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TECHNIK & WISSENSCHAFT
Alles in (die) Butter?! Rechtsanwalt Dr. Markus Kraus, meyer.rechtsanwälte Partnerschaft, München Anmerkung zu EuGH, Rs. C-37/11, Kommission / Tschechische Republik Der Europäische Gerichtshof hatte sich im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens mit der Frage auseinanderzusetzen, unter welchen Voraussetzungen ein Erzeugnis als »pomazánkové máslo«
(streichfähige Butter) in Verkehr gebracht werden darf. Entsprechende Anforderungen sind in der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 über die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte enthalten. Art. 115 Abs. 2 i.V.m. Teil A der Anlage XV dieser Verordnung definiert »Butter« als »Erzeugnis mit einem Milchfettgehalt von mindestens 80% und weniger als 90%, einem Höchstgehalt an Wasser von 16% sowie einem Höchstgehalt an fettfreier Milchtrockenmasse von 2%«. Nach Abschnitt II Ziff. 2 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 gilt diese Regelung jedoch nicht für Produkte, deren
genaue Beschaffenheit sich aus ihrer traditionellen Bezeichnung ergibt, und/oder wenn die Bezeichnung eindeutig zur Beschreibung der charakteristischen Eigenschaft des Erzeugnisses verwandt wird. Produkte, auf die diese Ausnahmeregelung anzuwenden ist, werden in einem Verzeichnis der Europäischen Kommission i.S.d. Verordnung (EG) Nr. 445/2007 geführt. § 1 Abs. 2 q) der tschechischen Verordnung Nr. 77/2003 definiert »pomazánkové máslo« – ein butterähnliches Erzeugnis, das als Brotaufstrich, aber auch als Bestandteil der Herstellung anderer Lebensmittel verwendet wird – als »Milcherzeugnis aus mit Milchpulver oder Buttermilchpulver angereichertem Sauerrahm, das einen Milchfettgehalt von mindestens 31% (Massenanteil) und eine Trockengehalt von 42% aufweist«. Dieses Erzeugnis erfüllt aber weder die Anforderungen an »Butter« i.S.d. Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 noch war es in der Liste der Ausnahmeregelungen aufgeführt.
Wettbewerb und Verbraucherschutz gefährdet Der EuGH qualifizierte diese Regelung, die die Vermarktung eines Milcherzeugnisses, das nicht als »Butter« eingestuft werden könne, aber die Verwendung der Bezeichnung „pomazánkové máslo« gestattet, als unzulässig. Entgegen der Auf-
Rechtsanwalt Dr. Markus Kraus, Maître en Droit (Bordeaux), meyer.rechtsanwälte Partnerschaft, München; Tätigkeitsschwerpunkt: Beratung und Vertretung im deutschen und europäischen Lebensmittelrecht. Foto: meyer.rechtsanwälte
fassung der Tschechischen Republik sind die Ausnahmevorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 nur auf Erzeugnisse anzuwenden, die die dort niedergelegten Anforderungen erfüllen und die Kommission in die Liste der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 aufnahm. Anderenfalls werde die mit der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 intendierte Vollharmonisierung für die Klassifizierung von Milcherzeugnisse ihrer praktischen Wirksamkeit beraubt und die Ziele des lauteren Wettbewerbs und Verbraucherschutzes gefährdet. Der EuGH hält mit diesem Urteil in ständiger Rechtsprechung an seiner restriktiven Grundauffassung bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln fest (vgl. nur EuGH, Rs. C- 47/09 Reine Schokolade). In Konsequenz dieser Rechtsprechung haben die Mitgliedstaaten bei der Festlegung von Etikettierungsvorschriften für Lebensmittel einen geringen Gestaltungsspielraum, um ihren unionsrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen.
dmz 23/ 2012 | 29