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Recht
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„Die LMIV 1169/2011 kommt!“ Serie DLR: Das Zutatenverzeichnis – fast alles beim Alten Levke Voß Die LMIV 1169/2011 verlangt für jedes Lebensmittel die Anbringung eines Verzeichnisses der Zutaten, das wie schon bislang aus sämtlichen Zutaten des Lebensmittels in absteigender Reihenfolge ihres Gewichtsanteils zum Zeitpunkt ihrer Verwendung bei der Herstellung des Lebensmittels besteht (Art. 9 Abs. 1 lit. b und 17 LMIV). Im Wesentlichen übernimmt die LMIV die diesbezüglichen Bestimmungen aus der Etikettierungsrichtlinie 2000/13. Nur im Detail zeigen sich Neuerungen, die der folgende Beitrag aufzeigt.
Begriff der Zutat
Ebenso wie Art. 6 Abs. 4 lit. c Etiket-
Art. 2 Abs. 2 lit. f LMIV 1169/2011 versteht
tierungsrichtlinie 2000/13 normiert die
als „Zutat“ „jeden Stoff und jedes Erzeug-
LMIV 1169/2011 darüber hinaus eine Son-
nis, einschließlich Aromen, Lebensmittel-
derregelung für bestimmte Stoffgrup-
zusatzstoffen und Lebensmittelenzymen,
pen, wie u.a. für Zusatzstoffe und En-
sowie jeden Bestandteil einer zusammen-
zyme ohne technologische Wirkung im
gesetzten Zutat, der bei der Herstellung
Endprodukt im Falle des ‚carry over‘ oder
oder Zubereitung eines Lebensmittels ver-
technologische Hilfsstoffe. Während das
wendet wird und der – gegebenenfalls in
bisherige Recht diesen Stoffgruppen al-
veränderter Form – im Enderzeugnis vor-
lerdings kraft gesetzlicher Fiktion die Ei-
handen bleibt; Rückstände gelten nicht
genschaft als Zutat absprach, sieht Art. 20
als „Zutaten““
LMIV 1169/2011 (nur) eine Ausnahme von
Die LMIV orientiert sich damit stark an
der Kennzeichnungspflicht vor. Faktisch
der bisherigen Regelung in Art. 6 Abs. 4
ändert sich dadurch jedoch an den (bis-
lit. a Etikettierungsrichtlinie 2000/13/
herigen) Kennzeichnungsvorgaben nichts;
EG. Neu ist die ausdrückliche Ausnahme
die Ausnahmeregelung des Art. 20 LMIV
von Rückständen vom Zutatenbegriff im
1169/2011 führt ebenfalls dazu, dass die
zweiten Halbsatz. Rückstände fallen aller-
dort genannten Bestandteile eines Le-
dings auch nach noch geltender Rechts-
bensmittels – genauso wie zuvor kraft
lage entweder mangels eines bewussten
gesetzlicher Fiktion nicht als Zutaten ein-
„Verwendens“ oder aufgrund Eingrei-
gestuften Stoffe – nicht im Zutatenver-
fens einer der durch Art. 6 Abs. 4 lit. c Eti-
zeichnis aufgeführt werden müssen.
kettierungsrichtlinie 2000/13/EG geregel-
Auswirkungen hat die systematische
ten Ausnahmen in der Regel nicht in den
Änderung aber möglicherweise auf den
Anwendungsbereich, sodass der neuen
Regelungsgehalt anderer Bestimmun-
Formulierung für die meisten Fälle wohl
gen, die auf den Zutatenbegriff verwei-
lediglich eine klarstellende Funktion zu-
sen. Als typisches Beispiel dienen die Vor-
kommt.
schriften der Verordnung 1829/2003 über
DLR | Juli 2014
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Dr. Levke Voß
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Zur Person
meyer.rechtsanwälte voss@meyerlegal.de
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Recht
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Auswirkungen auf andere Bestimmungen
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genetisch veränderte Lebensmittel und
und Ganzen den schon bislang gelten-
Futtermittel. Die darin normierten Kenn-
den Grundsätzen: Jedes Etikett muss über
zeichnungspflichten gelten unter ande-
ein Zutatenverzeichnis verfügen (Art. 9
rem nur für Lebensmittel, die aus gen-
Abs. 1 lit. b LMIV 1169/2011; Ausnahmen:
technisch veränderten Organismen (GVO)
Art. 19). Diesem ist eine Überschrift oder
hergestellt werden oder Zutaten enthal-
geeignete Bezeichnung voranzustellen, in
ten, die aus GVO hergestellt werden. Nach
der das Wort „Zutaten“ erscheint; es be-
der neuen Zutatendefinition in Art. 2
steht aus einer Aufzählung sämtlicher Zu-
Abs. 2 lit. f LMIV 1169/2011 erfasst daher
taten des Lebensmittels in absteigender
die Kennzeichnungspflicht nach Art. 13
Reihenfolge ihres Gewichtsanteils zum
Verordnung 1829/2003 möglicherweise
Zeitpunkt ihrer Verwendung bei der Her-
anders als zuvor jetzt auch die in Art. 20
stellung des Lebensmittels (Art. 18 Abs. 1
LMIV genannten Stoffgruppen. Lediglich
LMIV 1169/2011). Wie bislang bleiben –
die neue Ausnahme über Rückstände er-
von wenigen auch nach bisheriger Rechts-
öffnet nach dem Wortlaut der Vorschrif-
lage bestehenden Ausnahmen abgesehen
ten ab Geltung der LMIV 1169/2011 noch
– nachträgliche Änderungen des Anteils
eine Möglichkeit zu einem zulässigen Ver-
des Stoffes am Gesamtgewicht des End-
zicht auf eine Kennzeichnung als „gen-
erzeugnisses sowie chemische, physikali-
technisch verändert“.
sche oder anderweitige Veränderungen
Darstellung des Zutatenverzeichnisses
während der Herstellung des Lebensmittels unerheblich (spezifische Angaben von Zutaten in absteigender Reihenfolge ihres
Die Art und Weise der Darstellung des
Gewichtsanteils: Anhang VII Teil A LMIV
Zutatenverzeichnisses folgt im Großen
1169/2011). Die Zutaten werden mit ih-
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Juli 2014 | DLR
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Recht
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rer speziellen Bezeichnung (Art. 17 LMIV 1169/2011) im Zutatenverzeichnis aufgeführt (Art. 18 Abs. 2 LMIV 1169/2011). Anhang VI enthält wie auch das noch geltende Recht für bestimmte Zutaten spezielle Regelung. Eine Neuerung ergibt sich diesbezüglich für raffinierte Öle und Fette pflanzlicher Herkunft (Anhang VII Teil A Nr. 8 und 9): Anstelle der bislang verwendbaren Klassennamen „pflanzliches Öl“ oder „pflanzliches Fett“ ermöglicht die LMIV 1169/2011 zwar weiterhin, raffinierte Öle und Fette pflanzlicher Herkunft im Zutatenverzeichnis unter der Bezeichnung „pflanzliche Öle“ bzw. „pflanzliche Fette“ zusammenzufassen. Dieser Angabe muss aber unmittelbar eine Liste mit den Angaben der
Eine typische
speziellen pflanzlichen Herkunft folgen,
Zutatenliste
unter Umständen mit der Wendung „in veränderlichen Gewichtsanteilen“. Diese Liste ist für jedes Lebensmittel, das Öle oder Fette pflanzlicher Herkunft enthält,
terialien in einem Lebensmittel vorhan-
vorgeschrieben, unabhängig vom Öl- oder
den sind, im Zutatenverzeichnis eindeutig
Fettanteil im Lebensmittel (Kommission,
hervorgehoben werden. Dies geschieht
Fragen und Antworten zur Anwendung
gem. Art. 18 Abs. 3 LMIV 1169/2011 durch
der VO 1169/2011, 31.1.2013, Ziffer 2.9.2,
das in Klammern gesetzte Wort „Nano“,
S. 10). Im Falle einer Zusammenfassung
das der Bezeichnung einer solchen Zutat
werden die pflanzlichen Öle gemäß
folgt. Ausnahmen von der Kennzeich-
Art. 18 Abs. 1 nach dem Gewichtsanteil
nungspflicht als „nano“ bestehen ledig-
der Gesamtheit der vorhandenen pflanz-
lich für solche Bestandteile, für die Art. 20
lichen Öle im Zutatenverzeichnis aufge-
LMIV 1169/2011 generell eine Ausnahme
führt. Die Vorschrift gilt nicht für Zutaten,
vom Erfordernis der Angabe im Zutaten-
die zwar aus Ölen und Fetten pflanzlicher
verzeichnis normiert (Kommission, Fragen
Herkunft als Ausgangssubstanzen gewon-
und Antworten zur Anwendung der VO
nen wurden, deren charakteristischen Zu-
1169/2011, 31. Januar 2013, Ziffer 2.7.1
sammensetzung allerdings so verändert
S. 8 f).
wurde, dass das Endprodukt eine neue Zutat darstellt, die in ihrer Zusammensetzung (z. B. Anteil der Fettsäuren, Aufbau von Triglyceriden) von der Ausgangssubstanz abweicht (z. B. „mittelkettige Triglyceride“). Auf den pflanzlichen Ursprung der Ausgangssubstanzen muss in solchen Fällen nicht hingewiesen werden. Neu regelt die LMIV 1169/2011 darüber hinaus die Kennzeichnung von Nanomaterialien (zum Begriff nach der LMIV siehe Voß, DLR 2014, S. 169 ff.). Ab Geltung der LMIV 1169/2011 müssen alle Zutaten, die in Form technisch hergestellter Nanoma-
DLR | Juli 2014
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Anschrift der Autorin RAin Dr. Levke Voß meyer.rechtsanwälte Sophienstr. 5 80333 München voss@meyerlegal.de www.meyerlegal.de
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Öle und Fette pflanzlicher Herkunft
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