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Verbeeks Seitenblicke
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Kennzeichnung als „lactosefrei“ Welche Lactose-Höchstgehalte sind für allgemeine Lebensmittel einzuhalten? Uta Verbeek und Natalie Ahmann Zahlreiche „lactosefreie“ Lebensmittel sind inzwischen für Verbraucher erhältlich. Bislang gibt es allerdings keine gesetzlich festgelegten europäischen Grenzwerte bezüglich der Deklaration von allgemeinen Lebensmitteln als „lactosefrei“.
Die Europäische Behörde für Lebensmit-
Galactose) gespalten. Diese Bausteine
telsicherheit beschäftigte sich auf Er-
werden daraufhin von der Darmschleim-
suchen der Europäischen Kommission
haut resorbiert und nach Umsetzung in
bereits im Jahr 2010 mit möglichen Lac-
der Leber als Glucose in das Blut aufge-
tose-Grenzwerten im Hinblick auf Lac-
nommen. Vom gesunden Menschen wird
toseintoleranz und Galactosämie. Hierzu
Lactose vollständig gespalten und resor-
veröffentlichte auch die Lebensmittelche-
biert. Personen mit Lactoseintoleranz wei-
mische Gesellschaft ein Positionspapier im
sen allerdings eine verminderte oder feh-
Jahr 2005. Welche in den beiden Publika-
lende Aktivität des Enzyms Lactase auf.
tionen aufgeführten Lactose-Gehalte für eine Kennzeichnung als lactosefrei bei
Lactoseintoleranz [2–4]
allgemeinen Lebensmitteln einzuhalten
Lactoseintoleranz (Milchzuckerunverträg-
sind, soll im Folgenden näher betrachtet
lichkeit) ist die häufigste Nahrungsmit-
werden.
telintoleranz im Erwachsenenalter. Per-
Lactose und das Enzym Lactase [1,2]
sonen, die an Lactoseintoleranz leiden,
Dr. Uta Verbeek
»
Zur Person
Geschäftsführerin
weisen eine Unverträglichkeit gegenüber
meyer.science GmbH,
Lactose aufgrund eines gestörten Lacto-
München
Lactose (Milchzucker) ist das Haupt-Koh-
seabbaus während der Verdauung auf.
meyerscience.com
lenhydrat der Milch, ein Disaccharid aus
Rund 75 % der Weltbevölkerung vertra-
Glucose und Galactose. Gebildet wird Lac-
gen Lactose nicht optimal, unter den Asi-
tose in den Milchdrüsen von Säugetieren.
aten und Afrikanern rund 80 bis 100 %. In
Durch Einwirkung von Säuren oder Lac-
Abhängigkeit der Ursache wird zwischen
tase wird Lactose in ihre Bausteine Glucose
primärer und sekundärer Lactoseintole-
und Galactose gespalten. Bei dem Enzym
ranz differenziert.
Lactase – chemisch korrekte Bezeich-
Aufgrund der verminderten oder feh-
nung: β-D-Galactosid-Galactohydrolase,
lenden Aktivität des Enzyms Lactase ge-
kurz β-Galactosidase – handelt es sich um
langt die unverdaute Lactose in den
ein Enzym der Mikrovilli-Membran der En-
Dickdarm. Dort angesiedelte Bakterien
terocyten.
verstoffwechseln diese zu Milch- und
Bei der Verdauung wird Lactose durch
Essigsäure sowie Gasen wie Kohlendi-
die im Mucosa-Epithel lokalisierte Lactase
oxid und Wasserstoff, die bei Betroffe-
in seine monomeren Bausteine (Glucose,
nen klinische Beschwerden wie Blähun-
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Verbeeks Seitenblicke
« Lactosefreie Lebensmittel
HO
Auf dem europäischen Markt sind ver-
HO
OH O
schiedene Sorten „lactosefreier“ Produkte
OH OH O
HO O
zu finden. In einigen Mitgliedstaaten gibt es nur wenige Produkte, während in ande-
OH + H2O
OH O
OH
HO
(2)
HO
OH
HO OH OH
ren Mitgliedsstaaten fast die gesamte Palette an Milchprodukten als „lactosefrei“ oder „lactosearm“ angeboten wird [2]. Der Notwendigkeit einer Herstellung
OH O
„lactosefreier“ Milch und Milcherzeug-
HO
nisse, um den speziellen Ernährungs(1)
OH
bedürfnissen dieser Zielgruppe (unter Lactoseintoleranz leidende Personen)
Hydrolyse von Lactose
nachzukommen, wird auch durch be-
(z. B. durch Lactase) zu
stimmte gesetzliche Regelungen Rech-
Galactose (1) und
gen, krampfartige Bauchschmerzen und
Glucose (2)
Völlegefühl verursachen können. Je mehr
Die Erlaubnis für die Herstellung von
Lactose aufgenommen wird, desto stär-
„lactosefreier“ Milch ist bereits in Art.
ker sind die Beschwerden. Zudem produ-
78 i. V. m. Anhang VII Teil IV Verordnung
zieren Bakterien aus Lactose kurzkettige
(EG) Nr. 1308/2013 verankert. Danach
Fettsäuren, die den osmotischen Druck
darf eine Veränderung von Konsummilch
erhöhen. Durch die daraus resultierende
durch „die Verringerung des Lactosege-
vermehrte Wasseransammlung im Darm-
haltes der Milch durch Umwandlung von
lumen kommt es zu einer osmotischen
Lactose in Glucose und Galactose“ vorge-
Diarrhoe.
nommen werden.
»
Lactosefreie Milch: Herstellung durch enzymatische Spaltung von Lactose rechtlich fixiert
«
nung getragen.
Der Lactoseabbau soll gemäß der oben
Galactosämie [2,5]
genannten Verordnung gezielt durch eine
Neben Personen, die an Lactoseintoleranz
enzymatische Spaltung erreicht werden,
leiden, gibt es noch eine weitere Gruppe
bei der die monomeren Bausteine der Lac-
von Personen, die im Rahmen ihrer Ernäh-
tose, Glucose und Galactose entstehen.
rung den Verzehr von Lactose vermeiden
Dementsprechend sind die Zielgruppe ei-
sollten. Dies sind Personen, welche an
ner derart veränderten Konsummilch ein-
Galactosämie leiden. Diese Erkrankung
deutig nur Personen, die eine Lactoseinto-
tritt aufgrund unterschiedlicher geneti-
leranz aufweisen, jedoch nicht Personen,
scher Enzymdefekte im Galactose-Meta-
die an einer Galactosämie leiden, da der
bolismus auf. Durch diese Blockade des
Zucker Galactose, der für die Auslösung
Galactose-Stoffwechsels kommt es zu ei-
von Symptomen bei unter Galactosämie
ner vermehrten Galactose-Ansammlung
leidenden Personen verantwortlich ist,
im Organismus und in Folge zu Schäden
im Rahmen dieses (als einzigen) zuge-
an verschiedenen Organsystemen.
lassenen Herstellungsprozesses „lactose-
Die diätetische Maßnahme für alle Typen der Galactosämie ist – so weit wie
freier“ Konsummilch immer noch in der Milch vorhanden ist.
möglich – die Elimination aller Galactose-
Gesetzlich ist durch diese Vorschrift nur
Quellen. Somit sollte auch der Verzehr
die Herstellung „lactosefreier Milch“ ge-
von Lactose limitiert werden, da durch das
regelt. Für die Herstellung anderer „lac-
bei unter Galactosämie leidenden Perso-
tosefreier“ Milcherzeugnisse (inkl. Käse)
nen vorhandene Enzym Lactase der in Be-
ist dagegen eine Ausnahmegenehmigung
zug auf Galactosämie problematische mo-
für Milcherzeugnisse nach § 4 Absatz 1
nomere Baustein Galactose aus Lactose
Nummer 1 des Milch- und Margarinege-
freigesetzt wird.
setzes für die Verwendung von Lactase
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Juli 2014 | DLR
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Verbeeks Seitenblicke
bei der Herstellung und dem Inverkehr-
tosegehalt unter 0,1 g Lactose/100 g Mil-
bringen des beantragten Milcherzeugnis-
cherzeugnis liegt.
ses vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) erforderlich.
Diese Vorgabe beruhe darauf, dass unter Anwendung der gängigen Methode zur Bestimmung des Lactosegehaltes in
Produkte mit Ausnahmegenehmigung
Milch und Milchprodukten (Amtliche Me-
Da die Herstellung der mit Ausnahmege-
thode L 01.00-17) eine Überprüfung von
nehmigung legitimierten Produkte eben-
Lactosegehalten kleiner 0,1 g/100 g nicht
falls durch die enzymatische Spaltung von
möglich sei.
Lactose mittels Lactase erfolgt, enthalten monomeren Bausteine der Lactose, Glu-
Keine europäischen Grenzwerte für „lactosefrei“
cose und Galactose. Somit sind auch für
Derzeit gibt es bezüglich der Deklara-
diese Produkte lediglich Personen als Ziel-
tion von allgemeinen Lebensmitteln als
gruppe anzusehen, die an einer Lactosein-
„lactosefrei“ keine gesetzlichen europäi-
toleranz leiden, nicht jedoch Personen,
schen Grenzwerte. Aus diesem Grund be-
die unter Galactosämie leiden.
auftragte die Europäische Kommission
diese „lactosefreien“ Produkte auch die
Aktuell ist der Maßstab für die Kenn-
im Jahr 2010 die Europäische Behörde
zeichnung in der Zulassungspraxis des
für Lebensmittelsicherheit (EFSA) mit der
BMEL bezüglich der Verwendung von Lac-
Ermittlung von Lactose-Grenzwerten im
tase im Rahmen von Ausnahmegenehmi-
Hinblick auf Lactoseintoleranz und Ga-
gungen nach § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 und
lactosämie.
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Lactosefreie Milcherzeugnisse: Herstellung durch enzymatische Spaltung von Lactose legitimiert durch Ausnahmegenehmigungen; Kennzeichnung: 0,1 g Lactose/100 g Milcherzeugnis
«
Abs. 3 MilchMarG zu sehen. Dort gibt das Ministerium vor, dass der Hinweis „lac-
Europäische Behörde für Lebensmittel-
tosefrei“ nach Maßgabe der amtlichen
sicherheit (EFSA)
Methode nach § 64 des Lebensmittel-
Die EFSA veröffentlichte die Stellung-
und Futtermittelgesetzbuches L 01.00-17
nahme zu Lactose-Grenzwerten im Hin-
(1983) nur erfolgen darf, wenn der Lac-
blick auf Lactoseintoleranz und Galactos-
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Verbeeks Seitenblicke
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ämie am 24. September 2010 [2]. Darin
prinzipiell nicht für den Verzehr durch
betont die EFSA, dass die Intensität der
Personen, die an Galactosämie leiden,
Symptomatik einer Lactoseintoleranz in-
geeignet sind, unabhängig vom Restlac-
dividuell unterschiedlich ausgeprägt ist.
tosegehalt.
Sie wird von verschiedenen Faktoren be-
Auf Basis dieser von der EFSA angege-
einflusst, wie z. B. der Menge der verzehr-
benen Datenlage lässt sich ein Grenzwert
ten Lactose, der Restaktivität der Lactase
von maximal 0,1 g Lactose/100 g Lebens-
im Dünndarm, der Zusammensetzung
mittel als Voraussetzung für die Angabe
der Dickdarmflora und der Magenentlee-
„lactosefrei“ rechtfertigen. Bei Aufnahme
rungsgeschwindigkeit bzw. Dünndarm-
derart geringer Mengen an Lactose durch
Natalie Ahmann
transitzeit sowie der Zusammensetzung
Verzehr solcher „lactosefreier“ Lebensmit-
Rechtsanwältin
der Nahrung.
tel sind für Personen, die an Lactoseintole-
Es gibt daher keinen einheitlichen Grenzwert, bis zu welchem Lactose bei
ranz leiden, in der Regel keine Beschwerden zu erwarten.
Lactoseintoleranz verträglich ist. Vielmehr ist die minimal verträgliche Lactosemenge
Lebensmittelchemische Gesellschaft
individuell zu ermitteln.
(LChG)
Vereinzelt wurden bereits ab Aufnah-
Die Lebensmittelchemische Gesellschaft
memengen unter 6 g Lactose abdominelle
(LChG) schlägt in einem Positionspapier
Beschwerden beschrieben. Daten eines
[6] von 2005 für die Kennzeichnung von
systematischen Reviews zeigten jedoch,
Lebensmitteln als „lactosefrei“ folgende
dass die meisten Personen, bei denen eine
Kriterien vor:
Lactoseintoleranz diagnostiziert wurde,
Gehalt an Lactose und/oder Lactoseab-
durchaus bis zu 12 g Lactose als Einzeldo-
bauprodukten (hier Galactose):
sis ohne größere Beschwerden vertragen
≤ 10 mg/ 100 g bzw. ml verzehrsfertiges
können, insbesondere wenn die Lactose
Lebensmittel
im Rahmen einer Mahlzeit (zusammen mit Protein und Fett) verzehrt wird.
»
Lactosefreie Produkte, welche mittels enzymatischer Spaltung von Lactose gewonnen werden, sind laut EFSA und GDCh nicht für Personen mit Galactosämie geeignet
«
Dieser Grenzwert von max. 0,01 g/100 g
In Bezug auf Personen, die an Galac-
Lebensmittel umfasst somit neben dem
tosämie leiden, verweist die EFSA – basie-
Gehalt an Lactose auch die Lactoseab-
rend auf den von der Arbeitsgemeinschaft
bauprodukte, wie z. B. Galactose. Folglich
für Pädiatrische Stoffwechselstörungen
soll dieser Grenzwert – wie auch die LChG
(APS) veröffentlichten Richtwerten über
selbst ausführt – nicht nur dem Schutz von
eine täglich zulässige Galactosemenge für
Personen dienen, die eine Lactoseintole-
Personen mit Galactosämie – auf den be-
ranz aufweisen, sondern auch dem Schutz
reits für Säuglingsanfangs- und Folgenah-
von Personen, die an Galactosämie leiden
rung etablierten europäischen Grenzwert
und daher keine Galactose (und somit
von maximal 10 mg Lactose/100 kcal Le-
auch keine Lactose) vertragen.
bensmittel, um Beschwerden dieser Personengruppe vorzubeugen.
Lebensmittel, in denen Lactose durch Anwendung einer enzymatischen Hyd-
Die EFSA stellt in diesem Zusammen-
rolyse in die monomeren Bausteine Glu-
hang jedoch auch klar, dass dieser Grenz-
cose und Galactose zerlegt wurde – wie
wert nur dann anzuwenden wäre, wenn
bei allen Produkten mit vom BMEL erteil-
speziell für diese Zielgruppe sowohl lac-
ten Ausnahmegenehmigungen – können
tosefreie als auch galactosefreie Lebens-
diesen von der LChG postulierten, stren-
mittel produziert würden. Des Weiteren
gen Grenzwert allerdings nicht einhalten.
weist die EFSA explizit daraufhin, dass Le-
Auch die LChG stellt dazu fest, dass Pro-
bensmittel, in denen Lactose durch An-
dukte mit enzymatisch zu Monosacchari-
wendung einer enzymatischen Hydrolyse
den (Glucose und Galactose) abgebauter
der Lactose in die monomeren Bausteine
Lactose nicht für Personen mit Galactos-
Glucose und Galactose entfernt wurde,
ämie geeignet seien. Somit müssten – wie
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Juli 2014 | DLR
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Verbeeks Seitenblicke
auch die EFSA bereits feststellte – für Per-
nehmen ist, ist dieser Grenzwert als Vor-
sonen mit Galactosämie spezielle Pro-
aussetzung für die Angabe „lactosefrei“
dukte – produziert werden.
durchaus gerechtfertigt, um den Bedürf-
Dementsprechend gehören Personen mit Galactosämie nicht zur Zielgruppe der
nissen von Personen, die an Lactoseintoleranz leiden, Rechnung zu tragen.
derzeit im Rahmen von Ausnahmegeneh-
Der von der LChG vorgeschlagene
migung produzierten „lactosefreien“ Le-
Grenzwert von maximal 10 mg Lactose
bensmittel. Aus diesem Grund ist der von
und/oder Lactoseabbauprodukte/100 g
der LChG vorgeschlagene Grenzwert von
Lebensmittel orientiert sich hingegen
maximal 10 mg Lactose und/oder Lactose-
vielmehr an den Bedürfnissen von Perso-
abbauprodukte/100 g Lebensmittel als Vo-
nen, die an Galactosämie leiden. Für die
raussetzung für die Kennzeichnung von
Kennzeichnung von mit Ausnahmegeneh-
derart hergestellten Lebensmitteln als
migung hergestellten „lactosefreien“ Le-
„lactosefrei“ nicht anwendbar.
bensmitteln kann aber aufgrund des
Den Bedürfnissen der an Lactosein-
Herstellungsprozesses (Anwendung ei-
toleranz leidenden Personen, werden –
ner enzymatischen Spaltung von Lactose
wie auch die EFSA feststellt – solche Le-
in die monomeren Bausteine Galactose
bensmittel ausreichend gerecht, die bis
und Glucose) der von der LChG empfoh-
zu 0,1 g Lactose/100 g Lebensmittel ent-
lene, strenge Grenzwert nicht angewen-
halten.
det werden. Dies merkt auch die LChG in ihrem Positionspapier an. Für Personen,
Fazit
die an Galactosämie leiden müssten, viel-
Als Zielgruppe von Milchprodukten, die
mehr andersartig hergestellte Produkte
im Rahmen von Ausnahmegenehmigun-
entwickelt werden (ohne Lactose und
gen mit der Angabe „lactosefrei“ bewor-
ohne Galactose), um den Ernährungsbe-
ben werden, sind einzig Personen anzuse-
dürfnissen dieser Zielgruppe gerecht zu
hen, die an einer Lactoseintoleranz leiden,
werden.
nicht jedoch Personen, die an einer Galactosämie leiden.
Folglich sind als „lactosefrei“ deklarierte allgemeine Lebensmittel bis zu ei-
Für die Festlegung eines einzuhalten-
nem Lactosegehalt von 0,1 g/100 g sicher,
den Grenzwertes als Voraussetzung für
entsprechen der Verbrauchererwartung
die Nutzung der Aussage „lactosefrei“ ori-
und sind verkehrsfähig.
entiert sich die Praxis somit am Maßstab für die Kennzeichnung in der Zulassungspraxis des BMEL bzgl. der Verwendung von Lactase im Rahmen von Ausnahmegenehmigungen nach § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 und Abs. 3 MilchMarG. Das BMEL gibt bezüglich der Verwendung von Lactase in Milcherzeugnissen/ Käse im Rahmen von Ausnahmegenehmigungen nach § 4 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 und Abs. 3 MilchMarG vor, dass ein Hinweis „lactosefrei“ nach Maßgabe der amtlichen Methode nach § 64 des Lebensmittelund Futtermittelgesetzbuches L 01.00-17 (1983) nur erfolgen darf, wenn der Lactosegehalt unter 0,1 g Lactose/100 g Milcherzeugnis liegt. Wie der EFSA-Stellungnahme zu dieser Problematik aus dem Jahr 2010 zu ent-
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Anschrift der Autorinnen Dr. Uta Verbeek Geschäftsfüherin meyer.science GmbH verbeek@meyerscience.de www.meyerscience.com RA Natalie Ahmann meyer.rechtsanwälte Partnerschaft mbB ahmann@meyerlegal.de Sophienstr. 5 80333 München www.meyerlegal.de
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Zielgruppe der mit Ausnahmegenehmigung hergestellten lactosefreien Produkte sind lediglich Personen mit Lactoseintoleranz, jedoch nicht Personen, die an Galactosämie leiden. Die Kennzeichnung dieser Art hergestellten allgemeinen Lebensmitteln als „lactosefrei“ unter Einhaltung von 0,1 g Lactose/100 mg Produkt ist daher legitim.
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