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Wirtschaft
Mehr Dienstleistung, weniger Werbung Bringen teure Werbekampagnen tatsächlich mehr Gäste in eine Region? Nein, sagt Pietro Beritelli. Der HSG-Tourismusexperte hat untersucht, was für Tourismusorganisationen tatsächlich etwas bringt. Und die Praxis bestätigt seine Theorie.
«Teure Werbekampagnen bringen nicht mehr Gäste in die Region. Man sollte sich als Tourismusorganisation vermehrt auf die Rolle als Dienstleister vor Ort konzentrieren und das Geld in konkrete Projekte stecken, von denen auch die einheimische Bevölkerung profitiert», fasst Pietro Beritelli, Vizedirektor des Instituts für Systemisches Management und Public Governance an der Universität St.Gallen mit Schwerpunkt Tourismus, den Erfolgsfaktor für Tourismusorganisationen zusammen. 40 Millionen in den Sand gesetzt Diese Aussage, zu der Beritelli schon 2019 anhand diverser Studien gekommen ist, hat für ihn auch 2021 nichts an Aktualität verloren – im Gegenteil: Als der Bund beim ersten Lockdown im Frühjahr 2020 40 Millionen Franken für Kampagnen für Tourismus in der Schweiz ausgab, hatte es beispielsweise keine Auswirkung darauf, dass Westschweizer in die Deutschschweiz kamen und umgekehrt, so Beritelli. Wichtiger waren Angebote und Service vor Ort. Während der Pandemie waren die einheimische Bevölkerung Touristen im eigenen Land – zwangsläufig. «Hier zeigte sich etwas Wichtiges für die Tourismusorganisationen», sagt Beritelli. «Wenn Einheimische etwas schätzen, schätzen es mit grosser Wahrscheinlichkeit auch die Gäste.» Das Wechselspiel von Einheimischen und auswärtigen Gästen sei deshalb wichtig. «Die Ostschweiz ist hier auf einem guten Weg», stellt Beritelli fest. Knackige Projekte und funktionale Räume Bei Thomas Kirchhofer, Direktor von St.Gallen-BodenseeTourismus, stossen die Aussagen von Tourismusexperte Pietro Beritelli auf offene Ohren. «Die ökonomischen Rahmenbedingungen bleiben wegen der Corona-Pandemie insbesondere für den Städtetourismus für lange Zeit herausfordernd.» Auf Branchen-, Tourismusanbieter und Partnerseite sei zu erkennen, dass deutlich mehr Unterstützung und Koordination durch St.Gallen-Bodensee-Tourismus gefragt sei. «Wir werden deshalb den Shift von der Marketing- hin zur Serviceorganisation weiter verstärken», erklärt Kirchhofer. Wäre es diesbezüglich nicht hilfreich, eine «Tourismusregion Ostschweiz» zu haben, mit einer einheitlichen Führung? Nein, sagt Pietro Beritelli: «Die Schweiz und ihre Regionen LEADER | Mai 2021
sind sehr heterogen. Diese lassen sich nicht als eine Grossregion vermarkten.» Dies sieht auch Thomas Kirchhofer so: Er setzt lieber auf die Zusammenarbeit im überregionalen Dachverband Ostschweiz Tourismus, dem die Tourismusorganisationen der beiden Appenzell, drei weitere im Kanton St.Gallen, Thurgau Tourismus, Schaffhauserland Tourismus sowie Liechtenstein Marketing angehören. «Hier müssen wir künftig nebst überregionalen Projekten in funktionalen Räumen denken – ganz so, wie sich der Gast bewegen will», hält Kirchhofer fest. «Der Schlüssel liegt in knackigen übergreifenden Projekten und Angeboten, die zu einer grösseren Gesamtwahrnehmung beitragen und gleichzeitig direkten Nutzen stiften», so Kirchhofer. Als Beispiele nennt er die Oskar-Gästekarte, die geplante «Route Terroir», wo entlang der bestehenden Schweiz-Mobil-Routen in der Bodenseeregion ein neues Erlebnis für (Velo-) Touristen geschaffen werden soll, sowie das «Paddelland Bodensee». Punktuelle Zusammenarbeit bevorzugt Kirchhofers und Beritellis Aussagen werden von Orlando Bergamin, Geschäftsführer von Heidiland Tourismus, gestützt. «Die Hauptfunktion einer touristischen Region ist, nachhaltige Wertschöpfung zu generieren und eine prosperierende Tourismuswirtschaft und stetige Weiterentwicklung zu erreichen», so Bergamin. «Dies gelingt mit einer konkreten Ausgestaltung von Angeboten und Produkten sowie Gästeinformation und -lenkung vonseiten der Tourismusorganisation.» Und hier sei Heidiland Tourismus trotz Pandemie sehr gut aufgestellt. Eine Tourismus-Grossregion lässt sich für Bergamin nicht auf dem Reissbrett entwerfen; sie sei auch nicht sinnvoll. Viel wertvoller und erfolgreicher sei die Zusammenarbeit der Destinationen im Verein Ostschweiz Tourismus in verschiedenen Bereichen. «Wissensaustausch, konkrete Projektzusammenarbeit und Nutzung vorhandener Synergien zahlen sich aus.» Christian Gressbach, Geschäftsführer von Toggenburg Tourismus, setzt auf «Vermarktung vor Ort», auf einen Resonanz- und Ganzjahrestourismus mit einer vertieften Auseinandersetzung mit der Region, der Natur, den Menschen und der Kultur – dies baue nachhaltige Gästeerfahrungen auf. «Zufriedene Gäste und zuvorkommende Einheimische