Große Tage für das Lebensmittelrecht

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Große Tage für das Lebensmittelrecht 25. Deutscher Lebensmittelrechtstag – Zeus, Moses und Martin Bangemann – Rückblick auf eine unaufhaltsame Entwicklung

Presse

Christoph Murmann /lz 12-12

„Brauchen wir ein neues Lebensmittelgesetz?“ So lautete das Thema des ersten Deutschen Lebensmittelrechtstags 1988. Es ging um die damals noch zwischen Herstellern und Handel umstrittene Haftung beim Vertrieb von Lebensmitteln, die so genannte Kettenverantwortung. Der Münchner Lebensmittelrechtler Thomas Mettke fasste die Entwicklung zu einem intellektuellen Parforceritt zusammen. Als Justiziar der Allgäuer Alpenmilch gehörte er zu den Gründungsvätern des Lebensmittelrechtstags, zu dem sich alljährlich für zwei Tage spezialisierte Rechtsanwälte, Wissenschaftler und Anwender aus Unternehmen und Behörden treffen. Zu den Initiatoren gehörte auch der unvergessene Rewe-Justiziar Gert Meier. Mettke zitierte aus Meiers Buch „Die Wirklichkeit der Mythologie“, wie Hermes zum Götterboten und Patron der Kaufleute wurde. Er wolle niemals mehr lügen, versprach Hermes dem Götterva-

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F O TO : T H O M A S F E D R A

Wiesbaden. Das Lebensmittelrecht wird seit den 90er Jahren vom Vorsorgeprinzip bestimmt. Auf dem 25. Deutschen Lebensmittelrechtstag fasste ein bemerkenswerter Vortrag die Entwicklung zusammen und problematisierte die politischen Motive.

Gutgelaunt: Festrednerin Sabine Leutheuser-Schnarrenberger genießt als Bundesjustizministern die Wertschätzung der Juristen. Mit ihr saßen im Wiesbadener Kurhaus auf dem Podium (v. l.) Thomas Mettke, Prof. Rudolf Streinz und Prof. Friedhelm Hufen.

ter, könne aber nicht versprechen, immer die ganze Wahrheit zu sagen. „Das wird auch nicht von dir erwartet“, sagte Zeus mit einem wohlwollenden Lächeln. „Deine Pflichten würden im Schließen von Verträgen, der Förderung des Handels und der Aufrechterhaltung des Wegerechts bestehen.“ Mit dieser Szene sei die Aufgabe des europäischen Lebensmittelrechts für die nächsten Jahre treffend umrissen, meinte Mettke. „Gibt es eine europäische Verkehrsauffassung“, war die Frage, mit der sich der Lebensmittelrechtstag immer wieder beschäftigte. „Ihr sollt kein Aas essen. Dem Fremdling in deiner Stadt darfst du es geben“, heiße es schon im

5. Buch Mose. In selben Geiste verteidigten die Mitgliedsstaaten ihre nationalen Reinheitsgebote für Bier, Käse, Pasta und Whisky. Die Vollendung des Binnenmarkts dauerte bis zum 1. Januar 1992. Seit den 90er Jahren setze eine Neuorientierung der Gesetzgebung ein, die dem Verbraucherschutz den ersten Rang einräumt. Nach der Tschernobyl-Katastrophe und der BSE-Krise wurde der im Umweltrecht anerkannte Gedanke der Vorsorge zur zentralen Zielsetzung auch des Lebensmittelrechts. Heute sind der Schutz von Tieren und Pflanzen Teil der Lebensmittelsicherheit. Der später vielgeschmähte Martin Bangemann benannte die Chancen –

und auch die Grenzen dieses Anspruchs bei der Vorstellung eines Grünbuchs schon 1996: Lebensmittelrecht müsse berücksichtigen, was die Verbraucher über Lebensmittel und ihre Herstellung denken, erklärte der EU-Kommissar, aber die Möglichkeiten der EU dafür seien begrenzt. Seit der Basisverordnung von 2002 bestimmt das Vorsorgeprinzip die Lebensmittelgesetzgebung – und damit auch die Lebensmittelrechtstage. Die Politiker tragen der Risikowahrnehmung der Öffentlichkeit und den damit verbunden Ängsten Rechnung. Damit wird das Vorsorgeprinzip für Mettke zum gesellschaftlichen Konstrukt. Solange Vorsorge jedoch nur auf Risikoanalyse basiere und für die Nützlichkeit keine Bewertungskategorien entwickelt würden, drohe sie auch Innovationen zu blockieren. „Der Paradigmenwechsel der Lebensmittelgesetzgebung zur Gesellschafts- und Gesundheitspolitik“, erscheint Mettke unumkehrbar. „Technikangst und Paradiessehnsucht“ beschäftigten den LeEntdecken bensmittelrechtstag zuSie mehr auf letzt 2011. Werbung beIhrem iPad! dient diese emotionalen Erwartungen und wird nach Desillusionierungen als Täuschung empfunden. Mettke empfiehlt deshalb, bei der Verbraucherpolitik „Abschied zu nehmen vom Ideal eines rational und bewusst handelnden Subjekts.“ Christoph Murmann/lz 12-12

Wiesbadener Kurhaus: Seit Jahren die respektheischende Kulisse des Deutschen Lebensmittelrechtstags.

Auditorium: Zur Jubiläumsveranstaltung trafen sich über 250 Lebensmittelrechtler im Großen Festsaal.


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