Sailing Journal 72

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Lichtbild- & Geschichtenmagazin

„THE GERMANS ON TOUR" // ANTARCTICA // THE HEAT & THE HEART

# 72 | 01/2017 | D 6,90 € | A 6,90 € CH 12 SFR | Benelux/E/I 8,90 €

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m el und StraĂ&#x;e mmen.


Sie sind früh aufgebrochen. Es verspricht einer der erhabenen Tage zu werden, die zuweilen in den wilden Breiten herrschen, der Himmel tiefblau, wie flüssig, so klar wie nur hier, am fünfzigsten Breitengrad Süd. Das Wasser ist spiegelglatt, Jason, ihr Schiff, scheint schwerelos auf dem dunklen Teppich zu gleiten. ISABELLE AUTISSIER. AUS „HERZ AUF EIS“. MAREVERLAG

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EDITORIAL

FROM EVERYTHING TO EMPTYNESS

A

nfangs las ich jeden Artikel, mit der Zeit wurden es immer weniger, jetzt beachte ich sie eher selten. Texte über Trump, meine ich. Es wiederholt sich ständig. Offenbar liefert jeder halbwegs Kulturschaffende eine Protestnote ab oder kulturbeflissene Journalisten ein Essay oder aber Schwachköpfe irgendeinen Misttext. Egal, was Trump am Vortag so alles aus seinem viel zu großen Hut zauberte – es wurde kommentiert, analysiert, essayiert und püriert. Die Medienkarawane ist längst weitergezogen. Und ich? Bin mir nicht sicher. Was geschieht denn, wenn wir jeden Tag aufs Neue AntiTrump-Texte lesen? Sie werden langweilig und wir stumpfen ab. Auch wenn 90 Prozent der Deutschen gegen den Präsidenten sind, sind die restlichen zehn Prozent anscheinend eher immun. Wie sollen wir die Meinungsvielfalt verteidigen, wenn wir alle Dasselbe schreiben? Es gibt so viel Böses und Blödes in der Welt, Erdogan zum Beispiel oder Assad oder LePen. Müssen wir uns da mit Donald beschäftigen? Wir müssen nicht, aber wir sollten. Ich wurde – während der langen Winterpause – mehrfach aufgefordert, etwas über Trump zu schreiben. Nun denn. Es wurde sehr viel geschrieben: eine Einordnung. Um eins vorweg zu sagen: Weder LePen, Wilders, Petry noch Trump sind das Problem. Wir sind das Problem. Wir, das Wahlvolk. Wir wählen. Wir beeinflussen. Wir wählen wirr. Wir lassen uns beeinflussen. Wir lassen uns lenken. Wir versagen. Dabei sollte jeder Wahltrottel mittlerweile mitbekommen haben, was passiert, wenn er Protest wählt. Hinterher wills keiner gewesen sein. Da sich der Mensch als das unfehlbarste Produkt der Schöpfung sieht, werden solche Wähler wohl kaum aussterben. Damit Wähler aber Protest wählen, müssten etablierte Parteien ihre Wähler vergrault haben. Haben sie. Das „politische Establishment“ versagt seit Jahrzehnten. Die Republikaner Auch wenn es nicht den Anschein haben mag, Trumps Wahlsieg ist der

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Abgesang auf Amerikas Grundfeste: freie Wahlen, freier Handel, freie Wirtschaft. Es wird Zeit, sich mit den Republikanern zu befassen. Was ist aus dieser radikal freiheitlich denkenden Partei geworden? Eine Partei, die sich geschlossen hinter einen Putin-Bewunderer stellt, ohne bis dato in zwei Teile zu zerbrechen, rüttelt am Fundament der USA. Sie tritt für Schutzzölle, Mauern und Protektionismus ein. Kurioserweise glauben liberale Amerikaner noch immer an die Existenz vernünftiger Republikaner. Auch wenn jetzt vereinzelte öffentliche Kritik laut wird, wird einträchtig mit glasigen Augen Beifall geklatscht. Alles andere als Trump wäre noch beunruhigender und darf demnach nicht sein. „Die Wahrheit ist, dass die Republikaner heute eine nationalanarchistische Partei mit wirr-religiöser Schlagseite sind, dem Prozess der Staatlichkeit selbst feindlich gesinnt. „Die sogenannte Old Grand Party lehnt inzwischen nicht nur die Politik ihrer Widersacher ab, sondern Politik überhaupt“, schreibt Daniel Kehlmann, der zurzeit in den USA lebt. Daher war es für sie wohl auch nur konsequent, eine generelle Blockadepolitik gegen Obama einzuschlagen.

Gelöscht wurden sämtliche Reizthemen wie Positionen zum Klimawandel und Fortschritte zur Integration sexueller Minderheiten am Arbeitsplatz. Der Präsident „Sprich sanft und trage einen dicken Knüppel“, dieser Satz von Roosevelt prägte die amerikanische Außenpolitik für lange Zeit. Er zeigte nach außen, dass die USA nach dem Bürgerkrieg stärker als je zuvor war, indem er Kriegsschiffe, die „Weiße Flotte“, rund um die Welt schickte. Trump sagt, die Marine brauche neue Schiffe. Schon an diesen zwei Beispielen zeigt sich, an wem sich Donald orientiert, an Teddy nämlich. Wie man unschwer in Trumps Antrittsrede erkennen konnte, ist er auf der Suche nach Verbündeten, wie Roosevelt 1901.

Aber wofür brauchen die USA Verbündete? Höchste Priorität sei es „den IS und andere radikalmuslimische Terrortruppen zu besiegen“. Und zwar mit „kombinierten Operationen“ – der Fachbegriff für alle Waffengattungen, auch für den Einsatz von Bodentruppen, die Obama ausschloss. Außerdem wird das Militär von den Sequester, den Ausgabenlimits, ausgenommen. Von großem Interesse ist das, worüber Trump nicht spricht. Nichts zum möglichen Atomabkommen mit dem Iran, einem möglichen Partner gegen den IS. Nichts zu Russland, einem weiteren möglichen Partner. Mit Putin wollte sich Trump heimlich auf Island treffen. Die Öffentlichkeit erfuhr davon über den Umweg London. Und nichts zu China. Viel Neues auch auf der Webseite des Weißen Hauses. Gelöscht wurden sämtliche Reizthemen wie Positionen zum Klimawandel und Fortschritte zur Integration sexueller Minderheiten am Arbeitsplatz. Der Klimawandel findet seitdem nur noch auf der Webseite der NASA statt. Stattdessen finden sich auf der offiziellen Webseite Trumps fünf Topthemen wie Energiepolitik, Außenpolitik, innere Sicherheit, Arbeitsmarktpolitik und Rüstung. Insgesamt war es die historisch unsensibelste Antrittsrede eines amerikanischen Präsidenten. Es wurde deutlich, dass er über keine Agenda verfügt, die über seine Person hinausgeht. Geleitet von einem fast schon infantilen FreundFeind-Verhältnis wirft er (zu) viele Fragen auf. Keine Frage, Trump wird lernen. Alle Präsidenten mussten lernen mit der ungeheuren Machtfülle umzugehen. Aber weiß er auch, was er tut? Bis zu einem gewissen Grad schon. So lange es ihm nützt beziehungsweise sein Ego es ihm erlaubt, wird er sich von Bannon beraten lassen. Wahrscheinlich in dem Glauben, dass er Bannon im Griff hat. Wahrscheinlicher ist, dass es andersherum ist. Und genau hier liegt Sprengkraft. Der Kulissenschieber Interessant am „Muslim ban“ war vor allem das, was sich hinter den Kulissen abspielte beziehungsweise dessen Zeitpunkt.


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EDITORIAL

Verwirklicht wurde das Dekret, übrigens ohne Abstimmung mit den jeweiligen Botschaften, ohne Prüfung der fast 2.000 Juristen im Department of Homeland Security, die auf solche Fragen spezialisiert sind, und ohne Zustimmung des zuständigen Ministeriums. Wichtige Mitarbeiter des Außenministeriums hatten ihren Rücktritt eingereicht oder wurden kurzerhand gefeuert. Zum Zeitpunkt des Dekrets fehlte dem Außenministerium also ein Großteil seiner Führungsriege. Dies war von langer Hand geplant. Schon 2016 äußerte Newt Gingrich, neben Bannon einer der engsten Berater, dass er Trump kurz nach seiner Amtszeit zu einer spektakulären Maßnahme „überrede“ wolle. Der Präsident der unvereinten amerikanischen Staaten sollte allen US-Beamten ihre Lebenszeitanstellung kündigen. Gingrich sprach von einem „Showdown“, der die Bürokratie ins Chaos stürzen und in einem offenen Krieg zwischen den Beamten und dem Präsidenten enden würde. Diesem Rat ist Trump nicht gefolgt. Nicht ganz, um genau zu sein. Immerhin hat er einen Einstellungsstopp für neue Washingtoner Beamte erlassen und die, die ihm in die Quere kamen, tatsächlich entlassen. Beide Beispiele zeigen die eigentliche Gefahr. Eine Gefahr, die sich im Lautlosen, im Hintergrund abspielt, während die Welt sich auf die Happen – wie die Mauer zu Mexiko, das Einwanderungsverbot für Muslime oder in Twitter-Nachrichten – stürzt, die Trump ihnen hinwirft. Natürlich kommen wir nun auf Bannon, seinen engsten Einflüsterer, zu sprechen. Kein Präsident der Welt fällt seine Entscheidungen allein. Schon gar nicht, wenn man von Politik keinerlei Kenntnis hat, so wie Trump. So ist es nur folgerichtig, dass es zum „Kultur-Clash“ zwischen dem Präsidenten und den Beamten kommen musste. Beamte orientieren sich an enggefassten Regeln, an diplomatischen Gepflogenheiten und internationalen Normen. Trump orientiert sich an – ja, an was eigentlich? Kann man die Geschichte glauben, dass er abends im Bett Hilters Reden studiert? Fraglos orientiert er sich an seinen Beratern. Vielleicht auch an Roosevelt, dessen Büste von Obama aus dem Oval Office entfernt und nun von Trump wieder platziert wurde. „Der Raue Reiter“, der sich wie Putin mit Gewehr im Sattel ablichten ließ und 1902 allen Asiaten die Einreise verbot. Der Senat Das Oberhaus des US-Senats kann Trump das Leben schwermachen. Ohne dessen

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Zustimmung kann er keinen Minister, Botschafter oder Bundesrichter ernennen. Ohne den Senat kann er zwar Handelsabkommen kündigen, aber keine neuen in Kraft treten lassen. Und wenn er das will, dann nur bis 2018. Denn bis dahin es gilt eine Vollmacht, die der Senat Obama für die Verhandlungen über multiliberale Freihandelszonen gab. Ohne den Senat bekommt er kein Abrüstungsabkommen mit Putin hin, wenn er denn eins will. Im Senat fehlt Trump die sichere Mehrheit. Zwei Stimmen reichen da nicht aus. McCain und Rubio sind für vier Jahre gewählt und kritisieren Trump schon jetzt öffentlich. Und so braucht er die Demokraten. Charles Schumer, der sich schon ab 2018 als Mehrheitsführer im Senat und 2020 als nächster demokratischer Präsidentschaftskandidat sieht, bot Trump an: „Lasst uns mit den Deals beginnen.“ Ein Geben und Nehmen eben. Kein Wunder also, dass Bannon das Establishment zerstören will. Die Presse „Die Presse sollte jetzt erst mal für eine Weile den Mund halten und zuhören“, so Bannon. Trump und seine Truppe sind nicht die ersten Staatslenker, die ein eher schwieriges Verhältnis zu einer freien Presse haben. So sind Trumps Versuche, Journalisten aus dem Weißen Haus zu schmeißen beziehungsweise nur ihm genehme Schreiber bei Pressekonferenzen zuzulassen, auch nicht die ersten ihrer Art. Auch hier war es Roosevelt, der 1933 erstmalig versuchte, Pressekonferenzen zu umgehen. Er erfand die Radiomonologe, später „Kamingespräche“ genannt. 1961 ließ Kennedy einen TV-Auftritt erstmalig live senden, um Zeitungen zu umgehen. Clinton mutmaßte, durch die Enthüllungen aufgrund seiner Affäre zu Lewinsky, dass bestimmte Kreise ihn mit allen Mitteln angreifen und persönlich attackieren würden. Obama wollte Pressekonferenzen mithilfe von Google Hangouts umgehen. Und alternative Fakten? Auch nicht von Trump beziehungsweise Conway (Beraterin) erfunden. Nee, Nixon wars. 1969 bediente er sich einer gewissen „Schönfärberei“, um den Vietnamkrieg zu promoten. Die Wahlen Russland hat die Wahlen über das Internet manipuliert? Also das getan, was die USA schon lange in Afrika, im Vorderen Orient oder der damaligen UdSSR praktizieren? Zum Beispiel die Wahl Jelzins. Hier wurde die Wahl zugunsten Jelzins beeinflusst. Leider brachte dieser einen jungen Mann aufs politische Parkett, den man heute lieber nicht dort sähe: Putin. In den USA dagegen wählen die Wähler nicht den Präsidenten, sondern bestim-

men Wahlmänner und -frauen ihres Bundesstaates, die dann den Präsidenten wählen. Dies geschieht im „Electoral College“. Je nach Größe entsenden die Bundesstaaten zwischen drei und 55 Wahlmänner/frauen dorthin. Im Augenblick besteht dieses Gremium aus 538 Personen, die Mehrheit liegt also bei 270 Stimmen. Trump erhielt eine knappe Mehrheit. Alle zehn Jahre teilen die Bundesstaaten die Stimmbezirke für die Kongresswahlen neu ein. So sollen Verschiebungen bei den Bevölkerungszahlen berücksichtigt werden. Tatsächlich werden jedoch regelmäßig Wahlkreise geschaffen, die eine Partei bevorzugen. Das machen Republikaner und Demokraten gleichermaßen so. Schon der Begriff für diese Praxis, Gerrymandering, geht auf die Frühzeit der USA zurück: auf Elbridge Gerry, der in seiner Zeit als Gouverneur von Massachusetts Anfang des 19. Jahrhunderts genau dies machte, um sich und seiner Partei einen Vorteil zu verschaffen. Die aktuell geltenden Wahlkreise wurden überwiegend von Republikanern entworfen. Die Grenzen der Wahlbezirke sind so umfassend verändert worden, dass die Demokraten es bis 2020 nicht schaffen werden, dies rückgängig zu machen. Analog again Trump ist ein Computerlegastheniker. So weit nichts Neues. Im Zeitalter des Internets ist das vielen Menschen suspekt. Außer für Twitter nutzt Trump so gut wie nie den Computer. E-Mails verschickt er eher selten. Damit hat er schon während seines Wahlkampfs für frustrierten Mitarbeiter gesorgt. Sein Misstrauen und seine Abneigung gegen Computer sind ebenso präsent wie seine Weigerung, Geheimdienstbriefings zu bekommen. Warum? Weil eine Revidierung seiner Meinung sein Weltbild infrage stellen könnte? Sein Glaube, dass E-Mails einen Menschen nur in Schwierigkeiten bringen können, wurde natürlich prompt durch Clintons E-Mail-Veröffentlichungen bestätigt. Bis vor Kurzem wurden in seinem Unternehmen für das Überbringen von Nachrichten Fahrradkuriere eingesetzt. Allerdings könnte seine Abneigung auch einen ganz praktischen Nutzen haben: Er hinterlässt möglichst keine Spuren. Trump, für seine fragwürdigen Praktiken bekannt, wird ständig verklagt oder verklagt Geschäftspartner. Derweil verspricht er „analogen Energien“ wie Stahl, Öl und Kohle eine neue Blütezeit. Letztlich steht eine globalisierte, mehrheitlich vernetzte, eher grenzenlose Welt für nahezu alles, wogegen er angetreten ist.

Tom Körber. Chefredakteur.


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INHALT

LANG

TEAM SAILING JOURNAL

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„The Germans on Tour"

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Island von oben

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Flying Dutchman

KURZ

34 Antarctica

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The Heat & the Heart

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Editorial

Tom Körber

CHEFREDAKTEUR

12 Fokus 68 Kolumnen 72 GreenBente 76 Lesen 92

Da. Da. Da.

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Kurz. Knapp. Kolossal.

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Abo

Jan Weisner

CHEFGRAFIKER

113 Impressum

Michael Walther

CHEFTECHNIKER

Titelbild: René Koster // Dieses Motiv wurde auf den zweiten Platz beim „The Travel Photographer of the Year" gewählt.

GESCHICHTEN DIESER AUSGABE

René Koster (1965) hat an der Kunsthochschale in Breda/Niederlande studiert. Mittlerweile lebt und arbeitet er in Haarlem vor allem als Reisefotograf für Magazine wie National Geographic Traveller, Sidetracked und andere. In der vorliegenden Ausgabe dürfen wir seine Segelreise auf einem 1911 gebauten Tallship durch die Antarktis in Wort und Schrift miterleben.

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Andreas Ryll Als Autor, Producer, freier Journalist lebt und arbeitet der 50-Jährige in Rom. Er pflegt unter anderem seine Leidenschaft für die Meere, die Natur und das Segeln. In dieser Ausgabe berichtet er über „The Germans on Tour“. Er ist Teil von MediaContents und Unterstützer von Klimaschutzprojekten und nachhaltigen Outdooraktivitäten. Sein Motto: „Alle zehn Jahre sollte man sich ruhig mal neu erfinden.“

Felix Dudek wurde 1983 in München geboren und wuchs am Hawaiisee in Flintsbach auf. Dort lernte er das Segeln. Am liebsten segelt er auf rasanten Holzbooten, aber bitte schön mit Hightechaspekt. In dieser Ausgabe schreibt er über seine große Liebe, den FD.

Andre Ermolaev lebt in Moskau. Seit er als Kind von seinen Eltern eine Kamera geschenkt bekam, versucht er, die Welt mit ihr zu erklären. In dieser Ausgabe möchte er uns Island näherzubringen – aus der Luft.


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Foto // René Koster

FOKUS

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Bei uns blüht fast schon der Frühling und wir lesen eine Geschichte aus der Antarktis? Ja, lesen wir, und zwar auf Seite 34. René Koster suchte die Schönheit in Kälte und Einsamkeit. Und fand sie.


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FOKUS

Foto // Vendée Globe

So sehen sehen Sieger aus, auch wenn es nur heimliche sind und nicht die tatsächlichen. Ab Seite 96 können Sie den Leidensweg des jungen Conrad Colman bei der vergangenen Vendée Globe ansatzweise nachempfinden.

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Foto // Stefan Ibold, Christian Zingerle

FOKUS

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Flying Dutchman oder Fix Daily? Dieser Frage geht ab Seite 80 Felix Dudek nach. Der Bootsbauer vom Chiemsee segelt und repariert seit gefĂźhlten Ewigkeiten FD-Jollen.


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Lichtbild- & Geschichtenmagazin

„THE GERMANS ON TOUR" // ANTARCTICA // THE HEAT & THE HEART

# 72 | 01/2017 | D 6,90 € | A 6,90 € CH 12 SFR | Benelux/E/I 8,90 €

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HIER VIDEO ABSPIELEN

The " Germans on Tour" Schrift // Andreas Ryll Bild // Sebastian Naumann und Fabian Maubach

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Kapitän Krause am Strand von Compass Cay.

DREI DEUTSCHE UNTERWEGS IN DER KARIBIK. EIN SEGELABENTEUER ODER EIN URLAUB, IN DEM ES IMMER WIEDER UMS NACKTE ÜBERLEBEN GEHT. AUS DIESEM TÖRN IST „THE GERMANS ON TOUR – BAHAMAS EDITION” ENTSTANDEN, EINE HALB FIKTIONALE REISEDOKUMENTATION, DIE IM SERIENFORMAT VON ZWEIMINÜTIGEN KURZFILMEN AUF DEM GLEICHNAMIGEN YOUTUBE-CHANNEL ZU SEHEN IST.


REISE

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igentlich wollten die drei Protagonisten Daniel, Skipper aus Bremen mit Spitznamen „Kapitän Krause” und Besitzer der GYPSY SPIRIT (eine Gulfstar 37 von 1977), Segelfan Fabian aus München und Sebastian, die Landratte aus Rostock mit der Handykamera, einfach nur einen Monat lang kreuz und quer durch die karibische Inselkette der Bahamas segeln. Ganz frei nach dem Wahlspruch des Inselstaates: „Forward, Upward, Onward, Together”. Aber immer wieder entwickelten sich die Geschehnisse in unvorhergesehene Richtungen. „The Germans on Tour“ begleitet das Trio auf ihrem Weg in unbekanntes Terrain. „Bahamas Edition“ nennt sich die erste Staffel. So weit nichts Besonderes im Internet, doch Sebastian stellt nicht etwa mit wackeligen Bildern die touristischen Highlights der Region in den Mittelpunkt, sondern nimmt sich über mehrere Wochen Zeit für die

unberührten Nebenschauplätze und rückt die täglichen Abenteuer der Segelcrew um Kapitän Krause in den Fokus. Nachdem Kumpel Kapitän Krause vor einigen Jahren sein Segelrevier nunmehr zwischen Florida und der Karibik verlegt hatte, entstand die Idee der drei Fast-Vierziger-Studienkollegen, gemeinsam in See zu stechen. Der Filmproduzent und Regisseur Sebastian „Sebo” Naumann dachte sich, dass es doch mal die Gelegenheit wäre, sich erstmals dem Webseriengenre zuzuwenden. Diese Story erzählt unter anderem von Verantwortung auf hoher See sowie der Freundschaft auf einem engen Segelboot. Wie funktioniert der Tages-, Arbeits- und Urlaubsrhythmus? Welchen Gefahren setzen sie sich aus und welche überraschende Momen-

te hält diese Reise für sie bereit? Die einzelnen Episoden behandeln ganz unterschiedliche Themen während eines Segeltörns und werden aus der Sicht des Protagonisten Sebo erzählt. Es werden Fragen aufgeworfen oder beantwortet, aber die Serie erhebt keinen Anspruch auf 100-prozentige Seriosität. Seemannsgarn ist ein augenzwinkerndes Element und will hin und wieder auf die falsche Fährte locken. Da die Deutschen aber auf der ganzen Welt mit Akribie, Pünktlichkeit und Zielstrebigkeit in Verbindung gebracht werden, karikiert die Webserie mit ihren unangepassten Protagonisten diese Attribute. „The Germans” nehmen sich selbst nicht ernst. Sie gehen spielerisch mit Identitätsfragen und Vorurteilen um. Eine Möglichkeit, sich auf lockere Art und Weise mit fremden Kulturen und eigener Herkunft auseinanderzusetzen.

Oben: Die GYPSY SPIRIT im Blauwasser. Mitte: Der Kapitän in der Hängematte eines verlassenen Fitnesstudios. Unten: Blick vom Kolumbus-Denkmal in eine Mangrovenbucht.

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Oben: Kapitän Krause und Sebo entdecken den Powder Beach. Unten: Lieblingsstrand der Germans – Little Farmer’s Cay.


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Im Winter sind die Bahamas ein Segelparadies. In der Theorie zumindest.

DIE WEBSERIE Die „Bahamas Edition“ beginnt mit Sebos Abreise im winterlichen Berlin. Nur mit einem Seesack ausgestattet geht es nach einem kurzen Zwischenstopp in Miami weiter nach Nassau, wo die Propellermaschine der Flamingo Air zum Weiterflug nach Black Point wartet. Der erste Belastungstest entsteht beim Anflug durch ein Schlechtwettergebiet. Hinter den Wolken wartet das Paradies. Nach glücklicher Ankunft zeigt sich die Karibik dann aber von ihrer schönsten Postkartenidylle. Nach der holperigen Landung wird die Cesna gegen ein Speedboat getauscht, mit dem es rasend schnell zum Ankerplatz der GYPSY SPIRIT geht. An Bord des neuen schwimmenden Zuhauses muss die erste Nacht gleich bei Windstärke acht überstanden werden. Gegen diese Widrigkeiten auf See hat Kapitän Krause etwas Wertvolles in seiner Kombüse: Nach diesem ersten Schock hilft nur ein kräftiger Schluck aus der Flasche mit geheimer Karibikrezeptur.

Während das Duo noch auf Fabian, den Dritten im Bunde, wartet, um endlich in See stechen zu können, wird die Zeit mit nachhaltiger Nahrungsbeschaffung, dem Fischen von Conchs – eine lokale Meeresschnecke – und umweltverträglichem Feuermachen am Strand verbracht. Als Fabian endlich eintrifft, heißt es Anker lichten. Der rauschende Moment des Segelns beginnt. Gleiten bei acht Knoten, eine ordentliche Bugwelle und nun versteht auch Sebo, warum Kapitän Krause sein Herz an die See verloren hat. Zwischen November und April sind die Bahamas ein Segelparadies. In der Theorie zumindest. Die Crew lernt das aride Winterklima kennen, das in jenen Monaten für strahlenden Sonnenschein und gute Windverhältnisse sorgt. Aber auch das kann mal von der meteorologischen Norm abweichen. Als das Wetter nur wenige Seemeilen entlang der Inselkette umschlägt, steuert der Skipper eine andere Route an und verspricht der Crew wunderschöne Meerjungfrauen. Deren Anblick

entpuppt sie aber als schwimmende Schweine, die auf der unbewohnten Insel Big Mayor Cay, auch als Pig Beach bekannt, unbekümmert, aber hungrig ihr Dasein genießen. Weiter führt der Törn nach Compass Cay, wo Shark Watching auf dem Programm steht. Aber die entspannenden Urlaubsfreuden sind nur von kurzer Dauer, denn der Skipper verdonnert die Crew zur Reparatur des Decktischs, damit Power-MauMau, der Lieblingszeitvertreib von Kapitän Krause, gespielt werden kann. Nach mehreren verlorenen Partien motiviert die betörende Stimme der Wetterlady über Kanal 22 die Blauwassersegler zum Segelsetzen. Das nächste Ziel der GYPSY SPIRIT heißt Little Farmer's Cay, der karibische Heimathafen der Crew. Dort, in der allbekannten Strandbar, muss jeder Gast zumindest einmal im Leben den Little Farmer's Cay Song mitgesungen haben. Diese heimliche Nationalhymne, geschrieben von Diane H. Parker, ist ein Ohrwurm und hallt bis spät in die Nacht am Strandfeuer.


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Am darauffolgenden Morgen gibt Kapitän Krause die Route Stocking Island aus. Diese Insel ist bekannt für ihre unendlichen und menschenleeren Strände. Die Annehmlichkeiten der Zivilisation im heimischen Deutschland werden beim Anblick des selbst gebauten Vulkansteinofens, in dem eine selbst gebackene Pizza schmort, überhaupt nicht vermisst. Nachdem das Chillen aber zu langatmig geworden ist, denn lasterhafte Faulheit und Dekadenz sind die Schattenseiten im Leben eines Blauwasserseglers, begibt sich Sebo per Kajak auf Entdeckungstour rund um die Insel Galliot Cay, um den abenteuerlichen Aspekt des Segeltörns fortzusetzen. Ein unvergessliches Erlebnis, wie sich später herausstellt. Die Wettergötter belohnen die Crew und es geht in die Flachwassergefahren auf dem Weg nach George Town, Zielhafen der Reise. Auf dieser

Sebo steuert mit dem Kajak eine Höhle an.

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Strecke macht der flache Kiel der GYPSY SPIRIT Bekanntschaft mit einer Sandbank und Kapitän Krause gibt seine nautischen Kenntnisse in dieser Notsituation an die Crew weiter. Am Ende hilft nur, auf die nächste Flut zu warten und das Schiff mit dem Dinghy unter Motor in den Hafen Hurrican Hole schleppen zu lassen. Die deutsche Flagge wird gestrichen und das dreifarbige Quadrat ist für das Winterquartier zusammengefaltet. Und damit sind auch 30 Tage Segelabenteuer vorbei. Vor der Abreise spielt noch eine lokale Band in der Hotelbar den mittlerweile berühmten Song „The Germans” („No matter what they are, no matter what they do, no matter what say, the Germans are through!”), der eigens für die Webserie von Chris Bremus komponiert und von Jo Elle aus Zürich gesungen wurde. Selbstverständlich wurde der Song mit seinem ganz eigenen karibischen Stil, einer Mischung aus Calypso, Reggae und Soca, interpretiert.


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SEBASTIAN NAUMANN UND DANIEL KARL KRAUSE IM GESPRÄCH... Welche Idee und Motivation steckt hinter dem Filmprojekt „The Germans on Tour”? SN: Ich fand diesen Segeltörn total spannend und daher wollte ich gern etwas mehr daraus machen. Mit Daniel habe ich dann über die Idee gesprochen und da wir bereits Filmprojekte zusammen realisiert haben, sprang der Funke gleich über. Und so entstand die Dokumentation als Mobil Report. Was ist ein Mobil Report? SN: Kein Kamerateam begleitet die Dreharbeiten. Die Protagonisten drehen mit ihren mobilen Geräten alles selbst, je nach Situation und Laune. So kommt der Zuschauer den abenteuerlustigen Helden sehr nah. Durch das Mobil Reporting ist die Gestaltung sehr frei, vor allem in der Bewegung der Kamera und der Interaktion. Die Geschichten entstehen im Zusammenspiel der Beteiligten. Erlebnisse, Fragen, Ängste, Wünsche und Emotionen werden immer aus der Sicht der Protagonisten erzählt und aus erster Hand unverfälscht transportiert. Dabei sind allerdings filmische Kenntnisse notwendig und werden in allen Phasen der Produktion angewendet. Wie muss ein kreativer Erzählstil im Zeitalter von Web-TV über Social Media sein und wie äußert sich das in eurer Story? SN: Ich glaube, dass die Sehgewohnheiten ständig im Wandel sind, genauso wie die Technik, mit der man Medien konsumiert. In den vergangenen Jahren haben

sich einige Smartphones und Tablets etabliert, die es dem Nutzer ermöglichen, zu gewünschter Zeit seine liebsten Sendungen zu schauen. Ein Reise- beziehungsweise Abenteuerformat wie „The Germans on Tour” soll mit seinen zweiminütigen Kurzgeschichten die Zuschauer genau da erreichen, wo sie am liebsten und am unabhängigsten sind. Da die Webserie nicht an aktuelle Ereignisse geknüpft ist, verliert sie auch nicht an Aktualität. Am Ende jeder Folge kündigt ein Cliffhanger augenzwinkernd die nächste Folge an. DKK: Es gibt heute zahlreiche Segel-Vlogs oder YouTube-Abenteuer meist sehr junger, sehr gut aussehender Leute, die um die Welt segeln. Es gibt allerdings auch ein paar gut produzierte, unaufgeregte, visuell sehr gut gemachte Serien, die nicht nur mit nackter Haut und Bikinis punkten. Das war auch unser Anspruch, was das Storytelling in unserer Serie betrifft. Was bleibt vom Erlebten am Ende in besonderer Erinnerung? SN: Da ich bis dato noch nie gesegelt war, war ich sehr gespannt darauf, was mich erwarten würde. Ich habe mich gefragt, wie Segeln auf einem Ozean sein mag, und ich habe festgestellt, dass Segeln ein ganz anders Fortbewegungserlebnis ist. Das erste Mal als Rudergänger ran zu dürfen, war ebenfalls sehr beeindruckend. Das Boot auf Kurs zu halten, habe ich mir einfacher vorgestellt, aber mit der Zeit arbeitet man sich in die Sache ein. Natürlich: Wenn es brenzlig wurde, war Steuermann „Kapitän Krause” sofort zur Stelle.


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DKK: Ich habe den Törn als grundsätzlich harmonisch in Erinnerung, auch wenn wir einige Tage untätig vor Anker lagen, da uns eine stationäre Hochdruckrinne Winde um die 30 Knoten und auflandige, brechende Seen bescherte, die eine Passage der berühmten „Cuts” (Anmerkung der Redaktion: geschützte Flachwasserbank) in den Atlantik gefährlich bis unmöglich machte. Wir haben dann entschieden, den Atlantik sich austoben zu lassen und auf der geschützten Seite uns mal die Inseln in Ruhe anzuschauen, so weit es der Tiefgang erlaubt. Da bin ich dann auch direkt vor David Copperfields Privatinsel auf Grund gelaufen – und zwar so herzhaft, dass wir drei Stunden aufs Hochwasser warten mussten. Damals war das alles ganz neu für mich, das erste Mal auf den Bahamas, die ich inzwischen nach ein paar Tausend Meilen hin und her recht gut kenne. Der beste Moment war allerdings der „Ausbruch” aus unserer Ankerbucht aufs offene Meer, um dann mit zügiger Geschwindigkeit nach Südosten zu segeln.

„Man ist trotz aller Technik und Ausbildung schlussendlich in einer Nussschale den Gewalten der Natur ausgeliefert.“

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Was bedeutet Abenteuer für euch? SN: Nicht zu wissen, was bei einer Erkundungstour herauskommt, und mit nur wenig Mitteln eine Herausforderung anzugehen, der man anfangs nicht ganz gewachsen ist, und dann improvisieren muss. Spannend ist es, auf sich selbst gestellt zu sein oder als kleine Gruppe die täglichen Aufgaben zu meistern. Das schärft die eigenen Sinne und man gerät dabei auch an seine Grenzen. DKK: Abenteuer beinhaltet ja per Definition schon eine gewisse Gefahr, also ein inhärentes Risiko, das ja beim Segeln auf dem Meer sowieso schon gegeben ist. Sich auf das Unbekannte einlassen, auch wenn es erst einmal unheimlich erscheint. Langzeitsegeln hatte immer schon für mich diesen Abenteuergeruch. Man setze sich mal eine Stunde in eine der Fahrtensegler-Hafenkneipen. Da hört man Geschichten von den haushohen Wellen und Stürmen. Auch wenn nur ein Viertel davon wahr ist, ist es schon eine Bilderbuchdefinition von Abenteuer. Man ist ja trotz aller Technik und Ausbildung schlussendlich in einer Nussschale den Gewalten der Natur ausgeliefert. Dazu addiere man noch eine gewisse variierende Portion an jugendlichem Leichtsinn oder Ahnungslosigkeit und schon wird es noch abenteuerlicher.


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Oben: Kapitän Krause glücklich am Steuer der GYPSY SPIRIT. Unten: Topview vom Mast der GYPSY SPIRIT.


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Oben: Der Cäpt'n in der Hängematte eines verlassenen Fitnesstudios. Unten: Das Columbus Monument von Galliot Cay.


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Oben: Kapitän Krause hält Ausschau nach Haien. Unten: Sebo testet seine Power.


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Die GYPSY SPIRIT vor Anker.

Wie bist du zum Segeln gekommen? DKK: Den ersten Kontakt hatte ich als 14-jähriger Teenager auf einer Klassenfahrt zum Ijsselmeer. Dort sind wir auf einem großen PlattbodenTraditionsschiff gefahren. Bei sieben Beaufort hing der größte Teil meiner Klassenkameraden über der Reling, inklusive Begleitlehrer, die sich das vermutlich anders vorgestellt hatten. Ich fühlte mich aber sicher und bin dann auch in all dem Spray im Klüvernetz zum Klüverreffen rumgekrabbelt. Das war alles sehr faszinierend. Von der klassischen Herangehensweise, dass man erst mal Laser oder Opti im Verein segelt, bin ich weit entfernt. Später in meiner Jugendzeit war ich zum Mitsegeln bei einem Meilentörn dabei, wo durch schweres Wetter im Solent gesegelt wurde. Bei 30 Grad Neigung wurde ich zum Deckschrubben verdonnert, da ich der Jüngste an Bord war. Von da an hatte mich das Segeln gepackt und ich habe alle notwendigen Segelscheine absolviert, einschließlich der Lizenz RYA Yachtmaster Offshore.

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Das Skipperdasein: Abenteurertraum oder Berufswahl? DKK: Weder noch. In den letzten Jahren bin ich – teilweise wirklich gezwungenermaßen – zwischen den USA, den Bahamas und anderen Karibiknationen hin- und hergesegelt wie der Fliegende Holländer, da jeweils meine visafreie Aufenthaltserlaubnis abgelaufen war. Zeitweise habe ich ein werftreifes Schiff auf die Bahamas überführt, auch wenn die Inselnation nicht gerade berühmt für die Reichhaltigkeit an günstiger Bootsindustrie ist. Ich möchte gern in dieser Industrie arbeiten, lieber als in meinem alten Beruf als Filmemacher. Ist eine zweite Staffel geplant? SN: Eine reizvolle Idee wäre eine Fortsetzung mit der GYPSY SPIRIT entlang der Küste Mexikos. Eine Reise sowohl zu Wasser als auch zu Land, um die Region zu entdecken und den Zauber in einen Film zu stecken. Als gebürtiger Rostocker würde ich auch gern die Natur der Ostseeregionen erkunden. Ich finde es ebenso spannend, die gemeinsame maritime Kultur in einer zweiten Staffel zu erzählen.


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„The Germans on Tour – Bahamas Edition” www.thegermans-ontour.de

Fabian Maubach 1980 in Köln geboren. Studienabschluss an der Filmakademie Baden-Württemberg. Von Kindesbeinen an leidenschaftlicher Segler. Produziert fernab der See Spielfilme für Kino und TV. Daniel Karl „Kapitän” Krause 1980 in Bremen geboren. In Rom und in Kalifornien aufgewachsen. Abitur in Bremen. Hat Regie an der Filmakademie Baden-Württemberg studiert. 2010, nach dem Diplom, mit dem Kauf eines Boots in den USA die Leidenschaft am Segeln wiederentdeckt. Seitdem Vollzeitskipper und oft unterwegs mit Freundin und Baby. Sebastian „Sebo” Naumann 1980 in Rostock geboren. Studienabschluss an der Filmakademie Baden-Württemberg. Seit 2011 Mitbegründer der Monochrom Film GmbH in Berlin. Hat zahlreiche TV-Dokumentionen und Werbefilme produziert. Eine für alle, alle für einen – die Crew von „The Germans on Tour”.


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„THE GERMANS ON TOUR" // ANTARCTICA // THE HEAT & THE HEART

# 72 | 01/2017 | D 6,90 € | A 6,90 € CH 12 SFR | Benelux/E/I 8,90 €

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ANTARCTIC


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Schrift // Tom Körber Bild // René Koster

VON ENDE NOVEMBER BIS ENDE DEZEMBER REISTE DER NIEDERLÄNDISCHE FOTOGRAF RENÉ KOSTER IN DIE ANTARKTIS. NICHT WIE VIELE REISENDE HEUTZUTAGE AUF EINEM BEQUEMEN KREUZFAHRTSCHIFF, DAS DIE REISENDEN ZU DEN EISBERGEN BRINGT, DIE IMMER SCHNELLER SCHMELZEN, WEIL ES UNTER ANDEREM EBENDIESE KREUZFAHRER SIND, DIE ZUM KLIMWANDEL BEITRAGEN. SONDERN KLASSISCH UNTER SEGEL.


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ER FOTOGRAF. The Project ‘Antarctica’ shows a series of photographs of a voyage to the South Pole. I travelled with a sailing ship which was built in 1911; the same period the last great expeditions left for the unknown continent. Thoughts of frozen ships trapped in ice-covered seas cross my mind, images of the photographers who joined these expeditions to report of the unexplored. Fascinated by their stories I head for the same circumstances as those of the early twentieth century. A journey of longing, to a time that once was. An heroic saga; filled with hardship and adventure, in an infinite, barren land. This series of photographs, taken with modern equipment, is a reference to the past. Personally, I feel no need for the photographs to look as if they have been created with techniques of the early 1900’s. This is why I have deliberately chosen to work in colour; allowing the greyscales of the landscape to emphasize the blue captured in ice. In my search for the right images, I have tried to avoid as many elements of the present time as possible; things that would remind me of everyday life. The calm misty weather gives me a sense of desolation and makes the world feel smaller. The slow rate of travelling by sailing ship influences my way of taking photographs: searching for stillness, harmony and tragedy in the landscape. Seeking beauty (or “In search of beauty”), the beauty of emptiness and cold.

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Fotograf René Koster


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GESPRÄCH MIT RENÉ KOSTER. What inspired you about Antarctica? History has always captured my interest: especially the stories of the great expeditions to Antarctica that took place in the early twentieth century, in hope of discovering an unknown continent." What inspired you to board a 1911 ship? During my time at the Art Academy I was already fascinated by the work of Frank Hurley (1885–1962), and in particular his legendary 1915 photos of polar explorer Ernest Shackleton’s ship, the Endurance, trapped in the Antarctic pack ice. The Bark Europa was built during the same period in which the last great expeditions left for Antarctica." What were the challenges of traveling on such a ship? Getting to Antarctica was quite a challenge itself; crossing the Drake Passage by tall ship. The passage is known and feared for the heavy storms that dominate the area up to 200 days per year. The day we crossed was no exception, with raging winds and seawater blown from the tops of passing waves. What was the route to Antarctica? Notes from the ‘Logbook Antarctic Voyage’: ‘Total nautical miles sailed:1600.’ November 27: ‘Departure from Ushuaia, Argentina. Sailing by motor east through Beagle Channel. Heading SSE out of the Beagle Channel. Setting sails with advancing Northerly winds’. November 28; ‘Good speed under sail with wind from behind, speed sometimes more than 10 knots’. November 30; ‘Passed Watch Keeper, some sails down, sailing into English Strait with poor visibility. Anchoring south of Aitcho Islands in the Shetland Island Archipelago. Landing ashore with dinghies’.

What part of this voyage stayed with you the most? Once we arrived in Antarctica, the contrast between the violent seas we had faced earlier and the immense silence of the ice filled landscape couldn’t have been greater. All the passengers on the ship fell quiet. There, all references to the modern world are gone. It’s like entering a completely different realm that has its own rules and will. I wonder how Shackleton must have felt when this landscape appeared before him. How was this different from other trips you've taken? Once travelled with the Queen Elizabeth II from South Hampton England to New York. Great ocean steamers like the QEII have all these incredibly luxurious facilities on board - casinos, swimming pools, etc. You will not find this kind of luxury on a tallship like the Bark Europa, but nevertheless it has so much to offer. Making this journey by tallship – especially one with such a long history – is extraordinary and gives a real feeling of exposure to wind and weather. The Bark Europa carried several zodiacs on board, making it possible to explore locations the ship could not reach. Approaching the icebergs closely, you could hear the cracking of the ice. One time whilst returning to the ship, our zodiacs were even followed by a group of killer whales. We could hear the excited yells of the people who were watching us from the ship, while in the zodiac all was quiet and nobody dared to move.


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"I wonder how Shakelton must have felt when this landscape appeared before him."

Who were on that boat? The captain of the Bark EUROPA led an international crew of 18 men strong. Among the 30 guests on board were biologists, researchers, journalists and fans of bird and animal life. How long were you at the South Pole? After reaching the Aitcho Islands on the 30th of November, Europa spent the following 11 days in various locations on the Antarctic Peninsula: Deception Island, Trinity Island, Challenger Island, Enterprise Island, Cuverville Island, Petermann Island and the Melchior Islands. On the 12th of December at 5:00 am the ship again reached open sea, heading back for the safe harbor of Ushuaia. What’s the personal challenge being there? Getting to Antarctica was quite a challenge itself, crossing the Drake Passage by tall ship. This Passage is feared and known for the heavy storms that dominate the area 200 days a year. And the days we crossed

through were no exception. Once we arrived in Antarctica, the contrast between the violent seas we had faced earlier and the immense silence of the ice filled landscape couldn’t be greater. All the passengers on the ship fell quiet. There, all references with the modern world are gone. It’s like entering a completly different world that has its own rules and will. I wonder how Shackleton must have felt when this landscape appeared before him. Would you travel to Antarctica again? Definitely, but it may be some time from now. Over the last year I have traveled to Greenland, Lofoten and even twice to Iceland. And each time weather conditions were bad. In Iceland my car was blown off the road during a snow storm and I then had to tow it out of a ditch! Judging from the great number of stranded cars I saw alongside the road, people in Iceland are accustomed to it. But then again, the worse the weather conditions, the better the photos.

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What was your most memorable moment of the trip? Once we arrived in Antarctica, the contrast between the violent seas we had faced earlier and the immense silence of the ice filled landscape couldn’t be greater. All the passengers on the ship fell quiet. There, all references with the modern world are gone. It’s like entering a completely different world that has its own rules and will. I wonder how Shackleton must have felt when this landscape appeared before him. Can you describe the difficulties of shooting in such cold temperatures? Unlike professional cameras being weather proof, batteries are still sensitive; they discharge quickly in cold weather. So always make sure to bring an extra pack of batteries and keep these safely tucked away in your bag or coat. Before bringing your gear inside, put everything in your camera bag and close it firmly. Always allow the bag and gear to acclimatize to avoid condensation.

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How did the weather affect your photography? The elements enabled me to emphasize the hardship this journey to Antarctica posed. The haziness made the ship - far away in the landscape – look frail; giving the photographs a sense of desolation. The ferocious waves, taking on the dark shades of the clouds above, became even more threatening. How did the challenges of the voyage affect your photography? Antarctica is a place of extremes; you can experience many different seasons in one day. A few hours after feeling the summer sun burning your skin, you might be seeking shelter from a blizzard. In the summer the sun stays above the horizon 24 hours a day; not very conducive for a good night’s rest. For people unaccustomed to these seasonal extremities this can be a great challenge. What do you hope your photos convey? Tough question, I only know what inspired me to go. And through my work I hope to convey my own experience of this journey to Antarctica.


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FOTOGRAFIE

ISLAND VON OBEN Schrift // Tom Körber & Andre Ermolaev Bild // Andre Ermolaev

WAS AUSSIEHT WIE SKURRILE NERVENBAHNEN ODER ABSTRAKTE ADERN SIND AUFNAHMEN VON FLÜSSEN AUF ISLAND, AUS GEOLOGISCHER SICHT EINES DER INTERESSANTESTEN GEBIETE DER ERDE.“

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eim Fließen über schwarzes Balsaltgestein waschen sich die darin befindlichen Mineralien aus, die den Flüssen derart intensive Farben geben. Mittlerweile hat Andre Ermolaev mehrere tausend Kilometer und unzählige Stunden im Flugzeug über Island verbracht – doch er findet immer neue Formen, Farben und Fantasien. Der wichtigste Faktor ist das Wetter, das einem auf Island das fotografische Leben schwer macht. Sehr schwer mitunter. Das beginnt schon damit, dass das Licht am frühen Morgen am besten ist. Um diese Zeit hat aber der Flughafen von Reykjavik noch geschlossen, denn der öffnet erst um 9 Uhr morgens. Da hilft tricksen. Man muss schon am Abend vorher zu einem kleinen Flughafen außerhalb fliegen, um dann morgens um 4 Uhr zu starten. Noch wichtiger als das Wetter ist die Technik, mit der er seine Aufnahmen macht beziehungsweise wie er sie macht. Oft sind es Panoramen, die aus bis zu zehn Einzelbildern zusammengesetzt werden. Wie er das aus einem fliegenden Flugzeug schafft? Eine gute Frage, deren Antwort er lieber schuldig bleiben möchte. So können seine Aufnahmen bis auf ein Format von zwei mal fünf Meter ausgedruckt werden. Seine Ausrüstung ist allerdings auch geradezu prädestiniert für große Prints. Er arbeitet mit einer Hasselblad H4D-40 und einer Nikon D800E, nebenbei

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noch mit einer Nikon D4 und einer Leica M9. Eine exakte Nachbearbeitung am heimischen Computer in Moskau ist also vonnöten. Für ihn könnten Islands Flusslandschaften so etwas wie eine Lebensaufgabe werden, denn diese Gebiete scheinen unendlich ... Vielleicht auch Aufnahmen zu einer anderen Jahreszeit, bei einem anderen Licht? Diese Fotos entstanden im Juni/Juli, im September/Oktober würden sich komplett andere Bilder ergeben.

My psychedelic visions capture Iceland's varied terrain and black sands in all their vibrant intensity. The country serves as a home to over 30 active volcanic systems, leaving the landscape a stunning labyrinth of eruption and ash. This is just a river, just a volcano, just our planet. The alluring images blur the lines between landscape photography and abstract paintings, and viewers will find themselves peering closer to make sense of the odd shapes and intriguing textures.

Real River by Andre Ermolaev Iceland is a wonderful country. But what has become a real discovery for me is the bird’s eye view of the rivers flowing along the black volcanic sand. It is an inexpressible combination of colors, lines, and patterns. My passion for photography began in 7th-grade when my parents gave me a camera for the first time. Time and time again, we're reminded of nature's beauty. It's hard to believe, but these photos are real landscapes, not abstract paintings. They are actually aerial shots of streams, alive with motion and color, finding their way down the ashen sides of volcanoes in Iceland. Between the vibrant swaths of electric white, the almost digital levels of contrast and psychedelic shapes, we'd assume we were looking at an expertly crafted painting -- and an abstract one at that. But no, what you see is not a collection of paintings, not even digital creations.

Sometimes when I’m on a plane, I look down at a river and think, “Wow, that looks like my Sand Art.” Most of these pictures were taken during several flights by a small plane of “Cessna” in the summer of 2011-2013. I made shots simply from the open window from the height of about 50-150 meters. The main area of flights  is the southern coast of the island and it’s central highland region. Patterns of nature are so amazing that almost nobody can say at once what do we see on the photograph. And viewer ask: what is this? This… this is our life… Every once and a while we need a reminder that painting and photoshop better watch their backs when competing with the powers of mother nature. Viewing from above allows us to see the world as a living, breathing organism displaying its stunning and surreal beauty. www.andre.ru


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Hallgeirseyjarvegur.The river on the left is the most amazing shot that I made during 2011. In the following years the river bed changed and the picture wasn’t so impressive. The right-hand shot depicts the same river, but several meters higher upstream.


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Hvítárvatn. Another mesmerizing set of glacial river images from above—here the river divided into a great number of interlinked streams and flows.

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Eyrarbakkavegur. This river flows directly from the glacier (there are no dams upstream), which is why its water isn’t transparent, but rather has a soft, muddy blue colour, like the water in all glacial rivers—giving it an ethereal feel.

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New Eyrarbakkavegur. This river flows directly from the glacier (there are no dams upstream), which is why its water isn’t transparent, but rather has a soft, muddy blue colour, like the water in all glacial rivers—giving it an ethereal feel.

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Jvegur. On this wide “canvas” nature gives free play to its fantasy and each river draws its own unique patterns. I tried to capture the most spectacular of them.

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Jvegur. Sometimes a river running over volcanic sand forms many separate streams. Taken from a height of around 80-100 m, also in the Skaftafell National Park, this photo is a panorama made up from several shots.

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KOLUMNE RECHT

KOJENCHARTER WAS IST DAS DENN?

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ekomme ich Schadensersatz? Sogar Geld? Fragen, die Juristen oft gestellt werden. Es ist Aufgabe der Juristen, einen Lebenssachverhalt richtig einzuordnen. Das Zivilrecht, insbesondere das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) bietet viele verschiedene Vertragstypen an, zum Beispiel Miete, Leihe, Darlehen, Auftrag, Geschäftsbesorgung. Manchmal ist es schwierig, einen neuen Geschäftszweig oder eine neue Entwicklung in das System einzugliedern. Erst durch die richtige Einordnung kann dann festgestellt werden, welche Verschuldensmaßstäbe und welche Rechtsfolgen gelten. Ein großes, lange diskutiertes Problem dieser Art entstand zum Beispiel, als das Leasing aufkam. Juristen mussten sich entscheiden, ob sie es eher als ein Darlehen oder als eine Miete einordnen, was sehr unterschiedliche Rechtsfolgen verursacht. Welche rechtliche Einordnung gilt aber, wenn es um Kojencharter geht? Gemeint ist ein Rechtsverhältnis, das entsteht, wenn ein Skipper freie Plätze auf einer Segelreise anbietet. Das lief früher unter der Bezeichnung „Hand-gegen-Koje“ und wird heute unter anderem über eine gleichnamige Website vermittelt. Ursprünglich wurde damit die Vorstellung verbunden, eine gemeinsame Segelreise zur Freude aller zu unternehmen. Der eine hat das Schiff, der andere hat Zeit, alle zusammen haben Lust zum Segeln. Jeder legt gleiche Beträge in eine Bordkasse ein, aus der die Verpflegung, Hafengeld und Diesel bezahlt werden. Wenn so eine Reise auf halber Strecke wegen technischer Probleme oder wegen schlechter Stimmung an Bord endet, würde wohl niemand auf die Idee kommen, gegenseitig Forderungen zu stellen.

Anders sieht es aus, wenn der Skipper die freie Koje verkauft hat, indem er eine Kostenbeteiligung über die Bordkasse hinaus verlangt hat. Ist das ein Mietvertrag über eine Koje? Oder wird ein Transportvertrag abgeschlossen? Keiner der Vertragstypen des BGB passt hier so richtig. Nach der juristischen Wissenschaft darf sich die Auswahl der Vertragstypen nicht nach der Rechtsfolge richten. Dies soll ja erst das Resultat der Prüfung am Ende ergeben. Dennoch sind Juristen glücklicherweise auch Menschen und „schielen“ bei der Prüfung eines Sachverhaltes auch mal auf das Ergebnis. So mag es vielleicht gewesen sein, als der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass eine Fahrgemeinschaft unter Arbeitskollegen als Auftrag einzuordnen sei. Ein (quasi) unentgeltlicher Auftrag wäre jederzeit kündbar, ohne dass Schadensersatz zu leisten wäre. Diese Idee könnte man zumindest auf die Kojencharter übertragen, bei der es um Hand gegen Koje im klassischen Sinne geht. Wenn daneben aber Zahlungen für die Koje geleistet werden, könnte ein Reisevertrag vorliegen, so jedenfalls die Auffassung eines schleswig-holsteinischen Landgerichtes in einem Berufungsverfahren. Der Beklagte hat nach diesem Hinweis die Berufung zurückgezogen, sodass es noch immer keine veröffentlichte Entscheidung zu diesem Thema gibt. Sollte sich diese Rechtsprechung verfestigen, dann haftet ein Skipper, der die Plätze an Bord gegen Kostenbeteiligung verkauft, wie der Veranstalter einer Pauschalreise. Mit anderen Worten: Er haftet für die Rückführung seiner Segel-„Freunde“ und muss sich auf Minderungen und Schadensersatz für vertanen Urlaub einrichten. Ganz ehrlich: Mein Rechtsgefühl ist irritiert.

Rechtsanwalt Eckhard „Ecki“ von der Mosel berät viele Betriebe in der Wassersportbranche und hilft Eignern bei Stress mit Werften und Versicherungen. In seiner Freizeit engagiert er sich für die Seeregatten des Kieler Yacht-Club, darunter MAIOR, BlueRibbonCup und die Kieler Woche. www.vondermosel.de

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KOLUMNE ART

JOSH KEYES DESCENT

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ie neueste Serie von Josh Keyes wirft einen kritischen Blick auf die Beziehung zwischen Mensch und Natur. Das Werk „Descent“ (Abstieg) ist mit Acryl auf Holzpanel entstanden und zeigt eine klassische Szene aus der Naturdokumentarfotografie – die Schwanzflosse eines Wals, kurz bevor dieser wieder in die Tiefen des Meeres entschwindet. Das überraschende Detail ist, dass die Flosse mit Graffiti bedeck ist. Der fotorealistische Stil von Keyes lädt den Betrachter ein, einen zweiten, genaueren Blick auf das Werk zu werfen, um zu bestätigen, dass das, was man dort sieht, nicht wahr sein kann.

Es ist genau dieser Moment der Unsicherheit, des Zweifels, der eindringlich vor Augen führt, was wir bereits wissen: Die Auswirkungen menschlichen Handelns in Form globalisierter Industrialisierung haben oft unumkehrbaren Einfluss auf die Natur. Der Künstler eröffnet immer wieder neue Perspektiven, indem er Naturlandschaften und Tiere im Kontrast zu urbanen Strukturen und Spuren menschlicher Aktivität in unerwarteter Kombination zusammenbringt. Josh Keyes lebt und arbeitet in Portland, Oregon, USA. www.joshkeyes.net

Acryl auf Holz | 20 x 25 Zentimeter

Dr. Ana Karaminova und Katja Vedder präsentieren für das Sailing Journal regelmäßig Werke zeitgenössischer Kunst, die neue Perspektiven zum Thema Wasser und Ozean eröffnen. www.art-objective.com

WEITERE INFOS


KOLUMNE HUMAN FACTOR

CREW RESSOURCE MANAGEMENT DER MENSCH IM SEGELSPORT

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icheres und erfolgreiches Segeln stellt immer eine Teamleistung dar. Erfolgreiche Teamarbeit kann nur realisiert werden, wenn jedes einzelne Teammitglied effektiv und zielführend arbeitet und kommuniziert. Dies gelingt grundsätzlich am besten, wenn die komplette Crew über die wichtigsten Grundsätze der Kommunikation und das Crew Ressource Management Bescheid weiß. Das Wissen jedes Mitgliedes der Seemannschaft kann in bestimmten Situationen über Erfolg oder Misserfolg in kritischen Situationen, möglicherweise über Leben und Tod entscheiden.

höchstproblematische Entwicklung bedingen immer Aktionen und diese verengen unseren Handlungsspielraum. Wer gibt gern seinen Handlungsspielraum auf oder verändert diesen? Diese Eigendynamik einhergehend mit Zeitverzögerung machen es uns schwer, Auswirkungen und Wechselwirkungen abzuschätzen. Dynamische intransparente Prozesse versetzen uns in eine enorme Unsicherheit. Diese Unsicherheit kann sich je nach Veranlagung des Einzelnen in einem druckvollen und lauten Ton, aber auch in völliger eingekehrter Stille äußern. Beides muss erkannt und durch probate Mittel verändert werden.

Crew Ressource Management kommt ursprünglich aus der Luftfahrt und gehört dort zum festen Bestandteil der Aus- und Weiterbildung jedes Crewmitgliedes. Hier werden sogenannte Softskills trainiert. Kommunikation, Teamarbeit, situative Wahrnehmung und Entscheidungsfindung. Diese vier Fertigkeiten gilt es, gemeinsam mit der Crew zu stärken und zu festigen. In den letzten Jahren ist es gelungen, diese Trainings in der Medizin, speziell dem Hochrisikobereich Notaufnahme und Rettungsdienst, zu implementieren. Das Verhalten von Menschen in komplexen und kritischen Situationen ist unabhängig vom beruflichen oder privaten Umfeld. Das Wissen um den Human Factor und die Notwendigkeit des Crew Ressource Management ließ mich zum Entschluss kommen, diese Ausbildung in den Bereich des Segelns zu transferieren. Unzählige Berichte, Zeitungsartikel und Untersuchungen von Unglücken beim Segeln existieren und kommen zu zwei entscheidenden Ergebnissen: Erstens ist Segeln ein Sport beziehungsweise Hobby im Hochrisikobereich und zweitens sind die meisten Unglücke auf menschliches Versagen zurückzuführen. In der Luftfahrt sind es 70 Prozent, in der Medizin etwa 85 Prozent. Wie viel beim Segeln? Sorgen wir uns um den Human Factor, mit dem Ziel, die Sicherheit an Bord zu erhöhen.

Das erstmalige Erleben einer bestimmten kritischen Situation verlangt dem Einzelnen ein sehr hohes Maß an physischer und geistiger Flexibilität ab. In Notfallsituationen besteht zumeist ein Missverhältnis der Informationen. Zum einen haben wir einen hohen Anteil an Informationen, deren Relevanz und gegebenenfalls Zuverlässigkeit nicht eindeutig sind, zum anderen fehlen uns viele Informationen, die wir bräuchten, um die spezifische Situation richtig einzuschätzen. Im Alltag haben wir ein Ziel, das wir erreichen wollen. In kritische Situationen ist es häufig notwendig, ein „großes“ Ziel in kleine Teilziele zu unterteilen, um zum Ergebnis zu kommen. Diese Zielpluralität wird durch regelmäßiges Überprüfen der Prioritäten und den einhergehenden Kompromissen zusätzlich zur kognitiven Höchstleistung.

Crew Ressource Management Training dient zur Prävention und dem Management von kritischen Ereignissen beim Einzelnen und der Crew. Es sollte mehr und mehr Einzug in der Ausbildung der Seemannschaft halten. 100 Prozent der Teilnehmer berichten im Anschluss an Seminare, dass ihre Fähigkeit und das Wissen, was getan werden muss, auch unter den ungünstigsten und unübersichtlichsten Bedingungen enorme Steigerung erfahren hat. In dieser Kolumne möchte ich versuchen, die vier großen Aspekte des CRM vorzustellen und gleichzeitig Lösungsansätze dafür anzubieten. Eine Patentlösung kann und soll es in den nächsten Ausgaben nicht geben. Das Ziel ist es, die Sinne für kritische Situationen mit all ihren Fallstricken zu schärfen. Allein die Frage „Was ist eine kritische Situation?“ lässt sich nicht mit einem Satz beantworten. Fangen wir gemeinsam an und finden selbst erlebte Beispiele. Sie werden sehen, es wird Ihnen gelingen. Kritische Situationen sind von folgenden Merkmalen gekennzeichnet: Sie sind umfangreich. Oder anders betrachtet: Sie haben eine sehr hohe Informationsfülle und Vernetztheit, die sich analytisch langsam und schwer verarbeiten lässt. Dies bedingt wiederum ein hohes Maß an kognitiver Belastung. Die Folge könnte der Verlust des Überblickes, also der situativen Wahrnehmung sein. Das Merkmal der Eigendynamik oder eine

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Alle diese Merkmale sind von Zeitdruck gekennzeichnet. Das heißt, uns steht nicht genügend Zeit zur optimalen Problemlösung zur Verfügung. Dies hat zur Folge, dass uns die Möglichkeit des ausreichenden Planens und des so wichtigen Reflektierens genommen wird. Der Stressor schlechthin ist jedoch das Risiko. Zum einen gehen wir das Risiko bewusst ein, um positiven Stress zu erleben, zum anderen ist die Bestimmtheit, mit welcher man das Ausmaß eines Schadens voraussagen, kann negativer Stress, der uns an Denkleistung verlieren lässt. Kritische Situationen erfordern Handeln als Antwort! Entscheidend dabei ist, ob wir auf bekannte Handlungsmuster zurückgreifen können oder die Situation völlig neu für uns ist. Dann benötigen wir Handlungsstrategien, die uns die situative Wahrnehmung wiedergeben, die Entscheidungsfindung erleichtern, das Wissen der kompletten Crew nutzen lässt und – last but not least – klare Kommunikationsstrukturen. Segeln ist ein toller Sport, der es erlaubt, mit der Familie und Freunden eine entspannte Zeit zu verbringen, aber auch seine Grenzen zu finden. Das Bewusstsein für kritische Situationen muss da sein und jedes einzelne Crewmitglied muss im Notfall wissen, was zu tun ist und wo die persönlichen Grenzen liegen.

Matthias Degusan arbeitet und lebt in Leipzig. Er arbeitet als Dozent für präklinische Notfallmedizin und als Human-Factor-Trainer. Im Bereich CRM (Crew Resource Management) ist er bei der Luftfahrtbehörde als Trainer zugelassen. Nebenbei ist er noch glücklich verheiratet. Sein Sohn und er sind begeisterte Hobbysegler.


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ÖKOLOGIE

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DER NASE NACH Schrift & Bild // Michael Walther

... KOMMT MAN NICHT UNBEDINGT ANS ZIEL. OLFAKTORISCH WÄRE ES ZUMINDEST SEHR SCHWIERIG GEWESEN, DIE GREENBENTE ZU FINDEN, ABER DAZU SPÄTER MEHR. ES IST EIN MITTWOCH IM JULI, AN DEM MICH DER ANRUF VON FRIEDRICH DEIMANN ERREICHT. FRIEDRICH IST NIEMAND GERINGERES ALS DER CHEF VON GREENBOATS AUS BREMEN.

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eine grüne Bente schwimmt in Kappeln an ihrem Steg und will bewegt werden. Also verabreden wir uns spontan zu einem kleinen Schlag auf der Schlei. 25 Knoten Wind, Hagelschauer und zwischendurch auch einmal Sonne – ein norddeutscher Sommertag eben. In Kappeln angekommen, springe ich voller Vorfreude auf die kleine Yacht, die mit ihrer tiefbraunen Farbe schon auf den ersten Blick sehr edel wirkt. Optisch ist schon das Korkdeck in Kombination mit der Struktur des Flachs-Sichtlaminats für sich genommen ein echtes Highlight. Der leuchtend grüne Dodger – bei der normalen Bente ist dieses feste Sprayhood orange – macht schon auf den ersten Blick deutlich, dass es sich hier um keine normale Yacht handelt. Schnell lege ich meine Segelklamotten unter Deck, es scheint kurzzeitig die Sonne und möchte mich gerade wieder den Vorbereitungen an Deck widmen, als ich an einem Detail hängen bleibe. Die Yacht ist neu. Also gerade einmal eine Woche im Wasser. Es fehlt jedoch der typische Geruch einer neuen Yacht. Manchmal scheint es mir, dass ich schon so weit konditioniert bin, dass mein Gehirn bei dem chemischen Geruch einer neuen Yacht bereits Endorphine ausschüttet, ähnlich wie bei einem Neuwagen. Nun fehlen diese Gerüche auf der Öko-Bente jedoch. Die Endorphine kommen beim Segeln glücklicherweise ganz von

allein. Und was den chemischen Geruch angeht: Viele dieser Emissionen sind gifig und belasten die Atemwege oder sind wie die Styrol-Ausdünstungen einer Polyesteryacht gehörschädigend. Über solche unangenehmen Nebenerscheinungen muss ich mir auf der GreenBente dank Flachsfasern und Epoxidharzen auf Leinölbasis glücklicherweise keine Gedanken machen. Abgesehen davon ist die Yacht zu 90 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen gefertigt, wie Friedrich mir nebenbei erläutert. Dass da nur ein Torqeedo-Elektromotor als Flautenschieber infrage kommt, um uns aus dem Hafen zu befördern, erklärt sich von selbst. Ohne akustische Belästigungen verlassen wir also den kleinen Hafen und setzen direkt die Segel. Das gesamte Deckslayout ist einfach, aber durchdacht. Fallen, Winschen und Beschläge sitzen an den richtigen Stellen – ist ja nun auch kein Hexenwerk mehr. Man merkt der kleinen Yacht direkt an, dass bei der Konstruktion und beim Deckslayout jemand mit Know-how am Werke war. Die innovativen Kohlhoff-Loop-Organizer leiten die Fallen ins Cockpit, die Großschot wird direkt am Baum gefahren und Andersen-Winschen sorgen für ausreichend Kraft für Fockschot und Fallen. Alles wirkt modern und innovativ, funktioniert aber auch einfach gut. Sogar die Andersen-Winschen, die eher für Beständigkeit und Stabilität stehen, sind dank einer Glasperl-Bestrahlung matt und wirken so noch edler und deutlich moderner!

Die GreenBente ist neu. Es fehlt jedoch der typische Geruch einer neuen Yacht.


ÖKOLOGIE

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Dank Flachsfasern und Epoxidharzen auf Leinölbasis muss man sich wegen giftiger Dämpfe keine Gedanken machen.

Ich übernehme schnell die Pinne und so kreuzen wir durch die Engstelle bei Arnis. Direkt nach diesem kleinen Ort mit seiner Fährverbindung erwarten uns die bereits erwähnten 25 Knoten Wind von vorn. Die kleine Yacht liegt sehr direkt auf dem Ruder und folgt jeder Steuerbewegung unmittelbar. Nach einiger Zeit werde ich jedoch an der Großschot etwas träge und eh ich mich versehe, läuft mir die Yacht aus dem Ruder. Einmal kräftig frieren und schon kann es auf dem richtigen Kurs weitergehen. Die Bente will aktiv gesegelt werden, das merke ich auf den ersten Metern. Die GreenBente ist jedoch auch mit dem Binnenrigg ausgestattet, welches sogar mit einem Reff noch mehr Segelfläche bietet als das normale Rigg. Mit etwas Schotarbeit und Konzentration erreicht die nur 24 Fuß lange

Yacht zügig sechs Knoten hoch am Wind mit nur zwei Leuten an Bord. So ist die Schleibrücke bei Lindaunis schnell erreicht und wir machen uns raumschots auf dem Heimweg. Zweistellige Geschwindigkeiten sind ohne Stress an Bord zu ersegeln. Die gesamte Yacht fühlt sich dabei stabil und sehr steif an. Taktil lässt sich zwischen der normalen Sandwichbauweise und der Flachsfaser mit Korkkern kein Unterschied wahrnehmen. Kurz vor dem Hafen bergen wir die Segel und parken das Schiffchen lautlos in ihrer Lücke ein. Schlussendlich bleibt mir als Fazit dieses kurzen Segeltörns, dass die GreenBente ähnlich wie ihre herkömmlich gefertigte Schwester einfach richtig gut segelt. Die Yacht wirkt modern und sportlich und macht richtig Spaß. Die Ökovariante unterscheidet sich rein von ihren Segelleistungen nicht von der normalen Version. Dennoch oder

vielleicht auch gerade deshalb hat mir das Segeln auf diesem Schiff besonders viel Spaß gemacht. Es ist zum einen die Optik, die definitiv für das Material spricht. Selten habe ich sowas Edles und Hochwertiges gesehen, was sicher auch an Friedrichs Verarbeitung liegt. Außerdem ist da natürlich auch das Gewissen, welches sich freut und beruhigt zurücklehnt, wohl wissend, dass man gerade mit der wohl fortschrittlichsten und umweltfreundlichsten Yacht unterwegs ist. Natürlich ist ein neu entwickelter America’s-CupKatamaran modern und sicher ein Wunderwerk der Ingenieurskunst. Fortschritt bedeutet eine meist positive Veränderung des Zustandes. Also ist es nicht erst recht ein wahrer Fortschritt im eigentlichen Sinne, wenn etwas dazu beiträgt, unseren Sport noch umweltfreundlicher und damit zukunftstauglicher zu machen?

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DIE ERDE UND ICH VON JAMES LOVELOCK

WIR MENSCHEN SIND AUSSERGEWÖHNLICHE GESCHÖPFE. WIR HABEN UNS ZUR DOMINIERENDEN SPEZIES AUF DEM PLANETEN ENTWICKELT UND IHN DERART UMGESTALTET, DASS VIELE SCHON VON EINEM NEUEN ERDZEITALTER SPRECHEN, DEM ANTHROPOZÄN.

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ber unser privilegierter Status eröffnet nicht nur immer neue Möglichkeiten, er nimmt uns auch in die Pflicht: Wie sollten wir durch das neue Erdzeitalter reisen? Welches Wissen sollten wir mitnehmen? Diese illustrierte Anthologie ist ein Reiseführer in die Zukunft für den Menschen des 21. Jahrhunderts. Nach einer Idee von James Lovelock, dem Urheber der Gaia-Theorie, ermuntert das Buch zu einem ganzheitlichen Verständnis unserer Lebenswirklichkeit. Ähnlich wie die Gaia-Theorie unsere Erde als lebendiges Ganzes betrachtet, so bringt „Die Erde und ich“ eine Reihe renommierter Autoren aus dem gesamten Spektrum der Wissenschaft zusammen, um auf breiter Grundlage ein Verständnis davon zu vermitteln, wer wir sind und wo wir uns befinden.

ISBN 978-3-8365-5391-9 29,99 Euro. 168 Seiten. 21x 27 Zentimeter. Hardcover mit Drehscheibe und Ausklappseiten. TASCHEN.

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Wie alle guten Reiseführer zeigt „Die Erde und ich“ sowohl komplexe Einzelheiten als auch übergeordnete Strukturen auf. In zwölf Kapiteln zoomen wir uns von Wissenschaft zu Wissenschaft aus unserem ewig expandierenden Universum hinein in unsere winzigen, aber mächtigen Zellen. Astronomie, Geologie, Neurowissenschaften und Wirtschaftstheorie: Wir sehen Sterne explodieren, betrachten die Schichten des Lebens unter unseren Füßen, rücken den Fakten hinter den Klimakontroversen zu Leibe und denken über unsere wachsende Vertrautheit mit der Technik nach. Zu unseren fachkundigen Reiseführern zählen die Quantenphysikerin Lisa Randall, der Astronom Martin Lord Rees, der mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Biologe Edward O. Wilson und der Nobelpreisträger und Neurowissenschaftler Eric Kandel. Ihre packenden Essays und Berichte geben – mit Werken des britischen Künstlers Jack Hudson anschaulich illustriert – neugierigen Lesern aller Altersgruppen einen Werkzeugkasten für eine aufgeklärte Zukunft an die Hand. Zum Autor: James Lovelock ist ein unabhängiger Wissenschaftler, Umweltaktivist und Urheber der GaiaTheorie, die die Erde als lebendes und sich entwickelndes System betrachtet, das nach einer Selbstregulierung strebt, sodass das aktuelle Leben auf ihr gedeihen kann. Lovelock wurde zu den 100 führenden Intellektuellen der Welt gezählt (Prospect), als „wissenschaftlicher Visionär“ (The Times) und als „einer der größten Denker unserer Zeit“ bezeichnet.

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MEIN FEHMARN VON MIRKO BONNÉ

SOMMERINSELKINDER – DAS WAREN ER UND SEIN BRUDER STIPE, SEIT SIE ZUM ERSTEN MAL DIE FERIEN AUF FEHMARN VERBRACHTEN, ZUSAMMEN MIT DER MUTTER UND DEM WIEDERAUFGETAUCHTEN VATER.

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ährend die Risse in der Ehe der Eltern erneut aufbrechen, gewinnen andere Erfahrungen an Beständigkeit und Tiefe: Ausflüge zum Niobe-Denkmal, das Leben auf dem Land am Meer, Nachtfahrten mit dem Traktor, erste Sommerlieben und prägende Lektüren. Daneben Bilder von blühendem Raps und Mohn, von Dünen und Kliffs, die den Erzähler sein Leben lang begleiten und ihm später wiederbegegnen auf den Fehmarn-Gemälden Ernst Ludwig Kirchners. Melancholisch, kraftvoll und lebensklug sind diese Reflexionen über die Ostseeinsel, in denen Mirko Bonné Betrachtungen von Freundschaft, Erinnerung und Liebe verwebt mit Fehmarns Geschichten von Hexenverfolgungen und der HeydrichWitwe, von Campingurlauben des NSU und von Jimi Hendrix. ISBN 978-3-86648-210-4 18 Euro. 160 Seiten. Gebunden mit Schutzumschlag und Lesebändchen. mareverlag

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Seit 2005 darf ein FD auch mit Kohlefasermast gesegelt werden. Auch aufgrund der ständigen technischen Verbesserungen gilt der FD noch heute, fast 60 Jahre nach seiner Entwicklung, als schnellste konventionelle Jolle.

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FD flying Flying Dutchman or fixing Fix Daily? Schrift // Felix Dudek Bild // Stefan Ibold, Christian Zingerle

ACHENSEE IM AUGUST. WAS HATTE ICH MEINER FREUNDIN ERZÄHLT, WARUM ICH DREI TAGE IN ÖSTERREICH VERBRINGE? AN EINEM SEE AUF 929 METER ÜBER MEERESSPIEGEL, WO EINEM MORGENS DIE SCHEIBENWISCHER AN DER WINDSCHUTZSCHEIBE FESTFRIEREN ... IM AUGUST!


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Für den FD wurden stetig neue technische Lösungen entwickelt, die für andere Bootsklassen ebenfalls richtungweisend waren: vom Fenster in der Genua, dem durchgehenden Trapez, der Y-Schot, dem Rake, bis zur Karbon-Kevlar-Sandwichbauweise.

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Weit überlappende Genua für radikalen Vortrieb.

Da hats immer Wind bei schönem Wetter“, höre ich mich noch sagen, freudestrahlend. Die klammen Finger und das Kondenswasser an der Bullidecke am Morgen verschweigend. Aber wenn sich am Achensee ein Augustmorgen bei gleißendem Licht über die östlichen Gipfel des Rofangebirges schält, das Wasser zu tanzen scheint und der Wind langsam doch noch einen Sommertag ankündigt, ist alles vergessen. Da will man nur noch los, raus aufs „Tiroler Meer“, den tiefsten See des Bundeslands, kaum je wärmer als 20 Grad und von reiner Trinkwasserqualität. Als bayrischer Segler bin ich mit starkem, gleichmäßigem Wind ja nicht gerade

verwöhnt. So hatte ich den Segen bekommen, gegen sonstige vernünftige Freizeitplanung, meinen FD auf den Hänger und den Hänger an den Achensee zu verfrachten. Tja. Fakt ist: Es ist Freitag, 11.30 Uhr, und ein lauer Südwind, auf der Skala unseres Reiseföhns nicht einmal mit „1“ zu beziffern, säuselt leise über das, zugegeben, perfekt türkise Wasser. Kaiserwetter, aber kein Wind Die Aussicht, wieder einmal ein Wochenende beim „Seglerschnack“ statt mit Segeln zu verbringen, ist wenig verlockend, wechselt sich aber mit der Faszination der Bergkulisse in dem schmalen

Tal des Achensees ab. Und dem Blick auf unser Schiff, das mir immer ein verzücktes Lächeln ins Gesicht zaubert. Ein FD. Liebevolle Abkürzung für Flying Dutchman (böse Zungen behaupten: Fix Daily). Die lang gestreckten, gute sechs Meter langen Linien, der hohe nach hinten geneigte Mast, in engen Reihen stehend mit über 40 weiteren Rennjollen des gleichen Typs. Nur: kein Wind. Verdammt noch eins, kein Wind. Was aber die österreichischen Mitsegler sichtlich nicht davon abhält, ihre Boote aufzutakeln. Wie bereits erwähnt, der Wind entspricht ungefähr dem Gebläse einer Mikrowelle.


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Keine Wolke am Himmel, was zum Teufel soll sich denn an den Verhältnissen ändern? Die Berge sich erwärmen? Es ist doch nun schon Mittag, es ist warm! Deswegen leicht verstörte, eventuell etwas entnervt klingende Frage an die werten Herrn Kollegen: „Warum zieht ihr jetzt noch gleich die Segel hoch?“ Antwort: Ein Lächeln – Genuafall weiter hochziehend. „Warts nur ab.“ Aha. Abwarten. Klar. Danke dafür.

Gesicht. Kurti Prenzler – nach eigener Aussage ewige 66 Jahre jung, unverkennbarer Stil und Charme, gelassen wie ein Engländer zur Tea Time, fragt mich nach meinem Wohlergehen, während sein eigenes Schiff fast schon gekentert an der Slip hängt. Aber ein Handgriff und das Schiff liegt ruhig, alles gut. Das ist die Bootsbeherrschung, die wir Jungen mangels Wissen durch Kraft ersetzen müssen.

Start at High Noon – Startklar im Raketentempo Gerade will ich noch, es ist mittlerweile 12.30 Uhr, einen mitleidig-verständnislosen Blick zum österreichischen Auftakler werfen, da nickt Selbiger mit dem Kopf in Richtung Nordende des Sees. Erst denke ich, es ist eine hitzebedingte Luftspiegelung. Sekunden später sieht man aber, wie stetig und immer schneller weiße Schaumkronen den See von Norden her in den Süden überziehen. Keine 15 Minuten später stehen satte vier bis fünf Windstärken auf der Wiese vor dem Segelclub des Achensees. Endlich! Fliegen! Mit der schönsten aller Jollen!

See me, fly me, sell me – 40 Quadratmeter Segelfläche bei nur 165 Kilogramm Boot Alles wird zum ersten Probeschlag vorbereitet. Das Schwert wird auf der verstellbaren Schwertschiene nach hinten gesetzt. Der Mast wurde bereits nach hinten geneigt, das sogenannte „Rake“. Ähnlich einem Windsurfbrett unterstützt man damit die Neigung des FD, am liebsten immer zu gleiten, indem man bei viel Wind den Druckpunkt des Bootes nach hinten verlagert. Das kann so weit gehen, dass der Großbaum auf dem Brückendeck aufliegt, ein lichter Weg von der Nullstellung bei wenig Wind zum Maximum von immerhin einem Meter. Die folgenden Wettfahrten sind ein Traum aus Wind, Wellen, Licht und Geschwindigkeitsrausch. Das Gefühl, wenn ein FD unter Spinnaker, Groß und Genua (fast 40 Quadratmeter Segelfläche bei 165 Kilogramm Boot) anfängt, das Wasser nur noch von Welle zu Welle zu berühren, ist unbeschreiblich. Es treibt mir dieses Kichern und Glucksen, das aus dem tiefsten Inneren kommt, auf die Lippen. Nach drei Wettfahrten, etlichen Kenterungen und dem Verzehr des gesamten Müsliriegelvorrats kehren wir ausgepumpt an Land zurück. SMS an die Freundin: Hat sich gelohnt!

In aller Eile werden Segel ins Rigg gezerrt, Müsliriegel in Schwimmwesten gestopft, Finger getapt. Für diesen Wind wurde der FD gebaut. Allein die Vorfreude mit einer Jolle, die so variabel und genauso schnell trimmbar ist wie ein Surfbrett, in wenigen Minuten an der Kreuz in die gleißende Gischt zu gleiten, lässt einen jeden Handgriff doppelt so schnell wie sonst erledigen. Und vielleicht an der Slip auch ein wenig mehr drängeln als sonst. Aber immerhin: Es klappt wie gewohnt. Alt hilft Jung, Jung hilft Alt, alle am Lachen, Feixen, jedem steht das Bevorstehende als Grinsen im

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Oben: Der FD erfordert viel Wissen, Können und Erfahrung. Bei aller Dynamik verhält er sich aber durchaus stabil und mit etwas Gefühl lässt er sich überraschend leicht segeln. Unten: Allein bis zu zehn verschiedene Trimmleinen muss der Steuermann bedienen können. Ist alles richtig eingestellt, läuft der Kahn auch bei sechs Windstärken aufrecht und vor allem schnell.


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Seit 60 Jahren steht der FD, nein, nicht für Fix Daily, sondern für anspruchvolles Regattasegeln. Vor allem bei höhreren Windstärken verlangt er nach Athletik, Koordination und Können. Dann kann er bis zu 20 Knoten schnell werden.

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Eine Idee, geboren aus Bergen und Wind Der Thermik Cup: eine Serie von Rennen auf Revieren mit Thermikgarantie! Wenn man schon den Wind nicht beeinflussen kann, so bieten doch die drei den Cup umfassenden Reviere Windsicherheit bei Schönwetterlagen. Es ist die „Triple Crown“ der FD-Segler: der Achensee in Tirol, der Tegernsee südlich von München und der Walchensee südwestlich der Landeshauptstadt. Alle drei Reviere liegen maximal 200 Kilometer auseinander, was es auch jungen Crews mit geringem Budget ermöglicht, die innerhalb des Augusts direkt aufeinanderfolgende Serie mit geringem Aufwand mitzufahren. Generell wird einem als junger Mensch, äh Segler, ich spreche aus Erfahrung, der Einstieg in das FD-Segeln sehr leicht gemacht. Ältere Crews unterstützen einen mit Know-how und vor allem mit Material. Drei Jahre alte Segel wechseln so oft für ein „Tegernseer“-Bier den Besitzer. So ist der FD auch als 20 Jahre alte Jolle gegenüber neuen Schiffen konkurrenzfähig. Und: FD bedeutet zwar keinesfalls „Fix Daily“, aber der Flying Dutchman ist herrlich für Tüftler und Bastler. Durch seine freien Klassenvorschriften ermöglicht er das Basteln und Bauen. Karbon und Holz, Alu und Kevlar können nach Belieben eingesetzt werden. Alte Schiffe können mit ein wenig Geschick auf einem Stand gehalten werden, der es einem erlaubt, in der ersten Hälfte des Regattafelds mitzumischen. Gerade dieser bunte Mix aus Schiffen mit Holzdecks, Vollkarbonschiffen mit offenem Spiegel oder formverleimten Vollholzbooten ergibt ein sehr ästhetisches und ein FD-typisches Bild bei Regatten.

Formationsflug auf die Bahnmarken Dem Thermik Cup liegt seine ganz eigene Dynamik und Stimmung zugrunde. Segler, die frustriert in der Mittagshitze Aufkleberreste vom Rumpf kratzen, um dann innerhalb weniger Minuten vor einem wellenbekränzten See zu stehen und schließlich mit durchschnittlich 30 bis 40 anderen Besatzungen am Startschiff um die besten Positionen zu kämpfen. Oder auch ums Überleben an der Ablauftonne. Da das Geschwindigkeitspotenzial der Boote sehr nah beieinander liegt, sind packende Startkreuzen, wie in anderen Klassen auch, üblich. Aber dann. Die erste Bahnmarke: Genua einen Tick auf, Groß auf, Babystag ziehen (ansonsten würde das filigrane Karbonrigg sofort von oben runterkommen), Blick nach hinten, Pinne zwischen den Beinen einklemmen und so schnell wie irgend möglich mit beiden Händen den Spinnaker hochreißen. Dabei, mit den Beinen steuernd, mehr schlecht als recht den Angriff des leewärtigen Schiffs abwehren. Spitzer Spinnakerkurs zur zweiten Tonne. Nachdem der Spi mit einem lauten „Wap“ zum Stehen kommt, gleitet der FD an. Parallelflug von sechs Schiffen auf die Bahnmarke zu, ein Bild von Schmetterlingen unter Alpengipfeln. Doch an Bord ist nichts zu merken von der schönen Ästhetik des Augenblicks, dort wird gekämpft. Wer hat jetzt rechtzeitig Innenraum? Taktik mit schöner Aussicht – der Raumkurs Die Crew um AUT 7 hat das mal mit typischer Tiroler Gelassenheit so zusammengefasst: „Die san versichert, wir san versichert, schau ma, was passiert.“ In Wirklichkeit, man glaubt es kaum, verlaufen die Manöver an der Tonne schweigend.


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Nikolausregatta 2016: Auch leichtere Mannschaften können den FD durchaus schnell und erfolgreich segeln, da mittels der verschiedenen Trimmmöglichkeiten, wie zum Beispiel dem Rake, der Druck des Windes reguliert und in Speed umgesetzt werden kann. Es entscheiden also nicht Körpergröße oder Gewicht über den sportlichen Erfolg, sondern das seglerische Können der Mannschaft.

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Unter den ersten Teams herrscht hochkonzentrierte Anspannung. Der Raumkurs wird von ständigem Schiften begleitet. Jeder versucht, sich auf die von hinten kommenden Böen zu setzen. Schweißtreibend. Keine Zeit, um auch nur einmal einen Schluck zu trinken, also aus der Flasche. Zum Glück haben die Seen alle Trinkwasserqualität, da kann man auch mal beim Duckdive des Schiffs durch eine Welle einen Schluck mitnehmen. Trotz aller Konzentration kann man sich dennoch dem magischen Blick auf die Umgebung kaum entziehen. Wenn am Tegernsee der erste Start am Sonntag frühmorgens erfolgt, die Sonne zwischen Kreuzbergköpfl und Gindelamschneid hervorscheint, über das Bräustüberl streicht und sich in den 30 bunten Spinnakern der Flotte verfängt, hält man unwillkürlich kurz inne. Sei es auch um den Preis, dass einem der Konkurrent schon wieder einen Meter abgenommen hat. Begleitet von einem Meckern des Vorschoters: „Zu viel Mastfall, außerdem is der Stengel krumm! Mach was!“ Das Schiff lesen – einen Freund fürs Leben finden Sofort greife ich in die Klaviatur des FD. Direkt neben dem Travellerbalken der Jolle befindet sich die Befehlszentrale des Schiffs. Das Trimmpult: je nach Ausführung des Boots bis zu zehn Trimmleinen pro Seite, die einen so ziemlich alles an beweglichen Teilen im Schiff verstellen lässt. Also Oberwanten auf, Vorstag auf Feinverstellung ziehen, danach Unterwant. Wofür mancher einen 470er-Segler-Schraubenschlüssel oder wenigstens trockenes Land benötigt, trimme ich unseren Flying Dutchman in derselben Geschwindigkeit um, in der ich auch bei einem Windsurfbrett die Segelstellung verändere.


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Winteridylle vor Bräustüberl und Skipiste.

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109 Der erste Entwurf der Zwei-Mann-One-DesignJolle geht auf das Jahr 1951 zurück. Die beiden Niederländer Conrad Gülcher und Uus van Essen entwarfen den FD mit Ähnlichkeiten zur 15-Quadratmeter-Wanderjolle und dem Flying Fifteen. 1960 ersetze der FD dann den Sharpie bei den Olympischen Spielen und blieb bis 1992 olympisch.

Und genau das ist der springende Punkt beim FD. Warum leichte Crews genauso gut sein können wie schwere Kerle. Wenn du einen FD verstehst, wenn du weißt, was der Ruderdruck dir erzählt, und du in der Lage bist, darauf zu reagieren, wird dieses Schiff immer gut zu dir sein. Es wird nie unbeherrschbar werden, bocken, zicken, luvgierig oder sonst etwas werden. Es wird dir dafür danken, dass es endlich mal bei sieben Windstärken fliegen darf. Egal ob du ein 45-Kilo-Mädchen oder ein 110-Kilo-Kerl bist. Ich denke, jeder Segler spricht so über das Boot seiner Wahl, ob Lasersegler oder Folkebootkapitän. Was der FD anderen Schiffen allerdings voraushat: Ähnlich wie die fliegende Katamarane des America’s Cup fasziniert er auch Laien, sogar an Land. Junge und Alte, Männer und Frauen kommen und sehen fasziniert in das Wirrwarr aus Leinen, auf glänzende Mahagonidecks und kontraststarke Karbonteile. Noch in meiner Schulzeit hatten Mitschüler aus dem Gymnasium genauso Freude daran, auf dem FD zu segeln und das Trapez auszuprobieren, wie Mitschülerinnen. Nie wurde das Boot als langweilige, spießige Altherrenaktivität verteufelt. Es war jederzeit heiß begehrt! Mit dem Nikolaus auf Trophäenjagd Jetzt, im Dezember, wenn die offizielle Regattasaison vorüber und der Thermik Cup nur noch eine gleißende, schöne Erinnerung ist, könnte man fast denken, die Saison wäre nun im süddeutschen

Raum endgültig vorbei. Dabei fehlt da ja noch das Highlight der Saison. Die wohl am höchsten gelegene, zum spätesten Zeitpunkt des Jahres stattfindende Regatta in Deutschland: die Nikolausregatta am Tegernsee. Während andere Schiffe bereits verpackt im Winterlager liegen, schlagen wir die Persenning über das Boot zurück, nein falsch, eigentlich bricht man sie eher. Es hat minus 18 Grad Celsius. Schiffe frieren an Auflagen fest, die physikalischen Grenzen des Ducktapes sind erreicht, es klebt einfach nicht mehr auf Lenzöffnungen oder Masten. Dennoch findet sich eine stattliche Anzahl von 15 Crews am See ein. Von Passanten sind Wortfetzen wie „deppert“ oder „damisch“ zu hören. Egal. Es geht ums Segeln. Und wieder werden wir von der Thermik belohnt. Auslaufen vormittags in dichtem Nebel. Warten. Kalte Füße unten, heißer Glühwein oben. Mittags: Sonne! Und der Wind bläst! Ein letztes Mal im Jahr ziehen die eleganten Gleitjollen ihre Spur über den See. Wieder bilden sich Menschentrauben am Ufer, während wir uns vor schneebedeckten Hügeln in durchaus kenterfreudigen Jollen bei drei Grad kaltem Wasser ein hartes Rennen liefern. Dafür liebe ich den FD. Ich liebe ihn, weil meine Frau genauso über ihn zum Segeln gefunden hat wie ich, weil schon sechs betrunkene Abiturienten auf dem Schiff gefeiert haben, ebenso mein Vorschoter und ich nach gewonnenen Regatten. Und weil das schon seit 16 Jahren so ist. Und das Schiff immer noch ein scharfes Schwert ist.


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SMARTWATCHES SIND WOHL DER MULTIMEDIATREND DER VERGANGENEN JAHRE. GARMIN ZEIGT MIT DER QUATIX 3, WIE EINE SMARTE UHR FÜR SEGLER AUSSEHEN KANN.

underte man sich bei den ersten Bluetooth-Headsets noch über die Menschen, die allein durch die Gegend laufen und vermeintlich Selbstgespräche führten, so sind es heute die Smartwatch-Besitzer (User genannt), die ihren Arm mehrfach verrenken, damit sich das Display einschaltet. Aerobic? Yoga? Irgendein neuer Sporttrend für zwischendurch? Weit gefehlt. Einige diese modernen Uhren erhöhen sich ihre knappe Akkulaufzeit, indem das Display abgeschaltet wird, wenn der Nutzer es nicht braucht. Damit die Uhr dann aufwacht, sollte eigent-

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lich ein kleiner Schwenk mit dem Arm genügen. So steht es zumindest in den Bedienungsanleitungen. Funktioniert aber wohl nicht immer zuverlässig. Da lobe ich mir die Garmin Quatix 3. Das Display ist und bleibt angeschaltet und so sieht die Uhr auf den ersten und zweiten Blick wie eine normale Sportuhr aus. Das leuchtend blaue Armband lässt sich je nach modischen Vorlieben durch eine mitgelieferte schwarze Version ersetzen. Schon kurz nach dem Anlegen der Uhr und einem ersten Blick ins Menü


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,,Schnell den Brustgurt angelegt und mit der Uhr verbunden, kann ich Infos über meinen Herzschlag mit in den Trainingsplan einpflegen. ʼʼ wird aber schnell klar, dass diese Uhr mehr kann als viele normale Sportuhren. GPS und GLONASS sind an Bord, ein Drei-Achsen-Kompass, Höhenmesser und ein Barometer. Sollten die Funktionen der Uhr allein nicht reichen, so lassen sich Infos von NMEA-2000-kompatiblen Geräten streamen. Die Uhr fungiert dann als externes Display und zeigt beispielsweise Winddaten, Wassertiefe und Temperatur an. Auch für einen Katamaransegler ohne technische Instrumente an Bord bietet die Uhr so einiges. Schnell den Brustgurt angelegt und mit der Uhr verbunden, kann ich Infos über meinen Herzschlag mit in den Trainingsplan einpflegen. Auch Unwetterwarnungen und Wasserstandinfos sind für beinahe alle Segler sicher hilfreich – unabhängig von der Bootsgröße. Als ob das nun alles noch nicht smart genug wäre, bietet die Uhr außerdem viele Funktionen der aktuellen Smartwatches. So verbindet sie sich schnell mit dem iPhone oder einem

Android-Gerät und zeigt dann eingehende Anrufe und Nachrichten an. Zugegeben, auf dem Wasser möchte man vielleicht eher abschalten, aber im Büro und auf dem Weg zur Arbeit sind diese Funktionen sehr angenehm. Zumal die Uhr bei eingehenden Neuigkeiten mit einer leichten Vibration auf sich aufmerksam macht. Fazit: Die Garmin Quatix 3 ist ein echter Allrounder. Auf dem Wasser zu Hause und an Land eine richtig gute und unauffällige Unterstützung für den Alltag. Natürlich hat diese Funktionsvielfalt auch ihre Nachteile. Der nicht wechselbare Akku muss je nach Nutzung etwa einmal die Woche aufgeladen werden. Verglichen mit anderen Smartwatches eine beeindruckend gute Laufzeit – mit einer herkömmlichen Sportuhr aber wohl dennoch kaum zu vergleichen. Dass diese Funktionsvielfalt in diesem hochwertigen und robusten Gewand ihren Preis hat, ist da nur allzu verständlich. 599 Euro kostet die Garmin Quatix 3, was in Anbetracht der Leistungen sicher angemessen ist. www.garmin.com


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Der Gewinner Armel Le Cléac'h siegt in 74 Tagen, drei Stunden und 35 Minuten neue Rekordzeit. Er war um fast vier Tage schneller als FranÇois Gabart. Foto //Vincent Curuchet/DPPI/Vendée Globe

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Schrift // Tom Körber Bild // Vendée Globe

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DIE VENDÉE GLOBE IST EINE NONSTOP-REGATTA FÜR SOLOSEGLER, DIE ENTLANG DES SÜDPOLARMEERES EINMAL UM DEN GLOBUS FÜHRT UND DESWEGEN ALS DIE HÄRTESTE EINHANDREGATTA DER WELT GILT. START UND ZIEL DES RENNENS LIEGEN VOR LES SABLES D’OLONNE IM DEPARTEMENT VENDÉE IN FRANKREICH. DIE REGATTA FINDET ALLE VIER JAHRE STATT UND BEGINNT IMMER IM NOVEMBER. DER STARTTERMIN ORIENTIERT SICH AN DEN METEOROLOGISCHEN VERHÄLTNISSEN IM SÜDPAZIFIK. DIE TEILNEHMER MÜSSEN ÜBER 24.000 SEEMEILEN UM DIE WELT SEGELN, OHNE FREMDE HILFE IN ANSPRUCH ZU NEHMEN ODER LAND ZU BETRETEN.

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Oben: Colmans Notrigg, das vielleicht schönste, das jemals konstruiert wurde. Bild //Conrad Colman/Foresight Natural Energy Mitte: Der junge Mann und das Meer. Bild // Vincent Curuchet/DPPI/Vendée Globe Unten: Nachts im südlichen Eismeer findet man seine Ängste. Bild //Conrad Colman/Foresight Natural Energy


VENDÉE GLOBE

D as Rennen spielt sich zu einem wesentlichen Teil in den stürmischen und äußerst gefährlichen antarktischen Gewässern der Roaring Forties ab und stellt daher an die Teilnehmer höchste Anforderungen. Bereits mehrfach ist es zu schweren Unfällen gekommen. Bei der Regatta von 1992/93 starb der Teilnehmer Nigel Burgess vermutlich bereits in der ersten Nacht des Rennens in der Biskaya. 1996/1997 ist Gerry Roufs in einem Orkan im Südpazifik verschollen. Im selben Sturm kenterten drei weitere Boote, deren Teilnehmer in dramatischen Aktionen gerettet werden konnten. Diese Ereignisse führten zu einem Umdenken in puncto Sicherheit der

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Klassenregeln der Open 60, die Boote müssen sich seither auch nach einem Durchkentern selbsttätig wieder aufrichten. Das Rennen, inspiriert durch die berühmt gewordene Regatta des Golden Globe Race von 1968, wurde im Jahre 1989 durch Philippe Jeantot ins Leben gerufen, der vierjährige Turnus besteht seit 1992. Die jetzige Austragung war das erste Rennen, das ohne weibliche Beteiligung gestartet wurde. Der junge Mann und das Meer. Jedes Rennen hat seine Helden. Manchmal den Gewinner und manches Mal einen Unglücksraben, dem man mehr Glück gewünscht hätte. Bei der jetzigen Vendée Globe war es der Neuseeländer Conrad „The crazy Kiwi/Friwi“ Colman. Nach der Hatz um die Welt traf es den 33-Jährigen richtig hart. 300 Seemeilen vor Lissabon, also im Grunde schon fast im Ziel, kam sein Mast runter. Colman hatte noch gute drei Tage bis nach Frankreich vor sich, das er auf einem epischen zehnten Platz

liegend hätte erreichen können. Episch deswegen, weil sein Schiff, im Gegensatz zu denen der Topleute, im Grunde ein Haufen Schrott war – um es mal salopp zu formulieren. Der zwölf Jahre alte Kahn wurde in Brasilien von dem Südafrikaner Angelo Lavranos gebaut und zuletzt verchartert beziehungsweise für Incentive-Törns genutzt. Noch zehn Tage vor dem Start hatte Colman gar kein Boot, allerdings auch kein Geld, um selbst die alte Kiste zu kaufen, die im Hafen von Lorient rumlag. Immer noch entschlossen wollte Conrad aber nicht aufgeben, sondern glaubte fest an ein Wunder.


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Für die meisten Teilnehmer geht es bei der Vendée nicht ums Gewinnen. Sie sehen das Rennen eher als Abenteuer. Bild // Vincent Curuchet/DPPI/Vendée Globe

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Für alle Teilnehmer dauert die Vendée nicht vier Monate, sondern vier Jahre. Denn so lange beschäftigt man sich mit seiner Kampagne. Bild // Vincent Curuchet/DPPI/Vendée Globe

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„It’s harder sailing solo, especially mentally. I ended up talking to myself, so I’m not sure if it’s healthy. You have to find confidence. While remaining humble.“ Conrad Colman


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Wie sagte es Destremau, der als Letzter ins Ziel kam? „Die Vendée ist für Menschen mit mentalen Problemen." Er meinte damit, dass man lernen kann, mit dem permanenten Druck umzugehen. Bild // Vincent Curuchet/DPPI/Vendée Globe

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Das kam in Form der finanziellen Zusage der Londoner Foresight Group zwei Tage vor Start. Es blieben also ganze zwei sportliche Tage, um das Boot Vendée-tauglich zu präparieren. Denn Colman wollte der erste Skipper sein, dessen Boot nur mithilfe von erneuerbaren Energien betrieben wurde. Also wurden zwei Tage und Nächte durchgebaut und durchgebastelt, bis er schließlich über die Startlinie segelte. „I feel great. How could I not. It is the start of the Vendée Globe and it is a sunny day. It is a dream I have been chasing for years and years and I have it here in my grasp. It was hard to say goodbye to my wife. I hang my wedding ring in the cockpit so she is always with me.” Das Rennen begann. Es stand von vorherein fest, dass sich die Segler im Mittelfeld und im hinteren Teil des Feldes ihr eigenes Rennen liefern. Gegen die millionenschweren Foiler an der Spitze hatten er und die anderen keine Chance. Umso bemerkenswerter, dass Colman auf der „alten Säge“ es zwischenzeitlich bis auf den neunten Platz brachte. Es dauerte eine Weile, bis er alles so weit im Griff hatte, dass es lief, sagte Colman, denn es war einigermaßen aufwendig, während des Rennens verschiede-

ne Segel-Set-ups zu testen. Learning by Doing könnte man dazu auch sagen. Nun kann man auf die Idee kommen, dass es bei solch einem langen Rennen nicht auf jede Minute ankommt. Kommt es auch nicht, aber zu lange dürfen sich Probleme nicht hinziehen, denn jede allzu lange Verzögerung kann Auswirkungen auf die nächsten Entscheidungen nach sich ziehen. Mitunter müssen Manöver tagelang im Voraus gefahren werden, um drohenden Tiefdruckgebieten oder Flauten auszuweichen. Kommt das Manöver zu spät, hat man ein Problem. Im Grunde lief es für den Neuseeländer auf seiner FORESIGHT NATURAL ENERGY ganz geschmeidig. Kleinere Probleme im November wie ein sich selbstständig entrollender Spinnaker oder ein undicht gewordenes Hydrauliksystem konnte er lösen. Am 2. Dezember feierte er seinen 33. Geburtstag – mit Sprossen und frischem Salat. Alles selbst angebaut. Und mit einer Überraschung aus einer speziellen Geburtstagsbox, die ihm seine Frau mitgab. Inhalt: gefriergetrocknetes, leicht knuspriges Astronauteneis. O-Ton Conrad: „Which tasted actually terrible.“ Herzlichen Glückwunsch nachträglich.


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COLMANS CRONICLES

„You don’t win the race at sea. You lose it at sea. You win the race during the preparation.“ „I’m so thankful that I had so many difficulties. Several times a problem with the pilot. Then, there was the fire. That normally would be a highlight in terms of problems, but as it is, that was almost nothing. So it was a progression of things, which allowed me not to be crushed when the mast came down, so now I’m stronger.“

„The wind gods are a frickle bunch. I got smacked several times. When I couldn’t escape from the big storm, I had sixty knots.“ 130


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„Natural energy? It's an extension of everything I have said. We can do it if we want to. I think it is impossible to sail three times around the world and see the natural environment without being affected. I think we need to change the way we live our lives. It has to come from politics, from industry and I'm a little afraid that there isn't the political will, so I think what may drive this change is motivated individuals.“

„Mentally, it's easier to sail with a jury rig, because when you have all the sails up, you are crazy. You go for it in the race. But with a small sail, you can relax. I spent time adjusting it, but there isn't much you can do.”

„I know what it is like in families where something is missing. I lost my father when I was just a baby. My brother committed suicide two years ago. I thought a lot about that. And this was another motivation in my race.”


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Kurz danach tauchten etwas ernsthaftere Probleme auf. Ein Brand zerstörte einen der Solarladeregler, der auch alle umliegenden Kabel gleich mit außer Gefecht setzte. Daraufhin fiel der Autopilot aus, natürlich als er nicht am Ruder stand, sodass sich das Boot samt Segler in den Wind bohrte und der Gennaker im Wasser landete. „The boat bore away from the wind and did a crash gybe with me still inside, hands full of molten plastic.” Eine nicht ungefährliche Situation, die er aber beheben konnte. Anfang Dezember verlor sein Hydrauliksystem Öl, was abermals elektronische Probleme zur Folge hatte. Aber es sollte noch weitaus schlimmer kommen. Tagelang konnte er vor dem schwersten Sturm flüchten, den die Vendée Globe in ihrer Geschichte erlebte. Brutale 70 Knoten Wind drohten, ihn einzuholen, weil er zu viel Zeit mit seinen Reparaturen an Elektronik und damit am Autopiloten verbringen musste. Hier ein Auszug aus einem Logbuch: „60 knot gusts. Damage to standing rigging (forestay pin). Had to wait for quieter weather to carry out repairs. 3 days of work. Exhausted after doing that in 40 knot gusts and then continued towards the Horn. Boat knocked down during the storm and another sail shredded. Physically I am shattered. Emotionally I am very disappointed. I felt like I was doing everything right, I was sailing very conservatively at the time, I was let down by a technical failure.” Innerhalb von zwölf Stunden musste er dreimal auf den 30 Meter hohen Mast klettern, was selbst bei Flachwasser und wenig Wind kein Zuckerschlecken ist. Was sich aber dort oben bei Wellen und Wind abspielt, ist nicht nur beängstigend, sondern auch lebensgefährlich. Und genau das wurde es dann auch, als er auf den Baum kletterte, um einen gebrochenen Bolzen auszuwechseln. Plötzlich tauchte das Boot in eine Welle und er fiel ins eiskalte Wasser des südlichen Polarmeeres. Am Baum hängend wurde er hinter seiner Yacht hergezogen. Ohne die Chance, die Reling zu erreichen. Erst als eine Welle ihn nahe

ans Boot spülte, konnte er sich wieder an Bord ziehen. Nur knapp entging er dem Tod. Umso bemerkenswerter, da sein Vater bei einem Sturz vom Mast ums Laben kam. Conrad Colmans Frau erfuhr erst auf der Pressekonferenz, was ihrem Mann dort draußen geschah. Sie verstand durchaus, dass er ihr davon nichts erzählt hatte. Weitere Dramen auf See ließen nicht auf sich warten: Mitten im Pazifik, mitten im Sturm brach ein Pin am Vorstag, sodass es sich vom Mast löste und das Boot quasi umhaute. Auf der Seite liegend wurde es inmitten der Wellenberge hin und her gewälzt. Colman hatte sich derweilen samt Lifebelt und Trockenanzug unter Deck verkrochen und mehr oder weniger drauf gewartet, dass das komplette Rigg runterkommt. Doch wie durch ein Wunder hielt es und so konnte er, nach dem Sturm mit den nötigen Reparaturen beginnen. Ganze vier Tage dauert es, bis er seinen „Schrotthaufen“ wieder segeltüchtig hatte. Sein direkter Konkurrent Nador Fa, mit dem er schon beim Barcelona World Race teilnahm, war bereits uneinholbar voraus. Am 10. Februar kam dann über Funk die Nachricht, dass 300 Seemeilen vor der Küste Portugals sein Mast runtergekommen sei und er nun warten wolle, bis sich das Wetter wieder beruhigt hätte. Zum Glück ist er ist nicht nur studierter Politikwissenschaftler, sondern auch gelernter Rigger und Segelmacher und konnte sich so ein gut funktionierendes Notrigg zusammenbauen. Bis dato haben nur zwei Skipper im Laufe der Vendée-Globe-Geschichte die Ziellinie mit einem Notrigg überquert. Das waren zum einen Philippe Poupon, der 1992/1993 kurz vor Ziellinie seinen Mast verlor, und zum anderen Yves Parlier, der sich in Neuseeland aus Bordmitteln einen Notmast baute und die Verfolgung wieder aufnahm. Andere Skipper wie LoÏck Peyron oder Stéphane Le Diraison bauten Notriggs, um ans nächstliegende Ufer zu gelangen.

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Oben: Von seinem ehemaligen Charterboot konnte Colman nicht allzu viel erwarten. Dennoch lag er zwischenzeitlich auf einem neunten PLatz. Bild // Jean-Marie Liot/DDPI/VendĂŠe Globe Unten: Die Franzosen lieben Typen wie Colman und er liebt das Segeln. Da haben sich zwei gefunden. Bild // Oliver Blanchet/DPPI/VendĂŠe Globe


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Alex Thomson gab Vollgas und holte vier Rekorde, dennoch wurde wieder nur Zweiter. Was heißt da „nur"? Bild // Marine Nationale/Nefertiti/Vendée Globe

Doch tauchten gleich die nächsten Probleme auf. Um Gewicht zu sparen, nehmen alle Segler exakt portionierte Lebensmittel mit. Natürlich sind längere Segelzeiten einkalkuliert – oder man spart an den Portionen, irgendwie kann man sich da durchwurschteln. Da Conrad aber aufgrund der vielen Reparaturen zu viel wurschteln musste, meldete er, dass er kein Essen mehr habe, außer zwei Keksen. Er würde sich jetzt an den Notrationen des Lifeboats bedienen. Am 24. Februar 2017 lief er – um einige Kilo leichter – in Les Sables d’Olonne ein. Dem Ort, an dem er sich am 6. November 2016 aufmachte, in einer von vornherein als „Zweiklassengesellschaft“ titulierten Vendée Globe einmal um die Welt zu segeln. Die erste Klasse segelte auf Foils, da diese Yachten bewiesen hatten, dass sie schneller als herkömmliche Boote sind.

Nach dem Rennen kann man sagen, dass kein ernstzunehmendes Boot, das an einem Rennen wie der Vendée Globe teilnehmen will, mehr ohne Foils auskommt. Selbst wenn es nicht 100-prozentig funktioniert wie bei Thomsons HUGO BOSS, sind die Boote eine Klasse für sich. Der hatte den Stumpf seines abgebrochenen Schwertes so weit in den Rumpf gezogen, dass er nicht mehr im Wasser schleifte. So blieb dem Engländer nur sein Backbordfoil, auf Steuerboard segelte er als Nicht-Foiler durch die Weltmeere – und selbst das noch extrem schnell. Er holte nicht nur Meile um Meile auf Armel Le Cléac’h auf, sondern segelte vier Rekorde und hatte diesmal gute Aussichten, als erster Nichtfranzose das Rennen zu gewinne. Aber Armel Le Cléac’h ließ sich auf seiner BANQUE POPULAIRE den Sieg nicht mehr nehmen.

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