Backkongress 2013

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Lebensmittelklarheit.de & was lernen wir daraus? Prof. Dr. Alfred Hagen Meyer: Mai 2013 | Š meyer.rechtsanwälte


Vortrag - Inhalte

•  verführen & verschaukeln?

•  über Heuristiken & Verzerrungen •  & was macht der Gesetzgeber?

prof. dr. alfred hagen meyer | 04.06.13


Der (un-) mündige Verbraucher

EuGH •  „durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher“ BGH •  „durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers ab, der das fragliche Werbeverhalten mit einer der Situation angemessenen Aufmerksamkeit verfolgt“ = auch der mündige Verbraucher ist manchmal doof prof. dr. alfred hagen meyer | 04.06.13


Der (un-) m端ndige Verbraucher

warum nicht? Hinweis auf Packungsvorderseite: QUID = 70 % Roggen

prof. dr. alfred hagen meyer | 04.06.13


Der (un-) mündige Verbraucher

warum nicht? Hinweis auf Packungsvorderseite: QUID: „mit mildem Ziegenkäse 5 %“?

prof. dr. alfred hagen meyer | 04.06.13


Der (un-) mündige Verbraucher

warum nicht? Hinweis „aromatisiert“?

prof. dr. alfred hagen meyer | 04.06.13


Der (un-) m체ndige Verbraucher

geht gar nicht: Frucht + Quark rot eingef채rbt

prof. dr. alfred hagen meyer | 04.06.13


Der (un-) m端ndige Verbraucher

prof. dr. alfred hagen meyer | 04.06.13


端ber Heuristiken & kognitive Verzerrungen

prof. dr. alfred hagen meyer | 04.06.13


Heuristiken & kognitive Verzerrungen Psychologische Studien zeigen, dass sich Menschen auf “heuristische Prinzipien” verlassen oder intuitiv zur Vereinfachung tendieren (“rules of thumb”), wenn sie die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Ereignisses abschätzen Dies enthält:

ü  ü  ü

Vorhersage durch Repräsentativität Verfügbarkeit Anpassung und Verankerung

Tversky & Kahneman, 1974 Daniel Kahneman - Schnelles Denken, langsames Denken, Siedler 2011

prof. dr. alfred hagen meyer | 04.06.13


Heuristiken - Repräsentativität Probalistische Fragen: Bei der Beantwortung solcher Fragen stützen sich Menschen typischerweise auf die Repräsentationsheuristik, bei der die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses nach dem Ausmaß, in dem „A“ repräsentativ für „B“ ist, beurteilt wird, also nach dem Ausmaß, in dem „A“ „B“ ähnelt. Beispiele:

•  Einer Institution wird wenig Vertrauen entgegen gebracht, wenn es in der Vergangenheit Probleme gab •  Bestimmte Lebensmittel werden als suspekt eingestuft, wenn sie vormals auffällig waren

prof. dr. alfred hagen meyer | 04.06.13


Verfügbarkeit Situationen, in denen Menschen die Häufigkeit einer Klasse oder die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses nach der Leichtigkeit beurteilen, mit der ihnen Beispiele oder Fälle einfallen. Beispiele:

•  eine verstärkte Berichterstattung über einen E.coli Ausbruch macht Menschen glauben, solche Vorfälle seien alltäglich.

•  angesichts der Vielzahl der Funde mit Pferdefleisch argwöhnen Verbraucher, dass bei Fleisch stets getäuscht werde

prof. dr. alfred hagen meyer | 04.06.13


& was macht der Gesetzgeber?

prof. dr. alfred hagen meyer | 04.06.13


Lauterkeit der Informationspraxis Art. 7 LMIV 1169/2011 (1) Informationen über Lebensmittel dürfen nicht irreführend sein, insbesondere […] d)

indem durch das Aussehen, die Bezeichnung oder bildliche Darstellungen das Vorhandensein eines bestimmten Lebensmittels oder einer Zutat suggeriert wird, obwohl tatsächlich in dem Lebensmittel ein von Natur aus vorhandener Bestandteil oder eine normalerweise in diesem Lebensmittel verwendete Zutat durch einen anderen Bestandteil oder eine andere Zutat ersetzt wurde [Imitate]

Nach Anhang VI Teil A 4. muss in diesem Fall die Kennzeichnung — zusätzlich zum Zutatenverzeichnis — mit einer deutlichen Angabe des Bestandteils oder der Zutat versehen sein, der/die für die teilweise oder vollständige Ersetzung verwendet wurde, und zwar in unmittelbarer Nähe zum Produktnamen und in einer Schriftgröße, deren x-Höhe mindestens 75 % der x-Höhe des Produktnamens beträgt und die nicht kleiner als die in Artikel 13 Absatz 2 dieser Verordnung vorgeschriebene Mindestschriftgröße sein darf. prof. dr. alfred hagen meyer | 04.06.13


Der (un-) mündige Verbraucher Lauterkeit der Informationspraxis, Art. 7

„Analogkäse“ („Käseimitat“), genauer gesagt eine „Lebensmittelzubereitung mit Pflanzenfett“, müsste nach Art. 7 Abs. 1 lit. d LMIV 1169/2011 nicht gesondert stigmatisiert werden, weil bei diesem Erzeugnis Käse nicht ersetzt wurde. prof. dr. alfred hagen meyer | 04.06.13


Der (un-) mündige Verbraucher Lauterkeit der Informationspraxis, Art. 7 (1) Informationen über Lebensmittel dürfen nicht irreführend sein, insbesondere […] d) indem durch das Aussehen, die Bezeichnung oder bildliche Darstellungen das Vorhandensein eines bestimmten Lebensmittels oder einer Zutat suggeriert wird, obwohl tatsächlich in dem Lebensmittel ein von Natur aus vorhandener Bestandteil oder eine normalerweise in diesem Lebensmittel verwendete Zutat durch einen anderen Bestandteil oder eine andere Zutat ersetzt wurde [Imitate]

Sauce Hollandaise mit Pflanzenfett ? [statt Butter] Zutaten: Milcheiweißerzeugnis, Trockeneigelb (20%), Magermilchpulver, Maltodextrin, Pflanzenfett, Jodsalz, Emulgator Mono- und Diglyceride von Speisefettsäuren, Verdickungsmittel Xanthan, Zucker, Gewürzextrakte, Hefeextrakt, Säuerungsmittel Citronensäure

prof. dr. alfred hagen meyer | 04.06.13


LMIV 1169/2011, alles neu – oder was? Lesbarkeit Art. 13 Abs. 2 LMIV […] Schriftgröße mit einer x- Höhe gemäß Anhang IV von mindestens 1,2 mm

prof. dr. alfred hagen meyer | 04.06.13


LMIV 1169/2011, alles neu – oder was?

© www.kulinaria.org – info@kulinaria.org

prof. dr. alfred hagen meyer | 04.06.13


LMIV 1169/2011 - Herkunftskennzeichnung Die neuen Vorschriften zur Herkunftskennzeichnung Art. 26 Abs. 2: Die Angabe des Ursprungslands oder des Herkunftsorts ist verflichtend: a) Falls ohne diese Angabe eine Irreführung über die Herkunft des Lebensmittels möglich wäre, insbesondere wenn anderenfalls der Eindruck erweckt würde, das Lebensmittel wäre anderer Herkunft b) bei frischem, gekühltem oder gefrorenem Fleisch von Schweinen, Schafen, Ziegen und Hausgeflügel (Hühner, Gänse, Enten, Truthühner, Perlhühner) (8) Die Kommission erlässt nach der Durchführung von Folgenabschätzungen bis zum 13. Dezember 2013 Durchführungsrechtsakte zur Anwendung von Absatz 2 Buchstabe b und Absatz 3 dieses Artikels. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 48 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen. prof. dr. alfred hagen meyer | 04.06.13


LMIV 1169/2011 - Herkunftskennzeichnung Art. 26 (3) LMIV 1169/2011 Ist das Ursprungsland oder der Herkunftsort eines Lebensmittels angegeben und dieses/dieser nicht mit dem Ursprungsland oder dem Herkunftsort seiner primären Zutat identisch, so a) ist auch das Ursprungsland oder der Herkunftsort der primären Zutat anzugeben; oder b) ist anzugeben, dass die primäre Zutat aus einem anderen Ursprungsland oder Herkunftsort kommt als das Lebensmittel.

(8) Die Kommission erlässt nach der Durchführung von Folgenabschätzungen bis zum 13. Dezember 2013 Durchführungsrechtsakte zur Anwendung von Absatz 2 Buchstabe b und Absatz 3 dieses Artikels. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 48 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen. prof. dr. alfred hagen meyer | 04.06.13


LMIV 1169/2011 - Herkunftskennzeichnung Egr. 32 + Art. 26 Abs. 5 und 6: Die Kommission soll innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung einen Bericht vorlegen, inwieweit Ursprungsangaben auch für folgende andere Lebensmittel vorgeschrieben werden können:

•  •  •  •

andere bisher nicht erfasste Fleischsorten unverarbeitete Lebensmittel Erzeugnisse aus einer Zutat Zutaten, die über 50% eines Lebensmittels ausmachen

•  Milch (auch als Zutat in Milcherzeugnissen) (schnellstmöglich) •  als Zutat verwendetes Fleisch (innerhalb von 2 Jahren)

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LMIV 1169/2011 - Herkunftskennzeichnung VERORDNUNG (EWG) Nr. 2913/92 vom 12.10.1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften

Artikel 24 Eine Ware, an deren Herstellung zwei oder mehrere L채nder beteiligt waren, ist Ursprungsware des Landes, in dem sie der letzten wesentlichen und wirtschaftlich gerechtfertigten Be- oder Verarbeitung unterzogen worden ist, die in einem dazu eingerichteten Unternehmen vorgenommen worden ist und zur Herstellung eines neuen Erzeugnisses gef체hrt hat oder eine bedeutende Herstellungsstufe darstellt. Artikel 25 Eine Be- oder Verarbeitung, bei der festgestellt worden ist oder bei der die festgestellten Tatsachen die Vermutung rechtfertigen, dass sie nur die Umgehung von Bestimmungen bezweckt, die in der Gemeinschaft f체r Waren bestimmter L채nder gelten, kann den so erzeugten Waren keinesfalls im Sinne des Artikel 24 die Eigenschaft von Ursprungswaren des Be- oder Verarbeitungslandes verleihen. prof. dr. alfred hagen meyer | 04.06.13


LMIV 1169/2011 - Herkunftskennzeichnung „Letzte wesentliche und wirtschaftlich gerechtfertigte Be- oder Verarbeitung“ Der letzte Produktionsschritt muss dem Lebensmittel eine charakteristische Eigenschaft verleihen, die sie vorher nicht hatte Nicht ausreichend sind einfache Be- oder Verarbeitungsvorgänge wie etwa •  Mischen, Sortieren, Sieben, Waschen, Zerschneiden •  Verpacken, Abfüllen •  Anbringen von Markenzeichen/Etiketten •  End- und/oder Qualitätskontrollen (sog. Minimalbehandlung gem. Art. 38 Zollkodex-DurchführungsVO)

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& noch was:

prof. dr. alfred hagen meyer | 04.06.13


muss das sein?

prof. dr. alfred hagen meyer | 04.06.13


Kontakt

Prof. Dr. Alfred Hagen Meyer meyer.rechtsanwälte Sophienstraße 5 D-80333 München Fon +49 (0) 89- 85 63 88 0 - 0 E-Mail: meyer@meyerlegal.de Internet: www.meyerlegal.de Blog: http://meyerlegal.wordpress.com Twitter: meyer.tweets

prof. dr. alfred hagen meyer | 04.06.13


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