PRESSE
Schokoriegel-Rückruf
Mars Attacks – Krisen können, sieht anders aus Der Mars-Rückruf war überhastet, findet unser Gastautor Alfred Hagen Meyer und sieht in der Außenwirkung „eine Amerikanisierung übertriebenen Handelns“. Eine Replik Alfred Hagen Meyer Eine Replik auf die erste Einschätzung von Armin Sieber Wir hadern vor allem mit dem Unbekannten, mit dem, was wir nicht greifen und begreifen können beziehungsweise wollen. Wir hadern heute mit allem: Gammelfleisch, Dioxin, EHEC. Manche weiden sich aber auch an Skandalen. In dem Blog „das-ist-drin.de“ finden sich, unter Verweis auf eine vom Magazin „Stern“ schaurig-schön akribisch zusammengestellte Liste, „die schönsten Lebensmittelskandale 2000 bis 2006“. Ist es dann nicht ein Glücksfall für gelebt fürsorglichen Verbraucherschutz, wenn ein globales Unternehmen wie Mars Chocolate keine Kosten und Mühen scheut und wegen eines läppischen kleinen Plastikstücks einen, in seiner Dimension ungewöhnlich gigantischen, Rückruf in mehr als 50 Ländern durchführte? Schließlich ließ das Unternehmen tausende Tonnen respektive Millionen Stück Mars, Snickers und Milky Way aus den Verkaufsregalen holen und vernichten. Allseits wird Mars für sein Handeln gelobt. „Früher haben Firmen einen stillen Rückruf vorgenommen, dann wurden betroffene Produkte einfach aus dem Supermarkt-Regal genommen, ohne dass die Öffentlichkeit es bemerkte“, kommentierte Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg. Ex-Verbraucherschutzministerin Renate Künast sieht die Rückrufaktion gar als Zeichen eines Kulturwandels: „früher hat man manches vertuscht“. Krisenkommunikatoren, die es besser wissen müssten, blasen ins gleiche Horn. „Mars demonstriert mit dem schnellen Rückruf wie wichtig glaubhaftes und transparentes Handeln für den Kern und die Wahrnehmung einer Marke sind“, äußerte sich Felix Stöckle, Partner der Strategieberatung Prophet. „Ein Musterbeispiel für gelungene Krisen-PR“, findet auch Helmut Kosa von der Werbeagentur Pjure Isobar in einem Artikel auf „Die Presse.com“.
Alfred Hagen Meyer Meyer Rechtsanwälte Partnerschaft Partner Alfred Hagen Meyer ist Partner der Meyer Rechtsanwälte Partnerschaft in München und Professor für Lebensmittelrecht an der dortigen TU. Die Schwerpunkte seiner Tätigkeit sind das Lebensmittelrecht sowie das Recht der Lebensmittelkontaktmaterialen und Bedarfsgegenstände mit allen seinen Facetten wie Produktentwicklung, Kennzeichnung und health claims, Risk Assessment und Krisenmanagement sowie Lobbyarbeit auf nationaler und europäischer Ebene.
Krisen können sieht anders aus Doch mitnichten. Best Practice guter Krisenkommunikation und -managements heißt: ein Problem rechtzeitig erkennen, den Fehler sich selbst und anderen eingestehen, unverzüglich, aber nicht voreilig, agieren und dabei auch nicht vor einem finanziell erheblichen Aufwand zurückschrecken. Die Kommunikation von Mars ist ein Beispiel, wie es nicht geht. Am 23.Februar verkündet Mars einen „freiwilligen“ Rückruf ihrer Schokoladenprodukte, „nachdem in einem Produkt ein Kunststoffteilchen gefunden worden ist“. Eine Frau in Deutschland hatte sich darüber beschwert. Das Plastikstück sei „einen halben Zentimeter, also einen Zentimeter groß“, sagte Martin Neipp, Head of Corporate Affairs von Mars Chocolate Deutschland, auf Nachfrage in den Tagesthemen desselben Abends. Am nächsten Tag war vom Leiter von Mars Niederlande, wo der Unfall passiert war, in den Medien zu lesen, dass beim Austauschen einer Leitung ein Plastikdeckel in den Produktionsprozess gelangt sei. Gleichzeitig räumte dieser Fehler ein: „Das haben wir zu spät entdeckt.“ Während in der ersten Pressemitteilung vom 23. Februar von einem betroffenen Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) vom 19.06.2016 bis 08.01.2017 die Rede war, heißt es nur wenige Tage später, dass sich das MHD 19.6.2016 nur auf Snickers und Celebrations bezöge, das des 8.1.2017 nur auf Milky Way. Insofern konnten zum Verdruss des Handels dort Produkte gefunden werden, die laut erster Mitteilung eigentlich vom Rückruf erfasst sein sollten, worüber sich dann der Handel gegenüber Verbrauchern (unnötig) erklären musste.