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Ehrmann droht Ohrfeige im Quark-Prozess Im Prozess um die Werbung für Kinderquark droht der Molkerei Ehrmann eine Niederlage vor dem Europäischen Gerichtshof. Der Slogan verstößt nach Ansicht des Generalanwalts gegen eine EU-Verordnung. Von Michael Gassmann Der zuckerhaltige Kinderquark „Monsterbacke“ sei „So wichtig wie das tägliche Glas Milch“, hatte die Molkerei Ehrmann in ihrer Werbung behauptet. Der Spruch verstößt nach Ansicht des EuGH-Generalanwalts Melchior Wathelet gegen eine EU-Verordnung zu gesundheitsbezogenen Angaben über Lebensmittel, wie der Europäische Gerichtshof heute in Luxemburg mitteilte. Damit droht dem Milchprodukte-Hersteller aus dem Allgäu eine Niederlage in dem Verfahren. Der EuGH ist an die Schlussanträge seiner Generalanwälte zwar nicht gebunden, folgt ihnen aber in der Regel. Das Urteil wird in einigen Monaten erwartet. Dem Urteil wird eine grundsätzliche Bedeutung für zuckerhaltige Lebensmittel zugesprochen. Bereits mehrfach hatte das Gericht in anderen Verfahren allzu kühne Werbeaussagen zu Nahrungsund Genussmitteln gestoppt. Vor einem Jahr etwas kassierte es einen Slogan über einen angeblich „bekömmlichen Wein“. Im Fall „Monsterbacke“ hält die klagende Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs den Slogan für irreführend, weil auf der Verpackung nicht auf den gegenüber Milch erheblich höheren Zuckergehalt hingewiesen werde. Der Bundesgerichtshof wollte vom Europäischen Gerichtshof nun wissen, ob Ehrmann die EU-Verordnung zu Hinweispflichten über gesundheitsbezogene Angaben für Lebensmittel erfüllen muss. Diese sind nach europäischem Recht nur ausnahmsweise erlaubt.
Vorwürfe von Foodwatch Generalanwalt Wathelet ist dieser Auffassung und hob in seinem Schlussantrag hervor, die Werbung sei eine gesundheitsbezogene Angabe. Sie könne beim Durchschnittsverbraucher den Eindruck erwecken, der Quarkkonsum wirke sich positiv auf die Gesundheit aus. Verbraucherzentralen und Organisationen wie Foodwatch werfen der Industrie immer wieder vor, mit irreführender Werbung für zuckerhaltige Lebensmittel die Verbraucher zu täuschen. Auch die EU-Kommission hatte zuvor bereits kritisiert, Ehrmann wolle mit seinem Slogan vom in Deutschland besonders guten Image der Milch profitieren. Beim Verbraucher könne der Eindruck entstehen, der Verzehr des Quark verringere Gesundheitsrisiken. „Ehrmann setzt alles daran, überzuckerte Produkte als Spielzeug zu vermarkten“, heißt es beispielsweise auf der Footwatch-Website zu „Monsterbacke“-Erzeugnissen. Effekte wie Knisterzucker und Zungenfärber drohten vergessen zu machen, dass der Quark acht Stück Würfelzucker pro 135-Gramm-Becher enthalte – mehr als manches Schoko-Sahne-Produkt. „Monsterbacke“ sei „ganz einfach eine Süßigkeit“, so Foodwatch. Ehrmanns Anwälte hatten den Werbespruch mit dem Argument verteidigt, er enthalte nach EURecht keine gesundheitsbezogene Angabe. Andere Hersteller würden ihre Produkte zudem mit ähnlichen positiven Sprüchen bewerben. „Der Appell an gute Gefühle ist der Kern jeder Werbung“, sagte ein Ehrmann-Anwalt. 14. November 2013