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Geschich t e n - m a g a z i n
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race
es f o l g e n dir hi m m e l & l ich t fair l ie
r o ads
# 57 | 01/2014 | D 6,00 € | A 6,00 € | CH 10 SFR | Benelux/E/I 7,20 €
ab dem 25.04.2014 erhältlich!
Light Line
"Forward to the Sea, and the Sea comes back to you and there is no escaping when you’re a fish. The nets of summer destiny.“
Jack Kerouac. Mexico City Blues.
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E D ITORIA L
Generation X
dafür. Um Ausreden, wenn wir keine Lust hatten, waren wir nie verlegen. Oft trieb uns das schlechte Gewissen dann doch in den Supermarkt um die Ecke, der damals herrlich überschaubar und somit super war. Viele der damaligen Hersteller gibt es heute nicht mehr. Die Firmen konnten sich auf ihre Kunden verlassen – einmal Ariel, immer Ariel. Wir hatten
Klar bei 50? 1964 geboren, wuchs ich noch mit in Stereokommoden
peinlich genaue Anweisungen: nur DIESES Waschmittel, nur DIESE
integrierten Schwarz-Weiß-Fernsehern, Langspielplatten von Bach-
Butter, nur DIESEN Käse. Herrlich simpel. Eine geringere Auswahl kann
man-Turner-Overdrive, Smokie und T-Rex auf. Die Musik, die ich
auch Luxus bedeuten. Bio gab es nicht, kannten wir nicht, aßen wir nicht.
hören wollte, nahm ich mit einem Kassettenrekorder (Doppeldecker) in wöchentlichen Radiosendungen auf, vorzugsweise auf AFN (Ameri-
Was ist aber geblieben vom Rekordjahrgang der deutschen Nachkriegs-
can Forces Network) oder im RIAS (Radio im amerikanischen Sektor).
geschichte außer der Tatsache, dass wir viele waren? Die 68er waren
Auch wir waren in Berlin knapp 40 Schüler in unseren Klassen, die Leh-
schon am Abebben, Feminismus betraf uns nur peripher, No Future und
rer hatten Mühe, alle in den Griff zu bekommen. Es gab wenige Kinder,
No Nukes (Atomkraft? Nein Danke!) waren zu weit weg, zu global. Nicht
die keine Geschwister hatten. Immer war da wenigstens Bruder oder
unsere Kämpfe. Eine wie auch immer geartete Revolution war weit und
Schwester. Einzelkinder kamen so gut wie nie vor.
breit nicht in Sicht, dafür hatten unsere Telefone (orange oder grün) Wählscheiben (später Tasten), wir schrieben auf Schreibmaschinen,
1964 wurden mehr als 1,3 Millionen Kinder geboren. Wenn Kinder all-
hörten Musik auf Kassetten (TDK oder Maxell) und im Fernsehen lief
gemeinhin als Vertrauen in die Zukunft angesehen werden, waren un-
Rockpalast in der Dortmunder Westfalenhalle – die ganze Nacht. Seit-
sere Eltern mehr als euphorisch. Im Sommer gingen wir nachmittags
dem geschah viel. Waren wir vielleicht die erste Generation, die zu gar keiner Generation gehö-
ins Schwimmbad, machten dort Hausaufgaben, schauten nach Mädchen und aßen Pommes. Zu Hause sein mussten wir erst, wenn die Straßenlaternen angingen (zugebenermaßen gingen die
Unsere Mütter brüllten über den Hof, wenn das Abendbrot fertig war. Beim Bäcker gab es Kuchenkrümel und der Kinderarzt sah mich nur alle Jubeljahre.
damals früher an). Wir trieben uns
ren wollte? Waren wir zu nett? Außer dass wir bei der Volkszählung unsere Teilnahme verweigerten, gab es wenig offiziellen Widerstand.
rum, meistens auf der Straße, auf Abenteuerspielplätzen, in Hinterhöfen,
Von Hausbesetzern und Punks in Berlin mal abgesehen. Shit happens.
spielten Fußball, die Teppichklopfstange war das Tor. Wir waren Heyn-
Wir fielen praktisch nie auf, keine Kulturrevolution, die sexuelle war auch
ckes, Netzer oder Stielike. Wenn meine Großmutter einkaufen ging, sah
schon durch. Vielleicht waren wir eher Helden des Alltags als Maulhel-
ich zu, dass ich mit ihr ging, denn wir schauten in einem Spielzeuggeschäft
den, wie es – so schön nüchtern – Anfang des Jahres in der WAMS stand.
mit einem älteren Herrn in grauem Kittel vorbei. Mein Paradies. Beim Bäcker gab es Kuchenkrümel. Wir waren für unsere Eltern weder greif-
Jubiläum. Soso. Zehn Jahre. Wer uns kennt, weiß, dass große Wor-
noch erreichbar. Die hatten genug zu tun, sie mussten arbeiten. Wenn
te unser Ding nicht sind. Die Frage muss erlaubt sein: Wie zur Hölle
was war, gingen wir in eine Telefonzelle oder meldeten uns eben nicht.
konnten wir eigentlich seit 2004 überleben? Mit unserer suboptimalen
Abends war dann Alarm. Niemand machte sich Gedanken, der Kinder-
PR-Allergie, unserem nicht vorhandenen Marketing, ohne hippe After-
arzt sah mich alle Jubeljahre, wir wurden krank und gesundeten wieder.
Work-Sailing-Events, ohne forsche Messeauftritte? Ohne große Klappe? Ohne hinreißende Garantien, ohne halsbrecherische Versprechen, ohne
Inzwischen wurde das Fernsehen bunter. Politik war ewig weit weg, da-
vollmundiges Schlechtreden anderer Segelmagazine? Eine selbsttrüge-
für gab es aufgrund der Ölkrise autofreie Sonntage, in den wir die Auto-
rische „Wir-sind-die-Besten-Attitüde“ war noch nie unser Eigen. Unbe-
bahnen belagerten. Später fand ich immer und überall einen Parkplatz.
darfte oder Neider würden das als Arroganz bezeichnen. Dem ist nicht
Nicht nur mit meinem ersten Auto, einem VW Käfer, sondern auch in den
so. Vielleicht liegt es einfach nur daran, dass wir uns selbst für gar nicht
darauf folgenden Jahren. Wir bastelten, schmierten Gum-Gum-Kleber an
so wichtig halten, im Gegensatz zum Magazin.
Auspuffe, in Türen und unter Schweller. Von der Versicherung indes gab
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es jedes Jahr Geld zurück, wenn man keinen Unfall baute. Alles ohne
Das muss man sich erst einmal leisten können, finden Sie? Wenn Sie das
Smartphone. Wir waren nicht ständig erreichbar, wurden nicht genervt,
denken würden, hätten Sie wohl recht. Konnten wir uns aber nie leisten,
nervten höchstens andere Erwachsene. Unsere Mütter brüllten über den
taten es dennoch. Nicht aus Arroganz, eher weil es für uns der einzige
Hof, wenn das Essen fertig war, während ältere Bewohner auf Kissen ge-
Weg ist. Das, was am Ende überzeugt, ist das Endprodukt. Und im Zwei-
lehnt seelenruhig eine Zigarette rauchten. Um unser Taschengeld aufzu-
fel dessen Macher. Wir haben uns nie von Firmen erpressen lassen, ver-
bessern, gingen wir für ältere Damen einkaufen und wurden gut entlohnt
zichteten mehr als einmal auf Werbekunden und kommen seit Anbeginn
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mit einem Minimum an Ressourcen aus. Das schreibe ich nicht ohne Stolz.
Wir denken, dass gerade heute Stolz, Unbequemlichkeit und Konse-
Auf Jan Weisner, der das SJ seit 2006 als Grafiker betreut, und Michael Wal-
quenz keine bleiernen Worthülsen sein müssen. Das ganze Geheimnis?
ther, einen langjährigen Weggefährten, der dem SJ die segeltechnische
Aufgepasst jetzt, auch ihr da hinten in der letzten Reihe: Respekt. Wir
Note gibt, die bis dato fehlte und die ich – ehrlich gesagt – nie beisteuern
behandeln andere so, wie wir behandelt werden möchten.
konnte. Kein Wunder, komme ich doch eher aus der kreativen Ecke. 10. Zehn. Beruhigend und beunruhigend zugleich. Wie viele Sorgen Mittlerweile in dieser dritten Besetzung werkelnd, sucht das Sailing Journal
müssen wir uns eigentlich um Print machen, wenn schon die Hörzu ein
immer noch. Wenn diese Suche eines Tages beendet sein sollte, kann es
Reportagemagazin herausbringt?
stolz erhobenen Hauptes abtreten. So wie das Leben eine ständige Suche sein sollte, sollte es ein Magazin auch sein. Von Beginn an darauf ausgelegt,
Entgegen meiner sonstigen Gewohnheit, im Editorial keinesfalls über In-
Sie als Leser mitzunehmen und sich nicht auf durchlässigen „Unsere Leser
halte zu schreiben (dafür ist das Inhaltsverzeichnis da), mache ich in die-
möchten das“-Ausreden ausruhen. Wir machen das Sailing Journal nach
sem Fall eine Ausnahme: die Flucht von Heinrich Behrendt, dem Groß-
wie vor mit mehr Herzblut als finanziellen Mitteln. Gleichwohl, und zum
vater von Daniel Opitz. Er ist nicht nur Kolumnist des Sailing Journals,
ersten Mal, ohne störende Einflüsse von außen und innen. Mal werden die
sondern auch einer meiner besten Freunde. Im Herbst vergangenen Jah-
Ausgaben interessanter und mal eben nicht. Mal entwickelt sich die Grafik
res zeigte er mir ein Fotoalbum seines Großvaters und erzählte mir dessen
ein, zwei Schritte zu weit – alles besser als Beton anrühren.
Geschichte. Daniels Mutter schenkte es ihm zu seinem 38. Geburtstag. Lange ordnete und sammelte sie alte Fotos und Landkarten. Noch län-
Ja, wir waren die Ersten, die Segeln mit Lifestyle verknüpften (andere folg-
ger schrieb sie das handgeschriebene Tagebuch (in sehr kleiner, enger
ten erst Jahre später). Ja, wir waren die Ersten, die einen verkrusteten Markt
Schrift mit Bleistift geschrieben) ihres Vaters ab. Daniels 38. Geburtstag
aufbrachen (alte Seilschaften blocken uns bis heute ab). Ja, wir waren die Ersten, die die Bildsprache etwas weiter und moderner auslegten (selektive Schärfe, Fisheye). Ja, wir waren die Ersten, die das
war natürlich ein exakt ge-
Wie zur Hölle konnten wir eigentlich seit 2004 überleben? Ohne anständiges Marketing, ohne groSSe Klappe? Vielleicht durch das Endprodukt?
Durchschnittslesealter auf Mitte 40
wählter Zeitpunkt, denn in ebendiesem Alter flüchtete Heinrich Behrendt aus Danzig in einem Segelboot über die Ostsee. Friderike, Daniels Mutter, hatte
herunterbrachen. Ja, wir änderten jedes Jahr das Layout, um es Nachah-
nichts gegen eine Veröffentlichung, vertraute sie doch uns beiden,
mern schwerer zu machen (und weil es uns schnell zu langweilig wurde).
dass wir auch mit ihrem Erbe sorgfältig umgehen. Liebe Friderike,
Nein, wir sehen uns nicht als Visual Leader. Obwohl wir es vielleicht sind.
lieber Daniel, ich bin sehr stolz, dass ihr mir beide dieses Vertrauen entgegenbrachtet, diesen sehr persönlichen, ja schon historischen
Ja, wir könnten auch ohne Segeln leben. Nein, wir wollen es aber nicht.
Teil eurer Familiengeschichte zu veröffentlichen. Wir sprachen mit ehemaligen, noch lebenden Weggefährten Heinrichs, die zusammen
Ja, wir sind Wassersportler. Wir kommen vom Surfen, vom Windsurfen.
mit ihm den Nachfolgesegelclub des Segelclubs Danzig in Kiel grün-
Vom Funsport also. Jetzt Segeln. Alle sind Wassersportler. Sie spüren, sie
deten, den Yacht-Club Godewind, wir trafen uns mit Wilfried Horns
riechen, sie sehen das Meer auf eine intensivere Art und Weise. Die Kon-
(Freundeskreis Klassischer Yachten), der uns bei der Identifikation
sequenz war 2004 das Sailing Journal. Heute nennt man so was Bookazine
der Segelboote im Fotoalbum half.
oder Coffee-Table-Book. Damals war eine andere Zeit. Jeder nach 1980 geborene, der diese Geschichte liest, sollte sich bewusst Sehen Sie, so viel haben wir über das SJ noch nie schwadroniert. Aber gut
machen, dass sie Realität war und zum Trauma einer ganzen Generation
erzogen sind wir schon, daher möchten wir uns bei allen bedanken, die
wurde, so wie es Guido Knoop (ZDF-Chefhistoriker) formulierte. Dani-
uns seit 2004 unterstützten und unterstützen. Freischaffende Fotogra-
el, als Filmemacher und Dokumentarfilmer, sprach nicht nur mit Guido
fen, autonome Autoren, freidenkende Firmen, die ebenso wie wir nicht
Knoop über dieses Thema, sondern auch mit einem bekannten deut-
mit der Masse schwimmen, sondern einen freien und klaren Gedanken
schen Schauspieler über eine mögliche Verfilmung. Eine Verfilmung sei-
fassen können, wissen, was sie wollen, und noch wichtiger: was sie nicht
nes Erbes, seiner eigenen Vergangenheit und der seiner Mutter. Wohl
wollen. Ebenso danken wir so einigen feurigen Chefredakteuren, die von
dem, der dazu in die Lage ist.
ihrer Kanzel gegen uns predigten und uns somit die PR abnahmen, oder anderen, die uns schon vor Jahren in kürzester Zeit plattmachen wollten. Wir sahen damals höflich darüber hinweg. Danke, Leute. Wenn ihr euch angesprochen fühlt, dann soll es so sein.
Tom Körber. Chefredakteur.
What works, works schrift // Tom Körber, Michael Walther, Sebastian Vedder, Dörte Horn Bild // Rolex/Daniel Forster, Rolex/Carlo Borlenghi & VARUNA
Rolex Syd n ey Hob art Yac ht Race In Australien gilt das legendäre Rolex Sydney Hobart Yacht Race als einer der Höhepunkte im Sportkalender und auch international zählt die Regatta zu den absoluten Topveranstaltungen des Segelsports. Die jährlich ausgetragene Hochseeregatta findet bereits zum 69.
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Mal statt. Nach dem segeln die Teilnehmer durch die Tasmansee Richtung Süden, entlang der Küste von New South Wales und durch die Bass-Straße bis herunter nach Hobart, in die Hauptstadt des australischen Inselbundesstaats Tasmanien.
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foto // Rolex/Carlo Borlenghi
W h at w o r k s , w o r k s – R o l e x S y d n e y H o b a r t Yac h t R ac e .
NIKITA kämpft sich an Tasmanien vorbei Richtung Hobart, dem Ziel des Rennens.
race
V
Die Regatta blickt auf eine bewegte Geschichte zurück, die untrennbar mit dem australischen und dem Weltsegelsport verbunden ist. Bei der Erstaustragung des Hochseerennens setzte sich Captain John Illingworth mit der britischen Yacht RANI gegen die anderen acht Teilnehmer durch und gewann damit als Erster den begehrten Tattersall’s Cup für
on den 94 gemeldeten Yach-
den Gesamtsieg. Mit diesem historischen Sieg gebührt Il-
ten waren fünf 100-Füßer, drei Volvo 70 und sieben vorma-
lingworth und der RANI für immer ein Ehrenplatz in den An-
lige Gewinner des Hobarts an der Ziellinie. Darunter auch
nalen der Sydney-Hobart-Regatta. Zu den illustren Namen
sogenannte Dark Horses, also Yachten, die vorher noch gar
unter den Gesamtsiegern gehören unter anderem der späte-
keine beziehungsweise nur sehr wenige Rennen absolvier-
re britische Premierminister Sir Edward Heath mit der MOR-
ten, was bei einer Regatta dieser Kategorie eher vorteilhaft
NING CLOUD (1969), Medienmogul Ted Turner mit der
wäre. Darunter waren Neukonstruktionen wie die PERPE-
AMERICAN EAGLE (1972), der US-amerikanische Segelguru
TUAL LOYAL (ehemals RAMBLER 100), die BEAU GESTE
John Kilroy mit der KIALOA II (1977), Großunternehmer Karl Kwok mit der BEAU GESTE aus
(Botin 80), ICHI BAN (Carcreek 60) und GIACOMO (Volvo 70). Nur die WILD OATS nahm in der Preisklasse als „altes Boot“ an der 69. Austragung teil. Es kann durchaus von Vorteil sein, wenn die Mannschaft das Boot auf den Zentimeter genau kennt und weiß, wann es wie reagiert.
Seit der Erstaustragung 1945 hat sich das Rennen von seinen bescheidenen Anfängen zu einem der renommiertesten Segelwettbewerbe der Welt entwickelt.
Hongkong (1997) sowie der USSoftwareunternehmer Roger Sturgeon mit der ROSEBUD (2007). Seit die FREYA der Gebrüder Halvorsen in den 1960er-Jahren dreimal hintereinander als Erste über die Ziellinie segelte, konnte keine Crew mehr den Tattersall’s Cup erfolgreich verteidigen.
Traditionsreiches Rennen. Seit der Erstaustragung 1945 hat sich die Sydney-Hobart-
Aktuelle Titelverteidigerin ist die majestätische 100-Fuß-
Regatta von ihren noblen, aber bescheidenen Anfängen zu
Yacht WILD OATS XI des australischen Multimillionärs Bob
einem der renommiertesten Segelwettbewerbe der Welt
Oatley unter ihrem Skipper Mark Richards. 2012 schrieb
entwickelt. Im Verlauf seiner langjährigen Geschichte hat
die Super-Maxi-Yacht Geschichte, weil ihr zum zweiten Mal
das Rennen Politiker, Wirtschaftsgrößen, Ausnahmesport-
das Triple gelang: Die WILD OATS XI konnte ihren eigenen
ler und die Crème de la Crème des Segelsports angezogen
Streckenrekord von 2005 sogar noch leicht auf jetzt einen
und ist dabei stets seinem Gründergeist treu geblieben, ta-
Tag, 18 Stunden, 23 Minuten und zwölf Sekunden ver-
lentierten und segelbegeisterten Amateurcrews eine span-
bessern und segelte damit nicht nur als Erste durchs Ziel,
nende Herausforderung zu bieten. In den letzten Jahren
sondern sicherte sich auch den Tattersall’s Cup für den Ge-
bestand das Teilnehmerfeld meist aus etwa 80 internationa-
samtsieg. Dem ersten Boot im Ziel (Line Honours Winner)
len Segelyachten, und das wird auch in diesem Jahr wieder
wird in Hobart stets ein frenetischer Empfang bereitet. Zu
so sein: Zu Vertretern aus den meisten australischen Bun-
den bekannten internationalen Gewinnern des Sydney Ho-
desstaaten gesellen sich diesmal Yachten aus Deutschland,
bart Yacht Race gehören Larry Ellison mit der SAYONARA
Neukaledonien, Neuseeland, Singapur, dem Vereinigten
(1995 und beim tragischen Rennen 1998), der Franzose
Königreich und Zypern.
Eric Tabarlay mit der PEN DUICK II im Jahr 1967 sowie 1996 Hasso Plattner mit der MORNING GLORY. Die WILD OATS XI war in sechs der letzten acht Rennen des Rolex Sydney Hobart Yacht Race das schnellste Boot und startet deshalb in diesem Jahr als Favoritin auf die Line Honours.
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foto // Rolex/Carlo Borlenghi
BRINDABELLA begleitet von Delfinen kurz vor Tasmanien.
foto // varuna
VARUNA Onboard. Get Wet.
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sand – Vorne Sand. Hinten Meer. Da z w i s c h e n e i n Z i s c h e n .
Wie sagt man denn auch so frohgemut? Bei wenig Wind fahren die Guten und die Schlechten schieben.
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Sand.
schrift // tom körber bild // tom körber & Kai Uwe Eilts
Vorne Sand, hinten Meer. Dazwischen ein Zischen. Mehr ein Ssstttt, ein Wispern, ein Säuseln. Noch stehe ich am Strandübergang St. Peter-Ordings oder wie erfahrenere Wind- und Wassersportler sagen: Sand Peter-Ording. Linker Hand erheben sich Dünen, die den sehr breiten trockengefallenen Strand Richtung Land abgrenzen. Rechts herrscht flacher Strand vor, ab und an schießen weit entfernt Strandsegler durchs Bild. Nahezu lautlos, bis auf besagtes Sssttt. Auf diese Entfernung gesehen scheint es, als ob sie über den Boden flögen. Einer fahrenden Fatamorgana gleich.
artverwandt
H
ier in St. Peter herrschen optimale Bedingungen. Beeindruckend, da es nur sehr wenige Strände an unseren Küsten gibt, an denen Strandsegeln überhaupt möglich ist. St. Peter ist da die Krone der landseglerischen Strandkultur. Eine 14 Kilometer lange, freie, flache und bis zu zwei Kilometer breite Fläche, die – wie sollte es an der Küste auch anders sein – bei jeder Ebbe trockenfällt. Zwei Stunden vor und nach Hochwasser besitzt der Sand die beste Struktur, noch feucht, aber schon trocken genug, um harte Regattabahnen legen zu können. Durchzogen von Weichsand, Loch- und Rippelfeldern und Prielen, die das abfließende Meer bei jeder Ebbe neu bildet.
Ergo: Der Strand ist jedes Mal anders. Es gibt keine Kurven, keine Speed-Bumps, keine Geraden samt Bremspunkten, die man sich einprägen könnte. Alles neu macht das Meer. Die großen Kurse liegen immer entlang der Wasserkante. Am besten – wenn sie befahrbar ist – liegt die „Große Sandbank“. Geschwungen wie ein Bumerang windet sie sich einen guten Kilometer vom Hauptstrand entfernt der Küste angepasst. Dort gibt es weder die gemeinen Weichsandfelder noch den für St. Peter typischen Hochsandflecken. Besonders der Regattaleiter braucht sehr viel Erfahrung auf dem beliebten harten Sand, der aussieht wie eine Mondlandschaft. Kurse setzen kann zu einer kniffligen
Angelegenheit werden. Mittendrin, aus dem Nichts auftauchend, Prielkanten und Löcher. Auf schlechten Kursen haben sich schon halbe Regattafelder zerlegt. Also, immer schön schmale Up-and-down-Kurse am Wasser, Dreiecke gibt’s so gut wie nie. Wo sollte man die auch legen?
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Die Idee zu der bis heute gültigen dreirädrigen Form hatte 1802 der Spanier (Valencia) José Boscana.
foto // kai uwe eilts
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mode
bilder // marco knopp Location // weltruf-kiel
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N o b ac k s e at d r i v i n g – M o d e m ac h t m u n t e r v o r a l l e m i m F r ü h j a h r .
Mode macht munter, vor allem im frühjährlichen Taumel der neuen, beginnenden Saison. Es stellt sich vor: Eine kunterbunte Frühlingsmischung aus bekannten und unbekannten Firmen, aus technischem Tatendrang und modischer Meisterleistung.
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Volker // Jacke Slam Blow Man 159 €, Schuhe Marinepool Cowes II 119 €, Hose Musto Evolution Performance 149 €, Gürtel Musto Evolution 29 €, Polo TBS „Race for water” Jonrac 64 € regina // Schuhe Marinepool Grace Moca 109 €, Jacke Dalmard Rennes 189 €, Shirt Dalmard Paimpol 54 €
Regatta/Historie
Fairlie Roads schrift // erdmann braschos & ewan mcewan bild // marina kรถnitzer
OBLIO. Von William Five III. 1899 designter Gaffelkutter. Er wurde 2007 von Hubert Stagnol in Frankreich resaturiert.
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Fa i r l i e R o a d s – S c h o t t e n s i n d c l e v e r e L e u t e : bei dem schlechten Wetter findet die R e g at ta n u r a l l e pa a r J a h r e s tat t .
Die Fife Regatta 2013 fand bei normalen schottischen Bedingungen statt. Am ersten Tag regnete es Cats and Dogs, das Wetter wurde dann aber besser. Anlaß für eine Spurensuche zur Entstehung und zum Mythos der berühmten Fife-Yachten in Fairlie am Clyde. Man muss den Sport schon sehr mögen, um freiwillig in Schottland segeln zu gehen. An diesem nordwestlichen Vorposten Europas regnet es noch mehr als in Stuttgart Degerloch, Lüdenscheid, Kiel Düsternbook oder den Britischen Inseln. Das mag statistisch unmöglich erscheinen, ist aber so, weil die dräuend grauen Wolken der nordatlantischen Tiefdruckgebiete hier die erste intensiv genutzte Gelegenheit zum Abregnen haben.
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N
Mythos Fife of Fairlie
un sind Schotten clevere
Von Largs ist es nur ein Spaziergang nach Fairlie, jener
Leute. Wer nicht in den
kleinen Ortschaft, in der einst die berühmten Fife-Yachten
sonnigen Süden fliegen
entstanden. Der Schweizer Sammler, Auto-, Häuser- und
kann, lockt ahnungslose
Yachtrestaurator Albert Obrist hat mir vor Jahren im fernen
Fremde mit einer Einla-
Gstaad einmal von Fairlie erzählt. Der Yachthistoriker Dr.
dung zum Segeln in sei-
William Collier in Southampton auch und ebenso Werftlei-
ne Heimat. Das Poster
ter Duncan Walker im südenglischen Hamble. So begebe
zur fünften Fife Regatta im Sommer vergangenen Jahres
ich mich vor dem Dorf auf dem flachen Sandstrand der
zeigt eine idyllisch-heitere Fjordlandschaft. Welten ab-
überschaubar großen Bucht auf Spurensuche. Der Strand
wechslungsreicher als der Ammer-, Boden- oder Starnber-
ist wenige 100 Meter lang, außen ein bisschen unrein, mit
ger See, aber mit Wind. Eine Regatta ist eine unausweich-
Steinen. Es ist auflaufendes Wasser und die Tide hat etwa
lich terminierte Veranstaltung mit eingebautem Gruppen-,
die Hälfte ihres üblichen Drei-Meter-Hubs zurückgelegt.
sprich Ablege- und Segelzwang. Wenn die Stunden der
Abgesehen von etwas Seegras und an Land gewehtem
Wahrheit gekommen sind und alle raus müssen, egal wie es
Schaum ist der feinsandige Strand leer. Eine Zeile dreistö-
regnet oder bläst, kneift keiner. Nicht mal nachweislich was-
ckiger Häuser. Die alten Gebäude sind aus grauen, bemoos-
serscheue Italiener und sonstige südländische Warmdu-
ten Steinen, die neueren ein Beispiel praktischer Allerwelts-
scher, die aus einem einzigen, nicht beruflich verordneten
architektur: pflegeleicht in mattem Ocker, schalem Rosa,
Grund nach Schottland kommen: Wer eine Fife-Yacht hat
fahlem Gelb, blassem Rosa oder hellem Blau verputzt. Dort
oder einen Freund, der eine hat, muss mindestens einmal
wo die Reihenhäuser den Panoramablick auf Fairlie Roads
im Leben hierher.
bieten, auf die Reede der Ortschaft, auf den Largs Channel dahinter und die Insel Cumbrae draußen, entstanden die Er-
Natürlich wissen die cleveren Schotten auch, wie vergess-
zeugnisse der Bootsbauerfamilie William Fife and Son. Drei
lich der Mensch ist. Deshalb findet die Fife Regatta nur ab
Generationen einer Familie und ihrer Angestellten, die den
und zu statt. Im Sommer vergangenen Jahres war es nach
schottischen Yachtbau weltweit zum Begriff machten. In Fair-
den Zusammenkünften 1998, 2003 und 2008 im Sommer
lie kam es vor, dass der Gottesdienst erst begann, nachdem
2013 wieder so weit. Von der 100-füßigen Fahrtenyawl
die Einheimischen sonntagmorgens ein neues Fifesches Re-
KENTRA über den etwas kleineren Schoner ASTOR, den
gattaboot besichtigt hatten. Und weil sich hier eigentlich alles
berühmten und weitgereisten Doppelender LATIFA, Achter
um den Yachtbau drehte, ziert die Silhouette der berühmten
und Sechser bis hin zum handlichen Fife One Design kamen
Fife-Yawl LATIFA als Wetterfahne den Kirchturm.
18 sehenswerte Fife-Yachten. Der Gaffelkutter AYRSHIRE LASS von 1887 war das älteste Schiff der zunächst in der modernen Marina von Largs versammelten Flotte. Sie befindet sich gleich nördlich der kleinen Ortschaft Fairlie. Der Besucher der trichterförmig westlichen Zufahrt Glasgows braucht heute einige Fantasie, um zu glauben, dass der Firth of Clyde einst die Wiege des Segelsports war: die Kieler Förde des industrialisierten Empire, der prosperierenden Kolonialmacht Großbritanniens. Hier wurden America’sCup-Herausforderungen vorbereitet und mancher zu ehrgeizig bewegte große Schlitten im Schlachtgetümmel der Regattabahnen mit gnadenlos durchgesetztem Wegerecht versenkt. Es ist kaum zu glauben, dass der pfiffige Lebensmittelhändler Sir Thomas Lipton einst die Regattabojen auf dem Firth of Clyde als Werbefläche nutzte.
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Natürlich wissen die cleveren Schotten auch, wie vergesslich der Mensch ist. Deshalb findet die Fife Regatta nur ab und zu statt.
73 Regatta/Historie
AYRSHIRE LASS. 1887 von William Fife II. gebaute 24-Fuß-Yacht. Segellegende Sir Pete Goss kaufte das Schmuckstück und ließ es 2004 vollständig restaurieren.
Über diesen Strandabschnitt feinen Sands wurden 1807
Werfthalle stand und die Plattform des einstigen Masten-
bis 1938 rund 800 Yachten, vom Kutter COMET bis zum
krans. Viele Fife-Yachten wurden vor ihrem Stapellauf auf
Zwölfer FLICA II, rückwärts bei Niedrigwasser zu ihrem
dem Strand stehend aufgetakelt. Im Ort selbst erinnert die
Element geschoben. Regattaboote meist und gediegene
Wetterfahne auf der Pfarrkirche und ein Schild neben dem
Fahrtenyachten, die über ein Jahrhundert das Beste des
„Gasthaus zum Schlammhaken“, dem „Mudhood Inn“ an
Bootsbaues verkörperten, die heute eine nahezu irrationale
die Familie Fife aus Fairlie.
Wertschätzung genießen. Clyde-built, das war nicht nur in der Berufsschifffahrt ein Begriff. Wer an der exponierten
Zum Verständnis, wie der Clyde zur Wiege des angel-
schottischen Westküste bestehen wollte, lieferte Qualität.
sächsischen Segelsports und Yachtbaues wurde und
Es ist heute, im Zeitalter ausgebaggerter Hafenbecken und
warum das Segelrevier eine Autostunde südwestlich von
moderner Travellifts, zwar irgendwie vorstellbar, dass hier
Glasgow heute so still wie ein vergessenes Naherholungs-
der 160 Tonnen verdrängende Big-Class-Schoner ALTAÏR,
gebiet ist, lohnt die Erinnerung an die Kolonial- und Indus-
große Schlitten wie SUMURUM oder MOONBEAM IV,
triegeschichte Großbritanniens. In der 1837 beginnenden
23-mR-Yachten wie SHAMROCK und CAMBRIA, 19er,
Viktorianischen Ära gelangt das Empire mit dem Im- und
15er, Zwölfer, Achter und mancher edle Sechser vom Sta-
Export zu Reichtum. Der Hafen wird neben London zum
pel liefen. Dennoch muss sich der Besucher ganz sicher
wichtigsten, problemlos vom Nordatlantik her anzu-
sein, dass es hier stattfand. Es ist nichts mehr da. Nicht eine
steuernden Tor zur Welt. Im Laufe des 19. Jahrhunderts
einzige Schwelle, kein Gleis eines Slips ist zu sehen. Nach
wird es zum maßgeblichen Umschlagplatz für Tabak,
einer Weile ratlos über den Strand streunender Suche ent-
Baumwolle und Zucker. Glasgow wird nach London, Pa-
decke ich das molenartige Fundament, wo einst die große
ris und Berlin zur viertgrößten europäischen Metropole.
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a u s g abe n & ei n e p h o t o iss u e i m ab o n n e m e n t f端r 22 Euro
p r i n tABO
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Es folgen dir Himmel und Licht – Tag e b u c h e i n e r F l u c h t ü b e r d i e O s t s e e im Zweiten Weltkrieg.
Es folgen dir Himmel & Licht. Friderike Opitz: „Auszug aus dem Tagebuch meines Vaters Heinrich Behrendt“ Flucht aus Danzig über die Ostsee im März 1945 von Heinrich Behrendt in seinem 38. Lebensjahr.
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Intro. Daniel Opitz. Enkel. Denke ich zurück an meinen Großvater, so erinnere ich mich noch gut an die regelmäßigen Tagestouren an Bord der ANTARIS, seinem Folkeboot mit Liegeplatz im Laboer Hafen. Gemeinsam mit meiner Mutter Friderike ging es hinaus auf die Ostsee. Je stärker der Wind, je höher die Wellen, je feuchter die Luft, desto besser. Auch wenn er die Stunden mit seiner geliebten Tochter und dem Enkelkind stets genoss, am liebsten war er ganz allein unterwegs. Glücklich einsam mit sich selbst. Hand an der Pinne, Zigarre im Mundwinkel, seine zerschlissene „Prinz-Heinrich-Mütze“ fest auf dem Kopf. Vorbei am Feuerschiff KIEL in die Nacht hinein, das war im Alter sein größtes Glück. Eins mit seinem Boot, eins mit dem Meer, eins mit sich und seinen Erinnerungen. Erinnerungen an die friedlichen und von Freude erfüllten Tage mit Freunden und Clubkameraden in den Gewässern vor Zoppot. An Bord seiner stolzen MARIENBURG. Eine sorgenfreie Zeit als erfolgreicher Unternehmer, glücklicher Vater dreier Kinder und leidenschaftlicher Segler. Eine Zeit, bevor der Krieg alles zerstörte und ihm alles nahm. Dies ist die Geschichte meines Großvaters Heinrich Behrendt und seiner ungewöhnlichen Flucht aus dem brennenden Danzig.
Historie
25. März 1945 6.00 Uhr Es setzt wieder über Danzig starkes Fliegerbombardement ein. Es übertrifft alles bisher Dagewesene. Ein Feuersturm und Funkenregen brausen durch die Stadt. Ein riesiges Feuermeer, in dem Frauen, Kinder und Soldaten herumirren. Nur der Gedanke „raus aus der Hölle“ gibt mir die Kraft weiterzulaufen. Über Trümmer, Kadaver und herumirrende Menschen kämpfe ich mich durch die brennenden Straßen östlich Richtung Weichselmündung. 9.00 Uhr Am Yachthafen METEOR sind bereits Männer bemüht, Yachten klarzumachen, die noch im Wasser liegen. Die Menschen laufen ziellos herum. Ich suche mir eine Yacht aus, die noch vom Herbst aufgetakelt im Wasser liegt und mir seefest erscheint. Segel finde ich auch in der unverschlossenen Kajüte. Ich will hier weg und ich kenne hier den Weichseldurchbruch zum Meer. 10.00 Uhr Jetzt ist der Tag leider klarer geworden und Tieffliegergeschwader auf Geschwader kommen alle fünf Minuten. 200 Meter entfernt versuchen zwei Männer noch die ELFE ins Wasser zu bringen. Eine Bombe in unmittelbarer Nähe wirft das Boot um. Uns sausen die Holzsplitter nur so um die Ohren. Die zwei Männer fliegen durch die Luft und rappeln sich auf und kommen zu mir. Wir bleiben zusammen. Ich entscheide mich ganz schnell für KÖRTE II. Sie gehört dem Club BALTIC-Königsberg. Menschen laufen hilflos herum. Ich werde von allen Seiten gebeten, die Führung auch der anderen Yachten zu übernehmen – ich lehne ab. Jeder muss zusehen durchzukommen, nur keine Aufmerksamkeit als Convoy erzeugen. Immer wieder läuft die Gendarmerie am Rande des Geländes herum und hängt Männer auf, die auf der Flucht sind. Man schämt sich, Deutscher zu sein. Dieser Kriegsirrsinn. Ich machte meine KÖRTE II klar mit dem, was vorhanden ist, und beschmiere mit meinen rissigen
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und blutenden Händen die Segel mit Dreck, ein defekter Kompass ist an Bord, sonst nichts. Die Angriffe kommen in immer kürzeren Abständen, jetzt auch Bomber, die so tief fliegen, dass wir ganz deutlich die russischen Piloten erkennen. Es ist grausig mit anzusehen, wie auf der überfüllten und von Fahrzeugen verstopften Chaussee, im Wald und am Strand Bombe auf Bombe in die Menschenmassen fallen und alles durch die Luft wirbelt, als seien sie Puppen. Der Kopf ist leer, man spürt gar nichts, nur „weg hier“. Bei wieder herunterkommenden Bomben werfe ich mich in menschlichen Kot, alle wünschen mir Glück. Wir können lachen, aber es ist kein Lachen, man fühlt gar nichts mehr, irgendwie ist auch das Gefühl von Angst in der Zwischenzeit nicht mehr da. Ich sehe Einschläge in der Werft und vermute mein eigenes Schiff TROLL in den tausend Trümmern. 13.00 Uhr Von nun an werden wir bis zum Abend bombardiert und beschließen, dass an ein Weiterarbeiten am Boot nicht zu denken ist. Ich liege stundenlang unter einem Balkenstapel Holz platt wie eine Briefmarke, sehe, wie das östliche Neufähr völlig zerstört wird. Wie auf der Chaussee voll mit Menschen beladene LKW im Nu in Flammen stehen und die Menschen dort mit Verrenkungen verbrennen. Es stinkt barbarisch. Bombe auf Bombe zischt durch die Luft, ich glaube jetzt doch an mein Ende. Von den anderen sehe ich nichts, wir haben uns alle verkrochen. Eine Yacht nach der anderen geht in Flammen auf. Allein KÖRTE II ist bisher nur mit Dreck beschmissen und ich denke an die Scheiße, in die ich gefallen bin! Vielleicht habe ich weiteres Glück. Ich sehe, wie ein Hochrangiger in geschmückter Uniform tot vorübergetragen wird. Es war der Befehlshaber Generalleutnant Clemens Betzel (war von Januar bis März 1945 in Danzig stationiert – Anm. d. R.) oder jetzt hat zum Glück auch ihn sein Schicksal erreicht,
denn er hatte noch vor Stunden die Befehle zum Aufhängen gegeben. In diesen gefahrvollen Stunden untergeklemmt unter einen Holzstapel, alles mit wachen Augen erlebend, bin ich Gott und meiner Familie wohl nie näher gewesen. 19.30 Uhr Abends tritt Ruhe ein. Die Verwüstungen und Opfer besonders an Frauen und Kinder sind unbeschreiblich. Welch grauseliges Vaterland. Man kann das Grauen gar nicht mehr aufnehmen. Das sonst so friedliche Neufähr und diese Wirklichkeit. 20.00 Uhr Meine Mannschaft oder die, die mitwollen, erscheinen. Wir kennen nicht mal unsere Namen. Ich dränge jetzt zur Ablegen, um die Dunkelheit zu nutzen. Will Trinkwasser in einer herumliegenden Pütz holen lassen, da kommen schon die nächsten Tiefflieger, der Tanz beginnt von Neuem. „Tannenbäume“ fallen vom Himmel, es wird taghell. Zwei Pützen Dreckwasser schaffen wir noch, dann nur noch aufs Schiff und weg. Wir schieben uns mühevoll drei Pfähle voraus, sind ziemlich das einzige Boot, was noch heil geblieben ist und irgendwie wirkt alles um uns auf einmal menschenleer. Dieser entsetzliche Gestank. Da kommen wieder Bomben, wir springen von Bord und werfen uns in den Dreck. Ich halte irgendeinen Tampen krampfhaft in den Händen, um Kontakt zum Boot zu behalten. Genau, von wo wir vor Minuten gestartet waren. Volltreffer, der Druck in den Ohren ist nicht zu beschreiben, ein großes Loch, wir mit Schlamm überschüttet. Bruchteile zwischen Leben und Tod. Ich schaue nur zurück, kann es gar nicht aufnehmen. Wir staken Richtung Schleuse. Keiner sagt ein Wort. Die anderen schauen mich nur groß an. Ohne Seekarte, ohne Kocher, ohne sauberes Trinkwasser, ein Kompass, der nicht mehr funktionsfähig ist – mir ist es egal. Ich streite mich mit dem Tode.
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An Bord der ELFE. Das Segeln in der Danziger Bucht war noch nie zu unterschätzen. Kurze, steile Wellen entstehen durch die ungeschützte Lage in der polnischen Ostsee, vor allem um die Halbinsel Hela. Im Sommer herrschen hier vorwiegend Westwinde, die, wenn sie auf Nordwest drehen, sehr stark werden können.
Between Places
schrift & bild // Peak Performance
Erik der Rote – eine isländische Sage berichtet, wie Erik im 10. Jahrhundert das Land westlich von Island Grünland nannte, weil er der Meinung war, dass ein attraktiver Name Menschen dazu bewegen würde, dort zu siedeln. Frühes Marketing also. Erik der Rote und weitere Kolonisten gelangten im Jahr 985 dorthin und siedelten, obwohl das Land so gar nichts mit dem zu tun hatte, was ihnen darüber berichtet wurde, für eine lange Zeit. Nahezu 500 Jahre versuchten sie, Landwirtschaft zu betreiben. Ihr abruptes Ende bereitet den Wissenschaftlern bis heute Kopfzerbrechen.
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PRE V IEW
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s.
B e t w e e n P l ac e s – D r e h a r b e i t e n e i n e s Segel- und Kletterfilms in Grönland.
Between Places ist ein Dokumentarfilm über die drei Kletterer Edurne, Martial und Erwan, über ihren Lebensstil, ihre frühen Erlebnisse und ihre Reise entlang der Westküste Grönlands.
reise
D
Mit der Arktis wurden in der Vergangenheit die unterschiedlichsten, oft widersprüchlichen Vorstellungen verknüpft und weitergesponnen.
ies ist die Geschichte eine Films, eines
Dort kann man „seinen Lebensstil“ nämlich auch ausleben,
kombinierten Segel- und Klettertrips nach
jenseits von Alpen, Anden oder Himalaja. Edurne Pasaban
Grönland. Wohl denn. Kein Spielfilm im herkömmlichen
(erste Frau, die alle Achttausender bestieg), Erwan Le Lann
Sinne, eher ein Dokumentarfilm im unkonventionellen Sin-
(Bergsteiger und Filmemacher), Jacopo Bufacci (Hochge-
ne. „Wir hatten nicht genügend Zeit, um uns an ein Story-
birgsexperte aus Italien) und Martial Dumas (Kletterer,
board zu halten. In vieler Hinsicht folgten wir einfach dem
verbringt seine Zeit mit Eis- und Schluchtenklettern) sind
Gang der Ereignisse“, sagt Henrik Rostrup, der Regisseur.
professionelle Kletterer, die gern in der „Wildnis verloren
„Wir hatten Karteikarten mit, auf denen allerlei Motive be-
gehen“, so wie Erwan Le Lann es im Film sagt. Das gingen
ziehungsweise Szenen standen, aber das meiste drehten
sie zwar nicht, fanden aber unberührte Plätze, an denen
wir dann aus dem Bauch heraus. Wir wollten alles so au-
weder viel gesegelt noch geklettert wurde. Mit der Arktis
thentisch wie möglich haben.“ Obwohl sich genau das ein
wurden in der Vergangenheit die unterschiedlichsten, oft
bisschen chaotisch anhört, lief alles reibungslos. Wirklich
widersprüchlichen Vorstellungen verknüpft und weiter-
alles. Keine Probleme auf dem Boot, keine im Eis, keine mit
gesponnen. Diese Geschichten prägten ihrerseits wieder
dem Wetter, keine mit dem Team. Keiner verletzte sich, die
die Ideale, die der Entdeckung und Erforschung zugrunde
Kameraausrüstung blieb verschont. Sehr ungewöhnlich.
gelegt haben. Sie nahmen Einfluss auf unsere Sichtwei-
Vor allem, wenn man weit ab vom Schuss im grönländischen
sen auf Grönland und deren indigene Völker gegenüber.
Eis unterwegs ist. Aber auch da gibt es außergewöhnlich
Aufgrund politischer, wirtschaftlicher und klimapolitischer
gute Plätze zum Skifahren. Und die galt es zu finden.
Diskussionen sind inzwischen die Regionen um den nörd-
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Alle Teilnehmer wissen, dass sie gemeinsam etwas wirklich Einzigartiges erleben, wenn sie ihre Erfahrungen zusammen in der Gruppe nutzen können. Nur so können sie unerforschtes Terrain und unbekanntes Potenzial entdecken.
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lichen Polarkreis von der Peripherie ins Zentrum gerückt. Die Gletscher schmelzen immer schneller ab und innerhalb der kommenden Jahrzehnte könnte die Arktis vermutlich eisfrei sein. Solche Veränderungen hat es noch zuvor jemals gegeben und sie sind vermutlich irreversibel. Es ist kein Film, der sich mit der Erderwärmung oder dem Untergang grönländischer Kultur befasst. Es wird gesegelt und geklettert. Vorzugsweise war das Team an der Westküste um die Hauptstadt Nuuk unterwegs. Gedreht von zwei Kameraleuten (dem Norweger Fred Arne und dem Franzosen Bertrand Delapierre), die zur Not auch allein in den Bergen klarkommen.