.-Wolfgang-Kapelle gestanden, erbaut im 16. Jahrhundert. Sie hatte ein Langhaus mit gewölbter Holzdecke, einen spitzbogigen Chorbogen und einen Chor mit Rippengewölbe, auch Hochaltar, zwei Seitenaltäre, wohl auch Turm oder Dachreiter besessen. Abseits des Dorfs liegend, verfiel sie, die Innenausstattung fand neue Plätze. Um 1860 stand die Kapelle in Teilen noch als Ruine, gemalt von Moriz Menzinger, 1863 wur-
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de Steinmaterial daraus für den Bau der Weberei Kirchthaler-Dürst verwendet. Die heutige Kapelle ist einfach. Die unter einem Satteldach liegenden Wände sind weiss verputzt. Die nach Osten ausgerichtete Eingangsseite ist etwas erhöht und von einem Steinkreuz bekrönt. Der halbrund geschlossene Chor soll romanisch wirken. Daneben ist in der Wand eine Steintafel eingelassen, welche den denkmalgeschützten Bau als «Gedenk-Kapelle Schlacht zu St. Wolfgang am 12. Feb. 1499» ausweist. Denn bei Triesen fand 1499 im Schwabenkrieg eine Schlacht zwischen Truppen der Eidgenossen und des Schwäbischen Bun-
Schlaganfall, sowie Patron vieler Berufe wie Köhler oder Zimmermann. Mit dem Beil wird er dargestellt, weil er es, um einen geeigneten Platz für eine Klause zu finden, in die Wildnis hinabwarf, wo es dann zu liegen kam, baute er ein Kirchlein. So ist heute die St.-Wolfgang-Kapelle ein ruhiger Ort mehrfachen Gedenkens.
des statt, mit Hunderten von Toten und dreitägiger Plünderung. Gesichert ist der Bezug der Kapelle zur Schlacht zwar nicht, aber in der mündlichen Überlieferung präsent, zumal die Kapelle 1520, bald nach der Schlacht also, erstmals urkundlich erwähnt ist. Im Innern der Kapelle hängt heute die Kopie eines gotischen Tafelbilds aus dem 15. Jahrhundert, mit «Sant Wolfgang» bezeichnet (das Original ist im Landesmuseum). Es zeigt den Heiligen als Bischof, er hält ein Beil und ein romanisches Kapellenmodell. Dem Eingang der Kapelle im Modell ist der heutige nachgeformt. Der heilige Wolfgang war Schüler in Reichenau, später Bischof von Regensburg, seit dem 15. Jahrhundert Nothelfer bei zahlreichen Leiden, so Gicht, Rückenschmerzen und
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Links: Tafelbild «Sant Wolfgang» im Innern, 15. Jahrhundert. Rechts: «Kulturdenkmal» und Gedenktafel für 1499.
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Friedhofskapelle An der Südostseite der Pfarrkirche von Triesen steht die an den Hang gebaute Friedhofskapelle. Sie wurde 1973 nach Plänen von Architekt Hans Rheinberger, Vaduz, errichtet. Über rechteckigem Grundriss erhebt sich der gemauerte, weiss verputzte Bau, gedeckt von einem hohen Satteldach, das sich auf der Nordseite etwas weiter herabzieht. Der nördliche Drittel der Kapelle ist um etwa einen halben Meter vorverschoben. Dies ergibt eine ungewöhnliche und doch unaufdringliche Raumaufteilung, sowohl an der der Kirche zugewandten Eingangsseite als auch an der Rückwand im Innern: Ein Teil der Wand tritt deutlich vor, aussen wie innen, so dass ein senkrechtes, schattendunkles Band die weisse Fläche teilt. Aussen zieht sich daneben rechteckig der breite, verglaste Eingang hin. Er ist rechts begrenzt durch eine unverputzte, etwas vertiefte Bruchsteinmauer aus verschiedenen Steinen. Sie ist schmal auch auf der Südseite sichtbar, diese gliedernd. Das Kapellenkreuz schliesslich steht nicht auf dem Dach, es hängt im hohen, hellen Gie-
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belfeld. Zum Eingang führen drei Stufen sowie ein rollstuhlgängiger Zugang. Der hohe, geräumige Innenraum liegt unter dem offenen, hölzernen Dachstuhl und wird von aussen durch die grosse Eingangstür belichtet. Die Wände sind weiss, den Boden decken graue, rechteckige Steinplatten. An der Rückwand hängt ein doppellinig geschmiedetes Kreuz, davor ein rotes Ewiges Licht. In der Mitte steht der Sarkophag für die Aufbettung der Toten, mit Glasaufbau. Über ihm hängt ein kreisförmiger Leuchter mit zwölf Lichtern. Die Kondolenzstele aus Holz steht auf kreuzförmigem Fuss. An den Seitenwänden stehen Stühle für die Trauernden. Unauffällig erschliessen sich ihnen die christlichen Symbole der Hoffnung. Wer vor der Kapelle steht, mag Trost beim Blick auf die helle Kapelle wie darüber hinaus auf den Himmel über dem Berghorizont empfinden.
Kapelle im Haus St. Mamertus Im neuen Alters- und Pflegeheim St. Mamertus in Triesen, das im Januar 2013 eröffnet wurde, gibt es eine Hauskapelle. Erzbischof Wolfgang Haas hat sie kurz vor Weihnachten 2012 eingeweiht. Die Pläne des Hauses St. Mamertus stammen von den Architekten Gäumann Lüdi von der Ropp, Zürich. Die moderne, einfache Heimkapelle ist längsrechteckig, die Decke flach und mit Leuchten besetzt. Auf dem beigen Marmorboden stehen links und rechts Stühle aus Holz, dreifach gereiht. An der linken Wand lassen bis zum Boden reichende Fenster viel Tageslicht ein. In der rechten Wand sind in Nischen Ikonenbilder vertieft, mit Goldhintergrund schweben sie im weissen Licht der Nischen. Barocker Altar Alles ist nach vorn zum Altar ausgerichtet. Leicht erhöht auf einem rechteckigen Podest stehend, setzt der Altar einen überraschenden Kontrast im modernen Raum: Er ist barock, mit Tisch, Tafelbild, Heiligenfiguren, Säulen, üppig ornamentalem Seitenwerk und Aufsatz. Das zentrale Bild zeigt Maria mit dem Jesuskind und darüber die Jahreszahl «1664» – eine Notzeit hierzulande. Das Bild ist eine der vielen Kopien des innigen Gnadenbildes von Lucas Cranach d. Ä. (nach 1537), ganz ähnlich jenem im Hauptaltar der Triesner Marienkapelle. Die zwei geschnitzten Figuren rechts und links sind neu ergänzt, sie stellen den hl. Gallus (mit Bär) und den hl. Augustinus (Kirchenlehrer, mit Bischofsstab und flammendem Herzen in der Hand) dar. Der in manchem veränderte Altar stand in der Kapelle des Bürgerheims, Teile davon zuvor wohl schon um ca. 1650 in der alten Pfarrkirche. Jetzt findet der restaurierte Altar aus dem Besitz der Gemeinde eine schöne neue Verwendung. Links neben dem Altar hängt ein schmales Kruzifix an der Wand, rechts ein rotes Ewiges Licht. Darunter ist der Tabernakel in die Wand eingelassen, dessen vergoldete Tür zeigt Alpha und Omega,
Triesen | Peter Geiger
Blick zum fein ausgestatteten Altarraum der Hauskapelle.
Anfang und Ende. Das schlanke, geschnitzte, goldfarbene Vorlesepult schliesslich nimmt den Barock des Altars mit verspielt-symbolstarker Form auf: Auf einer hochrankenden Weinrebe, übereinander von zwei Engeln gehalten, liegt ein offenes Buch – bereit zur Verkündung der christlichen Botschaft und Hoffnung an die Bewohner und Besucher des Hauses St. Mamertus.
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Triesenberg Josef Eberle
Pfarrkirche St. Josef Bauzeit
1938–1940
Pläne
Otto Albert Linder, Stuttgart
Bauleitung
Architekt P. Schmalz-Rheinberger
Weihe
19. Mai 1940
Renovationen 2000 grosse Renovation, vorher verschiedene Ergänzungen und Anpassungen
Eine kurze Vorgeschichte Triesenberg wurde erst im Jahre 1768 eigene Pfarrei. Vorher gingen die Berger nach Schaan (nördlicher Dorfteil) und Triesen (südlicher Dorfteil) in die Kirche. Masescha galt zwar als erster religiöser Mittelpunkt der Walser, und die wohl bald nach ihrer Ansiedlung erbaute Kapelle wurde 1465 erstmals urkundlich erwähnt. Die religiöse Betreuung war jedoch mangelhaft. Valentin von Kriss, der in Triesen von 1664 bis 1692 Pfarrer war, gelang es, einen Frühmesser anzustellen und damit Triesenberg seelsorgerisch besser zu betreuen. Der Seelsorger wurde verpflichtet, auf Masescha wöchentlich eine heilige Messe zu feiern. 1768 kam mit der Errichtung der eigenen Pfarrei schliesslich die kirchliche Selbständigkeit, und die Triesenberger konnten sich den weiten Weg zum Sonntagsgottesdienst in die Talgemeinden ersparen. Die erste Kirche wurde von Fürst Josef Wenzel (1696–1772) gestiftet. Er liess auch das Pfarrhaus, das heutige Rathaus, erbauen und stiftete zudem
Triesenberg | Josef Eberle
ein Kapital von 7000 Rheinischen Gulden, aus dessen Zinsen zu dieser Zeit der Pfarrer bezahlt werden konnte. Der Fürst war der Patronatsherr der Kirche und hatte ihr den Namen St. Josef gegeben. 170 Jahre tat die Kirche ihren Dienst. Doch die Gemeinde wuchs, und die Kirche wurde zu klein. Grössere Reparaturen mussten vorgenommen werden. 1908 wurde die Orgelempore erweitert. So konnte der Mangel an Plätzen für einige Zeit etwas gemildert werden. Der Bau einer neuen Kirche wurde schon unter Pfarrer Matthäus Müller (Pfarrer von 1890 bis 1909 und Kaplan von 1909 bis 1926) erwogen, fand aber in der Bevölkerung keinen Rückhalt. Armenhaus statt neue Kirche – tragisches Ende des Neubauprojekts Erst unter Pfarrer Franz von Reding (Pfarrer in Triesenberg von 1909 bis 1927) wurde der Kirchenbau wegen zunehmender Baufälligkeit und Mangel an Platz zum grossen Thema. Der Pfarrer veranstaltete Sammlungen und brachte es auf einen Kirchenbaufonds von 13 000 Kronen. Der fürstliche Architekt Gustav von Neumann in Wien wurde mit der Ausarbeitung eines Entwurfs beauftragt. Auch der Churer Bischof Georgius Schmid von Grüneck unterstützte das Vorhaben. Das Schicksal wollte es anders. Im Oktober 1913 fiel das Kirchenbauprojekt einer Volksabstimmung zum Opfer. Auch ein Armenhaus wäre dringend notwendig gewesen. Die Bürgerversammlung entschied mit überwältigender Mehrheit, das gesammelte Geld dem Armenhausfonds zuzuweisen. Dann folgte von 1914 bis 1918 der Erste Weltkrieg.
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Die erste Pfarrkirche von 1768 tat insgesamt 170 Jahre ihren Dienst.
Durch die Inflation ging das gesammelte Geld, eine für damalige Verhältnisse grosse Summe, verloren, und Pfarrer Reding stand wieder mit leeren Händen da. Das Kirchenbauprojekt war in weite Ferne gerückt. Der tatkräftige Pfarrer starb im Jahr 1927, ohne sein in die Wege geleitetes Werk verwirklichen zu können.
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Mit Problemen belastete Zeit bis zum Baubeschluss Unter dem neuen Pfarrer Ludwig Jenal (Pfarrer von 1927 bis 1942) wurde dann der Kirchenbau Wirklichkeit. Doch die Probleme, mit denen der neue Pfarrer bis zur Fertigstellung zu kämpfen hatte, waren gross. Durch die Initiative des Pfarrers wurde wieder ein Kirchenbaufonds angelegt. Für den Neubau fehlte es aber am nötigen Geld. 1934 entschloss sich die Gemeindevertretung, den Chorbogen der alten Kirche wegen des immer grösser werdenden Risses neu zu erstellen. Später wurde gar eine Vergrösserung der Kirche durch Verlängerung nach Westen in Erwägung gezogen. Das Projekt kam nicht zur Ausführung. Zwei Umstände gaben dem Kirchenbau neuen Auftrieb. Einerseits gewährte das Land den Gemeinden wegen der herrschenden Arbeitslosigkeit für öffentliche Bauten hohe Subventionen. Auf der anderen Seite trug die unermüdliche Sammeltätigeit der beiden Seelsorger mittels Bettelbriefen und Bettelpredigten Früchte. Das Kapital war auf 35 000 Franken angewachsen. So war der Grundstein für eine neue Kirche gelegt, und der seit Jahrzehnten gehegte Wunsch sollte nun, nachdem auch Bischof Dr. Laurentius Matthias Vinzenz den Kirchenbau wärmstens empfohlen hatte, in Erfüllung gehen. Auch im Volk war der Wunsch nach einer neuen Kirche gross. Im Dezember 1937 wurde ein verstärkter Gemeinderat gewählt, der mit grosser Mehrheit entschied, in Anbetracht der Finanzlage und der herrschenden Arbeitslosigkeit im Frühjahr mit dem Bau der Kirche zu beginnen. Doch wieder kam ein Rückschlag. Am 12. März 1938 wurde die Republik Österreich mit dem Deutschen Reich zu Grossdeutschland vereinigt. Angesichts der neu geschaffenen Lage für Liechtenstein erachteten einige Bürger den Zeitpunkt für den Kirchenbau als ungünstig, und auch das Gespenst des übergrossen Schuldenberges wurde erneut verbreitet. Die Mehrheit der Bürgerschaft wollte nicht länger warten, und so beschloss der erweiterte Gemeinderat, beim bereits gefassten Beschluss zu bleiben. Damit war endgültig grünes Licht für den Kirchenbau gegeben.
Planung und Bau Auf die Ausschreibung wurden mehrere Kirchenbaupläne eingereicht. Das Projekt von Kirchenarchitekt Otto Albert Linder aus Stuttgart wurde ausgewählt. Er wurde mit der sofortigen Ausarbeitung der definitiven Pläne beauftragt. Die Wahl des hoch angesehenen Architekten galt früher und gilt heute noch als Glücksfall. Die Bauleitung wurde Architekt P. Schmalz-Rheinberger übertragen. Damit sich die Bevölkerung ein besseres Bild von der neuen Kirche machen konnte, erstellte Kaplan Georges Klausener ein Holzmodell, das lange Zeit im Schaufenster der Bäckerei Schädler ausgestellt wurde.
wird. Es wäre deshalb sicher falsch und ebenso unehrlich, wenn man heute noch gotische oder barocke Kirchen bauen würde. Wenn wir aufrichtige Menschen und Kinder unserer Zeit sein wollen, müssen wir die Zeit bejahen, die technischen Möglichkeiten erkennen, aus denen dem Architekten die Möglichkeit gegeben ist, neue Formen zu schaffen. Weil die Kirche Gemeinschaftsgut und Gemeinschaftsraum ist und dem Volksganzen zu dienen hat, muss der Architekt in seiner Kirchenarchitektur eine Sprache reden, die dem religiösen Empfinden der Gläubigen stets entgegenkommt.»
Abschied vom alten Gotteshaus mit Tränen Nun hiess es am Weissen Sonntag, den 24. April 1938, von der alten und lieb gewonnenen Kirche Abschied zu nehmen. Pfarrer Ludwig Jenal hielt die Abschiedspredigt. Hans Gassner, der spätere Vorsteher, schrieb in der Gedenkschrift: «Es war ein tiefrührender Abschied vom alten, lieben Kirchlein und in manche Mannesaugen, von den Frauen ganz zu schweigen, drängten sich unwillkürlich Abschiedstränen.» Baufortschritt nach Wunsch und Gedanken von Otto Albert Linder Der Neubau unter der Leitung von Architekt P. Schmalz-Rheinberger kam gut voran. Der Architekt lobte die solide Arbeit der Handwerker. Die neue Kirche konnte am 19. Mai 1940 wunschgemäss geweiht werden. Wer könnte die neue Kirche mit all ihren Facetten besser beschreiben als der beauftragte Architekt Otto Albert Linder. In seinem Artikel in der Weiheschrift über die bauliche Gestaltung der St.-Josefskirche zu Triesenberg schreibt der Architekt: «Da die religiöse Einstellung unserer heutigen Zeit eine ganz andere ist als diejenige des 15. und 18. Jahrhunderts, kann man nicht mehr verlangen, dass gefühllos auf die alten Stilarten zurückgegriffen
Triesenberg | Josef Eberle
Kirchenpatron hl. Josef, grosse Steinskulptur über dem Haupt eingang, entworfen von Ludwig Schnüriger und ausgeführt von Gottfried Hilti.
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Oben: Der Chor wird dominiert von der grossen Kreuzigungsgruppe von Johannes Trojer.
Rechts: Hauptfenster «Ostern» an der Südseite, von Johannes Troyer.
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Der neuen Kirche wurde die Grundform eines Oktagons, eines Achtecks mit einem Durchmesser von ca. 23 Metern gegeben. Die Kirche ist von Osten nach Westen, also in der «linea sacra» ausgerichtet. Der wuchtige Kirchturm (35,74 Meter hoch bis Mitte Kugel) wurde, wie schon jener der alten Kirche, als Zwiebelturm ausgebildet und gilt als Wahrzeichen der Gemeinde. Ein unverwechselbares Gepräge bekommt das markante Gebäude durch das Bruchsteinmauerwerk aus heimischem Buntsandsein. Über dem Haupteingang wurde 1947 auf einem Steinsockel eine monumentale Steinskulptur, den Kirchenpatron St. Josef darstellend, geschaffen von Gottfried Hilti, Steinbildhauer aus Schaan, aufgestellt. Die von Ludwig Schnüriger entworfene Skulptur bildet den einzigen äusseren Schmuck des nach klaren und einfachen Linien aufgebauten Sakralbaus. Johannes Troyer prägt die Innenausstattung Die Innenausstattung der Kirche ist stark geprägt von der wuchtigen Kreuzigungsgruppe über dem Hochaltar und den farbenprächtigen, für die damalige Zeit sehr modernen Fenstern des Künstlers Johannes Troyer. Der in Sarntheim, Südtirol, im Jahr 1902 geborene Künstler war in Liechtenstein besonders auch als Briefmarkengestalter bekannt. Sein wichtigstes und ausdrucksstärkstes Werk in unserem Land sollten aber die Kreuzigungsgruppe und die insgesamt 14 Kirchenfenster der Pfarrkirche St. Josef bleiben, die in ihrer Ausgeglichenheit der Farbenharmonie den Raum stimmungsvoll durchfluten. Die Glocken Triesenberg darf sich rühmen, eines der schönsten Geläute im Rheintal sein eigen nennen zu dürfen. Beim Bau der neuen Kirche ging der Wunschtraum in Erfüllung, ein schweres, schönes Geläut giessen zu lassen. Der Auftrag wurde an die Glockengiesserei Staad AG bei Rorschach vergeben, welche am 21. Juni 1939 fünf Glocken im Beisein der Gemeinde- und Kirchenbehörden goss. Die Überprüfung des Geläutes ergab, dass der Guss gut geraten
Triesenberg | Josef Eberle
Der Kreuzweg ist das Werk von Josef Gasser, Bildhauer in Lungern, Obwalden.
war. Das Äussere der Glocken wirkt schlicht und sauber in einer tadellosen Ausführung. Den Klang bewerteten die Experten als hervorragend und feierlich-mächtig im Volumen. Am 26. August 1939 wurde das Geläute nach Triesenberg überführt und am 27. August durch Dr. Laurentius Mathias Vinzenz, Bischof von Chur, geweiht. Die «Porträts» der Glocken: 1 Schutzengel-Glocke
710 kg
Ton g
2 Armenseelen-Glocke
860 kg
Ton e
3 Heiliger Josef
1240 kg
Ton d
4 Heilige Maria
2100 kg
Ton H
5 Christus-Glocke
4300 kg
Ton G
Jede Glocke ist mit einer Inschrift geziert. Stellvertretend sei jene der grossen Glocke genannt: «Vor Blitz, Hagel und Unwetter verschone uns, o Herr!». Auf der Schutzengel-Glocke ist noch vermerkt: «Mich und meine vier Schwestern goss die Glockengiesserei Staad bei Rorschach».
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Die Orgel von 1961 fügt sich hervorragend in den schlicht gehaltenen Kirchenraum ein.
Das Aufziehen der Glocken war ein grosses Fest und ein Freudentag, besonders für die Schuljugend, die beim Aufzug der Glocken mitwirkte. Der damaligen Weltlage entsprechend, es tobte der Zweite Weltkrieg, war denn auch der Wunsch an das Geläute: «So klingt denn, ihr herrlichen Glocken, zur Freude in guten, zum Trost in schlechten Tagen und läutet für einen baldigen Frieden.» Alte und neue Orgel Der Bau einer neuen Orgel konnte mit dem Kirchenneubau noch nicht realisiert werden. Zu
schwer lag die finanzielle Belastung auf der Gemeinde. So wurde die Orgel aus der alten Kirche wieder eingebaut und musste ihren Dienst noch bis 1961 leisten. Eine Orgel mit 12 Registern wurde in der alten Kirche erst 1792, also 24 Jahre nach der Einweihung, bestellt. Erst 1796 belegen Zahlungsbestätigungen, dass die Orgel mit 401 Gulden vollständig bezahlt war. Die heutige Orgel konnte nur dank einer grossen Spende, die Pfarrer Engelbert Bucher entgegennehmen durfte, finanziert werden. Erst im November 1959 wurde mit der Orgelbaufirma Gebrüder Späth, Hof-Orgelbaumeister in EnLinks: Glockenweihe durch Seine Exzellenz Dr. Laurentius Mathias Vinzenz, Bischof von Chur, am 27. August 1939.
Rechte Seite: Der architektonisch aufgewertete Innenraum der im Jahr 2000 renovierten Pfarrkirche mit dem von Hugo Marxer kunstvoll gestalteten Altar und dem Ambo aus Carrara-Marmor.
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netach-Mengen, Baden Württemberg ein Vertrag abgeschlossen. Die neue Orgel kostete ca. 60 000 Franken, ein hoher Betrag für die damalige Zeit. Pfarrer Bucher konnte gut zwei Drittel der Kosten durch Spenden beisteuern. Die wohlklingende Orgel hat 26 Register. Sie bereichert auch optisch den wohlgestalteten Kirchenraum. Die Renovation der Pfarrkirche im Jahr 2000 brachte grosse Aufwertung Nach verschiedenen kleinen Renovationen und Reparaturen wurde die Pfarrkirche im Jahr 2000 umfassend renoviert. Schwerpunkte der Renovation waren die Schaffung eines behindertengerechten Eingangs, die Renovation des Bodens und der Bänke, die Verbesserung der Akustik, die Heizung und vor allem die Gestaltung
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des Altarraumes mit dem prächtigen Altar und dem Ambo aus Carrara-Marmor. Vorsteher Hubert Sele schreibt im Vorwort der Gedenkschrift: «Das Resultat kann sich sehen lassen. Meine besondere Freude gilt vor allem dem neuen Altar und dem ebenerdigen Eingang auf der Nordseite. Der Bildhauer Hugo Marxer hat einen neuen Altar geschaffen, der sich trotz seines modernen Ansatzes wunderbar in unsere Kirche einfügt. Der Gemeinderat konnte sich schon bei einem Besuch in Carrara von der Begeisterung, mit welcher Hugo Marxer dieses Kunstwerk geschaffen hat, überzeugen.» Der Vorsteher windet auch dem Architekten Oskar Pekarek, den Handwerkern und der Arbeitsgruppe Kirchenrenovation unter der Leitung von Pfarrer Max Butz ein Kränzchen für ihre hervorragende Arbeit.
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Totenkapelle In der Pfarrkirche Triesenberg gibt es erst seit 1972 eine Totenkapelle. Die frühere Taufkapelle, der abgeschlossene Raum nördlich des Chors, wurde zur Totenkapelle umgebaut. Diese Umgestaltung brachte einige Änderungen mit sich. Baugeschichtlich bemerkenswert ist, dass Kirchenarchitekt Otto Albert Linder diesen Raum ursprünglich als Sakristei vorgesehen hatte. Auf Intervention des beim Kirchenbau sehr einsatzfreudigen und praxisorientierten Kaplans Georges Klausener wurde die Sakristei jedoch ins Erdgeschoss des Kirchenturms und damit in die Nähe des Friedhofs verlegt. Diese Lösung hat sich bewährt. Die Taufkapelle wurde 1947 von Hofkaplan Ludwig Schnüriger, Schaan, nach seinen Entwürfen
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mit Wandmalereien versehen. Die Theoduldarstellung mit Glocke und Teufel und der Inschriften «Fliehe Unreiner weiche» und «Dem heiligen Geist» fanden grosse Verehrung. Die Nordwand gestaltete der Künstler mit dem Bild der Pietà und der Inschrift «Mutter der Schmerzen bitte für uns». Die Inschrift wurde entfernt. Bei der Umgestaltung zur Taufkapelle 1972 gingen weitere Teile der Malerei verloren. So blieb von der Darstellung des Theodulgemäldes und den Inschriften nur die Darstellung des Heiligen mit Stab und Glocke übrig. Der Taufstein, gefertigt 1768 von Johann Baptist Salzgeber und einem von Kupferschmied Reinhard Nutt ausgeführten Deckel, ist seither im Chor aufgestellt. Die Kupferschmiedearbeit wurde durch eine einfache Abdeckung ersetzt. Zusammen mit dem von Hugo Marxer geschaffenen Altar mit dem kunstvoll gestalteten Reliquiar
unter der Altarplatte und dem Ambo aus CarraraMarmor bildet der alte Taufstein eine Bereicherung des Chorraums. Veränderung des Sterbebrauchtums Neben den gestalterischen Veränderungen des Raumes bei der Umgestaltung zur Totenkapelle veränderte sich auch das Sterbebrauchtum, das sich mit einigen Vereinfachungen zur Entlastung der Leidtragenden auswirkte. Es entfielen die Aufbahrung daheim, die Totenwache, das Suchen von «Vergräbern», wie sie am Triesenberg genannt worden sind, das mühevolle Tragen des Sarges usw. Das für die Angehörigen besonders belastende Beten des Seelenrosenkranzes im Trauerhaus wurde schon früher in die Pfarrkirche verlegt. Die erste Verstorbene wurde Ende Dezember 1972 in der neuen Totenkapelle aufgebahrt. Mit der Neuerung wurde von der Gemeinde auch ein Bestattungsdienst organisiert. Am Beerdigungstag werden Sarg oder Urne in die Kirche unterhalb des Altars gebracht. In neuerer Zeit gibt es verschiedene Bestattungsformen. So wird als neue Form die Urne im engsten Familienkreis zum Friedhof gebracht, und die Teilnehmenden am Trauergottesdienst können in der Kirche Abschied nehmen. Mit etwas Wehmut schreibt Pfarrer Engelbert Bucher in seiner Arbeit «Tod und Totenkult in der Walsergemeinde»: «Es vereinfacht sich manches mit den Neuerungen, aber es erlischt auch manches vom alten Brauchtum. Eine alte Zeit mit ihrem Brauchtum ist immer mehr am Sterben, eine von Brauchtum, Glauben und Gottvertrauen erfüllte Zeit.»
Rechts oben: Wandmalereien von Ludwig Schnüriger beim alten Taufstein von Johann Baptist Salzgeber (1768) in der Taufkapelle, die 1972 zur Totenkapelle umgestaltet wurde. Rechts: Die Darstellung des heiligen Theodul ist vom einstigen Gesamtwerk des Künstlers noch erhalten geblieben.
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Kapelle St. Theodul auf Masescha Bauzeit Erste urkundliche Erwähnung 1465 Bauleitung
Architekten Hans Rheinberger und Karl Gassner, Vaduz
Weihe
15. August 1951
Renovationen
1854, 1950, 2017, kleinere Aussenrenovationen ab 1950
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Bergkapelle Masescha–Urkirche der Triesenberger Walser und ältestes Gotteshaus Die drei Bergkapellen am Triesenberg sind prägende Zeichen des Glaubens. Sie sind nicht nur die Landschaft bereichernde Kulturdenkmäler im Berggebiet, sie stehen aktiv im Dienst der Kirche. Jede Woche wird dort noch Gottesdienst gehalten. Die drei Bergkapellen und die Pfarrkirche stehen unter Landesdenkmalschutz. Die Kapelle auf Masescha ist der erste religiöse Mittelpunkt und die erste Kirchenstiftung der im 13. Jahrhundert eingewanderten Walser sowie auch das älteste Baudenkmal der Gemeinde Triesenberg. Es wird angenommen, dass die ersten Walser bald nach ihrer Ansiedlung eine kleine Kapelle gebaut haben, die in der Grösse dem heutigen Chorraum entsprochen haben dürfte.
Kurzer Blick auf die Kapellengeschichte Seit der Einwanderung gegen Ende des 13. Jahrhunderts bildeten die Triesenberger Walser ein selbständiges Gemeinwesen. Kirchlich gehörten jedoch der nördliche Teil der Gemeinde (Fromahus, Rotaboda, Mattla, Prufatscheng) zur Pfarrei Schaan und das übrige Gebiet zur Pfarrei Triesen. Erst 1768 wurde Triesenberg eine eigenständige Pfarrei. Bis zu diesem Zeitpunkt blieb das Kirchlein auf Masescha der religiöse Mittelpunkt der Walser. Die Betreuung erfolgte durch einen Seelsorger aus Triesen. Einmal in der Woche sollte der Triesner Pfarrhelfer dort eine heilige Messe feiern. Die meisten Taufen und Eheschliessungen fanden auf Masescha statt. Das Begräbnisrecht blieb bis zur Pfarreigründung bei den Mutterpfarreien Triesen und Schaan, und auch den Sonn- und Feiertagsgottesdienst hatten die Triesenberger im Tal zu besuchen. Die erste urkundliche Erwähnung des Kirchleins auf Masescha stammt aus dem Jahr 1465. Die Kirchenpfleger «unserer lieben frowen kapell auf Misöschen Heinz Jon und Hans Schneider, walliser am trisnerberg» beurkunden, dass sie von Witwe Margareta Schlegel-Kaufmann den Zehnten von einem Gut auf Masescha erhalten haben (Urkunde Nr. 2 der Triesenberger Urkundensammlung).
Der Bau Der Baukörper der schmucken und gut in die Landschaft integrierten Kapelle ist nach Süden gerichtet. Die sogenannte «linea sacra» (gegen Osten), wie sie die Pfarrkirche Triesenberg aufweist, wäre nur mit grösseren Erdbewegungen machbar gewesen. Der Bau entspricht dem Typus der Chorturmkirche, wie sie auch bei kleineren Gotteshäusern in der walserisch besiedelten Region um Davos anzutreffen ist. Die Triesenberger Walser gehören bekanntlich zur Davoser Gruppe und sind mit den Davosern und Prättigauern sprachverwandt. Ein Vorbildzusammenhang beim Kapellenbau kann jedoch nicht nachgewiesen werden. Das Schiff ist beinahe quadratisch. Daran schliesst sich, etwas eingezogen, im Erdgeschoss des Turms der Chor, der als ältester Bauteil der Kapelle anzusehen ist. Die Innenausstattung Die Kapelle war bis 1950 mit drei Altären, einem Hauptaltar und zwei Seitenaltären, ausgestattet. Der linke Seitenaltar enthielt das Theodulbild, das entnommen wurde und an der Nordwand einen Platz gefunden hat. Der frühere Hochaltar diente fortan als linker Seitenaltar. Das Fenster im Chor, das den heiligen Theodul als geistlichen und weltlichen Herrscher mit Bischofsstab und Schwert dar-
Nachdem die Pfarrkirche zur Verfügung stand, geriet die Kapelle auf Masescha mehr und mehr in Vergessenheit. Sie war Mitte des 19. Jahrhunderts dem Zerfall nahe. Pfarrer Simon Balzer ist es zu verdanken, dass 1854 eine umfassende Renovation durchgeführt wurde. Pfarrer Balzer war offenbar selber an den Schreiner- und Malerarbeiten beteiligt. Die letzte grosse Kapellenrenovation hat der langjährige Ortspfarrer, Prälat Engelbert Bucher, im Jahre 1950 in die Wege geleitet und mit grossem persönlichem Einsatz als Spendensammler finanziert. Zum Kirchlein wird von der Gemeinde aus grosse Sorge getragen. Seit der grossen Renovation sind verschiedene Reparaturen durchgeführt worden.
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Die kostbaren Fresken im Chor wurden 1950 freigelegt.
stellt und unten rechts den glockentragenden Teufel zeigt, stammt von August Wanner, St. Gallen. Der linke Seitenaltar (um 1620) zeigt die Muttergottes, begleitet von den heiligen Sebastian (links) und Rochus (rechts). Der linke Flügel zeigt Anna selbdritt und der rechte Maria Magdalena. Im Hauptbild des rechten Seitenaltars sieht man die Darstellung der Büsserin St. Magdalena. Bei den Kreuzwegbildern handelt es sich um kolorierte Kupferstiche um 1800. Interessant ist die 15. Station mit dem Bild der Kreuzauffindung. Die Originale wurden sicherheitshalber durch Kopien ersetzt. Kostbarer Kapellenschatz – die Fresken im Chor Besonders kostbar sind die Fresken im Chor. Bei der letzten grossen Renovation der Kapelle, die im Jahre 1950 unter der Leitung des St. Galler Architekten Hans Burkhard durchgeführt wurde, kamen nach sorgfältiger Abtragung des Innenputzes im Chorbereich grosse Partien von Fresken zum Vorschein, die aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts stammen dürften.
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Die kostbaren Fresken im Chor wurden 1950 freigelegt. Gut erhalten sind im oberen Bereich der Südwand des Chors rechts die Figur eines Königs mit Zepter und Reichsapfel, die den heiligen Luzius oder den heiligen Ludwig darstellt, und links die Frauenfigur, die vermutlich die heilige Barbara mit Kelch zeigen will. Die Figuren sind von zartem Rankenwerk umgeben. Das Tonnengewölbe stellt Christus dar, umrahmt von den vier Evangelisten in der Darstellung der Symbole: Mathäus - Mensch, Markus - Löwe, Lukas - Stier und Johannes - Adler, in runden Medaillons mit roter und grüner Umrahmung. An der westlichen Chorwand ist eine weibliche Gestalt mit Nimbus zu sehen. Die Figur steht dem Typus der Ährenmadonna, die gut in diese Zeit passt, nahe. Eine ehemals vollständige Ausmalung der Kapelle liess sich 1950 nicht mehr nachweisen. Interessant ist ein Vergleich mit den Fresken der Kapelle St. Mamertus in Triesen. Ähnlichkeiten in der Ausführung mit zarter Linienführung lassen, vorsichtig ausgedrückt, die Ausführung durch denselben Künstler oder seiner Werkstatt vermuten. Der heilige Theodul als Hauptpatron der Kapelle St. Theodul geniesst als Landespatron des Wallis, dem Stammland der Walser, durch die Jahrhunderte eine stets hohe Verehrung. Dass die Walser ihren Schutzpatron in die neue Heimat mitgenommen haben, kann kaum verwundern. St. Theodul ist der erste historisch verbürgte Bischof im Wallis. Er residierte in Oktodurum (Martigny). Im Jahre 381 nahm er an der Bischofssynode von Aquileia (Oberitalien) teil und bezeugte seine Anwesenheit mit der Unterschrift «Theodorus episcopus Oktodorensis». Das Theodulbild zeigt im Hintergrund die Kapelle. Als Modell für das Heiligenbild amtete ein Triesenberger. Das Gemälde wurde 1903 vom Wiener Maler Josef Reich geschaffen. Das Patrozinium wechselte durch die Jahrhunderte. Lange Zeit war die Kapelle eine Marienkapelle. In den Pestjahren von 1628 bis 1630 wurden die
Pestheiligen Sebastian und Rochus als Kapellenpatrone verehrt. Im Volksbewusstsein war sie jedoch stark als Theodulskapelle verankert. Seit 2005, als die Gemeinde Triesenberg das 650-Jahr-Jubiläum der ersten urkundlichen Erwähnung feierte, besteht definitiv Klarheit. Per bischöfliches Dekret hat Erzbischof Wolfgang Haas auf Ansuchen der Gemeinde die Kapelle zur Theodulskapelle erklärt. Das Dekret enthält folgenden Wortlaut: «Auf vielseitigen Wunsch hin legt der Erzbischof von Vaduz hiermit fest, dass die urkundlich erstmals 1465 erwähnte ‹Unser lieben Frauen-Kapelle auf Misöschen›, die im Verlaufe der späteren Jahrhunderte einige Um- und Neugestaltungen erfahren hat, nunmehr offiziell unter das Patrozinium des heiligen Bischofs Theodul, des Schutzpatrons des Walservolkes gestellt sein soll. Ein entsprechendes Zweitpatrozinium ist schon für das Jahr 1595 urkundlich verbürgt. Somit gelte jetzt und für die Zukunft, dass das Bergkirchlein auf Masescha in der Pfarrei der Gemeinde Triesenberg den Namen des grossen Walserpatrons trägt und das Patroziniumsfest jährlich am 16. August gefeiert wird. Dies gereiche den Gläubigen dieses Ortes und allen, die diese Kapelle besuchen, fortwährend zur Freude und zur Erbauung.» Die Theodullegende Um den Volksheiligen St. Theodul mit den Attributen Glocke und Teufel ranken sich verschiedene Legenden. Auf Masescha ist er neben den zwei Darstellungen in der Kapelle auch mit einer Station des Walser-Sagen-Wegs (Eröffnung 2007) vertreten. Die bekannteste Erzählung ist die Glockenlegende: «Von St. Theodul wird erzählt, dass ihm offenbar wurde, der Papst in Rom schwebe in Gefahr und sollte gewarnt werden. Vor dem Schlosse sah der Bischof drei Teufel tanzen. Mit dem Geschwindesten verabredete er, dass er ihm seine Seele verspreche, wenn er ihn nach Rom bringe und wieder zurücktrage. Im Nu war der Bischof in Rom und warnte den Papst zur rechten Zeit. Aus Dankbarkeit erhielt er eine Glocke als Geschenk. Der Teufel musste nun auch die Glocke aufladen und nach Sitten tragen. Der weisse Hahn des Bischofs, der als Wächter aufgestellt war, merkte die Ankunft vor dem schwarzen Hahn des Teufels und so hatte der Satan die Wette verloren. Darüber ergrimmte er
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so sehr, dass er die Glocke mit solcher Wucht zur Erde warf, sodass sie tief in den Boden einsank. Doch der Bischof rief: ‹Dona, dona liit!› Da kam die Glocke läutend wieder zum Vorschein und galt von da an als Theodulsglocke, die lange gegen Ungewitter Wunder tat.»
Das frühere Bild des linken Seitenaltars befindet sich seit der Renovation im Jahr 1950 an der Kapellennordwand.
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Bergkapelle St. Wendelin und Martin, Steg Bauzeit
Erwähnungen 1721, 1817, 1834 mit Langhaus, 1907 mit Turm
Pläne
Egon Rheinberger, Vaduz, 1907; Architekten Hans Rheinberger und Karl Gassner, Vaduz, 1957
Weihe
Letzte Weihe 1958
Renovationen
Grosse Renovationen 1834, 1907, 1957, 2015/16
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Kapelle Steg – ein Bauernkirchlein Das «Stägerchilchli» gilt als Wahrzeichen von Steg und ist in seiner Art einmalig. Eine Aussage von Kanonikus Anton Frommelt (1895–1975), dem bekannten Seelsorger, Politiker, Kunstmaler und Briefmarkengestalter, die wir im Buch «Die Briefmarken Liechtensteins» finden, charakterisiert das Kirchlein besonders treffend: «Das Kirchlein schaut her, als stünde es ein Jahrtausend dort, und passt in die Landschaft, als wäre es von selbst aus dem Boden gewachsen.» Ob früher als eigentliches Bauernkirchlein, heute als Kapelle für den Sonntagsgottesdienst, als langjährig beliebte Heiratskapelle oder einfach als landschaftlich bereicherndes Kleinod und Wahrzeichen von Steg, ist das Stägerchilchli ein Stück liebenswerte Heimat. Die Kapelle Steg ist den Bauernheiligen St. Wendelin und Martin geweiht.
Aus der Kapellengeschichte – Das Kirchlein noch ohne Turm Schon auf der Karte des J. J. Heber von 1721 ist die Bezeichnung «Beim Kirchlin» am heutigen Standort der Kapelle zu lesen. Der Kunsthistoriker Erwin Pöschel schloss daraus, dass sich dort bereits zu dieser Zeit eine Kapelle befunden habe. Prälat Engelbert Bucher, der anlässlich der Renovation im Jahre 1957 eine umfassende Arbeit über die Kapelle verfasst hatte, widerlegte diese Annahme. Vielmehr soll sich dort nach seinen Nachforschungen ein altes Bildstöcklein befunden haben, das 1817 von Johannes Schlegel zur Grösse des damaligen Kapellenchores erweitert worden sei. So konnte zur Not darin die hl. Messe gelesen werden. Um 1830 wurde die Kapelle von einem Sturm so stark verwüstet, dass sogar ein Abbruch in Erwägung gezogen wurde. Eine Wiederherstellung der Kapelle erfolgte erst 1834. Bei dieser Restaurierung soll auch das Langhaus erbaut worden sein.
Zur heutigen Form im Jahr 1907 Die heutige Form mit Rundturm und Vorhalle bekam die Kapelle nach einem grossen baulichen Eingriff 1906/07. Von Johann Baptist Büchel, damals Pfarrer von Triesen und bischöflicher Landesvikar, befindet sich im Pfarrarchiv eine aufschlussreiche Beschreibung über den Bauverlauf mit den Erweiterungsbauten. Der Landesvikar berichtet, dass die Kapelle in den Jahren 1906/07 dank den Bemühungen des eifrigen Herrn Ortspfarrers Matthäus Müller eine bedeutende und sehr wertvolle innere und äussere Restauration erfahren habe. Der Chorraum wurde zweckmässig erweitert, und es wurde eine solide und geräumige Vorhalle und ein festes, den Stürmen trotzendes, rundförmiges Türmchen erbaut. Den Plan dazu fertigte der Bildhauer und Architekt Egon Rheinberger in Vaduz unentgeltlich an. Rheinberger leitete auch die Ausführung. An die Kosten spendete Seine Durchlaucht der Landesfürst Johann II. in seiner gewohnten Freigiebigkeit 1800 Kronen.
Linke Seite: Die Stegkapelle zeigt sich nach der Renovation 2015/16 umgeben von leuchtenden Herbstfarben in neuem Glanz.
Rechts: Blick in das Kapellen- innere bis zur grossen Reno- vation 1957.
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Im Innern wurde die Kapelle ausgeweisst, der Altarstock neu gemauert, ein neues Altarbild (Maria mit dem Kinde und die heiligen Wendelin und Martinus darstellend) sowie zwei neue Statuen (St. Antonius und Sebastian) angeschafft. Das Gemälde von Maler Alphons Luger in Dornbirn ist das Geschenk eines Wohltäters.
Ausschnitt aus dem Theodulfenster auf der linken Seite im Chor von Ludwig Schnüriger.
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Wie die Kapelle eine Glocke bekam Dass die Kapelle zu dieser Zeit eine Glocke erhielt, ist dem Kunstmaler Hans Gantner (1853–1914) zu verdanken. Der akademische Maler Ing. Hans Gantner hielt sich gerne im Saminatal auf und war auch begeistert vom Kapellenumbau. Auf seine Anregung sollte die Kapelle unbedingt ein Glöcklein bekommen. Doch die Finanzierung war belastend und schwierig. Hans Gantner kam zu Hilfe, indem er einige seiner Gemälde verschenkte. Diese wurden verlost und brachten einen Ertrag von 500 Kronen ein. Die Glocke wurde bei der Firma Gebrüder Grassmayer in Feldkirch gegossen und
kostete 110 Gulden. Somit stand noch ein schöner Betrag für die Ausstattung der Kapelle zur Verfügung. Dritte Weihe durch Landesvikar Johann Baptist Büchel Am 7. Juli 1907 konnte die Kapelle zum dritten Male geweiht werden. Auch die Weihe des Glöckleins war ein besonderes Ereignis. Glockenpate war Gemeindevorsteher Johann Beck (1863–1923, Gasthaus Samina). Landesvikar Kanonikus Johann Baptist Büchel wurde vom Churer Bischof Johannes Fidelis Battaglia mit der Weihe der Kapelle beauftragt. Fidel de Florin, Pfarrer in Vaduz, Petrus Schmid, Pfarrer in Balzers, und Matthäus Müller, Pfarrer in Triesenberg, assistierten dem Landesvikar. Büchel schreibt auch, dass eine grosse Volksmenge, besonders von Triesenberg, bei der Weihe anwesend war. Die Glocke wurde dem hl. Wendelin, die Kapelle dem hl. Wendelin und dem hl. Martin geweiht. An der Feier beteiligten sich der Kirchenchor und die noch junge Musikkapelle der Pfarrei, die erst 1904 gegründet worden war. Böllerschüsse erdröhnten vom Kulm, und eine Prozession führte vom Kulm hinab zur Kapelle. Kapelle und Glocke heilig halten Bei der religiösen Unterweisung, die damals anlässlich der Einweihung nicht fehlen durfte, forderte der Landesvikar das Volk auf, Kapelle und Glocke heilig zu halten. Die Kapelle lade zur frommen Einkehr ein. Beim Ruf des Glöckleins möge der Englische Gruss gebetet werden. Das Volk und die Herden wurden dem Schutz des Allmächtigen, der Fürbitte der Heiligen Jungfrau und der Patrone Sankt Wendelin und Sankt Martin empfohlen, sodass sie von Pest und Unglück bewahrt bleiben. Wendelin ist der Bauernheilige, dessen Fest am 20. Oktober gefeiert wird. Das Fest des in der Kapelle mit der Martinsgans dargestellten Bischofs Martin wird am 11. November gefeiert. Anbau der Sakristei und neue Fenster Im Jahre 1938 bekam die Kapelle unter Pfarrer
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Ludwig Jenal (1892–1976) eine Sakristei. Früher wurden die Paramente in einem Kasten im Chor der Kapelle aufbewahrt. Der dezente Anbau auf der Südseite veränderte die Kapellenansicht nur wenig. 1949 hat Ludwig Schnüriger, der spätere langjährige Pfarrer von Vaduz, neue Fenster mit verschiedenen Heiligenfiguren gestaltet. Der Walserheilige Theodul ist auch in der Stegkapelle und damit in allen drei Bergkapellen vertreten. Die Kapellen tragen damit die deutliche Handschrift des bekannten Theodulliebhabers und Theodulforschers Prälat Engelbert Bucher, der sich mit besonderer Hingabe um die Kapellen bemühte. Die Renovation von 1957 Immer mehr drängte sich eine gründliche Renovation der Kapelle auf, die der damalige Ortspfarrer Engelbert Bucher zügig an die Hand nahm. Mit der Planung und Bauleitung wurden die Architekten Hans Rheinberger und Karl Gassner beauftragt. Die heutige Innenraumgestaltung verdankt die Kapelle diesem baulichen Eingriff im Jahre 1957. Ein Auszug aus dem Renovationsbericht der Architekten gibt uns Einblick in den Umfang der durchgeführten Arbeiten: «Die Renovationsarbeiten des vergangenen Sommers dienten in erster Linie der Erhaltung der Kapelle. So wurden die Dächer neu eingedeckt, und zwar mit handgespaltenen Schindeln, und dort, wo es notwendig war, die Fundamente unterfangen. Die Kapelle bekam innen und aussen einen neuen Putz, einen Boden aus Melserplatten, einem Steinmaterial, welches früher in unserer Gegend in guten Bauten gerne verwendet wurde. Ferner bekam das Kirchlein eine neue Holzdecke, die elektrische Beleuchtung sowie eine andere, bequemere Bestuhlung. Die baulichen Änderungen wurden auf ein Mindestmass beschränkt. Durch eine andere Ausführung der Stufen zum Chor – diese nehmen nun die ganze Breite des Raumes ein – konnte die Verbindung vom Schiff zum Chorraum günstiger gestaltet werden. Eine Verbreiterung der Mauerpfeiler zwischen Chor und Schiff dient der besseren Aufnahme der schönen alten Holzplastiken.»
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Blick in das Kapelleninnere nach der Renovation im Jahr 2016.
Dass die Architekten ihre Aufgabe besonders ernst genommen hatten, verdeutlicht folgende Bemerkung in ihrem Bericht: «Wenn es uns gelungen ist, jenen wahren und lichten Geist, welchen uns unsere Kapelle mitteilt, auch den kommenden Generationen zu erhalten, so haben wir unsere Aufgabe richtig gelöst. Dank der verständnisvollen Zusammenarbeit, vor allem mit H. H. Pfarrer Engelbert Bucher und Herrn Gemeindevorsteher Hans Gassner, ferner mit Herrn Karl Haaga und den beteiligten Handwerkern und Arbeitern, war es uns möglich, diese Aufgabe zu erfüllen.» Am 27. Oktober 1957 (Christkönigsfest) konnte im renovierten Kirchlein erstmals wieder Gottesdienst gefeiert werden. Die Einweihungsfeier mit dem damaligen Weihbischof und späteren Landesbischof Dr. Johannes Vonderach (1916–1994) fand jedoch erst am 22. Juni 1958 statt.
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Das Kapelleninnere Seit der grossen Renovation im Jahre 1957 wurden immer wieder kleinere und grössere Unterhaltsarbeiten vorgenommen. Eine grosse Aussenrenovation mit Neueindeckung erfolgte 1992. Ein Vierteljahrhundert später ist eine weitere gründliche Aussen- und Innenrenovation nötig geworden, die grossenteils im Herbst 2015 erfolgreich abgeschlossen werden konnte. So zeigt sich auch das Kapelleninnere seither wieder in neuem Glanz. Die Anordnung ist seit der grossen Umgestaltung im Jahr 1957 unverändert geblieben. Im Chor dominiert in der Altarnische das Bild von Rudolf Sagmeister (gemalt 1908) mit thronendem Christus zwischen den Titelheiligen Wendelin und Martin. Links und rechts des Gemäldes sind die beiden Schnitzfiguren Maria mit dem Kind und
St. Sebastian angebracht. Die Chorfenster von Ludwig Schnüriger zeigen links St. Theodul und rechts St. Sebastian. Vorne im Schiff stehen links die Statuen des heiligen Antonius und rechts jene des heiligen Rochus. Die von Ludwig Schnüriger geschaffenen Fenster sind den heiligen Magdalena, Rochus, Barbara und Bruder Klaus gewidmet. Die Namen der Stifterinnen und Stifter sind in den Fenstern vermerkt. Der Pestheilige Rochus ist zweimal dargestellt, im Chor und im Kirchenschiff. Das Bild an der Nordwand von Alphons Luger war das frühere Altarbild. Dargestellt sind oben Maria mit dem Jesuskind, rechts Sankt Martin im Bischofsornat, davor die Martinsgans, links Sankt Wendelin mit dem Hirtenstab und dem Schaf. Davor liegt die Krone in Erinnerung an Wendelins königliche Würde. Fridolin Tschugmell – der unermüdliche Stegpfarrer Einen regelmässigen Gottesdienst verdankt das Saminatal erst Pfarrer Ludwig Jenal, der von 1927 bis 1943 in Triesenberg wirkte. Ab 1937 gelang es ihm, Pfarr-Resignat Fridolin Tschugmell (1896–1981), der bis 1952 den weiten Weg von Triesen nach Steg nicht weniger als 643 Mal zurückgelegt hat, für die Alpenseelsorge zu gewinnen. Dieser mühsame Weg, der zum grössten Teil noch über den alten Tunnel führte, wurde von ihm meistens zu Fuss, gelegentlich mit dem Postauto, per Traktor, mit Skiern oder Schlitten bewältigt. Wer sich der Wetterlaunen im Gebirge bewusst ist, kann sich über die damit verbundenen Mühen eine Vorstellung machen. Diese grossartige Leistung ist am Triesenberg unvergessen geblieben und verdient eine besondere Würdigung.
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Gemälde von Alphons Luger an der Nordwand.
Der kunstvolle Holzschnitt von Eugen Verling zeigt den langjährigen Steg-Pfarrer Fridolin Tschugmell auf treffende Art.
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Friedenskapelle, Malbun Bauzeit
1950/51
Pläne Johannes Hugentobler, Appenzell Bauleitung
Architekten Hans Rheinberger und Karl Gassner, Vaduz
Weihe
15. August 1951
Ein gottgeweihtes Denkmal des Dankes und des Friedens Das jüngste und auch das höchstgelegene Triesenberger Gotteshaus ist die Friedenskapelle Malbun, die im Jahr 1951 fertiggestellt worden ist. Ihre Entstehungsgeschichte und die Ausstattung dieser schlichten Bergkapelle weisen berührende Besonderheiten auf. Auf der Gedenktafel über der Eingangstüre ist zu lesen: «Da der zweite Weltkrieg 1945 auf dem Boden Europas zu Ende ging und in seinem beinahe sechsjährigen Verlauf namenloses Elend über die Völker brachte, wurde beschlossen, diese Kapelle zu bauen.» Die Kapelle sollte ein gottgeweihtes Denkmal des Dankes und des Friedens sein und trägt den schönen Namen «Friedenskapelle».
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Entstehungsgeschichte Der Bau ist in hohem Masse dem Einsatz des langjährigen Triesenberger Pfarrers Engelbert Bucher (1913–2005) zu verdanken. Ab 1947, nach dem Bau des Tunnels Gnalp-Steg, begann sich Malbun touristisch stark zu entwickeln. Pfarrer Bucher war es wichtig, dass auch Kurgäste und Touristen seelsorglich betreut werden. Das Anliegen des initiativen Pfarrers, im Hochtal Malbun eine Bergkapelle zu bauen, stiess im ganzen Land auf Gehör, und seine Ideen und Geldsammlungen für den Kapellenneubau waren sehr erfolgreich. Ihm wurde gar am Einweihungsfest vom damaligen Vorsteher Hans Gassner in humorvoller Weise «bettelakrobatische Geschicklichkeit» attestiert. Auch Kaplan Anton Humm (1915–1996) half mit, wo er konnte. Viele Wohltäter, darunter auch Landesfürst Franz Josef II., zeigten sich grosszügig. Nach der Bewilligung durch die Fürstliche Regierung fand gar eine landesweite Kollekte statt. Erste Bemühungen zum Kapellenbau gab es schon 1945. Eine Baukommission wurde eingesetzt. Den
ausgeschriebenen Wettbewerb gewann 1947 der Appenzeller Architekt und Künstler Johannes Hugentobler. Dieser gab die Bauausführung unter der Bedingung, das grosse Rundfenster ausführen zu dürfen, an die Architekten Hans Rheinberger und Karl Gassner weiter. Doch erst im Juni 1950 erteilte die Fürstliche Regierung die Baubewilligung. Die Gemeinde Triesenberg stellte Boden und Bauholz zur Verfügung. Die Bauarbeiten gingen zügig voran, und am Feste Mariä Himmelfahrt, am 15. August 1951, im Jahr der grossen Lawinenkatastrophe im Malbun, konnte die schmucke Kapelle durch Bischof Christianus Caminada im Beisein des Durchlauchten Fürstenpaares Franz Josef II. und Gina von Liechtenstein eingeweiht werden. Das äussere Erscheinungsbild Der Bau besteht aus dem nördlich gelegenen Kapellenraum mit dem Rundfenster, dem darüber als Dachreiter ausgebildeten, offenen Kirchenturm mit Glocke und Kreuz, der südlich angebauten Sakristei mit Wohnraum für einen Gastpriester und der offenen, gegen Osten gelegenen Vorhalle. Die Glocke
Linke Seite: Wie eingegossen in die Gebirgslandschaft bildet die Friedenskapelle eine Einheit mit der Natur. Rechts: Der Innenraum der Friedenskapelle mit dem grossen Rundfenster, der Mosaikdarstellung des Sennen-Ave und dem Wandbehang mit dem hl. Bernhard.
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Rundfenster von Johannes Hugentobler, Appenzell.
stammt aus der ersten Triesenberger Pfarrkirche, die 1938 der neuen Pfarrkirche Platz machte. Die Kapelle ist mit Holzschindeln eingedeckt, und der mit dem Kreuz bekrönte Dachreiter ist mit Steinplatten versehen. Der Bau von Johannes Hugentobler fügt sich sehr passend in die Landschaft ein und verschmilzt, mit Steinen aus der Umgebung gemauert, geradezu mit dem Bergmassiv im Rücken. Kunstvolle Ausstattung des Innenraums Das Innere besticht durch die Schlichtheit und liegt unter einem offenen Dachstuhl. Das Schiff hat einen roten Klinkerboden, und der höher gelegene Chorraum hebt sich mit einem unregelmässig behauenen
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Steinboden ab. 1967 schuf der Bildhauer Gottfried Hilti aus Schaan den von der Wand etwas abgerückten Altar, der damit den Konzilsvorschriften entsprechen konnte. Die Friedenskapelle Malbun darf für sich in Anspruch nehmen, von namhaften Künstlern geschaffen und ausgestattet worden zu sein. Dem Chor zugewendet, zieht das prächtige Rundfenster, geschaffen vom Architekten Johannes Hugentobler, den Blick auf sich. Es stellt in leuchtenden Farben Maria, die thronende Himmelskönigin mit Kind, rechts den 1947 heiliggesprochenen Innerschweizer Heiligen Bruder Klaus in brauner
Kutte und links einen Engel dar. Das grosse, die Westwand zierende Rundfenster vermag mit seiner Leuchtkraft dem Raum Andachtsstimmung zu verleihen. Seit 1969 ziert ein farbiger Wandbehang der Firma A. W. Stadelmaier, Nijmegen, Niederlande, mit der Darstellung des St. Bernhard, des Patrons der Wanderer und Bergsteiger, die Kapellensüdwand. Anlässlich einer Jugendwallfahrt am 4. Mai 1969 wurde der Wandbehang vom Landesbischof Dr. Johannes Vonderach gesegnet. Der Ambo aus Holz ersetzt seit 2006 denjenigen aus Metall. Er ist der Schlichtheit des Raumes angepasst und ist das Geschenk eines Kapellenliebhabers. Das Sennen-Ave An der Kapellen-Nordwand zieht beim Eintritt in die Kapelle eine eindrückliche Darstellung des Betrufs «Sennen-Ave», ein riesengrosses Mosaikbild, geschaffen von Prof. Josef Seger, Mödling bei Wien, und handwerklich ausgeführt von Herrmann Bauch, Wien, unsere Blicke auf sich. Die imposante bildliche Darstellung des Abendgebets der Alphirten ziert beinahe die ganze Länge der Wand. Unter der Darstellung ist in der ganzen Länge ein Textband mit dem Sennen-Ave angebracht. Am 15. August 1962, am Feiertag Mariä Himmelfahrt, fand die feierliche Einweihung des Kunstwerks statt. Weihbischof Dr. Wilhelm Sedlmeier, der mehrmals seine Ferien in der Kapellenwohnung verbrachte und die Sonntagsgottesdienste feierte, war es vorbehalten, die Weihe vorzunehmen. Prof. Ernst Nigg, der erste «Malbunpfarrer», hielt die Festpredigt. Das Sennen-Ave von Josef Seger und das Rundfenster von Johannes Hugentobler sind sehr ausdrucksstarke Kapellenkunstwerke. Wegen des lange auf den Alpen gepflegten Brauchtums des Sennen-Aves und damit als besonders eindrückliches Zeichen des Glaubens verdient Segers Mosaikbild eine etwas ausführlichere Betrachtung: Früher wurde auf den Alpen mit dem Ave-Singen
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ein besonders schöner religiöser Bauch gepflegt. Jeden Abend rief der Alphirt die Heiligen um Schutz und Fürbitte an. Dieser Betruf, ein melodisch monotoner Gesang von grosser Eindringlichkeit und Ausdruckskraft, wurde beim Alpkreuz verrichtet und verbreitete Andachtsstimmung auf der Alpe. Er war das Abendgebet der Alphirten. Gott Vater wird angerufen, er soll unsern Ring und unsere Herde beschirmen. Mit diesem Ring ist gedanklich eine Abschrankung, ein Ausscheidungsring gemeint, um wilde Tiere oder unberufene Elemente fernzuhalten. Ähnlich sollte auch der Ton der Ave-Glocke akustisch einen Ring zwischen den Menschen und den höllischen Mächten legen. Soweit der Ton reiche, habe das Böse (oder der Böse) keine Macht. Dasselbe hielt man vom Alpsegen eines Sennen. Im Sinne einer Bannung wollte man die Alpe abgrenzen, um das Vieh vor Unglück «Ugfell» zu bewahren. Grosse Angst hatte man vor den Raubtieren. Unter «Wurm» versteht man den mit Volkssagen umrankten Drachen oder Lindwurm. Bezeichnend ist, dass nach St. Petrus
Wandbehang St. Bernhard, Patron der Wanderer und Bergsteiger, Einsegnung 1969.
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gleich der heilige Theodul, der Schutzpatron der Walser, angerufen wird. Die Heiligen Sebastian, Rochus und Cyprian werden besonders als Patrone gegen die Pest verehrt. St. Wendelin ist der Patron der Bauern und Hir-
ten. Schliesslich kommt noch St. Veith hinzu, ein Märtyrer aus Sizilien um das Jahr 300. Er zählt zu den vierzehn Nothelfern und wird mit dem Hahn dargestellt. Zum Abschluss des Betrufs wird darum gebetet, dass alles im Namen der Heiligsten Dreifaltigkeit geschehen soll.
Das Sennen-Ave im Wortlaut: Oho! Oho! Ave, Ave Maria! Gott Vater, der Schöpfer von Himmel und Erd, Beschirm unsern Ring, behüt unsre Herd! Unsre liebe Frau mit ihrem Kind Breite den Schutzmantel aus über Alp und Gesind! Sankt Petrus, du Wächter an der Himmelspfort, Schütz uns vor Raubtieren! Sei unser Hort! Bann dem Bären den Tatzen, dem Wolf den Fang, Verschliess dem Luchs den Zahn, dem Stein den Gang. Sperr der Leue die Bahn, dem Wurm den Schweif, Zertritt dem Raben den Schnabel, die Krallen dem Greif! Sankt Theodul, heiliger Schutzpatron, Bitt für uns bei Gott am Himmelsthron!
Sankt Sebastian, hör unser Bitten und Flehn, Lass kein Unglück zu Holz, noch zu Fels geschehn! Sankt Zyprian, Fürbitter in aller Not, Bewahr uns vor Unfall und jähem Tod! Sankt Wendelin, du Heiliger mit dem Hirtenstab, Recht wende und weise du unsre Hab! Lieber Sankt Veith, weck uns zur rechten Zeit! Behüt uns Gott in unserm Tal, Allhier und überall! Das geschehe im Namen der Heiligsten Dreifaltigkeit, in Gottes höchster Dreieinigkeit! Oho! Bhüat‘s Gott! Oho! Erhalt‘s Gott! Oho! Und walt‘s Gott!
Ausschnitt aus dem Mosaik «Das Sennen-Ave» von Prof. Josef Seger; von links nach rechts: die Heiligen Theodul, Sebastian, Zyprian, Wendelin und Veith.
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Kapelle im Pflegeheim St. Theodul Ort der Stille und Besinnung Wie die anderen Pflegeheime Liechtensteins, hat auch das Pflegeheim St. Theodul in Triesenberg eine Hauskapelle. Sie befindet sich im ersten Stock im nördlichen Teil des Wohnheims. Die Hauskapelle möchte den Bewohnerinnen und Bewohnern sowie ihren Angehörigen und Besuchern ermöglichen, regelmässig am Gottesdienst teilzunehmen.
Das Haus St. Theodul im Erweiterungsbau des Dorfzentrums konnte im Jahr 2011 bezogen werden. Die Hauskapelle ist sehr einfach ausgestattet. Vor einem roten Vorhang steht ein einfacher Altar mit Kreuzigungsgruppe. Die Ausführung des Raums in Holz vermitteln dem Raum eine angenehme Atmosphäre.
Die Hauskapelle ist aber auch ein Ort der Besinnung und Ruhe, an den man sich gerne zurückzieht.
Triesenberg | Josef Eberle
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Vaduz Klaus Biedermann
Pfarrkirche und Kathedrale St. Florin Bauzeit
1869–1873
Pläne
Friedrich von Schmidt, Wien
Ausführung
Ignaz Bankó, Wien und Vaduz
Weihe
5. Oktober 1873
Renovationen
1965/66 (innen), 1975/76 (aussen), 2010 (innen), 2013/14 (aussen)
Im Heiligkreuz gelegen Die Pfarrkirche und Kathedrale St. Florin befindet sich am nördlichen Ende der Vaduzer Flur «Heiligkreuz» östlich der Landstrasse. Das Gotteshaus steht leicht erhöht und ist nach Osten gerichtet. Die Kirche wird flankiert vom markanten, schlanken Westturm. Ein zweiarmiger Treppenaufgang auf der Westseite führt zum Hauptportal. Das unmittelbare Areal der Kirche ist zum Teil von einer niedrigen Ringmauer umschlossen. Notizen zum Bau und zur Geschichte Die Pfarrkirche St. Florin wurde in den Jahren 1869 bis 1872 errichtet. Sie ersetzte die aus dem Mittelalter stammende herrschaftliche Kapelle, die ebenfalls St. Florin geweiht war. Der heilige Florin soll im 7. Jahrhundert bei Matsch im Vinschgau geboren sein und in Ramosch im Unterengadin als Priester gewirkt haben. Eine Überlieferung besagt, der Heilige habe einer armen Frau Wein geschenkt, der für seinen Onkel bestimmt war. Florin schöpf-
Vaduz | Klaus Biedermann
te daraufhin Wasser für seinen Onkel. Doch als er das Wasser zu ihm brachte, habe sich dieses in Wein verwandelt. Deshalb wird der heilige Florin zumeist mit einem Kelch dargestellt. Obwohl die alte, 1872 abgebrochene Kapelle St. Florin im Kern bis ins 10. Jahrhundert zurückreichte, gehörte Vaduz seit jeher zur Pfarrei Schaan. In Vaduz wirkten ab dem Mittelalter Kapläne, die primär Messgottesdienste für die Landesherrschaft abhielten. Mehrere Landesherren wurden zudem in der St.-Florins-Kapelle bestattet. Daran erinnert der eindrückliche Totenschild des Freiherrn Sigmund II. von Brandis von 1507/08 aus der St.-Florins-Kapelle. Der Totenschild befindet sich heute im Liechtensteinischen Landesmuseum. Das kirchliche Leben der Vaduzer Dorfgemeinschaft war bis ins 19. Jahrhundert nach Schaan hin ausgerichtet. So fanden Taufen, Firmungen, Hochzeiten und Beerdigungen bis 1837 zumeist in Schaan statt. Ab diesem Zeitpunkt begann die schrittweise Loslösung. Für die seelsorgerischen Bedürfnisse von Vaduz war die alte St. FlorinsKapelle zu klein geworden. Mit der Einweihung der neuen Kirche wurde Vaduz schliesslich 1873 eine eigene Pfarrei. Durch die Errichtung des Erzbistums Vaduz 1997 wurde die Pfarrkirche in den Rang einer Bischofskirche (Kathedrale) erhoben. Die Vaduzer Pfarrkirche wurde nach Plänen des Wiener Dombaumeisters Friedrich von Schmidt errichtet. Als dessen architektonisches Hauptwerk gilt das Wiener Rathaus. Ausführender Architekt der neuen Kirche in Vaduz war Ignaz Bankó aus Wien, ein Schüler von Schmidts. Bankó kam 1869
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nach Vaduz. Der Rohbau des neuen Gotteshauses stand schon im Jahr 1870, in den Jahren 1871 bis 1873 folgte der Innenausbau. Am 5. Oktober 1873, dem Geburtstag von Fürst Johann II., folgte die feierliche Einweihung der Pfarrkirche. Die Kosten des Kirchenbaus beliefen sich auf 205 000 Gulden. Fürst Johann II. übernahm den Grossteil davon in Höhe von 164 000 Gulden. Die restlichen 41 000 Gulden übernahm die Gemeinde, die Kredite dafür aufnehmen musste. Für diesen Zweck musste die Gemeinde das alte Schulhaus und Teile des Inventars der alten St.-Florins-Kapelle verkaufen. In den Jahren 1965/66 folgte eine grosse Innenrenovation der Pfarrkirche, im Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils. Mehrere Ausstattungsstücke – so die Seitenaltäre, die Kanzel und die Kirchenfenster aus der Zeit um 1871 bis 1873 – verschwanden. Es wurde ein Volksaltar (Zelebrationsaltar) eingebaut, der Priester feiert seither die heilige Messe mit Blick zu den Gläubigen. An der Nordseite des Altarraums (Chors) wurde eine Kapelle angebaut, die zunächst als Taufkapelle diente. Die im Zuge dieser Innenrenovation vorgenommenen Veränderungen prägen seither das Kircheninnere. 1975/76 wurde das Äussere der Pfarrkirche renoviert. Dabei wurden die verwitterten und teils beschädigten Sandsteinskulpturen am Kirchturm durch Kopien ersetzt. Weitere Innenrenovationen folgten 1988 sowie insbesondere 2010. Das Äussere der Kirche wurde 2013/14 erneut saniert. Äusseres: Stil, Materialien, Turm, Glocken, Eingänge Die Vaduzer Pfarrkirche ist eine neugotische, dreischiffige Hallenkirche. Das schlichte Äussere ist mit Strebepfeilern versehen, zwei- und dreiteilige Masswerk-Fenster lassen Licht in den Innenraum. Das Gotteshaus ist aus Natursteinen erbaut, wobei 200 Arbeiter, vornehmlich aus Vaduz, beim Bau im Einsatz waren. Steine und Holz kamen mehrheit-
Innenraum von St. Florin mit Blick nach Osten.
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Wasserspeier, ursprünglich auf dem Turm von St. Florin.
lich aus der Gemeinde Vaduz, für die Strebepfeiler wurde Balzner Marmor verwendet. Die Dachstühle von Kirche und Turm wurden vom Vaduzer Zimmermann Andreas Schädler mitsamt Gesellen erstellt. Die fürstliche Ziegelei in Nendeln brannte die Ziegel für das Gewölbe sowie für die Dächer von Kirchenschiff und Chor. Die Dachziegel wurden 1965/66 durch Eternitplatten ersetzt. Der schlanke Glockenturm hat acht giebelartige Bekrönungen, darüber erhebt sich ein achteckiger Spitzhelm. Das Turmdach wurde mit Schieferplättchen gedeckt, die aus dem Ardennengebirge im belgisch-französischen Grenzgebiet stammen. Die gesamte Turmhöhe mit dem griechischen Kreuz als Abschluss beträgt 65 Meter. Der Turm ist mit Sandsteinfiguren geschmückt. Es handelt sich um Fialen sowie um Wasserspeier in Drachen- und Fabelgestalt, geschaffen vom Ragazer Baumeister Peter Locher sowie von Steinmetzen aus dem Tessin und aus Deutschland. Der Sandstein dafür kam aus verschiedenen Orten der Ostschweiz. Engelbert Ospelt aus Vaduz schuf 1975/76 die bereits erwähnten Kopien dieser Sandsteinfiguren, aus Schmerikoner Sandstein. Einige der Originalwasserspeier haben in der Umgebung rund um die Kirche einen neuen Platz erhalten. Die vier Glocken, von Fürst Johann II. 1872 gestiftet und von der Glockengiesserei Felix Grassmayr in Feldkirch gegossen, hängen auch heute noch im Kirchturm. Es sind dies die Johannesglocke mit
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2442 kg, die Muttergottesglocke mit 1288 kg, die Luziusglocke mit 734 kg sowie die Florinsglocke mit 302 kg. Ein elektrischer Glockenantrieb wurde 1931 eingerichtet. 1965 erweiterte man dieses vierstimmige Geläute um zwei Glocken, von der Glockengiesserei Emil Eschmann in Rickenbach, Sankt Gallen, gegossen: Herbert Batliner stiftete die Dreifaltigkeitsglocke, die 6190 kg wiegt. Die von Alois Sele gestiftete Schutzengelglocke hat ein Gewicht von 736 kg. Der alte Glockenstuhl aus Holz wurde durch einen Stahlträger ersetzt. Das Westportal als Haupteingang zur Kirche ist flankiert von zwei Fialen. Über der zweiflügeligen Türe befindet sich ein spitzbogiges, dreiteiliges Masswerkfenster, aussen geschmückt mit Blattwerk. Je ein weiterer, heute nicht mehr gebrauchter Eingang befindet sich im Erdgeschoss der beiden Treppentürmchen, die den Kirchturm flankieren. Bei der Innenrenovation von 1965/66 wurde neu je ein Seiteneingang geschaffen. Ein weiteres Eingangsportal zur Kirche befindet sich bei der Sakristei, südlich an den Chor angebaut. Über dieses Portal gelangt man auch hinauf zur fürstlichen Loge, die von oben einen Blick in den Kirchenraum gewährt. Charakterisierung und Beschreibung des Innenraums Durch das Hauptportal betritt man, den Kirchturm durchquerend, den Innenraum, mit Blick nach Osten. Das Mittelschiff der neugotischen Hallenkirche ist nur unmerklich höher als die Seitenschiffe. Das Gewölbe des vierjochigen Kirchenschiffs wird von vier Säulen aus gelblich rotem Marmor getragen, wobei jeweils Halbsäulen die westlichen und östlichen Abschlüsse bilden. Das Mittelschiff liegt unter einem Sternrippengewölbe, die Seitenschiffe schliessen nach oben mit einem Kreuzrippengewölbe. Der im Osten mehreckig abgeschlossene Chorraum, gegenüber dem Kirchenschiff um drei Stufen erhöht, liegt unter einem Sternrippengewölbe.
Die Schlusssteine der Gewölbe in Mittelschiff und Chor sind mit Symbolen für Jesus Christus verziert: über dem Hochaltar Christus als Pantokrator (Herrscher über das Weltall), über dem Volksaltar Christus als Lamm Gottes, im Kirchenschiff Pelikan, Löwe und Adler sowie über der Orgel ein Schlussstein mit einer Darstellung des Guten Hirten. Im Netzrippengewölbe unter der Orgelempore, welche im Kirchenschiff die ganze Breite und Länge des westlichen Jochs einnimmt, befindet sich ein Schlussstein mit dem fürstlichen Wappen. Die Gewölberippen ruhen auf Konsolen, die mit Blattornamenten und Blattmasken geschmückt sind. Zwei Konsolen als Gewölbeträger zeigen in Stein gehauene Porträts des Dombaumeisters Friedrich von Schmidt sowie des ausführenden Architekten Ignaz Bankó. Die «Kirchenampel» von 1873 zur Aufbewahrung des Ewigen Lichts hängt an der Decke des Chorraums. Die im Jahr 1884 an Wänden und Gewölben angebrachte dekorative Schablonenmalerei wurde bei der Innenrenovation von 1965/66 weggebürstet. Damals wurde auch die Fürstenloge auf der Südseite des Chors leicht zurückversetzt. Geblieben sind die steinernen Verzierungen an der Fürstenloge, mit Masswerk, Fialen, Spitzbogen und einer Kreuzblume. Inmitten des Spitzbogens ist als Relief das Vollwappen der fürstlichen Familie zu sehen. Unterhalb der Fürstenloge, direkt über dem Priestersitz, befindet sich ein Kreuz mit Darstellung des lehrenden Christus von 1967. Glasmalerei, Altäre, Statuen Die originalen Kirchenfenster von 1871/72, angefertigt in der Kunstanstalt von Albert Neuhauser, Innsbruck, wurden bei der Innenrenovation von 1965/66 durch neue, farbige Kirchenfenster ersetzt. Wenige Reste der alten Fenster sind erhalten geblieben, so über dem Aufgang zur Fürstenloge und bei den Treppentürmen auf der Westseite. Die Entwürfe für die neuen Kirchenfenster hatte der Vorarlberger Künstler Martin Häusle geliefert. Vor seinem unerwarteten Tod am Karsamstag 1966
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Detail eines Glasfensters im Chor: Jona im Bauch des Wals, gestaltet von Margarethe Häusle, 1966, nach Entwürfen ihres Vaters Martin Häusle.
konnte Martin Häusle nur einen kleinen Teil dieser Fenster selber ausführen, mit Sicherheit das Dreifaltigkeitssymbol im mittleren Chorfenster sowie die Fenster in der Seitenkapelle. Den Grossteil der neuen Kirchenfenster gestaltete die Tochter Margarethe Häusle, die konkrete Ausführung oblag der Tiroler Glasmalerei in Innsbruck. Das Fenster über dem Haupteingang zeigt den liegenden Mose, der vom brennenden Dornbusch überwältigt wurde. Der Hauptteil der neuen Kirchenfenster wurde jedoch für den Chor geschaffen, wobei die Glasfenster jeweils von unten nach oben «gelesen» und betrachtet werden sollen. Der langjährige Vaduzer Pfarrer Franz Näscher schreibt dazu: «Die gotischen Kirchen des Hohen Mittelalters wollten mit der Farbenglut ihrer Fenster das ‹aus Edelsteinen erbaute himmlische Jerusalem›
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(Offenbarung 21,9–21) schaffen. So ist der Chor zu einem farben- und formenreichen Querschnitt durch die Heilsgeschichte geworden, als Ort des undurchschaubaren Geheimnisses mit Absicht dunkler gehalten. Dagegen ist das Kirchenschiff eine lichte Halle; nur im Masswerk der Fenster deuten sich Symbole und Farben der Chorfenster an und bilden einen farbigen Rahmen um den ganzen Raum.»
Oben: Grosses Chorfenster an der Nordwand mit Darstellung des Weltgerichts, 1966 von Margarethe Häusle nach Entwürfen ihres Vaters Martin Häusle geschaffen. Rechte Seite oben: Büste des heiligen Florin in der Pfarrkirche, Kopie von 1982 nach dem Original aus der Zeit um 1520. Rechte Seite unten: Statue von Maria mit dem Jesuskind, um 1500.
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Das mittlere Chorfenster ist das sogenannte Schöpfungsfenster. Meerestiere sind an «unterster» Stelle zu sehen, darüber sind Wild- und Haustiere zu erkennen, noch weiter oben steht der Mensch in seiner Welt als Herr der Schöpfung. Über diesen Szenen leuchtet zuoberst das blaue Dreieck als Symbol der göttlichen Dreifaltigkeit, das nach allen Seiten hin ausstrahlt. Das rechte Chorfenster zeigt die Neuschöpfung der Welt in Christus. Unten rechts ist der Lobgesang der im Feuerofen stehenden Jünglinge zu sehen, wie ihn der Prophet Daniel überlieferte. Die weiteren Motive dieses Fensters deuten auf Christus hin. Links neben den erwähnten Jünglingen ist eine Darstellung von Jona im Bauch des Fisches zu erkennen, sozusagen als Vorausbild für die dreitägige Grabesruhe Christi. Das alttestamentliche Opfer des Melchisedek verweist auf die christliche Eucharistie. Durch das Zeichen Jesu an der Hochzeit zu Kana – die Weinvermehrung – offenbart Christus seine Macht, die Jünger kamen zum Glauben an ihn. Der Rebstock ist Symbol von Jesu Verbundenheit mit allen, die an ihn glauben. Das linke Chorfenster zeigt die Gefährdung der Schöpfung durch die Abkehr des Menschen von Gott. Links unten ist die Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies zu sehen. Oberhalb davon bringt die Sintflut den Gottlosen den Tod. Nach dieser Katastrophe dankt der gerechte Noah Gott. Er baut eine Arche, ein Schiff, und schliesst mit Gott einen Bund, der auch allen Tieren und Lebewesen der Erde gilt. Im oberen Teil sind Engel zu sehen, die Freude über einen einzigen Sünder zeigen, der bereut und umkehrt. Die Worte «sündigen» und «absondern» haben dieselbe Wurzel.
altar wurde 1873 von der Wiener Kunstwerkstätte Josef Leimer geschaffen. In den Nischen sind Statuen der vier Evangelisten zu sehen, in kleinerem Massstab befinden sich links sowie rechts Statuen des heiligen Florins beziehungsweise von Johannes dem Täufer. Den Tabernakel entwarf Johannes Hugentobler, dessen Herstellung erfolgte 1944. Nach Entwürfen des Bregenzer Bildhauers Emil Gehrer wurde um 1965 der Volksaltar geschaffen. Gehrer entwarf damals auch die neue Kanzel, den Ambo sowie die 14 neuen, kraftvollen Kreuzwegstationen. Über dem rechten Seitenaltar befindet sich eine ausdrucksstarke spätgotische Muttergottes-Sta-
Im zweiteiligen Seitenfenster an der Nordwand des Chors sind apokalyptische Bilder zu sehen. Das Wort «apokalyptisch» verweist auf die Endzeit. Apokalyptische Reiter bringen Krieg, Entbehrung und Tod über die Erde (unten). Zwei Engel giessen die Schalen des Zorns über der Erde aus. Dies wird als Vorzeichen dafür gedeutet, dass Christus wiederkommt, um die Welt zu richten. Gläubige Menschen werden jedoch gerettet. Symbolisch dafür steht der Prophet Elija, der mit einem Feuerwagen zum Himmel emporfährt. Abschliessend zeigt das dreiteilige Seitenfenster an der Nordwand des Chors das Weltgericht. Unten in der Mitte ist der göttliche Richter zu erkennen. Der Erzengel Michael hält die Waage. Verworfene taumeln in den Abgrund, die Seligen entschweben jubelnd ins himmlische Paradies. Alles, was der Mensch an Liebe und an Gutem in der Welt erfahren hat, wird im Himmel in das Unendliche gesteigert (Offenbarung 21,4). Die drei Fenster in der Seitenkapelle zeigen inhaltlich eine Kurzfassung der im Chor gezeigten Heilsgeschichte, die mit den Begriffen Schöpfung, Befreiung und Erlösung zusammengefasst werden kann. Es folgt nun eine Beschreibung der Altäre sowie von einzelnen Statuen: Der aus Nussholz erstellte Hoch-
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Oben: Blick auf die 1874 fertiggestellte Rheinberger-Orgel.
tue aus der Zeit um 1500, angefertigt in Bayern und 1965 aus dem Kunsthandel für die Vaduzer Pfarrkirche erworben. Auf diesem rechten Seitenaltar befindet sich auch ein Schrein mit einer Bibel, ein Geschenk der Evangelischen Kirche in Liechtenstein. An der Stelle des linken Seitenaltars befindet sich der Taufstein aus Marmor, oberhalb davon ist die Statue des thronenden Gottvaters angebracht, mit einer schwebenden Heiliggeisttaube. Die Gottvaterfigur stammt aus dem 17. Jahrhundert und wohl aus der alten St.-Florins-Kapelle. Ebenfalls bereits in der St.-Florins-Kapelle waren die barocken Statuen der heiligen Peter und Paul vorne im Chorraum. Eine Christkönigfigur in der Seitenkapelle befand sich ursprünglich in einem Vaduzer Bildstock. Insgesamt acht Figuren aus den 1965 entfernten neugotischen Seitenaltären sind an verschiedenen Orten im Kirchengebäude aufgestellt. Ferdinand Stuflesser aus St. Ulrich im Grödnertal (Südtirol) fertigte 1925 die eindrucksvolle Weihnachtskrippe für die Vaduzer Pfarrkirche an.
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Rechte Seite: Der Grabchristus aus dem 15. Jahrhundert ist in den Volksaltar eingebettet.
Weitere Einzelfiguren von Heiligen sind im Kirchenschiff zu finden. An den Säulen unterhalb der Empore ist je eine Statue des heiligen Christophorus aus der Zeit um 1500 sowie eine 1990 gestiftete Statue der heiligen Anna mit Maria und dem Jesuskind. Figuren des heiligen Antonis sowie des Apostels Judas Thaddäus stammen aus dem 17. beziehungsweise 18. Jahrhundert. Bemerkenswert ist das Reliquiar des heiligen Florins aus der Zeit um 1520. Seit 1982 befindet sich eine Kopie in der Pfarrkirche, die Originalbüste wurde als Dauerleihgabe an das Liechtensteinische Landesmuseum übergeben. Die um 1872/73 aus slawonischer Eiche angefertigten Kirchenbänke wurden bei der Renovation von 1965/66 umgebaut, in ihrer Grundsubstanz jedoch belassen. Im Jahr 2010 wurde an der Nordseite des
Chors ein Bischofsstuhl, die sogenannte «Kathedra», eingebaut. Eine Wiener Firma hatte 1965 die heutige Innenbeleuchtung angefertigt.
welches das Gehäuse trägt, wird von Engeln gestützt. In der Mitte ist das von zwei Engeln getragene fürstlich-liechtensteinische Wappen zu sehen.
Besondere Kunstwerke Als besondere Kunstwerke seien die Rheinberger-Orgel, die Grabchristus-Statue sowie zwei Bronzeplastiken beim Treppenaufgang hervorgehoben. Die Orgel der Pfarrkirche wurde 1872 bis 1874 nach Vorgaben des Komponisten Josef Gabriel Rheinberger von der Firma Steinmeyer & Co. in Oettingen, Bayern, gebaut. Sie war zu Beginn mit 3 Manualen und 33 Registern ausgestattet. Die Orgelbaufirma Kuhn in Männedorf, Zürich, erweiterte das Instrument 1947 auf 38 Register. Bei der Orgelrenovation von 1979 baute die Orgelbaufirma Mathis & Co. in Näfels, Glarus, 4 weitere Register ein. Von 2010 bis 2013 rekonstruierte die Orgelbaufirma Eule in Bautzen, Sachsen, den ursprünglichen Zustand der Steinmeyer-Orgel, was einem kompletten Neubau gleichkam. Dabei achtete man darauf, dass auch das Gehäuse originalgetreu wiederhergestellt wurde. Das neugotische Orgelgehäuse reicht bis unter das Gewölbe des Mittelschiffs. Das getreppte Gesims,
Der Grabchristus, eine spätgotische Schnitzfigur aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, wurde 1956 aus vorarlbergischem Privatbesitz für die Vaduzer Pfarrkirche erworben. Zunächst stand sie auf einer Steinplatte an der vordersten rechten Säule des Kirchenschiffs befestigt. 1966 kam sie an den heutigen Platz unter den Volksaltar und dient am Karfreitag als Heilig-Grab-Christus. Die Zuschreibung dieses bemerkenswerten Grabchristus an den steirischen Künstler Hans von Judenberg ist jedoch nicht gesichert.
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Wer über die zweiarmige Westtreppe zur Vaduzer Pfarrkirche hochsteigt, der bemerkt unten sogleich zwei ausdrucksstarke Bronzeplastiken, geschaffen 1961 vom Stanser Bildhauer Hans von Matt. In der linken Bogennische ist Maria mit dem neugeborenen Christuskind zu sehen, in der rechten Bogennische befindet sich eine Pietà: die leidende Muttergottes mit dem toten Christus.
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Kapelle St. Josef, Ebenholz Bauzeit
1930/31
Pläne
Johann Georg Willi, Chur
Ausführung
Ludwig Ospelt, Vaduz
Weihe
Juni 1931
Renovationen
1982, 2017/18
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Gesamtanblick, Örtlichkeit, Lage Die Kapelle St. Josef befindet sich in der Mitte des Ortsteils Ebenholz, in leicht ansteigendem Gelände am oberen Ende der St. Josefsgasse, die nach dem Kirchlein benannt ist. Das auch als Josefskirchlein bezeichnete Gotteshaus ist gegen Osten hin ausgerichtet. Direkt östlich der Kapelle führt die Fürst-Franz-Josef-Strasse leicht ansteigend in Richtung Oberdorf und Schloss Vaduz. Erst mit der Industrialisierung nach 1860 entstand der Ortsteil Ebenholz als Arbeiterwohnviertel. In der Nachbarschaft zur Kapelle wurden Arbeiterwohnhäuser gebaut, die zum Teil deutlich älter als die Kapelle sind. Die Kapelle mit ihren südlich angebauten Turm ist umgeben von kleinen Grünflächen und einem Vorplatz.
Geschichte: Anlass der Entstehung, Patron, Architekt, Renovationen Der Vaduzer Pfarrer Johann Georg Marxer plante ab 1925 den Bau einer kleinen Kirche im Vaduzer Ortsteil Ebenholz. Damit sollte es den Bewohnern der Quartiere Ebenholz und Mühleholz erleichtert werden, regelmässig einen Gottesdienst zu besuchen. Zumindest damals, als nur ganz wenige Familien ein Auto besassen und der öffentliche Verkehr sich erst langsam zu entwickeln begann, war es für diese Menschen ein weiter Weg bis in die Vaduzer Pfarrkirche. Zur Finanzierung dieses Kirchleins organisierte Pfarrer Marxer eine Gabenverlosung. 2200 Lose zu je 30 Rappen wurden verkauft. Dazu kamen viele weitere Spenden. Der Bau der Kapelle kostete insgesamt rund 45 000 Franken. Schliesslich konnte im August 1930 die Grundsteinlegung erfolgen, in Anwesenheit von Fürst Franz und Fürstin Elsa. Die Kirchweihe zu Ehren des Arbeiterpatrons, des heiligen Josefs, fand bereits im Juni 1931 statt. Architekt Johann Georg Willi aus Chur hatte die Baupläne für die Kapelle skizziert, die von Baumeister Ludwig Ospelt aus Vaduz umgesetzt wurden. Gründliche Renovationen der Kapelle fanden jeweils 1982 sowie 2017/18 statt. Nach der Renovation von 1982 wurde ein neuer Volksaltar geweiht. Bei der Renovation von 2017/18 wurde beim Hochaltar von 1931 die ursprüngliche Farbgebung in Weiss-Gold wieder hergestellt. Äusseres: Stil, Materialien, Eingänge, Turm, Glocken Die Kapelle St. Josef entspricht einem schlichten Landkirchentypus mit angebautem Turm, wie er zum Beispiel in Österreich mit Sakralbauten des Architekten Clemens Holzmeister vertreten ist. Das in Ziegeln errichtete Bauwerk ist weiss verputzt. Eine Treppe auf der Westseite führt über eine Vorhalle zum Kircheneingang. Von hier geht es in den Vorraum, von welchem aus sowohl Kirche wie Empore betreten werden können. Östlich des Kirchen-
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schiffs ist südlich an den Chorraum die Sakristei angebaut, durch eine Türe mit dem Chor verbunden. Westlich der Sakristei befindet sich, an das Kirchenschiff angebaut, der schlanke Turm. Die an der Westwand des Turmes liegende Türe führt geradeaus in die Sakristei. Auf diesem Weg befindet sich im Erdgeschoss des Turms eine weitere Türe, die zum Treppenhaus des Glockenturms führt. In der offenen Glockenstube des Turms hängen zwei Glocken. Zwei grosse, rundbogige Schallfenster ermöglichen einen freien Blick auf die Glocken. Diese wurden von privater Seite gespendet und im September 1934 geweiht. 1979 wurde das Geläute elektrifiziert. An der westlichen Aussenwand der Kapelle ist eine Gedenktafel angebracht, zur Erinnerung an den Pfarrer und Politiker Anton Frommelt, der hier zwischen 1933 und 1973 regelmässig die heilige Messe hielt. Charakterisierung und Beschreibung des Innenraums Der einschiffige Raum ist durch einen Rundbogen vom schmaleren Chorraum getrennt. Der rechteckige Chorraum schliesst nach oben mit einer gemauerten Decke. Die Orgelempore mit einer holzverkleideten Brüstung nimmt den Raum über dem Vorraum ein. Die grosse Holzdecke im Kirchenschiff wird auf beiden Seiten von einem Mauerteil getragen. Rechteckige, hohe Fenster lassen das Licht in den Innenraum. Das Fensterglas im Kirchenschiff zeigt rechteckige Flächen, die sich farblich differenzieren. Glasmalerei, Altäre, Kreuzwegstationen und weitere Ausstattung An der seitlichen Nordwand des Chors befindet sich ein rundbogiges Fenster mit einem farbigen Glasgemälde. Die Glasmalerei im neubarocken Stil zeigt die Muttergottes mit dem Jesuskind, dazu die Inschrift «Königin des Himmels, beschirme uns». Das Glasgemälde dürfte aus der Erbauungszeit von 1931 stammen. Ebenfalls aus dieser Zeit stammt
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Das Innere der Kapelle St. Josef, mit Blick nach Osten.
der in der Werkstatt von Theodor Schnell in Ravensburg hergestellte Hochaltar. In der Mitte befindet sich der Tabernakel, über dem ein Kreuz angebracht ist. Beide werden von einem sich darüber befindenden turm- respektive kuppelartigen Aufbau geschützt, der von Engeln getragen wird. Zwei weitere Engel flankieren den Altaraufbau. Dahinter erhebt sich ein dreiviertelrunder Strahlenkranz mit Engelsköpfen. Von Theodor Schnell stammen auch die Figuren der beiden ehemaligen Seitenaltäre, welche Maria mit dem Jesuskind sowie den Kirchenpatron Josef, ein Kirchenmodell haltend, zeigen. Diese beiden Statuen haben ebenfalls einen Strahlenkranz als Hintergrund. Der Hochaltar sowie diese beiden Figuren «atmen», so die Kunsthistorikerin Cornelia Herrmann, «den Geist des ausklingenden Jugendstils». Die ersten schlichten Kreuzwegstationen von 1939 wurden 1973 durch neue ersetzt. Diese wiederum ersetzte man 2016 durch die alten Kreuzwegstati-
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onen aus der Vaduzer Pfarrkirche. Letztere hatte der Wiener Kunstmaler Josef Mathias Trenkwald 1874 für St. Florin geschaffen. Diese in Öl auf Leinwand gemalten Kreuzwegstationen waren bei der Innenrenovation der Pfarrkirche von 1965/66 ersetzt und eingelagert worden. Bis zur Renovation von 2017/18 schmückten diese Kreuzwegstationen das Kircheninnere. Seither zieren neue Kreuzwegstationen den Innenraum, geschaffen in der Schnitzwerkstatt Stuflesser in Südtirol. Der Schreinermeister Christoph Frommelt aus Schaan hatte 1931 die Kirchenbänke für die Kapelle St. Josef geliefert. Ein auf der Empore stehendes Harmonium wurde 1981 durch eine Kleinorgel ersetzt, hergestellt von der Orgelbaufirma Metzler & Söhne in Dietikon, Zürich. Eine Statue des heiligen Antonius wurde 1975 für das St.-Josefs-Kirchlein angeschafft. Sie stammt aus der Firma Rickenbach in Einsiedeln, Schwyz und befindet sich hinten im Kirchenschiff, nahe beim Eingang.
Schlosskapelle St. Anna Bauzeit
Um 1500–1510
Einweihung
26. Juli (Weihetag, Fest der hl. Anna)
Renovationen
1905–1907, 1995
Die Kapelle St. Anna befindet sich im Erdgeschoss des Südtrakts von Schloss Vaduz. Sie ist nach Osten gerichtet und turmlos. Zur Geschichte Archäologische Grabungen von 1995 haben gezeigt, dass die Kapelle auf dem Grund eines ehemaligen Wirtschafts- und Speicherraums steht. Die Kapelle St. Anna wurde an dieser Stelle nach der Brandschatzung von Schloss Vaduz zur Zeit des Schwabenkriegs von 1499 errichtet. Wenige Jahre nach ihrer Fertigstellung wurde im Jahr 1511 die St.-Anna-Bruderschaft gestiftet. Als Weihetag der Kapelle gilt der 26. Juli, der Festtag der heiligen Anna, der Mutter von Maria. Renovationen der Kapelle erfolgten 1905 bis 1907 sowie 1995. Äusseres: Stil, Materialien, Eingänge Die spätgotische Kapelle ist in verputztem Bruchstein-Mauerwerk errichtet und hat einen rechteckigen Grundriss. Vom nördlich der Kapelle gelegenen Schlosshof aus führt ein spitzbogiger Eingang in den Innenraum. Zwei spitzbogige, von Tuffstein gerahmte Fenster lassen von Norden her Licht ins Kapelleninnere, auf der Südseite des Gotteshauses befindet sich ein weiteres Fenster. Vom ersten Obergeschoss des Kapellentrakts gelangt man von innen her ebenfalls in die Schlosskapelle, und zwar führt dieser Eingang auf die kleine Westempore.
Schlosshof mit Eingang zur Kapelle St. Anna.
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Das Innere der Kapelle St. Anna. Im Bild auf der rechten Seite der Flügelaltar aus der Zeit um 1504.
Schlichter Innenraum aus dem frühen 16. Jahrhundert Der Innenraum der Kapelle schliesst nach oben mit einem zweijochigen Kreuzgratgewölbe. Die Westempore mit ihrer steinernen Brüstung entspricht der Breite des Kapellenraums. Unter der Empore befindet sich eine kleine Sakristei. Der etwas erhöhte Chorbereich schliesst nach Osten mit einer Altarnische. Im Inneren der Nordwand wurde 1995 die originale Fensterrahmung aus dem frühen 16. Jahrhundert wieder freigelegt. Sie zeigt eine graue Quadermalerei. In der Mitte des Kapellenraums hängt ein am Gewölbe befestigter Leuchter.
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Spätgotischer Flügelaltar In der Altarnische im Osten der Kapelle befindet sich ein spätgotischer Flügelaltar aus der Zeit um 1504. Im hochrechteckigen Schrein befindet sich ein Vesperbild mit Maria, die ihren toten Sohn in den Armen hält. Diese Pietà steht vor einem Goldgrund mit Granatapfelmustern und einem schwarzen Kreuz. Der Schrein wird gekrönt von einem rundbogigen Baldachin, der mit geschnitztem Laubwerk gestaltet ist. Die Innenseiten der Altarflügel zeigen, ebenfalls unter verzierten Baldachinen, links die heilige Katharina von Siena sowie rechts die heilige Barbara. Diese figürlichen Reliefs werden dem Ulmer Bildschnitzer Niklaus Weck-
mann zugeschrieben. Auf den Innenseiten der Altarflügel stehen die Reliefs ebenfalls auf vergoldetem Grund, den möglicherweise die Malerwerkstatt des Meisters Ivo Strigel aus Memmingen geschaf-
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fen hat. Ist der Altar geschlossen, so werden die Aussenseiten der Altarflügel sichtbar. Auf diesen ist flügelübergreifend eine Darstellung vom Tod des Achatius und der Zehntausend Märtyrer von
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Armenien zu sehen. Achatius von Armenien war ein römischer Soldat und christlicher Märtyrer, der um das Jahr 140 auf dem Berg Ararat starb. Die Predella unterhalb des Altarschreins zeigt die Tötung der heiligen Ursula und der Elftausend Jungfrauen. Über dem Schrein erhebt sich die mit Fialen und Laubwerk geschmückte Altarbekrönung. Hier ist in der Mitte die Statue der Anna selbdritt (Anna mit Maria und Jesus) zu sehen, flankiert vom heiligen Sebastian (links) sowie vom heiligen Martin, der den Mantel mit einem Bedürftigen teilt (rechts). Dieser Hochaltar hat sich jedoch nicht immer in der Schlosskapelle befunden; denn in den Visitati-
onsakten von 1639/40 ist er nicht erwähnt. Damals soll sich auf dem Hauptaltar lediglich eine gemalte Tafel mit einer Pietà sowie der heiligen Anna befunden haben. Spätestens im 19. Jahrhundert kam jedoch dieser Flügelaltar in die Schlosskapelle. Zwei bemalte Tafeln, wohl von einem anderen Flügelaltar stammend, flankieren den Hochaltar. Diese datieren aus der Zeit um 1490 bis 1500 und sind vom Feldkircher Maler Hans Huber geschaffen worden. Einst sollen diese Tafeln zur Ausstattung der alten St.-Florins-Kapelle in Vaduz gehört haben. Die Innenseiten dieser Bildtafeln zeigen die
Um 1530–1540 geschaffene Wandmalereien umrahmen einen zweiten Zutritt zu St. Anna, der vom «Schönen Saal» aus in das Innere der Kapelle führt.
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heiligen Florin und Luzius (links) sowie Georg und Sebastian (rechts). Auf den Aussenseiten dieser Flügeltafeln sind die heiligen Katharina von Siena und Ursula zu sehen (links) sowie die Apostel Bartholomäus und Andreas (rechts). Hans Hubers Malstil ist charakterisiert durch untersetzte Figuren, volle Lippen und weit geöffnete Augen. Von der Spätgotik zur Renaissance Ein zweiter bemerkenswerter Altar in St. Anna auf Schloss Vaduz ist der Eligiusaltar. Dieser Altar im Übergangsstil von der Spätgotik zur Renaissance befindet sich auf der Empore der Schlosskapelle. Gemäss einer Inschrift auf der Predella wurde der Eligiusaltar im Jahr 1523 geschaffen und gestiftet. Die Inschrift lautet: «Du ewiger Got bis uns Sinder gnaedig und barmherzig / MDXXIII». Der auf der Emporenbrüstung verankerte Altar steht dort seitlich nahe der Südwand. Die den Altar tragende Steinplatte ist mit den Köpfen eines Mannes und eines Löwen verziert. Der rechteckige Mittelteil dieses Altars zeigt ein detailliert gestaltetes Flachrelief mit einer Darstellung aus dem Leben des heiligen Eligius: Der Patron der Gold- und Hufschmiede beschlägt auf einem Amboss den Huf eines Pferdes. Die Relieftafel ist bekrönt von einem halbkreisförmigen Muschelmotiv. Seetiere und Putti umrahmen diese halbrunde Bekrönung, die zudem von je einer Fiale flankiert wird. Die bemalten Altarflügel zeigen auf den Innenseiten den heiligen Georg (links) sowie den heiligen Wolfgang (rechts). Auf den Aussenseiten der Flügel sind Gemälde der Anna selbdritt sowie des heiligen Christophorus zu erkennen. Die ebenfalls gemalte Predella des Eligiusaltars zeigt zwei Engel, die das Schweisstuch der heiligen Veronika hochheben. Die Gemälde dieses Altars zeigen den Einfluss der sogenannten Donauschule, die gegen Ende des 15. Jahrhunderts zahlreiche sakrale Kunstwerke schuf. Zum Zeitpunkt der erwähnten Kirchenvisitation von 1639/40 befand sich der Eligiusaltar in der Schlosskapelle. Er wird in den entsprechenden Protokollen ausdrücklich erwähnt.
Vaduz | Klaus Biedermann
Auf der Empore der Schlosskapelle steht zudem eine grosse Figur des Erzengels Michael. Diese Statue aus dem 18. Jahrhundert stammt aus Oberitalien. An der Südwand der Kapelle befindet sich das geschnitzte Doppelwappen Sulz-Helfenstein, welches 1563 vom Grafen Alwig von Sulz und seiner Gemahlin Barbara von Helfenstein gestiftet worden war. Der Doppeladler oberhalb des Allianzwappens belegt das enge Dienstverhältnis zwischen den Grafen von Sulz und dem Haus HabsburgÖsterreich. Die Grafen von Sulz regierten das heutige Fürstentum Liechtenstein von 1510 bis 1613. An der Nordwand der Kapelle ist ein Epitaph angebracht, ein Grabdenkmal für Maria Anna Elisabeth Herbert, die Ehefrau des Landvogts Franz Michael Heinrich Gilm von Rosenegg. Die Frau starb 1781 im 13. Kindbett, das Denkmal stiftete die trauernde Familie des Landvogts. In der Südwand der Kapelle befindet sich ein farbiges spätgotisches Glasfenster aus dem 16. Jahrhundert. Das rechteckige Motiv zeigt eine Darstellung vom Tod der Muttergottes. Maria ist umgeben von den Aposteln. In der Mitte oben ist unter dem Spitzbogen in figürlich-gemalter Darstellung zu sehen, wie Gott die Seele von Maria zu sich aufnimmt.
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Evangelisch-lutherische Johannes-Kirche
Gesamtanblick, Örtlichkeit, Lage Die schlichte Kirche mit flachem Giebeldach sowie einem Dachreiter mit Spitzhelm liegt am westlichen Rand des Vaduzer Quartiers «Bartlegrosch», östlich der Schaanerstrasse.
Bauzeit 1947, 1956 nach Vaduz transloziert
Geschichte: Anlass der Entstehung, Renovation Das Gebiet des heutigen Fürstentums Liechtenstein ist in der Reformationszeit des 16. Jahrhunderts katholisch geblieben. Das entschied jedoch nicht die Bevölkerung, sondern das damals herrschende Grafengeschlecht der Sulzer. Im Zuge der Industrialisierung kamen um 1880 die ersten Evangelischen nach Liechtenstein. Erste evangelische Gottesdienste fanden in einem Privathaus in Triesen statt. Ab 1938 wurden evangelische Got-
Pläne
Chalet-Fabrik Eblinger, Schweiz
Weihe
16. Dezember 1956
Renovation
1983–1985
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tesdienste in Vaduz abgehalten, zunächst ebenfalls in einem Privathaus, dann im Rathaussaal sowie in der Aula der Realschule. Pfarrer Felix Troll gab den Anstoss zur Gründung einer Arbeitsgemeinschaft, aus der 1954 die «Evangelische Gemeinde auf lutherischer Grundlage» hervorging. Seit circa 1945 werden evangelische Verstorbene auf den Gemeindefriedhöfen Liechtensteins bestattet, zuvor waren diese Verstorbenen noch in benachbarten reformierten Schweizer Gemeinden beerdigt worden.
Die Einweihung der kleinen Kirche in Vaduz erfolgte am 16. Dezember 1956. Den spitzbehelmten Dachreiter stiftete 1957 die evangelisch-reformierte Kirchgemeinde von Zürich-Altstetten. An der Eingangsseite wurde 1962 ein kleiner, schützender Vorbau angebracht. Die Kirche trägt seit 1996 den Namen «Johannes-Kirche». Bereits 1983 bis 1985 waren eine Innenrenovation sowie eine Dachsanierung durchgeführt worden. Anstelle des kleinen Sakristeianbaus von 1956 wurde 1990 auf der Ostseite ein Gemeindesaal angebaut.
Die Schweizer Chalet-Fabrik Eblinger hatte 1947 eine Notkirche für den Raum Stuttgart konstruiert. Dieser Holzbau wurde 1956 nach Vaduz transloziert und hier im Bartlegrosch neu aufgebaut.
Unten: Das Innere der Johannes-Kirche mit Blick auf Orgel und Altar.
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Einfacher Holzbau mit Dachreiter Die Johannes-Kirche in Vaduz ist im Kern eine Holzkonstruktion, die auf einem Betonsockel ruht. Die Wände des Gotteshauses sind mit Eternitplatten verkleidet, das flache Giebeldach ist mit Kupferblech gedeckt. Der spitze, von einem Kreuz bekrönte Dachreiter ist ebenfalls mit einem Blechdach ausgestattet. Er trägt eine kleine Glocke. Der westliche Eingangsbereich zur Kirche wurde 1962 mit dem Einbau zweier neuer Türen in Eichenholz neu gestaltet. An der Nordostseite befindet sich der Eingang zum Gemeindesaal, von welchem aus ebenfalls eine Türe ins Kircheninnere führt.
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Halle mit offenem Dachstuhl Der in den Farben Grau und Weiss gehaltene Innenraum liegt unter einem offenen Dachstuhl. Eine Stabholzbrüstung trennt den erhöhten Altarraum vom übrigen Kirchenschiff mit seinen hölzernen Bankreihen. Der Kirchenraum ist ein schlichter Hallenbau. Auf beiden Seiten lassen rechteckige, in mehrere Sprossen aufgeteilte Fenster das Tageslicht in den Innenraum. Altar und weitere Ausstattung, Orgel Der Altarraum ist ausgestattet mit einem einfachen Altartisch sowie einem Lesepult aus Holz. An der
Linke Seite: Die Orgel der Johannes-Kirche stammt aus der Zeit um 1700.
Rückwand des Altarraums hängt ein Kruzifix, das 1967 vom bayerischen Bildhauer Erich Schiffner angefertigt wurde. Neben dem Kruzifix ist eine gemalte Inschrift zu lesen: «Das Wort vom Kreuz ist eine Gotteskraft». Ernst Schiffner schuf auch das Taufbecken in grob behauenem Holz mit Kupferschale. Auf den Namenspatron der Kirche verweist ein Holztafelbild aus dem 17. Jahrhundert eines unbekannten Meisters. Dieses Ölgemälde, eine private Schenkung von 1967, zeigt den heiligen Johannes den Täufer im Gefängnis. Ebenfalls eine Schenkung, und zwar von 1956, sind fünf Rund-Medaillons, die an den Seitenwänden des Innenraums hängen. Diese zeigen in Öl auf Holz fünf Szenen aus dem Neuen Testament: Mariä Verkündigung, Anbetung des Jesuskindes durch die Heiligen Drei Könige, Auferstehung und Himmelfahrt Christi sowie eine Pfingstszene mit Maria und den Aposteln. Die stilistisch elegante, indes stark nachgedunkelte Malerei verweist auf eine Entstehungszeit um 1700. Die rechteckig gerahmten Medaillons haben einen Umfang von jeweils 20 cm.
de 1955 aus Privatbesitz für die neue evangelisch-lutherische Kirche in Vaduz erworben. Die Orgel hat einen dreiteiligen Prospekt mit durchgehendem Kranzgebälk. Sowohl das Mittelfeld wie die seitlichen Flügel sind oben mit rot gefasstem Schnitzwerk verziert. Die Flügeltafeln sind mit figürlichen Darstellungen bemalt: links ist David mit der Harfe in einem bühnenartigen Raum zu sehen, rechts musizieren drei halbnackte Knaben auf einer Bühne unter einem Baldachin. Oben schliessen die Flügel mit je einem Schriftband, das durchgängig zu lesen ist: «Wenn die Orgel lieblich klinget soll das Hertze fröhlich singen / und gedenke an die Freud, die uns im Himmel ist bereit». Die Gehäusemalerei der Orgel wurde 1961 restauriert. Die Barockorgel der Johannes-Kirche in Vaduz ist eine Art Hausorgel, die aus dem Bodenseeraum stammen könnte. Ein vergleichbares Instrument aus der Zeit um 1700 ist im Liechtensteinischen Landesmuseum in Vaduz ausgestellt.
In der Nordostecke im Inneren der Kirche ist eine Orgel aus der Zeit um 1700 aufgestellt. Das kunsthistorisch bemerkenswerte Instrument wur-
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Evangelische Kirche in Vaduz-Ebenholz Bauzeit
1962/63
Pläne/Umsetzung
Franz Hasler, Vaduz
Weihe
24. März 1963
Renovation
2001
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Gesamtanblick, Örtlichkeit, Lage Die evangelische Kirche steht im Vaduzer Ortsteil «Ebenholz», am Waldrand, etwas oberhalb der Fürst-Franz-Josef-Strasse. Sie ist eine nach Norden ausgerichtete Hallenkirche mit einem Turm über dem Altarraum. Industriellenfamilie ermöglichte den Bau Bereits 1944 wurde in Vaduz der «Verein der Evangelischen» gegründet, welcher schliesslich zur heutigen «Evangelischen Kirche im Fürstentum Liechtenstein» führte. Anders als die evangelisch-lutherische Gemeinde, die sich primär in der Tradition des deutschen Reformators Martin Luther stehend sieht, betrachtet sich die Evangelische Kirche im Fürstentum Liechtenstein als gesamt-evangelische Gemeinde. Letzterer gehören
mehrheitlich Gläubige aus der Schweiz an, währenddem die lutherische Gemeinde sich tendenziell mehr aus Gläubigen mit deutschen und österreichischen Wurzeln zusammensetzt. Die Evangelische Kirche im Fürstentum Liechtenstein stellte mit Pfarrer Eugen Walter Pfenninger 1956 erstmals einen vollamtlichen Pfarrer an. Die Textilfabrik Jenny & Spoerry schenkte der Kirche 1958 ein Stück Boden, zumal die auch in Vaduz wirkende Industriellenfamilie Spoerry aus der Schweiz selbst evangelisch war. Dies ermöglichte den Bau der heutigen evangelischen Kirche im Ebenholz. Nach den Plänen des Vaduzer Architekten Franz Hasler wurde schliesslich 1962/63 dieses Gotteshaus realisiert. Pfenningers Nachfolger Christoph Möhl, evangelischer Pfarrer in Vaduz von 1961 bis 1981, weihte die Kirche am 24. März 1963 ein. Südöstlich der Kirche war zeitgleich
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auch ein Pfarrhaus errichtet worden. 1972 folgte hier der Anbau eines Gemeinschaftshauses, des «Treffpunkts». Um diesen Anbau finanziell stemmen zu können, verkaufte die Evangelische Kirche das Haus in Triesen, welches seit dem späten 19. Jahrhundert als erster Versammlungsraum der Evangelischen gedient hatte. Eine schlichte Holzkanzel aus Triesen befindet sich heute im Pfarrhaus. Im Jahr 2001 folgten eine Aussen- und Innenrenovation der evangelischen Kirche. Äusseres: Stil, Materialien, Eingänge, Glocken Der moderne Kirchenbau besteht im Kern aus Beton. Die Eingangsfassade sowie der Chorturm sind als Riegelwände mit Holzverschalung gestaltet. Die Belichtung der Kirche erfolgt durch rechteckige
Unten: Blick in den Innenraum.
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Linke Seite: Der in den Jahren 1965/66 gewobene Wandteppich zeigt die biblischen Visionen des Neuen Jerusalem.
Fenster. Auffallend ist das grosse, helle Chorfenster im Norden, das nach oben einen giebelartigen Abschluss hat. Der Turm schliesst nach oben mit einem markanten Kreuz. Eine breite, zweiflügelige Türe führt in den Innenraum der Kirche. Östlich des Kirchenschiffs ist eine Sakristei angebaut. Das dreistimmige Geläute stammt aus der alten Pfarrkirche in Schellenberg. Zwei Glocken wurden 1880 in der Glockengiesserei Grassmayr in Feldkirch gegossen: Die Herz-Jesu-Glocke mit 500 kg Gewicht sowie die Herz-Mariä-Glocke, welche 350 kg wiegt. Die dritte, jüngere Glocke – die Josef-Glocke mit 250 kg – wurde 1939 in der Glockengiesserei Hamm in Staad, St. Gallen, hergestellt. Diese Glocken gelangten nach Vaduz, nachdem in Schellenberg 1960 bis 1963 die heutige Pfarrkirche mit einem neuen Geläute errichtet worden war.
ler-Jucker gewebt wurde. Er zeigt, in Anlehnung an die Offenbarung des Evangelisten Johannes, die Visionen des Neuen Jerusalem. Die Firma Goll & Cie. erstellte 1964 die Orgel auf der Empore. Das moderne Instrument verfügt über einen sogenannten Freipfeifenprospekt. Eine weitere kleine Orgel, geschaffen 1992 von der Firma Orgelbau Tzschöckel in Althütte bei Stuttgart, befindet sich im Chorraum.
Charakterisierung und Beschreibung des Innenraums Das Kirchenschiff verfügt über eine durchgehende Lattendecke aus Naturholz. Der Chor ist etwas schmaler als das Kirchenschiff, er wird vom Grundriss des darüber sich erhebenden Turms bestimmt. Das grosse Chorfenster im Norden gibt den Blick auf die umliegende Natur frei. Die Orgelempore im Süden nimmt die gesamte Breite des Kirchenschiffs ein. Die Brüstung der Empore ist mit einer Brettverkleidung versehen. Schieferplatten aus der mittelfränkischen Gemeinde Solnhof in Bayern bilden den Fussboden der Kirche. Altar und weitere Ausstattung, Orgel Altar und Kanzel sind aus Holz erstellt. Auf der rechten Hälfte des grossen Chorfensters hängt, gleichsam schwebend, ein schlichtes Holzkreuz. An der Ostwand des Kirchenschiffs hängt ein Wandteppich, der 1965/66 von Marianne Tob-
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Friedhofskapelle St. Michael Südöstlich der Pfarrkirche St. Florin liegt das Vaduzer Friedhofsareal, auf welchem 1844 die erste Beerdigung stattfand. Die Friedhofskapelle liegt in Nord-Süd-Richtung etwa in der Mitte des Friedhofs, östlich an den Berghang angelehnt. Neugestaltung des Vaduzer Friedhofs Im Jahr 1962 begann eine Neugestaltung des Vaduzer Friedhofs, welche mit dem Bau der Friedhofskapelle St. Michael 1966 endete. Damit wurde in Vaduz ein würdevoller neuer Raum geschaffen, um Abschied von den Verstorbenen zu nehmen.
Rechts: Blick von Südosten auf die Friedhofskapelle St. Michael. Oben: Blattvergoldete Holzfigur des Erzengels Michael.
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Statue des Erzengels Michael Die Friedhofskapelle besteht aus zwei Teilen: einer offenen, überdachten Halle zur Verabschiedung der Verstorbenen links sowie einem Aufbahrungsraum rechts. Beide Teile sind durch eine Pforte sowie ein vergittertes Fenster miteinander verbunden. Halle und Aufbahrungsraum sind oben mit einem Giebeldach abgeschlossen, das mit Ziegeln gedeckt ist. An der östlichen Wand der Haupthalle befindet sich eine grosse, blattvergoldete Holzfigur des Erzengels Michael, 1964/65 geschaffen vom Bregenzer Künstler Emil Gehrer. Dieser schuf auch die Pietà, die im Aufbahrungsraum zu sehen ist. An den Aussenwänden der Friedhofskapelle sind mehrere Gedenk- und Grabsteine für verstorbene Geistliche und Pfarreiangehörige angebracht.
Kapelle im Haus St. Florin Die Kapelle im Betagtenwohnheim St. Florin in Vaduz liegt in der südöstlichen Ecke des Gesamtbaus. Sie ist nach Süden gerichtet. Vom Haupteingang auf der Nordseite des Wohnheims aus geht es geradeaus nach Süden, bis fast zum Gebäudeende. Dort ist auf der linken Seite der Eingang zur Kapelle zu finden. Von aussen weisen nur die hohen Fenster der Ostseite auf die Kapelle hin. Neubau im Jahr 2008 Zusammen mit dem Neubau wurde 2008 auch die Kapelle im Haus St. Florin neu errichtet. Sie konnte am 24. April 2009 eingeweiht werden. Beschreibung, Ausstattung Die Kapelle weist einen beinahe quadratischen Grundriss auf. Der Boden besteht aus Eichenparkett, die Decke aus Gipskartonplatten. Die Betonwände sind weiss gestrichen. Vier hochrechteckige
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Fenster lassen das Licht in den bestuhlten Kapellenraum. Der liechtensteinische Künstler Georg Malin schuf die farbigen Glasfenster, den Ambo, den Priestersitz, den Altar sowie das österliche Auferstehungskreuz. Die Glasfenster weisen unregelmässige, vertikal verlaufende Linien und Flächen auf. Peter Geiger schreibt dazu: «Diese (…) öffnen sich von Fenster zu Fenster weiter, symbolund zeichenhaft für Entwicklung, von schmal im Dunkel verborgenem Beginn über Erweiterung und Reifung bis zur Heiligkeit. Hier ist der Meditation Raum gegeben, im christlichen wie im allgemein philosophischen Sinn.» Auf der gegenüberliegenden Wand befindet sich eine russische Ikone aus Kasan, geschaffen um 1700. Diese Darstellung von Maria mit dem Jesuskind nimmt das Farbenspiel der Fenster verinnerlicht auf.
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Heilig-Kreuz-Kapelle im Landesspital Die Heilig-Kreuz-Kapelle im Landesspital in Vaduz befindet sich im dritten Stockwerk des Spitalgebäudes. Sie ist nach Osten gerichtet. Geschichte: Anlass der Entstehung Architekt Richard Wohlwend lieferte die Pläne für den Neubau von Spital und Kapelle. Die neue Kapelle im Landesspital wurde am 8. September 1981 eingeweiht. Beschreibung, Ausstattung Die Kapelle weist einen rechteckigen Grundriss auf. Weiss gestrichene Betonwände bilden die Gebäudehülle. Der Boden besteht aus Parkett, die flache Decke ist aus Holztäfer. Ein von der Form her einem Ofeneinbau ähnelnder Tabernakel befindet sich auf der Nordseite des Kapelleninnern. Hinter dem Zelebrationsaltar befindet sich eine Schnitzfigur des gekreuzigten Jesus (ohne Kreuz), geschaffen zu Beginn des 20. Jahrhunderts von einem unbe-
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kannten Künstler. Sie ist eine Stiftung von Stephanie Gerster und war ursprünglich in der Kapelle des Collegium Marianum. Die Schnitzfigur hat eine Höhe von 123 cm. Der Gekreuzigte wird flankiert von ebenfalls frei stehenden Holzfiguren des Apostels Johannes (links) sowie der Muttergottes (rechts), die jeweils 100 cm hoch sind. Diese beiden flankierenden Statuen wurden 1988 vom Bildhauer Ferdinand Prinoth aus St. Ulrich im Grödnertal (Südtirol) geschaffen. Die Schnitzfigur des Johannes ist von einem nicht genannten Spender gestiftet worden. Die Figur der Maria unter dem Kreuz stiftete die Familie Eduard und Gertrud Goop-Hasler. Direkt links vom Tabernakel ist eine weitere Muttergottes-Statue angebracht, noch weiter links hängt ein vom Liechtensteiner Künstler Ferdinand Nigg gestaltetes Bild mit einer Darstellung von Maria mit dem Jesuskind. An der rechten Wand der Kapelle ist ein Herz-Jesu-Bild angebracht.
Kapelle und spiritueller Kraftort Spinieu Örtlichkeit, Lage Spinieu ist vom Vaduzer Friedhof aus leicht zu erreichen. Der entsprechende Fussweg steigt entlang des Spaniabachs zuerst leicht an und biegt dann nach rechts ab. Über eine Holzbrücke, welche die Spaniarüfe quert, gelangt man sogleich zu diesem spirituellen Kraftort. Beschreibung Spinieu ist eine offene Betonschalenskulptur, die im Innern mit einer bunten Email-Malerei überrascht. Der liechtensteinische Künstler Martin Frommelt entwarf den Sakralbau, der 2005 in der Flur «Spania» realisiert wurde. Der Flurname basiert auf dem romanischen Wort «Spinieu», das einen «Ort mit Dornengebüsch» bezeichnet. Spinieu ist eine nicht konfessionelle Kapelle, die zu Stille und Besinnung einlädt.
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Schaan Cornelia Herrmann
Pfarrkirche St. Laurentius Bauzeit
1888–1893
Pläne
Architekt Gustav Ritter von Neumann, Wien
Bauaufsicht Landestechniker Peter Rheinberger, Vaduz Bauausführung
Baumeister Fidel Kröner, Altenstadt
Grundsteinlegung 19. Juli 1888 Erstweihe
5. Oktober 1893
Renovationen
1968–1978, 2003–2005, 2017
Ein weithin sichtbares Wahrzeichen Die Pfarrkirche St. Laurentius gilt als Wahrzeichen der Gemeinde Schaan. Das höchste Gotteshaus des Landes liegt in der Sichtachse der Benderer Strasse, annähernd in der Achse der Zollstrasse nach Buchs sowie in jener der Feldkircherstrasse, ist von dort aus mit seinem eleganten Kirchturm schon von der Ferne zu sehen. Die imposante Pfarrkirche setzte zur Erbauungszeit mit ihrer Grösse und ihrem Baustil einen ungewohnten Akzent im Dorfgefüge der kleinen ländlichen Gemeinde. Der gewählte Bauplatz in leicht erhöhter Lage auf 460 m ü. M. befand sich am Ende des 19. Jahrhunderts sozusagen im Grünen – zwischen zwei historischen Dorfteilen, dem Dorfteil Specki
Schaan | Cornelia Herrmann
mit der alten Kirche St. Laurentius und dem Friedhof sowie dem Dorfteil Obergass mit der Kapelle St. Peter. Ein gemeinsames Zentrum bildete sich im Laufe der folgenden Jahrzehnte im Bereich Landstrasse - Lindenplatz - Bahnhofstrasse, auf welche die zur Bauzeit der Pfarrkirche neu entstandene Kirchstrasse zuführt. Vom Bau der neuen Pfarrkirche, ihrer Vollendung und Neugestaltung Den ersten Anstoss für das Kirchenbauprojekt gab Kanonikus Anton Frick, Schaaner Bürger und Pfarrer von Eschen. Frick hatte 1868 testamentarisch einen Teil seiner Verlassenschaft dem Bau einer neuen Pfarrkirche in Schaan gewidmet. Das bischöfliche Ordinariat in Chur bestätigte 1886, drei Jahre nach Fricks Tod, dass die alte Pfarrkirche in allen Teilen baufällig und zu klein für die wachsende Bevölkerung der Gemeinde sei. Eine Reparatur könne bei den herrschenden schlechten Umständen nur teilweise Abhilfe leisten. Der Bau einer neuen Pfarrkirche sei darum dringend anzuraten und zu befürworten. Von einer finanziellen Hilfestellung sah man in Chur jedoch ab. In einer 1891 der Turmkugel beigegebenen Urkunde heisst es darum, dass der Kirchenbau «ohne Inanspruchnahme des baupflichtigen Churer Domkapitels, als Patrones genannter Pfarrkirche» ermöglicht worden sei. Mehr als 35 000 Gulden im Kirchenbaufonds stammten aus der Versteigerung der fürstlichen Alpe Sücka, die 1887 an die Gemeinde Triesenberg überging. Weitere Finanzhilfen des regierenden Fürsten Johann II. von Liechtenstein sollten folgen, wie für die Innenausmalung, den Ankauf einer Orgel und anderes mehr.
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Mit den Plänen für die neue Pfarrkirche beauftragte der Landesfürst den in seinen Diensten stehenden Wiener Architekten Gustav Ritter von Neumann, der später auch für die Entwürfe der Pfarrkirchen in Ruggell und Balzers verantwortlich zeichnete. Als Baumeister für die Schaaner Kirche wurde der Vorarlberger Fidel Kröner aus Altenstadt hinzugezogen. Der Neubau kam rund 200 Meter südlich der alten Pfarrkirche und des Friedhofs zu stehen. Am 19. Juli 1888 fand die Grundsteinlegung statt, und in den folgenden rund fünf Jahren wurde unter der Bauaufsicht des fürstlichen Landestechnikers Peter Rheinberger an der ersten architektonischen Schöpfung des Architekten Neumann auf liechtensteinischem Boden gearbeitet. Die Kreuzaufrichtung erfolgte im Jahr 1891 am 24. Juni, dem Namenstag des Landesfürsten Johann II., die Kirchweihe an dessen Geburtstag am 5. Oktober 1893. Der Kirchenneubau verursachte höhere Kosten, als ursprünglich angenommen. Die abschliessende Summe der Baukosten in Höhe von 125 600 Gulden entsprach mehr als dem Vierfachen der damaligen Steuereinnahmen der Gemeinde Schaan. Die nach Abzug der verschiedenen Subventionen verbliebene Schuld von 37 000 Gulden bedeutete für die Gemeinde eine über lange Zeit anhaltende finanzielle Belastung. Mit der zur Pfarrei Schaan gehörenden Gemeinde Planken wurde nach jahrelangen Diskussionen um die Kostenbeteiligung ein Kompromiss geschlossen. Der Schaaner Kirchenrat gab sich 1893 mit einer Ablösesumme für Hochaltar und Kanzel in Höhe von 1100 Gulden zufrieden. Die Innenausmalung durch den Wiener Maler Franz Renner war bis zur Kirchenweihe am 5. Oktober 1893 abgeschlossen, doch die Ausstattung bestand zu dieser Zeit nur aus dem Notwendigsten. Nachdem zunächst die Orgel aus der alten Pfarr-
Blick in das Innere zu Empore und Orgel.
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kirche zum Einsatz kommen musste, gelangte 1894 ein grösseres Orgelwerk der mährischen Orgelbauer Gebrüder Brauner als ein Geschenk des Landesfürsten Johann II. nach Schaan. 1895 lieferte Altarbauer Fidelis Rudhart aus Altenstadt einen Hochaltar. In den weiteren Jahren folgten unter anderem eine Turmuhr, Kreuzwegstationen, eine Kommunionbank und Seitenaltäre. Mit der Weihe der Seitenaltäre im Jahr 1911 darf von einem Abschluss der Innenausstattung, von einer Vollendung der Pfarrkirche auch im Innern ausgegangen werden.
Näfels eine beeindruckende Orgel mit einer hohen, grosszügigen Prospektgestaltung. Die 1978 abgeschlossenen Massnahmen erzielten im Kircheninnern einen Gesamteindruck, der von der Architektur der Neugotik und ihrem Kontrast zur modernen Formensprache der Ausstattung bestimmt war. Mit der Rückführung der historistischen Kreuzwegstationen an die Wände des Kirchenschiffs und mit der Wiederaufstellung der neugotischen Seitenaltäre in jüngerer Zeit erlangte die einstige originale Ausstattung eine neue Wertschätzung.
Zur Neugestaltung durch Eduard Ladner und Georg Malin In den 1960er-Jahren wurde eine umfassende Renovierung der Pfarrkirche immer dringlicher. Nach dem Abschluss von Massnahmen an Fassaden und Dächern im Jahr 1968 standen Renovierung und Umgestaltung des Innenraums an, um den Liturgiereformen des Zweiten Vatikanischen Konzils von 1962/1965 Rechnung zu tragen. Nach einem ergebnislos verlaufenen Projektwettbewerb erhielt 1972 der Schweizer Architekt Eduard Ladner aus Wildhaus den Direktauftrag. Ladner hatte rund zehn Jahre zuvor die moderne Pfarrkirche in Schellenberg entworfen, mit dieser vorausschauend den Liturgiewandel einbezogen und gestalterisch umgesetzt.
Ein Natursteinbau im neugotischen Stil Die im neugotischen Stil errichtete Pfarrkirche St. Laurentius erhebt sich als Natursteinbau über einem angedeuteten kreuzförmigen Grundriss mit einem Lang- und einem Querhaus. Die Dachfirste dieser Gebäudeteile tragen mit ihren unterschiedlichen Höhen zusammen mit einem kleinen Dachreiter zu einer bewegten Silhouette des Kirchengebäudes bei. Nähern wir uns der Kirche vom Lindenplatz, so präsentiert sich uns eine hohe Giebelfassade, in deren Mauerfläche an der Südwestecke ein eleganter Kirchturm unter einem spitzen Helmdach einbezogen ist. Die Höhe des Turms beträgt einschliesslich Turmkreuz rund 81 Meter. Im Glockenturm hängen sechs Glocken. Vier von ihnen stammen aus der Glockengiesserei Grassmayr in Feldkirch. Sie bildeten das Geläute von 1893. Die zwei jüngeren Glocken von der Glockengiesserei Emil Eschmann in Rickenbach kamen 1968 hinzu.
Die ursprüngliche Bausubstanz der Schaaner Pfarrkirche St. Laurentius behielt Architekt Ladner bei, den Innenraum aber organisierte er neu. In der ehemaligen Sakristei an der Südseite des Chors wurde eine Sakramentskapelle geschaffen, die Sakristei auf die gegenüberliegende Nordseite in einen als Totenkapelle errichteten Raum verlegt und im Kellergeschoss eine Untersakristei eingerichtet. Nachdem die historistische Ausstattung aus der Pfarrkirche entfernt worden war, galt es vor allem im Chorraum Altar, Ambo, Priestersitze, Taufbecken und anderes neu zu gestalten. Hierfür zeichnete der Maurer Bildhauer Georg Malin verantwortlich. Der Schaaner Künstler Martin Frommelt erhielt den Auftrag neuer Glasfenster in Teilen der Kirche. 1978 lieferte die Orgelbaufirma Manfred Mathis in
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Der Weg zum Kircheninnern führt über einen seitlichen Treppenaufgang zu einer Vorhalle mit Bogenöffnungen. An der Aussenfassade, unterhalb dieser Halle gelegen, erinnert ein Denkmal in Dreiviertelrelief an den 1929 verstorbenen, wohltätigen Landesfürsten Johann II. Der Schaaner Bildhauer Gottfried Hilti schuf das Relief und ein vorgelagertes Bassin im Auftrag der Gemeinde Schaan. Drei Gestalten mit gebeugten Knien tragen den Leichnam des Fürsten mit einer Bahre auf ihren Schultern. Die Hauptfiguren werden links und rechts von Vertretern der Landwirtschaft, des Handwerks und
Denkmal für Landesfürst Johann II. von Bildhauer Gottfried Hilti aus Schaan.
der Bildung flankiert. «Dem Vater des Volkes / dem Helfer der Armen / dem Freunde des Friedens / dem Hirten der Kunst / Fürst Johann dem Guten / 1840 - 1858 - 1929» heisst es in der Inschrift. Fürst Johann II. hatte Liechtenstein nur selten besucht, wurde aber aufgrund seiner Grosszügigkeit als liebevoller Landesvater gesehen, dem man den Beinamen «der Gute» gab. Im Rahmen eines feierlichen Aktes fand die Enthüllung des Denkmals am 24. Juli 1932 statt. Dreischiffige Halle, Kreuzrippengewölbe und spanischer Marmor Das Innere der Pfarrkirche St. Laurentius ist unterteilt in eine dreischiffige Halle mit Querschiff und einen daran anschliessenden, eingezogenen Chor. Die beiden räumlichen Abschlüsse des Querschiffs haben die Funktion von Seitenkapellen. Der Fussboden weist einen spanischen Marmor, Duquesa Rosada, aus der Zeit der Renovierung in den 1970er-Jahren auf. Chor und Mittelschiff sind von einem Kreuzrippengewölbe überspannt, das im Schiff von massiven Rundpfeilern getragen wird.
Schaan | Cornelia Herrmann
Die Wände des Kirchengebäudes gliedern Spitzbogenfenster, die sich im Chor über einer Wandzone mit holzverkleideten Wandnischen erheben. Die Fenstergestaltung dieser, wie auch der Fenster im Querschiff und in der Sakramentskapelle, führte der Schaaner Künstler Martin Frommelt in den Jahren 1977/78 aus. Frommelts Fenster von meditativer Gesamtwirkung setzen sich aus unregelmässigen, teils durchsichtig hellen, teils farb- intensiven Glasflächen zusammen. Mit Wörtern, kurze Sätze bildend, wird die Thematik, die Aussage der abstrakten, figurlosen Fenster zusammengefasst. «Ich bin der Weg / die Wahrheit / und das Leben» heisst es beispielsweise in einem der Fenster an der Südseite. Die Fenster im Kirchenschiff dagegen weisen florale und geometrische Muster auf. Sie wurden, wie auch das heute von der Orgel teils verdeckte, kreisrunde Fenster über der Emporenebene, 1891/1893 von der Glasmalerei Carl Geylings Erben in Wien ausgeführt. Das Rundfenster mit dem von Blatt- und Blumenreihen gerahmten Haupt Christi im Zentrum
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erinnert an eine mittelalterliche Fensterrosette, an eines der ältesten ornamentalen Schmuckelemente. Die Fenster wurden in der Zeit der Romanik und Gotik durch ein steinernes Masswerk, d. h. durch ein mit dem Zirkel gemessenes Bauornament aufgeteilt. Diese Unterteilung ergab sich nicht zuletzt aus der Verwendung kleiner Glasscheibenformate, die innerhalb dieses stützenden Steinwerks Flächen von teils beachtlichen Ausmassen bilden konnten. Im 19. Jahrhundert waren grosse Fenster und die
Produktion von grösseren Glasflächen technisch möglich, es bedurfte keines Masswerks mehr, stattdessen wird das Glas unabhängig von Glas- oder Motivrändern durch Bleiruten gehalten – wie am Beispiel der Rundfensters an der Eingangsfassade der Pfarrkirche St. Laurentius zu sehen ist. Durch die Fensteröffnungen flutet das Licht in das Kircheninnere, sich wandelnd, in dem es die farbigen Gläser unterschiedlich aufglühen lässt. Zur Ausstattung aus verschiedenen Zeiten Das Mittelschiff der Pfarrkirche wird durch eine variable Bestuhlung und einen Mittelgang in zwei Hälften geteilt. Zunächst muss die monumentale Orgel umschritten werden, bevor uns der zentral ausgerichtete Weg zum Altarraum führt. Dieser reicht seit den Massnahmen der 1970er-Jahre in die Vierung hinein und bietet leicht erhöht Platz für den modernen Altartisch aus massivem Eichenholz, versehen mit einer achteckigen Mensa. Ein bronzenes Taufbecken, ein Osterleuchter aus polierter Bronze und ein Vortragekreuz bilden gestalterisch eine moderne Einheit. Sie stammen, wie der Altartisch und der Tabernakel aus polierter Bronze, vom Maurer Künstler Georg Malin. Der Tabernakel mit einer abstrakten Reliefdarstellung des «Himmlischen Jerusalem» auf der Kassettentür wurde in einem Mauerdurchbruch vom Chorraum zur Sakramentskapelle angebracht, ist somit von beiden Seiten zu sehen und zu benützen. Einen Kontrast zu den sakralen Objekten jüngerer Zeit stellen beispielsweise die historistischen Kreuzwegstationen des Kunstmalers Josef Mairle an Nord- und Südwand des Kirchenschiffs dar. Sie wurden 1899 von München-Schwabing nach Schaan geliefert. Nach ihrer vorübergehenden Entfernung im Zuge einer umfassenden Kirchenrenovierung in den 1970er-Jahren gelangten sie in jüngerer Zeit zurück in die Pfarrkirche St. Laurentius. Auch die während dieser Umgestaltungspha-
Blick in das Innere zum Chor.
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Haupt Christi mit Blatt- und Blumenranken, Rundfenster der Glasmalerei Carl Geylings Erben, Wien.
se zerlegten und deponierten historistischen Seitenaltäre vom Beginn des 20. Jahrhunderts stehen heute wieder in der Pfarrkirche. Der Herz-Jesu-Altar und der Marienaltar wurden 2018 nach einer umfassenden Restaurierung und einer Zusammenführung von Einzelfiguren und Altararchitektur in den Seitenkapellen platziert. Teile des Altarrepertoires waren bis dahin als Einzelobjekte an den Wänden der Pfarrkirche angebracht. Zu den heute im Kircheninnern verteilten weiteren Figuren gehören auch jene aus der alten Pfarrkirche
Schaan | Cornelia Herrmann
St. Laurentius, wie ein Kruzifix des 17. Jahrhunderts, das seinen Platz im Altarraum einnimmt. Nach dem Abbruch des alten Sakralbaus stand es über Jahrzehnte als Wegkreuz an der Kreuzung Landstrasse - Eschnerstrasse. Figuren verschiedenster Stilepochen zeugen vom Los beweglicher Kulturgüter, die geschichts- und situationsbedingt bei Kirchenneubauten oder -renovierungen, bei geänderten Bedürfnissen und Prioritätensetzungen der Verantwortlichen eine Aufstellung an neuen Standorten finden und finden werden.
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Turm der alten Pfarrkirche St. Laurentius Der Turm der alten Pfarrkirche St. Laurentius steht im westlichen Teil des Schaaner Friedhofs an der Feldkircher Strasse / Ecke Duxgass. Er dient als Glockenturm, in dem die am 1. November 1970 geweihte Auferstehungsglocke mit dem Schlagton C aus der Glockengiesserei Eschmann, Rickenbach-Wil, geläutet wird. «Ich rufe euch, ihr werdet auferstehen», lautet die umlaufende Inschrift im oberen Teil der Glockenwandung. Nach mehreren Renovierungen und Sanierungen der alten, von Baufälligkeit und beengten Raumverhältnissen gezeichneten Pfarrkirche war ab 1888 auf einem südlich gelegenen Standort die neue Pfarrkirche St. Laurentius erbaut worden. Das alte Gotteshaus hatte ausgedient und wurde mit Ausnahme des Turms im Jahr 1900 abgebrochen.
Die Bauweise des Turms lässt vermuten, dass bereits um 1100, mindestens im 12. Jahrhundert wesentliche Teile der Kirche bestanden haben dürften. Schriftlich bezeugt ist eine erste Kirche in Schaan in einem Ablassbrief von 1300. Für das Ende des 14. Jahrhunderts ist bekannt, dass sich das Gotteshaus im Besitz der Grafen von Montfort befand und von diesen dem Domkapitel von Chur geschenkt wurde. Mit dem Abbruch der alten Kirche gingen wertvolle Kunstgegenstände verloren bzw. wanderten ab. Einige blieben unter glücklichen Umständen in Museen erhalten, wie beispielsweise ein Palmesel in Zürich, eine Monstranz in Bregenz und ein Wandteppich in Basel, wie auch diverse Skulpturen im Liechtensteinischen Landesmuseum in Vaduz. Der mit einem Zeltdach versehene Turm präsentiert sich als verputzter, fünfgeschossiger Viereckbau aus grob behauenen Bruchsteinen, die im Erdgeschoss zu einer durchschnittlichen Mauerstärke von 1,30 Meter verbaut wurden. Hier befinden sich drei rundbogige Pforten, von denen die östliche vermauert ist und die nördliche den Zugang zum Turm ermöglicht. Die heute nördliche Aussenwand bildete einst die Innenwand zum Kirchenschiff, die mit Wandmalereien einer Passionsdarstellung verziert war. Diese Malereien gingen spätestens mit dem Abschlagen des Verputzes im Jahr 1970 vollends verloren. In der Laibung der westlichen Pforte haben drei Epitaphien für Schaaner Seelsorger aus dem 18. und der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ihren Platz. In den weiteren Geschossen sind diverse schmale Fenster und Lichtscharten zu sehen, im Glockengeschoss die Arkadenbögen der Schallöffnungen. Im Innern ist der Turm heute durch Holzdecken und eingeschobene Holztreppen neuerer Zeitstellung erschlossen.
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Friedhofskapelle St. Johannes Die Kapelle steht auf dem Areal des ummauerten Friedhofs der Gemeinde Schaan und bildet dort zusammen mit dem Turm der alten Pfarrkirche eine historische Gebäudegruppe. Die Pläne für die Friedhofskapelle fertigte 1934 der deutsche Architekt Erwin Hinderer, der sich mit einem Architektur- und Planungsbüro in Schaan etabliert hatte. Die Gebiete Resch und Dux wurden ab 1930 nach Hinderers Idee für den Bau von Villen erschlossen und hier in sonniger Hanglage die «Villenkolonie Schaan» gebaut. Den rechteckigen, von einem schlichten Kreuz überhöhten Baukörper mit einer Stufenanlage prägt eine nach Westen, Süden und Norden offene Vorhalle mit hohen Rundbogenöffnungen und einem mittigen, von zwei ovalen Tuffsteinsäulen getragenen Hauptdurchgang mit geradem Abschluss. Die Wandfläche über dem zentralen Durchgang war bis in die 1950er-Jahre wohl unverziert. Hier verewigte sich im Jahr 1952 der damalige Schaaner Hofkaplan Ludwig Schnüriger mit einer farbigen Wandmalerei. Schnüriger hatte sich in den Jahren zuvor berufsbegleitend in den
Schaan | Cornelia Herrmann
Ateliers verschiedener Künstler, wie bei Johannes Hugentobler, künstlerisch geschult. In der für ihn typischen Manier, plakativ, streng in Geometrie und Symmetrie, gestaltete Schnüriger die Frontseite der Vorhalle mit dem thronenden Christus als Weltenrichter in der Mitte, flankiert von je einem Fürbitter in Begleitung eines Engels. Der an die Vorhalle anschliessende Aufbahrungsraum wird an der Rückwand von einem Fenster belichtet, in dem der Maler und Glasmaler August Wanner aus St. Gallen den Hinterbliebenen zum Trost den aus dem Grab auferstehenden Christus zur Anschauung gebracht hat. Im Inneren der Friedhofskapelle und an ihren Aussenseiten wurden Epitaphien des 18. und 19. Jahrhunderts angebracht. Solche Gedächtnismale für die Verstorbenen wurden nicht an der Begräbnisstätte selbst, sondern im Kirchenraum oder an der Kirche aufgehängt, unterscheiden sich dadurch vom eigentlichen Grabmal. Die wohl mehrheitlich aus oder von der alten Pfarrkirche St. Laurentius stammenden Epitaphien erinnern mit Inschriften und Symbolen an einst in Schaan tätige Pfarrer und Hofkapläne.
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Kapelle St. Peter Bauzeit
5. Jh., mit späteren Erweiterungen
Pläne
1961/1963 Hans Rheinberger, Vaduz (Umbau)
Renovationen
1849, 1915/1919, 1961/1963,
1995 u. a.
Spuren der Christianisierung in Liechtenstein Die Kapelle St. Peter steht nahe der Landstrasse am unteren Teil der ansteigenden Obergass, in einer vor allem zu Zeiten des Berufsverkehrs vom Strassenlärm nicht verschonten Umgebung. Das Kapelleninnere aber präsentiert sich als ein besinnlicher und stimmungsvoller Ort, der vor allem für Gottesdienste in italienischer und spanischer Sprache genutzt wird. Die von aussen auf den ersten Blick modern anmutende Kapelle reicht in ihren Ursprüngen, mit einem Vorgängerbau, weit in die Geschichte des Landes zurück. Sie zählt zu den ältesten Zeugnissen des Christentums in Schaan und in der Region. Das kirchliche Leben im Churer Rheintal hatte Ende des 4. Jahrhunderts mit einer von Oberitalien
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bzw. von Chur ausgehenden Christianisierung der romanischen Bevölkerung in der römischen Provinz Raetia begonnen. Der Urbau von St. Peter wurde im 5. Jahrhundert auf und innerhalb der Mauern eines spätrömischen Kastells errichtet, das mit dem Rückzug der römischen Truppen über die Alpen aufgegeben worden war. Vom Kastell sind Teile der massiven Fundamente der Aussenmauern sichtbar, weitere Teile der Innenbebauung des Kastells und die frühen kirchlichen Anlagen befinden sich unterhalb des heutigen Kapellenbodens. Zum ersten archäologisch fassbaren Kirchenbau gehört ein Baptisterium, ein Taufraum, in dem die Fundamentmauern eines Taufbeckens mit einem Durchmesser von mehr als einem Meter entdeckt wurden. Die Errichtung des Baptisteriums und die kontinuierlichen, beigabenlosen Bestattungen auf benachbarten Arealen lassen annehmen, dass hier die romanisierte und christianisierte Bevölkerung von Schaan siedelte. Im Zuge einer Einwanderungswelle der Alamannen bildete sich ein zweiter Dorfkern im heutigen Gebiet Specki. Hinweise auf die Besiedlung liefern archäologisch erforschte Gräberfelder, deren reiche Grabbeigaben auf Bestattete aus dem alamannischen Kulturkreis im 6./7. Jahrhundert schliessen lassen. Aus dem südlichen, romanischen Dorfteil St. Peter wurde im Mittelalter die Genossenschaft Guschg, aus dem nördlichen, alamannischen Dorfteil St. Laurentius nahe der Specki die Genossenschaft Gritsch. Diese genossenschaftliche Teilung blieb bis heute erhalten. Zur weiteren Geschichte Im 9./10. Jahrhundert erfolgten Umbau und Erweiterung der kleinen Saalkirche. Ihr Titel ist bis dahin und auch für die weiteren zwei bis drei Jahrhunderte nicht bezeugt. Eine «ecclesia St. Petri» wird erstmals in einem Ablassbrief von 1298 erwähnt, im Jahr 1300 ist sie als Kapelle aufgeführt, wird damit von der Kirche St. Laurentius unterschieden. Hatte St. Peter einst den Status einer Pfarrkirche
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und zu dieser Zeit die bisherigen Pfarrrechte verloren? Wir wissen es nicht. Das heutige Kapellengebäude stammt mit seinem Baubestand aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Die Laibung des Fensters an der Südwand trägt die Inschrift «1488», die auf den Abschluss der Baumassnahmen dieser Zeit unter den regierenden Freiherren von Brandis hindeuten könnte. Zunächst wurde das Kapellenschiff neu erbaut, in einer zweiten Bauetappe der bestehende Chorraum durch den heutigen gotischen Chor ersetzt, das Innere als krönender Abschluss mit Wandmalereien verziert. Die folgenden Jahrhunderte scheinen für die Kapelle St. Peter, abgesehen von bischöflichen Visitationen, kleineren Sanierungen und der Anschaffung einer Uhr, ohne nennenswerte Ereignisse verlaufen zu sein. In Ermangelung schriftlicher Quellen bleibt vieles im Dunkeln. Der Schaaner Pfarrer weist 1792 in einem Schreiben an den Bischof von Chur auf verfallene Fens-
Chorraum mit spätgotischem Netzgewölbe und neugotischer Wandmalerei.
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ter, ein undichtes Dach und ein einsturzgefährdetes Gewölbe hin. Für den Bauerhalt zeichneten damals die Landesherren verantwortlich, die mit der Bildung der Grafschaft Vaduz 1712 das Patronat über St. Peter erhalten hatten. Der regierende Fürst Johann I. schenkte die marode Kapelle 1823 der Gemeinde Schaan, die 1829 eine Aussen- und Innenrenovierung ausführen liess. Massgebliche Veränderungen erfuhr die Kapelle St. Peter nach ihrer Beschädigung beim Obergass-Brand von 1849. Im Zuge der Wiederherstellungsmassnahmen erhielt das Gotteshaus ein Äusseres, an das sich die älteren Schaaner noch erinnern. Über dem neuen Treppengiebel an der Westseite wurde ein
Martyrium des Hl. Sebastian, Wandmalerei im Kapellenschiff.
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Holzturm errichtet und je eine Fiale in Gestalt eines schlanken Türmchens auf die äusseren Giebelseiten gesetzt. Die zum St.-Peter-Platz und seinem Brunnen orientierte Westfassade wies seitdem eine Bemalung in Sgraffito-Technik auf, eine Technik, mit der sich durch Ankratzen von Farbflächen Muster und Bilder erzielen lassen. Der Chorraum erhielt eine Ausmalung im neugotischen Stil. Diese wurde 1915/1919 durch ornamentale Schablonenmalereien ergänzt und zusammen mit einer Quadermalerei in der Sockelzone auch im Kapellenschiff ausgeführt. Die damals entdeckten spätmittelalterlichen Wandmalereien wurden übertüncht. Unter dem Vaduzer Architekten Hans Rheinberger erhielt die Kapelle St. Peter 1961/1963 ihr Aussehen, wie wir es heute in grossen Teilen kennen. Dies betraf besonders die Westfassade, deren Haupteingang geschlossen und durch einen Zugang an der Nordseite ersetzt wurde. Der neugotische Treppengiebel samt Turmaufbauten wurde ebenso wie die Sgrafitto-Malereien entfernt, ein freistehender Glockenturm errichtet. Im Innern erfolgten der Abbruch der Empore und die Freilegung der spätmittelalterlichen Wandmalereien, weitere ausgemalte Gebäudeteile wurden übertüncht. Die Renovierung von 1995 führte neben statischen Sicherungen zu den bisher letzten gestalterischen Veränderungen des Kapellenbaus, mit einer Rücknahme von Malereien der Renovierung 1961/1963 und der Freilegung und Rekonstruktion damals überdeckter neugotischer Szenen, wie beispielsweise an der Rückwand des Chorraums. Historischer Hauptbau, moderner Glockenturm Die nach Osten orientierte Kapelle St. Peter besteht aus einem leicht eingezogenen, dreiseitig geschlossenen Chor, einem rechteckigen Kapellenschiff und einem an der Nordostseite des Chors anschliessenden Sakristeianbau. Die weiss verputzte, unter einem chorseitig abgewalmten Satteldach liegende Kapelle präsentiert an ihrer Westfassade den als Nische sichtbar belassenen alten Eingang, darüber ein Spitzbogenfenster auf der Höhe der ehemaligen
Empore. Der nordwestlich vom Hauptbau gelegene Glockenturm mit seinem flach geneigten Pultdach, durch niedrige Mauern mit dem Hauptbau und dem heutigen nordseitigen Eingang verbunden, trägt massgeblich zum Gesamteindruck der zur Landstrasse orientierten Westansicht der Kapelle bei. Im Glockengeschoss hängen drei Glocken, die 1852 von Josef A. Grassmayr in Feldkirch gegossen und 1963 nach der Umgestaltung der Kapelle in den neuen Turm übertragen wurden. Netzgewölbe, Wandmalereien und Ausstattung Das Kapelleninnere besticht vor allem durch die Wandmalereien unterschiedlicher Zeitstellung wie auch durch die Netzgewölbe aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, die sich über dem erhöht liegenden Chorraum und dem Schiff erheben. Das Chorgewölbe ist zwischen den Rippen flächig rot ausgemalt. Die aufgesetzten, auf kleinen Konsolen stehenden Rippen weisen die Farbtöne Rot und Rosa, Schwarz als Begleitlinie, auf. Einer der beiden Schlusssteine ist mit einem roten, sechseckigen Stern ornamentiert. Der zweite trägt ein Steinmetzzeichen, ein seltenes frühes Zeugnis eines Handwerkers im Gebiet des Fürstentums Liechtenstein. Auch das überwölbte spätmittelalterliche Laienschiff ist eine Rarität, das einzige noch erhaltene dieser Art und Zeit im Land. Wände und Decken sind weiss gestrichen, die Gewölberippen in Hellgrau gehalten, die Schlusssteine mit dem Ornament eines Windrades und dem einer Blüte verziert. Die Rückwand des Chors trägt neugotische Malereien, die eine Altararchitektur und darin aufgestellte Heiligenfiguren imitieren: Petrus (Mitte), Johannes Evangelist (links) und Paulus (rechts). Die Laibung eines kleinen Spitzbogenfensters in der Mitte des Gesprenges ist mit Rankenmalerei verziert, rechts und links stehen zwei Männer im Bischofsornat in den Türmchen des Scheinaltars. Für die Ausstattung des Chorraums mit Altartisch, Ambo und Priestersitzen aus Stein zeichnete der Bildhauer Georg Malin aus Mauren in der Zeit der Renovierung von 1961/1963 verantwortlich. Malin schuf zudem das
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über dem Altar hängende, moderne Scheibenkreuz, dessen Zentrum ein Eisenrelief mit dem triumphierenden Christus bildet. Zur weiteren Ausstattung gehören eine Orgel der Firma Mathis in Näfels von 1977 an der Westwand der Kapelle und die Figur einer Muttergottes an der Chorbogenwand. Diese wurde nach einem spätgotischen Original aus dem Südtirol geschaffen, das sich, wie weitere ältere Ausstattungstücke aus der Kapelle St. Peter, darunter Kreuzwegstationen, Altar- und Votivbilder des 17. bis 19. Jahrhunderts, im Liechtensteinischen Landesmuseum Vaduz befindet. Weitere Teile der älteren Ausstattung gelangten in die Sammlung der Gemeinde Schaan. Umso mehr wirken die ältesten Wandmalereien der Kapelle an der Nord- und Südwand des Kapellenschiffs, die stilistische Vergleiche mit Malereien in der Kirche Sta. Maria in Pontresina erlauben und deren Bildsprache in das endende 15. Jahrhundert verweist. Die gerahmten Bildfelder der ursprünglich umfangreicheren und übereinander liegenden Bildregister sind nur noch fragmentarisch erhalten. Zu den Bildthemen gehören an der Südwand eine Marienkrönung, das Martyrium des hl. Sebastian und Szenen aus der Leidensgeschichte Jesu, an der Nordwand Szenen mit Kreuztragung und Kreuzigung. Weitere Darstellungen, wie beispielsweise Engel und Pflanzenornamente im Gewölbebereich, stammen, wie Malereien an der Nordwand des Chors und über dem Chorbogen, aus späterer Zeit, wohl aus dem 16. bzw. 17. Jahrhundert. Die kleine Kapelle mit langer Geschichte hat die Zeiten überdauert und immer wieder Bereicherungen und auch Verluste erfahren müssen.
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Kapelle Maria zum Trost auf Dux Bauzeit
Frühes 18. Jahrhundert,
1789 Turm, 1829 Vorhalle
Renovationen
1974/75, 1985, 1996/97
und Sanierungen
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Ein Kirchlein auf Dux Die auf den Namen «Maria zum Trost» geweihte Kapelle steht in leichter Hanglage oberhalb des Dorfes Schaan im Gebiet Dux. Von diesem Flurnamen sind ihre weiteren Namen abgeleitet: «Duxkirchle» und «Duxkapelle». Das Gotteshaus mit seinem stimmungsvollen Ambiente ist heute eine beliebte Hochzeitskapelle, vereinzelt auch Ziel von Wallfahrten, stets offen für alle, die einen Ort für ein stilles Gebet zur Muttergottes suchen. Eine kleine Parkanlage vervollständigt das idyllische Gesamtbild von Sakralarchitektur, Kunsthandwerk und Natur. Die Fürstliche Gruft neben der Kapelle war einst letzte Ruhestätte von Prinzessin Maria Elisabeth von Liechtenstein, Fürstin Elsa und Graf Andrassy, die später in die Gruft nach Vaduz überführt wurden.
Ein Bauzeugnis der Volksfrömmigkeit In Wallfahrten und Bittgängen, ebenso in der Errichtung von Wallfahrtskapellen kommt eine grosse Volksfrömmigkeit des liechtensteinischen Volks zum Ausdruck. Es ist anzunehmen, dass sich auf Dux eine Wallfahrt um eine ältere kleine Marienkapelle entwickelt hat, im 18. Jahrhundert darum ein Neubau oder eine Vergrösserung der bestehenden Kapelle notwendig geworden war. Die schriftlichen Quellen sind widersprüchlich. 1716 versprachen Vertreter von Schaan und Vaduz, die uralte Kapelle vom Fundament auf zu bauen und «den Altar samt dem Zugehörigen herzuschaffen». Am 7. Juni 1743 heisst es in einem Dokument, dass die Kapelle «Unserer lieben Frauwen auf Dux» vor geraumer Zeit erweitert worden sei. Landammann Andreas Verling und die Vertreter von Schaan, Vaduz, Planken und Rotenboden verpflichteten sich mit dieser Urkunde, die vor vielen Jahren erbaute und vor geraumer Zeit erweiterte Kapelle in baulichen Ehren zu halten und, wenn nötig, Verbesserungen vorzunehmen. Die Errichtung des Kapellenturms war 1789 abgeschlossen. 1829 erhielt das Gebäude eine Erweiterung durch eine Vorhalle. Diese malte Mathias Jehly aus Bludenz 1834 mit Szenen aus dem Marienleben aus.
Schaaner Bildhauer Gottfried Hilti zu nennen. Bei der künstlerischen Umsetzung des Leidensweges Christi orientierte sich Hilti an der klassizistischen Formensprache. Seit 2006 steht im Park zudem eine von dem Krakauer Künstler Czeslaw Dźwigaj geschaffene Statue des Heiligen Vaters, Papst Johannes Paul II., mit ausgebreiteten Armen auf Rheintal, Kapelle und Dorf Schaan ausgerichtet. In Erinnerung an die Verschonung des Landes wiederholte Fürst Franz Josef II. das Weihegelöbnis anlässlich seines 40. Regierungsjubiläums am 8. September 1978. Sein Sohn, der damalige Erbprinz Hans-Adam, erneuerte es sieben Jahre später. An diesem Tag, dem 8. September 1985, besuchte Papst Johannes Paul II. die Duxkapelle, sprach dort zur Jugend Liechtensteins. Im sogenannten
Zur nationalen Bedeutung der Kapelle In der Notzeit des Zweiten Weltkriegs führte eine Landeswallfahrt zur Duxkapelle. Fürst Franz Josef II. stellte am 25. März 1940 Land und Volk von Liechtenstein unter den Schutz der Muttergottes. Er machte dem Volk Mut, das sich angesichts der Angliederung des Nachbarn Österreich an das Dritte Reich und des drohenden Krieges einer grossen Gefahr ausgesetzt fühlte. Aus dieser Zeit stammen die von privater Hand gestifteten Kreuzwegstationen in der angrenzenden Parkanlage. Ihre Weihe erfolgte am 17. November 1940. Ursprünglich sollten sie die Duxgass vom Friedhof bis zur Kapelle säumen. Als Schöpfer der Marmorreliefs in den Tuffsteingehäusen ist der
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Votivbild von 1733, Original im Liechtensteinischen Landesmuseum, Vaduz.
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Blick in das Kapelleninnere zum Chor mit barocker Ausstattung.
«Duxstein», einem künstlerisch bearbeiteten Findling nordöstlich der Kapelle, lassen Schriftzeilen das Gedenken, den Dank und die Bitte um Gottes Schutz für Land und Volk von Liechtenstein aufleben. Der Stein ist von kreisförmig gesetzten Platten umgeben, von denen elf die Namen der Gemeinden Liechtensteins tragen. Der Schaaner Künstler Martin Frommelt führte das Werk in Zusammenarbeit mit dem Bildhauer Engelbert Ospelt 1986 aus.
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Ein ländlicher Vertreter barocker Baukunst Die Kapelle Maria zum Trost stellt einen ländlichen Vertreter barocker sakraler Baukunst in moderater Ausdrucksform dar. Der Barockstil, der letzte umfassende europäische Stil, hatte etwa von 1600 bis 1760 Gültigkeit. Zu der nach Südosten ausgerichteten Kapelle gehört eine Vorhalle mit rundbogigen Arkadenöffnungen, die teils über Brüstungen liegen, teils als Durchgänge gestaltet sind. An die Vorhalle grenzt das ungegliederte Kapellenschiff, an das sich der dreiseitige Chor ohne
dem Jahr 1719. Die Wandung ist mit einem Bild der Muttergottes und einer Kreuzigungsgruppe verziert. Eine Inschrift verweist auf die Glockengiesser Christian Schmid und Johann Baptist «Appordta» in Bregenz. Die zweite und kleinere Glocke wurde 1725 von Joseph Felix in Feldkirch gegossen, wie die Glockeninschrift bezeugt. Von der Vorhalle zum Chor Die Vorhalle mit ihren Malereien stimmt den Kapellenbesucher auf das Innere der Anbetungskapelle ein. Fünf ovale Medaillons auf einem in Altrosa gehaltenem Grund mit floraler Malerei zeigen Darstellungen der Geheimnisse des «Freudenreichen Rosenkranzes»: Mariä Verkündigung, Gang zu Elisabeth, Geburt, Darbringung im Tempel und als zentrales Thema in der Mitte des Gewölbes: Der zwölfjährige Jesus lehrt im Tempel.
Einzug anschliesst. Die Gebäudeteile liegen unter einem gemeinsamen, über dem Chor abgewalmten Satteldach. An der Südseite des Chors steht der Sakristeianbau, an der Nordseite der viergeschossige Kapellenturm mit einer geschweiften Haube. Im oktogonalen Glockengeschoss hängen zwei Glöcklein aus der Zeit vor dem Bau des Kapellenturms. Sie könnten ihren Platz ursprünglich in einem nicht mehr erhaltenen Dachreiter gehabt haben. Die ältere der beiden Glocken stammt aus
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Nach dem Durchschreiten der mit den Monogrammen Jesu, Mariens und der Jahreszahl 1722 verzierten Eingangstür eröffnet sich ein Innenraum, der durch einen Chorbogen in Chor und Langhaus getrennt ist. Der erhöht liegende Chorraum liegt unter einem Tonnengewölbe mit Stichkappen, der angrenzende Sakristeiraum unter einem Kreuzgratgewölbe. Zur besonderen Raumstimmung trägt die Kassettendecke des Kappellenschiffs bei. Sie ist mit einer mehrfarbigen Bandornamentik im Régencestil der Zeit um 1730/1760 verziert. Die Malereien könnten von Josef Walser aus Feldkirch stammen, der die Emporenbrüstung mit Szenen aus dem Leben Mariens verziert, sich dort mit der Inschrift «Josef Walser in Veldkirch pinxit 1746» verewigt hat. Weltlandschaften und perspektivische Lösungen des Bilderzyklus an der Brüstung bezeugen Walsers grosses Können. Auf der Empore steht eine kleine Truhenorgel jüngerer Zeit, welche die Orgelbaufirma Mathis aus Näfels 1974 nach Schaan lieferte. Drei Altäre und ein Gnadenbild Vor allem der am 17. Juni 1743 zusammen mit zwei Seitenaltären geweihte Hauptaltar legt Zeugnis von
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der Bedeutung des kleinen Gotteshauses als Anbetungskapelle ab. Das Gnadenbild, eine holzgeschnitzte Bekleidungsfigur der Muttergottes mit Krone, Kind und Zepter ist älter, stammt spätestens aus den Jahrzehnten um 1720/1740 oder gar aus einer früheren Zeit. Die Marienfigur, die Ähnlichkeiten zum Gnadenbild von Altötting in Deutschland aufweist, steht in einer ovalen, von einem vergoldeten, dreifachen Wolkenkranz gerahmten Öffnung im Zentrum des Altars. Die Rahmung dieser Öffnung bildet eine Ädikula, das ist ein Aufbau aus Säulen, die ein Gebälk tragen. Weitere Schnitzfiguren seitlich des Gnadenbildes stellen den hl. Josef und den hl. Johannes den Täufer dar. Über
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dem Zentrum ist ein Wolkenkranz mit Taube zu sehen, der von Gottvater als Halbfigur überhöht wird. Die beiden Seitenaltäre zeigen auf ihren Altarblättern aus der Zeit um 1720/1740 rechts den hl. Georg im Kampf mit dem Drachen, im Giebeloval die hl. Agatha, ihre Brüste auf einem Tablett tragend, links Maria Magdalena als Büsserin, darüber im Giebeloval Johannes den Evangelisten. Die Seitenaltäre stehen seit 1996/97 auf neuen, schräg gestellten Unterbauten vor den Chorbogenwänden, nachdem im Zuge der Renovierung 1974/75 die beiden Altäre mit Ausnahme der Altarblätter entfernt worden waren.
Linke Seite: Gnadenbild «Unserer Lieben Frau» im Hauptaltar.
Die Sorge um das Kulturgut Das heutige Gesamtbild der denkmalgeschützten Kapelle haben wir der stetigen Sorge um das Kulturgut, nicht zuletzt den Renovierungs- und Restaurierungsmassnahmen in den Jahren 1996/97 zu verdanken. Unter Rücksichtnahme auf die historisch wertvolle Substanz wurden damals beispielsweise in der Vorhalle die 1974/75 übermalten Kartuschen und Einfassungen der Marienbilder freigelegt, die überkalkten Dekorationsmalereien in den Zwischenräumen rekonstruiert. Im Innern wurden die geschwungenen Chorstufen und das einst entfernte Brusttäfer im Bankbereich wiederhergestellt, die originale Fassung des Hauptaltars
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Oben: Vorhalle mit Deckenmalerei von Mathias Jehly aus Bludenz: Mariä Verkündigung, 1834.
rückgeführt. Die historischen, 1974/75 entfernten Bänke aber waren für immer verloren. Die Votivtafeln aus dem 17. bis frühen 20. Jahrhundert gelangten unter anderem in das Liechtensteinische Landesmuseum in Vaduz und in das Gemeindemuseum Schaan. Sie zählen zu den schönsten und am besten erhaltenen des Landes. Vor Ort zieren Kopien dieser prächtigen Originalwerke Nord- und Südwand der Kapelle. Ein barockes Kirchlein im Wandel der Zeit.
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Kapelle im Kloster St. Elisabeth Die Kapelle entstand 1934/35 im Auftrag der katholischen Schwesternkongregation «Anbeterinnen des Blutes Christi» als Teil eines Neubaus für Kloster und Institut St. Elisabeth auf Dux. In der Klosterkapelle treffen sich nicht nur die Schwestern zu Gebet und Messe. Alle sind eingeladen, mit ihnen zu beten, die Eucharistie zu feiern. Die Klosterkapelle ist ein offener sakraler Ort beispielsweise für Familiengottesdienste oder für die Zusammenkunft zum Taizé-Gebet. Verfasser der Baupläne von 1934/35 war Architekt Arthur Wander aus Zirl in Österreich. Er schuf ein in moderater Formensprache der Moderne gestal-
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tetes, dreigeschossiges Gebäude mit einem zentral angelegten Kapellenbau, über dem sich ein achteckiger Turmaufsatz mit Kreuz erhebt. Im Turm hängen zwei Glocken, die am 22. Juli 1935 der hl. Maria und dem hl. Josef geweiht wurden. Das Kapelleninnere besteht aus einem rechteckigen Saal mit Einzelbestuhlung und einer tiefen Apsis, die nicht die volle Breite des Saales einnimmt und von einem Sakristeiraum ummantelt wird. An der Eingangsseite erhebt sich eine Empore. Raumgestaltung und Ausstattung der Kapelle entstammen der Zeit einer Kapellenumgestaltung im Jahr 1977. Chorstufen, Chorgitter, Seitenaltäre
und farbige Glasfenster wurden damals entfernt, Wandmalereien des künstlerisch tätigen Pfarrers Ludwig Schnüriger aus der Zeit um 1949 übertüncht. Bis etwa zur Mitte des Saales reicht eine leicht erhöhte, parabelförmige Altarinsel mit einem Altartisch aus Holz und zwei eingebauten Ambonen, an der Nordseite mit Lesepult, an der Südseite mit Tabernakel. Der aus Steinen im Kanton Schwyz stammende Künstler Josef Rickenbacher fertigte 1977 für den Altarraum ein bronzenes Standkreuz mit einem Auferstehungschristus wie auch ein Bronzerelief für das Kapellenschiff. Es zeigt die hl. Maria de Mattias vor dem Gekreuzigten. Sie wurde 1950 selig- und 2003 heiliggesprochen. 1834 hatte sie zusammen mit Caspare de Bufalo die Gemeinschaft gegründet, die sich seitdem erzieherischen und sozial-karitativen Aufgaben widmet. Eine besondere Würdigung erfährt die Ordensgründerin mit einem nordwestlich der Klosteranlage platzierten Standbild, das sie in Begleitung von zwei Kindern zeigt. Das Werk eines unbekannten Künstlers wurde 1960 zum 25-Jahr-Jubiläum des Provinzhauses Schaan von der Kongregation angekauft.
Skulptur der hl. Maria de Mattias, Gründerin des Ordens der «Anbeterinnen des Blutes Christi».
Auferstehungschristus von Josef Rickenbacher.
Blick von Südwesten auf das Klostergebäude.
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Kapelle im Haus St. Laurentius Das im Mai 2005 fertiggestellte Haus St. Laurentius in Schaan erfüllt vielfältige Aufgaben, ist durch seine verschiedenen Nutzer als ein offenes Haus der Begegnung angelegt. Das Haus führt die Tradition des früheren Wohnheims Resch an der Duxgass fort, als Wohn- und Pflegeheim für Seniorinnen und Senioren. Es ist zudem Kindertagesstätte und soziales Zentrum mit Einrichtungen wie die Hospizbewegung Liechtenstein. Für die Bewohner und Besucher steht im Gebäudetrakt mit Foyers und Versammlungssaal eine kleine Kapelle zur Andacht offen. Im Inneren des Andachtsraums herrschen neben dem Parkettboden furnierte Wandbereiche vor. Ein zur Wand orientierter Altartisch, Ambo und die Einzelbestuhlung sind dieser Ausgestaltung in Holzmaterialien an-
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gepasst und mit historischen Ausstattungstücken wie Tabernakel, Wandkruzifix, Herz-Jesu- und Madonnenfigur kombiniert. Die farbigen, bleiverglasten Fenster schuf der Schaaner Künstler Martin Frommelt im Jahr 1955. Im Zuge der Auflösung der Kapelle des Wohnheims Resch, des ehemaligen Bürgerheims, im Jahr 2005 waren diese Fenster ausgebaut und im neuen Kapellenraum des Hauses St. Laurentius zweitverwendet worden. Sie zeigen folgende biblische Szenen: Maria begegnet Jesus auf dem Kreuzweg (links), Beweinung Jesu am Kreuz (Mitte) und Auferstehung Jesu (rechts). Die kleinteiligen Glaselemente in den Farben Rot, Blau, Grün, Gelb, Weiss und deren Schattierungen erzeugen ein bewegtes Gesamtbild und eine intensive Stimmung.
Gottesdienstsaal der Freien Evangelischen Gemeinde Schaan Die Freie Evangelische Gemeinde Schaan, Mitglied der Schweizerischen Evangelischen Allianz und des Verbandes Freier Evangelischer Gemeinden Schweiz, wurde 1988 als erste offizielle Freikirche Liechtensteins gegründet und bietet Christen aus dem Fürstentum Liechtenstein eine geistliche Heimat. Als vom Staat unabhängige Freikirche erhält die Freie Evangelische Gemeinde keine finanziellen Mittel und verfügt deshalb über kein eigenes Kirchengebäude. Die Mitglieder treffen sich in gemieteten, zweckmässigen Räumen im ersten Obergeschoss des Migros-Supermarkts in Schaan. Für die wöchentlichen Gottesdienste, aber auch für die Jungschar-Gruppe sowie für die sozial-diakonische Hilfsaktion «Weihnachten im Schuhkarton» steht ein Mehrzweckraum zur Verfügung. Diesen füllen einfache Stuhlreihen, die zur Stirnwand mit einer podestartigen Erhöhung ausgerichtet sind. Hier dominiert ein schlichtes, aber kraftvoll wirkendes Wandkreuz, das die Höhe des Raumes einnimmt. Wenn einmal im Monat das Abendmahl
gefeiert wird, dient ein mobiler Tisch quasi als Altar. Für Moderation und Predigt steht eine mit dem Kreuzsymbol versehene, schlichte Kanzel bereit. Das allgegenwärtige Kreuzmotiv findet sich auch auf den Bildern der liechtensteinischen Künstlerin Claudia Uebersax wieder, deren Arbeiten die Langwand des Raumes zieren.
Gottesdienstsaal (links) im Obergeschoss eines Supermarktgebäudes (oben).
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Pestkappile Das Pestkappile steht seit 1971 im Duxwald östlich vom Fürstenweg. Die wegen einer Strassenkorrektur an den heutigen Ort versetzte Wegkapelle ist in ihren Ursprüngen älter. Die Bewohner von Profatscheng, bis 1768 zur Pfarrei Schaan gehörig, errichteten sie 1740 im Mühleholz, um während der Viehpest der Pfarrkirche in Schaan fernbleiben zu können. Für die Andachtsnische des kleinen Häuschens fertigte 1845 der Bludenzer Maler Mathias Jehly ein Gemälde mit der auf einer Wolke sitzenden Himmelskönigin Maria, darunter die Heiligen Martin, Antonius und Sebastian. Dieses Bild wurde in
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den 1950er-Jahren durch eine frei interpretierte Kopie des Schaaner Malers Friedrich Kaufmann ersetzt. Das Original befindet sich im Liechtensteinischen Landesmuseum in Vaduz.
Oben: Das älteste erhaltene Kappile auf Schaaner Gemeindegebiet. Rechte Seite: Nische mit Andachtsbild nach Original des Bludenzer Malers Mathias Jehly.
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Planken Cornelia Herrmann
Kapelle St. Josef Bauzeit
1767/68
Renovationen
1861, 1929/30, 1955, 2007 sowie weitere Instandhaltungen
Ein Kirchlein an der Dorfstrasse Planken, die nach Einwohnern kleinste politische Gemeinde des Landes, liegt von Wald umgeben auf einer gerodeten Terrasse über der Rheinebene. Wer von Schaan kommend die letzten Bäume hinter sich gelassen und die Ortstafel passiert hat, wird unmittelbar von der zentralen Dorfstrasse aufgenommen. Die historische «Gass», wie die Dorfstrasse in alten Dokumenten heisst, säumen noch heute einige der einst bäuerlich genutzten Gebäude neben Häusern aus jüngerer Zeit. In dieses Ambiente reiht sich die kleine Ortskirche, die Kapelle St. Josef, ein. 2009 wurde östlich der Kapelle ein erster Friedhof des Dorfes eingesegnet. Das kleine Gotteshaus steht in direkter Nachbarschaft zum sogenannten «Dreischwesternhaus», in dem spätestens im 19. Jahrhundert eine Gastwirtschaft geführt wurde. Die ehemalige Wirtsstube dient heute als Mehrzweckraum. In weiteren Räumlichkeiten sind die Büros der Gemeindeverwaltung untergebracht. Damals wie heute lagen bzw. liegen kirchliche und weltliche Sphären nahe beieinander. Geschichte und Baugeschichte der Kapelle Wenn Landvogt Joseph Schuppler im Jahr 1815 von einem kleinen, nach Schaan eingepfarrten Dorf
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Planken schreibt, so hat sich daran bis heute nichts geändert. Die jeweiligen Pfarrer oder Hofkapläne von Schaan übernahmen zu Schupplers Zeit im Laufe des Jahres an nur 26 Tagen die Feier von Gottesdiensten in der kleinen Filialkapelle. Unter Hofkaplan Joseph Büchel von Schaan wurden ab 1884 wöchentlich zwei Messen gelesen. In den Jahren 1965 bis 2000 hatte Planken eigene Seelsorger, von denen zwei im Dorf wohnten. Die mit bischöflicher Bewilligung und Zustimmung des Fürstlichen Oberamts in Vaduz von den Plankner Dorfgenossen neu erbaute Kapelle ist 1768 in einem von Andreas Gantner, Thoma Gantner und Christa Beck unterzeichneten Protokoll schriftlich bezeugt. In dem Dokument geloben alle Einwohner, damals wohl kaum mehr als rund 100 Personen, künftig mit eigenen Mitteln für den baulichen Unterhalt der Kapelle und das notwendige Zubehör zu sorgen. An die Erbauungszeit der Kapelle erinnert zudem ein im Dachraum der Kapelle aufgenageltes Holzbrett, auf dem die Jahreszahl «1767» mit Rötelschrift vermerkt ist. 1861 erhielt die Kapelle an der westlichen Giebelseite einen Glockenturm, vermutlich als Ersatz für einen Dachreiter. In diesem könnte das älteste Glöcklein der Kapelle seinen Platz gehabt haben. «Christian Felix goss mich in Veldtkirch 1778» lautet die Inschrift auf dem Rand dieser Glocke. Die zweite und grössere Glocke des aktuellen Geläuts lieferte 1864 die Innsbrucker Glockengiesserei Grassmayr. 1909 wurden der Kapellenboden erneuert und die heutigen Kirchenbänke aus gebeiztem Fichtenholz bei der Kirchlichen Kunstan-
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Blick in das Kapelleninnere zum Chor.
stalt Adolf Vogl in Hall erworben. Fürst Franz I., der nach dem Tod seines Bruders Johann II. die Regierung übernommen hatte, stiftete 1929 drei neubarocke Altäre, die nach dem Abschluss einer Kapellenrenovierung 1930 ihren Platz im Chorraum und vor den Chorbogenwänden fanden. Ein grosses Renovierungs- und Umbauprojekt folgte 1955. Zu den unter Architekt Felix Schmid aus Rapperswil ausgeführten baulichen Massnahmen gehörte der Abbruch des Glockenturms, der durch einen offenen Dachreiter über dem Chorraum ersetzt wurde. An der Kapellensüdseite entstand eine grössere Sakristei. Für den Chorraum schuf der Luzerner Glasmaler Edy Renggli neue Glasfenster. Im Innern wurde die Flachdecke durch eine höhere Walmdecke ersetzt. Die kaum drei Jahrzehnte zuvor aufgestellten Altäre wurden, wie auch ein Wandtäfer dieser Zeit, wieder entfernt. Der Chor-
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raum erhielt eine Neugestaltung und eine moderne Ausstattung. Hierzu gehörten ein Altarkubus von der Hand des Bildhauers Gottfried Hilti aus Schaan und ein grosses Kruzifix des Künstlers Georg Malin für die Rückwand des Chorraums. Unter der Leitung des Architekturbüros Helmut Kindle, Triesen, erfuhr die Kapelle 2007 neben technischen Neuerungen eine Sanierung der Aussenfassaden und des hölzernen Dachstuhls mit neuer Dacheindeckung. Im Innern wurden Wandoberflächen und Ausstattungsgegenstände restauriert. Eine neue, längs ausgerichtete Holzbalkendecke ersetzt seitdem die ältere Holzleistendecke. Die Sorge um das sakrale Kulturgut hört nie auf. Bescheidenheit im Äusseren und intimer Charakter im Inneren Der kleine Sakralbau mit seinem ziegelgedeckten, über dem Chor abgewalmten Satteldach weist eine
Orientierung nach Südosten auf. Ein hölzerner Dachreiter mit einem sechseckigen, schindelgedeckten Spitzhelm und einer aus Kugel und Kreuz bestehenden Bekrönung erhebt sich elegant über dem Chor. An der Südseite der Kapelle liegt ein Sakristeianbau, der über den Chorraum wie auch über eine Treppe von der Dorfstrasse aus zugänglich ist. Der Hauptweg zum Inneren der Kapelle St. Josef führt die Besucher über eine zweiarmige Treppe an der zur Strasse orientierten Giebelseite im Westen. Der Eingang liegt unter einem Vorzeichen mit einem auf Holzpfosten ruhenden Krüppelwalmdach. Ein kleiner Raum der Stille eröffnet sich dem Eintretenden, der sich zunächst im
einschiffigen Langhaus wiederfindet. Der Weg zu Chorbogen und Chorraum ist mit rund acht Metern kurz, die Raumwirkung kompakt. Zur besonderen Stimmung im Chor tragen die Fenster mit Glasmalereien von Edy Renggli, Luzern, bei. In sachlicher Formensprache und in zurückhaltend gewählten Farben hat Renggli 1955 die Themen Mariä Verkündigung und Anbetung der Hl. Drei Könige im Stall zu Bethlehem in einem der beiden Fenster, Jesus im Tempel und Hochzeit zu Kana im zweiten Fenster umgesetzt. Über dem Chor liegt ein Gewölbe mit Stichkappen, über dem Kapellenschiff ein hölzernes Walmdach. Die West-
Chorfenster des Luzerner Glasmalers Edy Renggli.
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seite des Langhauses nimmt eine Empore ein, auf der seit 1984 die kleine Orgel mit sieben Registern der Firma Mathis & Söhne aus Näfels gespielt wird. Zur Innenausstattung aus unterschiedlichen Zeiten Die künstlerische und handwerkliche Innenausstattung der Kapelle St. Josef umfasst Objekte unterschiedlicher Zeitstellung. Der Chorraum wird bestimmt von einem modernen Bronzekruzifix des Maurer Künstlers Georg Malin, bestehend aus einem schlanken, gestreckten Christuskorpus an einem Kreuzstamm aus zwei schmalen Stangen und einfachem Querbalken. Es handelt sich um das erste sakrale Werk Malins aus dem Jahr 1955, bevor sich der Künstler skulpturalen Gesamtkonzepten in weiteren Kirchenräumen des Landes widmete. Die Metallelemente der Beleuchtung von 2007 nehmen Bezug auf das Glimmerschwarz des Kruzifixes, tragen so zur ein- und verbindenden Gesamtwirkung des Raumes bei.
Über dem Chorbogen sind die Kopien einer Kreuzigungsgruppe zu sehen, deren Originale aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts als Dauerleihgaben der Gemeinde Planken im Liechtensteinischen Landesmuseum in Vaduz aufbewahrt werden. Vor den Chorbogenwänden stehen Einzelfiguren auf Wandkonsolen: eine Muttergottes aus jüngerer Zeit und der hl. Josef mit dem Jesusknaben, letzterer von der Hand des Münchner Bildhauers Prof. Franz Drexler aus dem Jahr 1926, vor Ort die einzige Darstellung des Titelheiligen der Plankner Kapelle. An der nördlichen Kapellenwand hängt ein grossformatiges Gemälde, das die Szene der Geisselung Christi in einer expressiven, derben Gestaltung mit Anklängen an den Stil Holbeins d. Ä. zeigt. Das mit «I. Bob» bezeichnete und «1826» datierte Werk könnte von einem Mitglied der Feldkircher Malerfamilie Bobleter gefertigt worden sein. Während für dieses Werk nicht bekannt ist, wie es nach Planken und in die Kapelle St. Josef gelangte, gibt es gesicherte Informationen für die drei Gemälde an der Südseite der Kapellenwand. Es handelt sich um die Altarblätter der 1929 von Landesfürst Franz I. gestifteten Altäre. Die neubarocken Altarbauten gelten als verloren, die Gemälde von Hauptaltar und Seitenaltären, Malereien auf sperrholzartigen Platten, haben die Zeit überdauert. Die beiden Altarblätter der Seitenaltäre sind mit «Rich. Bitterlich» signiert. Das Altarblatt des Hauptaltars zeigt die Darstellung der Heiligen Familie, eine bewegte Szenerie voller Sinnlichkeit, eine Kopie nach einem Werk von Peter Paul Rubens. Auf dem Altarblatt des linken Seitenaltars ist zwischen zwei Pfeilern die stehende Gestalt der hl. Elisabeth von Thüringen dargestellt, die Wasser an die zu ihren Füssen sitzenden Armen austeilt. Links: Kreuzigungsgruppe, Original im Liechtensteinischen Landesmuseum, Vaduz. Rechte Seite: Hl. Familie, Altarblatt aus dem ehemaligen Hauptaltar von 1929 (Ausschnitt).
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Balzers
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Kreuzwegstationen der Triesenberger Glaskünstlerin Marlies Haas.
Der rechte Seitenaltar war dem hl. Franz von Paola gewidmet, der im Mönchsgewand, auf einen Stock gelehnt, in weiter Landschaft nach einem Bild des spanischen Malers Bartholomé Esteban Murillo dargestellt ist. Der im frühen 15. Jahrhundert in S. Paola, Kalabrien, geborene Franz hatte sich in jungen Jahren einem strengen Einsiedlerleben zugewandt und den Orden der Paulaner gestiftet, diesem eine verschärfte Franziskanerregel zugrunde gelegt. Zahlreiche Heilungen und Totenerweckungen werden ihm zugeschrieben. Zu den Ausstattungselementen jüngerer Zeit gehören die Kreuzwegstationen an den Wänden des Kapellenschiffs. Sie wurden 2007 von der Triesenberger Glaskünstlerin Marlies Haas in der Glasfusing-Technik gefertigt. Die Bildthemen mit dem Leidensweg Christi bis zum Kalvarienberg sind inhaltlich traditionell, in der künstlerischen Umsetzung jedoch neu. Die Farben der in Flachbildform gestalteten Stationen – von Ocker über Braun, Rot und Orange, von Grün über Blaugrün, Türkis, Hellbau bis hin zu Weiss und Gelb – sollen inspirieren, zum Nachdenken anregen. Jede Farbe deu-
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tet verschiedene Eigenschaften und Zustände an. Die Gelbtöne der Grablegung Christi auf der letzten Station beispielsweise verweisen auf Licht, Weisheit und Freude. Für die Bildszenen wurde feines Glasgranulat eingebrannt. Unterhalb der Stationen sind mit fünf Bahnen kleinerer Glaselemente in der derselben Farbabfolge Wege symbolisiert, die den Kreuzungspunkt zwischen dem Lebensweg Jesu und dem eigenen Weg erkennbar machen sollen. Geschichte und Zeitgeist haben in der Plankner Kapelle St. Josef zu einer Einheit gefunden.
Plankner Kappile Das auf Schaaner Gemeindegebiet an der Plankner Strasse gelegene Kappile wurde 1880/81 von den Plankner Dorfbewohnern «in Gemeinwerk» errichtet. Auf dem Weg zum Friedhof in Schaan hielten hier einst die Züge der Trauernden zum Gebet. Über dem kleinen, begehbaren Häuslein erhebt sich ein Satteldach, das über dem Eingang ein kleines Vordach bildet. Im Kapelleninneren mit tonnengewölbter Decke befinden sich zwei Sitzbretter rechts und links einer Andachtsnische an der Rückwand des Raumes. Für diese Nische schuf der künstlerisch ausgebildete, damalige Schaaner Hofkaplan Ludwig Schnüriger anlässlich der Renovierung der Wegkapelle im Jahr 1950 das heutige Andachtsbild mit der Darstellung der Muttergottes und versah das Werk mit folgenden Worten: «Maria mit dem Kinde lieb + uns allen deinen Segen gib». Für die kleine Wegkapelle sind auch die Namen «Marienkappile» und «s‘Kappile am Bach» geläufig. Oben: Andachtsbild mit Muttergottes von Pfarrer Ludwig Schnüriger. Links: Das Plankner Kappile auf Schaaner Gemeinde- gebiet.
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Gamprin-Bendern Peter Geiger
Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt Bauzeit
Ab 6./7. Jahrhundert, 13.–15. Jahrhundert
Weihe
U. a. 1481
Renovationen
1875/1877, 1969/70
Weithin sichtbares Wahrzeichen Auf dem äussersten Sporn des Eschnerbergs steht, weithin sichtbar, die Pfarrkirche von Bendern mit ihrem hohen Turm. Die stolze Kirche ist geostet, mit Chor im Osten, quer auf den südwärts auslaufenden Hügelzug gesetzt. Vom Plateau fallen südlich Rebberge ab, nördlich öffnen Felsen eine Grotte und zeigen Gletscherschliffe, westlich fliesst der Rhein nordwärts, überschreitbar einst durch Furt und Fähre, heute Brücke. Kein Wunder, wurde hier schon vor zwei Jahrtausenden gebaut. Die Kirche ist der Jungfrau Maria (heute Mariä Himmelfahrt) geweiht. Für Wallfahrer lag und liegt die Kirche am Weg Richtung Einsiedeln. Die Pfarrei Bendern hatte einst ein weites Einzugsgebiet, zu ihr gehörten bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts Ruggell, Schellenberg, die Weiler Aspen (Eschen) und Berg (Mauren) sowie in früheren Jahrhunderten auch noch auf der westlichen Rheinseite die schweizerischen Orte Sennwald, Salez und Haag.
Gamprin-Bendern | Peter Geiger
Römisch, frühchristlich, hoch- und spätmittelalterlich Gesichert sind unter der heutigen Kirche Reste profaner Gebäude aus römischer und karolingischer Zeit. In diese hinein wurde wohl im 6. oder 7. Jahrhundert, eventuell auch etwas später, eine kleine Saalkirche gebaut. An immer gleicher Stelle folgten sukzessive Erweiterungen, Um- und Neubauten. Urkundlich erwähnt ist die Kirche in Bendern dann erstmals im Jahre 1045, im Hochmittelalter, noch vor den Kreuzzügen. 1194 kam die Kirche samt einträglichen Pfründen in den Besitz des Prämonstratenserklosters St. Luzi in Chur. Intensive Bauphasen lagen danach in den Jahren um 1200, wieder zwischen 1280 und 1325 – zur Anfangszeit der Eidgenossenschaft – sowie erneut zweieinhalb Jahrhunderte später um 1481 – kurz vor der Entdeckung Amerikas. Im Laufe dieser Bauphasen entstand um ca. 1300 ein Chorturm. Zwischen 1370 und 1450 kamen ein rechteckiger Chor und ein grösseres Schiff hinzu, beide mit Wandmalereien versehen, Reste davon sieht man heute noch im Schiff. Weitere Baumassnahmen kamen 1481 zum Abschluss: Man brach die Seitenmauern des Schiffs bis auf 2,5 Meter ab und baute sie höher und mit gotischen Fenstern auf. Der alte Chor mit Chorturm wich einem polygonalen Chor mit Gewölbe. 1481 weihte der Churer Weihbischof Johannes die erneuerte Kirche, samt vier Altären, die zahlreiche Heilige zeigten, darunter die Jungfrau Maria, Petrus, Luzius, dessen Schwester Emerita und Ursula.
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Ansicht im Inneren, Schiff und Chor.
Nach den Zerstörungen im Schwabenkrieg von 1499, die auch Bendern und dessen Kirche betrafen, errichtete man schliesslich an der Nordseite des Chors den mächtigen heutigen Turm. Holzuntersuchungen zeigen, dass der Turm 1509 abgeschlossen wurde – kurz vor der Reformation. Sonach blieb die gotische Kirche von Bendern weitgehend unverändert, während fast vier Jahrhunderten. Die bischöflichen Visitatoren lobten im 17. Jahrhundert die grosse Kirche, die schönen Altäre mit den Skulpturen und besonders das Gemälde der Himmelfahrt Mariens. 1743 wurden zwei neue Altäre geweiht. Beim Einfall der Franzosen am 6. März 1799 wurde dann allerdings, wie der Chronist Johann Georg Helbert im selben Jahr festhielt, aus der Kirche praktisch alles geraubt, auch vieles zerschlagen, einzig der Muttergottesaltar blieb unversehrt. Eine
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Überlieferung besagt, der Mesmer habe kostbare Kelche und Geräte versteckt, wo, wisse man nicht, da er von den Franzosen zu Tode gequält wurde. Im 18. und 19. Jahrhundert waren Turm- und Kirchendach zu sanieren. 1845 gelangte Pfarrer Rudolph Schädler wegen des schlechten baulichen Zustands der Benderer Kirche ans Oberamt. Drei Jahrzehnte später schliesslich schritt man zur Renovation. Neugotischer Umbau 1875/1877 Die Kirche von Bendern ist die einzige alte Pfarrkirche im Land aus der Zeit der Gotik selber. Ab den 1870er-Jahren bis über die Jahrhundertwende entstanden neue Kirchenbauten im neugotischen Stil, so in Vaduz, Schaan, Eschen und Ruggell, im neuromanischen Stil dann jene in Balzers. Vom neugotischen Wind wurde auch die Kirche von Bendern 1875 bis 1877 in einer umfassenden Re-
novation erfasst und nach Plänen des Feldkircher Architekten Serafin Pümpel aussen wie innen erheblich umgestaltet. Die Mauern von Schiff und Chor wurden bis auf einen halben Meter abgebrochen und höher aufgebaut, mit grösseren Fenstern und neuem Dachstuhl. Aussen gliederten neu Strebepfeiler die Wände. Die Westfassade und der Turm wurden mit Treppengiebeln geziert. Der Chor erhielt ein Sternengewölbe. Das Innere wurde durch den bekannten Kirchen- und Altarbildmaler Melchior Paul von Deschwanden aus Stans, der in der Innerschweiz, in Vorarlberg und Süddeutschland tätig war, ausgemalt: Neugotische Ornamente überzogen nun Sockelzone und Decke des Schiffs, Fensterlaibungen, Chorbogen und Chorgewölbe. Der Künstler malte auf die Decke auch biblische Szenen und an den Chorbogen Engel. All dies sowie drei Altäre und eine Kanzel, alle mit hohen Fialen, prägten nun den Anblick für fast ein Jahrhundert. Entstanden war so «eine ländliche Kirche des 19. Jahrhunderts
in neugotischer Manier auf den Mauern eines gotischen Vorgängerbaus» (Cornelia Herrmann). Rückbau und Erweiterung 1969/70 Vor rund 50 Jahren erfolgten indes sowohl ein Rückbau als auch eine Erweiterung der Kirche. Man entsann sich des gotischen Ursprungs und entfernte die neugotischen Elemente: Aussen entfielen wieder die Treppengiebel – an die man sich gerne gewöhnt hatte – und ebenso die Strebepfeiler. Innen entfernte man die neugotische Ausstattung und die Zierelemente an Wänden und Decken. Die von Deschwanden ausgemalte Kassettendecke des Schiffs wurde unter einer flachen Holzdecke verborgen – sie bleibt so immerhin erhalten. Dem Chorbogen nahm man die Steilheit. Wegen der grösseren Zahl der Gläubigen wurde das Schiff um eine Fensterachse nach Westen erweitert, es hat nun beidseitig vier statt drei grosse Fenster. Chor und Schiff erhielten neue Glasmalereifenster, sie ersetzten die früheren, historistischen Fenster des 19. Jahrhunderts, von denen Reste noch
Nischen hoch oben an der Nordseite des Turms. Links: Hl. Luzius, Sandstein (Kopie, Original 14. Jh. im Landesmuseum); rechts: Bauund Renovationsjahre der Kirche.
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Ausgrabungsbereich unter der Kirche.
Glasmalerei-Monogramm «MARIA» im Fenstermasswerk (Schiff ).
im Pfarrhaus aufbewahrt sind. Vor den Haupteingang setzte man ein Vorzeichen, die Sakristei an der Südostseite erneuerte man.
aus. Das steile Dach mit leichtem Käsbissenknick ist quer zu jenem von Schiff und Chor gestellt. Die Turmmauern sind rund 2 Meter stark. Die Geschosse sind nicht gegliedert. Unter der Dachlinie liegen an jeder Seite grosse, spitzbogige Zwillingsfenster als Schallöffnungen. Darüber zeigt im Giebelfeld je auf der Nord- und der Südseite ein Zifferblatt die Zeit. Den Turmgiebel bekrönen nördlich und südlich je Kugel und Kreuz. Von der Nordseite schaut hoch oben in einer Nische die steinerne Figur des hl. Luzius – er verweist auf St. Luzi in Chur und ist Landespatron Liechtensteins. Daneben liest man in Steinrelief Jahrzahlen von Bauphasen.
Imposantes Äusseres Die Benderer Kirche ist geostet. Von aussen gesehen bilden das einschiffige Langhaus der Kirche und der Chor einen gemeinsamen Baukörper, von einem einzigen, mittelsteilen Satteldach gedeckt. Der Chor ist nur leicht eingezogen und dreiseitig geschlossen, das Dach über dem Chorende ist abgewalmt. Schiff und Chor sind nur durch die spitzbogigen Fenster gegliedert, je vier hohe im Schiff, drei etwas kleinere im Chor. Der Haupteingang im Westen ist durch ein Vorzeichen geschützt. Ein kleinerer Seiteneingang führt in den vorderen Teil des Schiffs. Die unauffällige Sakristei südlich von Chor und Schiff trägt, wie das Vorzeichen, ein Pultdach. Der zweite und auffälligste Baukörper ist der hohe, gut fünfhundert Jahre alte Turm. Er ist weder ins Schiff noch in den Chor einbezogen – anders als bei allen Kirchen im Land, ausser der neuen von Schellenberg. Der Kirchturm von Bendern steht auf der Nordseite direkt neben Chor und Schiff und schaut gewissermassen hoch über beide hin-
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Auf der Nord- und Westseite der Kirche liegt der Friedhof. An der Wand von Turm und Schiff erinnern Gedenktafeln an Geistliche. An der südwestlichen Ecke des Platzes vor dem Haupteingang der Kirche steht die moderne Totenkapelle von 1974. Neben dem Nordosteingang des Friedhofs ruhen auch der Graf von Bendern und seine Gemahlin, Maurice Arnold de Forest und Ethel de Forest, geb. Gerard, 1932 eingebürgert, 1936 vom Fürsten Franz I. mit dem Titel «Graf von Bendern» ausgezeichnet; gegenwärtig ist ihre Grabplatte bei der Gemeinde
deponiert, das Grab aber nicht aus- und damit nicht aufgehoben. Heute nehmen auch Urnenwände die Asche Verstorbener auf. Im Innern Betritt man die Kirche durch den einfachen westlichen Haupteingang, so fällt der Blick durch das geräumige Schiff mit den hohen, hellen Fenstern unter der flachen Holzdecke nach vorn, durch den gedrückt spitzbogigen Chorbogen auf den einfachen Altartisch, auf farbige Chorfenster, auf ein Kruzifix an der Chorwand und auf Wandpfeiler des gotischen Sterngewölbes. Der Boden des Schiffs ist mit mattroten Florentiner Platten belegt, der Boden des dreistufig erhöhten Chors mit Platten aus Bregenzerwälder Hartsandstein. Beim Eingang liegt rechts eine kleine Kapelle, während links eine Treppe zur Empore, eine andere aber hinab in die archäologisch erschlossene Unterwelt der Kirche führt. Dort sind unter Schiff und Chor Mauerreste aus der Zeit seit dem Frühmittelalter zu sehen, in verwirrender Vielfalt. Die Tür hinab ist verschlossen, eine Besichtigung ist auf Anfrage möglich. Im Schiff stehen beidseits des breiten Mittelgangs hölzerne Bankreihen, modern, bewusst zierlos gehalten. Das lange Schiff ohne Seitenschiffe wird beidseits von je vier grossen Spitzbogenfenstern hell belichtet. Sie sind mit einfachen, runden Mondscheiben verglast. Im gotischen Masswerk leuchten farbig das Marien- und das Christusmonogramm sowie geometrische und Blumenornamente. Am Fuss jedes Fensters ist dezent der Spendername lesbar. Der Seiteneingang liegt im vorderen Teil der Nordwand. Daneben ist ein ehemaliger, heute zugemauerter Eingang sichtbar, aussen mit steinerner, rundbogiger Form, innen als Nische.
das Schiff, aber gleich hoch. Er trägt ein Sternrippengewölbe von zwei Jochen von 1875/1877. Die Schlusssteine sind einfache Scheiben. Die Rippen, bestehend aus Stuck, sind mattblau bemalt und auf halber Höhe der Chorwand zusammengeführt, abgestützt auf Konsolen mit Zierprofilen.
Gotischer Chor mit Sternengewölbe und moderner Glasmalerei Der geräumige Chor ist am stärksten gotisch geprägt. Er ist dreiteilig abgeschlossen, schmaler als
In der Mitte der Chorwand hängt hinter dem Altar ein grosses barockes Kruzifix von 1650 aus Feldkirch. Drei spitzbogige gotische Fenster mit Masswerkabschluss belichten den Chor, asymmetrisch
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Glasmalereifenster im Chor, von Josef Seger, 1970: Verkündigung, Drei Könige, Jesus im Tempel.
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Links: Romanisches Rundbogenfenster (zugemauert), darüber Reste gotischer Wandmalerei: Figur mit ausgebreiteten Armen. Rechte Seite: Tod Mariens, Hochrelief, Holz bemalt, Ende 16. Jh. (Kopie, Original im Landesmuseum).
verteilt, je eines an der linken und an der rechten Schrägseite und eines an der rechten Wand, gegenüber hat zur Linken kein Fenster Platz, da dort der Turm steht. Die Glasmalerei der drei gotischen, spitzbogigen Chorfenster ist modern, verständlich, ausdrucksstark. Sie wurden 1970 eingesetzt, entworfen vom liechtensteinischen Maler Josef Seger, der in Wien wirkte. Mit klaren Linien und in starken Farben sind Figuren und Szenen aus der Heilsgeschichte neben- und untereinandergestellt: im linken Fenster, von oben nach unten, Verkündigung, Anbetung der Drei Könige, Jesus im Tempel; im mittleren Fenster, nun von unten nach oben, Jesus am Ölberg, Kreuzabnahme – beide düster –, darüber im Strahlenkranz Auferstehung; im Fenster rechts schliesslich Schöpfung, Gesetzestafeln, Opfer des Melchisedech, Brot und Wein. Rundbogenfenster und Wandmalerei aus dem Spätmittelalter An der Südwand des Schiffs sind im unteren Bereich drei schmale romanische Rundbogenfenster
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mit tiefen Laibungen sichtbar, die Fensteröffnungen sind aber zugemauert. An den Laibungen sind Reste von Wandmalereien sichtbar. Sie wurden 1969/70 freigelegt und konserviert. Entstanden ist die Wandmalerei, nach dem Stil zu urteilen, im Spätmittelalter zwischen 1370 und 1450. Die Bilder wurden in Secco-Technik mit pigmentierten Kalkfarben auf den trockenen Putz gemalt. Die Thematik der Malerei ist nicht mehr erkennbar, es dürfte sich um Maria-Szenen handeln. Sichtbar sind in einem Bild zwei stehende Frauenfiguren, darunter Pflanzen, in einem andern Bild eine Frau mit Krone und Blättern, im dritten Bild ein Mann mit ausgebreiteten Armen. Die romanischen Rundbogenfenster und die zugehörigen Reste gotischer Wandmalerei führen die lange Geschichte des Benderer Gotteshauses vor Augen. Statuen und Bilder Die Kirche enthält keine neugotischen Altäre mit Bildern, Figuren und hohen Aufbauten mehr wie noch bis 1969. Ein einfacher Altartisch steht, den Gläubigen zugewandt, im erhöhten Chor, dahinter
hängt das erwähnte barocke Kruzifix. Im Chor stehen beidseits holzgefasste Figuren, nämlich eine grosse Herz-Jesu-Figur und ein hl. Josef, beide aus der Zeit um 1880/1890. Sie sind ehemaligen Altären der Kirche entnommen. Im Schiff sind an der Chorbogenwand, wo bis vor fünfzig Jahren Seitenaltäre standen, zwei eindrückliche Darstellungen zu bewundern. Auf der linken Seite steht erhöht eine in Holz geschnitzte, bemalte, lebensgrosse Mondsichelmadonna. Maria hält das Jesuskind auf dem linken Arm, unter ihren Füssen liegt ein schmaler Halbmond mit Gesicht. Die Marienfigur entstand im Spätmittelalter um 1480, damals wohl als Teil des Hochaltars von
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1481. Im 18. Jahrhundert wurde sie als «Gnadenbild Unserer Lieben Frau zu Bendern» verehrt, gerade auch von Wallfahrern. Bei Prozessionen wurde sie mitgetragen. In der neugotischen Periode der Kirche war sie in den linken Seitenaltar integriert, seit 1970 steht sie an der gleichen Stelle allein, in grosser, zurückhaltender Schönheit. Auf der rechten Seite der Chorwand ist ein Bild aufgestellt, welches thematisch ebenfalls Maria gewidmet ist. Es zeigt den Tod Mariens – also den Zeitpunkt unmittelbar vor der Himmelfahrt Mariens, welcher die Benderer Kirche ja gewidmet ist. Die Darstellung des Marientodes ist in unserer Gegend selten. Sie war ein beliebtes Thema im
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ausgehenden Spätmittelalter. Das Benderer Bild, vom Ende des 16. Jahrhunderts stammend, ist über vierhundert Jahre alt, möglicherweise das Werk eines Feldkircher Meisters. Es ist als Hochrelief in Holz geschnitzt und farbenstark bemalt. Maria liegt mit geschlossenen Augen – sterbend oder schon tot –, um sie geschart sind die zwölf Apostel, bewegt, besorgt. Die Gesichter sind individuell geformt. Die im Relief räumlich gedrängte Gruppe zeigt ihre enge Verbundenheit und die Bedeutung des Augenblicks – Jesu Mutter stirbt. Das hölzerne Reliefbild, ursprünglich wohl in der Predella eines Altars (im Sockelbereich unter dem Altarbild) eingesetzt, war übrigens in der neugotischen Periode während fast hundert Jahren bis 1969 über dem Portal der Benderer Kirche angebracht, wo manche es wegen der damals steingrauen Übermalung für ein Sandsteinrelief hielten. Die damals wie heute prominente Platzierung zeigt, welchen Wert man dem Kunstwerk zumisst – entsprechend steht heute im Landesmuseum das Original, in Bendern aber immerhin eine sehr schöne Kopie.
Bemalte Holzfigur mit Reliquie des Hl. Felix.
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An den Wänden des Schiffs reihen sich 14 grosse barocke Stationenbilder, Ölgemälde auf Leinwand. Mit «Joseph Walser 1744» bezeichnet, stammen sie wohl vom Feldkircher Maler Franz Josef Walser, der wenig später auch die Stationen in der Pfarrkirche Übersaxen geschaffen hat. Vier der Bilder sind Neuschöpfungen. Die neue Empore trägt eine Orgel von 1969/70 von der Firma Walker-Mayer im niederösterreichischen Guntramsdorf. Unter der Empore steht an der Westwand eine geschnitzte Figur des hl. Antonius von Padua aus dem 18. Jahrhundert. Der Heilige hält in der Linken eine Lilie und auf dem rechten Arm das Jesuskind, das auf einem Buch sitzt – Antonius zählt zu den Kirchenlehrern, er war im Spätmittelalter ein wortgewaltiger Prediger. Wie üblich, bittet die Antonius-Figur um wohltätige Gaben für Arme. Felixkapelle Rechts hinter dem Haupteingang unter der Empore liegt eine kleine, ins Schiff eingebaute Kapelle.
Auf dem Altar steht eine Figur des hl. Josef (oder des hl. Antonius) mit Jesuskind und Lilie, aus dem 19. Jahrhundert. Unter dem Altar aber liegt in einem vergitterten Katafalk auf einer Bahre die hölzerne, farbig bemalte Figur des hl. Felix. Darin sind Reliquien aufbewahrt. Wie kommt dies? 1876 hatte der aus Bendern stammende Theologe und Priester Franz Joseph Kind (1850–1911) nach Abschluss seines Studiums in Rom Reliquien des römischen Märtyrers Felix aus dem 3. Jahrhundert mitgebracht und sie der Pfarrei Bendern geschenkt. Anlässlich der Weihe der renovierten Kirche 1880 waren die Reliquien in die Kirche überführt worden. Bis 1969 war der Felix-Katafalk unter dem neugotischen Hochaltar platziert gewesen, nun ruht er in der nach ihm benannten Kapelle. Glocken zum Anfassen Gegenüber dem Kirchenportal sind unter einem Vordach drei ehemalige Glocken aus dem Benderer Turm offen ausgestellt. Man kann Form, Verzierungen und Inschriften betrachten und berühren. Die älteste und kleinste Glocke (Durchmesser 78 cm) stammt aus dem 14. Jahrhundert, die lateinische Inschrift verweist auf Christus, Maria und die vier Evangelisten. Die grösste Glocke (121 cm) wurde im Jahr «M CCCCC IX», 1509, in Biberach gegossen, in lateinischer Inschrift wird um Abwehr des gierigen Dämons gebeten, passend zeigt ein Reliefbild den hl. Theodul mit dem glockentragenden Teufelchen. Die jüngste der drei Glocken (98 cm) schliesslich, auch sie über 350 Jahre alt, wurde 1663 in Feldkirch von Jacob Stutzenberger gegossen, sie zeigt in Reliefs die Kreuzigung, Maria, Sebastian, einen Bischof, und von den sechs Henkeln schauen Gesichter. Im Turm selber schlagen und läuten heute fünf moderne, zum Teil grössere Glocken, alle zwischen 1961 und 1970 bei Emil Eschmann in Rickenbach, Thurgau, gegossen und von Personen aus Gamprin-Bendern gestiftet. Eschmann lieferte auch Glocken in andere Gemeinden des Landes.
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Das grosse Fastentuch von Bendern von 1612 Die Pfarrei besitzt ein ganz aussergewöhnliches Ausstattungsstück, das berühmte, seltene «Fastentuch von Bendern» aus dem Jahre 1612 – im Jahr darauf ging gerade die Landesherrschaft vom Grafen von Sulz an die Grafen von Hohenems über. Das Fastentuch sei, sagt die Überlieferung, der Kirche von zwei frommen Frauen aus Haag geschenkt worden. Haag gehörte bis 1637 zur Pfarrei Bendern. Das grosse Tuch, 630 cm breit und 470 cm hoch, wurde in der Fastenzeit vor den Altar gehängt, daher die Bezeichnung. Das Benderer Fastentuch wurde wohl vom Feldkircher Maler Johann Georg Clessin mit Bildszenen ausgemalt. Auf dem zweitletzten Bild finden sich Monogramm und Jahrzahl: «16 IGC 12». Das Benderer Tuch war erst 1947 wieder im Pfarrstall entdeckt worden, wie ein Lumpenbündel gerollt. Pfarrer Albert Schlatter führte es neu der ursprünglichen Verwendung zu. Die 24 gemalten Bildszenen des Tuchs sind waagrecht in vier Reihen zu je sechs Feldern gegliedert. Jedes Bild ist seitlich von Säulen, oben von einem Architrav (Gebälk) und unten von einem Schriftfeld gerahmt. In letzterem steht jeweils der Hinweis auf die Szene samt Evangelienstelle, zum Beispiel: «Wie Christus von den Schergen Pilati gekrönt und verspottet ward. Mar 14». Die 6 Bilder der obersten Reihe veranschaulichen Szenen aus dem Alten Testament, die 18 Bilder der weiteren drei Reihen nehmen Themen aus dem Neuen Testament auf, von der Verkündigung über die ganze Erlösungsgeschichte bis zum Jüngsten Gericht. Solche Einteilungen und Bilderfolgen waren in der Zeit der Gotik üblich. Der Maler des Fastentuchs von Bendern zeigt sich der Renaissance verpflichtet, er orientierte sich an Vorbildern, darunter Dürer. Heute ist das Original des Fastentuchs ein Prunkstück der Dauerausstellung im Landesmuseum, als Leihgabe, während in Bendern jeweils zur Fastenzeit in gleicher Grösse eine schöne Kopie hängt. So kann das Fastentuch am ursprünglichen Ort doch auch bewundert und bedacht werden.
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Weiteres Kulturgut aus der Benderer Kirche Zahlreiche kirchliche Gegenstände, die nach den Renovationen keine Verwendung mehr fanden, sind heute anderswo verwahrt. Vieles, besonders aus der neugotischen Periode, liegt im Benderer Pfarrhaus, einige Glanzstücke sind dem Landesmuseum anvertraut, weniges lagert auch in der Sammlung der Archäologie in Triesen. Alle diese sakralen Kulturgüter, die jeweils mit Freude im Gotteshaus eingebaut und aufgestellt worden waren, belegen die lange, wechselvolle Geschichte der Kirche und des Glaubens der Menschen in Bendern. Den Kirchhügel dominierend Der Kirchhügel zu Bendern umfasst ein ganzes historisches Ensemble. Dazu gehören nördlich der Kirche das einstige Pfarrhaus aus dem 15./16. Jahrhundert, später «Pfarrstall», heute Liechtenstein-Institut, daneben, leicht erhöht, das grosse Klostergebäude der in der Reformationszeit aus Chur geflüchteten St.-Luzi-Mönche, heute Pfarrhaus, darunter der Schwurplatz mit Bezug zur Unterländer Huldigung beim Übergang von Schellenberg an die Fürsten von Liechtenstein 1699, südöstlich neben der Kirche die Totenkapelle von 1974, westlich unter der Felswand die Lourdes-Grotte und schliesslich südlich die abfallenden Rebhänge. Das Zentrum des ganzen geschichtsträchtigen Kirchhügels aber bildet die Marienkirche. Vom äussersten Rand am Westende des Eschnerbergs schaut sie weit übers Land. Vorbeifahrende sehen sie von fern. Einheimische sind stolz auf sie. Auch Wanderer und moderne Pilger auf dem Weg nach Einsiedeln suchen sie gerne auf.
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Oben: Ehemalige Glocke der Pfarrkirche, im Freien aufgestellt, Jahrzahl am Schlagring: «Anno domini MCCCCCIX» (1509), gotische Zier, im Reliefbild der hl. Theodul. Linke Seite: Chor, neugotisches Sternengewölbe von 1875/1877, Glasmalerei 1970.
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Friedhofskapelle Bauzeit
1974
Pläne
Architekt Hans Rheinberger
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Vor der Pfarrkirche an der südwestlichen Ecke der Hügelterrasse steht die moderne Friedhofskapelle. Sie ist 1974 nach Plänen von Architekt Hans Rheinberger gebaut worden. Sie besticht durch ihre Einfachheit. Von aussen Die Eingangsseite der Kapelle ist nach Norden gerichtet, zu Kirchenplatz und Friedhof. Der Bau trägt ein breites Satteldach, beidseits auf weiss verputzte Pfeiler gestützt. Dazwischen liegt die Wand aus Holz. Sie ist im unteren Teil in vier Rechtecke mit je zwei Kassettenflächen gegliedert. In der Überschneidung wiederholt sich so dreifach die Kreuzform. Eines der Rechtecke ist zugleich Tür. Der obere Teil der Holzwand belichtet als grosses, viergeteiltes Giebelfenster den Innenraum. Andere
Fenster hat die Kapelle keine. Auf der Giebelspitze steht ein einfaches Kreuz, leicht zurückgesetzt. Innen Der Innenraum entspricht der Bauhülle, rechteckig, einfach, wohlproportioniert. Ein offener, hölzerner Dachstuhl deckt den Raum, Balken und Bretter sind von einem einzigen Längsbalken getragen. Die Wände sind weiss, der Boden ist mit dunkelroten Steinplatten belegt. Die Mitte der Kapelle nimmt ein rechteckiger Katafalk aus glattem, rötlichem Holz ein, darin wird jeweils die verstorbene Person aufgebahrt. Dahinter hängt an der Wand ein grosses Kreuz mit kleinem Corpus. Rechts und links stehen auf Steinkonsolen zwei weisse, fast lebensgrosse Engelsstatuen, ein Engel trägt ein Gefäss, der andere ein Band ohne Schrift. Eine Osterkerze auf geschmiedetem Fuss verweist mit Kreuz, Alpha und Omega auf Erlösung, Ende des irdischen und Anfang des ewigen Lebens.
Moderne Stationenbilder Beidseits der hellen Wände umlaufen auf Augenhöhe die vierzehn Stationen des Leidens Christi den Raum. In einfachem, weissem Rahmen treten uns die bekannten Szenen in grossen, eindrücklichen Bildern gegenüber, gezeichnet oder radiert in schwarz-weissem Kontrast. Anders als etwa bei den Stationenbildern in der Pfarrkirche ist jeweils nicht die ganze Szene, sondern ein Ausschnitt gegeben, vorab das Gesicht: Jesu Gesicht niedergedrückt unter dem Kreuz, Jesu Abbild auf Veronikas Tuch, die Antlitze Marias und des toten Sohns. Ihre Kondolenzkarten können Trauergäste nach dem Eingang in einen hellgrauen, oben abgeschrägten, steinartigen, achteckigen Korpus mit Kreuz und Einwurfschlitz legen. Die moderne Benderer Friedhofskapelle erlaubt mit ihrer stimmigen Form und Ausstattung einen ruhigen, gesammelten Abschied von Verstorbenen.
Rechts: Innenansicht, Katafalk, an den Wänden Kreuzweg von Josef Seger.
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Bauzeit 1896–1898 Weihe 7. August 1898, 6. Mai 1979 Renovationen 1937, 1979
Blick in die Grotte von Bendern mit Darstellung der Marien-Erscheinung von 1858 in Lourdes.
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Lourdes-Grotte Am westlichen Fuss des Benderer Kirchhügels öffnet sich in einem Felsüberhang eine Grotte, eine natürliche, offene Felshöhle. Vor mehr als einem Jahrhundert wurde hier 1896 bis 1898 eine «Lourdes-Grotte» eingerichtet. Sie ist ein oft aufgesuchter, stimmungsvoller Ort für fromme Hilfesuchende. Maria-Erscheinungen von Lourdes 1858 Die Benderer Lourdes-Grotte geht, wie zahlreiche solche Stätten in ganz Europa, auf die Marien-Erscheinungen der 14-jährigen Bernadette Soubirous (1844–1879) im Jahre 1858 zurück. Beim Städtchen Lourdes am nördlichen Fuss der Pyrenäen erlebte Bernadette in der Grotte von Massabielle Erscheinungen der Muttergottes, insgesamt achtzehnmal von Februar bis Juli. Maria erschien strahlend weiss gekleidet, blau gegürtet, mit Rosenkranz. Auf die Frage, wer sie sei, antwortete die Frauenerscheinung: «Ich bin die Unbefleckte Empfängnis», die Gottesmutter Maria also. Bernadette legte in der Grotte eine Quelle frei. Daraus fliesst bis heute das Lourdes-Wasser, von dem man sich Heilung von Krankheit und Gebrechen verspricht. Bald strömten damals zahlreiche Menschen zur Grotte von Lourdes. Nachdem die geistlichen Autoritäten nach anfänglicher Skepsis die Erscheinungen für echt erklärten, wurde Lourdes mit seiner Grotte zu einem Wallfahrtsort, Millionen Menschen suchen dort Heilung, bis heute. Bernadette, die dann mit 22 Jahren ins Kloster eintrat und 1879 mit 35 Jahren an Knochentuberkulose starb, wurde 1933 heiliggesprochen. Franz Werfel, der als Jude auf der Flucht einige Wochen in Lourdes Zuflucht fand, schrieb 1941 den Roman «Das Lied von Bernadette». Das Buch wurde weltweit übersetzt und gelesen, 1943 auch verfilmt. Buch und Film fanden auch in Liechtenstein ein Publikum. An vielen Orten in Europa entstanden vor und nach 1900 Lourdes-Grotten, meist in der Nähe einer Kir-
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che. Sie wurden der Originalgrotte von Lourdes nachgebildet. Ebenso ist in den Grotten jeweils eine Marien-Figur aufgestellt, wie sie von Bildhauer Joseph-Hueges Fabisch für Lourdes nach der Beschreibung von Bernadette geschaffen wurde und in Lourdes selber seit 1864 am Ort der Erscheinung aufgestellt ist. In diese ganze Tradition gehört auch die Lourdes-Grotte in Bendern. Wie kam es dazu? Auf Initiative von Pfarrer Häusle Von 1874 bis 1899 wirkte der aus dem Wallfahrtsort Rankweil stammende Franz Xaver Häusle (1841–1921) als Pfarrer in Bendern. Tatkräftig begleitete er 1875/1877 die umfassende Renovation der Pfarrkirche im neugotischen Stil. Ihm schwebte auch vor, Bendern als Wallfahrtsort weiter zu fördern. Er wallfahrte selber nach Lourdes und brachte von dort den Gedanken heim, auch in Bendern eine Lourdes-Grotte zu verwirklichen. Eine Höhle nahe der Kirche gab es ja. Geld für das Vorhaben erhielt er offenbar aus einem Vermächtnis. 1896 wurde der Grottenausbau begonnen, zwei Jahre darauf war er fertig. Feierliche Weihe Am 7. August 1898 konnte die «Marien-Lourdes-Grotte» in Bendern durch den Feldkircher Weihbischof Zobl eingeweiht werden. Hierzu zog man am Nachmittag im Beisein der Bevölkerung und zahlreicher Geistlicher in feierlicher Prozession von der Kirche zur Grotte, wo gepredigt und die Grotte geweiht wurde. Danach ging es zurück in die Kirche zu Te Deum des Kirchenchors und Segen. Nicht genug, schritt man am Abend mit einer Lichterprozession abermals zur neuen Lourdes-Grotte. Über der Marienstatue zitierte ein gebogenes Schriftband die Aussage Mariens von 1858: «Ich bin die unbefleckte Empfängnis», und über der Grotte stand auf einem Schild: «Ave Maria». Pfarrer Häusle dichtete zum Anlass ein «Lourdes-Grottenlied von Bendern». Es schliesst mit
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liegen er und seine Gemahlin auf dem Benderer Friedhof. 1979 wurde die Grotte wieder saniert, erneut wegen Wasserflüssen. Die Regierung leistete eine Subvention von 50 Prozent. Der Fels wurde freigelegt, das Gestein mit Injektionen behandelt, um eine Isolationsschicht zu legen. Die Treppenanlage wurde erneuert, mit Beton fundiert, das Eisengitter ersetzt, der Tuffsteinaltar erneuert, das grosse Kreuz mit elektrischen Leuchtbirnen versehen, der Grottenboden erhielt einen Granitbelag, Scheinwerfer wurden eingebaut. Bischof Vonderach von Chur weihte Altar und Grotte neu am 6. Mai 1979. 1989 schliesslich konnte das 100-jährige Bestehen der Lourdes-Grotte begangen werden, mit speziellen Sonntagsmaiandachten in der Grotte und Teilnahme der Kirchenchöre aller Unterländer Gemeinden und von Vaduz. Eine Festschrift wurde herausgegeben.
Figur in der Grotte von Bendern: Die zu Maria betende Bernadette Soubirous.
dem Refrain: «O schütze dein Volk und dein Land, Du Mutter mit mächtiger Hand. Ave Maria!» Eine Woche später konnte am 14. August 1898 der junge Gampriner Johann Georg Marxer bei der Lourdes-Grotte die Primiz feiern, er war später von 1924 bis 1945 Landesvikar. Sanierung und Renovation der Grotte Die Felsengrotte liegt im Sandstein, sie ist eine Tropfsteinhöhle. Wasser sickert durch und sintert Kalk aus. Es gab mit den Jahren Schäden. 1937 wurde eine erste Renovation der Lourdes-Grotte nötig. Möglich wurde sie in der wirtschaftlichen Krisenzeit durch eine Spende des reichen, damals in Biarritz lebenden Gampriner Neubürgers Maurice Arnold de Forest Graf von Bendern – heute
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Blick auf die Lourdes-Grotte An der Strasse, die zum Kirchhügel hochführt, öffnet sich rechts, direkt unterhalb der Pfarrkirche, zwischen gepflegten Buchsbäumen ein breiter, beidseits halbrunder Zugang auf eine breite und lange Steintreppe. Sie führt zur Grotte hoch, in der man von fern die weisse Marienfigur erkennt. Die Treppe führt über zwei Stufen auf ein kurzes Plateau und nach weiteren vier Stufen zur Schranke vor der Grotte. Deren Boden liegt nochmals zwei Stufen höher. Den Aufgang begleiten zu beiden Seiten getreppte Steingeländer. Der ganze, aufwendige Zugang zur Grotte zeigt, dass man sich hier einem bedeutenden Ort nähert, zu ihm aufsteigt, um zu verweilen, zu beten, zu bitten. Die Grotte als Halbhöhle im Felsen wird von einem gemauerten Vordach in Stichbogenform überwölbt. Abwechselnd dunkle und helle Steine bilden ein ornamentales Band. Über dem Steinvordach erhebt sich ein Podest mit Geländer. Ein weisses Schild grüsst mit dem grossen Schriftzug «Ave Maria».
Darüber steht ein hohes Kreuz, hinter dem man direkt zur Kirche aufblickt. Nachts gelegentlich mit Licht versehen, leuchtet das Kreuz weithin ins Dunkel, über den Rhein, zur Autobahn.
Entstehung der Grotte, ist im Kontrast zur in Weiss strahlenden Gottesmutter wie ein Bauernmädchen gekleidet, das Kleid ist rot, die Schürze blaugrün, Kopftuch, Halstuch und Gürtel sind weiss.
Mit der Kirche Mariä Himmelfahrt verbunden Die Lourdes-Grotte von Bendern ist nicht nur westlich, nahe der Pfarrkirche im Felsabhang platziert, sie ist auch mit Treppenaufgängen direkt mit dem Kirchenplatz verbunden. Links und rechts der Grotte führt vor der Gitterschranke je ein tonnengewölbter Durchgang mit eiserner Glastür zu gemauerten Treppen. Diese steigen, symmetrisch angelegt, zu beiden Seiten der Grotte über Zwischenpodeste zuerst zum grossen Podest mit dem Kreuz und von dort, zu einer einzigen Treppe vereinigt, steil aufwärts bis zum Platz vor dem Haupteingang der Pfarrkirche.
Den Brückenbogen überquellen Blumen, je nach Saison wechselnd. Blumen und Kerzen stehen auch auf und neben dem Altar. Rechts ist im Felsen ein Brunnenbecken ausgespart, als Quelle ähnlich wie in Lourdes.
Damit ist die Verbindung zwischen Lourdes-Grotte und Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt auch örtlich eng. Kirchenbesucher können so direkt in die Lourdes-Grotte niedersteigen. Ausser im Winter, da bleibt die Treppe wegen des stetig rinnenden, vereisenden Wassers geschlossen. Im Innern der Grotte Das Grotteninnere ist teils von Naturfels, teils von ausgemauerten Gewölbeteilen geprägt. Eine geschmiedete Chorschranke verwehrt den Zugang ins weitere Innere. Besucher können auf zwei Bänken davor Platz nehmen oder auch knien. In der Mitte steht ein einfacher Altartisch mit Kruzifix und Kerzen. Dahinter ist eine stichbogenförmige Brücke an den Fels gemauert. Auf dem Bogen steht rechts oben, die Grotte dominierend, die Marienfigur, strahlend weiss, die Hände gefaltet, mit lang herabhängendem Rosenkranz. Die von Bildhauer Gottfried Hilti, Schaan, in den 1950er-Jahren geschaffene Marienstatue ersetzte jene aus der Entstehungszeit. Auf der linken Seite des Brückenbogens, tiefer und der Marienfigur zugewandt, kniet die junge Bernadette, zu Maria aufblickend, die Hände fromm gefaltet. Diese Figur, noch aus der Zeit der
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Die Lourdes-Grotte ist auch Ziel von Prozessionen, so jeweils am ersten Sonntag des Monats von Mai bis Oktober, am 1. Mai mit abendlicher Lichterprozession, an Fronleichnam sowie am Patronatsfest Mariens am 15. August – der zugleich Liechtensteiner Staatsfeiertag ist. Maria Fürbitterin in individuellen Nöten Am Chorgitter können Besucher Kerzen anzünden, zur symbolischen Unterstützung einer Bitte. Den Obolus dafür legen sie in die im Fels eingelassene, metallene Grottenkasse. Besonders auffällig und eindrücklich sind die Votivtafeln. Sie sind links an der Grottenwand aufgehängt, in grosser Zahl, gegenwärtig einige Dutzend, in verschiedener Grösse, Farbe und Form. Alle danken der Gottesmutter für erlangte Hilfe, für Heilung von einer Krankheit, Genesung nach einer Operation, Überstehen eines schweren Unglücks, häufig steht auch einfach: «Danke, Maria hat geholfen.» Meist sind Jahr und Initialen der Dankenden auf den Tafeln angegeben. Die im christlichen Glauben immer schon starke Marienverehrung lebte im 19. Jahrhundert in der katholischen Kirche besonders auf. Maria gilt als Fürbitterin bei Gott im Himmel. Die fast immer neu brennenden Kerzen und die Votivtafeln in der Benderer Lourdes-Grotte zeigen, dass sie von vielen aufgesucht wird, zur stillen, kurzen Einkehr an diesem magisch anmutenden Felsenort, besonders auch in persönlichen Anliegen.
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Wegkapelle St. Maria, Oberbühl An der Strasse von Gamprin nach Schellenberg steht im Dorfteil Oberbühl leicht erhöht die Wegkapelle St. Maria. Sie ist gut 150 Jahre alt. 1865 wurde die Kapelle privat gebaut, in einer Zeit starker Marienverehrung. Die aus groben Bruchsteinen gemauerte Kapelle besteht aus Schiff und schmalerem Chor, beide rechteckig, belichtet durch halbrunde Fenster, gedeckt von einem Satteldach aus Ziegeln. Darauf erhebt sich ein hohes, viereckiges, geschindeltes Türmchen. Als Dachreiter sitzt es an der Naht zum Schiff über dem Chor, mit Schallöffnungen und spitzer, ziegelbedeckter Haube mit Kugel und Kru-
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zifix. Im Innern sind die Wände teils verputzt, teils steinsichtig belassen. Grabchristus Im Innern der Kapelle knien zwei kleine, geschnitzte barocke Leuchterengel. Und unter dem Altar liegt in einer gewölbten, weiss verputzten Nische auf einer dunklen Holzbank mit Kopfstütze ein sogenannter «Grabchristus». Er stammt, wie die Engel, aus der Zeit um 1700 (hier in der Kapelle sind sie in Kopie vorhanden, die Originale sind im Landesmuseum). Die geschnitzte und bemalte Christusfigur, bekleidet nur mit weissgrünem Lendenschurz, liegt auf dem Rücken, die Beine
leicht gebeugt, die Arme zu den Oberschenkeln gestreckt, die Hände übereinander gelegt. Die Wundmale sind sichtbar, der ganze Körper zeigt blutige Striemen, der Kopf trägt einen dreiteiligen Nimbus – und die Augen sind geöffnet. Die Darstellung des vom Kreuz abgenommenen und ins Grab gelegten Christus ist seit dem Spätmittelalter verbreitet. Oft wurde in der Karwoche in Kirchen ein Heilig-Grab mit einer Christusfigur platziert, um das Passionsgeschehen zu veranschaulichen, so etwa in den Pfarrkirchen Vaduz und Mauren. Gegenüber andern ähnlichen Figuren sehr ungewöhnlich ist, dass in der Kapelle St. Maria der Grabchristus mit offenen Augen liegt. Darüber können Besucher sinnieren, wenn sie die idyllisch gelegene Wegkapelle, die in privatem Besitz steht, aufsuchen.
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Linke Seite: Die Kapelle von aussen. Unten: Grabchristus im Innern der Kapelle, Holz, bemalt, um 1700 (Kopie, Original im Landesmuseum).
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Eschen Cornelia Herrmann
Pfarrkirche St. Martin Bauzeit
1893/94
Pläne
Architekten Hugo Beythenmiller und Adolf Kleber, Stuttgart
Bauausführung
Baumeister Eduard und Gebhard Näscher, Chur
Spatenstich
1. August 1893
Weihe
12. Oktober 1895
Renovationen
1977–1979 und weitere
Sanierungen
Ein historisches Ensemble am Eschner Dorfplatz Die Pfarrkirche St. Martin steht in zentraler Lage am Eschner Dorfplatz. Zusammen mit den benachbarten Pfrundbauten, dem ehemaligen Pfarrhaus und der ehemaligen Kaplanei, bildet sie eine historische Gebäudegruppe neben Zweckbauten jüngerer Zeitstellung, in denen unter anderem Gemeindeverwaltung und Gemeindesaal untergebracht sind. Im Zentrum von Eschen standen noch um die Mitte des 20. Jahrhunderts schlichte Bauern- und Handwerkerhäuser in dichter Bebauung. Vom alten Dorf ist nur wenig übriggeblieben. Umso mehr hebt sich das Gotteshaus heute als architektonischer Akzent von der übrigen gebauten Umgebung ab.
Eschen | Cornelia Herrmann
Zur Geschichte der alten und der neuen Pfarrkirche Wer den Weg nicht direkt zum Eingang an der Nordseite der Pfarrkirche St. Martin nimmt, stösst an deren Ostseite nahe den benachbarten Pfrundbauten zunächst auf ein Bronzewerk des Eschner Künstlers Hugo Marxer. Das 1999 enthüllte Denkmal in Gestalt eines geöffneten Buches zeigt auf der einen Seite ein Relief des schreibenden Johann Georg Helbert, eines Sohnes der Gemeinde, der nach seinem Tod im Jahr 1813 der Nachwelt eine bemerkenswerte Chronik hinterlassen hat. Schriftzeilen aus dem Werk zieren die Rückseite. Auf dem weiteren Weg entlang der östlichen Aussenfassade der Pfarrkirche gibt es die konservierten Fundamente von Vorgängerbauten der heutigen Pfarrkirche zu entdecken. Im churrätischen Reichsgutsurbar von 842/43 findet sich die erste urkundliche Erwähnung einer Kirche in Eschen, die mit Zehnt und Land zum Kloster Pfäfers gehörte. Baugeschichtlich gesichert ist eine romanische Kirche, die im 15. und 17. Jahrhundert erweitert wurde. Nachdem das Kloster Pfäfers 1838 aufgelöst worden war, fiel das Kollaturrecht zur Einsetzung der Seelsorger an den Landesfürsten. Seit 1999 hat es der Erzbischof inne. Der Spatenstich für den Bau der neuen Pfarrkirche St. Martin wurde am 1. August 1893 gesetzt. Die alte Pfarrkirche, ein einschiffiger Bau unter Satteldach mit Turm und dem Anbau einer Sakristei an der Südseite, war zu klein geworden und befand sich in einem schlechten Zustand. Sie gleiche eher einem Schuppen als einer Kirche, heisst
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es in zeitgenössischen Schriften zum Zustand des Gotteshauses. Ihr Abbruch erfolgte 1893/94. Über den Verbleib der alten Ausstattung ist nur wenig bekannt. Der Hauptaltar, ein reifes Werk des in der Region mit weiteren Arbeiten bekannten Feldkircher Bildschnitzers Erasmus Kern, steht heute als Prunkstück in der Pfarrkirche St. Cornelius in der deutschen Gemeinde Geilenkirchen-Grothenrath. Der Eschner Altar gehört zu einer nicht unerheblichen Zahl abgewanderter, zerstörter, verschollener Kunstwerke aus dem Fürstentum Liechtenstein, durch deren Verlust eine ohnehin karge Kunstlandschaft der frühen Jahrhunderte noch ärmer wurde. Dem Neubau der Pfarrkirche St. Martin wurden Pläne der Stuttgarter Architekten Hugo Beythenmiller und Adolf Kleber zugrunde gelegt. Diese Pläne waren ursprünglich für den Bau einer Kirche in Rankweil bestimmt, gelangten dort jedoch nicht zur Umsetzung. Die Bauausführung in Eschen übernahmen die Churer Baumeister und Eschner Bürger Eduard und Gebhard Näscher. Eine erste Segnung der Kirche erfolgte am 16. Dezember 1894, begleitet vom Geläute der drei alten Glocken aus der abgebrochenen Pfarrkirche. Zu den ersten Lieferanten der liturgischen Ausstattung gehörte die Tiroler «Werkstätte für Anfertigung kirchlicher Geräthe und Gefässe» von Jakob Rappel in Schwaz, aus der um 1893/94 eine neugotische Hostienmonstranz und ein Ziborium nach Eschen gelangten. Die Innenausstattung des Gotteshauses fehlte zu dieser Zeit noch in grossen Teilen. 1895 schliesslich füllte sich das Kircheninnere mit einem Hochaltar, zwei Seitenaltären, mit Kreuzwegstationen und Kanzel aus der Werkstatt des Südtiroler Bildschnitzers August Valentin aus Brixen. Am 12. Oktober 1895 weihte der Churer Bischof Johannes Fidelis Battaglia das Gotteshaus mit drei Altären. Noch fehlte die Innenausmalung,
Blick in das Innere zum Chor.
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die der Wiener Maler Franz Renner 1898 mit historisierenden Schablonenmustern ausführte. 1899 wurde ein Heilig-Grab-Altar aus der Werkstatt des oben genannten August Valentin aufgestellt. 1911 erfolgte der Einbau einer ersten Turmuhr, und die Glockergiesserei Grassmayr in Feldkirch nahm die oben genannten alten Glocken in Zahlung, goss fünf neue mit den Schlagtönen H - dis - fis - gis - h nach der Disposition des Salve-Regina-Motivs. Landesfürst Johann II. trug die Kosten für die grosse Glocke, die mit dem fürstlichen und einem Porträtrelief des Fürsten verziert ist. Die übrigen Glocken wurden durch Stiftungen von privater Seite finanziert. Rund 60 Jahre nach dem Bau der neuen Pfarrkirche St. Martin stand bereits die Frage nach einer umfassenden Renovierung, später auch nach einem Neubau im Raum. Die bestehende Pfarrkirche galt aus kunsthistorischer Sicht als nicht erhaltenswert, ihr Bauzustand wurde als bedenklich eingeschätzt. Die Bürger von Eschen aber sprachen sich 1975 in einer Abstimmung gegen einen Neubau aus. In den Jahren 1977 bis 1979 folgten Umbau- und Renovierungsmassnahmen unter dem Eschner Architekturbüro Batliner und Schafhauser. Die Neugestaltung des Inneren stand unter der künstlerischen Leitung von Georg Malin. Während dieser Umbauphase wurden unter anderem die Schablonenmuster des 19. Jahrhunderts von den Wänden geschlagen, diese mit neuem Verputz und neuer Farbgebung versehen. Das Hauptschiff erhielt einen offenen Dachstuhl mit sichtbarer Konstruktion, und das Walmdach über diesem Schiff wurde gegen Süden mit einer Giebelwand, darin ein Rundfenster, versehen. Die Seitenschiffe und der Bereich unterhalb der Empore liegen seitdem unter flachen Holzdecken. Während der bereits begonnenen Renovierungszeit erteilte der Gemeinderat 1978 die Zustimmung zu einer Turmerhöhung mit Turmhelmanpassung, deren Kosten von privater Hand übernommen wurden.
Eine Frontturmkirche im neugotischen Stil Im Vergleich zum Vorgängerbau liegt die heutige Pfarrkirche St. Martin um 90 Grad gedreht in NordSüd-Richtung. Das im neugotischen Stil ausgeführte Gotteshaus ist eine dreischiffige basilikale Anlage, deren Eingangsfassade im Norden von einem Frontturm mit zwei flankierenden Treppentürmen geprägt wird. Der rund 56 Meter hohe Hauptturm mit viereckigem Grundriss besitzt einen achteckigen Helm und vier Ziergiebel mit je einem Zifferblatt. In den Giebelecken sind Wasserspeier in Form von Drachenköpfen angebracht. Die Turmfassade nimmt ein Portal mit spitzbogigem Schmuckfeld auf, darin die Inschrift «Erbaut im Jahre des Herrn 1894», darüber ein Masswerkfenster und zwei kleinere Öffnungen, auf der Höhe der Glockenstube ein Schallfenster. An das basilikale Kirchenschiff schliesst sich südlich ein niedrigerer Chor an. An diesen eingezogenen und dreiseitig geschlossenen Chor grenzen an der Ostseite eine zweigeschossige Sakristei und an der Westseite eine zum Kirchenraum geöffnete Sakramentskapelle, diese mit einem von Georg Malin gestalteten Fenster. Jeweils sechs Strebepfeiler gliedern die Aussenwände der Seitenschiffe. Dazwischen liegen, wie im erhöhten Mittelschiff, fünf spitz- bzw. rundbogige Fenster. Das Mittelschiff liegt unter einem Satteldach, die Seitenschiffe tragen Pultdächer. Das Äussere der Pfarrkirche St. Martin erzielt das Bild einer mit einfachen Architekturformen gestalteten Landkirche, zu deren eleganten und leichteren Gesamtwirkung die nachträgliche Erhöhung des Turmes beigetragen hat. Von eingebauten Stahlträgern und goldfarbenen Sternen Wir betreten die Kirche durch eine zweiflügelige Tür, erreichen zunächst eine kleine Vorhalle, die in das Kircheninnere überleitet. Im Innern emp-
Rechte Seite: Hauptaltar aus der Tiroler Kunstfabrikation von August Valentin, Chorfenster von Karl Wehrli aus Zürich.
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fängt uns ein hohes Mittelschiff mit seitlichen Spitzbogenarkaden. Im südlichen Giebelfeld ist ein Rundfenster zu sehen, gestaltet nach Entwürfen des Eschner Künstlers Hugo Marxer. Über dem Mittelschiff erhebt sich ein offener Dachstuhl. Die tieferen Seitenschiffe liegen jeweils unter mit Holz verkleideten Flachdecken. Während die Nordwand mit der stützenlosen, von eingebauten Stahlträgern gehaltenen Empore samt der Schleifladenorgel der deutschen Orgelbaufirma E. F. Walcker & Cie. den Neuerungen der Renovierung in den 1970er-Jahren vorbehalten ist, verströmt der Chorraum noch den Geist der Erbau-
ungszeit der Pfarrkirche. Dieser Geist wiederum kontrastiert mit der neuen Altarinsel, ein über Stufen erreichbares Podest, das in das Kirchenschiff hineinragt. Der Chor selbst trägt ein mit goldfarbenen Sternen auf blauem Grund bemaltes Kreuzrippengewölbe. Etwa zeitgleich wie der neugotische, ehemalige Hochaltar vor der Rückwand des Chors entstanden die beiden Chorfenster, 1894 ausgeführt von der Glasmalereiwerkstatt Carl Wehrli in Zürich. Stimmungsvolle Fenster mit den Bildthemen der Taufe Jesu im Jordan inmitten einer fruchtbaren, blühenden Landschaft und der Auferstehung Christi, mit ausdrucksstarken Figuren, wie die erschrockenen Wächter beim Anblick des Auferstandenen, gerahmt von Blütenborten und geometrischem Rankenwerk. Wehrli schuf in Liechtenstein auch die neugotischen Fenster für die Pfarrkirche in Ruggell und die neubarocken Fenster für die alte Pfarrkirche in Triesenberg. In der Eschner Pfarrkirche St. Martin harmoniert, einem Gesamtkunstwerk gleich, die Farbigkeit der Fenster mit der des Chorgewölbes und des ehemaligen Hauptaltars. Zwei weitere Fenster von Wehrli – Verkündigung Mariens und Geburt Christi – finden sich in den vorderen Seitenschiffen. Die Innenausstattung – eine Mischung aus Tradition und Moderne Die Ausstattung der Pfarrkirche St. Martin setzt sich zusammen aus neugotischen Arbeiten der Tiroler Kunstfabrikation des August Valentin in Brixen, aus Ausstattungsstücken der alten Pfarrkirche und aus Ausstattungselementen, die der Künstler Georg Malin, Mauren, in moderner Formensprache entworfen hat. Zur dritten Gruppe gehören Altartisch, Ambo, Sedia, Kredenztisch Links: Muttergottes des Feldkircher Bildschnitzers Erasmus Kern. Rechte Seite: Neugotische Hostienmonstranz, vermutlich aus der Werkstatt von Jakob Rappel in Schwaz.
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Linke Seite: Mariä Verkündigung, Glasmalerei von Karl Wehrli.
und Taufbrunnen, die wie die Altarinsel aus dem gleichen Marmor wie der Bodenbelag der Kirche geschaffen wurden. Vor der Rückwand des Chorraums erhebt sich der ehemalige Hauptaltar aus der Werkstatt des August Valentin. Die ehemaligen Seitenaltäre im Nordteil der Seitenschiffe, ein Marienaltar und ein Josefsaltar, beide geweiht im Jahr 1895, stammen ebenfalls aus der Werkstatt von Valentin. Das Zentrum des monumentalen neugotischen Hauptaltars bestimmt eine Kreuzigungsgruppe mit Maria und Johannes zu beiden Seiten des Kreuzes, flankiert von den beiden Heiligen Martin mit Bettler (links) und Jakobus d. Ä. mit Pilgerstab (rechts). Die zahlreichen filigranen, goldgefassten Architekturelemente und die vielen Köpfe – es sollen mit den Relieffiguren im unteren Teil des Altars insgesamt 75 sein – machen den Altar zu etwas Besonderem. Er gehört, wie auch die schlichteren, aber erzählerisch starken Seitenaltäre, zu den ein-
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drucksvollen Beispielen der Bildhauer- und Tischlerkunst des frühen 20. Jahrhunderts. Mit dem Künstler Erasmus Kern entfernen wir uns von der Hauptbauzeit der Pfarrkirche St. Martin. In der Sakramentskapelle steht eine Mondsichelmadonna, die aus einem der verschollenen Seitenaltäre der alten Pfarrkirche, vielleicht dem 1650 bei Kern in Feldkirch in Auftrag gegebenen Bruderschaftsaltar stammen soll. Das ursprüngliche Erscheinungsbild ist heute verloren. Krone, Mondsichel und Zepter sind ebenso neu wie das Jesuskind mit Reichsapfel und wie die polychrome Fassung. Da wir nur wenig über die Ausstattung der alten Pfarrkirche wissen, wäre diese Figur ein Glücksfall, falls die Zuordnung zum Seitenaltar stimmen sollte. Die Madonnenfigur wiederum kontrastiert mit dem Tabernakel in der Stirnwand der Kapelle, den der Künstler Georg Malin in moderner Formensprache entworfen und ausgeführt hat. Eine Mischung aus Tradition und Moderne, das Resultat einer schwierigen Bauaufgabe.
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Friedhofskapelle Adam und Eva, die Stammeltern des Menschengeschlechts, rahmen das doppelflügelige Eingangsportal zum Eschner Friedhof bei der Pfarrkirche St. Martin. Die lebensgrossen, von Gottfried Hilti, Schaan, 1947 in Sandstein ausgeführten Figuren gehen auf Entwürfe des Bildhauers Emil Gehrer aus Bregenz zurück. In dieser Zeit war unter dem Feldkircher Architekten G. Meusburger eine Neugestaltung des Friedhofareals erfolgt, eine Totenkapelle jedoch noch nicht in die Planung einbezogen worden. Den Auftrag für den Bau einer Friedhofskapelle erhielt Architekt Willy Marxer aus Nendeln im Jahr 1978. Am 22. April 1979 wurde der Neubau
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mit geschlossenem Aufbahrungsraum an seinem Standort nahe beim Eingangsportal zum Friedhof und westlich der Pfarrkirche St. Martin vom Churer Bischof Johannes Vonderach gesegnet. Der moderne Betonbau mit bewegten Konturen, einem über dem Eingang auskragenden Dach, davor ein Brunnen, zeichnet sich im Innern durch Naturholz, weissen Verputz und eine von farbigen Glasfenstern erzeugte Atmosphäre aus. Die bleiverglasten Fensterflächen entstanden nach Entwürfen der Vaduzer Künstlerin Regina Marxer. Ausgeführt wurden sie von Kunstglaser Georg Mathies aus St. Gallen.
Die Dachpartie trennt ein im Mauerwerk der Kapelle umlaufendes Glasband mit variationsreichem Farbenspiel von den Kapellenwänden. Ein in dieses Band eingebundenes, trapezförmiges Fenster thematisiert das Werden und Vergehen des Universums, den Kreislauf des Lebens, in den der Mensch eingeordnet ist. Im Schoss der Erde ruht der Mensch, aus seinem Leib wächst der Baum des Lebens, dessen Wurzeln in das ewig strömende Wasser reichen. Über dem Baum mit üppigem Laubwerk in runden Formen und grünen Farbtönen sind Sonne, Mond und Gestirne in leuchtenden Farben eingefügt. Der Baum des Lebens ist ein uraltes Symbol und Mythenmotiv in vielen Religionen und Kulten. Da seine Wurzeln tief in die Erde ragen und seine Wipfel den Himmel berühren, ist er ein Bindeglied zwischen Himmel, Erde und dem Ruheort der Toten. Alles Irdische ist vergänglich, und alles Leben kehrt zur Erde zurück.
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Unten: «Baum des Lebens», Fenstergestaltung nach Entwürfen der Vaduzer Künstlerin Regina Marxer.
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Kapelle Heilig Kreuz / Rofenbergkapelle Bauzeit 15. Jh. und 16. Jh. schriftliche Erwähnungen, Renovationen
1. Hälfte 17. Jh. Aufstockung 1856 Dachreiter 1877, 1928, 1952, 2001/02, 2010
Wahrzeichen von Eschen Die kleine Kapelle auf dem Rofenberg, einer Anhöhe oberhalb von Eschen, ist dem Heiligen Kreuz geweiht. Das Kirchweihfest wird alljährlich feierlich am ersten Sonntag nach dem 3. Mai begangen. Geläufiger als der Name «Kapelle Heilig Kreuz» ist die von ihrem Standort abgeleitete Bezeichnung «Rofenbergkapelle». Das historische Kleinod mit einer berührenden Ausstrahlung inmitten eines expandierenden Umfeldes gilt als Wahrzeichen der Gemeinde Eschen. Ihre einstige Bedeutung als Pilgerziel hat die Kapelle verloren. Gelegentlich werden Andachten und Messfeiern im Kirchlein abgehalten. Historische Stätte am alten Pilgerweg Auf dem Rofenberg befinden wir uns in zweierlei Hinsicht auf historischem Boden. An der Kapelle
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verlief einst eine Durchgangsstrasse ins Toggenburg. Diese war Teil eines Pilgerwegs, dessen Route von Feldkirch über Eschen zur Rheinfähre bei Bendern, jenseits des Rheins bis Wildhaus und nach Einsiedeln führte. Dort trafen sich die Pilger zu ihrem weiteren Weg über Le Puy in Frankreich bis nach Santiago de Compostela in Nordwestspanien, neben Rom und Jerusalem einer der bedeutendsten christlichen Wallfahrtsorte. Eschen war zudem Gerichtsort der Herrschaft Schellenberg bzw. der «unteren Landschaft». Das Gericht tagte zunächst auf einem offenen Platz bei der Kapelle Heilig Kreuz, später in der nahe gelegenen Taverne, im 1883 abgebrannten Vorgängerbau des Gasthauses Hirschen. In der seit dem 16. Jahrhundert urkundlich bezeugten Taverne waren einst auch Gefängnis und Zollstätte untergebracht. Geschichte und Baugeschichte Zur Baugeschichte des Kirchleins ist nur wenig bekannt. Auf eine Kapelle auf Rofenberg lassen Einträge von Pfarrer Kaspar Ammann im Jahrzeitbuch der Pfarrkirche Eschen schliessen. In diesem Buch mit Aufzeichnungen seit der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts ist unter anderem von einem Wingert bei der Kapelle die Rede. An das alte Weinanbaugebiet auf Rofenberg erinnert heute die Bezeichnung des Wohngebiets «Kappiliwingert». Hinweise auf ein Bestehen der Kapelle im 16. Jahrhundert geben die Jahreszahlen «1551» und «1583». Diese Inschriften wurden im Zuge einer Renovierung im Jahr 1952 im Kapelleninnern zusammen mit Pilgerzeichnungen freigelegt. Das Patrozinium der Kapelle wird erstmals für das Jahr 1650 in einer schriftlichen Quelle genannt. Landammann Hoop (Hopp) ist in diesem Dokument als Bauherr der «Gnaden Reichen Capelle desß h. Creüzes auf Roffenberg» zu finden. Der Landammann und andere fromme Nachbarn haben 1649 in der Kapelle einen Altar errichten lassen, notiert 1841 der Eschner Pfarrer Benedikt Styger. In dem Schreiben über die Einkünfte der Pfarrei Eschen heisst es weiter, dass die Kapelle ein eige-
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nes Vermögen habe und vom Kloster Pfäfers immer als Eigentum der Gemeinde Eschen betrachtet worden sei. Für die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts ist eine Aufstockung der Kapelle um zwei Meter anzunehmen. Es entstand ein neu dimensionierter Innenraum, der für den oben genannten Altar von 1649 ausreichend Platz bot. Die Fensteröffnungen wurden damals zu den spitzbogigen Fenstern erweitert, wie wir sie heute kennen. Der Dachstuhl weist Hölzer mit den Fälldaten 1810/1813 auf, der heutige Dachreiter entstand um 1856. Die Renovierungsmassnahmen von 1952 beinhalteten unter anderem die Sanierung des Dachstuhls und des Mauerwerks, die Erneuerung von Bodenbelag und Decke, den Einbau einer neuen Eingangstür und neuer Fenster mit Glasmalereien von Martin Häusle, Satteins, Feldkirch. Ein Kirchlein mit Vorplatz Der Weg zur Kapelle Heilig Kreuz führt zunächst über einen Vorplatz, der von einem halbrunden Mäuerchen umgeben ist. Vor diesem Mäuerchen wurde 2001 eine Linde gepflanzt, die einen älteren Baum von 1825 ersetzte. Die mit dem Chor nach Osten orientierte Kapelle präsentiert sich als ein schlichter, ungegliederter Baukörper. Dieser ist in Bruchsteinmauerwerk errichtet und mit einem Verputz versehen. Das mit Ziegeln gedeckte Walmdach kragt an der Westseite über dem Eingang vor, bildet hier ein von Streben getragenes Vordach, ein sogenanntes Vorzeichen. Die Westseite wird zudem von einem offenen Dachreiter bestimmt. Sein schlanker, achteckiger Spitzhelm ist mit Holzschindeln gedeckt. Unter diesem Helm hängen zwei historische Glocken. Die ältere mit dem Schlagton B trägt die Datierung 1653, die jüngere mit dem Schlagton C wurde gemäss Inschrift 1704 von Gabriel Felix in Feldkirch gegossen. Allabendlich erklingen die Glöcklein, im Sommer um 20 Uhr, im Winter um 19 Uhr. Sie werden per Seilzug geläutet, mit einer
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wertgeschätzten Regelmässigkeit, um welche die Wirtefamilie im benachbarten Gasthaus Hirschen (bewirtschaftet bis 2018) besorgt ist. Pilgerzeichnungen im Innern Wir betreten die Kapelle Heilig Kreuz durch einen spitzbogigen Eingang mit einer zweiflügeligen Tür aus Eichenholz. Das leicht aus der Mittelachse der Westwand verschobene Portal wird auf der linken Seite von einem kleinen Fenster mit flachem Bogen flankiert. Die Kapelle mit ihren beschränkten Raumverhältnissen konnte grössere Pilgergruppen kaum aufnehmen. Ein solches Gebetsfenster ermöglichte den Blickkontakt zum Altar, so wie es heute bei verschlossener Tür den Blick ins Innere gewährt. Das Innere der Kapelle liegt unter einer Kassettendecke jüngerer Zeit. Die heutigen Bodenplatten ersetzen seit 1952 einen älteren Ziegelboden. Im Zuge dieser Renovierungsmassnahmen erfolgte an den Wänden die Freilegung von gemalten Apostelkreuzen und deren anschliessende teilweise Übertünchung. Die Übermalungen wurden im Zuge der Kapellensanierung von 2001 wieder freigelegt und, wie weitere Malereien an den Wänden von Chor und Kapellenschiff, gereinigt und konserviert. Zum malerischen Gesamtbestand gehören von unterschiedlichen Händen mehrheitlich mit Rötelstift gefertigte Zeichnungen und Inschriften. Sie werden als Pilgerzeichnungen interpretiert. Wappen und Ornamente, Gestalten mit Fahne bzw. Stab, ein Fischsymbol, Stierköpfe, Namenszüge, Jahreszahlen und andere Motive mehr sind zu sehen. Glasmalerei von Martin Häusle Der Kapellenraum wird durch drei Spitzbogenfenster sparsam belichtet. Die Entwürfe der Glasmalereien schuf der in Feldkirch ansässige Künstler Martin Häusle.
Blick in das Kapelleninnere zum Altarraum mit 1649 gestiftetem Altarretabel.
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Links: Christus als Weltenrichter, Glasfenster von Martin Häusle, Feldkirch. Rechte Seite: Halbfigur eines unbekannten Heiligen, um 1700.
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zeigen gemalte Darstellungen der beiden Pestheiligen, dem hl. Sebastian (links) und dem hl. Rochus (rechts). Zum weiteren Bild- und Figurenrepertoire des Altars gehören Puttenköpfchen, eine gemalte Halbfigur Gottvaters, eine flammende Sonne mit dem Herz Jesu. Über die am Gesamtwerk beteiligten Handwerker und Künstler ist zwar nichts bekannt, doch werden Teile des Altars aus stilistischen Gründen in der Nähe der Werkstatt des Feldkircher Bildschnitzers Erasmus Kern gesehen. Der Altar steht heute auf einer Mensa jüngerer Zeitstellung, während bis zur Renovierung der Kapelle im Jahr 1952 eine ganz besondere Mensa eingebaut war. Es handelte sich um die Grabtafel eines Geistlichen aus dem 15. Jahrhundert, deren Reliefseite nach unten gekehrt und darum unentdeckt geblieben war. Die eingemeisselte Jahreszahl «16 IHS 08» könnte auf den Beginn der Zweitverwendung verweisen. Das Original der Grabtafel befindet sich im Liechtensteinischen Landesmuseum in Vaduz, eine Abgusskopie ist an den Pfrundbauten beim Eschner Dorfplatz angebracht. Ausgeführt wurden sie von der Tiroler Glasmalerei und Mosaikanstalt in Innsbruck. Eine flächenhafte, klar gestaltete Komposition und auf ihren Umriss reduzierte Figuren zeichnen Häusles Glasmalerei dieser Zeit aus. Zu den Darstellungen in der Rofenbergkapelle gehören Christus als Weltenrichter (Süden), Maria als Gnadenspenderin (Osten) und der hl. Martin mit Bettler (Norden).
Der kleine Kapellenraum lässt nur wenig Platz für eine weitere skulpturale und malerische Ausstattung. Hierzu gehören Skulpturen männlicher Heiliger. Votivbilder vom Ende des 17. Jahrhunderts erinnern an die Zeit, als die Rofenbergkapelle noch Ziel von Pilgern, von Heil- und Rettungssuchenden war.
Altar, Votivbilder und Figuren «Zur Ehre Gottes hat diesen Altar gestiftet Hr. Landaman der Grafschaft Schellenberg, 1649», heisst es in der Inschrift auf der Predella, dem Sockel des Altarretabels. Die Jahreszahl erscheint ein zweites Mal unterhalb der Giebelarchitektur. Das Mittelstück des Altaraufbaus nimmt in einer von zwei Säulen flankierten, flachen Nische eine Kreuzigungsgruppe mit Jesus am Kreuz, Mutter Maria (links), Maria Magdalena (Mitte) und hl. Johannes Evangelist (rechts) auf. Die kleineren Seitenteile
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Kapelle im Haus St. Martin Das 1904 erbaute Bürgerheim von Eschen mit einer kleinen Hauskapelle wurde 1978 durch einen Neubau erweitert. Doch es zeigte sich bald, dass das Gebäudeensemble künftigen Anforderungen mit einem langfristig ansteigenden Bedarf an stationären Pflegeplätzen nicht mehr genügte. In nächster Nähe zum Dorfzentrum, zur Pfarrkirche St. Martin und zu den Pfrundbauten wurde darum ein modernes Haus der Pflege und der Begegnung, ein modernes Sozialzentrum errichtet und das alte Bürgerheim abgebrochen. Nach zweijähriger Bauzeit konnte Ende Oktober 2009 der Neubau des Hauses St. Martin in Eschen bezogen werden.
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Die Hauskapelle, ein Ort für das stille Gebet und die Feier der heiligen Messe, ein schlichter Andachtsraum mit zweckmässiger Einzelbestuhlung ist im Erdgeschoss des Gebäudes untergebracht. Die moderne Ausstattung mit Altar, Kreuz, Ambo und Tabernakel kontrastiert mit Figuren älterer Zeitstellung, wie einer Fatima-Muttergottes mit weissem Mantel aus der Kapelle des ehemaligen Bürgerheims und einer Herz-Jesu-Statue in goldfarbener Stele, eine Dauerleihgabe der katholischen Pfarrei St. Martin.
Büelkappile Das Büelkappile steht auf Eschner Gemeindegebiet in idyllischer Lage nordöstlich des Dorfs im Büel, am Waldrand unterhalb der Strasse nach Schellenberg. Es befindet sich seit Generationen in Privatbesitz einer Maurer Familie, wurde von den Vorfahren aus Dankbarkeit für eine Genesung gebaut. Der kleine Sakralbau in Bruchsteinmauerwerk liegt unter einem mit Ziegeln gedeckten Satteldach. An der Nordostseite erhebt sich ein angebauter Turm unter einem Zeltdach, das mit Kupferblech eingedeckt ist. In der vergitterten Andachtsnische im verputzten Innern ist eine Madonnenfigur zu sehen, die aus einem Seitenaltar der Pfarrkirche in Mauren stammen soll. Die Oase der Ruhe lädt nach einem Spaziergang zum Verweilen, zu einem Gebet ein.
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Oben: Andachtsnische mit Madonnenfigur. Unten: Eine Wegkapelle in idyllischer Lage am Waldrand.
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Kapelle St. Sebastian und St. Rochus, Nendeln Bauzeit
1935
Pläne
Architekt Josef Steiner, Schwyz; Vorarbeiten: Friedrich Brutschin, Schwyz, und Rudolf Meier, Nendeln
Bauausführung Baumeister August Wenaweser, Schaan
Eine Kapelle an der Sebastianstrasse Das Dorf Nendeln gehört zur politischen Gemeinde Eschen und mit Eschen zur Pfarrei St. Martin. Das Gemeindegebiet von Eschen reicht bis an den Westhang des Drei-Schwestern-Massivs. An dessen Hangfuss liegt Nendeln, von Eschen getrennt durch das Eschner Riet. Die Kapelle St. Sebastian und St. Rochus in Nendeln steht in leicht erhöhter Hanglage auf 455 m ü. M., etwas abseits der Hauptverkehrsachse, der Churerstrasse, von der die Sebastianstrasse in östlicher Richtung zur Kapelle führt.
Grundsteinlegung 10. Juni 1935 Weihe
10. November 1935
Renovationen
1968, 1982 und weitere
Sanierungen
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Zur Geschichte Nendeln besass schon zu früherer Zeit eine erste eigene Kapelle. Diese wurde laut Inschrift auf dem Altar von 1639 während unruhiger Zeiten mit Pest
und Krieg auf Kosten von Wolf Senti und seiner Ehefrau Maria Oehri erbaut. Die Weihe von Kapelle und Altar zu Ehren der Jungfrau Maria sowie der Heiligen Sebastian und Rochus erfolgte am 12. Januar 1640. 1686 wird von einer Neuweihe berichtet, der eine Erneuerung des sakralen Gebäudes vorausgegangen sein könnte. Die Altäre von 1639 und 1686 sowie ihr Figurenschmuck sind in Teilen erhalten und werden heute, nach einer langen Odyssee, im Liechtensteinischen Landesmuseum in Vaduz aufbewahrt. Die Gründung der bis heute bestehenden Sebastiansbruderschaft ist für das Jahr 1695 zu verzeichnen. Die Kapelle St. Sebastian und St. Rochus wurde zur Bruderschaftskirche bestimmt. In den
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Satzungen der Bruderschaft werden die Mitglieder zu eifriger Frömmigkeit und echter Nächstenliebe, zur Teilnahme am Gottesdienst am jährlichen Bruderschaftstag angemahnt. 1855 bemühte man sich in Nendeln um die Errichtung einer eigenen Pfründe für die Kapelle St. Sebastian und St. Rochus, doch ohne Erfolg. Der Abbruch der Kapelle erfolgte 1941 im Zuge des Ausbaus der Landstrasse, der heutigen Churerstrasse. Sechs Jahre zuvor war nördlich, auf einem von privater Hand gestifteten Grundstück, eine neue Kapelle für die Nendler Bevölkerung erstellt worden.
Unten: Ambo des Eschner Bildhauers Hugo Marxer.
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Blick in das Kapelleninnere mit Wandmalereien von Friedrich Brutschin, Schwyz.
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Spenden und Fronarbeit Die neue Kirche St. Sebastian und St. Rochus wurde 1935 nach den Plänen des Architekten Josef Steiner aus Schwyz erbaut. Diesen Plänen lagen Vorarbeiten von Prof. Friedrich Brutschin, ebenfalls aus Schwyz, und dem Präfekten Rudolf Meier aus Nendeln zugrunde. 2005 konnte die Jubiläumsmesse der inzwischen 70 Jahre alten Nendler Kirche gefeiert werden. Kuratskaplan Adriano Burali und Erzbischof Wolfgang Haas zelebrierten gemeinsam das Messopfer. Der Kirchenbau wurde in schwierigen Vorkriegszeiten zum grössten Teil mit wohltätigen Spenden finanziert, durch freiwillige Fronarbeit der Bevölkerung und unter Beteiligung heimischer Handwerker realisiert. Die Weihe zelebrierte am 10. November 1935 Landesvikar Johann Georg Marxer. Hinsichtlich der Nutzung des Kapellenneubaus wurden Diskussionen zwischen dem Bistum Chur und Nendeln ausgelöst, die der Nachwelt als «Eschner Kirchenkonflikt» überliefert sind. 1936 war die Frühmesse in Nendeln untersagt und der Besuch der Sonntagsmesse in der Pfarrkirche St. Martin in Eschen seitens des Churer Bischofs angemahnt worden. In Nendeln beschloss man daraufhin, die Zahlungen an die Gläubiger der aus dem Kirchenneubau entstandenen Kosten einzustellen. Es brauchte noch weitere Jahre, bis endlich 1941 in Nendeln regelmässig Gottesdienste gefeiert wurden. Im Innern erhielt die Kapelle 1951 gemalte Kreuzwegstationen von der Hand Ludwig Schnürigers. Eine Sakristei wurde 1952 angebaut, diese 1982 erweitert. Die Weihe einer ersten Orgel erfolgte am 22. Dezember 1968. Bis dahin war der Gesang von einem Harmonium begleitet worden. Im Stil der gemässigten Moderne Die in Ziegelmauerwerk errichtete und verputzte Kapelle St. Sebastian und St. Rochus besteht aus einem schlichten Langhaus, an das sich im Osten ein gerade geschlossener und eingezogener Chorraum anschliesst. An der Nordseite des Chors liegt der Sakristeianbau. Im Westen wird der Besucher von einer kleinen Vorhalle mit offenen Bögen emp-
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fangen, an die nordwestlich ein Turm mit Pultdach angrenzt. Die vom Schweizer Architekten Josef Steiner angewandte Architektursprache stammt aus dem Bereich der Moderne, die als eine gemässigte zu bezeichnen ist. Ein Kirchlein ohne Luxus, aber gefällig und praktisch, heisst es 1935 im Liechtensteiner «Volksblatt». Die Kapelle St. Sebastian und St. Rochus ist ein relativ junger Sakralbau, der in seiner zurückhaltenden Form in eine Reihe mit beispielsweise dem Josefskirchlein in Vaduz (1930/1931) oder der Theresienkirche in Schaanwald (1936/1939) gestellt werden darf. Glocken rufen zum Gottesdienst In der Glockenstube des Turms hängen seit 1965 hinter den weiten, rundbogigen Schallöffnungen insgesamt sechs Glocken. Hierzu gehört die kleine Sebastiansglocke von 1709 aus der Glockengiesserei Gabriel Felix in Feldkirch, die schon in der alten Kapelle geläutet wurde. Drei der Glocken wurden 1939 in der Glockengiesserei Staad, St. Gallen, gegossen und am 8. September 1940 zu Ehren der Mutter Gottes, des hl. Michael und des hl. Sebastian geweiht. Die mehr als 500 kg schwere Dreifaltigkeitsglocke von 1965 stammt aus der deutschen Glockengiesserei Karl Czudnochowsky in Erding. Die Glocken werden, mit Ausnahme des Glöckleins aus der alten Kapelle, elektrisch geläutet. Visionäre Kräfte im Innern Je vier buntverglaste Rundbogenfenster im Kapellenschiff und zwei Lünetten im Altarraum belichten das Kircheninnere. Die nichtfigurative Fenstergestaltung stammt von der Glasmanufaktur Mäder in Zürich. Beide Raumteile liegen unter einer flachen Holzdecke. Die Westseite nimmt eine Empore ein, auf der 1968 die Orgel aus der traditionsreichen deutschen Orgelbaufirma E. F. Walcker in Ludwigsburg aufgestellt wurde. Zur besonderen Atmosphäre des Innenraums tragen die Malereien im Altarraum und an den
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Links: Wolke und Engelskopf, Detail des Chorbogenkreuzes aus der alten Kapelle. Rechte Seite: Kreuzweg- station von Pfarrer Ludwig Schnüriger.
Stirnwänden des Chorraums bei. Prof. Friedrich Brutschin, Geistlicher und Künstler aus Schwyz, erzielte mit einem klar strukturierten Bildaufbau von geringer Tiefe, mit präzise konturierten, zarten Figuren und vor allem mit einer Farbgebung in den Tönen Türkis, Blau und Rosarot eine besinnliche Wirkung. Bilder voller visionärer Kraft sind entstanden. Im Zentrum der flachen Chorwand ist vor türkis-blauem Hintergrund ein Gnadenstuhlmotiv zu sehen. Gottvater mit geöffnetem Mantel hält seinen Sohn am Kreuz. Vor dem Bart Gottvaters schwebt der Hl. Geist in Gestalt einer Taube. Je neun Cherubim, Engel in langen Gewändern, flankieren die Hauptgruppe. Im Zentrum des erhöhten Altarraums und vor den Malereien von Brutschin steht ein blockhafter Altartisch von 1935 aus der Keramikwerkstätte Schädler in Nendeln, darauf ein 1967 angeschaffter Tabernakel. Die Stirnwände des Altarraums tragen Malereien, die Maria mit Kind (links) und den an einen Stamm gefesselten Märtyrer Sebastian (rechts) darstellen. Beide Figuren werden von zwei stehenden Engeln begleitet. Die ehemals gemauerten Seitenaltartische wurden entfernt. Zur weiteren Ausstattung Die von Pfarrer Ludwig Schnüriger in Brauntönen gemalten Kreuzwegstationen zieren die Wände des Kapellenschiffs. Sie sind 1951 entstanden, während
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Schnürigers Zeit als Hofkaplan in Schaan. Schnürigers Werk ist gekennzeichnet von einer klaren Strichführung, streng in Geometrie und Symmetrie. An der Nordwand hängt ein holzgeschnitztes und polychrom gefasstes Kruzifix aus der Zeit um 1750, eine ländliche Arbeit mit einer Trauergruppe, mit Maria und Johannes. Das Werk wurde aus dem Abbruchschutt der 1941 abgetragenen alten Kapelle gerettet, gelangte in den Kunsthandel und durch Rückkauf 1998 wieder in den Besitz der Gemeinde Eschen. Erhalten ist zudem das Chorbogenkreuz aus der alten Kapelle, dessen Kreuzfuss mit Wolke und Engelskopf verziert wurde. Darüber ist ein Wappenschild mit der Jahreszahl «1639» angebracht. Die Initialen «I:I» und ein Hufeisen werden mit Jörg Lampert, Pfarrer in Bauren, Österreich, und Sohn des Landammanns Thomas Lampert in Zusammenhang gebracht. Aus jüngerer Zeit stammen in moderner Formensprache gestaltete Ausstattungsobjekte des Eschner Bildhauer Hugo Marxer: Taufbecken, ein Engel in Stein, geweiht am 29. November 1998, und Ambo von 2002, mit Inschrift «logos», überleitend in die Gestalt eines Adlers, dem Symbol des Evangelisten Johannes. Das Kapelleninnere wurde für neue Ideen geöffnet und durch neue Gestaltungsformen bereichert.
Eschen | Cornelia Herrmann
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Mauren Peter Geiger
Pfarrkirche St. Peter und Paul Bauzeit
1842/43
Pläne
Laurenz Vogel, Wien
Bauleitung
Jakob Oehri, Tisis
Weihe
6. September 1846
Renovationen
1948/49, 1985–1988
Über den Hügeln von Mauren Von Weitem leuchtet an der Ostseite des Eschnerbergs die weisse Kirche von Mauren mit dem geschwungenen Turmhelm hervor, mitten zwischen Dorfteilen und gletschergeformten Hügeln. Sie liegt, der Hangrichtung folgend, erhöht auf dem Kirchabot, einem schmalen Plateau zwischen Heraböhel und Weiherring. Wer heute die Kirche betritt, der staunt ob der Helle, der Einfachheit der Formen und der Schönheit der Ausstattung. Sie verbindet die einfache Bauform mit älteren wie neuen sakralen Objekten. Römisch, frühchristlich, romanisch, gotisch Der Platz war seit Jahrtausenden bevorzugt. Bronzezeitliche Gegenstände fand man. Römer siedelten hier, wie Hypokausten zur Warmluftheizung bekunden. Auf den römischen Ruinen entstanden christliche Sakralbauten. Sie sind archäologisch erforscht und unter der Kirche zugänglich.
Mauren | Peter Geiger
Ein frühchristliches Kirchlein wurde Ende des 7. Jahrhunderts als viereckiger Saal gebaut, verdrängend römische und alemannische Götter. Ein kleiner Chor in Hufeisenform wurde östlich angefügt, im 8./9. Jahrhundert, in karolingischer Zeit. Im Hochmittelalter, spätestens im 13. Jahrhundert, wurde das Kirchlein durch eine grössere Kirche im romanischen Stil ersetzt, mit nach Westen verlängertem Schiff, Chor im Osten und Turm an der Nordwestseite. Erst in jener Zeit – der Gründung der Eidgenossenschaft – wurde 1290/1298 die Kirche in Mauren erstmals schriftlich erwähnt. Doch weisen die Maurer Kirchenpatrone St. Petrus und Paulus, der eine erster Bischof von Rom und Papst, der andere erster christlicher Theologe, auf eine sehr frühe Kirchgemeinde in Mauren hin, eine christliche «Urpfarrei» wie Eschen und Bendern. Ende des 15. Jahrhunderts – Amerika wurde entdeckt, die Reformation stand am Horizont – gab es eine teilweise Umgestaltung der Maurer Kirche: Ein neuer Chor wurde gebaut, gotisch, polygonal, mit Rippengewölbe und Strebepfeilern. Schiff und Turm der Romanik blieben erhalten. Diese Vorgängerin der heutigen Kirche war immer noch klein, insgesamt 26,5 Meter lang, sie trug ein spitzes Satteldach, innen eine flache Holzdecke, besass einen Hauptaltar, zwei Seitenaltäre, Kirchenbänke, später eine barocke Kanzel, eine hölzerne Empore. Die Kirche war «geostet», der Chor mit Altar und Tabernakel lag im Osten – wo heute der Eingang liegt –, der mit hölzernem Vorzeichen versehene Eingang im Westen, nordwestlich zur Seite stand der 12 Meter hohe Turm mit hölzerner Glockenstube und spitzem, achteckigem, unten geknicktem
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Helm, dahinter lag neben dem Chor die Sakristei. Ein Beinhaus barg an der Ostseite des Chors Knochen aus aufgehobenen Gräbern. Eng umgab der Friedhof die Kirche auf drei Seiten, ausser auf der Südseite, wo er heute am grössten ist. Zu klein und einsturzgefährdet Die alte Kirche erwies sich im 18. Jahrhundert als zu klein und zudem baufällig. Pfarrer Alois Lutz ersuchte 1795 dringend um einen Neubau, die Kirche sei für Kirchgänger gefährlich. Fürst Alois I. vertröstete auf friedlichere Zeiten. 1799 wurde die Kirche von französischen Truppen geplündert. 1815 stellte Landvogt Schuppler fest, die Kirche sei dem Einsturz nahe, eine Untersuchung ergab, «dass man keinen Augenblick sicher ist, dass Dach und Decke und selbst ein Theil der Mauern in die Kirche hineinfallen, wobei das grösste Unglück für die Pfarrkinder zu besorgen ist». Mauren zählte knapp 700 Seelen. Verschiedene Kirchenpläne wurden entworfen. Schliesslich wurde 1827 der Plan von Laurenz Vogel aus der fürstlichen Baudirektion in Wien angenommen. Vogel bezog Ideen von Johann Peter Rheinberger, Vaduz, und Ferdinand Bachmann, Feldkirch, mit ein. Unklarheiten bezüglich Kostenteilung zwischen Gemeinde, Oberamt und österreichischen Patronatsherren verzögerten weiter. Manchmal krachte die Decke während der Messe so, dass, wie das Oberamt 1834 schrieb, «der Priester in die Sakristey und das Volk zu den Thüren hinauslief». Mauren wurde zum Gespött, so wie Triesen. Als schliesslich 1839 ein Sturm die Kirche weiter beschädigte, wurde gehandelt. Bau der heutigen Kirche 1842/43 Zur Ausführung des Kirchenbaus gab es eine «Absteigerung», den Zuschlag erhielt mit dem niedrigsten Angebot von 9098 Gulden Baumeister Jakob Oehri aus Tisis. Die alte romanisch-gotische Kirche wurde abgebrochen, am 8. März 1842 legte man das Fundament für die neue Kirche, am 8. November 1843 war der Neubau der heutigen Kirche
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fertig. Die Männer der Gemeinde Mauren leisteten insgesamt ca. 50 000 Stunden «Hand- und Spanndienst», Frondienst für Bau- und Fuhrarbeit. 1844 wurde die neue Kirche benediziert, eingesegnet, man konnte Gottesdienst halten. Am 6. September 1846 wurde sie vom Bischof von Chur formell eingeweiht (konsekriert). Der Hauptaltar war den Kirchenpatronen Petrus und Paulus geweiht, die zwei Seitenaltäre ehrten Maria und Josef. Die Ausrichtung der Kirche ist gegenüber der vorherigen um 180 Grad gedreht und damit nicht mehr geostet. Im einfachen klassizistischen Stil Es war zwar die Zeit der Romantik und des beginnenden Historismus. Man griff auf die grossen Vorbilder der Vergangenheit zurück. Bis zur Jahrhundertmitte zog man damals, in Abkehr von Barock und Rokoko, gerne klassische griechische und römische Stilelemente heran. An diesem Stil, Klassizismus genannt, orientierte man sich 1842/43 auch in Mauren: Sichtbar sind hier die klassizistischen Stilelemente in den einfachen Linien, den Gesimsen wie auch in den Massverhältnissen, die dem klassischen «Goldenen Schnitt» entsprechen. Es gibt weder Pfeiler noch Säulen, kein Kreuz- oder Rippengewölbe, keine Prunkaltäre, keine Fassade mit prächtigem Haupteingang. Eine einfache Flachtonnendecke überspannt das Schiff. Die hochliegenden Fenster haben Halbkreisform (Lünetten). Im Unterschied zum Neubau in Mauren waren dann nur wenige Jahrzehnte später in andern Gemeinden Gotik und Romanik gefragt, neugotische Kirchen baute man in Vaduz, Schaan, Eschen und Ruggell, eine neuromanische in Balzers. Von allen hebt sich die leicht ältere Maurer Kirche deutlich ab. Wie überall, wurde auch in Mauren im Laufe der folgenden Jahrzehnte die Kirchenausstattung vervollständigt und zunehmend neugotisch verändert, zu nennen sind: Kreuzwegstationen des Meraner Rechte Seite: Himmelfahrt Christi, grosses Deckengemälde von Kaspar Kögler, 1863, renoviert von Florus Scheel 1904.
Balzers
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Malers Rissbacher 1845, Taufstein, Heiliges Grab, Orgel, grössere Glocken 1861, Deckengemälde «Himmelfahrt Christi» von Kaspar Kögler 1863, Tur-
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muhr 1867, neuer grosser Hochaltar 1889, neugotische Seitenaltäre 1902, Ausmalung der Innenwände einschliesslich Chor und Deckenteile mit Figuren
Blick von der Empore ins Schiff, auf den Altar und in den Chor.
Renovierung 1948/49: Modernisierung I Eine tiefgreifende Erneuerung und Modernisierung nahm man 1948/49 im Innern der Kirche vor. Die Welt war verändert, zwei Weltkriege hatten sie erschüttert. Die Umgestaltung der Kirche in Mauren leitete der St. Galler Architekt Hans Burkhard, er übernahm 1956/57 auch die Aussenrenovation. Moderner, zeitgemässer sollte das Gotteshaus werden, künstlerisch wertvoller, zur Ehre Gottes, die Menschen direkter ansprechend. Prägenden Einfluss übte der kunstsinnige Pfarrer Josef Wachter aus. Entfernt wurde nun im Innern die gesamte neugotische Ausstattung, desgleichen wurde die ganze ausgedehnte Wand-, Chor- und Deckenmalerei von 1904 weiss übertüncht, ausgenommen Köglers Deckengemälde. Die umlaufenden klassizistischen Gesimse beliess man. Neu schuf der Feldkircher Maler Martin Häusle ein monumentales, die ganze Chorapsis füllendes Fresko, ebenso malte er über den neuen Seitenaltären eine Herz-Jesu-Darstellung und eine Muttergottes. Einfach und rechteckig waren die neuen Altäre, der Hochaltar zeigte in getriebenen Relieftafeln die vier Evangelisten. Einfacher war auch die neue Kanzel. Die Taufkapelle erhielt ein Glasgemälde von August Wanner aus St. Gallen.
und mit an Renaissance und Neugotik orientierter Schablonendekoration 1904, elektrische Beleuchtung 1906, neugotische Kanzel 1908.
Mauren | Peter Geiger
Renovierung 1985–1988: Modernisierung II Wieder vier Jahrzehnte nach der 1948er-Erneuerung, die als überaus modern gegolten hatte, stand eine weitere Innenrenovierung an. Die Ausführung lag beim Architekturbüro Marxer und Gassner, Mauren. Die künstlerische Leitung hatte Georg Malin inne, er gestaltete viele zentrale Objekte selber. Die Renovation war nötig geworden wegen Schäden am Verputz, trug neuerer Kunstauffassung Rechnung und nahm insbesondere den Wandel in der Liturgie nach dem Zweiten Vatikanischen
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Glasmalereifenster «St. Luzius», von August Wanner, 1948.
Ansicht aussen Die Pfarrkirche St. Peter und Paul ist nach Westen ausgerichtet, mit leichter Abweichung südwärts, wohl terrainbedingt. Drei Baukörper zeigen sich klar abgegrenzt: in der Mitte das gedrungene Schiff unter einem mittelsteilen Walmdach, im Westen die halbrunde Chorapsis, deren Dach die Neigung des Schiffdaches wiederholt, im Osten der samt Kreuz 35 Meter hohe Turm am Haupteingang. Das Schiff liegt auf rechteckigem Grundriss. Es ist aussen nur durch gleichmässig verteilte Halbkreisfenster (Lünetten) gegliedert, auf jeder Seite vier. Unauffällig läuft ein Gesims unter dem Dach herum. In der Mitte des Schiffs führt beidseits je ein Eingang ins Innere.
Konzil auf. 1985 begonnen und 1988 abgeschlossen, bestimmt sie das heutige Erscheinungsbild der Pfarrkirche St. Peter und Paul. Man orientierte sich wieder am klassizistischen Ursprung der Kirche von 1842/43, mit allerdings erheblichen modernen Anpassungen. Das Muster früheren Umbauens setzte sich fort: Erneut entfernte man Ausstattungsteile der vorangehenden Renovierung, diesmal jener von 1948/49, nämlich den Hochaltar, die Seitenaltäre, die Häusle-Bilder über den Seitenaltären, die Kanzel, die Kommunionbank. Erhalten blieben aber Köglers Deckenbild, das Glasfenster von Wanner und, wenn auch hinter Vorhang, Häusles grosses Chorgemälde.
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Der Chor mit halbrunder Apsis ist eingezogen, schmaler als das Schiff, das Satteldach mit halbkegelförmigem Abschluss auch niedriger als das Schiff, aber die Trauflinie des Schiffes samt Kranzgesims läuft in gleicher Höhe auch um den Chor. Von Westen und Süden her gesehen tritt daher der halbrunde Chor mächtig aus der Kirche vor. Unter der Chorapsis liegt, unauffällig einbezogen, die Totenkapelle. Südlich von Schiff und Chor fügt sich die Sakristei von 1948/49 an. Der Turm steht als Frontturm in der Längsachse über dem Eingang, er ist zu zwei Dritteln in die Kirche gestellt. Er ist durch Gesimse gegliedert, im unteren Teil durch ein einfaches Gurtgesims unter einem Lünettenfenster, im oberen Teil durch zwei kräftige Kranzgesimse unter und über dem unmerklich schmaleren Glockengeschoss. Die Schallöffnungen sind rundbogig abgeschlossen und von paarweisen Pilastern gesäumt. Die charakteristische, vierkantig geschweifte Turmhaube – sie gleicht jener der Pfarrkirche von Göfis im nahen Vorarlberg – trägt Kugel und Kreuz. Das rechteckige Kirchenportal ist schmucklos einfach.
Blick in das Innere Das Kircheninnere hat seit der Renovierung von 1985 bis 1988 ein ganz eigenes Gepräge erhalten. Es wirkt gewissermassen noch moderner, einfacher, abstrakter. Unerwartete Helligkeit, Weiss, Goldfarbe und Marmor dominieren: Die Kirche soll eine Osterkirche sein, Auferstehungsfreude und Erlösungszuversicht ausstrahlen. Dem entsprechen die in Weiss und hellem Ocker gehaltenen Wände, der lichte Marmor, die Goldreliefs an der Stelle der einstigen Seitenaltäre, das in Gold gehaltene, grosse, abstrakte Meditationsrelief im Chor wie auch der Goldgrund der 14 Kreuzwegbilder. Beibehalten sind das Deckengemälde sowie die drei klassizistischen Profilgesimse, die sich an den Seitenwänden und bis gegen den Chorbogen ziehen. Zwischen dem unteren und den oberen zwei Gesimsen ruhen die hochliegenden Lünettenfenster, durch sie fällt ungetrübtes Licht herein, und hinaus sehen Besucher in den Himmel.
Der Chor, hinter dem etwas niedrigeren Chorbogen liegend, ist gleich hoch wie das Schiff, aber schmaler als dieses (eingezogen). Die halbrunde Chorapsis ist U-förmig verlängert (gestelzt). Der Chor trägt ein Kuppelgewölbe, darunter ziert ein Profilgesims die Grenze zur Wand. Das Untergeschoss des Turms bildet zusammen mit dem Haupteingang im Osten eine kleine Vorhalle. Hinten im Schiff führt aus einer Nische rechts die Treppe auf Empore und Turm, eine gleiche Nische birgt links das Beichtzimmer. Eine mächtige Empore mit der Orgel (von Mathis, Näfels, 1974) bietet Platz für Kirchenchor wie Betende. Im Schiff stehen und sitzen die Gläubigen in Stuhlreihen mit Sitzpolster, ohne Kniebänke. Die Maurer Kirche hat keinen Hochaltar im Chor, keine Seitenaltäre, keine Kanzel. Platten aus Carrara-Marmor, hellgrau gemasert, quadratisch,
Blick in den Chor bei geöffnetem Vorhang: Chorgemälde von Martin Häusle 1948, und Meditationsbild von Georg Malin, 1988.
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seitlichen Einbuchtungen, er ist schwer und wirkt doch leicht. Davor sind im Boden Reliquien von vier Heiligen eingelassen (Fidelis von Sigmaringen, Benedikt von Nursia, Papst Deusdedit und Victoria von Rom). Der Ambo, das Pult für Lesung, Evangelium und Predigt, tritt von den Altarstufen links ins Schiff vor, ebenso rechts der niedere Gabentisch. Im Chor steht der marmorne Taufstein in Form eines aussen zylinder- und innen spiralförmigen Beckens. Relieftafeln am Chorbogen Wo die Seitenaltäre standen, leuchten heute zwei rundbogige Relieftafeln aus blattvergoldetem Chromstahl, mit abstrakter Darstellung: Die Tafel rechts verweist auf die ferne «Himmlische Stadt» und umfängt zugleich den Tabernakel mit dem Allerheiligsten, zum Zeichen der Anwesenheit Gottes leuchtet darüber ein kleines «Ewiges Licht». Die goldene Tafel auf der linken Seite wiederum zeigt, mehrfach variierend, das «Tau-Kreuz». Dieses Kreuz in T-Form, dem der Kopfteil des Pfahls fehlt, gilt in christlicher Symbolik unter anderem als Busszeichen, der heilige Franziskus verwendete es zu Segen und Unterschrift.
bedecken durchgehend den Boden der Kirche, einschliesslich Chor. Aus dem gleichen Marmor bestehen auch Altar, Ambo, Kredenztisch und Taufbecken, alle sind Werke des Bildhauers Georg Malin. Der Altar ist weit ins Schiff vorgeschoben, auf einem zweistufig erhöhten, halbkreisförmigen Podest, welches das Halbrund der Apsis spiegelt. Um den Altar herum sind im Schiff und im Chor zusätzlich Stühle im Halbkreis angeordnet, was bedeutet: Die Betenden scharen sich um den Volksaltar, an dem der Priester mit ihnen den Gottesdienst feiert. Der Altartisch selber ist ein Marmorblock, quadratisch, mit
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Pietà Vor der linken Chorbogenwand steht eine feine Skulptur, eine hölzerne Pietà. Maria hält ihren vom Kreuz abgenommenen toten Sohn auf dem Schoss. In langem, faltenreichem Gewand, das Gesicht von Haube und Schleier umhüllt, sitzt die Mutter, hält mit der Linken den Arm Jesu, stützt mit der Rechten dessen Kopf. Der rechte Arm des Gekreuzigten hängt leblos herab, im gewölbten Brustkorb klafft die Seitenwunde. Die Augen im feinen, leicht seitwärts geneigten Gesicht Mariens blicken auf den Betrachter wie in die Ferne. Wort- und zeitloser Schmerz Mariens – und jeder Mutter – um ihr getötetes Kind. Die holzgeschnitzte, von ursprünglicher Bemalung befreite, 80 cm hohe Pietà ist im ausgehenden Mittelalter um 1470/1480 wohl in Konstanz entstanden. Auf Umwegen und zuletzt im Delehala-Kappele in Mauren aufgestellt, gelangte
sie 1948 in die Pfarrkirche. Am heutigen Standort sind Alt und Neu verbunden: aufgestellt vor dem modernen, goldfarbenen «Tau-Kreuz»-Relief als Hintergrund, wirkt die mittelalterliche Skulptur besonders ergreifend. Die Maurer Pietà ist das älteste und eindringlichste Kunstwerk der Kirche. Deckenbild «Himmelfahrt Christi» Blickt man nach oben, schaut man direkt in die Himmelfahrt Christi, das grosse, rechteckige Deckengemälde. Kaspar Kögler, ein deutscher Künstler, der in den 1860er-Jahren in Vorarlberg und Graubünden in Kirchen malte, hat es 1863 im Alter von 25 Jahren geschaffen. 1904 wurde es vom Feldkircher Maler Florus Scheel renoviert. Christus entschwebt aus dem Kreis der staunend auf-
schauenden zwölf Jünger, unter denen auch Maria weilt, in eine leuchtende Wolke, aus deren Rand Engelsköpfe schauen. Die Arme segnend ausgebreitet, die Wundmale sichtbar, blickt der entschwindende Gottessohn auf die Zurückbleibenden – zu denen auch wir aufschauende Betrachter zählen. Die Himmelfahrt geschieht ab einer felsigen Hügelkuppe, im Vordergrund mit Gras und Blümchen, im Hintergrund weitet sich der Blick in eine ferne Landschaft mit Bäumen, Fluss und Bergen auf Wolkenbänder im Blau des Himmels. Die Gewänder der Jünger wallen in starken Farben, Maria in Blau mit Goldbordüre, Christus allein trägt Weiss. Köglers eindrücklich erzählendes Deckenbild atmet den Geist der Spätromantik. Der hellen Kirche verleiht es farbige, vertraute biblische Anschauung.
Linke Seite: Ausschnitt aus dem Chorgemälde von Martin Häusle, 1948. Oben von rechts: Petrus, Luzius, Asino, Eusebius, Fridolin. Unten: Engel, hl. Emerita, Patronatsherr von Schellenberg.
Links: Gotische Pietà, Holz, ursprünglich bemalt, um 1470/1480 wohl in Konstanz geschaffen, vor 1948 im Delehala-Kappele aufgestellt.
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Kreuzwegstationen Anschaulich sind auch die 14 grossen Kreuzwegbilder an beiden Wänden des Schiffs. Vom Meraner Kirchenmaler Rissbacher geschaffen, waren sie 1844 unmittelbar nach dem Bau der Kirche angeschafft worden. Stilistisch stehen sie den Nazarenern nahe. 1904 versah Florus Scheel diese Kreuzwegbilder mit einem Goldhintergrund. 1948 wurden sie durch Stationen von August Wanner ersetzt, aber 1988 wurden Wanners Bilder durch Gipsplatten abgedeckt, und seither vergegenwärtigen wieder die Stationen von Rissbacher/Scheel die Leiden Christi, auf goldenem Grund, der ikonographisch den Himmel symbolisiert.
Spätgotisches Kruzifix im Vorraum der Kirche, 1520.
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«Osterzeichen» im Chor Vor der Chorwand, weithin über den Altar hinweg sichtbar, steht gross, quadratisch und goldfarben ein Bild mit abstrakter Reliefoberfläche. Emporgehoben ist es von zwei hohen, weissen Stäben, die das Bild auch seitlich und oben umfassen. Es ist ein modernes Meditationsbild, es misst 240x240 cm, es besteht aus Stahl, die Oberfläche ist blattvergoldet. Geometrische Linien und Formen treten im Goldrelief hervor, schneiden und treffen sich. Alles hat symbolische Bedeutung, offen meditativer Betrachtung. Das Quadrat als Grundform, Zeichen für Ordnung, wiederholt sich, je dreimal senkrecht, dreimal waagrecht, neunfach. Im vertieften Quadrat in der Mitte laufen drei dunkle Linien zusammen, gemeinsam formen sie das Gabel-Kreuz, das als Zeichen für die Dreifaltigkeit Gottes, für Leiden und Auferstehung Christi und für Ostern steht. Dem Quadrat eingeschrieben ist als zweite Grundform der Kreis, Zeichen der Vollkommenheit, der Ewigkeit und Unendlichkeit. Die Goldfarbe deutet auf die Osterfreude. Daher bezeichnet der Künstler Georg Malin sein Meditationsbild im Chor als «Osterzeichen». Es ist dominant und schwebend zugleich. «Gnadenstuhl» und Glaubenszeugen – Chorgemälde unter dem Vorhang Die Chorwand ist seit 1988 von einem unauffälligen Stoffvorhang bedeckt. Doch kann man ihn bei Bedarf öffnen und auch das Meditationsbild davor absenken, etwa für Besichtigungen. Zum Vorschein kommt das monumentale, starkfarbige Gemälde von Martin Häusle von 1948. Es überzieht die ganze Chorwand. Weil es in der neuesten Renovation nicht mehr zum künstlerischen Gesamtplan passte, wurde es mit dem Vorhang bedeckt – und so doch erhalten, eine glückliche Lösung. Werfen wir einen Blick auf das geöffnete Gesamtbild. Dargestellt ist zum einen der «Gnadenstuhl» der Dreifaltigkeit: Vom Firmament herab trägt Gottvater mit ausgebreiteten Armen das Kreuz mit dem Gottessohn, über dessen Haupt in Gestalt der Taube
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der Heilige Geist schwebt. Engel heben den weiten, roten Umhang Gottvaters. Jesu Haupt ist gesenkt, von den durchbohrten Händen fliesst Blut. Neben dem Kreuz stehen zum andern rechts und links Glaubenszeugen, Glaubensboten, Patronatsherren und Engel, geordnet in zwei Reihen. Sie sind farbig gewandet, erkennbar an ihren Attributen: Links (vom Kreuz aus gesehen rechts) stehen die Heiligen Petrus, Luzius, Asinio, Eusebius, Fridolin, St. Fidelis, darunter Emerita, rechts (vom Kreuz aus zur Linken) die Heiligen Paulus, Kolumban, Gallus, Gebhard, Karl Borromäus, Klaus von Flüe, darunter Ilga. Bei allen besteht ein lokaler oder regionaler Bezug. Mit dargestellt sind vier Patronatsherren, an Wappen erkennbar (Montfort, Johanniter, Schellenberg, Ottobeuren), zwei Engel mit Weihrauchfass und Harfe sowie zwei Engelchen, die Spruchbänder mit den Heiligennamen halten. Die untere Figurenreihe zeigt in der Chorwandmitte keine Gestalten, nur Farbflächen. Denn davor stand ehedem der rechteckige Hochaltar. Am farbigen, detailreich erzählenden Chorbild mochten sich während der Gottesdienste nicht allein Kinderaugen kaum satt sehen. Solches gilt auch für heutige Betrachter. Kreuz, Taufmöbel, Glasmalerei In der Vorhalle der Kirche hängt ein grosses spätgotisches Kruzifix von 1520 mit starkem Ausdruck. Es hatte vor 1948 am Chorbogen gehangen, lag dann bis 1988 im Kirchturmdepot, nun findet der Blick der Eintretenden wie Hinausgehenden öfter das gequälte Gesicht des Gekreuzigten. Zuhinterst im Schiff steht in einer Rundbogennische ein zierliches klassizistisches Taufmöbel, das wahrscheinlich 1854 angeschafft worden war, es zeigt eine kleine Malerei, «Taufe Christi». Hierzu passt das Glasmalereifenster von August Wanner (1948) in der Beichtraum-Nische, es zeigt den «hl. Lucius», den Landespatron, wie er im Kreise des Volkes tauft.
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Blick in das Innere der Totenkapelle. Linke Seite: Eingang zur Totenkapelle Mauren, Tor als Übergang in eine andere Welt, gestaltet von Georg Malin.
Moderne Totenkapelle Während man die Toten früher von daheim mit dem pferdebespannten Totenwagen und Geleit zur Beerdigung abholte, werden sie seit 1972 in der einfachen, modernen Totenkapelle aufgebahrt. Diese wurde nach Plänen von Hans Rheinberger unter der Chorapsis gebaut, mit Eingang von Westen. Georg Malin gestaltete die Tür und die neue Innenausstattung. Die abstrakten Formen des dunklen, stählernen Portals weisen auf einen Raum in der Ferne. Im Innern sind Wände und Deckenträger weiss, die Holzdecke ist braun, den Boden und die gebogenen Gesimse für Kränze und Blumen bedecken dunkle Steinplatten. Der gleiche Stein ist für den Weihwasser- und Kondolenzkorpus verwendet. Hinter dem Sarkophag aus warmem, hellbraunem Holz leuchtet an der vertieften weissen Wand ein goldenes, profiliertes Rundkreuz, ein österliches Auferstehungszeichen. Unter der Kirche Viel Erstaunliches gibt es auch unter der Kirche zu
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sehen. Dort sind die archäologischen Reste seit der Römerzeit zu besichtigen (auf Anfrage). Die Bauphasen der kirchlichen Gebäude seit dem 7. Jahrhundert sind anschaulich aufbereitet. Man blickt staunend auf zwei Jahrtausende zurück.
Ausgrabungen unter der Pfarrkirche.
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Delehala-Kappele Auf einem der gletschergeformten Hügel von Mauren steht auf der Delehala das gleichnamige kleine «Kappele». Delehala verweist auf einen Grundstückbesitzer namens «Fidel(e)» an dieser nach ihm benannten Halde, zu dem herauf sich der von Maulbeerbäumen bestandene «Sidabompfad» zieht. Von da schaut man östlich weit übers Riet und auf die Drei Schwestern, nordwestlich ins Maurer Dorf hinein. Nach mündlicher Überlieferung stand hier einst ein Wegkreuz. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde privat ein Bildstöcklein errichtet, teils gemauert, teils aus Holz. 1926 wurde es ganz gemauert. 1948/49 wurde es darauf vom letzten privaten Besitzer Konrad Oehry
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der Pfarrei Mauren geschenkt – samt der bis dahin darin stehenden Pietà, die heute die Pfarrkirche St. Peter und Paul ziert. Das Kappele wurde umgestaltet. Die langrechteckige, oben zu beiden Seiten ein wenig rund auskragende Kapelle liegt unter einem südwärts abgewalmten Satteldach. Durch den rundbogigen Eingang im Norden sieht man hinein. Die Wände sind aussen und innen weiss verputzt, nur die etwas breitere Sockelzone zeigt die grauen Steine. Das schmale Innere ist vom offenen Eingang her sowie durch schmale Fensterschlitze in der Seitenwand belichtet. In der spitzbogigen
Andachtsnische an der Rückwand – einst Platz der Pietà – steht hinter einem Rautengitter eine Statue neueren Datums: eine Muttergottes mit Kind, beide dunkelhäutig, Maria mit goldenem Schleier über Haupt und Schulter, in hellblau wallendem, rot gesäumtem Kleid. Das Delehala-Kappele zeigt somit nun anstelle der um den toten Gottessohn trauernden Mutter die junge Gottesmutter mit dem kleinen Jesus. Bezugnehmend darauf hat 1949 Ludwig Schnüriger, damals Hofkaplan in Schaan, die Bogenwand um die Andachtsnische herum mit einem innig-kindlichen Muttergottes-Gebet gefüllt, ornamental, in Zierschrift mit blauen Grossbuchstaben und roten Kreuzchen. Es hebt an: «Liebes Kind, wo willst du
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hin, gedenke, dass ich deine Mutter bin und ich dich lieb herzinniglich, so komm herbei und küsse mich (...)». Nicht von ungefähr wählte der Maler Eugen Zotow, als er im Auftrag der Regierung in den Jahren 1951/52 Ansichten von allen elf Gemeinden des Landes schuf, für Mauren die Zeichnung so, dass der Blick vorne auf das Delehala-Kappele und dann auf Kirche und Dorf fällt. Und auf die Bank davor setzte er ein Paar, wohl seine Frau und sich selber mit Zotow-Bart. Heute und immer ist das Delehala-Kappele ein Ort friedlich-frommer Besinnung. Unten: Innenraum Delehala-Kappele, Maria mit Kind, Wandgebet.
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Theresienkirche Schaanwald Bauzeit
1936–1939
Pläne/Bauleitung Anton Jäger, Schaanwald/ Innsbruck
Ein modernes Schmuckkästchen Am Maurerberg zieht sich der Landstrasse entlang der Weiler Schaanwald. Am Hang hebt sich in klarem Weiss die Theresienkirche ab. Die Schaanwälder Kirche wirkt wie ein feines Echo auf die in der Ferne sichtbare Pfarrkirche von Mauren. Die Kirche ist jung, kaum 80 Jahre alt, und doch ein religiöses, geschichtliches und kulturelles Schmuckkästchen.
Grundsteinlegung 11. Juni 1936 Weihe
5. November 1939
Renovationen
1975/76, 1996
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Geschichte: Römer, Reichsstrasse, Kirchgang nach Mauren, Schule Zwar siedelten Römer vom 1. bis 4. Jahrhundert in Schaanwald, mit Gehöft und Bad auf den Wiesen oben am Waldrand. Händler und Heere, Kaiserliche, Franzosen, Suwarow und der Mailänder Bote zogen hier durch. Ab dem Mittelalter gab es
zwei Mühlen und eine Taverne, ab dem 18. Jahrhundert auch eine Zuschg für Warenumschlag und eine Zoll- und Weggeldstation, aber bis Mitte des 19. Jahrhunderts keine Handvoll Häuser. Erst danach entstand eine kleine Ortschaft. Von Mauren siedelten einzelne Familien herüber. Die Bahn fuhr ab 1872 durch. Sie brauchte Angestellte, ebenso die nahe Textilindustrie in Tisis. Um 1900 gab es in Schaanwald 27 Häuser. Mit wachsender Bevölkerung wuchs der Wunsch nach eigener Schule und Kirche. Täglich wanderten die Schaanwälder Kinder zur Schule nach Mauren, eine Stunde hin, eine zurück, ebenso am Sonntag die Kirchgänger. 1899 wurde die erste Schaanwälder Schule gebaut und mit 34 Schülern eröffnet. Bis auch eine Kirche stand, dauerte es. 1939 wurde sie eingeweiht. Kapellenplan 1879, Kapellenfonds Tiefenthaler, Kirchenbauverein 1935 Schon 60 Jahre zuvor hatte 1879 Josef Anton Jäger einen Plan für eine Kapelle in Schaanwald entworfen. Doch er starb 1887 jung. Seine Frau Ursula zog die fünf kleinen Kinder auf – sie werden uns wieder begegnen. Vier ledige Geschwister Tiefenthaler trugen die Kapellenidee weiter. Sie stifteten ihren Nachlass für den Bau einer Kapelle. Als letzte starb 1906 Theresia Tiefenthaler, das Vermögen floss mit 10 551.70 Kronen in einen «Kapellenbaufonds Schaanwald». Nach dem Ersten Weltkrieg zerrann der Kronenfonds, doch blieb der Zweck. Neue Wohltäter spendeten. 1934 lagen im Kapellenbaufonds rund 5000 Franken. Jetzt kamen die inzwischen erwachsenen Nachfahren von Josef Anton und Ursula Jäger ins Spiel. Josef Jäger war Hauptschuldirektor in Bregenz, Meinrad Jäger Prokurist bei der Vorarlberger Baufirma Pümpel, Anton Jäger Baumeister in Innsbruck, von den zwei Schwestern Anna und Agatha war die letztere im Kloster. Die Jäger-Geschwister berieten sich 1934, holten weitere Schaanwälder sowie den Maurer Vorsteher, Pfarrer und Kirchenrat ins
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Boot. Sie gründeten 1935 den «Kirchenbauverein Schaanwald», Meinrad war Präsident, man war begeistert und optimistisch. Bau der Kirche 1936–1939 Der Verein sammelte Spenden, kaufte den schönen Mühleböhel östlich des Gasthauses als Bauplatz für 2983 Franken (298 Klafter à 10 Franken). Anton Jäger plante und leitete als Architekt und Baumeister den Bau, kostenlos. Das Land sagte im Rahmen der Krisenhilfe 30 Prozent der Arbeitslöhne zu. Es herrschte Wirtschaftskrise. Gleich im Winter 1935/36 begannen die Arbeiten. Schaanwälder Männer leisteten Fronarbeit. Tannen am Maurerberg wurden geschlagen und gesägt, Steine gebrochen, die Zufahrtsstrasse wurde gebaut, der Aushub vorgenommen, der Baugrund trockengelegt, das Fundament gemauert, betoniert, verankert, mit Eisenbetonrost geschlossen. Für Facharbeiten wurde möglichst lokales Gewerbe beauftragt. Am 11. Juni 1936, Fronleichnam, wurde der Grundstein gelegt. Im August war der Rohbau fertig, als unverputzter Mauerbau. 1937 bis 1939 wurde vorab im Innern gearbeitet. Am Karsamstag, 16. April 1938, setzte man die Glasmalereifenster in die Wände und das Kreuz auf den Turm. Es folgten bis 1939 Turmläden, Holzkassettendecken, Türen. Chor und Schiff erhielten einen Bodenbelag mit gelblichen Solnhofener Steinplatten. Unter die Kirchenbänke für 170 Personen kam ein Holzboden. Ab 1. September 1939 war Krieg. Eilig wurde das Innere fertig ausgestattet: Beleuchtung, Altar aus Balzner Marmor (von Gottfried Hilti, Schaan), Tabernakel (von Willi Buck, Wil), Ewiges Licht, 12 schmiedeeiserne Apostelkreuzleuchter, Kommunionbank, Beichtstuhl, an der Chorwand eine mächtige Christkönigsstatue, geschnitzt von Johannes Troyer. Drei in Staad gegossene Glocken trafen ein. Am 5. November 1939 wurde die Theresienkirche feierlich von Bischof Laurentius Matthias Vinzenz geweiht, im Beisein von Geistlichkeit, Fürst Franz Josef II., Regierungschef Josef Hoop, Behördenvertretern und
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Im Innern: «Fussgängerstreifen» zum Chor, Kruzifix, Tragmadonna, Foto Theresias, Glasmalereifenster.
Bevölkerung. Es folgte die erste Messe. Am Nachmittag wurden die Glocken geweiht, zwei Tage darauf von der Schuljugend in den Turm aufgezogen. Hl. Theresia als Patronin Patrone von Kirchen und Kapellen sind hierzulande fast durchwegs männliche Heilige, von Petrus über Theodul, Josef, Florin, Fridolin bis Mamertus, einzig die Gottesmutter Maria tritt auch als Patronin auf. Und nun gesellt sich ihr in Schaanwald Theresia als Patronin bei. Wie dies? Es handelt sich nicht um die berühmte Theresia von Avila, die im 16. Jahrhundert lebte, sondern um die damals jüngste Heilige der katholischen Kirche: Theresia von Lisieux, auch genannt «Theresia vom Kinde Jesu» oder «kleine Theresia», war 1873 geboren, früh ihren Schwestern als Karmeliterin ins Kloster gefolgt, hatte dort bescheiden und fromm gelebt
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und war 1897 mit 24 Jahren an Tuberkulose gestorben. Sie hatte ein Büchlein verfasst, «L’Histoire d’une âme» («Geschichte einer Seele»), es wurde publiziert, in viele Sprachen übersetzt. 1925 wurde Theresia heiliggesprochen, auch da und dort zur Patronin neuer Kirchen erwählt, so in Schaanwald, auch in Rheineck, St. Gallen. Theresia wurde und wird weitherum wegen ihrer dienenden Bescheidenheit und beharrlichen Frömmigkeit verehrt – Bilder von ihr finden sich heute zum Beispiel im Stephansdom in Wien und sogar im chinesischen Qingdao in der Kirche St. Michael von 1934. Seit 1997 gilt sie auch als Kirchenlehrerin. Theresia lag also im Trend. Warum auch in Schaan wald? Hier hiessen in der Jäger-Familie im 19. Jahrhundert zwei Kleinkinder Theresia, beide starben nach wenigen Wochen. Und Theresia hiess auch die
eine der Tiefenthaler-Töchter, die sich die Kapelle so sehr gewünscht und den Fonds gestiftet hatten. Manches mag zusammengewirkt haben. Bei der Grundsteinlegung 1936 war Pater Rothweiler dabei. In der im Stein eingemauerten Urkunde ist Theresia als künftige Patronin bereits genannt. Philemon Rothweiler aus Konstanz, Kapuziner in Feldkirch und Dornbirn, war für das Schaanwälder Kirchlein eigens nach Lisieux in Nordfrankreich gereist und hatte eine Reliquie «I. Klasse» (einen leiblichen Teil, ein Knöchelchen oder Haar) der heiligen Theresia besorgt. Die Schaanwälder Kapellenbauer hegten anfänglich offenbar gar eine gewisse Hoffnung, ihre Theresienkirche könnte ein Wallfahrtsziel werden. Ergänzungen, Renovationen 1975/76, 1996 Manches war noch zu ergänzen. Und zweimal renovierte man das kleine Gotteshaus. Die Turmuhr besass zwar Zifferblätter, erst 1957 erhielt sie Zeiger und Uhrwerk. 1940 gab es ein Harmonium, 1963 eine Orgel. Geheizt wurde ab 1943 mit einer Umlaufheizung für Sägespäne, sie russte, es folgte eine Warmluftheizung, schliesslich die heutige Bodenheizung. Die Chorwand befriedigte anfänglich nicht, man erwog, die übergrosse Christkönigsstatue von Johannes Troyer entweder durch eine Kreuzigungsgruppe oder durch ein Theresia-Chorfresko oder aber durch ein Glasmalereifenster zu ersetzen. Es blieb beim Kreuz. Dafür liess man 1948 über den Seitenaltären den Bregenzer Künstler Leo Sebastian Humer Fresken malen, links Mariä Verkündigung, rechts die heilige Theresia, wie sie vom Himmel herab Betende grüsst, im Arm Kreuz und Rosen; so wird sie immer dargestellt, sie hatte sterbend angekündigt, sie werde vom Himmel herab Rosen regnen lassen. Bei der Renovation 1975/76 wurden die zwei Humer-Fresken übermalt und durch Statuen ersetzt, welche Maria mit Kind sowie Theresia mit Rosen zeigten. Der Altar wurde zum Volk hin vorgerückt, der Tabernakel rechts an die Chorwand versetzt.
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An die Stelle von Troyers massivem Kreuz platzierte man ein schlankeres, barockes Kruzifix. Mit der Renovation von 1996, geleitet von Architekt Franz Marok und Künstler Georg Malin, hat die Kirche ihr heutiges Aussehen im Innern bekommen. Neuromanik und Neue Sachlichkeit Architekt und Baumeister Anton Jäger schrieb, er habe versucht, «in neuzeitlicher Auffassung romanische Formen» zu verwenden. Er verband in der Theresienkirche zwei Stilrichtungen, Elemente der «modernen» Neuen Sachlichkeit der 1920er - und 1930er-Jahre einerseits und solche der mittelalterlichen Romanik andererseits. Romanische Formen zeigen sich am massiven Mauerbau, an der additiven Bauweise – welche Chor, Schiff, Turm und Sakristei klar unterscheidbar macht – sowie am augenfälligsten an den rundbogigen Fensterformen. Der modernen Neuen Sachlichkeit wiederum entsprechen die rechteckigen Grundrisse, die harmonischen Raumproportionen, die Flachdecken, die einfache, zweckmässige Ausstattung. Die Kirche bietet von jeder Seite gesehen einen ruhigen, harmonischen Anblick. Anblick von aussen Die Theresienkirche steht auf einer kleinen Terrasse, dem mittelsteilen Hang folgend, mit Eingang und Turm im Süden und Chor im Norden. Ein Walmdach deckt gemeinsam Schiff und Chor. Der Chor ist schmaler als das Schiff und auffällig hoch. Der kräftige Turm auf quadratischem Grundriss steht an der Südwestseite, fast ganz ins Schiff eingestellt, nur leicht vorspringend. Da sein Giebel quer zum Kirchendach verläuft, schaut der Turm stolz übers Tal hin. An der Hangseite fügt sich die Sakristei dem Chor an. Der Gliederung der Wände dienen einzig die Fenster. Sie sind harmonisch verteilt, meist zu dreien gruppiert: je drei grössere auf beiden Seiten in der Mitte des Schiffs, je drei kleinere höher gestellt an drei Seiten des Chors und ebenso, noch höher, je drei Schallöffnungen an drei Seiten des Turms.
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Durch die enge Gruppierung – typisch für Bauten der 1930er-Jahre – wirken die Fenster zierlich und lassen zusammen doch viel Licht ein. Auf der Eingangsseite im Süden belichten vier Fenster die Empore, ein weiteres belichtet im Chor von der Westseite den Altar.
Linke Seite: Tabernakel, von Willi Buck, Wil, 1939. Rechts: Theresia von Lisieux, Foto vom 15. April 1894 (Ausschnitt).
Im Innern Man betritt durch den rechteckigen Windfang aus Edelstahl die Kirche – und ist sogleich in der Harmonie des Raumes aufgehoben. Schwarz glänzen die Bodenplatten aus südafrikanischem Impala-Granit, darauf sind dunkle Stühle gereiht. Im Mittelgang sind die Platten wechselnd glatt und rauh geschliffen, wie auf einem Fussgängerstreifen schreitet man vor zum zweistufig erhöhten Chor. Dort steht, dem Volk zugewandt, der Altar, ein einfacher Quader, ebenfalls aus Impala-Granit. Ihm ist reliefartig ein Kreuz einbeschrieben, der quadratische Grundriss ist auf dem Boden in einen Kreis gesetzt – Symbole von Ordnung und Ewigkeit im Zeichen des Kreuzes. Vor dem Altar ruht die Reliquie der heiligen Theresia im Boden, beschriftet. An der hinteren Chorwand hängt das barocke Kruzifix. Daneben ist rechts der vergoldete Tabernakel in die Wand eingelassen, er wurde von Willi Buck, Wil, 1939 geschmiedet. Das vergoldete Messingrelief zeigt die Geburt Christi, Bitten sind in die Heiligenscheine von Josef, Maria und Jesuskind geschrieben. Der Chor ist höher als das Schiff. Dies erlaubt eine raffinierte, indirekte Lichtführung. Durch neun hoch platzierte Fenster fällt viel Licht von oben in den Chorraum, der so als wichtigster Teil der Kirche herausgehoben ist. Glasfenster – Sakramente und Heilige Alle Fenster zeigen die ursprünglichen Glasmalereien von 1938, entworfen von Johannes Troyer, ausgeführt von der Tiroler Glasmalerei Innsbruck. Sie sind formal wie inhaltlich einzigartig.
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Die neun hoch oben stehenden Chorfenster sind sehr hell gehalten, sie enthalten vignettenartig Symbole der sieben Sakramente. Ganz anders dagegen schweben unter der hellen Holzdecke im Schiff in den weissen Wänden die Glasmalereifenster, farbenstark, das einfallende Licht dämpfend. Jedes Fenster zeigt eine Heiligengestalt, beim mittleren Fenster auf beiden Seiten des Schiffs sind es jeweils zwei. Ernst und frontal blicken sie herab, im Hintergrund romanische Kirchtürme. Mit den Händen weisen sie auf das jeweils Wichtige hin, entsprechend der «Gebärdensprache» der Romanik. Man erkennt die einzelnen Heiligen am Namen im Heiligenschein und an den charakterisierenden Attributen. Welche Heiligen sind es? Erkennbar wird eine äusserst eigenwillige Auswahl, eine seltene Besonderheit der Theresienkirche. Denn die Fensterheiligen folgen ganz einfach den Vornamen der einzelnen Stifter, genannt am Fusse jedes Fensters. So schauen von vorne auf der linken Seite des Schiffs aus den Fenstern herab: der hl. Josef mit Kind (gestiftet von Dr. Josef Batliner, Stadtarzt von Feldkirch), die wohltätigen heiligen Elisabeth von Thüringen und Franz von Paula (gestiftet vom Fürstenpaar Franz I. und Elsa von Liechtenstein), der hl. Ludwig, Saint-Louis, französischer König und Kreuzfahrer (gestiftet
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von Rechtsanwalt Dr. Ludwig Marxer, Vaduz, er beriet den Kirchenbauverein juristisch). Gegenüber sind es von vorne: der hl. Albert der Grosse, mittelalterlicher Gelehrter, die hll. Katharina und Hilda sowie der hl. Felix (alle gestiftet von Albert Eberle, Schulrat in Bregenz, er war auch Sponsor aller neun oberen Chorfenster). In den kleineren Fenstern stehen analog weitere Heilige: an der westlichen Chorwand der hl. Meinrad mit den Raben (gestiftet von Meinrad Jäger), an der südlichen Wand bei der Empore schliesslich der hl. Thomas (gestiftet von Thomas und Emma Ott), die hl. Ursula mit Gefährtinnen und der den Fischen predigende hl. Antonius (beide gestiftet von den Geschwistern Jäger zum Andenken an ihre Eltern Ursula und Anton) sowie die hl. Cäcilia mit Tragorgel (gestiftet von Agnes Brunhart aus Balzers, der Braut von Josef Jäger). Ein weiteres Fenster, das ursprünglich den Aufgang zur Empore belichtete und den in Bern im Spätmittelalter ermordeten kleinen hl. Rudolf mit Messer und Schutzengel zeigte (gewidmet von Rudolf Oehri), musste 1995 der als Stahlzylinder eingebauten Wendeltreppe weichen, doch ist das Rudolf-Fenster heute im Eingangsbereich des benachbarten Zuschg-Saals eingefügt. Sind also die Heiligen-Fenster in der Schaanwälder Kirche einfach ein beliebiges Sammelsurium? Nein, alle künden sie von Glaubenszuversicht, sind Vorbilder in Güte, Mildtätigkeit, Gelehrsamkeit, Beharren. Sie verstärken, magisch leuchtend, die fromme, sakrale Stimmung im Gotteshaus. Tragmadonna, Theresias Auge, Glockenharmonie Am Chorbogen, wo ursprünglich Seitenaltäre standen, steht links eine barocke Tragmadonna. Ihr früherer Standort war eine Zeit lang das Eschner Büelkappile oberhalb von Mauren. Sie wird heute noch bei Prozessionen mitgeführt. Auf der rechten Seite am Chorbogen ist als modernes Pendant
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eine Fotografie platziert, sie zeigt die Patronin, die hl. Theresia von Lisieux. Von ihr gibt es SchwarzWeiss-Fotos. Aus der bekanntesten Aufnahme Theresias, bei der sie in Nonnentracht so ernst wie mild und bewusst blickt, hat Georg Malin indes für die Theresienkirche allein einen Ausschnitt des Gesichts gewählt: sichtbar sind Wange, Mund und Nase und insbesondere ein Auge. So schaut
Theresia uns direkt an. Von Auge zu Auge begegnen wir ihr, jetzt und zeitlos. Die drei Glocken der Theresienkirche schliesslich – 1939 von wohltätigen Stiftern berappt – sind mit jenen der Pfarrkirche von Mauren abgestimmt. Wenn alle auf beiden Seiten des weiten Maurer Riets gleichzeitig läuten, klingt symbolisch Frieden übers Tal.
Mauren | Peter Geiger
Glasmalereifenster im Schiff von Johannes Troyer, 1938: Hl. Ludwig, als König mit Schwert; hl. Elisabeth von Thüringen und hl. Franz D. Paul, beide wohltätig; hl. Josef mit dem Jesuskind, das die Welt trägt.
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Waldkapelle Schaanwald Die wohl jüngste freistehende Kapelle in Liechtenstein steht in Schaanwald vor dem steilen Maurerberg, am Waldrand auf einem kleinen Plateau, am oberen Ende des Waldspielplatzes. Das Rappawaldbächle gluckert vorbei, der Weg führt aufwärts zum Waldlernpfad. Die moderne Kapelle «Zu Ehren der Heiligen Mutter Gottes», kurz «Waldkapelle», wurde Anfang des 21. Jahrhunderts im Jahr 2002 vollendet, im Grunde als Ersatz für ein in den 1950er-Jahren an der Landstrasse entferntes Bildstöcklein, und weil sich an der Strasse tödliche Unfälle ereignet hatten. Eine Gruppe Schaanwälder sammelte Geld für die
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Kapelle und setzte sie schliesslich mit viel Fronarbeit nach dem Plan des Architekten Hans Jäger um. Der Grundriss ist ungewöhnlich, nämlich sechseckig, wobei je drei lange und drei kurze Seiten abwechseln. Der breiten Eingangsseite im Westen steht der schmale Chorabschluss gegenüber. Entsprechend zieht sich das Satteldach seitwärts asymmetrisch herab. Aussen ist das hellgraue Mauerwerk unverputzt sichtbar, es besteht aus waagrecht gelegten, schmalen Steinen mit dickem Mörtelstrich. Die Eingangspforte ist ebenso gemauert, mit spitzem, dreieckigem Abschluss. Das Kapellenkreuz sieht man nicht auf dem Dach,
sondern als Relief im Schlussstein über dem Eingang. Das helle Innere zeigt unter offenem Balkendachstock weisse Wände. Der Raum verengt sich auf den schmalen Chor hin. Dort ist hinter einem geschmiedeten Gitter eine steinerne Tischplatte in die Wände gefügt, darüber steht an der Chorwand eine Statue der Muttergottes mit Kind. In die schmale Frontseite der Tischplatte ist graviert: «Maria mit dem Jesuskind bitte für uns». Licht fällt in die Kapelle durch den türlosen Eingang sowie durch zwei schmale Fenster neben der Chorwand, beidseits je eines aus sieben übereinandergereihten, farblosen Glasblöcken. Den Boden der Kapelle decken unregelmässige, graue Steinplatten. Innen
Mauren | Peter Geiger
steht links und rechts des Eingangs entlang den kürzeren Wandseiten je eine hölzerne Bank. Vor dem Eingang lädt eine Leichtmetallbank zum Verweilen, mit Blick auf den Wald, auf die Kapelle und direkt ins Innere auf die Marienfigur mit dem Kind. Die Waldkapelle steht auf gemeindeeigenem Boden, ist aber im Besitz der Stiftung Hl. Theresia vom Kinde Jesu. Sie wird von Privatpersonen gepflegt und mit Blumen und Kerzen versorgt. Die kleine Kapelle zeigt, wie schön neue Form und zeitlose Frömmigkeit zusammengehen.
Unten: Blick in die Waldkapelle.
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Kapelle im Haus St. Peter und Paul Bau
2018
Pläne
Axel Beck, Pascal Gmür
Weihe
6. November 2018
Der jüngste sakrale Raum in Liechtenstein ist die Kapelle im Haus St. Peter und Paul der Liechtensteinischen Alters- und Krankenpflege (LAK). Am 26. Oktober 2018 wurde das neue Haus in Mauren eröffnet und von Pater Anto Poonoly gesegnet, am 6. November weihte Erzbischof Wolfang Haas die Kapelle ein. Haus und Kapelle sind nach den Maurer Kirchenpatronen benannt. Die Pläne entwarfen die Architekten Axel Beck und Pascal Gmür vom Atelier ww Zürich, die Bauleitung hatte Martin Büchel von Matt Architekten, Mauren, die Projektleitung oblag Markus Schlegel, Schaan (LAK). Hell, atmosphärisch Kurz nach dem Eintreten ins Haus gelangt man zur Kapellentür aus Holz, sie trägt im Reliefbild die beiden Heiligen «St. Petrus + St. Paulus». Die
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moderne Kapelle lädt zum Verweilen. Der Raum ist breit, von geringer Tiefe. Obwohl man keine Fenster sieht, ist die Kapelle überraschend hell. Die vordere Wand und die Seitenwände sind weiss, der Boden und die Rückwand von hellem Holz. Die von Leuchten besetzte weisse Decke überspannt flach von hinten her etwa zwei Drittel des Raums, vorn rundet sie sich senkrecht aufwärts. Zusammen mit der Altarwand ergibt sich so vorn über die ganze Breite der Kapelle ein aufstrebend hoher Raum. Ein Lichtstrom fällt herab, vom Himmel, denn die Dachverglasung nimmt man kaum wahr. Licht-Chor Das Licht fällt auf das entlang der vorderen Wand liegende und um eine Stufe erhöhte Podest. Dieser hellere Raumteil wirkt wie ein einfacher, moderner Chor. Auf dem Podest steht der Altar, links flankiert vom einfachen Lesepult aus dunklem Holz und dem roten Priestersessel mit zwei Ministrantenhockern. Rechts leuchtet das Ewige Licht, steht ein hoher Kerzenständer und dient ein zierlicher Tisch der Bereitstellung der Gaben. Darüber hängt an der rechten Seitenwand ein Gemälde, das Maria mit dem Jesuskind zeigt. Ihm antwortet gegenüber an der linken Seitenwand ein Kruzifix. Die Chorwand ist auf halber Höhe durch einen Einschnitt, der einen horizontalen Schatten wirft, gegliedert. Im Kapellenschiff sind etwa zwanzig leichte Besucherstühle flexibel gereiht. Jede Woche wird einmal spätnachmittags die Messe gefeiert. Bilder Harmonisch verteilt sind eindrückliche religiöse Darstellungen. Es sind fast durchwegs zweitverwendete Objekte, sinnigerweise zumeist aus dem ehemaligen Bürgerheim von Mauren, das 1873 bis 1876 gebaut, 1979 aufgegeben und 1993 abgebrochen worden war. Das schon erwähnte Kruzifix hat Pater Anto Poonoly, der Pfarrer von Mauren, geschenkt. Das auch erwähnte Gemälde «Maria mit Jesuskind» an der rechten Kapellenwand hatte Fürst Johann II. 1877 für das Bürgerheim gespendet, es ist spätromantisch von etwa 1848. Daneben
Mauren | Peter Geiger
präsentieren zwei Ikonengemälde die Apostelfürsten Petrus und Paulus, sie sind ein Geschenk von Erzbischof Wolfgang Haas, der Maurer Bürger ist. An der Kapellenrückwand sind 14 Kreuzwegstationen platziert, anschauliche kleine Szenenbilder auf Augenhöhe. Sie waren 1941 neu im Bürgerheim angebracht worden. Altar Aus dem alten Bürgerheim stammt auch der Altar. Auf einem mächtig geschweiften Altartisch von 1941 mit grossem JHS-Monogramm und Reliquienplatte erhebt sich ein dreiteiliger Rokoko-Aufsatz von etwa 1760 aus marmoriertem Holz, mit vergoldeten Voluten, Rocailles und Kruzifix. Die Tabernakeltür zeigt Kreuz, Brotkorb und Fisch. Der Altaraufsatz war 1878 aus Feldkirch für die Bürgerheimkapelle angeschafft und 1942 von Karl Haaga aus Rorschach neu gefasst worden, den Tabernakel dazu schuf 1941 Goldschmied Willi Buck, Wil. Glöcklein und Credo Die Kapelle besitzt kein Türmchen mit Glocke. Stellvertretend hängt an der Rückwand ein goldfarbenes Glöcklein mit zierlichem Kettenzug. Und über dem Weihwasserbecken beim Ausgang ziehen sich senkrecht die Buchstaben «C R E D O» herab – «ich glaube». In der modernen Hauskapelle mit teils älterer Ausstattung lebt der Glaube fort.
Kreuzwegstationen, 1941.
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Schellenberg Cornelia Herrmann / Peter Geiger
Pfarrkirche zum Unbefleckten Herzen Mariä
Renovation 1993/94, mit Ausbau UG zu Begegnungsraum
Pfarrer David Lins und der Kirchenneubau Der Bau einer neuen Pfarrkirche war für die Schellenberger spätestens seit Mitte des 20. Jahrhunderts ein wichtiges Anliegen. Bis dahin diente ihnen die nach Plänen von Ferdinand Malang mit privaten Mitteln erbaute und am 20. Juli 1858 geweihte Kirche Sta. Maria Immaculata als Gotteshaus. Wenige Jahre nach ihrer Weihe wurde diese Kirche mit dem in direkter Nachbarschaft neu errichteten Klostergebäude der Schwestern vom Kostbaren Blute baulich vereint. 1874 wurde sie zur Kuratiekirche erhoben. 1881 erlangte sie mit der Errichtung der Pfarrei Schellenberg den Status einer Pfarrkirche. Ihr Abbruch erfolgte zusammen mit dem ältesten Teil des Klosters im Jahr 1972.
Ein Bauensemble am zentralen Dorfplatz Die Pfarrkirche zum Unbefleckten Herzen Mariä steht im Ortsteil Mittelschellenberg. Zusammen mit den winkelförmig angeordneten Gebäuden des Gemeindezentrums und dem Schulhaus begrenzt sie den Dorfplatz. Im Zuge der Platzgestaltung wurden 1984 drei Kugeln in Cristallina-Marmor, in der Grundform des Universums mit Planeten, Monden und Sternen, ein Werk von Steinmetz Manfred Hilti, Schaan, platziert. Der Grundriss der Gemeinde Schellenberg ist in der Pflasterung des Bodens dargestellt. Von Bildhauer Hugo Marxer, Eschen, stammt eine Skulptur in Carrara-Marmor, die der Form eines Gänsekiels nahekommt. Dieses Denkmal wurde 1999 zur Erinnerung an den Erwerb der Herrschaft Schellenberg durch Fürst Johann Adam I. Andreas von Liechtenstein im Jahr 1699 aufgestellt.
Als Motor des Kirchenneubaus darf Pfarrer Daniel Lins aus Satteins in Vorarlberg bezeichnet werden. Für ihn wurde das Bauprojekt seit Beginn seiner Seelsorge in Schellenberg im Jahr 1950 zu einer wichtigen Lebensaufgabe. Im Januar 1956 beschloss die Bürgerversammlung mit grosser Mehrheit die Errichtung einer neuen Pfarrkirche. Ein internationaler Architektur- bzw. Ideenwettbewerb wurde für Architekten aus Liechtenstein und dem Kanton St. Gallen ausgeschrieben. Weitere Architekten wurden namentlich zur Mitwirkung eingeladen, unter ihnen der aus Adliswil, Zürich stammende und später in Wildhaus ansässige Architekt Eduard Ladner, der den ersten Preis erhielt und mit der Weiterbearbeitung seiner Entwürfe beauftragt wurde. Pfarrkirche und Altar wurden am 22. September 1963 zu Ehren des Unbefleckten Herzens Mariä geweiht.
Bauzeit
1961–1963
Pläne Architekt Eduard Ladner, Adliswil/ Wildhaus Bauleitung
Polier Karl Hassler, Schellenberg
Spatenstich
25. September 1960
Grundsteinlegung 19. März 1961 Weihe
22. September 1963
Schellenberg | Cornelia Herrmann
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Gitter der Vorhalle mit Symbolen des Jüngsten Gerichts.
Eine Ausnahmeerscheinung unter den Sakralbauten Liechtensteins Von 1961 bis 1963 war in Schellenberg, in einem der kleinsten Dörfer des Landes, ein für Liechtenstein einzigartiger, moderner Kirchenbau entstanden. Im Vergleich zu den Kirchenneubauten der 1930er-Jahre, wie die Kapelle St. Sebastian und St. Rochus in Nendeln oder die Theresienkirche in Schaanwald, stellt die neue Schellenberger Pfarrkirche von Eduard Ladner ein besonderes Beispiel modernen Bauens, ein sakrales Gesamtkunstwerk dar, das über die Grenzen des Landes hinaus bekannt ist. Seit 1992 steht die Pfarrkirche zum Unbefleckten Herzen Mariä unter Denkmalschutz. Die klar gestaltete, harmonisch proportionierte und auf das Wesentliche beschränkte Kirche besteht aus einer Vorhalle und einem rechteckigen, unter einem Walmdach liegenden Einheitsraum. Über dem Walmdach erhebt sich ein Kreuz, dessen Entwurf von dem Bildhauer und Künstler Georg Malin aus Mauren stammt. Ausgeführt wurde es von der Spenglerei Julius Matt in Mauren. Ein runder Glockenturm steht frei in der Nähe des Eingangsbereichs. Aus den hochrechteckigen Schallöffnungen ertönen fünf von privater Hand gestiftete Glocken. Sie wurden 1961 in der Glockengiesserei Carl Czudnochowsky im oberbayrischen Erding, Deutschland gegossen. Den künstlerischen Schmuck, plastisch hervortretende Bilder und Inschriften, entwarf ebenfalls Georg Malin. Die genannten Gebäudeteile wurden mit unterschiedlichen Materialien, Isolierbackstein, Beton, Eisenbeton und Kalkstein, errichtet und mit einem Verputz versehen. Vom Vorplatz ins Innere Beim Übergang vom Vorplatz zur Vorhalle blicken die Kirchenbesucher zunächst auf ein künstlerisch
Schellenberg | Cornelia Herrmann
gestaltetes Gitter, entworfen von Architekt Ladner und Fritz Weigner, der weiter unten als Schöpfer der Glasfenster in Erscheinung treten wird. Ausgeführt wurde das Gitter von der Schlosserei Kaiser und Hilty in Schaan. In einem geometrischen Raster sind verschiedene Symbole, Motive des Jüngsten Gerichts, eingefügt: eine von einem Kreis umrahmte Raute (Symbol Christi), je ein mit der Spitze nach unten bzw. nach oben weisendes Dreieck (Symbol der Waage). In der Vorhalle befindet sich seit 1967 die von der alten Pfarrkirche verlegte Grabstätte des Klostergründers Pater Franz Sales Brunner (gest. 1859) wie auch eine Gedenktafel an Pfarrer Daniel Lins, den Initiator der neuen Pfarrkirche, aus dem Jahr 2007. Eine weitere Gedenktafel ist den Missionaren vom Kostbaren Blut gewidmet. In der Vorhalle führt ein leicht ansteigender Weg zum wuchtigen, einer Metallwand gleichen Eingangsportal aus dunkel patiniertem Stahl. Die Entwürfe stammen von Georg Malin, der auch bei der Innenausstattung federführend war. An der Ausführung des Portals war der Schlosser Wenzel Oehri aus Mauren beteiligt. Das obere Türfeld weist über einem mächtigen Querbalken eine flache, einem Sonnenmotiv ähnliche Kreisscheibe auf, in deren eingetiefter Mitte ein versilberter Fisch, ein Christussymbol, integriert ist. Zur Symbolik des Lebens gehört ein Wassersymbol mit angedeuteten Wellen. Das Innere in farbiges Licht gehüllt Im Innern der Pfarrkirche eröffnet sich ein ruhiger, schlichter, auf das Notwendigste beschränkter, zugleich kraftvoller Raum. Der Kirchenbesucher gelangt seitwärts des Chorraumes vorbei an den Beichtstühlen zum Mittelgang zwischen den Bankreihen. Über dem apsidialen Chorraum und
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dem grossen Einheitsraum erhebt sich eine fächerartig gewölbte Holzdecke. Boden und Treppen sind in Melser Stein gearbeitet. Zu einer besonderen Raumstimmung tragen die farbstarken Glasmalereien mit einem meditativen Bildzyklus des Malers, Zeichners und Glasmalers Fritz Weigner aus Zürich bei. Ausgeführt wurden die Entwürfe Weigners von Heinrich Mäder, Küsnacht. Weigners Glasfenster hüllen das Kircheninnere der Schellenberger Pfarrkirche in ein besonderes Licht: rotglühend wirkt die mystische Rose, der Morgenstern leuchtet aus einem nächtlichen Himmel verschiedenster Blautöne, die Lichtgestalt des segnenden Christus erscheint in zarten Rosaund Violettfarbtönen, um nur einige Beispiele zu nennen. In den einfach umrissenen Bildern bietet Weigner eine religiöse Erlebniswelt voller Licht und Farbe, setzt die Christen in Bezug zum Kosmos, zu Christus, zur Abendmahlsgemeinschaft. Die Fenster in Schellenberg möchten, so der Künstler im Jahr 1963, in der Seele des Betrachters die Sehnsucht wecken, neue Kraft und grössere Harmonie durch die Liebe Christi zu empfangen. Die besondere Atmosphäre des Raumes wird durch Gesang und Musik verstärkt. Die über dem Sakristeiraum erhöht aufgebaute Orgel ohne Gehäuse stammt aus der Bauzeit der Pfarrkirche. Sie wurde von der Orgelbauanstalt Josef Zeilhuber & Sohn in Altstädten im Allgäu, Deutschland, gefertigt. Zur künstlerischen Innenraumgestaltung Georg Malin erhielt mit der Ausstattung der Pfarrkirche in Schellenberg seinen ersten grösseren Auftrag zur Gestaltung einer Pfarrkirche. Er entwarf bzw. schuf neben dem oben genannten Portal und dem Kirchenkreuz auf dem Dach auch Altar, Taufstein, Ambo, Tabernakel, Kerzenständer, Apostelkreuze, Vortragekreuz und anderes mehr in moderner, klarer Formensprache.
Blick in das Innere mit fächerartig gewölbter Holzdecke.
Schellenberg | Cornelia Herrmann
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Links: Rosa Mystica, nach Entwurf des Glasmalers Fritz Weigner. Rechte Seite: Kruzifix mit Christuskorpus von einem alten Wegkreuz, heute im Altarraum der Pfarrkirche.
Vor der Chorwand und damit hinter dem Zelebrationsaltar sind schlichte Priester- und Zelebrantensitze aus Marmor aufgereiht. Der Altar besteht aus zwei Marmorblöcken, die in ihren Aussparungen eine dicke Altarplatte halten. Ein Altar ohne Ornamente oder Symbole, er wirkt durch die Struktur des dunklen Steins, teils gemeisselt, geschliffen oder poliert. Der Tabernakel, auf einem Marmorsockel platziert, besteht aus einem vergoldeten, von schwarz patinierten Eisenbändern umschlossenen Stahlgehäuse. Neben dem Altar steht seit 1994 ein Kruzifix, ein schmales Holzkreuz jüngerer Zeitstellung mit einem Christuskorpus eines alten Wegkreuzes. Eine
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Reminiszenz an die Historie des Dorfes, wie sie auch in der Aufstellung eines Replikats der sogenannten «Schellenberger Madonna» zum Ausdruck kommt. Das Original der Muttergottes mit bewegtem Faltenwurf von der Hand eines barocken Meisters hing ehemals an der Fassade eines Bauernhauses in Hinterschellenberg. Es gelangte um 1950 aus dem Nachlass des Künstlers und Sammlers Ferdinand Nigg in das Liechtensteinische Landesmuseum in Vaduz. Zum weiteren Inventar gehört beispielsweise ein Taufstein aus Marmor in der Nähe des Haupteingangs, zugleich in direkter Nähe zu den Chorstufen. Drei kräftige, zum Vieleck gebogene Gottes-
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zeichen (Griechische Tau) bilden die Wände des Wasserbeckens. Der Bildhauer Rico Galizia schuf für die Schellenberger Pfarrkirche eine Madonna mit Kind in Lasa-Marmor, die er als Hochrelief auf der Vorderfront eines quaderförmigen Blocks ausführte. Pfarrkirche und Zweites Vatikanisches Konzil Die Pfarrkirche zum Unbefleckten Herzen Mariä in Schellenberg ist eine frühe Botin neuer theologischer Grundgedanken. In ihrem Bau und ihrer Ausgestaltung wurden vorausgreifend Erneuerungen und Inhalte des Zweiten Vatikanischen Konzils aufgegriffen, das im Oktober 1962 in Rom eröffnet, unter Papst Paul VI. von 1963 bis 1965 weitergeführt wurde. Ziel war die Erneuerung der Lehre und des Lebens der Kirche, verbunden mit einer Öffnung der katholischen Kirche zur modernen Welt. «Man hatte sich vorgenommen, ein Haus Gottes und des Gebetes zu bauen, in dem die Gläubigen mit grösserer Leichtigkeit den gottesdienstlichen Handlungen Blick und Herz schenken können», schreibt Pfarrer Daniel Lins anlässlich der Kirchweihe am 22. September 1963. Und weiter heisst es: «Wenn Unwesentliches und Beiwerk aufgegeben wurde, werden es viele Gläubige vermissen. Aber Wesentliches ist uns neu geschenkt.» Diese Gedanken des Pfarrers ergänzen folgende Worte von Georg Malin in der Festschrift zur Kirchweihe: «Bei der Ausstattung der Kirche versuchte ich überall zu Ursprünglichem und Anfänglichem vorzustossen. In der Form begegnete ich dabei dem Elementaren. Im Inhalt aber stiess ich immer wieder auf den Grund unseres Glaubens. Das ist Christus.»
Links: Schutzengel, Lichtgestalt nach Entwurf des Glasmalers Fritz Weigner. Rechte Seite: Madonna mit Kind, von Bildhauer Rico Galizia.
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Friedhofskapelle Der südlich der Pfarrkirche Zum Unbefleckten Herzen Mariä gelegene Friedhof der Gemeinde und Pfarrei Schellenberg wurde am 21. Dezember 1975 eingeweiht. Die Gestaltung des Friedhofs und der Bau einer Friedhofskapelle wurde nach einem Projektwettbewerb seitens der Gemeinde Schellenberg dem in Oberschan ansässigen Architekten Eduard Ladner übertragen, der zuvor für den Bau der neuen Pfarrkirche verantwortlich gezeichnet hatte. Bis dahin waren die Toten der Gemeinde Schellenberg auf dem Friedhof der Mutterkirche zu Bendern, spätestens ab 1873 auf einem vor dem Schellenberger Kloster der Schwestern vom Kostbaren
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Blut angelegten Friedhof bestattet worden. Der alte Schellenberger Friedhof wurde 1992 aufgelassen und das Areal in den Besitz des Klosters übergeben. Die moderne Friedhofskapelle in Betonbauweise weist ein Flachdach auf, das über dem Eingang als Vorhallendach ausgebildet ist. Der Aufbahrungsraum wird durch verglaste Flächen belichtet, die ein Metalldekor mit gleichschenkligen Kreuzen innerhalb eines Kreises gliedert. Hierbei handelt es sich um ein Motiv von kosmologischer Bedeutung, das den Ablauf der Zeit und damit die Ewigkeit symbolisiert. Die Friedhofskapelle öffnet sich als «Tor zum Leben». Die Kreuze und ihre geometri-
sche Rahmung, auf den Kopf gestellte Quadrate mit geschwungenen Randlinien, lassen weiteren Raum für eine Sehweise von vier Himmelsachsen, vier Jahreszeiten, vier Winden oder vier Paradiesflüssen. Das Symbol des gleichschenkligen Kreuzes wiederholt sich an der linken Wand der Eingangsfassade in einer Bronzetafel des Maurer Künstlers Georg Malin von 1986. Die Erdgräber des Friedhofs zieren schmiedeeiserne Kreuze auf Granitsockeln. Als zentrales Element entstand 2015 ein Gemeinschaftsgrab für die Erdbestattung von Urnen in der Mitte des Friedhofs. Ein geschwungenes Betonelement sowie drei tiefer liegende Pflanzelemente aus Stahlblech sind so angeordnet, dass sie schützende Hände symbolisieren. Die bestehende Nischenwand für Urnen wurde abgebrochen. Für Urnenbestattungen werden seitdem Erdgräber entlang der Friedhofsmauer zur Verfügung gestellt.
Schellenberg | Cornelia Herrmann
Oben: Bronzetafel des Maurer Künstlers Georg Malin. Unten: «Tor zum Leben».
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Kapelle St. Georg Die kleine Kapelle St. Georg steht auf einer schmalen Kuppe im Ortsteil Hinterschellenberg. Sie ist der älteste Sakralbau der Gemeinde Schellenberg, der als Filialkirche der Pfarrei Bendern im Bericht der bischöflichen Visitation von 1743 erstmals schriftlich Erwähnung findet. Als Stifter werden Martin und Katharina Kaiser tradiert, die das Kirchlein frühestens 1650, spätestens 1740 auf eigenem Grundstück und aus eigenen Mitteln errichten liessen. Das Datum der Erstweihe ist nicht bekannt. 1815 vermerkte Landvogt Joseph Schuppler in seiner Landesbeschreibung für Schellenberg, dass in
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53, in zerstreuten Abteilungen auf den Höhen des Eschnerberges liegenden Häusern 290 Einwohner lebten. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts waren es kaum mehr als 330 Personen auf dem Vorderen, Mittleren und Hinteren Schellenberg. Im Hinteren Schellenberg blieb man nicht untätig. 1855/56 erhielt die Kapelle St. Georg ihre heutigen Ausmasse. Chor und Schiff wurden unter Einbeziehung älterer Gebäudeteile vergrössert und erhöht. Im zentralen Ortsteil Mittelschellenberg aber fand nur wenige Jahre später am 20. Juni 1858 die Weihe einer neuen Kirche zu Ehren der hl. Maria Immaculata statt, die 1881 den Status einer Pfarrkirche erlangte. Die Kapelle St. Georg verlor an Bedeutung,
diente damals noch den religiösen Bedürfnissen der wenigen Einwohner von Hinterschellenberg. Das Kleinod in idyllischer Lage hat die Zeiten überdauert, wurde 1944/45 saniert, 1980/81 umfassend renoviert und baugeschichtlich erforscht. Das in Bruchsteinmauerwerk erbaute und verputzte Kirchlein ist nach Südosten orientiert. Es besteht aus einem etwa achteinhalb Meter langen Kapellenschiff und einem trapezförmigen, rund vier Meter tiefen Chor. Beide Gebäudeteile liegen unter einem mit Ziegeln gedeckten Satteldach, das über dem Chor abgewalmt ist. In dem über dem Chor positionierten Dachreiter mit schindelgedecktem Spitzhelm hängen zwei Glocken. Die ältere der beiden wurde 1694 von den Glockengiessern Hans Georg Gapp und Gabriel Felix in Feldkirch gegossen, wohl ursprünglich für eine Kirche in Vorarlberg
Schellenberg | Cornelia Herrmann
gestiftet und in der Kapelle St. Georg zweitverwendet. Die jüngere Glocke kam 1984 hinzu. Der Eingang zur Kapelle liegt unter einem von zwei Holzpfeilern getragenen Pultdach. Das schlichte Innere besticht durch seine Ausstattung, die zwar alt ist, grösstenteils aber nicht für die erste Kapelle St. Georg erworben wurde. An der Rückwand des flach geschlossenen Chorraums hängt ein ehemaliger Altaraufsatz, ein Retabel, dessen Zentrum seit 1980/81 das ehemalige Chorbogenkreuz der Kapelle ziert. Eine lateinische Inschrift erklärt, dass der Altar 1659 von den Eheleuten Augustin Gasser und Anna Maria Sonderegger zu Ehren der Jungfrau Maria errichtet worden sei. Da Augustin
Unten: Nordwand mit Gemälde «Hl. Georg zu Pferd».
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Gasser als Stadtammann von Feldkirch bezeugt ist, wird die ursprüngliche Herkunft des Retabels aus einer Kirche der vorarlbergischen Stadt angenommen. Die 1980 freigelegte Inschrift dürfte um 1855, vor der Aufstellung des Altars in der Kapelle St. Georg übermalt worden sein. Auf eine Zweitverwendung des Altars lässt auch die fehlende Bekrönung schliessen. Mit ihrer Entfernung konnte der Altaraufsatz den Platzverhältnissen in der Kapelle St. Georg angepasst werden. Die rechte Chorbogenwand ziert ein schwarz gefasster Tabernakel mit vergoldeten Zierelementen und einem Figürchen des hl. Georg mit Drachen im Zentrum. Über dem Tabernakel erhebt sich seit der letzten Kapellenrenovierung die Figur eines Auferstehungschristus aus der Zeit um 1520. Aufgrund von Stilmerkmalen wird die Schnitzfigur der Werkstatt des Memminger Bildhauers Christoph Scheller zugeschrieben.
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Zur weiteren Ausstattung gehören eine Muttergottes im Nazarenerstil, ein ehemaliges Altarblatt des oben genannten Retabels mit der Darstellung des hl. Georg, ein weiteres Gemälde mit dem hl. Georg aus dem 17. Jahrhundert, das als Geschenk der Landesfürstin Gina 1944/45 in die Kapelle gelangte. Eine 1802 datierte Votivtafel an der Emporenbrüstung erinnert an die Zeit einer weit verbreiteten Viehseuche. Mutter Maria, eine ländliche Kopie nach dem Gnadenbild von Lucas Cranach im Innsbrucker Dom, ist umgeben von den in der Inschrift benannten und angerufenen Heiligen. Ein stimmungsvolles Bild, das im unteren Teil eine dörfliche Szenerie mit einem kleinen Sakralbau zeigt, in der die Kapelle St. Georg gesehen werden könnte.
Oben: Blick in das Kapelleninnere zum Chor. Rechte Seite: Votivtafel von 1802 an der Emporenbrüstung.
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Klosterkirche Schellenberg Bauzeit
1865/1872
Weihe
4. Mai 1880
Renovation
2001
Auf der ausgedehnten Terrasse in Mittelschellenberg liegt am südlichen Rand das Kloster der Schwestern vom Kostbaren Blut (S.PP.S). Die weitläufige Anlage bietet schon von Weitem einen imposanten Anblick. Dass sich darin auch eine geräumige Klosterkirche befindet und wo, erkennt man von aussen erst bei näherem Zusehen, nämlich am hohen Dachreiter, an zwei rundbogigen Kirchenfenstern und am separaten Eingang. Von Graubünden über Ohio nach Schellenberg Das Frauenkloster in Schellenberg verdankt seine Entstehung einigen Personen und manchen Fügungen. Die fromme Anna Maria Brunner (1764–1836) aus dem solothurnischen Mümliswil gründete 1834 in der Nähe von Ilanz die «Schwesterngemeinschaft vom Kostbaren Blut». Ihr Sohn
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Franz Sales Brunner (1795–1859) war Priester und Mitglied der «Missionare vom Kostbaren Blut (C.PP.S)», welche Kaspar del Bufalo (1786–1837) 1815 in Italien gegründet hatte. Brunner wollte in Übersee, ursprünglich in China, den christlichen Glauben verbreiten. Schliesslich gründete er in den USA ab 1843 Frauenklöster und Stationen der Missionsgemeinschaft. Nach Europa zurückgekehrt, konnte er 1858 auf Empfehlung des Bischofs von Chur das Frauenkloster der «Schwestern vom Kostbaren Blut» gründen. Hier starb er 1859. Sein Grab liegt heute in der Vorhalle der neuen Pfarrkirche. Eigentlich war der Zweck des Schellenberger Klosters ursprünglich, Schwestern für die Mission in den USA vorzubereiten, 1859 reisten tatsächlich die drei liechtensteinischen Schwesternkandidatinnen Salome Büchel, Margaretha Näscher und Eva Wohlwend nach Ohio, weitere offenbar nicht mehr. Klostergebäude 1858/1860 wurde an die wenige Jahre zuvor errichtete Kirche (später Pfarrkirche) der Gemeinde Schellenberg südlich ein Schwesternhaus angebaut. Bald darauf entstand 1865/1873 nördlich der Kirche ein grösserer Klosterbau, darin auch die Klosterkapelle. 1902/03 wurde dieser Klostertrakt aufgestockt. Der älteste, südliche Klosterteil wurde 1972 zusammen mit der alten Pfarrkirche abgebrochen und durch einen grossen neuen Klostertrakt ersetzt. Die Klosterkapelle aber, im nördlichen Trakt, blieb bestehen. Die Klosterkirche von aussen Die Klosterkapelle ist eine eigentliche kleine Kirche. Dem nördlichen Klostertrakt wie eine Verlängerung angefügt, liegt sie neben dem repräsentativen, turmartigen Eingang des Klosters. Sie ist zunächst unauffällig, da in gleicher Flucht stehend und weiss wie die ganze Ostseite. Das Satteldach ist nordwärts über dem Chor abgewalmt, diesen erkennt man von aussen nicht. Gegliedert ist die östliche Kapellenwand durch zwei grössere, schmale
Schellenberg | Peter Geiger
Rundbogenfenster und ein kleines, rundbogiges Zwillingsfenster über dem Eingang. Hinzu kommen im Chorbereich vier gewöhnliche Fenster, die nicht direkt auf den Chor gehen. Mitten auf dem ziegelbedeckten Dach erhebt sich ein hoher, achteckiger Dachreiter, geschindelt, mit Glockenstube und acht Schallöffnungen und hohem, leicht einwärts geschweiftem Spitzhelm mit Kugel und Kreuz. In der Glockenstube hängen zwei Glocken von 1870. Zum erhöhten Eingang führt eine leicht abgewinkelte Treppe auf ein Podest unter einem einfachen Vorzeichen. Neben der Tür ehrt ein Relief Mutter und Sohn Brunner als «Unsere Gründer». Eine weitere Tür führt vom Kloster her ins Kircheninnere. Im Innern Die Eingänge liegen beidseits hinten unter der Empore. Der Blick schweift nach vorn ins breite, rechteckige Schiff, auf die Chorbogenwand mit den Seitenaltären, durch den rundbogigen Chorbogen in den schmalen, langen und hohen rechteckigen Chor zum Hochaltar. Schiff und Chor liegen unter flachen Holzdecken. Aus Holz sind auch die Empore und die Sitz- und Kniebänke mit geschnitzten Wangen. Sie stehen beidseits des Mittelgangs gereiht auf einem hellen Holzboden. Der übrige Boden besteht aus hellen Steinplatten. Darauf liegt im Mittelgang in der kalten Jahreszeit ein Teppich. Die Klosterkirche sah im Innern früher etwas anders aus als heute, wie Fotos zeigen. So bedeckte Schablonenmalerei den Chorbogen und die Chorwände, im Chor waren Heiligenfiguren aufgemalt. Ebenso waren die neubarocken Altäre in manchem anders als heute gestaltet. Der ganze Raum wirkt hell und harmonisch. Die Wände sind weiss, viel Licht fällt ins Schiff durch zwei hoch liegende, grosse Rundbogenfenster an der rechten, östlichen Seite. Die linke Seite des Schiffs dagegen ist fensterlos. Der Chor ist etwas erhöht
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und vom Schiff durch eine niedrige Chorschranke mit Balustern getrennt. Er wird beidseitig von je fünf kleineren, hoch liegenden Fenstern belichtet. Da diese nicht in der Aussenwand des Gebäudes liegen, sondern auf andere Räume gehen, fällt das Licht gedämpft herein. Zu beiden Seiten des Chors liegen die Priestersakristei, die Schwesternsakristei und ein spezieller Schwesterngebetsraum (Oratorium). Der Hauptaltar liegt an der Chorrückwand. Von heiligen Gestalten bevölkert Die Kirche ist, selbst wenn nur eine Schwester still im Schiff betet, belebt und geradezu wohnlich – denn sie ist gewissermassen von himmlischen Ge-
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stalten bevölkert. Zahlreiche farbenfrohe Figuren und Bilder sind im ganzen Raum harmonisch verteilt, kulminierend in den ausladenden Altären. Was sieht man, wenn man sich umschaut? An der Emporenbrüstung stehen als Reliefbild Maria und Josef zur Vermählung vor dem Hohepriester. Oben auf der Brüstung sind je links und rechts aussen die Apostelfürsten postiert, Petrus mit Schlüssel und Paulus mit Schwert. An den Wänden stehen heilige Gestalten auf Konsolen: ein Jesusknabe mit Krone im blauen, goldgesäumten Hemd; der Erzengel Michael, holzgeschnitzt und unbemalt, mit Flammenschwert über dem besiegten Satans-Dra-
Linke Seite: Inneres mit Schiff und Chor. Rechts: Hochaltar im neubarocken Stil, Figuren von 1880, Altararchitektur von 2001.
chen stehend; je in Chorkleidung der hl. Franz Xaver mit Kruzifix und einer Taufmuschel in der Hand, am Band trägt er eine Reliquie, und weiter vorne der hl. Aloisius von Gonzaga, bartlos, mit Buch, Kreuz und ebenfalls Reliquie – wir werden beiden Heiligen noch begegnen. Zwischen den beiden zeigt ein Gemälde den hl. Franz von Assisi in der braunen Mönchskutte, wie er vom Himmel die blutigen Wundmale Christi empfängt, sichtbar an den erhobenen Händen. Das Bild wurde 1880 von Melchior Paul von Deschwanden aus Stans gemalt und war ursprünglich Altarbild am rechten Seitenaltar. Ein einfacheres Bild ist eine verbreitete Kopie des «Gnadenbildes vom Barmherzigen Jesus» mit
Schellenberg | Peter Geiger
dem Schriftband «Jesus, ich vertraue auf Dich», basierend auf der Vision der polnischen Ordensschwester Faustyna Kowalska von 1931. Geschnitzte Holzreliefs führen den Wänden im Schiff entlang Christi Kreuzweg anschaulich vor Augen. Sie wurden von Emil Eltschinger, Luzern, geschaffen und 1977 in der Klosterkirche angebracht. Apostelleuchter mit goldfarbenen Kreuzen umlaufen Schiff und Chor. An der rechten Seitenwand ist eine mächtige Kreuzigungsgruppe platziert, neben Jesus am Kreuz stehen Gottesmutter und Johannes, beide in barocker Manier, edel gewandet, farbig.
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«Ehre sei dem Blute Jesu» Diese Worte stehen gross über dem Chorbogen. Sie sind das Motto der Gemeinschaft der Schwestern. In der Wandlung – Mysterium fidei, Geheimnis des Glaubens – wird der Wein zum Blut Christi, dieses verehrend beten die Gläubigen den so anwesenden Gottessohn selber an. Immerwährende Anbetung ist gewährleistet, während 24 Stunden des Tages: Immer sind mehrere, manchmal alle dreissig Schwestern hier beim Gebet. In der ganzen Kirche sind viele bildliche Anklänge zu Christi Blut sichtbar: So fallen in Kelche Blutstropfen, liegen zwischen barockem Gold rote Tropfenformen, zeigt Franziskus die Wundmale Christi, leuchtet Blut kostbar aus den Chorfenstern. Barocke Altäre Die dominierenden Objekte sind der Hauptaltar im Chor und die zwei Seitenaltäre an der Chorbogenwand, reich an Bildern und Bezügen. In der Entstehungszeit in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war die Klosterkirche mit neubarocken Altären ausgestattet worden. 2001 wurden die drei Altäre umgestaltet, unter Verwendung von bestehenden Teilen – so Figuren des Hauptaltars, Altarbilder der Seitenaltäre von 1880, Tabernakelengel von 1910. Sie wurden in die neue, rosa und grau marmorierte Altararchitektur eingebaut. Diese schufen im barocken Stil Holzbildhauer Robert Hangartner, Altstätten, Drechsler Albert Moser, Rebstein, und Restaurator Mauro Ferrari, Lüchingen. Am 8. Dezember 2001 wurden die neuen Altäre geweiht. Hauptaltar Der bis zur Decke aufragende Hauptaltar an der Rückwand des Chors ist der Unbefleckten Empfängnis der seligen Jungfrau Maria – die Kapelle heisst auch «Maria Immaculata» –, dem Heiligsten Herzen Jesu und dem heiligen Josef geweiht, also der Heiligen Familie. Sie sind als grosse, farbige, goldverzierte Holzfiguren präsent. In zentraler hoher Säulennische steht Jesus im Strahlenkranz,
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das Herz auf der Brust, Arme und Hände mit den Wundmalen zu den Gläubigen geöffnet. Darüber schwebt in Gestalt der Taube der Heilige Geist. Links daneben steht Maria im blauen Mantel und mit bestirntem Heiligenschein auf einer mit Sternen verzierten Halbkugel, um die sich eine Schlange mit goldenem Apfel windet. Josef, rechts, im roten Mantel, trägt auf den Armen das Jesuskind, es hält eine Lilie in der Hand, Zeichen auch von Josefs Jungfräulichkeit. Alle drei grossen Figuren waren schon dem ursprünglichen Hochaltar von 1880 eigen. Direkt unter der Säulennische sieht man Christus nochmals kleiner – teils wechselnd – am Kreuz oder auch als Auferstehender, mit Kreuz, Fahne und allen Wundmalen. Und direkt darunter, in gleicher Achse, liegt der goldene, viereckige Tabernakel. Er zeigt im Relief ein Strahlenkreuz und ein Lamm, aus dessen weisser Brust rotes Blut in den Kelch sprudelt – zentral auf das Motto der Schwesterngemeinschaft verweisend. Seitenaltäre Die zwei Seitenaltäre füllen die Chorwände aus. Sie sind, gleich wie der Hochaltar, mit Säulen und Bekrönung rosa und grau marmoriert. Der linke Seitenaltar ist den «Sieben Schmerzen der seligen Jungfrau Maria» sowie der Erhöhung des Heiligen Kreuzes und dem Evangelisten Johannes geweiht. In einer goldenen Kartusche der Altarbekrönung liegt rot ein Herz, schwertdurchbohrt, dasjenige Mariens. Das Altargemälde zeigt eine Pietà: Vor dem Fuss des Kreuzes hält Maria ihren toten Sohn auf dem Schoss, man sieht die Wundmale. Das eindrückliche Bild schuf 1880 der bekannte «Madonnenmaler» Melchior Paul von Deschwanden (1811–1881) aus Stans.
Linke Seite: Hl. Caspar del Bufalo, von Florus Scheel, 1905, davor Muttergottes mit Kind, von Maria Machurska.
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Links: Kreuzweg: Veronika reicht Jesus das Schweisstuch, von Emil Eltschinger, um 1977. Rechte Seite: Glasmalereifenster im Chor, Leidenswerkzeuge, von Albert Wider, 1963.
Der rechte Seitenaltar ist ebenfalls zu mehrfachen Ehren errichtet, als da sind: Kostbares Blut, hl. Kaspar del Bufalo, hl. Aloisius von Gonzaga, hl. Franz Xaver, alle heiligen Engel. Kaspar del Bufalo war der Gründer der «Missionare vom Kostbaren Blut», denen Franz Sales Brunner folgte; Franz Xaver und Aloisius, welche Mutter Brunner sehr verehrt habe, waren Jesuiten des 16. Jahrhunderts, Xaver starb 1552 als Ostasienmissionar in Südchina, der junge Aloisius starb 1591 bei der Pflege Pestkranker in Rom. Das Altarbild selber stellt Kaspar del Bufalo dar, im schwarzen Ordensgewand schwebt er verklärt zum Himmel, ein Engel trägt den Kelch mit dem Blut Christi, es quillt über. Dieses Bild malte Florus Scheel aus Feldkirch 1905, als Kopie eines Gemäldes von Giovanni Gagliardi von 1904.
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Direkt unter diesem Gemälde ist seit 2008 ein zusätzliches Bild angebracht. Es ist ein Gnadenbild der «Mutter und Königin des Kostbaren Blutes», gemalt von der polnischen Malerin Maria Machurska. Es lehnt sich eng an ein Bild Marias mit dem Jesuskind von Girolamo Bottone an, welches wiederum auf Anregung von Kaspar del Bufalo durch Andrea Pozzi mit dem Kelch ergänzt und so in Kopien verbreitet worden war. In der Bildvariante von Machurska in Schellenberg tragen Maria und Jesus zusätzlich Kronen, und aus dem Kelch schwappt Blut über. Glasmalerei, Leidenswerkzeuge, Oratorium Die Gläser der beiden grossen Fenster im Schiff und des kleineren Zwillingsfensters an der Ostseite der
Empore schimmern leicht blau mit Rautenmuster und intensiv hellroter Umrahmung. Das ruhige Ornament, wohl als Farbfolie aufs Glas gefügt, ersetzt seit 2007 ehemalige expressive Fenster von 1963, welche unter anderem Christus am Kreuz und Kaspar del Bufalo darstellten. Entworfen hatte jene Fenster von 1963 der Bildhauer und Glasmaler Albert Wider (1910–1985) aus Widnau. Eindrückliche Glasmalerei zeigen die zehn rechteckigen Fenster hoch im Chor, je fünf zu beiden Seiten gereiht, wohl ebenfalls von Albert Wider geschaffen und 1963 eingesetzt. Auf hellen, abstrakten Teilflächen sind die Leidenswerkzeuge Christi hervorgehoben: so Dornen, Geissel, Kreuz, Nägel, Hammer, Zange, Schwamm, Lanze. Rot sticht immer das Blut des Erlösers hervor.
die Schwestern, wenn sie nicht im Schiff knien, betend und meditierend in den Chor schauen: zur Glasmalerei mit den Leidenswerkzeugen, auf die Reliquienmonstranz an der Chorwand, auf die Bildwelt des Hochaltars, auf den Tabernakel, der Leib und Blut Christi bewahrt und wovon rot das Ewige Licht kündet. Geborgener sakraler Ort Die Klosterkirche in Schellenberg tritt nach aussen unauffällig, ja bescheiden in Erscheinung. Sie ist als kleines Gotteshaus ganz nach innen gekehrt, ein geborgener sakraler Ort für Gebet und Betrachtung. Die Bildausstattung kreist um die Erlösungsgeschichte und um die zentrale Zweckbestimmung der Schwestern vom Kostbaren Blut. Offen ist die Klosterkirche auch für stille Besucher.
Das Oratorium an der linken Chorseite ist durch grosse Glasscheiben abgetrennt. Von dort können
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Kapelle Maria Rast Bauzeit
1993
Weihe
10. Oktober 1993
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Vor dem Klostergebäude in Schellenberg liegt ostwärts ein Klostergarten, der zugleich Friedhof der Schwestern ist. Darin steht seit 1993 eine schmucke Kapelle. Auf dem weissen Mauerwerk über rechteckigem Grundriss mit schmalerem Chor liegt ein Satteldach, darauf sitzt ein Dachreiter mit viereckigem Spitzhelm, Kugel und Kreuz. Im offenen Glockenstuhl hängt eine Glocke. Der Chor liegt nach Osten gerichtet. Grosse, rundbogige Fenster zu beiden Seiten des Schiffs, des Chors und des Eingangs lassen viel Licht ein, sie sind mit gelblichen Butzenscheiben ausgefüllt. Feine Stäbe in jedem Fenster bilden eine Kreuzform und ein «V»
im Bogenabschluss, was mit dessen Rundung zusammen ein «M» ergibt, für Maria. Auf sie ist die ganze Kapelle ausgerichtet. Im Innern Über der mit Lilien verzierten Eingangstür steht gross «Marja Rast», so heisst die Kapelle. Drinnen liest man: «Versuch es hier zu rasten, wenn dir der Mut entschwand. In meinem Pilgerschatten schon mancher Ruhe fand.» Rastend beten und schauen kann man beidseits in den hölzernen Sitz- und Kniebänken mit geschnitzten, verzierten Wangen oder auch auf der Kniebank vor der gerundeten, schmiedeeisernen Chorschranke. Daneben kann man kleine Kerzen entzünden. Das Schiff liegt unter einer flachen, beidseits leicht abgeschrägten Holzdecke. Hinter dem rund geschlossenen Chorbogen schliesst sich der um eine Stufe erhöhte Chorraum an, schmal, hoch, weiss, mit gerundeter Decke.
Schellenberg | Peter Geiger
Marien-Altar, Reliquienschrein, Statuen Den Chor füllt ein Marienaltar aus. Über dem Altartisch mit Blumen steht vor einem dunklen, goldgeränderten Altarblatt eine Marienfigur. Sie trägt über hellblauem Gewand einen weissen Mantel, der teils auch die Haare bedeckt, in den betend gefalteten Händen hält sie den Rosenkranz. Den feinen Kopf samt Krone mit Kreuz neigt sie leicht seitwärts. Golden sind Zier der Gewänder, Rosenkranz und Krone. Maria steht auf einer rötlich wallenden Wolke. Über ihr schwebt an der Wand vor goldenen Strahlen der Heilige Geist in Gestalt der Taube. Flankiert ist Maria von zwei knienden Engeln und von zwei Mädchen, diese sind bäuerlich und farbig gekleidet.
Unten: Steinerner Reliquienschrein, mit Fotos von Fátima-Kindern.
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Die Marienstatue, geschaffen von der Werkstatt Antonio Alves Suc. Filho im portugiesischen Braga, ist detailgetreu der «Virgen de Fátima», der Jungfrau von Fátima, nachgebildet. Bei Fátima in Portugal war 1917 Maria den drei Hirtenkindern Lúcia Santos (10 Jahre) sowie den Geschwistern Francisco (9) und Jacinta Marto (7) mehrmals erschienen. So stellen denn die beiden Mädchen zu Füssen Marias in der Kapelle in Schellenberg Lúcia und Jacinta dar. Francisco starb schon 1919, Jacinta 1920. Lúcia wurde später Ordensschwester, sie starb 2005 im 97. Altersjahr. Alle drei Fátima-Kinder wurden 2017 heiliggesprochen. Zwei von ihnen sind auch am Altartisch präsent, denn unter diesem steht auf dem Kapellenboden ein mit kräftigen Granitsteinen ummantelter Schrein mit Reliquien. Am Türchen sind Medaillons sichtbar, auch zwei Porträtfotos der Fátima-Geschwister Jacinta (links) und Francisco Marto. An der Wand im Schiff sind zwei weitere Statuen platziert. Die eine stellt Padre Pio (1887–1968) im Priestergewand dar. Seine 1918 empfangenen Wundmale sind durch Halbhandschuhe verdeckt. Er zeigt den Gläubigen nach der Wandlung den Kelch und die Hostie, Blut und Leib Christi. Padre Pio wurde 2002 heiliggesprochen. Die zweite Statue zeigt den Jesusknaben, gelockt, mit Heiligenschein und einem Lamm zu Füssen – und mit unüblichen Attributen: In den Händen hält der Knabe schon einen Dornenkranz und ein grosses Kreuz. Zur stillen Einkehr Auf dem Platz vor der Kapelle schliesslich steht eine Statue des heiligen Josef. Er trägt das sich anschmiegende Jesuskind, dazu eine Lilie. Er blickt zur Kapelle hin. Unwillkürlich wird dem Betrachter bewusst: Josef und Maria haben dreissig Jahre lang Jesus ernährt, erzogen und Gutes gelehrt. Die Kapelle «Maria Rast» im Klostergarten ist eine Stätte stiller Einkehr, für die Klosterbewohnerinnen wie auch für andere Besucher.
Inneres der Kapelle, Marien-Altar mit der «Virgen de Fátima».
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Ruggell Cornelia Herrmann
Pfarrkirche St. Fridolin Bauzeit
1897–1899,
1998/99 Sakristeianbau
Pläne
Architekt Gustav Ritter von Neumann, Wien
Bauausführung
Baumeister Fidel Kröner, Levis
Grundsteinlegung 23. Mai 1897 Erstweihe
19. Mai 1911
Renovationen
1962, 1998/99
Ein Sakralbau zwischen dem nördlichen und südlichen Dorfgebiet Die Pfarrkirche St. Fridolin setzt einen eindrucksvollen Akzent im Dorfbild der Gemeinde Ruggell. Sie steht im Bereich der Verzweigung Schellenbergstasse - Kirchstrasse und ist mit ihrer Eingangsfassade samt einem kleinen Vorplatz zur Kirchstrasse hin orientiert. Für den Bau der Pfarrkirche war Ende des 19. Jahrhunderts ein Standort zwischen dem nördlichen und südlichen Dorfgebiet gewählt und als Achse die Kirchstrasse in gerader Ausrichtung neu angelegt worden. Diese führt heute auf der einen Strassenseite vorbei am Pfarrhaus von 1985 und am Friedhof auf der anderen, über Langacker und Schlatt durch Neubaugebiete bis zum südlichen Dorfrand von Ruggell. Der Weg zur selbständigen Pfarrei Nach der Abkurung von der Pfarrei Bendern und der Errichtung der eigenständigen Pfarrei Ruggell
Ruggell | Cornelia Herrmann
im Jahr 1874 erlangte ein schon länger geplantes Kirchenbauprojekt einen neuen Anschub. Bis dahin hatte die Kapelle St. Fridolin, ein 1617 geweihtes, später erweitertes Kirchlein den Ruggellern als Gotteshaus gedient. Umfangreiche Akten im Pfarrarchiv Bendern und im Gemeindearchiv Ruggell bezeugen die Bemühungen der Ruggeller auf ihrem Weg zu einer selbständigen Seelsorge. Seit der Errichtung einer Kuratie im Jahr 1854, einem eigenen, aber noch nicht mit allen Pfarrrechten ausgestatteten Seelsorgebezirk, besass der Landesfürst das Patronatsrecht, seit 1999 liegt dieses Recht beim Erzbischof von Vaduz. Die Kapelle St. Fridolin wurde um 1900/01 abgebrochen. An den einstigen Standort erinnert ein Kreuz nordwestlich der Pfarrkirche, an der Kreuzung Dorfstrasse / Strasse nach Schellenberg. Ausgewählte Aspekte der Baugeschichte Zur Errichtung einer angemessenen Pfarrkirche standen in Ruggell nur geringe finanzielle Mittel zur Verfügung. Einen grossen Teil der Baukosten übernahm darum Landesfürst Johann II., weitere Gelder stammten aus dem Kirchenbaufonds und einer privaten Stiftung. Eine weitere Summe steuerte die Gemeinde selbst bei, deren Einwohner zudem einen Eigenanteil durch Hand- und Zugarbeit erbrachten. Der Landesfürst beauftragte 1894 den in seinen Diensten stehenden Wiener Architekten Gustav Ritter von Neumann mit der Erarbeitung von Plänen für einen Pfarrkirchenneubau in Ruggell. Die Bauausführung wurde an Baumeister Fidel Kröner aus Levis, Feldkirch-Altenstadt, vergeben. Am 23. Mai 1897 erfolgte die Grundsteinlegung. Die erste Messe im neuen Kirchengebäude
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konnten die Ruggeller an Weihnachten 1899 feiern. Der Innenraum war zu dieser Zeit noch unvollendet, und auch der Kirchturm fehlte. Dekorative Wandmalereien im neugotischen Stil von der Hand des Kirchenmalers Florus Scheel aus Feldkirch überzogen seit 1906/07 die Innenwände und teils die Gewölbe der Pfarrkirche. Der Ankauf eines Hochaltars war zunächst zugunsten der Innenausmalung zurückgestellt worden. Kirchenbänke und Chorstühle lieferte 1910 Adolf Vogl aus Hall, Österreich.
Ruggell ein repräsentatives, sakrales Gebäude im neugotischen Stil, wie wenige Jahre zuvor für die Pfarrei Schaan. Zeitgenossen schreiben von einer architektonisch schönen Kirche, doch ging ihr Habitus über den einer üblichen Landkirche für ein kleines Dorf mit damals rund 500 bis 600 Einwohnern weit hinaus. Die Verwendung der neugotischen Formensprache am schlichten Baukörper mit nur wenig Zierrat aus grauem Sandstein erinnert an Zisterzienserbauten wie in Kappel am Albis im Kanton Zürich.
Am 19. Mai 1911 zelebrierte der Churer Bischof Georg Schmid von Grüneck die Weihe des neu angeschafften Hochaltars zu Ehren der Hl. Dreifaltigkeit und der Kirche zu Ehren des hl. Fridolin. Anlässlich der Weihe läuteten zwei Glocken aus der alten Kapelle. 1913 wurde die Glockengiesserei Grassmayr in Feldkirch mit der Herstellung von vier neuen Glocken beauftragt. Der Landesfürst stiftete Gelder für die Mutter-Gottes-Glocke, weitere Spenden gingen von privater Seite ein. Die Anschaffung eines Seitenaltars in der Zeit um 1924/25 ist in Zusammenhang mit der wenige Jahre zuvor in Ruggell gegründeten Herz-Jesu-Gemeinschaft und einer privaten Stiftung im Jahr 1924 zu sehen.
Die nach Osten orientierte, in unverputztem Kalkstein-Quadermauerwerk ausgeführte Pfarrkirche St. Fridolin besteht aus einem einschiffigen, vierjochigen Langhaus, das ohne Einzug in den Chor mit einem Fünfachtelschluss übergeht. Das Satteldach über beiden Gebäudeteilen ist über dem Chor abgewalmt. Die Aussenwände des Langhauses sind durch Strebepfeiler und wie im Chor zudem durch spitzbogige, über einem Gurtgesims ansetzende, zweibahnige Fenster unter Drei- und Vierpässen gegliedert. Ein grösseres, vierbahniges Masswerkfenster öffnet sich über dem Eingangsportal.
Neben kleineren Renovierungen und Umbauten sowie diversen Neuanschaffungen ist die Innenrenovierung von 1962 zu erwähnen, während der unter Architekt Hans Rheinberger aus Vaduz die Dekorationsmalereien von Florus Scheel übertüncht wurden. Seit dem Ende der 1990er-Jahre umschliesst den Chor der Pfarrkirche ein moderner, eingeschossiger Anbau mit Sakristei und anderen Nebenräumen, eine nicht unumstrittene Kombination von Alt- und Neubau. Die ehemalige Sakristei wurde umgebaut, als Taufkapelle in den Kirchenraum einbezogen. Die Neugestaltung des Kircheninnern unter Mitwirkung des Künstlers Georg Malin aus Mauren war 1999 abgeschlossen.
An das östlichste Joch des Langhauses schliesst sich die heutige Taufkapelle und im Norden der Kirchturm mit vier Geschossen unter einem Pyramidendach an. Das Glockengeschoss ist an den spitzbogigen Schallöffnungen auf jeder Seite des Turms zu erkennen. Die insgesamt fünf Glocken (Schlagtöne d - f - g - a - c) fertigte die Glockengiesserei Gebrüder Grassmayr aus Feldkirch, vier von ihnen im Jahr 1913. Mit der Anschaffung der Dreifaltigkeitsglocke wurde das Geläut 1999 auf fünf Glocken erweitert. Diese grösste, nach einer Beschädigung in jüngerer Zeit ersetzte Glocke trägt die Inschrift: «Heilige Dreifaltigkeit, erbarme Dich unser / gestiftet von Wohltätern aus der Gemeinde Ruggell und Umgebung».
Eine Pfarrkirche im neugotischen Stil Architekt Gustav Ritter von Neumann entwarf für
Rechte Seite: Blick in das Innere zum Chor mit Altar von Fidelis Rudhart aus Altenstadt.
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Balzers
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Chor und Kirchenschiff liegen im Innern unter Kreuzrippengewölben mit grauem Abschlussband und blütenverzierten Schlusssteinen. Der Chorraum ist über den Chorbogen hinaus als inselartiges Podest in das Kirchenschiff hinein erweitert. Im östlichsten Langhausjoch öffneten sich einst auf beiden Seiten flache Spitzbogennischen für die Aufstellung der Seitenaltäre. Heute ist die südliche Nische geöffnet und mit der ehemaligen Sakristei zur neuen Taufkapelle erweitert. Die Orgelempore mit einer modernen Stahl-Holz-Konstruktion nimmt die Breite der Eingangs- und Westseite ein. Hier steht seit 1970 eine Orgel der Orgelbaufirma E. F. Walcker in Ludwigsburg mit 18 Registern. Farbliche Akzente – Glasmalerei und Ausstattung Die sparsame Raumgliederung trägt zu einem einheitlichen Gesamteindruck des Gebäudeinnern bei. Farbliche Akzente erzielen vor allem Glasmalereien, Altäre und Einzelfiguren. Weitere Ausstattungsobjekte, wie beispielsweise der Tabernakel aus Chromnickelstahl von Georg Malin, bezeugen zusammen mit Ewiglicht, Osterleuchter, Zelebrationsaltar oder Ambo eine Stilsprache des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Die späthistoristischen Glasmalereien mit floralen und ornamentalen Mustern schuf um 1899 Karl Wehrli in Zürich, der sich bereits mit bleigefassten Fenstern für die Pfarrkirche in Triesenberg einen Namen gemacht hatte. Das zentrale Fenster hinter dem Hauptaltar zeigt zudem figürliche Darstellungen, in der linken Fensterbahn den hl. Luzius, den Landespatron des Fürstentums Liechtenstein, in der rechten den hl. Fridolin, den Titelheiligen der Pfarrkirche. Vor der Rückwand des Chores steht um zwei Podeststufen erhöht der 1908/09 im neugotischen Stil von Altarbauer Fidelis Rudhart aus Altenstadt
Chorfenster von Karl Wehrli aus Zürich. In der Mitte: Hl. Luzius (links) und hl. Fridolin (rechts).
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nach Plänen von Architekt Gustav Ritter von Neumann ausgeführte Hauptaltar. Ein direkt vor dem Altar aufgestellter Altartisch mit einer schmalen, von zwei schlanken Säulen getragenen Mensa ist eine Zutat jüngerer Zeit. Der Altar selbst präsentiert sich als zweigeschossige gotisierende Architektur mit Baldachin und Fialenbekrönung. Über dem Unterbau des Altars erhebt sich ein eindrücklicher, architektonisch reich gegliederter und farbig gefasster Altaraufsatz, das Retabel. In der unteren Zone, seitlich eines von Engeln gerahmten Tabernakels, veranschaulichen zwei Reliefs die Schlüsselübergabe an Petrus bzw. die Szene, in der Jesus dem Judas ein Stück Brot reicht. Darüber
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dominiert im Zentrum der zweiten Zone eine Gnadenstuhl-Darstellung, flankiert von Erzengeln und Heiligen, den Einzelfiguren Michael mit Drachen, Antonius mit Lilienzweig, Gabriel mit Lilienstab, Uriel mit Weihrauchgefäss, Fridolin im Habit eines Benediktiners, Raphael mit Tobias. Über allem erhebt sich der hl. Martin mit Schwert im bekrönenden Teil des Altars. In einer Wandnische an der Nordseite des Kirchenschiffs ist der Herz-Jesu-Altar platziert. Diesen ehemaligen Seitenaltar fertigte 1924/25 Rudharts Schwiegersohn, Bildhauer und Altarbauer Anton Rebholz aus Altenstadt im neugotischen
Linke Seite: Blick zur Orgelempore, eine moderne Stahl-HolzKonstruktion. Rechts: Herz-Jesu-Altar, ehemaliger Seitenaltar, von Anton Rebholz aus Altenstadt.
Stil. Im Zentrum des mit Architekturelementen gegliederten, reich verzierten Altars steht eine Herz-Jesu-Statue, flankiert von den Figuren der Ordensfrauen hl. Gertrudis und hl. Margaretha Maria Alcoque. In der Bekrönung erhebt sich die Figur des hl. Franz Xaver mit Kreuz und Bibel. Ein Kleinod – der spätgotische Flügelaltar Als ein Kleinod in der Pfarrkirche St. Fridolin darf der spätgotische Flügelaltar bezeichnet werden. Diesen erwarb Landesfürst Johann II. 1898 aus Privatbesitz in Wien und stiftete ihn der neuen Pfarrkirche in Ruggell. Ab 1899 wurde der Flügelaltar zunächst als Hauptaltar verwendet. Spätestens nach der Weihe des oben genannten, von Rudhart gelieferten historisierenden Altars im Jahr 1911 nahm er die Funktion eines Seitenaltars ein. Heute hat er seinen Platz auf einem Marmortisch in der neuen Taufkapelle, davor ein Taufstein des Schaaner Steinhauers Edwin Vogt aus dem Jahr 1952. In einem aus Tannenholz gefertigten Schrein mit filigraner Bekrönung stehen vor goldornamentiertem Hintergrund drei farbig gefasste, wie die Zierelemente in Lindenholz geschnitzte Figuren. Die Figurengruppe wird von zwei schmalen Säulen gerahmt, die ein geschnitztes Laubwerk mit Vögeln tragen. In der Mitte ist Christus mit kleiner, blauer Weltkugel als Salvator Mundi zu sehen. Die Kugel ist eine spätere Zutat einer Restaurierung Ende des 19. Jahrhunderts, sodass eine Umdeutung einer ehemaligen Apostelfigur zu einer Christusfigur angenommen werden darf. Die Hauptfigur wird zur Rechten flankiert von der Figur des hl. Jakobus d. Ä., zur Linken von der Figur des hl. Johannes Evangelist. Die enge Aufstellung der Fi-
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Linke Seite: Spätgotischer Flügelaltar, davor Taufstein von 1952.
guren im Schrein und die spätere Umdeutung der Apostelfigur erlauben die Annahme, dass sie aus einem anderen Altar oder gar aus verschiedenen Altären stammen könnten. Die leicht untersetzten Schnitzfiguren werden als provinzielle Arbeiten aus der Zeit um 1490 bewertet. Die Bekrönung mit Kruzifix ist eine Ergänzung aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert. Die Altarflügel wurden um 1500 in unterschiedlicher Qualität wohl von verschiedenen Händen bemalt. Auf den Innenseiten stehen vor Goldgrund und auf einer Wiesenfläche links Mutter Maria mit Kind, zu ihren Füssen in kleinerem Massstab eine kniende Stifterfigur, rechts der hl. Vitus mit Palme, Lampe und Kessel als Symbol seines Martyriums. Bei geschlossenen Flügeln sind von links nach rechts auf den Aussenseiten der Seitenflügel und auf den Standflügeln folgende Heilige zu sehen: ein nicht gedeuteter Bischof, Petrus mit Schlüssel, Sebastian als Edelmann und ein unbekannter Diakon mit Buch. Eine weitere Reihe mit Heiligen findet sich auf dem Altaruntersatz, der Predella, deren Malerei unter dem Einfluss der Tiroler Pacher-Werkstätte entstanden sein könnte. Zu den Halbfiguren in illusionistischer Architektur vor blauem Hintergrund gehören: hl. Jacobus d. Ä., Evangelist Matthäus, hl. Laurentius, ein Bischof oder Abt mit Krummstab und Buch, hl. Georg mit Drachen. Die Rückseite ist mit Rankenwerk und dem Schweisstuch Christi bemalt, auch bekannt als Schweisstuch der hl. Veronika, wie wir es vom Flügelaltar in der Kapelle St. Peter in Balzers kennen.
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Friedhofskapelle In der Errichtungsurkunde der Kuratie vom 6. März 1854 verpflichtete sich die Gemeinde Ruggell, einen Friedhof anzulegen und ihn in gutem Zustand zu halten. Bis dahin waren die Bestattungen auf dem Friedhof der Mutterkirche in Bendern erfolgt. Am 7. Juni 1854 wurde der erste Verstorbene auf dem Friedhof im ehemaligen Baumgarten des Mang Walch in Ruggell beerdigt. Für 1964 ist die Anlegung von ersten Familiengräbern an der neu errichteten Friedhofsmauer bezeugt. Eine Kapelle zur Aufbahrung der Verstorbenen gab es damals noch nicht. Die heutige Friedhofskapelle entstand 1974/75 nach Plänen des Vaduzer Archi-
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tekten Walter Boss im Zuge einer Friedhofsvergrösserung nach Norden. Der unverzierte Zweckbau der Friedhofskapelle liegt unter einem abgeschleppten Satteldach, das an der Nordseite die Rundung des Mauerwerks der Hauptfassade aufnimmt. Eine verglaste Eingangsfront trennt den Friedhofsbereich von der Aufbahrungshalle. Im Innenbereich ist eine 1676 datierte Bronzeglocke aus der ehemaligen Kapelle St. Fridolin museal aufgestellt. Die kleinste der einst zwei Glocken wurde gemäss Inschrift von Gabriel Felix, einem
Glockengiesser in Feldkirch, gefertigt. Zu den Verzierungen gehören ein unter der Glockenschulter verlaufender floraler Fries sowie zwei Flachreliefs mit den Darstellungen des hl. Fridolin und einer Kreuzigungsgruppe zwischen den Naturabgüssen von zwei Blättern. Nach dem Abbruch der Kapelle hatte die Glocke zunächst als Sterbeglöcklein in der neuen Pfarrkirche Verwendung gefunden, wurde von 1926 bis in die 1990er-Jahre, nach einer rund neunjährigen Ausleihe an die Vorarlber-
Ruggell | Cornelia Herrmann
ger Gemeinde Nofels, wieder im Kirchturm aufgehängt. Im Zuge der letzten Kirchenrenovierung wurde sie entfernt und steht seit 2010 im Bereich der Friedhofskapelle.
Unten: Glocke von 1676 aus der alten Kapelle St. Fridolin.
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Adolf Marxer
Zeichen des Glaubens und religiösen Brauchtums
Christlicher Alltag in unserem Lande Unser Land ist noch stark vom katholischen Glauben geprägt. Es sind nicht nur die Kirchenbauten, die den einzelnen Gemeinden offensichtlich die Mitte der noch dörflichen Struktur geben, auch andere Zeichen gelebter Religiosität sind gegenwärtig. Unsere Vorfahren bemühten sich durchwegs um eine christliche Lebensführung und eine innere Frömmigkeit. Dies kommt immer noch in Objekten und Gegenständen in Haus, Hof und Feld zum Ausdruck. Auch wenn die junge Generation im Zusammenleben mit anderen Kulturen weniger die frühere, traditionelle Glaubenshaltung zeigt, in den Häusern ihrer Eltern findet man noch Zeugen gelebter Volksfrömmigkeit. Oft aber sind noch Museen die Retter von Gegenständen der früheren Kultur und der Religion.
St. Christophorus, Gemälde von Eugen Zotow, ca. 1942, Haus am Weiherring, Mauren.
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Von christlichen Zeichen in Haus und Hof Im Zusammenleben in dörflicher Gemeinschaft war früher ganz allgemein ein «Grüss Gott» üblich, wenn man jemandem begegnete. Die Antwort des Angesprochenen war dann mit gleichen Worten. Ein lesbares «Grüss Gott» an der Haustüre erinnert somit an ein Willkommen in christlicher Achtung und Freundschaft. An den Tagen um das Fest «Dreikönig» (6. Januar) besuchen jugendliche «Sternsinger» mit ihren biblischen Gewändern die Familien und halten an den Haustüren einen feierlichen Moment mit Grussbotschaft, Liedvorträgen und besinnlichen Texten und erklären den Grund ihres Kommens. Sie sammeln Spendengelder für die Weitergabe an notleidende Völker in Entwicklungsgebieten. Diese Sternsinger sind in Liechtenstein durch die Pfarreien sehr gut organisiert. Die Spendefreudigkeit der Bevölkerung für diesen guten Zweck ist bemerkenswert. Die Jahreszahl mit den Buchstaben C.M.B, «Christus mansionem benedicat» (Christus segne dieses Haus), wird beim Besuch der Sternsinger auf die Haustüre geschrieben. Die drei Buchstaben werden oft auch als Initialen der Könige «Caspar, Melchior und Balthasar» gedeutet. An Hausfassaden kann man da und dort Sprüche und Gedichte entdecken, die entweder fromme Gesinnung enthalten, manchmal aber auch hintergründige Ironie spiegeln. Gott beschütze dieses Haus und alle die da gehen ein und aus. Mein Heim in Frieden möge Gott behüten. Alle jene, die mich kennen, gebe Gott, was sie mir gönnen, ein jeder gönn mir was er will, Gott geb ihm noch einmal so viel. (Mauren) Sternsingergruppe.
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Sammler, als wertvolle Bewahrer von Kultur und Brauchtum, können ebenfalls so manches an ehrlich gemeinter christlicher Zuversicht auf Holztafeln oder auf Stoff in ihren Häusern zeigen, was sie noch als Schatz hüten.
Von Volksfrömmigkeit Das Weihwasserkessele Weihwasser im Hause zu haben, war früher eine religiöse Pflicht eines Christen. Die Kessele hingen am Türpfosten zum Stubeneingang und auch an jenem zum Schlafzimmer. Das Weihwasser zum Auffüllen der Kessele holte man von der Kirche. Jeweils am Sonntag zu Messbeginn war dort die Weihwassersegnung. So war über die Woche in einem Bottich genügend Weihwasser, damit die Dorfbewohner davon für ihren Gebrauch nach Hause nehmen konnten. Wie das tägliche Gebet, gehörte auch das «Weihwassernehmen» zur Pflicht eines Gläubigen. Morgens beim Aufstehen wie abends beim Zubettgehen benetzte man einzelne Finger am Weihwasserkessele und machte damit das Kreuzzeichen bei sich selbst, spritzte aber vom Weihwasser auch ins Zimmer für «die armen Seelen». Oft sprach man dabei «im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes» oder «mein Jesus Barmherzigkeit», als Gruss an die andern Hausbewohner «gelobt sei Jesus Christus». Wenn jemand im Hause erkrankt war und im Bette verweilen musste, brachte man ihm vom Weihwasser, damit diese Person sich christlich versorgt fühlte. Bei Unheil im Stall erhoffte man sich auch durch Versprühen von Weihwasser die Abwendung eines schlimmen Schicksals. Der Herrgottswinkel In der Stube eines christlichen (Bauern-)Hauses ist der Herrgottswinkel das «religiöse Zentrum» des Wohnkomplexes. Beim Eintritt in diesen Raum ist der Platz mit Tisch und Eckbank und dem «Herrgottswinkel» in der südgerichteten Ecke zwischen den Fenstern ein Blickfang. Mit Kruzifix in der Mitte und zu den Seiten je einem Bildnis der «Schmerzensmutter Maria» und vom «sündenvergebenden Jesus» wird dieser Ort in Ehren gehal-
Weihwasserkessele.
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Herrgottswinkel im «Kiefer-Martis-Huus», Ruggell.
ten. Vom Palmsonntag nahm man gesegnete Zweige mit und zierte damit das Kruzifix. Hier, am vornehmsten und «heiligen» Platz des Hauses, traf sich die Familie an Feierabend und am Sonntag. Auch den Gästen anerbot man diese Ecke beim Besuch. Manche Familien verrichteten dort das Abendgebet, wenn die Kirchenglocke «zu Mareia» läutete. Wichtige Gespräche führte man auch vornehmlich beim Herrgottswinkel.
Schnurkerze (Kerzenrodel).
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Die Versehgarnitur «Sorge in gesunden Tagen für dein Ende.» In früheren Zeiten empfahl die Kirche dringlich, an einem geeigneten Platz (meist im Stubenkasten) eine Versehgarnitur bereitzuhalten. Wenn ein Familienmit-
glied oder sonstiger Hausbewohner im Sterben lag, hat man den Priester gerufen, welcher dann das Sakrament der Krankensalbung reichte und den Versehakt vollführte. Nach einem genauen Beschrieb stellte man die Utensilien (Kerzen, Wassergefäss, Watte usw.) auf einen Tisch, sodass noch Platz für das Allerheiligste und das heilige Öl war, die der Priester selber mitbrachte. Der Versgang wurde mit Gebeten umrahmt, nach Möglichkeit reichte man dem Sterbenden noch die heilige Kommunion. Kerzen Licht und Wärme sind Voraussetzungen, die Leben auf der Welt möglich machen. Die Religion deutet diese beiden Kräfte in hohem Masse als Geschenk Gottes und Teil des Schöpfungsaktes.
Kerzen als Lichtquelle sind in der Handhabung und Verfügbarkeit unaufwendig und als begrenzte Flamme bei richtigem Gebrauch ungefährlich. In sakralen Räumen sind Kerzen allgegenwärtig. Brennende Kerzen auf dem Altar bedeuten Gottesnähe. Sie bringen bei religiösen Handlungen eine tiefe Beschaulichkeit und Andachtsstimmung. Die jährlich neu gestaltete Osterkerze ist künstlerisch oft bemerkenswert. Auch das «Ewige Licht» in der Kirche wird mit Unvergänglichkeit und Präsenz Gottes in Verbindung gebracht. Vor der Elektrifizierung brauchte man Kerzen und Talglicht abends in Haus und Stall und auch zum Lesen und für Tätigkeiten am Tisch. Hingegen die Schnurkerze (Rodel), eine dünne, zu einem faust-
Versehgarnitur.
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Gebetsbüchlein und Rosenkranz.
grossen Knoten aufgewickelte Kerze nahmen die Frauen bei Bittgängen der Kirche und beim Begleiten eines Leichenzuges mit sich. Paternoster Das «Paternoster» ist eine Zählhilfe beim Beten des Rosenkranzes. Die Anordnung der Kugeln geben Anweisung, welche Gebetsteile nacheinander gesprochen werden. Beginnend mit der Anrufung um Vervollkommnung der drei Kardinaltugenden «Glaube, Hoffnung, Liebe», sind die zentralen Teile des Rosenkranzes die Betrachtung der je fünf Aussagen zum «Freudenreichen, dem Schmerzhaften und dem Glorreichen» Rosenkranz. Jede dieser Betrachtungen wird mit einem «Ave Maria» begleitet. Der Abschluss eines Rosenkranzteiles wird mit dem «Ehre sei» und einem «Vater unser» angedeutet. Das Rosenkranzgebet ist eine meditative Art der Selbstbesinnung und eine Betrachtung von Bibelinhalten. Früher haben viele Gottesdienstbesucher während der Messfeier den Rosenkranz gebetet, weil sie den lateinischen Text nicht verstanden. Es galt als fromm und wurde mit Respekt gewürdigt,
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wenn man das Paternoster und ein Gebetsbüchlein beim Gang zur Kirche bei sich hatte. Gebetsbüchlein «Es entspricht einem seelischen Bedürfnis des Menschen, seine religiösen Gefühle durch Gesang und Gebet auszudrücken.» (Aus dem Vorwort zum Cantate.) Man findet noch in Häusern, in Bibliotheken und beim Antiquar verschiedene Gebets- und Singbücher, die bei unseren Vorfahren in Gebrauch waren. Ihre Verwendung war zu Hause zur Meditation, zum Beten für verschiedene Anliegen und beim Gang zur Kirche, um die Zeit der Messfeier sinnvoll zu nützen. Im Jahre 1947 hatte das Bistum Chur, zu dem Liechtenstein auch gehörte, das «Cantate» ausgegeben. Es war das Bestreben, Lieder und Texte einheitlich zu machen, damit ein gemeinschaftliches Singen und Beten möglich war. Dieses Büchlein war manche Jahre in regem Gebrauch und auch beliebt. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil hatte das Plenum der Schweizerischen Bischöfe im Jahre
1978 ein neues Buch, das KGB (Kirchengesangbuch) geschaffen, das nun der Liturgiereform entsprach. Das «Gotteslob» in Österreich und in Deutschland ist in Vielem dem KGB ähnlich.
Alpherz, MuseumMura.
Alpherzen Was sonst im ganzen Alpenraum nicht in dieser Art zu finden ist, hat sich in Liechtenstein zum Brauchtum mit langer Tradition entwickelt. Auf einem alten Alpabfahrtsherzchen ist die Jahreszahl 1830 eingeschnitzt. Die Regierung beauftragte 1980 die Liechtensteinische Philatelie mit der Herausgabe von zwei Briefmarken mit dem Bild von Alpabfahrtsherzen. So wurde diesem Brauch die entsprechende Achtung bis über die Grenzen des Landes gegeben. Alpabfahrtsherzen werden den besten Milchkühen bei der Alpabfahrt im September an die Stirn gebunden. Mit allerlei Zierrat, Alpenblumen, einem Melkstuhl und farbigen Stoffbändern geschmückt, haben diese Kühe mit den grossen Glocken den Ehrenplatz in der Rangordnung beim Alpabtrieb. Zu Hause angekommen, werden die Alpherzen jeweils zu den anderen der Vorjahre über die Stalltüre geheftet. Es war früher des Bauern Stolz, eine Reihe solcher Herzchen zu besitzen, zeugte es doch von guter Zucht und Sorgfalt in Stall und Hof. Die Initialen auf dem Alpherz mit den Buchstaben J - H - S, und darüber einem Kreuz deuten auf das Christusmonogramm. Andere Auslegungen geben an, dass die Buchstaben jedoch auch «in hoc signum» (in diesem Zeichen) heissen mögen. Die Hirten hofften jedenfalls auf den Schutz Gottes während der Alpzeit. Alpherzen schnitzte meistens der Senn oder sein Gehilfe an Abenden, wenn das Vieh versorgt war, als Freizeitbeschäftigung. Die Alpherzen haben in Form und Farbe unterschiedliche Gestalt. Das Muster-Alpherz zur Vorlage für Briefmarken ist jedoch streng symmetrisch und in seiner Ausführung als saubere Schreinerarbeit gestaltet. Ein solches ist im Landesmuseum zu sehen. Alpherzen an einer Stallwand in Balzers.
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Von Schutzheiligen und dem Landespatron Der heilige Nepomuk In Bendern bei der Auffahrt zur Rheinbrücke steht eine Skulptur des hl. Nepomuk. Er gilt als Patron der Flösser, der Müller und allgemein als Schutzheiliger von Brücken. Dieser böhmische Heilige ist einer der beliebtesten und verehrtesten Heiligengestalten der Christenheit. Die Darstellung des Nepomuk in Bendern mit dem Zeigefinger auf dem Mund bedeutet die Verschwiegenheit. Geboren als Johannes Welflin um 1340 in Pomuk, trat er in ein Zisterzienserkloster ein und absolvierte anschliessend Studien in Prag und Padua. Nepomuk war als ausgezeichneter Prediger aufgefallen und ebenso durch seine Eigenschaften wie Gutmütigkeit und Rechtsverständnis. König Wenzel IV. holte ihn an seinen Hof als Schlosspfarrer, Adventsprediger und Berater. Mit diesen Aufgaben war er aber auch Beichtvater der Königin. Wenzel verfiel zunehmend einem ausschweifenden Leben mit Trunksucht und Gewalttaten. Als er von Nepomuk verlangte, ihm zu berichten, was die Königin ihm alles beichtete, verwies ihn dieser auf das Beichtgeheimnis und blieb in dieser Angelegenheit unbeirrt. Der erboste König liess Nepomuk arg foltern und ihn nachher gebunden und geknebelt in die Moldau werfen. Das Volk fiel in grosse Trauer, und die Legende erzählt, dass alle Sterne des Himmels sich im Wasser spiegelten und den Leichnam flussabwärts begleiteten. Die Statue des hl. Nepomuk in Bendern ist im Jahre 1965 aufgestellt worden. Später wurde ein Wetterschutz darüber angefertigt.
St. Nepomuk bei der Rheinbrücke, Bendern.
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Der heilige Luzius als Landespatron Der hl. Luzius gehört zusammen mit dem hl. Gallus zu den frühen Glaubensboten im Gebiet von Churrätien im oberen Rheintal. Unsere Gegend wurde in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts von den Römern im Alpenfeldzug unter Drusus und Tiberius, den Schwiegersöhnen des Kaisers, erobert und als Provinz ins römische Imperium eingegliedert. Die Sprache wurde durch diesen Einfluss Rätoromanisch. In diese Zeit fällt auch das Wirken der beiden Glaubensboten. Schon 451 n. Chr. wird Chur als Bischofssitz erwähnt. Asinio ist als erster Bischof von Chur urkundlich genannt. So ist Chur eine der ältesten Bischofsstädte im Alpenraum. Die grosse und weitverzweigte Diözese wählte den hl. Luzius zu ihren Schutzpatron. Liechtenstein hat auch nach der Abspaltung 1997 von Chur und der Ernennung zum Erzbistum Vaduz den hl. Luzius als Landespatron beibehalten. Der hl. Luzius ist auf einer Kirchenfahne in der Kathedrale in Vaduz abgebildet. Der Entwurf für diese Darstellung stammt vom ehemaligen Pfarrer von Vaduz, Ludwig Schnüriger.
Kirchenfahne, Kathedrale Vaduz.
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Von Pilgergruppen und Gebetskreisen Das gesellschaftliche Leben in Liechtenstein spielt sich in vielen Bereichen in Vereinen und in Interessengruppen ab. Auch die katholische Religion hierzulande wird belebt durch Vereinigungen von Personen mit gleichen Absichten, sozialer Verantwortung und im Bemühen um eine christliche Lebensführung.
Edith Lins und Mary Boss, Mitglieder der Lourdes-Pilgergruppe Liechtenstein, mit ihrer Vereinsfahne.
Die Lourdes-Pilgergruppe Im Jahre 2018 fand die 122. Interdiözesane Lourdeswallfahrt DRS (der deutschen und rätoromanischen Schweiz) und des Fürstentums Liechtenstein statt. Die Pilger aus Liechtenstein können schon seit vielen Jahren an dieser Wallfahrt teilnehmen. Vor mehr als 20 Jahren formierte sich in Liechtenstein eine Interessengruppe, welche bei der Mithilfe der Organisation tätig ist. Ihr Schwerpunkt ist auch die Betreuung von Kranken und Behinderten bei der Anreise und beim Aufenthalt in Lourdes, einem Marien-Wallfahrtsort in den französischen Pyrenäen. Das Geheimnis von Lourdes gründet auf Erscheinungen, die das Mädchen Bernadette Soubirou 1858 an der Grotte von Massabielle am Fluss Gave de Pau wahrnahm. Dort legte Bernadette auf Anweisung der Gottesmutter auch eine Quelle frei, deren Wasser bis heute als heilkräftig gilt. Die mahnenden Worte der weiss gekleideten Frau in der Erscheinung hat Bernadette zum grossen Teil weitervermittelt. Lourdes ist ein grosses Pilgerzentrum geworden, wo tausende Menschen aus aller Welt hinpilgern, viele von ihnen in der Hoffnung, ihr Gebrechen lindern zu können. Die circa 85 Liechtensteiner Pilger sind Mitglieder des Sarganserländer Lourdes-Pilgervereins. Seit 2008 haben die Liechtensteiner Pilger eine Lourdes-Fahne, welche mit einer grossen Feier bei der Lourdes-Grotte in Bendern eingeweiht wurde.
Gedenktafeln in der Grotte Bendern.
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Die Schönstatt-Muttergottes Ausgehend vom Frauenkloster Schönstatt bei Quarten am Walensee wurden in der ganzen Schweiz, einschliesslich Liechtenstein, Gebets- und Meditierzirkel gegründet.
Flügelaltar integriert. Die Seitenflügel enthalten die Aufschrift der Worte der Muttergottes und die Gebete der Hirtenkinder. Nach jeweils einer Woche wird die Muttergottes in die Nachbarschaft weitergereicht. Die Kinder wurden früher angehalten, beim Beten auf den Boden zu knien.
Das Bildnis der Muttergottes mit dem Jesuskind in Holzrahmen auf einem Sockel wird unter Freundschaftsgruppen und Gebetskreisen weitergegeben und bleibt dort etwa drei Tage lang im Hause. Die Hausbewohner nehmen die Gelegenheit wahr, selber beim «Besuch der Muttergottes» zu beten und zu meditieren und laden auch befreundete Familien dazu ein. So ist dies auch im Sinne einer Gemeinschaftsbildung mit christlichem Anstoss. Mit der Muttergottes werden auch ein Terminplan zum Weiterreichen und ein Begleitbüchlein mit Gebetsvorschlägen mitgegeben. In Liechtenstein sind etwa 30 solcher Gebetskreise. Die Mithilfe bei der Organisation und die Betreuung leisten die Schönstatt-Schwestern. Sie unterhalten auch ein Internet-Portal zur schnellen Abwicklung und Lösung von Organisations- und Glaubensfragen. Die Fátima-Muttergottes In Fátima, einem Ort in Portugal, erschien 1917 den drei Kindern Luzia, Hyazintha und Francesco beim Hirtendienst auf freiem Feld die Muttergottes. Sie sprach ermahnende Worte und empfahl eindringlich, jeden Tag den Rosenkranz zu beten. Es war Kriegszeit des I. Weltkrieges mit ungewissem Ausgang. Die Hirtenkinder haben die Worte der Muttergottes in ihren Herzen bewahrt und später auch aufschreiben lassen. Fátima ist ein grosser, beliebter Wallfahrtsort geworden. In Schellenberg sind drei Gebetskreise (Vorder-, Mittel-, Hinterschellenberg) mit je einer Muttergottes-Wanderstatue. Die Muttergottes ist in einer Art
Standbild der Schönstatt-Muttergottes.
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Von Feldkreuzen und anderen Plätzen der Besinnung Im katholischen Kirchenjahr ist Auffahrt (Christi Himmelfahrt), 4o Tage nach Ostern, der Tag der Flurprozession und der Flursegnung, nachdem in den Tagen davor jeweils frühmorgens Bittgänge stattfanden. Bei den Bittgängen pilgerte man betend in eine Nachbargemeinde, wo eine Messe gehalten wurde. Bendern war früher Treffpunkt, wo Pilger verschiedener Gemeinden sternförmig zusammenkamen. Nach dem gemeinsamen Gottesdienst und Aufenthalt für die Verpflegung mussten die Leute für die Rückkehr wieder zusammengerufen werden. In der Prozessionsordnung am Nachmittag des Auffahrtstages folgten, mit Kirchenfahnen angeleitet, die Schüler und Jugendlichen, dann der Gesangsverein, Ministranten mit dem Weihwasser und dem Segenskreuz, dann der Priester, gefolgt von Männern und Frauen. Feldkreuz in Mauren.
Tafel bei den Unfallkreuzen an der Planknerstrasse.
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Bei den vier Feldkreuzen, die in den vier Himmelsrichtungen im Dorf verteilt stehen, machte der Prozessionszug jeweils Halt, der Priester sprach das Eröffnungsgebet, gefolgt von den Fürbitten und dem Evangeliumstext. Danach war die Aussprengung des Weihwassers und die Flursegnung. Zum Ende sang das Volk oder der Chor ein Kirchenlied. In manchen Gemeinden kündete das Glockengeläute der Kirche den Abschluss eines Segnungsaktes an. Bei der Rückkehr zur Kirche endete die Prozession mit einer kurzen Schlussandacht. Andere Feldkreuze, teils als kunstvolle Kruzifixe gestaltet, sind als Angedenken an tiefgreifende persönliche Vorkommnisse aufgestellt worden oder haben ihren Platz zur Andacht und Besinnung. Ein Schrifttext gibt manchmal den Anstoss zur Verweilung in Gedanken. Manche Plätze mit Feldkreuzen erhalten regelmässig Pflege mit Blumenzier und anderem Schmuck. In der Volkserinnerung sind einige Kreuze und Kruzifixe von Sagen umwoben.
Von Unfallkreuzen Unser Leben ist auf Zeit gegeben. Wir selber können kaum etwas daran ändern. Auch für den Physiker Albert Einstein war die Zeit ein Phänomen. Sie hat nur eine Richtung, bleibt weder stehen noch geht sie zurück, das ganze Universum zieht vorwärts. Wir können wohl Rückschau halten, was geschehen ist, doch was ab dato vor sich geht, dieser Blick ist uns verwehrt, auch jener auf unser eigenes Ende, das unverhofft kommen kann. In unseren Bergen, in Flur und Wald stehen manche Unfallkreuze, die das Ende eines Lebens in Erinnerung rufen. Ein Beispiel am Grüschaweg von Josef Thöny soll stellvertretend auch für die vielen anderen sein. Am Montagabend des 15. März 1909 machte sich Josef Thöny, wohnhaft in Vaduz, zu Fuss von einem Treffen einiger Bauern in Triesenberg, bei dem Viehhandel zur Debatte stand, auf den Heimweg. Bei Abenddämmerung schritt er den Grüschaweg hinunter. Beim Meierhoftobel musste er den Weidezaun überqueren und ist dort, wie vermutet wird, am Eingang zum Wald auf nassem oder vereistem Boden ausgeglitten. Im steilen Tobel war nur noch Absturz. Seine Frau Maria Magdalena und die vier Kinder warteten vergebens auf die Rückkehr des Vaters. Die in grosse Sorge geratene Frau meldete am nächsten Morgen bei Nachbarn das Fernbleiben ihres Mannes. Eine Suchgruppe konnte nach langem Einsatz in gefahrvollem Gelände den Verunglückten tief unten im Tobel ausfindig machen. Er hatte das Genick gebrochen, war tot und durch den Absturz arg zugerichtet. Das Unfallkreuz, an der Stelle, wo Josef Thöny abstürzte, ist von den Nachfahren an eine kräftige Buche geheftet worden. Früher war noch ein Bildnis des Verunfallten am Kreuz angebracht.
Unfallkreuz am Grüschaweg, Vaduz.
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Das Papstkreuz Auf Einladung des Fürstenhauses und der Fürstlichen Regierung besuchte Papst Johannes Paul II. am 8. September 1985 (Fest Maria Geburt) unser Land. Im Sportpark Eschen-Mauren bei überaus grossem Besucherstrom aus der ganzen Region hielt der Papst eine Eucharistiefeier, traf sich anschliessend mit der fürstlichen Familie und Staatsvertretern auf Schloss Vaduz, hielt eine Ansprache für Betagte, Kranke und Behinderte in der Kirche St. Florin in Vaduz, war in Bendern zu Gast, und als Abschluss verweilte er bei der Kapelle «Maria zum Trost» auf Dux mit der Jugend und sprach zu ihr in sehr persönlichen und aufmunternden Worten. Die Vorbereitungen für den Papstbesuch wurden in Liechtenstein sehr sorgsam angegangen. Die errichteten Bauten, besonders für die Messfeier im Sportpark mit dreissigtausend Besuchern, mussten auch optisch und funktional dem Anlass ent-
sprechen. So war das aufwendigste Bauwerk der gross dimensionierte, wetterfeste Altarbereich mit dem darüber dominierenden «Osterkreuz». Auch der Ausstattung galt ein besonderes Augenmerk, wurde doch neben dem Ambo der sehr wertvolle, vergoldete «St.-Luzi-Schrein» aus dem Churer Domschatz (1252) platziert. Er sollte die Verbundenheit unseres Landes zum Bischof von Chur verdeutlichen. Aufgrund des Papstbesuches am 8. September hat Liechtenstein das Fest «Maria Geburt» zum offiziellen Staatsfeiertag erklärt. Nach dem Rückbau der Altaranlage, so war es auch vorgesehen, blieb die mächtige, dreifüssige Halterung mitsamt dem Osterkreuz als Erinnerung an den Papstbesuch bestehen. Das «Papstkreuz» im Sportpark wird auch von den vielen Sportlern und Besuchern aus verschiedenen Ländern, die sich hier treffen, mit Respekt betrachtet.
Papstkreuz beim Sportpark Eschen-Mauren.
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Gipfelkreuz auf dem Sareis-Grat, mit Blick zum Schönberg.
Von Gipfelkreuzen in unseren Bergen Die Schönheit der schroffen Felsen und Berggipfel ist erst in neuerer Zeit entdeckt worden. Dies vor allem auch, weil die Ausrüstung zum Bergsteigen und Klettern in Qualität und Funktion wesentlich verbessert werden konnte. Der Aufenthalt in den Bergen wird zunehmend zum Freizeitvergnügen. Früher galten die hohen Berge als unheimlich und bedrohlich. Es sind vor allem Jugendgruppen, Pfadfinder, Alpenvereine und andere, die von der Idee beseelt werden und auch den Mut aufbringen, auf einen hohen Gipfel unserer Berge ein grosses, hölzernes Kreuz zu bringen, gut zu verankern und danach den Platz mit dem Kreuz vom Pfarrer feierlich segnen zu lassen. Das erste Gipfelkreuz erstellten auf Anregung von Kaplan Martin Bamert die Jungmannschaften Vaduz und Nendeln auf dem Alpspitz. Es war in der für Liechtenstein gefahrvollen Zeit im Jahre 1944.
Wir finden Bergkreuze auf folgenden Gipfeln (alphabetisch): Alpspitz Augstenberg Drei Schwestern (dabei Janturm) (dabei Wolan) Falknis Gafleispitz Galinakopf Garsellitürme Gorfion Hubel Kelchle Kläusli Kuhgrat Langspitz Mittlerspitz Naafkopf Ochsenkof Pfälzerhütte Plattaspitz Rappenstein Sareiser Joch Schönberg Schräger Turm Schwarzhorn
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1997 m 2359 m 2052 m 2026 m 2034 m 2562 m 1983 m 2198 m 2050 m 2308 m 2150 m 1914 m 2585 m 2123 m 2006 m 1897 m 2570 m 2286 m 2150 m 1703 m 2222 m 2075 m 2104 m 1876 m 2574 m
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Von Zeichen christlich gesinnter Jugendgruppen Das Marien-Standbild im «Baholz», Vaduz Unsere Pfadfinderschaften als vereinsmässige Gruppierungen von vorwiegend Jugendlichen mit den idealistischen Motiven der Hilfsbereitschaft und sinnvollen Lebensführung auf christlicher Basis entstanden im letzten Weltkrieg als Gegenbewegung zur nationalsozialistischen Art der straffen Unterordnung unter deren Ideologie. Prinz Emanuel von Liechtenstein war intensiver Förderer der Pfadfinder. Diese sind auch miteinander in der ganzen Welt in Freundschaft verbunden und halten ihre Treffen («Jamborees») ab. Anlässlich ihres fünfundzwanzigsten Bestehens liessen die Pfadfinderkorps Santa Maria (Pfadfinderinnen) und Sankt Georg (Pfadfinder) von Vaduz eine Gedenkstätte erbauen. Baumeister Gebhard Boss brach dazu zum letzten Mal Tuffstein im Erbletobel. Das Mosaikbild der Madonna schuf Johann Stegmann, Zürich. In der Schmiedewerkstätte Gustav Ospelt in Vaduz wurden Schrift und Rosenkranz aus Eisen gefertigt. Die Bauleitung hatte Bruno Ospelt aus Vaduz. Die Einweihung der Gedenkstätte fand am 18. Mai 1958 statt. Die Nachrüstung der Jahreszahlen war 1982 zum 50-Jahr-Jubiläum. Der Platz beim Standbild ist oft genutzter Treffpunkt der Pfadfindergruppen bei Aktivitäten.
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Das Bildstöcklein im Tannwald in Schellenberg Nachdem ein kleines Bildstöcklein aufgrund der Strassenkorrektion im Bereich «Rankhag» abgetragen werden musste, hat die katholische Jungmannschaft Schellenberg auf Anregung von Pfarrer Daniel Lins ein neues, grösseres Bildstöcklein in der Strassenbiegung Tannwald - Rütte erbaut. Die Mitglieder fanden hilfsbereite Berufsfachleute zu dessen Erstellung und gingen aber auch selber zu Werk. Andreas Kaiser war für das Mauerwerk zuständig, und Zimmermann Hugo Oehri fertigte das Dachgebälk. Die farbenfrohe Darstellung der Muttergottes mit dem Kind malte Pfarrer Ludwig Schnüriger, welcher damals in Maladers oberhalb von Chur seinen Dienst hatte, sich damals aber vornehmlich der Malerei widmete. Die feierliche Einweihung des Bildstöckleins war 1956. Sie galt aber auch dem Jubiläum des 60-jährigen Bestehens des Schweizerischen Jungmannschaftsverbandes, dessen Mitglied die Schellenberger Jungmannschaft auch war.
Bildstöcklein im Tannwald in Schellenberg.
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Von Gebetsplätzen in Not und Krankheit
Das Kaltweh-Kappile am Kappele-Weg in Balzers/Mäls Ausserhalb von Mäls steht in den Rheinauen das «Kaltweh-Kappile». Es soll von einer wohlhabenden Balznerin als Dank für die Errettung ihrer Tochter aus den Fluten des Rheins gestiftet worden sein. Es kenterte damals die Fähre, auf welcher sie mitfuhr. Anlässlich einer Renovation im Jahre 1967 wurde das ursprüngliche und ziemlich schadhafte Holztafelbild mit der Darstellung der Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten durch eine kleine Statue der
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heiligen Barbara ersetzt. Sie ist Schutzpatronin der Bergleute, Architekten, Bauarbeiter, Feuerwehren und der Artillerie. Ihre Fürbitte wird besonders um Bewahrung vor einem jähen Tod angerufen. Zu diesem Kappile sind auch Leute gepilgert, die das «Kaltweh-Leiden», eine rätselhafte Fieberkrankheit, hatten. Sie erhofften dort Linderung von ihrer Krankheit. Auf diesem Platz stand vorher die «St. Anna in der Au»-Kapelle, wie Urkunden belegen. Die Franzo-
sen lagerten dort 1799 Kanonen- und Gewehrpulver. Kurz danach sei sie abgebrochen worden. Das heutige Kaltweh-Kappile ist auf einer Briefmarke vom 5. September 1988 abgebildet. Das Kaltweh-Kappile «i da Studa» in Ruggell In einer Waldlichtung nahe des Steinbruchs Limsenegg auf Ruggeller Gemeindegebiet «i da Studa» befindet sich das Kaltweh-Kappile (Bildstöcklein), das auch als «Rosspest-Kappile» bekannt ist. Die Stiftung dieses Kappiles könnte auf die Zeit der im Liechtensteiner Unterland grassierenden «Pferdekrankheit», wie sie in der Chronik von Helbert 1782 beschrieben wird, zurückreichen. Zu jener Zeit wurden bei der Fährstation Ruggell regelmässig Vieh- und besonders Pferdemärkte abgehalten. Das Kappile, das dem heiligen Wendelin, dem Patron der Hirten und Herden, geweiht ist, wurde gerne aber auch oft von Leuten aufgesucht, die von Kaltweh befallen waren. Das Bildnis in der Nische des Kappiles zeigt den hl. Wendelin als Hirten bei den Schafen mit Stab, Feldtasche und grünem Hut. Er ist der Schutzheilige für Flur und Vieh.
Auf der linken Seite das Kaltweh-Kappile am Kappele-Weg in Balzers/Mäls, oben das Kaltweh-Kappile «i da Studa», Ruggell.
In jeder Gemeinde unseres Landes stehen noch manche Bildstöcklein und kleine «Kappile», die unterschiedlichen historischen Hintergrund haben. Viele davon sind in privatem Besitz und werden von den Anwohnern mit viel Liebe geschmückt und instand gehalten. Den Beschrieb dieser Andachtsstätten findet man in jeweiligen Gemeindepublikationen.
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Herbert Oehri
Herzlichen Dank
Es ist mir ein Bedürfnis, allen, die an diesem schönen Kirchenbuch mitgearbeitet haben, meinen herzlichen Dank auszusprechen. An allererster Stelle gebühren die Dankesworte der Hand in Hand Anstalt in Balzers. Dank ihrer grosszügigen Unterstützung war es erst möglich, dieses einmalige Buch zu kreieren. Dann gilt mein Dank den Autorinnen und Autoren des Buches «Christliches Liechtenstein», namentlich: Frau Dr. Cornelia Herrmann, Kunsthistorikerin; Dr. Peter Geiger, Historiker; Klaus Biedermann, Historiker; Alt-Dekan Franz Näscher, Pfarrer; Adolf Marxer vom Ahnenforschungsverein Mauren; und last, but not least dem Fotografen und Autor Josef Eberle für sein exzellentes Bildmaterial. Sie alle haben mit ihren fundierten Beiträgen die Kirchengeschichte Liechtensteins neu aufleben lassen und der Nachwelt ein Werk hinterlassen, das seinesgleichen sucht. Besonders hervorheben möchte ich die Grafikerin Anna Stenek vom Medienbuero Oehri & Kaiser AG, Eschen, für das vortreffliche Design. Sie hat die fundierten Texte und tollen Fotos in so anschaulicher Weise zusammenfliessen lassen, dass man geneigt ist, von einem Kunstwerk zu sprechen. Ihnen und allen weiteren Personen, die mitgeholfen haben, ein in Liechtenstein wohl einmaliges Werk zu schaffen, ein herzliches «Vergelt’s Gott!».
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Die Autoren
Klaus Biedermann *1963, Historiker, Vaduz. Studium in Bern. Jahrbuch-Redaktor Historischer Verein HVFL. Mitarbeiter Familienchronik Vaduz. Forschungen zu teils nicht-sesshaften Unterschicht-Familien. Publikationen u. a.: zu Polizeifotos und Schicksalen von Heimatlosen (Jahrbuch HVFL 115, 2016); Tiroler Karrner (Bludenzer Geschichtsblätter 120, 2018).
Josef Eberle *1942, Lehrer, Triesenberg, Leiter der Didaktischen Medienstelle und des Walsermuseums Triesenberg, i. R., Verfasser von Publikationen und Artikeln zur Triesenberger Dorfgeschichte und in Walserzeitschriften, Vorstandsmitglied in Walservereinigungen, Projektleitung Multivision Triesenberg, Fotoarbeiten.
PD Dr. Peter Geiger *1942, Historiker, Schaan. Studium in Zürich, Wien, Seattle; Habilitation in Fribourg. Lehrer, Hochschuldozent, Forscher. Publikationen u. a.: «Krisenzeit. Liechtenstein in den Dreissigerjahren 1928–1939» (1997/2000); «Kriegszeit. Liechtenstein 1939 bis 1945» (2010); «Russen in Liechtenstein» (mit M. Schlapp, 1997).
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Dr. phil. Cornelia Herrmann *1957, Kunsthistorikerin, Triesen. Studium in Giessen, Marburg, Trier und am Aby Warburg Institute in London. Seit 1996 kunstwissenschaftliche Tätigkeiten im Fürstentum Liechtenstein. Publikationen u. a.: «Die Kunstdenkmäler des Fürstentums Liechtenstein» (2007 und 2013); «Werden und Wandel. Zur Geschichte des sakralen Kulturguts in Balzers» (mit Peter Geiger, 2018). Adolf Marxer *1942, Mauren. Oberschullehrer in Vaduz, dann bis zur Pensionierung im Schulzentrum Eschen, Verfasser des Familienstammbaumbuchs Mauren, 1978, Mitarbeit bei dessen Neuauflage 2004. Mitautor der «Eintracht», Zeitschrift für Kultur und Brauchtum (1992–2012). Mitautor der Buchreihe «Menschen, Bilder und Geschichten» des Ahnenforschungsvereins Mauren (2006–2011). Franz Näscher *1938, Bendern, Gymnasium Mehrerau bei Bregenz, Theologiestudium in Chur, 1965 Priesterweihe, 1965–1975 Vikar in Siebnen (SZ), 1975–1979 Kaplan in Balzers, 1979–2003 Pfarrer in Vaduz, 1978–1986 und 1995–1997 Dekan, 1988 durch Fürst Franz Josef II. «Fürstlicher Geistlicher Rat», 2003–2016 Aushilfsseelsorger in Bendern, ab 2016 im Ruhestand.
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Literatur 1. Allgemeines Kunst
Herrmann, Cornelia: Die Kunstdenkmäler des Fürstentums Liechtenstein. Neue Ausgabe, Band I: Das Unterland. Bern 2013. Herrmann, Cornelia: Die Kunstdenkmäler des Fürstentums Liechtenstein. Neue Ausgabe, Band II: Das Oberland. Bern 2007. Malin, Georg: Kunstführer Fürstentum Liechtenstein, 2. Aufl. Bern 1977.
Quaderer-Vogt, Rupert: Bewegte Zeiten in Liechtenstein 1914–1926. 3 Bände, Vaduz/Zürich 2014. Schuppler, Josef: Die Landesbeschreibung des Landvogts Josef Schuppler aus dem Jahre 1815. Herausgegeben von Alois Ospelt. In: JBL 75, Vaduz 1975, S. 189–461. Stricker, Hans / Toni Banzer / Herbert Hilbe: Liechtensteiner Namenbuch. Die Orts- und Flurnamen des Fürstentums Liechtenstein. 6 Bände, Vaduz 1999. Vogt, Paul: Brücken zur Vergangenheit. Ein Text- und Arbeitsbuch zur liechtensteinischen Geschichte, 17. bis 19. Jahrhundert. Vaduz 1990.
Poeschel, Erwin: Die Kunstdenkmäler des Fürstentums Liechtenstein. Basel 1950.
Geschichte
Geiger, Peter: Krisenzeit. Liechtenstein in den Dreissigerjahren 1928–1939. 2 Bände, Vaduz/Zürich 20002. Geiger, Peter: Kriegszeit. Liechtenstein 1939 bis 1945. 2 Bände, Vaduz/Zürich 2010. Historisches Jahrbuch für das Fürstentum Liechtenstein (JBL). 117 Bände, Nr. 1–117, Vaduz 1901–2018. Historisches Lexikon für das Fürstentum Liechtenstein (HLFL). 2 Bände, Zürich/Vaduz 2013. Historisches Lexikon der Schweiz (HLS). 13 Bde., Basel 2001–2014. Jaquemar, Hans / André Rittger (Hrsg.): Frohe Botschaft und kritische Zeitgenossenschaft. 125 Jahre Evangelische Kirche im Fürstentum Liechtenstein (1880–2005). Vaduz 2005. Möhl, Christoph: 100 Jahre Evangelische Kirche in Liechtenstein. Vaduz 1980. Näscher, Franz: Beiträge zur Kirchengeschichte Liechtensteins, 3 Bände, Bd. 1: Seelsorger in den Pfarreien; Bd. 2: Berufungen aus den Gemeinden; Bd. 3: Ordensleute in Schule und Pflege. Vaduz 2009.
2. Einzelthemen, Kirchen, Kapellen Banzer, Toni (Red.): Bilder aus der Pfarrei Triesen. Festschrift zur Einweihung der renovierten und erweiterten Pfarrkirche St. Gallus am 9. Oktober 1994. Hrsg. Gemeinde Triesen. Vaduz 1994. Beck, Rainer et al.: Kapelle St. Josef, Planken. Restaurierung 2007. Hrsg. Gemeinde Planken, Planken 2008. Beckerath, Astrid von / Marc Antoni Nay / Hans Rutishauser (Hrsg.): Spätgotische Flügelaltäre in Graubünden und im Fürstentum Liechtenstein. Chur 1998. Biedermann, Klaus: Zur Geschichte der Kirche St. Florin in Vaduz. In: Kirche und Orgel zu St. Florin in Vaduz. Hrsg. Gemeinde Vaduz. Vaduz 2013, S. 8–97. Bill, Jakob / Norbert W. Hasler / Ludwig Zink (Hrsg.): Haus Gutenberg. Festschrift. 50 Jahre Missionare von La Salette auf Gutenberg. Eröffnung Haus Gutenberg. Balzers 1985. Bucher, Engelbert: Pfarrei und Pfarreileben in Triesenberg. Triesenberg 1962.
Oehri, Herbert (Hrsg.): Menschen, Bilder und Geschichten. Mauren von 1800 bis heute. 5 Bände, Eschen 2006–2011.
Bucher, Engelbert: Die Gründung der Pfarrei Triesenberg vor 200 Jahren. In: JBL 68, Vaduz 1968, S. 165–217.
Ospelt, Alois: Wirtschaftsgeschichte des Fürstentums Liechtenstein im 19. Jahrhundert. Von den napoleonischen Kriegen bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges. In: JBL 72, Vaduz 1972, 2 Bände (Textband und Anhang).
Bucher, Engelbert: Tod und Totenkult in der Walsergemeinde Triesenberg. Korrespondenzblatt der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde, Heft 4. Basel 1976.
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Bucher, Engelbert: Kapelle Steg 1817–1957. Triesenberg 1957. Bucher, Engelbert: Rückblick auf erfreuliche Ereignisse rund um die Friedenskapelle. Zusammenstellung zum 50-jährigen Bestehen der Kapelle Malbun. Triesenberg 2001. Eberle, Josef: 75 Jahre Pfarrkirche Triesenberg. Dorfspiegel Triesenberg Nr. 139/36, 2015. Eberle, Josef: Walser Heimatmuseum Triesenberg. Museums- führer. Triesenberg 1992. Eberle, Josef: St. Theodul zu Ehren. Dorfspiegel Triesenberg Nr. 101/36, 2005. Eberle, Josef: Kapelle Masescha. Kostbarkeiten, Geschichte und Denkmalpflege. Dorfspiegel Triesenberg Nr. 112/22, 2009. Eberle, Josef: Bergkapelle Steg. Andachtsstätte und Landschafts- idyll. Dorfspiegel Triesenberg Nr. 107/32, 2007.
Geiger, Peter: Leuchtende Zeugen der Zeit. Glasmalerei in liechtensteinischen Kirchen und Kapellen. In: JBL 109, Vaduz 2010, S. 115–140 (auch Sonderdruck). Geiger, Peter: Schaanwald im Lichte seiner Theresienkirche. Geschichte, Gesellschaft, Glaube, Kunst. In: Louis Jäger: Die Maurer Wiesen in Schaanwald. Mauren 2010, S. 134–171. Geiger, Peter: Gott ist Licht. Sakrale Glasmalerei. In: Cornelia Herrmann: Werden und Wandel. Zur Geschichte des sakralen Kulturguts in Balzers. Balzers 2018, S. 292–333. Gerner, August et al.: Marien-Lourdes-Grotte Bendern 1898– 1998. Festschrift zum 100-jährigen Bestehen der Marien-Lourdes-Grotte Bendern. Hg. Gemeinde Gamprin / Pfarrei Bendern. Eschen 1998. Gerner, August: Marien-Lourdes-Grotte Bendern. In: Eintracht Nr. 17, Vaduz 1998, S. 9–24. Goop, Michael: Schlacht bei Triesen 1499. Triesen 1999.
Eberle, Josef: Kapelle Steg in neuem Glanz. Balzers 2016. Büchel, Franz: Geschichte der Pfarrei Balzers. Balzers 1982.
Hasler, Norbert (Hrsg.): Das Fastentuch von Bendern 1612. Vaduz 1999.
Büchel-Thalmeier, Robert / Werner Meier: Die Pfarrkirche zum Unbefleckten Herzen Mariä in Schellenberg. Hrsg. Gemeinde Schellenberg. Schellenberg 2003.
Hasler, Norbert W.: Der Hochaltar der ehemaligen Kapelle St. Sebastian und Rochus in Nendeln von Ignatius Bin (1659–1697) aus Feldkirch. In: JBL 91, Vaduz 1992, S. 257–279.
Burgmeier Markus / Reto Frick: Die Pfarrkirche St. Nikolaus und St. Martin in Balzers. Hrsg. Gemeinde Balzers. Balzers 2014.
Hasler, Norbert W.: Votivbilder aus Liechtenstein. In: JBL 101, 2002, S. 291–326.
Die Mariahilf-Kapelle. Festschrift anlässlich der 700-Jahrfeier 1989. Hrsg. Gemeinde Balzers. Balzers 1989.
Herrmann, Cornelia: Werden und Wandel. Zur Geschichte des sakralen Kulturguts in Balzers. Mit einem Beitrag von Peter Geiger zur Glasmalerei. Balzers 2018.
Eintracht. Zeitschrift für Kultur und Brauchtum. Vaduz (1992–2012). Ergrabene Geschichte. Die archäologischen Ausgrabungen im Fürstentum Liechtenstein 1977–1984. Hrsg. Historischer Verein für das Fürstentum Liechtenstein. Vaduz 1985.
Hugentobler, Johannes: Qualm.ai. Johannes Hugentobler 1897–1955. http://qualm.website, 2018. Inauen, Roland: Johannes Hugentobler 1897–1955. Museum Appenzell 1997.
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Jäger, Josef: Die Theresienkirche in Schaanwald 1939–1949. Schaanwald 1950.
Frick, Florin: Gustav Ritter von Neumann. Ein Architekt des Späthistorismus. In: JBL 92, 1994, S. 293–362.
Kirche und Orgel zu St. Florin in Vaduz. Redaktion Klaus Biedermann. Hrsg. Gemeinde Vaduz. Vaduz 2013.
Gedenkschrift zur Renovation der Pfarrkirche St. Martin Eschen 1977–1979. Hrsg. Gemeinde Eschen, Eschen o. J. (1979).
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Jäger, Louis (Red.): Die Maurer Wiesen in Schaanwald. Spuren, Schriftenreihe der Gemeinde Mauren, Nr. 5. Mauren 2010.
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Somweber, Erich: Die Bildhauer Bin in Vorarlberg und Liechtenstein. In: JBL 80, Vaduz 1980, S. 57–75.
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Malin, Georg: Kapelle St. Georg in Schellenberg. Grabungen und bauanalytische Untersuchungen 1980. In: JBL 80, Vaduz 1980, S. 7–56.
Wanger, Manfred: Spurensuche in Planken. Eine Dorfchronik. Planken 2006.
Wanger, Harald: Die Pfarrei Schaan-Planken in Geschichte und Gegenwart. Beiträge zur Pfarreigeschichte. Festschrift zum
Wikipedia: Diverse Artikel. Marienkapelle Triesen. Hg. Gemeinde Triesen. Triesen o. J. (2002). Marxer, Adolf: Glocken der Heimat. Eine Zusammenstellung der Glockengeläute der Pfarrkirchen im Fürstentum Liechtenstein. In: Eintracht, Advent 2001, Vaduz 2001, S. 9–24. Näscher, Franz: Die Glasbilder zu St. Florin in Vaduz. In: Kirche und Orgel zu St. Florin in Vaduz. Hrsg. Gemeinde Vaduz. Vaduz 2013, S. 98–115. Niederklopfer-Würtinger, Judith: Kapelle St. Mamertus. In: HLFL, Bd. 1, S. 422. Oehri, Herbert (Hrsg.): Menschen, Bilder und Geschichten. Mauren 1800 bis heute. 5 Bände, Eschen 2006–2011. Öhri, Theo: Waldkapelle zu Ehren der Heiligen Mutter Gottes Schaanwald; und: Einweihung der Waldkapelle. (Typoskripte). Schaanwald o. J. (2018). Ospelt, Mathias / Sven Beham: Kappile. Fenster zwischen Mensch und Glaube. 2 Bände, Triesen 2000–2001. Poeschel, Erwin: Die Werke des Bildhauers Erasmus Kern aus Feldkirch in Liechtenstein. In: JBL 48, Vaduz 1948, S. 53–78. Restauration St. Peterskapelle Mäls, Weihe 18. Juli 1971. Hrsg. Gemeinde Balzers. Balzers o. J. (1971). Ritter, Rupert: Die Pfrundbauten in Mauren. Zum 100-jährigen Jubiläum des Kirchenbaus 1844 –1944, in: JBL 45, Vaduz 1945, S. 53–147. Schwestern vom Kostbaren Blut S.PP.S, Frauenkloster Schellenberg. www.frauenkloster.li. Sennhauser, Hans Rudolf: Kapelle St. Peter und Turmhaus in Mäls. In: JBL 71, Vaduz 1971, S. 5–40. Senti, Heinrich: Chorfresko in der Kirche St. Peter und Paul, Mauren; und: Deckenbild «Christi Himmelfahrt» (Broschüre). Mauren 2010.
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75 Jahre Fürst Johann-Jubiläumskirche Balzers 1912–1987. Hrsg. Gemeinde Balzers. Balzers o. J. (1987). 100 Jahre Pfarrkirche Vaduz 1873–1973. Texte Alois Ospelt, Ludwig Schnüriger. Hrsg. Kulturreferat Gemeinde Vaduz. Vaduz 1973. 125 Jahre Pfarrei Ruggell 1874–1999. Hrsg. Gemeinde Ruggell. Ruggell 2002. 150 Jahre Schwestern vom Kostbaren Blut in Schellenberg. Festschrift zum Jubiläum. Im Selbstverlag des Frauenklosters Schellenberg, 2008.
Bildnachweis Die Fotos im Buch stammen von Josef Eberle, mit den folgenden Ausnahmen: S. 8: Amt für Kultur, Archäologie, Vaduz. S. 10: Liechtensteinisches Landesmuseum, Postmuseum, Vaduz. S. 14, 19: Liechtensteinisches Landesmuseum (Foto: Heinz Preute). S. 241 unten, 265: Peter Geiger. S. 284, 286 oben, 289, 291, 292 oben, 293, 294, 295, 298, 299: Adolf Marxer.
Das Buch wendet sich an ein breites Publikum, sei es einheimisch oder auswärtig, kundig oder einfach wissbegierig. Es lädt zu Besuch und Umschau. Ein erstaunlicher Reichtum des christlichen Erbes im kleinen Land wird sichtbar.
ISBN 978-3-033-07125-4
Christliches Liechtenstein
Dieses Buch versammelt die heutigen christlichen Stätten Liechtensteins. Sie werden von sechs kundigen Autoren beschrieben, so wie sie sich heute darbieten und wie sie geschichtlich geworden sind. Der reich illustrierte Band mit Fotos von Josef Eberle führt die Objekte unmittelbar vor Augen. Zwei Beiträge beleuchten die Christianisierung und die Religion heute.
Kirchen, Kapellen und Zeichen des Glaubens
Das Gebiet des heutigen Fürstentums Liechtenstein ist seit etwa 1500 Jahren christlich geprägt. Sichtbarer Ausdruck sind die dominierenden Pfarrkirchen, die grossen und kleinen Kapellen, die zahlreichen Bildstöcke, dazu weitere Zeichen des Glaubens an Wegen, Gebäuden, im Innern von Häusern, auf Fluren und Bergspitzen.
Christliches Liechtenstein
Kirchen, Kapellen und Zeichen des Glaubens