MFG - Das Magazin / Ausgabe 70

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DORFKAISER?

DAS ENDE DER

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MFG EDITORIAL

JOHANNES REICHL

JETZT ERST RECHT! ECHT?

N

icht schon wieder ein Kommentar zum Ibiza-Gate, mag mancher einwerfen, aber ja, auch als kleines regionales Medien-Pflänzchen kommt man um den Skandal, und um etwas anderes handelt es sich nicht – noch dazu um einen handfesten, großen, ja geradezu epischen – nicht umhin. Zumal sich die Symptomatik Macht-Machtmissbrauch-Größenwahn ja nicht nur auf der großen Politbühne, sondern auch in den Niederungen der (politischen) 1. Klasse West/Mitte abspielt, wie der Fall des verurteilten ehemaligen Ortschefs von Obritzberg zeigt. (s. S. 8) Und da macht es – im politisch-moralischen Sinne – zunächst auch gar keinen allzu großen Unterschied, ob in dem einen Fall gewisse Delikte schon strafrechtlich abgeurteilt sind, während im anderen „nur“ das Gesprochene schwerwiegend im Raum steht. Im MFG-Interview meinte die Sprachwissenschaftlerin Christiane Pabst, dass „wir sagen dürfen, was wir denken – im Bewusstsein, was wir damit tun“, kurzum, dass Sprache auch ein Akt des Handelns ist. Wenn wir in diesem Sinne Sartres „Der Mensch ist, was er tut“ zu Ende denken, heißt dies im Umkehrschluss auch „Der Mensch ist, was er sagt“ – und hat dafür eben Verantwortung zu übernehmen. Und damit kommen wir zu einer falschen (und die wahren Täter zu Un-

recht entlastenden) Schlussfolgerung, die dieser Tage manchen allzu leicht von den Lippen geht: „So sind ja alle Politiker!“ Da möchte ich die staatstragenden Worte des Bundespräsidenten „So sind wir nicht“ aufgreifen und diesen verbalen Schutzschild auch über den Berufsstand der Politiker halten, denn NEIN, so sind eben nicht alle Politiker! Nicht jeder – und da kommen wir zur Ursünde von Ibiza – hätte sich überhaupt mit einer angeblichen Oligarchin getroffen. Und nicht jeder, der auf den Staat Österreich vereidigt ist und hochfeierlich gelobt hat, das Beste für Land und Leute zu wollen, hätte quasi seine eigene Großmutter verscherbelt, nur um mehr Macht und Einfluss für sich und seine Partei zu gewinnen. In dem Fall hieß die Oma eben Kronenzeitung, Unabhängigkeit des Journalismus, STRABAG mit 11.000 Mitarbeitern, Wasser ... Und das von einem – das potenziert das Ganze zur üblen Farce – der sich immer als Robin Hood des kleinen Mannes inszeniert und gegen die „Eliten“, gegen „die da oben“ gewettert hat, die es sich ja nur richten und sich auf „unsere“ Kosten bereichern. Was für ein Schlag ins Gesicht der Bürger, v. a. jener, die diesem Mann vertraut und ihn gewählt haben. Umso absurder, ja geradezu unverfroren ist dann das Festhalten, ja Penetrieren des Slogans „Jetzt erst recht!“ Jetzt erst recht was? Noch mehr Korrupti-

onsanfälligkeit? Noch mehr Verrat? Noch mehr b‘soffene G‘schichten? Was soll das bitte heißen, jetzt erst recht? Diese Chuzpe, die Täter-Rolle in ihr Gegenteil verkehren zu wollen, ist für mündige Bürger wirklich nur schwer zu ertragen. Sie zeugt von null Einsicht, null Reue, null Demut vor dem Staat und dem Amt sowie einer Geisteshaltung, die kein persönliches Unrechtsempfinden zu kennen scheint. Nein, die freiheitlichen „Ibizaner“ sind beileibe keine Opfer, sondern glasklare Täter. Und zwar ganz egal, ob sie dabei in eine Falle getappt sind oder nicht. Von etwaigen anderen Treffen, vielleicht mit echten Mittelsmännern, echten Oligarchen, wissen wir ja nichts. Wer weiß, was da vielleicht noch ausgemauschelt wurde? Potenziell waren die Herren zum Verrat bereit und haben sprachlich gehandelt wie sie gehandelt haben. Das kann man nicht klein-, schon gar nicht wegreden. Deshalb darf ich alle, die der „jetzt erst recht“-Masche auf den Leim zu gehen drohen, zu einem Gedankenexperiment einladen: Würdet ihr auch so viel Nachsicht aufbringen, wenn der enttarnte Kurz, Rendi-Wagner, Kogler oder Pilz hieße? Wärs dann auch nur eine b‘soffene G‘schicht – ganz abgesehen davon, dass im Wein bekanntlich die Wahrheit liegt. Hand aufs Herz, liebe Freunde des gesunden Menschenverstandes: Jetzt erst recht – echt?

Offenlegung nach §25 Medien-Gesetz: Medieninhaber (Verleger): NXP Veranstaltungsbetriebs GmbH, MFG - Das Magazin, Kelsengasse 9, 3100 St. Pölten. Unternehmensgegenstand: Freizeitwirtschaft, Tourismus, und Veranstaltungen. Herausgeber/Geschäftsführer: Bernard und René Voak. Grundlegende Blattlinie: Das fast unabhängige Magazin zur Förderung der Urbankultur in Niederösterreich. Redaktionsanschrift: MFG – Das Magazin, Kelsengasse 9, 3100 St. Pölten; Telefon: 02742/71400-330, Fax: 02742/71400-305; Internet: www.dasmfg.at, Email: office@dasmfg.at Chefredakteur: Johannes Reichl Chefredakteur-Stv.: Michael Müllner Chefin vom Dienst: Anne-Sophie Müllner Redaktionsteam: Thomas Fröhlich, Sascha Harold, Johannes Mayerhofer, Michael Müllner, Michael Reibnagel, Andreas Reichebner, Thomas Schöpf, Beate Steiner, Thomas Winkelmüller Kolumnisten: Thomas Fröhlich, Michael Müllner, Tina Reichl, Roul Starka, Beate Steiner, Thomas Winkelmüller Kritiker: Helmuth Fahrngruber, Thomas Fröhlich, David Meixner, Michael Müllner, Clemens Schumacher, Manuel Pernsteiner, Michael Reibnagel, Johannes Reichl, Christoph Schipp, Robert Stefan Karikatur: Andreas Reichebner Bildredaktion: Elias Kaltenberger, Matthias Köstler Cover: maksym yemelyanov/Adobe Stock Art Director & Layout: Mr. Shitakii Korrektur: Anne-Sophie Müllner Hersteller: NÖ Pressehaus Druck- und Verlagsgesellschaft mbH Herstellungs- und Verlagsort: St. Pölten Verlagspostamt: 3100 St. Pölten, P.b.b. Alle Rechte, auch die Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 und 2. Urheberrechtsgesetz, sind vorbehalten. Alle Angaben ohne Gewähr. Für den Inhalt bezahlter Beiträge ist der Medieninhaber nicht verantwortlich.


INHALT DAS ENDE DER DORFKAISER? – Seite 8

DIE ZUKUNFT DER POLITIK – Seite 22

IT‘S THE LANGUAGE, STUPID! – Seite 36

MEINE JUGEND – DEINE JUGEND – Seite 52

RISE LIKE A PHÖNIX – Seite 62

PETRA SCHWARZ – Seite 72

3 Editorial 6 In was für einer Stadt leben wir

URBAN

7 Shortcut Urban 8 Das Ende der Dorfkaiser? 18 Karl Fakler: Mindestsicherung 22 Die Zukunft der Politik 32 The internet of rules? 36 It‘s the language, stupid! 44 Evolution statt Revolution

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KULTUR

SPORT

SZENE

74 Kritiken 75 Veranstaltungen 76 Karikatur 78 Außensicht

50 Shortcut Kultur 52 Hippies, Punks oder Smartphone-Junkies 56 Sommertheaterguide

72 Präsidentin Petra Schwarz

60 Shortcut Szene 62 Rise like a phönix 64 Trockenes Outback oder

fruchtbare Oasen?

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6. SEPTEMBER 2019

SPIELZEIT 2019/20 PREMIEREN (Auswahl) Der Parasit von Friedrich Schiller Hamlet von William Shakespeare

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Italienische Nacht von Ödön von Horváth Figaros Hochzeit (Aber nicht die Oper!) nach Wolfgang Amadeus Mozart und Lorenzo Da Ponte Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull nach Thomas Mann Christoph Kolumbus von Miroslav Krleža Die drei Musketiere nach Alexandre Dumas GASTSPIELE Nikolaus Habjan, Philipp Hochmair und Die Elektrohand Gottes, Luk Perceval, Ben Becker LESUNGEN Karl Markovics, Caroline Peters, David Schalko, Michael Köhlmeier Theater für Kinder und Jugendliche, Bürgertheater, Die beste aller Welten und vieles mehr!

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… in der FP-Landesrat Gottfried Waldhäusl auf den Spuren von Moses wandelte und im Zuge einer Pressekonferenz „Die 10 Gebote der Zuwanderung“ präsentierte. Zwar wurde dort, anders als im Alten Testament beschrieben, das Volk nicht „Zeuge von dem Donner und Blitz und dem Ton der Posaune und dem Rauchen des Berges“, gewisses Donnergrollen vermeinten manche aber doch zu orten, sprachen die NEOS doch quasi von einer Blendgranate mit dem Zweck „vom Chaos und den strafrechtlichen Ermittlungen im Dunstkreis von Waldhäusl abzulenken“, und die ÖVP ortete einen „Marketinggag“. Wobei Waldhäusl angeblich bereits an einer Neufassung unter dem Titel „Codex Ibiza“ arbeitet, weil Gebote wie „Du sollst die österreichischen Gesetze befolgen“, „Du sollst Österreich gegenüber Dankbarkeit leben“ scheinbar auch manchem Parteikollegen in Erinnerung gerufen werden müssen.

… in der manch SKN-Fan noch immer schmollt, weil ein mit Hauptsponsor spusu geziertes Logo während der Saison aus dem Hut gezaubert wurde – doch was sollen dann bitteschön die Basketballfanssagen? Ihr UBC St. Pölten ist überhaupt gleich in der Marke SKN aufgegangen! Dem Vorbild von Großklubs wie Bayern München folgend, wo Fußball und Basketball eine Liasion bilden, soll der gemeinsame Markenauftritt – bei eigenständigen Vereinen – v. a. in der Vermarktung gegenseitige Push-Effekte bringen: Mehr Bekanntheit, mehr Fans, mehr Breite. Dass die Fußballer den Deal beim Spiel gegen Meister Salzburg falsch interpretierten, weil sie zuletzt ein „Basketballergebnis“ einfuhren (sie verloren 7:0) ist natürlich ein böses Gerücht, wobei die aktuell erfolgreichsten Markenvertreter des SKN sowieso die Damen sind – sie wurden zum fünften Mal Österreichischer Meister!

… in der das Projekt „Stadtoase“ bislang auf einem großen Missverständnis zu beruhen scheint. Denn während Otto Normalverbraucher schon konkrete Lösungen im großen Stil erwartet, handelt es sich in Wahrheit um ein Forschungsprojekt, das St. Pölten quasi in ein EchtzeitLabor verwandelt auf der Suche nach sinnvollen Lösungen zur innerstädtischen Klimaverbesserung und Temperatur-Reduzierung. Im Idealfall sollen Prototypen entstehen, die auch auf andere Kommunen übertragbar sind, im schlechtesten Fall kommt aus Forschungssicht weniger heraus, Für die Stadt bringt es aber so oder so etwas, denn Laissez-faire ist das Projekt definitiv nicht: Der über das Partizipationsmodell entstandene Verein „Smart Pölten“ legt bereits aktiv Hand an bei diversen Beserlparks, Robinsonspielplatz & Co., und bei der Neugestaltung des Schillerparks fließen bereits konkrete Vorschläge der Stadtoase ein.

L E T

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T H E

G A M E

B E G I N

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FOTOS: ALSWART-ADOBESTOCK, FB SKN BASKETBALL, STADTOASE/ZVG

IN WAS FÜR EINER STADT LEBEN WIR EIGENTLICH ...


FOTOS: EXPRESSIV/NMBP, ELIAS KALTENBERGER, PICTURE-WATERFALL-ADOBESTOCK

SHORTCUT URBAN KOLUMNE MICHAEL MÜLLNER

AMNESIA

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CAMPUS STP

ach einer Ausschreibungs-Extrarunde, die der Stadt, wie der Bürgermeister betont, „Millionen Euro erspart“, ist der Zubau zur Fachhochschule St. Pölten nun auf Schiene. Insgesamt wird das Projekt 55 Millionen Euro kosten, der 14.600 qm große Neubau dockt direkt an das alte Gebäude an und lässt einen „klassischen“ Campus entstehen. Die Platzprobleme der FH, die mittlerweile auch als Forschungseinrichtung eine nachhaltige Duftmarke hinterlässt, sollen damit bis

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auf Weiteres gelöst werden und Platz, wie GF Gernot Kohl ausführt, „für rund 3.600 Studenten und etwa 1.400 Bedienstete bieten.“ Aufgrund der Nachbarschaft zum ehemaligen Glanzstoffareal könnte der FH-Campus auch für den gesamten neuen Stadtteil „Glanzstadt“ prägend werden: junge dynamische Arbeits- und Wohnbevölkerung, wissenschaftliche Einrichtungen, Start-ups – das hat schon Fantasie. Wie meinte Stadler: „Vom Armenviertel zum Hochschulcampus!“

THE SPECIAL ONE

as nennt man Karrieresprung. Michael Duscher, aktuell der Head von St. Pöltens Bewerbungsbüro zur Kulturhauptstadt, wird ab Jänner 2020 neuer Geschäftsführer der Niederösterreich Werbung. Als St. Pöltner nimmt man diese Rochade mit einem weinenden und einem lachenden Auge zur Kenntnis: Einem weinenden, weil die Stadt mit Duscher einen unprätentiösen, Optimismus versprühenden und unermüdlichen Netzwerker verliert, der die Bewerbung mit Verve und Überzeugungskraft vorantreibt und auch zu soetwas wie ihrem sympathischen Gesicht geworden ist. Mit einem lachenden, weil St. Pölten mit Duscher – so darf man hoffen – einen starken Verbündeten in der Nieder­ österreich-Werbung (wo man bislang

keine Lobby hat) gewinnt, der wie kein anderer um die etwaigen touristischen Potentiale der Hauptstadt weiß. Bevor es aber soweit ist, wird Duscher die Kulturhauptstadtbewerbung – im Herbst entscheidet die Jury, welche Stadt den Zuschlag bekommt – zu Ende führen. Mit Erfolg, wie wir alle hoffen. Und wer wird Nachfolger? Da läge einer nahe: Jakob Redl!

Meine Maturareise ging nach Ibiza. Sie wissen, wo das jetzt endet. Wir hatten damals viel Spaß und feierten – wohl auch ob der Tatsa­ che, dass sich unser aller Leben in naher Zukunft auf den Kopf stellen würde. Wir waren miteinander ver­ traut. Kein Wunder, wir saßen ja auch seit Jahren an sechs Tagen die Woche im gleichen Raum. Den­ noch hat sich keiner von uns im größten Rausch so benommen, dass wir ihn nicht wiedererkannt hätten, dass wir ihm nicht mehr in die Augen hätten sehen können. Wie kann es das geben, frage ich mich? Der Oppositionsführer und sein Leibbursch offenbaren sich einer Fremden – und dem Durchschnittsbürger kommt das Speiben. Wer seine vor sich her­ getragenen Werte derart verrät, wer sich selber so billig zum Kauf anbietet und dabei den Preis auch noch vom Volk zahlen lässt – der glaubt doch nicht wirklich, dass er damit eine reiche Frau beeindru­ cken kann, die gerade dabei ist, sich ein neues, selbstbestimmtes Leben aufzubauen? Aber vielleicht hinterfrage ich das alles zu viel. Und in Wahrheit sieht man einfach Männer ohne Charakter, denen nicht mehr bleibt, als sich auf den schändlichen Einfluss böser Sub­ stanzen rauszureden? Amnesia hieß damals ein Club. Vergessen werden wir diesen un­ freiwilligen Offenbarungseid aber nicht so bald. Er hilft uns zu begrei­ fen, dass unsere Freiheiten eben nicht sicher sind. Dass Grundwerte wie Rechtsstaatlichkeit und Res­ pekt, auch fundamentale Bürger­ rechte wie die Meinungsäuße­ rungsfreiheit, jeden Tag bedroht sind. Und zwar auch gerade von denen, die so gerne mit ihrer wei­ ßen Weste am lautesten brüllen.

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MFG URBAN

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TEXT: MICHAEL MÜLLNER | FOTOS: ELNUR-ADOBESTOCK, MICHAEL MÜLLNER, MATERN, ISLAND26-ADOBESTOCK

HALLO ANDI, PASST SO DIE RECHNUNG? Ein angesehener Bürgermeister einer Kleingemeinde scheidet aus dem Amt, es folgen Jahre voller Vorwürfe: Veruntreuung, Amtsmissbrauch, Diebstahl. Das Gerichtsverfahren bringt einen Schuldspruch und schenkt uns Einblicke in die Arbeitswelt unserer „Dorfkaiser”. Wir sollten über den Job des Bürgermeisters nachdenken.

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ndreas Dockner1 atmet durch. Allein steht der Ex-Bürgermeister am Gang des Landesgerichts, vor wenigen Minuten wurde er schuldig gesprochen. Dennoch wirkt er nun befreit. Hinter ihm liegen jahrelange Ermittlungen und eine mehrmonatige Hauptverhandlung. Das Urteil wird rechtskräftig und mit der Strafhöhe ist er „gut davongekommen“, wie er sagt. Eine Reportage über einen Bürgermeister, der sein Amt missbraucht und stiehlt – und bei dem dies alles dennoch erschreckend normal wirkt. Es ist wohl ein kleiner Monsterprozess, dem Richter Andreas Beneder da am Landesgericht St. Pölten vorsitzt. Nach jahrelangen Ermittlungen der Korruptionsstaatsanwaltschaft werden schlussendlich fünf Männer angeklagt. Die NÖN titeln mit dem „Prozess des Jahres“ und tickern live aus dem Gerichtssaal. Mehrere Verhandlungstage sind nötig, um die

Vielzahl an Delikten abzuarbeiten und die Schuld der Angeklagten zu klären. Betrug, Diebstahl, Untreue – tägliches Brot am Landesgericht St. Pölten. Doch dieser Fall ist anders, weil auch Missbrauch der Amtsgewalt angeklagt ist. Und weil es einen ehemaligen Bürgermeister erwischt hat. Indianer fallen täglich. Aber dass es auch mal einen Häuptling erwischt, das ist dann doch speziell. Scherbenhaufen Andreas Dockner war sieben Jahre lang Bürgermeister seiner Heimatgemeinde Obritzberg-Rust. Er war beliebt und erfolgreich. Dann überging er eine Grippe und hatte ernste gesundheitliche Probleme. Aus seiner Sicht haben Parteikollegen aus dem ÖVP-Bauernbund ihn dann abgeschossen. Feind, Todfeind, Parteifreund, könnte man sagen. Nach seinem „freiwilligen“ Rücktritt zeigen der neue Bürgermeister und die Amts-

1 Um Verwechslungen mit anderen aktiven oder ehemaligen Amtsträgern hintanzuhalten nennen wir den Namen der Gemeinde und des Hauptangeklagten Bürgermeisters. Andreas Dockner hat der identifizierenden Berichterstattung ausdrücklich zugestimmt. Es wisse ohnehin jeder, dass es um ihn geht, weshalb es ihn nicht störe, wenn wir seinen Namen voll ausschreiben. Seinem Wunsch keine aktuellen Fotos von ihm zu veröffentlichen, haben wir entsprochen.

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2.500 EINWOHNER. Obritzberg-Rust ist eine typische Kleingemeinde im Bezirk St. Pölten-Land. Gemeindepolitik ist hier noch etwas Persönliches. Die schwerwiegenden Vorwürfe gegen den Ex-Bürgermeister haben die Gemeindebürger jahrelang beschäftigt.

leiterin Unregelmäßigkeiten bei der Staatsanwaltschaft an. Ein Ermittlungsverfahren nimmt seinen Lauf, die NÖN berichtet regelmäßig, sein Leben ist ein Scherbenhaufen. Es wird fünf Jahre dauern, bis es nach mehreren Wechseln des zuständigen Staatsanwalts zu einer Anklage und in Folge zu einer Verurteilung kommt. Da sich Dockner in einigen Anklagepunkten schuldig bekennt, ist eine Verurteilung fix. Fraglich ist, wie hoch die Strafe ausfällt. Und das hängt davon ab, was das Gericht letztlich an Verfehlungen als erwiesen ansieht. Beginnen wir bei den einfachen Punkten. Dockner hat sich von der Gemeinde Verfahrenskosten für einen Rechtsstreit ersetzen lassen. Dabei hatte er diese Kosten gar nicht selbst zu tragen, eine Rechtsschutzversicherung hatte sie bereits zuvor übernommen. Er bekannte sich schuldig. Auch zu einer erschlichenen Förderung. Spannender sind die großen Anklagepunkte, die aufgrund der angeklagten Schadenshöhe auch das Strafmaß deutlich erhöhen würden. Nehmen wir Reisekosten. Dockner nahm als Bürgermeister an Auslandsreisen teil, 10

die ein Abfallverband organisierte. Seine damalige Lebensgefährtin war mit von der Partie. Da sie zugleich Gemeinderätin war, ließ er die Gemeinde auch ihre Reisekosten zahlen. Wer eine Reise macht Im Verfahren wurde gestritten, ob dies legitim sei. Dockner meinte, sie sei Umweltgemeinderätin gewesen und daher sei sein Ansinnen begründet gewesen. Einen Beweis, dass die Dame tatsächlich irgendwelche Aufgaben als Umweltgemeinderätin ausgeübt hätte, gab es jedoch nicht. Reines Privatvergnügen, wie das Gericht befand. In seiner Urteilsbegründung merkte der Richter bei diesem Punkt an: „Bei all den Punkten, bei denen wir Sie verurteilt haben, ist Ihr persönlicher Vorteil, Ihr finanzielles Motiv erkennbar.“ Das finanzielle Motiv war dabei offenbar nicht immer atemberaubend, wie die Golddukaten zeigen. Dockner ist seit Kurzem nicht mehr Bürgermeister, da geht er aufs Gemeindeamt und fordert die Herausgabe eines goldenen Philharmonikers, den er vor Kurzem noch als Gemeindeoberhaupt

bestellt hat. Den Dukaten erhält er nicht, aber einen Schuldspruch wegen versuchter Veruntreuung. Das Gericht glaubt, dass Dockner diesen und zuvor auch schon eine zweite Münze hätte unterschlagen wollen. Dockner bleibt dabei, er habe die Münzen auf Gemeindekosten gekauft und jemand anderem aus Dank geschenkt. Wem, das verrät er nicht, um diese Person nicht wegen Geschenkannahme in Probleme zu stürzen. Es sei aber jemand von der Feuerwehr gewesen, der ihm Brandschutzpläne erstellt hätte, womit sich die Gemeinde 7.000 Euro ersparte. Dass die bereits ausgefolgte Münze anonym an die Gemeinde retourniert wird und sich im Briefkasten des Gemeindeamtes befindet, macht das Ganze noch bizarrer. Die Anklage geht davon aus, dass Dockner selbst diese Münze noch hatte und sie retourniert hat, als er vom Vorwurf erfahren hat. Vor Gericht behaupten Vertreter der Feuerwehr, nie Pläne für ihn gezeichnet und schon gar keine Goldmünzen angenommen zu haben. Streitwert: rund 300 Euro. Warum tut das einer, der monatlich


HALLO ANDI, PASST SO DIE RECHNUNG?

mit ein paar tausend Euro heimgeht und rundum angesehen ist? Heute sagt Dockner, hätte er den Zirkus kommen sehen, hätte er die Münzen selbst bezahlt. Play me that song Schuldig gesprochen wird er auch wegen Diebstahls einer Musikanlage, die laut Gericht der Gemeinde gehört. Dockner sieht sie als sein Privateigentum. Aus dem Amt ausgeschieden fährt er zum Bauhof und will die Anlage abholen, Anschaffungswert immerhin 10.000 Euro. Die Ausfolgung wird ihm verweigert, alle denken, die Anlage gehört der Gemeinde. Also kommt Dockner mit einer gefälschten Rechnung wieder, die beweisen soll, dass sie ihm gehört. Letzten Endes steht die Anlage bei ihm daheim, bis heute. Sein Glück ist, dass das Gericht der Anklage nicht folgt und den Zeitwert nicht bei über 5.000 Euro ansieht. Somit kein schwerer Diebstahl, die Strafdrohung fällt von drei Jahren auf sechs Monate. Dank der gefälschten Rechnung gesellt sich aber auch das Delikt des versuchten Betrugs in den Urteilsspruch. Das Glück bleibt Dockner im Verfahren weiter hold. Ihm wird vorgeworfen, dass er einer Gemeindemitarbeiterin mündlich die Weisung erteilt habe, für ein Wohnungsprojekt die Aufschließungsabgabe von 48.000 Euro nicht vorzuschreiben. Mangels

Geh scheißen, glaubst ich weiß nicht, was ich tu? DIE ANGEBLICHE REAKTION DES BÜRGERMEISTERS, ALS EINE ANORDNUNG VON IHM HINTERFRAGT WURDE.

Beweisen wird er von diesem Vorwurf freigesprochen, es könnte gut sein, dass es einfach ein Versehen war und dass man dieses dann dem abgetretenen Bürgermeister in die Schuhe schieben wollte. Denn, so das Gericht: Im ganzen Ermittlungsverfahren konnte nicht dargelegt werden, was denn Dockners Motiv gewesen sein soll, diese Abgabe nicht vorzuschreiben. „Und Sie haben ja sonst auch immer ein persönliches, finanzielles Motiv gehabt“, so der Richter. Too little, too late Sehr erfreulich war für den ExBürgermeister auch die StreusplittCausa. Angeklagt war die Tatsache, dass die Gemeinde kurz vor seinem Ausscheiden 500 Tonnen Streusplitt gekauft hat. Von einem befreundeten Unternehmer des Bürgermeisters, der schon jahrelang mit der Gemeinde Geschäfte gemacht hat. Angeblich waren im Budgetposten für den Winterdienst noch Geldmittel verfügbar, darum wurde Streusplitt um 7.000 Euro gekauft. Blöd nur, dass der jährliche Durchschnittsverbrauch bei rund 100 Tonnen liegt. 500 Tonnen brächte man am Bauhof gar nicht unter. Dennoch unterschreibt

EIN STÜCK FÜR SIE. Als der Ermittlungsdruck größer wird, landet ein Golddukaten im Postfach der Gemeinde. Doch wer hatte die Münze zuvor und warum wurde sie retourniert?

der Bürgermeister einen Regieschein, dass er 500 Tonnen übernommen hat. Ebenso wie die dazu gehörige Rechnung, die auch vom mitangeklagten Ex-Bauhofleiter auf ihre Richtigkeit geprüft und freigegeben wurde. Die Anklage sieht einen Zusammenhang mit einem privaten Bauvorhaben des Bürgermeisters, der sich von derselben Firma eine Mauer errichten ließ. Das erste Angebot war ihm zu teuer, ein zweites beauftragte er – schließlich war es deutlich billiger. Zufällig genau um jene Differenz, um die die Gemeinde Streusplitt kaufte. Mitangeklagt waren zu diesem Punkt auch zwei weitere Geschäftsfreunde von Dockner. Einer übermittelte die besagte Rechnung über den nicht gelieferten Streusplitt per Email an den Bürgermeister und fragte: „Hallo Andi, passt die Rechnung so?“ Einfach eine Floskel oder ein Hinweis darauf, dass mit der Rechnung eben nicht alles passt? Das Gericht sprach zu diesem Delikt alle Angeklagten frei, „zumindest im Zweifel“, wie begründet wurde. Der Vorgang sei verdächtig, aber bewiesen sei die Anklage eben nicht. Alle hätten vor Gericht die Theorie vom Gutschriftensystem bekräftigt, wonach es zur Rechnung angeblich auch eine Gutschrift gegeben hätte. Die Gemeinde hätte also in den Folgejahren in diesem Wert Material abrufen können. Streusplitt oder auch anderes Material in diesem Wert, etwa für die häufig desolaten Forstwege, womit quasi eine Querfinanzierung vom Winterdienst zur Wegeerhaltung möglich gewesen wäre. Im Gemeindeamt lag diese Gutschrift jedoch nicht auf, zumindest fand sie keinen Eingang in das Gerichtsverfahren. Im Zweifel glaubt wohl das Gericht der Geschichte der Angeklagten, dass die Rechnung zwar nicht „ganz“ richtig gewesen sei, aber es sei eben nicht möglich „bei jeder Rechnung einen Juristen zu fragen“ und außerdem seien diese Methoden in der BaubranMFG 06.19

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MFG URBAN KOLUMNE BEATE STEINER

Anfangs war er ein toller Chef. Zwischenzeitlich habe ich auch seine cholerische Seite kennengelernt. EINE EHEMALIGE MITARBEITERIN ÜBER ANDREAS DOCKNER

BAU-QUALITÄT

FOTO: HJWS-ADOBESTOCK

Das waren noch Zeiten, als sich St. Pölten nicht durch das Ortsschild, sondern olfaktorisch bemerkbar machte – durch den unverwechselbaren stechenden Geruch, der Bahnfahrer rechtzeitig ans Aussteigen erinnerte und Autofahrer daran, dass sie an Niederösterreichs Landeshauptstadt vorbeifuhren. Viel hat sich verändert, seit der Glanzstoff-Schwefelduft nicht mehr über St. Pölten weht. Aus der Stinkestadt ist eine fitte City geworden, die jährlich tausende Sportler zum Ironman und zum Spartan Race lockt. Eine Stadt, die nicht nur in Sportlerkreisen reüssieren, sondern bis 2024 auch als Europäische Kulturhauptstadt, ja als „Europäische Muster-Mittelstadt“ bekannt werden will. Dazu braucht’s nicht nur unsere vielfältigen kulturellen Angebote, sondern Kultur im weiteren Sinn, v. a. unsere Baukultur. Klar, dass eine „Musterstadt“ zukunftsorientiert wachsen sollte. Das heißt nicht zuletzt „klimaschonend“. Zum Beispiel mit umweltfreundlichen Mobilitätsangeboten. Etwa mit einem durchgängigen Radnetz. Oder mit gut durchdachten, kurzen Wegen für die Fußgänger. Und natürlich mit qualitativ hochwertigen Wohnbauten. 1.500 Wohnungen entstehen derzeit in der Landeshauptstadt. Nicht alle sind klimafreundliche Musterbauten, die meisten Projekte sind zwar hoch, aber nicht hochwertig, das Gegenteil von städtebaulichen Glanzstücken und daher auch keine kulturellen Highlights. Schade, denn die Chance, den Aufschwung für eine qualitätsvolle Entwicklung zu nutzen, kommt nicht so schnell wieder. Und für den Titel „Europäische Kulturhauptstadt“ reicht es nicht, dass St. Pölten nicht mehr stinkt.

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che und bei den Gemeinden seit Jahrzehnten Usus. „Wenn dir was überbleibt, dann schöpfst du das aus. Das machen doch alle so.“ Und in dem Fall sei das Pech der Gemeinde gewesen, dass die besagte Baufirma kurz nach der Rechnungslegung und dem Bürgermeisterwechsel in Konkurs ging. Von den bezahlten 500 Tonnen erhielt die Gemeinde also de facto nichts. Wieder ist ein schwerwiegender Anklagepunkt weggefallen. Mache Meldung Auch an Nebenschauplätzen kam es zu Freisprüchen. Dockner hatte sich als Bürgermeister vor Jahren ein Diensthandy gegönnt. Ein iPhone. Weil man darauf Emails und Protokolle so schlecht lesen könne, habe er sich später auch ein iPad angeschafft. Bezahlt hat das die Gemeinde. Das Gericht sah darin keinen Schädigungsvorsatz. Es sei durchaus nachvollziehbar, dass eine Gemeinde dem Bürgermeister ein Diensthandy zubillige. Auch die Tatsache, dass Dockner die Geräte über seinen Arbeitgeber, die Landwirtschaftskammer, bezogen hatte, war für das Gericht kein Problem. Es wäre so wohl günstiger gewesen, und so hätte sich die Gemeinde etwas gespart. Eine Verurteilung wegen Amtsmissbrauchs setzt es jedoch beim Anklagepunkt der Manipulationen am Zentralen Melderegister. Jeder Bürgermeister freut sich über Einwohner. In der Dockner-Ära wird damit aber recht leger umgegangen. Dockner selbst meldet zwei Polen widerrechtlich an. Er weist auch Gemeindemitarbeiter an, der Ex-Bauhofleiter wird ebenso deswegen verurteilt. In einer E-Mail an seine damalige Freundin begründet dieser recht offen die Hintergründe der Scheinanmeldungen, etwa am Bauhof. Wenn die Gemeinde über 2.500 Einwohner hat, Nebenwohnsitze zählen auch, so bekommt „der Andi einen höheren Gehalt.“ Es

ging um rund 400 Euro pro Monat. Vor Gericht hört man bei den Aussagen oft, das sei so Usus gewesen, das haben alle gemacht. Das finanzielle Motiv wird abgestritten, es ging um Maximierung von Wählerstimmen. Jedes Schriftl, ein Giftl Ein Nebenstrang der Causa spielte sich im Weinverkauf ab. Der Ex-Bauhofleiter soll laut Anklage Lieferanten der Gemeinde vorgeschlagen haben, sie könnten doch Wein von seinem Papa kaufen. Besagter Papa ist nicht nur Winzer in finanziellen Nöten, sondern auch mitangeklagter Bauunternehmer rund um das StreusplittThema. Im Prozessverlauf zeigt sich, wie schlampig in manchen Gemeindestuben gearbeitet wird. Der Weinankauf soll laut Anklage zehn Prozent des Umsatzes ausmachen, den das Unternehmen mit der Gemeinde erzeugt. Das Gericht wird diese Werte nicht nachweisen können, die Beweislage ist zu dünn, alle werden freigesprochen. Dennoch gibt es unschöne Beweise, egal wie man sie würdigt. Etwa den aufgebrachten Unternehmer, der sich am verlassenen Gemeindeamt vom Bauhofleiter unter Druck gesetzt fühlt, er möge doch bitte seiner Familie Wein abkaufen, um ein Geschäft zu machen. Oder ein E-Mail, indem der Vater den Sohn ermahnt die Zehn-Prozent-Vereinbarung doch bitte niemals schriftlich festzuhalten, so was mache man nicht. Wieso fragt der Richter den Sohn? Seine Antwort: „Naja, weil ich jetzt hier sitze und das ganze erklären muss“, räumt dieser zerknirscht ein. Den Tatvorwurf bestreiten alle freilich, ärgerlich sei nur, dass man so ungeschickt agiert habe. Zurück zu Dockner. Unterm Strich führen die Verurteilungen beim ExBürgermeister zu einer teilbedingten Strafe wegen Untreue, Diebstahl, versuchtem Betrug und Amtsmissbrauch. Dockner gibt bescheidene finanzielle Verhältnisse an, seine unbedingte


HALLO ANDI, PASST SO DIE RECHNUNG?

Geldstrafe von 420 Tagsätzen summiert sich daher nur auf 2.520 Euro. Bedingt setzt es noch 16 Monate Freiheitsstrafe, diese muss er aber nur absitzen, wenn er innerhalb der dreijährigen Probezeit wieder straffällig wird, das Urteil ist rechtskräftig. Vifer Kampel Doch was bleibt von der Causa? In Obritzberg-Rust sind laut Bürgermeisterin Daniela Engelhart die meisten Bürger froh, dass es endlich vorbei ist. Vom milden Urteil ist sie nicht überrascht, sie habe aufgrund der langen Verfahrensdauer nicht mehr gedacht, „dass viel dabei rauskommen wird.“ Die Beweggründe ihres Amtsvorvorgängers kann sie sich nicht erklären, denn eigentlich habe sie Dockner als „vifen Kampel“ in Erinnerung, der rundum erfolgreich war. Viele Anklagepunkte scheinen geradezu skurril. Anfangs stand ja noch im Raum, Dockner habe 100.000 Euro im Rahmen von Spekulationsgeschäften unterschlagen. Nach einem mehrjährigen Ermittlungsverfahren ist davon keine Rede mehr, angeklagt werden scheinbar Peanuts, wie angeblich verschenkte Golddukaten oder ein iPhone als Diensthandy? Doch vor Gericht zählt nicht per se die Schadenshöhe, es geht ums Prinzip, um die Verfehlung an sich. Sind diese Anklagepunkte einzelne Mosaiksteine eines Sittenbildes, die eben greifbar und belegbar waren? Wie werken un-

AMTIERENDE NACH-NACHFOLGERIN. Daniela Engelhart möchte kein Foto von sich sehen.

sere Bürgermeister in ihrer scheinbar unbegrenzten Macht herum, wenn man sie nur lässt, quasi als Eisberg unter dem Meeresspiegel? „Anfangs war er ein toller Chef. Mit der Zeit habe ich seine cholerische Seite kennengelernt“, sagt eine ehemalige Mitarbeiterin aus. Mehrfach hört man vom autoritären Charakter des Chefs, dessen Wort Befehl war. Einmal habe der Bürgermeister auf ein Hinterfragen seiner Anordnungen klar reagiert: „Geh scheißen, glaubst du ich weiß nicht, was ich tue?“ Mitdenken, Hinterfragen, Aufzeigen, das alles sei im Gemeindeamt nicht gerade gefördert worden. Dabei hätte es oft leichte Lösungen gegeben, hätte man manches kurz hinterfragt. Die iPhone-Rechnung hätte der Vizebürgermeister mitabzeichnen können. Für die Übernahme der Reisekosten der Lebensgefährtin hätte man einen Gemeinderatsbeschluss machen können. Diese „Wünsche“ hätte dem Bürgermeister wohl niemand abgeschlagen. Aber so entschied dieser im Alleingang, was sich nun zum Teil gerächt hat. Nimmer Sakrosant Das Bürgermeisteramt ist generell in Diskussion geraten. Früher war der Dorfkaiser nach dem Pfarrer die zweite Eminenz im Ort, sakrosankt. Die Autorität hat in letzter Zeit gelitten, der Job wird ungemütlicher. Viele Gemeinden sind froh, wenn sich überhaupt jemand als Bürgermeister aufstellen lässt. Der Verdienst ist überschaubar, die Arbeitslast hoch, rund um die Uhr soll man für Anliegen der Bevölkerung erreichbar sein. Bürgermeisterin Engelhart bringt zwei Beispiele. Als Behörde erstellt der Bürgermeister nach den gesetzlichen Grundlagen einen Baubescheid, die Auflagen sind nötig, verärgern aber oft die Bürger, die ja eigentlich erwarten, dass sich die Bürgermeisterin für sie einsetzt. Verteilt sie am Faschingsdienstag Krapfen im Kindergarten, wird ihr dies von den anderen Parteien als Ausnutzung ihrer Amtsstellung für parteipolitische Zwecke vorgeworfen. Die Grenzen sind fließend. Abseits der politischen Dimension

HAFTUNGS-RISIKO FÜR BÜRGERMEISTER. Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl.

rücken in letzter Zeit auch rechtliche Fragen verstärkt ins Bild. So wurde etwa der Salzburger Ex-Bürgermeister Heinz Schaden zu hohen Strafzahlungen verurteilt, die seine wirtschaftliche Existenz vernichten könnten. „Klar ist: Im Falle einer persönlichen Bereicherung ist strafrechtliche Verfolgung selbstverständlich“, meint dazu Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl, aber: „Nur weil sich eine politische Entscheidung nachträglich als falsch herausstellt, dürfen Haftungen nicht in den persönlichen Bereich reichen.“ Sind Bürgermeister für alles schuld, was in ihrer Gemeinde an Unangenehmem passiert? Ist die Konsequenz, dass man unzählige gesunde Bäume fällt, nur damit nicht eine Haftung droht, wenn ein Ast jemanden verletzt oder schlimmer? Muss tatsächlich der Bürgermeister haften, weil ein Hecht im Badesee ein Kind in die Zehen beißt? In Ober­ österreich stand ein Bürgermeister vor Gericht, weil er einen Säumniszuschlag zur Kommunalsteuer in Höhe von 50 Euro nicht vorgeschrieben hatte. Amtsmissbrauch? Es sind aktuelle Fragen unserer Gesellschaft, die hier auftauchen. Vom Beginn der Eigenverantwortung, vom Ende der ewigen Suche nach einem Schuldigen. Im Fall von Andreas Dockner schrieb das St. Pöltner Landesgericht dieses Kapitel nun zu Ende. Das Buch ist freilich lange noch nicht voll, das Leben schreibt munter weiter. MFG 06.19

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MFG URBAN INTERVIEW ANDREAS DOCKNER MFG traf Ex-Bürgermeister Andreas Dockner zu einem ausführlichen Gespräch. Wie kam es zu seinem politischen Abgang? Wie erlebte er die Ermittlungen und das Strafverfahren? Wie erklärt er heute die einzelnen Vorwürfe? Und wie empfindet er das Urteil? Wie kamen Sie in die Politik?

Ich habe nach Obritzberg geheiratet. Es hat mich genervt, dass alle nur jammern, aber keiner etwas anpackt. Die Politiker hatten keine Visionen, keine Zukunftsperspektive für den Ort, man hat nur dahingewurstelt. Da wollte ich etwas weiterbringen. In der Kommunalpolitik kann man wirklich etwas bewegen. Und am meisten kannst du bewegen, wenn du als Bürgermeister tätig bist. Drei Jahre war ich geschäftsführender Gemeinderat, danach ab 2007 für sieben Jahre Bürgermeister.

Welche großen Vorhaben konnten Sie umsetzen?

Wir haben mit dem Kanalbau begonnen. Da raunzten viele, weil das Geld kostet. Aber zugleich haben wir jeden Gemeindebürger entkriminalisiert. Die Gesetze wurden oft nicht eingehalten, man hat die Abwässer irgendwohin geleitet. Mit dem Kanalbau hatte dann alles seine Ordnung. Ich erinnere mich auch gut an den Neubau des Kindergartens bei der Volksschule. Das war umstritten, weil wir dafür zwei veraltete, kleine Kindergärten schließen mussten. Was es da für Diskussionen gab, auch in der Partei. Ich habe aber die Meinung vertreten, dass wir da etwas für die Menschen machen, für die Zukunftsfähigkeit der Gemeinde. Sowas muss man erklären, dann versteht das auch jeder und der Wähler honoriert das. Wir haben konkret zwei Mandate dazugewonnen bei der nächsten Wahl.

Wie kam es, dass Sie Ihr Amt verloren haben?

Im September 2013 hatte ich akute gesundheitliche Probleme und lag im Spital. Ein viraler Infekt hatte sich auf mein Herz geschlagen, weil ich im Frühjahr eine Grippe übergangen hatte. Bis heute habe ich eine Herzinsuffizienz und bin angeschlagen. Damals hatten die Bauernbund-Mandatare in meiner Fraktion die wahnsinnige Idee, gegen mich mobil zu machen. Quasi der Feind im Inneren. Sie haben zu mir gesagt, ich solle freiwillig zurücktreten, sonst würden sie Schmutzwäsche waschen. Ich hatte damals private Probleme mit meiner Scheidung. Ich dachte mit dem „freiwilligen“ Rücktritt hätte ich dann Ruhe.

Tatsächlich kam es zu Vorwürfen um Ihre Amtsführung.

Ein paar Wochen nach meinem Rücktritt habe ich aus der Zeitung erfahren, dass mich mein Nachfolger als Bürgermeister sowie die Amtsleiterin angezeigt haben. Angeblich hätte ich 100.000 Euro unterschlagen. Vor der Anzeige hatten sie mich gar nicht gefragt, mir keine Möglichkeit gegeben etwas aufzuklären. Die St. Pöltner Staatsanwaltschaft hat dann schnell alles an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschat abgetreten, im Jänner 2014 gab es Ermittlungen, Hausdurchsuchungen. Da glaubst du, du bist im falschen Film. Ich konnte überhaupt nicht nachvollziehen, wieso so gegen mich gearbeitet wurde, mit Anzeigen, aber auch über die Medien. Vielleicht hatten sie Angst, dass ich mit einer eigenen Liste ein Comeback versuchen würde. Diese Ambition hatte ich aber nie.

Ausgangspunkt dieses Unterschlagungsvorwurfes wa-

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ren ja Spekulationsgeschäfte, die Sie als Bürgermeister für die Gemeinde verantwortet haben. Im Ermittlungsverfahren haben sich keine Fakten ergeben, die zu einer Anklage betreffend der SWAP-Thematik geführt hätten. Medial ist es schwierig diese komplexen Sachverhalte verständlich darzustellen.

Ja, die SWAP-Causa war am Anfang. Dabei war die schwarze Null der Gemeinde unterm Strich sogar mein Verdienst. Man muss in der Politik zwei Dinge unterscheiden: Wenn die Gemeinde ein Auto ankauft, dann können dabei alle Bürger mitreden. Das ist was Greifbares, das hat man selber gemacht. Wenn du aber einen SWAP abschließt oder einen Kanal ausschreibst, dann sind das zu viele Nullen, dann ist das für die Menschen nicht mehr greifbar. Da brauchen sie dann einfach Vertrauen in Politiker. In meinem Fall war rund ein Drittel der ganzen Ermittlungsarbeit diese SWAP-Sache. Eingestellt wurde sie, weil ich nichts unterschlagen habe, ganz einfach. Ich habe mit den damaligen Partnern sogar nachverhandelt, damit die Gemeinde besser aussteigt. Im Endeffekt war für mich die Anklageschrift dann schon der erste große Erfolg, weil viele Vorwürfe darin schon mal weggefallen sind.

Wie geht es Ihnen heute?

Ich bin nach Krems gezogen und habe eine neue Beziehung. Privat war es in den letzten Jahren schwierig, das Ermittlungsverfahren hat fünf Jahre gedauert, da hängt man in der Luft, bekommt keinen Job. Ich habe ja auch meinen Job in der Landwirtschaftskammer im Zuge dieser Querelen verloren. Das Ganze ist auch ein riesiger Beziehungskiller, das muss man auch klar sagen. Der größte Halt sind meine Kinder.

Sind Sie wieder berufstätig? Vor Gericht haben Sie angeführt von der Notstandshilfe zu leben und ohne Vermögen zu sein. Darum geht das Gericht bei der Strafhöhe auch von einem Tagsatz von sechs Euro aus. Ja, ich arbeite wieder geringfügig. Einerseits bei einem Obstund Weinbaubetrieb, dem es egal ist, was mir vorgeworfen wird und was ich getan habe. Bei dem zählt die Leistung und ich komme ja aus dem Weinbau. Außerdem bin ich geringfügig angestellter Geschäftsführer bei einer Baufirma, dort kümmere ich mich um das Kaufmännische. Zwei der drei meiner Geschäftspartner dort sind übrigens mitangeklagt gewesen.

Nicht der beste Umgang, könnte man sagen …

Die beiden wurden freigesprochen, ich wurde in diesem Anklagepunkt freigesprochen. Da spricht nichts dagegen.

Im Endeffekt war für mich die Anklageschrift schon der erste große Erfolg. ANDREAS DOCKNER


HALLO ANDI, PASST SO DIE RECHNUNG?

Er hat es mir geschenkt. Ich habe das ja alles organisiert. Auch wenn jemand in den kommenden Jahren die Anlage ausleihen wollte, haben sie mich gefragt, ich habe das entschieden.

Wie kam es zur Geschichte mit den Golddukaten?

Da könnte ich mich heute noch in den Hintern beißen. Wir haben Brandschutzpläne für die Gemeinde gebraucht. Das hätte über 7.000 Euro gekostet. Ich kannte dann wen bei der Feuerwehr, der hat mir die Pläne dann so als Geschenk besorgt. Keine Ahnung, wer das offiziell gemacht hat. Jedenfalls war ich dankbar und habe eben diese Goldmünzen als Geschenk übergeben. Wenn ich gewusst hätte, dass das so ein Zirkus wird, dann hätte ich das einfach aus der eigenen Tasche bezahlt.

Wieso haben Sie dann nicht gesagt, wer dieser angebliche Empfänger der Münzen war und so die Geschichte bewiesen. Vor Gericht sagten alle Zeugen aus, dass keiner etwas von Münzen oder Plänen wüsste.

Ja, die was geladen waren, wissen eh nichts. Ich will niemanden weiter reinziehen in die Sache. Es ist ja mein Fehler. Und die Betroffenen scheißen sich an, wegen der Geschenkannahme, dass man ihnen dann auch einen Vorwurf macht.

Ein schwerwiegender Anklagepunkt war die StreusplittCausa. Sie haben einem befreundeten Unternehmer 500 Tonnen abgekauft. Laut Anklage ein Vorrat für fünf Jahre, den man gar nicht einlagern hätte können. Der Regieschein und die Rechnung waren von Ihnen unterschrieben, die Gemeinde hat gezahlt, die Ware wurde nicht geliefert, kurz darauf ging die Firma in Konkurs.

AM SCHAUPLATZ. Das Gemeindeamt ist Dreh- und Angelpunkt. Für die Gemeindepolitik, aber auch für den neutralen Gesetzesvollzug.

Sie haben der Gemeinde eine Musikanlage gestohlen und wurden dafür verurteilt. Angeblich hatte ein Unternehmer diese Anlage Ihnen persönlich geschenkt. Der wusste davon aber nichts. Warum sollte jemand Ihnen privat um 10.000 Euro eine Musikanlage schenken?

Ich glaube dem Zeugen, dass er sich nicht mehr erinnern kann. Das ist Jahre her und das Gespräch dauerte eine Minute.

Wenn ich einem Bürgermeister, mit dem ich Geschäfte mache, ein Geschenk im Wert von 10.000 Euro mache, dann kann ich mich auch Jahre später daran erinnern. Die Volksschule hatte eine Musicalaufführung geplant, ich wurde gebeten eine Musikanlage aufzutreiben. Dann hab ich ein Angebot einholen lassen, das hat 10.000 Euro ausgemacht. Ich wurde ja ständig gebeten, dass ich für diesen Anlass und für jene Feier mit einer Musikanlage aushelfe. Also habe ich diesem Unternehmer gesagt: „Heast, Andreas, sponsor des bitte!“ Der meinte dann okay, ich soll die Rechnung an Frau Irgendwen schicken lassen und damit war für uns beide die Sache erledigt. Er hat viel Geschäft mit der Gemeinde gemacht und ich hatte eine Sorge weniger. Es haben ja alle davon profitiert und Sponsoring ist ja nichts Schlechtes.

Aber das spricht doch auch dafür, dass er es nicht dem Andreas Dockner schenken wollte, sondern der Gemeinde bzw. dem Bürgermeister als Amt.

Kurz nach dieser vermeintlichen Lieferung bin ich ja zurückgetreten. Ich habe im Gemeindeamt gesagt: „Schaut, dass ihr die Ware bekommt!“ Es war ein Gutschriftensystem, das hatten wir auch bei zwei weiteren Unternehmern in der Region. Mir lagen ständig die Bauern im Ohr, ich müsse mehr Geld für die Feldwege auftreiben. Also habe ich, als beim Winterdienst Budgetmittel über waren, diese ausgegeben und hätte in diesem Volumen statt Streusplitt auch anderes Material abrufen können, etwa für den Wegebau. Zum Regiebericht und der Rechnung gab es darum auch eine Gutschrift. Aber genau diese muss am Gemeindeamt verschwunden sein, zumindest ist sie nicht den Ermittlern übergeben worden.

Warum diese ganze Trickserei? Man hätte ja auch einen Fixpreis-Vertrag aufsetzen können für die nächsten Jahre und so das Ganze offiziell machen, nicht mit einer sachlich falschen Rechnung? Es gab zum liefernden Unternehmer ein Vertrauensverhältnis, wir haben seit vielen Jahren unkompliziert gearbeitet. Keiner von uns ist Jurist, ich kann doch nicht stundenlang überlegen, was da auf einer Rechnung alles noch draufstehen könnte?

Die Anklage ging davon aus, dass diese Rechnung über 500 Tonnen in Wahrheit die Bezahlung für die Errichtung einer Gartenmauer auf Ihrem Privatgrundstück war. Das ist falsch. Wir wurden in diesem Punkt freigesprochen.

Ein Schuldspruch betraf die Manipulation des Zentralen Melderegisters. Sie und Ihr ehemaliger Bauhofleiter haben Scheinanmeldungen vorgenommen, damit die Ge-

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MFG URBAN Nein, in dem Sinne gab es da niemanden. Keinen Aufpasser, aber auch keinen, der dich wirklich entlastet oder der dir einen Fehler aufzeigt. Zumindest nicht in kleinen Gemeinden.

Sie wollten Vermessungskosten ihres privaten Grundstücks zum Teil die Gemeinde zahlen lassen, weil dabei auch eine mögliche, zukünftige Abtretung zu Gunsten der Gemeinde mitvermessen wurde. Bis heute ist strittig, ob das so in Ordnung gewesen wäre.

PLATZ FÜR SCHOTTER. 500 Tonnen Streusplitt hat die Gemeinde bezahlt, erhalten hat sie davon keine einzige. Ein Scheingeschäft?

meinde am Stichtag über 2.500 Einwohner kam. Über dieser Grenze ist das Gehalt des Bürgermeisters höher.

Ich hatte mein Gehalt nicht vor Augen. Der Bezug war ja jeden Monat unterschiedlich, ich wusste gar nicht, wie sich das zusammensetzt. Heute weiß ich, dass das Überschreiten der Grenze brutto 400 Euro im Monat ausgemacht hat. Aber damals war mir das nicht klar. Es ging um Stichtage für Wahlen.

Sie melden zwei Polen an, in der Hoffnung auf zwei zusätzliche Stimmen? Das ist doch nicht sehr glaubhaft.

Wieso? Das sind wahlberechtigte EU-Bürger. Außerdem haben die bei mir zu der Zeit gearbeitet. Das war fix, dass die mich wählen. Es waren knappe Mehrheitsverhältnisse, da kämpft man um jede Stimme. Bei der Gemeinderatswahl 2010 war der Kampf um ein Mandat zwischen ÖVP und FPÖ so hart, dass die Stimmen von der Landesregierung neu ausgezählt wurden.

Erschreckend war bei der Hauptverhandlung, wie offen alle Befragten mit der Tatsache umgingen, dass es bei den Wohnsitzmeldungen immer wieder Manipulationsversuche gibt. Was sollte sich da ändern? Na klar, da wurden ja mehrere Bürgermeister aufgeklopft, nicht nur ich. Es ist eigentlich ganz einfach, der ganze Blödsinn mit dem Wählen am Nebenwohnsitz gehört abgeschafft. Dann ist von einem Tag auf den anderen der Spuk vorbei. Jeder Bürger hat eine Stimme, dort wo er seinen Hauptwohnsitz hat, fertig.

Sie sollen ein sehr autoritärer Bürgermeister gewesen sein. Folgte daraus, dass keiner widersprach?

Das stimmt schon mit der Autorität. Die alte Amtsleiterin war da anders, die hat mir schon teilweise gesagt, was ich anders machen muss. Nicht aus Absicht, sondern weil ich es nicht besser wusste. Die Nachfolgerin hat mich weniger kontrolliert.

Ist bei mächtigen Politikern das Problem, dass sie von den einen grundsätzlich nur kritisiert werden und von anderen nur hofiert? Hatten Sie im Amt, im Gemeinderat oder Ihrer Fraktion wen, mit dem Sie sich bei heiklen Fragen ausgetauscht haben? Der Ihnen mal gesagt hat, dass Sie dabei sind einen Blödsinn zu machen? Wenn ich so darüber nachdenke, ist das ein Punkt. Man ist schon sehr alleine mit seiner Macht und entscheidet einfach.

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Ich hatte solche Fälle zehn, fünfzehn Mal im Jahr. Ich sehe da wirklich kein Problem und das hätte ich auch für mich in Anspruch genommen. Mein Fehler war, dass ich das damals selber entschieden habe. Ich hätte es einfach im Gemeindevorstand beschließen lassen müssen. Da hätte sowieso jeder ja gesagt und das Ganze wäre später kein Thema geworden.

Zurück zum Bürgermeisteramt in kleinen Gemeinden, ganz generell. Das klingt alles durchaus nicht einfach. Es ist eine schöne Aufgabe, weil man gestalten und verwalten kann und weil man diese direkte Nähe zum Bürger hat. Du bist ständig wo eingeladen, man hat einen richtigen Freizeitstress. Ich war sehr beliebt und aus dieser Anerkennung und Wertschätzung gewinnt man sehr viel Motivation.

Was denken die Gemeindebürger heute über Sie?

Ich bin weg von der Gemeinde, habe kaum noch Kontakt und kann das wirklich nicht beurteilen. Wenn ich gelegentlich wen treffe, dann habe ich nicht den Eindruck, dass mir wer böse ist.

Oft heißt es, der Bürgermeister ist unterbezahlt. Denkt man sich eventuell in Graubereichen zu leichtfertig, dass einem da schon noch etwas mehr zusteht? Der Verdienst steht wirklich in keiner Relation zur Verantwortung und zum Zeitaufwand, zumindest wenn man seinen Job ordentlich macht. Ich hatte als Bürgermeister rund 2.050 Euro netto im Monat. Zusätzlich war ich bei der Landwirtschaftskammer angestellt als Systemadministrator. Da war ich aber an zwei Tagen in der Woche freigestellt, den vollen Lohn habe ich dennoch bekommen. Finanziell ist es mir gut gegangen, das änderte sich erst mit der Scheidung und den Problemen rund um das Ermittlungsverfahren.

Sie müssen rechtskräftig 2.500 Euro Strafe zahlen, tragen die Verfahrenskosten und haben 16 Monate bedingte Haft ausgefasst. Wenn in den nächsten drei Jahren nichts passiert, müssen Sie nicht ins Gefängnis.

Ich bin mit der Strafe gut davongekommen. Ich habe mich teilweise schuldig bekannt und wusste von Anfang an, dass ich was bekommen werde. Von den Vorwürfen ist nicht viel geblieben. Wichtig ist mir, dass ich im Zeitpunkt meiner Handlungen immer im besten Wissen und Gewissen gehandelt habe.

Würde das Gericht das auch so sehen, wären Sie nicht wegen Vorsatzdelikten verurteilt worden. Stimmt. Sagen wir so, ich würde manches anders machen. Bei manchen Entscheidungen ist man in einem Graubereich.

Sind Sie eigentlich Ihrer Partei, der ÖVP, böse?

Der Partei selbst nicht, nur dem Bauernbund. Dem verdanke ich das Ganze ja.


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MFG URBAN

KARL FAKLER

ES WIRD MIT KANONEN AUF SPATZEN GESCHOSSEN

Ein lauer Frühlingsvormittag, Krems, Südtirolerplatz. Während vor unserer Nase geschäftiges Treiben herrscht, Businessmen im Anzug zum Mittagslunch eilen, Touristen auf ihren Drahteseln vorbeigondeln und sich das Hupen der Autos mit Vogelgezwitscher mischt, sitze ich mit Karl Fakler gemütlich im Café Ulrich, wenngleich unser Gesprächsthema alles andere denn Gemütlichkeit verströmt: Die neue Sozialhilfe-Regelung. 18


TEXT: JOHANNES REICHL | FOTOS: B.V. EDERER – PHOTOSANDMORE, ELIAS KALTENBERGER

N

iederösterreichs bekanntester Arbeitsmarktexperte, der erst im Vorjahr als Geschäftsführer des AMS NÖ in den Ruhestand getreten ist, gilt als einer ihrer größten Kritiker. Wir fragten ihn warum. In einer Pressekonferenz des Armutsnetzwerkes zur Sozialhilfe NEU haben Sie sich v. a. an einer der Grundargumentionen der Bundesregierung gestoßen, die sich im Slogan „Wer arbeitet, darf nicht der Dumme sein” niederschlägt. Ja, weil das eine mit dem anderen nichts zu tun hat. Da verwechselt man nicht nur Äpfel mit Birnen, sondern eher schon Äpfel mit Autos. Es wird suggeriert, dass alle Mindestsicherungsbezieher und auch Arbeitslosen ja gar nicht arbeiten möchten und den fleißigen Arbeitswilligen nur auf der Tasche liegen. Hantiert wird dabei mit den Arbeitslosenzahlen. Diese stellen freilich jeweils eine Momentaufnahme dar, zuletzt waren es etwas mehr als 47.000 im Monat April in Niederösterreich. Tatsächlich waren über das Jahr 2018 aber rund 147.000 verschiedene Personen von Arbeitslosigkeit betroffen – da reden wir also von gut einem Viertel aller Erwerbstätigen! Das heißt jeder beziehungsweise jede vierte Arbeitnehmerin war eine Zeitlang arbeitslos – und die sind alle faul? Wohl kaum! Tatsächlich sind aber etwa in St. Pölten aktuell nur rund 10% der Bezieher erwerbstätig. Unter den Bezieherinnen und Beziehern, das wird gerne unter den Teppich gekehrt, sind aber alleine 1/3 Kinder, desweiteren Mindestpensionisten, Menschen die aufgrund von Invalidität nicht mehr arbeitsfähig sind etc. Und von jenen, die dazu in der Lage sind, möchten die meisten auch arbeiten – ein Teil tut dies auch, nur reicht der Verdienst nicht aus, weshalb bis zur Mindestsicherung aufgestockt wird. Arbeitsscheue als „massenphänomenale“ Charakterschwäche, wie suggeriert, gibt es sicher nicht. Dazu genügt ein Blick auf die Statistik. Die Arbeitslosenrate ist ja nicht konstant, sondern unterliegt Schwankungen. Sie steigt, wenn die Konjunktur schwach ist, sie sinkt, wenn die Konjunktur gut ist, so einfach ist das. Über die Jahrzehnte variiert sie in Österreich in etwa zwischen 3,6% bis 9%. Das aber würde in der Argumentation der Regierung heißen, dass die Menschen zu bestimmten Zeiten fauler und zu anderen fleißiger sind. Das widerspricht aber wieder dem CharakterschwächeAnsatz, denn wäre Arbeitsunwilligkeit eine Charakterschwäche, müsste der Wert ja immer ziemlich konstant bleiben – tut er aber natürlich nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Politik so dumm ist, das nicht zu durchschauen – sie verspricht sich also etwas anderes davon, wenn sie von den angeblichen Leistungsträgern redet, die nicht die Dummen sein dürfen – nur diese Leistungsträger sind halt dieselben, die bei schlechter Konjunktur selbst in diese Situation kommen können und dann froh wären, wenn es das Netz gäbe bzw. gibt.

Wobei Missbrauch ja durchaus vorkommt? Natürlich gibt es immer wieder Menschen, die das System auszunützen versuchen, aber da reden wir bitteschön – so viel kann ich aus meiner Erfahrung versichern – von 1,5 bis 2% der Bezieher! Mit dem neuen Gesetz nimmt man aber quasi die restlichen 98% für diese 2% in Geiselhaft, das schießt völlig übers Ziel hinaus. Das wäre in etwa so, wie wenn ich sage – weil hier in Krems-Stein (zeigt zur Justizanstalt hinüber, Anm.) ein paar Leute eingesperrt sind, wohl alle Menschen Kriminelle sind und deshalb eingesperrt gehören. Oder dass alle Politiker korrupt sind, nur weil es ein paar schwarze Schafe gibt. Was ich damit sagen möchte: Man kann nicht pauschalisieren, sondern muss jenen, die das System ausnutzen, individuell begegnen – und das passiert auch. Die Mindestsicherung war schon bislang an zwei Grundvoraussetzungen geknüpft: Arbeitsfähigkeit – die beurteilt der Arzt. Und Arbeitswilligkeit – die überprüft das AMS. Und wenn ich mich weigere, eine Arbeit anzunehmen, obwohl ich arbeitsfähig bin, gibt es verschiedene Sanktionsmöglichkeiten – von der Kürzung der Leistung, ihrer zeitweisen Aussetzung bis hin zur gänzlichen Streichung. Und das wurde auch schon bisher praktiziert. Das würde aber heißen, dass das Gesetz an seiner – zumindest offiziell kolportierten – Stoßrichtung, nämlich die Leute wieder zu einem schnelleren Arbeitseintritt zu motivieren, vorbeischießt. Ja, weil es auf die „Falschen” abzielt. Ich mache den Leuten, die ohnedies schon unten sind, das Leben noch schwerer, zugleich trage ich mit den Maßnahmen aber in keiner Weise dazu bei, dass die Arbeitslosenquote sinkt. Was ist etwa mit dem 58 Jahre alten Hilfsarbeiter, der immer hart gearbeitet hat, arbeitslos wird und den keine Firma mehr anstellt, weil ein 28-jähriger Kollege halt billiger kommt und wahrscheinlich auch mehr leisten kann. Vom Unternehmer kann ich schwerlich verlangen, dass er ihn aus sozialen Motiven trotzdem anstellt und sozusagen Sozialpolitik betreibt – das ist noch immer Aufgabe des Staates. Als solcher kann ich aber sehr wohl, wie wir es seitens des AMS immer getan haben, Anreize für den Unternehmer schaffen – zum Beispiel in Form von Lohnkostenzuschüssen für diesen Arbeitnehmer, um das Erprobungsrisiko zu minimieren (er „kostet“ mich für die ersten drei oder sechs Monate z. B. nur die Hälfte), oder natürlich auch über Qualifizierungsmaßnahmen für den Arbeitnehmer selbst, deren Kosten das AMS trägt etc. Das bringt viel mehr – für alle Beteiligten. Jetzt aber sozusagen den arbeitslos gewordenen Hilfsarbeiter, der in Folge

Da verwechselt man nicht nur Äpfel mit Birnen, sondern eher schon Äpfel mit Autos. KARL FAKLER

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MFG URBAN vielleicht in die Mindestsicherung rutscht, dafür bluten zu lassen, ist einfach nur grauslich, gemein und unanständig. Da wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Ein anderer umstrittener Punkt der Reform ist die Kopplung des Bezuges an den Sprachenerwerb. Asylberechtigte und anerkannte Flüchtlinge, die Deutsch oder Englisch nicht auf einem bestimmten Niveau sprechen können, bekommen nur 575 Euro ausbezahlt. Das argumentierte die

Regierung mit einer schnelleren Vermittelbarkeit am Arbeitsmarkt. Politisch ist das Ansinnen zum raschen Spracherwerb völlig okay, aber die Junktimierung mit dem sogenannten „Bonus” ist zynisch, weil der angebliche Bonus ja in Wahrheit ein Malus ist – wenn man die Kriterien nicht erfüllt, bekommt man nämlich ein Drittel weniger Leis­ tung, nicht etwa ein Drittel mehr, wenn man sie erfüllt. Sprachlich ist das schon eine gewagte Konstruktion, die kaum an Zynismus zu übertreffen ist.

SOZIALHILFE NEU Mehr Bürokratie Zudem verweist Eigelsreiter auf mehr Bürokratie durch die neue Gesetzgebung. „Für das Sozialamt bedeutet die Neuregelung einen hohen bürokratischen Mehraufwand aufgrund der vielen neuen unterschiedlichen Regelungen sowie ein noch höheres Sicherheitsrisiko für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, da die Sachbearbeiter an der Front mit dem Unverständnis, dem Unmut und der damit verbundenen Aggressivität der Antragsteller umgehen müssen!“ Kurzum, die – auch psychische – Belastung für das 16 Mitarbeiter zählende Team (das alle Belange der Sozialhilfe abwickelt) ist enorm und fordert seinen Tribut. So schlitterten dem Vernehmen nach in den letzten Jahren vier Mitarbeiterinnen ins Burnout, vier sind angeblich akut Burnout gefährdet.

Die konkreten Auswirkungen der Sozialhilfe NEU erklärt der Leiter des St. Pöltner Sozialamtes, Peter Eigelsreiter, wie folgt: „Die Sozialhilfe NEU bedeutet für Haushalte ab zwei Personen einen geringeren Leistungsbezug. Vor allem ab Haushaltsgemeinschaften mit mindestens drei Personen bedeutet es einen erheblichen Einkommensverlust, da ab dieser Personenanzahl eine Deckelung der Leistungshöhe von derzeit 1.550 Euro besteht. Das heißt für einen Haushalt mit drei erwachsenen Personen beträgt derzeit der Mindeststandard 1.992 Euro, hinkünftig sind es 1.550, jedoch auch für mehr als drei erwachsene Personen! Jedes einzelne Kind erhält derzeit in Niederösterreich 23% des Mindeststandards, d. h. 203,66 Euro. Zukünf-

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tig erhält das erste Kind 25%, das sind 221,37 Euro, das zweite Kind 15%, das sind 132,82 Euro ab dem 3. Kind 5%, das sind 44,27 Euro monatlich. Personen ohne österreichischen Pflichtschulabschluss oder Nachweis von Deutschkennntnissen auf dem Niveau von B1 oder Englischkenntnissen auf dem Niveau C1 erhalten automatisch um 35% weniger an Mindeststandard, das heißt eine alleinstehende Person statt 885,47 Euro nunmehr 575,56 Euro. Zusammengefasst muss gesagt werden, dass die neue Regelung Benachteiligungen für alle Personen – außer für Alleinstehende mit österreichischem Pflichtschulabschluss oder entsprechenden Deutsch- oder Englischkenntnissen – mit sich bringt.“

Mindestsicherung 2018 St. Pölten • 2.658 BezieherInnen von BMS, davon • 478 alleinstehende Personen • 2.180 Personen in 575 Bedarfs gemeinschaften (mind. zwei Per- sonen) • 513 Familien (d.h. entweder Alleiner- zieherinnen oder Paare mit Kindern) • 1.116 Kinder (42% aller Bezieher) • 170 Familien mit drei und mehr Kin- dern • ca. 24% österreichische Staats bürger • ca. 76% ausländische Staatsbürger • ca. 10.% der Bezieher sind erwerbs- tätig • ca. 50% Aufstocker (deren Einkom- men – z.B. aus Arbeitseinkommen, AMS-Leistung, Unterhaltsbezug, Kin- derbetreuungsgeldbezug) – wird bis zur zustehenden Mindestsicherungs- höhe aufgestockt.


ES WIRD MIT KANONEN AUF SPATZEN GESCHOSSEN

Ich bin absolut dafür, dass die Leute die Sprache lernen, wenn sie hier bleiben! Wichtig ist deshalb, dass man ein klares Angebot schafft. Das wird auch angenommen, wie wir beim AMS gesehen haben. Den Rest regelt die normative Kraft des Faktischen. Wenn ich etwa in der Industrie arbeite und nicht die Sprache lerne, werde ich den Job verlieren – das will keiner, glauben Sie mir. Sie haben sich vor allem auch an der Kinderregelung gestoßen, demnach Kinder unterschiedlich bewertet werden und die Leistungen abnehmen, was vor allem für kinderreiche Familien weniger an Sozialhilfe bringt. 44,17 Euro/Monat ab dem dritten Kind sind einfach nur gemein – das sind 1,47 Euro pro Tag! Es mag schon sein, dass ich für Wohnraum ab dem 3., 4. Kind nicht mehr aliquot das gleiche Geld brauche, aber das dritte, vierte Kind isst deshalb nicht weniger als seine Geschwister – das geht sich alleine schon von den Lebenserhaltungskosten nicht aus! Und da rede ich noch gar nicht von Gewand, Schulbedarf etc., die das Kind auch braucht. Ich habe ja durchaus etwas für Sarkasmus und Zynismus über, aber bitte nicht bei den Ärmsten – damit leiste ich nur einer Chronifizierung von Armut Vorschub! Das ist eindeutig ein Paradigmenwechsel. Inwiefern? Die Vorläufer der heutigen Sozialhilfe wurden 1919/20 überwiegend auf Landes- und Gemeindeebene mit dem Ziel eingeführt, die Leute so abzusichern, dass sie halbwegs leben können. Im Übrigen schon damals unter sehr starken subsidiären und Missbrauch verhindernden Aspekten, also keine Hilfe „solange der/die Arme das Notwendige zum Leben hat“. Das war eine Leistung der Gesellschaft, und diese Solidarität mit den Ärmeren und Schwächeren galt von Beginn der Zweiten Republik an als Grundkonsens, der auch erfolgreich war: Das Wirtschaftswunder in den 50ern, die Wohlstandsgewinne in den 70er Jahren und 90ern wären ohne dieses Modell nicht möglich gewesen – es hat gut funktioniert, weshalb ich auch nicht verstehe, warum man jetzt davon abrücken möchte. Es ist ja nicht so, dass sich der Staat die Mindestsicherung in ihrer bisherigen Form etwa nicht mehr leisten könnte. Und diese, wie der Name schon sagt, dient ja ausschließlich dazu, das Minimum abzudecken – nicht mehr und nicht weniger. Es ist nicht so, dass die Bezieher damit in Saus und Braus leben könnten, wie gern gezeichnet

Wir sprechen potenziell von einem Viertel der arbeitenden Bevölkerung. Armut kann wirklich jeden treffen. KARL FAKLER

SOZIALHILFE NEU Angaben 2019 in Euro pro Monat, gerundet

* 65% der regulären Leistung, Mindestsicherung in voller Höhe erst bei Nachweis der Sprachkenntnisse

wird, sondern damit kommt man eben gerade so über die Runden. Der Leistungsbezug liegt bei rund 29 Euro pro Tag für einen Alleinstehenden bzw. eine Alleinstehende. Ein Paar wiederum bekommt nur mehr rund 21 Euro pro Person und Tag. Ich glaube nicht, dass irgendjemand das ernsthaft anstrebt, weil das nämlich gar nicht lustig ist. Allein, was wir zwei an Getränken und Zigaretten hier konsumiert haben, geht sich mit dem Tagessatz schon kaum mehr aus. Was bringt die neue Gesetzgebung letztlich? Für die Betroffenen eindeutig weniger Leistung, wodurch die Lebensverhältnisse der Armen noch prekärer werden. Sicher eine Entsolidarisierung und Polarisierung der Gesellschaft, weil da bewusst oder unbewusst – ich persönlich glaube bewusst, aus taktischem Kalkül, aber selbst wenn es unbewusst und ungewollt wäre, hätte es die gleichen Effekte – Neid geschürt wird, der vorher so nicht konstatierbar war. Es ist ja nicht so, dass es Demonstrationen oder dergleichen gegen die Mindestsicherung gegeben hätte. Das ist vielmehr Ergebnis eines schmutzigen populistischen Spiels. Viele Bürgerinnen und Bürger durchschauen das aber nicht, weil sie sich auf der „richtigen“ Seite wähnen, nämlich jener der angeblich Fleißigen, und werden die ganze Tragweite wohl erst begreifen, wenn sie selbst in diese Situation kommen – denn wie gesagt: Wir sprechen da potenziell von einem Viertel der arbeitenden Bevölkerung. Armut kann wirklich jeden treffen. MFG 06.19

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MFG URBAN

DIE ZUKUNFT DER POLITIK

SCHNELL UND OHNE BINDUNG Warum klebt der Jugend eigentlich der Begriff „Politikverdrossenheit“ auf der Stirn? Hat sie ihn dort selbst angebracht oder war das ein Diskurs, der am Ziel vorbeischießt? Matthias Rohrer, Studien- und Projektleiter vom Institut für Jugendkulturforschung, diskutiert im Interview mit dem MFG über die vorschnelle Verurteilung der Jugend und „Fridays for Future“.

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TEXT: THOMAS WINKELMÜLLER | FOTOS: MATTHIAS KÖSTLER, ELIAS KALTENBERGER, DOMINIC REIN / GRÜNE JUGEND NIEDERÖSTERREICH

„Politikverdrossenheit“ ist so ein Begriff, der seit ein paar Jahrzehnten immer wieder im Raum steht und mit dem gerne junge Menschen abgestempelt werden. Ist die Jugend wirklich in der Krise oder suchen Politiker einfach nur nach Gründen warum sie nicht mehr gewählt werden? Ich mag den Begriff „Politikverdrossenheit“ eigentlich so gar nicht, weil da immer mitschwingt, dass sich junge Leute für nichts mehr interessieren. Das stimmt einfach nicht. Es sind eher zwei Dinge, die daran schuld sind, dass junge Menschen manchmal so wirken. Ich möchte nur vorab klarstellen: Wenn ich „junge Menschen“ sage, dann meine ich nur den Großteil. Ausnahmen gibt es bekanntlich immer. Zu den zwei Punkten zurück: Erstens hat sich die Art von politischem Interesse verschoben. Sie ist weg vom großen Ganzen und eher ins Kleine. Es geht nicht mehr um riesige Ideologien oder große gesellschaftliche Weltformeln, sondern mehr um konkrete Lösung von einzelnen Problemen. Beispiel Asylpolitik: Wenig junge Menschen gehen auf eine Demo gegen Asylrechtsverschärfung, wird aber ein Klassenkollege abgeschoben, ist schnell breites Engagement da. Warum ist das Interesse der Jugendlichen weg vom Großen und hin zum Kleinen gewandert? Weil es auch nicht mehr ihrem Zeitgeist entspricht. Es ist tendenziell so, dass sie drängende Probleme haben, die in der Vorgängergeneration seltener waren. Steigender Leistungsdruck, sinkende Jobsicherheit oder Zukunftsängste am Arbeitsmarkt, um nur ein paar zu nennen. Wenn diese Probleme dringender werden, dann kümmert man sich auch weniger um große, verschwommene Entwürfe und sondern mehr um die nahen Probleme. Dazu passt der Begriff junger Biedermeier. Die Menschen ziehen sich aus einer Weltüberforderung ins Private zurück. Und der zweite Punkt, den Sie zuvor erklären wollten?

Bei Jugendlichen kann man eigentlich nicht von Politikverdrossenheit sprechen, sondern man muss bewusst von Politiker- und Institutionsverdrossenheit reden. Junge Menschen trauen den handelnden Akteuren immer weniger zu die drängenden Probleme anzugehen oder sie lösen zu wollen. Sie selbst haben das Gefühl, dass sie nicht ganz ernst genommen werden, und seien wir uns ehrlich: Werden sie auch nicht. Deswegen versuchen sie eher selbst was zu verändern und in kurzlebigen Aktionen etwas zu verändern. Nichtsdestotrotz arbeitet das System, in dem wir leben, nicht sonderlich anders. Das Ergebnis davon ist, dass den meisten Parteien der Mitte die Wähler wegdriften, weil sich die Jugendlichen selten für institutionalisierte Politik interessieren. Was bedeutet das für die Demokratie? Also Junge wählen deswegen nicht sofort überproportional die FPÖ, aber man drängt sie leider aus dem demokratischen Prozess. Sie gehen einfach nicht mehr zur Wahl, weil sie das Gefühl haben, es ändert sich eh nichts. Wir steuern also weniger auf eine Generation zu, die in die Extreme links und rechts gleitet, sondern auf eine, die den Demokratieprozess auslässt, und das ist gefährlich. Wie können jetzt Politiker gegen diesen Trend arbeiten? Wenn die Altparteien wie SPÖ und ÖVP, die ja klassische Mitgliederparteien sind, nicht nur politische Vertreter, sondern in der Bevölkerung auch weiterhin breit aufgestellt sein wollen, dann müssen sie auf jeden Fall etwas an ihrer Struktur ändern. Es ist legitim zu sagen: Okay, diese Zeit der großen Parteien ist vorbei und es gibt einfach wahlwerbende Gruppen, die konkrete Themen angehen. Man muss das aber als breiten Begriff sehen. Politiker sollten sich konkret fragen: Was brauchen junge Menschen? Damit meine ich nicht nur Freizeitangebote für Junge zu bieten, sondern die Zukunftsfragen wirklich

der Jugend zugrunde legen und die Antworten auf sie abstimmen. Die Jugendlichen müssen ernst genommen werden. Als Vermittler gibt es da ja auch die Jugendorganisationen der Parteien, zumindest sollten sie dafür da sein. Inwiefern spielen die heute noch eine Rolle? Tun sie immer weniger. Sieht man ja auch an den abnehmenden Mitgliederzahlen und an ihrem Kampf um Nachwuchs. So geht es aber allen möglichen Organisationen. Der Alpenverein oder das Junge Rote Kreuz suchen auch nach neuen Mitgliedern. Klassisches Ehrenamt und fixe Mitgliedschaft entsprechen einfach immer weniger dem Zeitgeist. Damit werden sie auch uninteressanter. Sinken wirklich bei allen die Mitgliederzahlen? Naja, es gibt immer wieder Wellen. Letztes Jahr haben zum Beispiel die Jusos in Deutschland zugenommen. Das sind Peaks, die die Jugendorganisationen ausnutzen, aber auf breiten Zulauf stoßen sie deswegen auch nicht. Wenn jemand kommt, dann eher ein Teil der höheren Bildungsschichten und seltener der 16-jährige Lehrling. Also ja, historisch gesehen sinken die Mitgliederzahlen. Spielen Bildungsschichten wirk-

THEMENSETZUNG. Die Jugendlichen müssen ernst genommen werden.

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MFG URBAN KOLUMNE TINA REICHL

TIBFÄHLA

FOTO: EYETRONIC-ADOBESTOCK

Auf facebook schreibt eine Dame „Ich hete ein Navi zu vergeben, ein noamles Navi was geht für wenn ma mit denn Auto unterwegs ist“. Ich atme tief durch und entferne den Kommentar wieder, bevor mein Finger den Button drücken kann! Phu! Das war knapp! Ich scrolle schnell weiter. Der Standard.at hält mich mit einer rosa unterlegten Headline auf dem Laufenden! „Keine der beiden (Parteien?) Beantworten Fragen von Journalisten.“ Aha, Zeitwörter also jetzt groß und in der Nennform? Natürlich gibt es eigene Regeln fürs Internet – Kleinschreibung, kurze Sätze – und ja, oft ist auch diese dämliche Autokorrektur schuld. Aber warum liest man sich sein Getippse nicht wenigstens kurz durch, bevor man auf „Senden“ geht? Wie viele Unschuldige werden gezwungen, den inneren Rotstift zu aktivieren und sind aufgrund ihrer Wohlerzogenheit dazu verdammt inne zu halten: Nein, ich schreib nichts, es könnte sich um einen Menschen mit Migrationshintergrund handeln! Nein, es könnte dem Schreiber unangenehm sein, ihn auf einen Tippfehler aufmerksam zu machen! Aber damit ist jetzt Schluss! Steht auf, erhebt euch, gemeinsam sind wir stark! Alle Herr und Frau „Gscheids“ dieser Welt verbrüdert euch! Holt die alten Sprüche aus der Schublade: Wer nämlich mit h schreibt ist dämlich! Ja, gebt mir mehr! Wir lassen uns nicht länger für dumm verkaufen! Wenn ihr ein Wort nicht wisst, dann googelt es gefälligst! Die Jugend unterhält sich ohnedies nur mehr mit Akronymen wie LOL, CU, OMG und schreibt kein Wort mehr aus – okay, aber dann wenigstens den Rest bitte richtig! THX!

lich eine so große Rolle in der Frage, ob man politisch aktiv wird? Ja schon. Bildungsschichten im breiteren Sinne, also sozial höhere Schichten. Die engagieren sich mit Ausnahmen mehr, und das hat einfach damit zu tun, dass sie die Zeit, die ökonomische Sicherheit und positive Zukunftserwartung haben, um sich damit zu beschäftigen. Wenn ein KFZ-Mechaniker jeden Euro umdrehen muss, dann geht er nicht zu einer Jugendorganisation. Der hat seine eigenen Probleme und kümmert sich nicht um Dinge, die für ihn nicht relevant erscheinen. Dinge, die ihn einfach nicht ansprechen. Frauenquoten, Homoehe oder Asylpolitik zum Beispiel. Interessieren würde es ihn schon, aber er findet niemanden, der seine Person wirklich vertritt. Die SPÖ wird ja auch primär vom oberen Gesellschaftsdrittel und nicht den Arbeitern gewählt. Am ehesten spricht ihn dann noch die FPÖ an, weil sie in der Themensetzung noch näher an ihm dran sind. Jetzt machen Jugendliche anstatt einer Partei beizutreten oder sie zu wählen eben etwas anderes. Sie werden selbst aktiv, ohne oder mit nur weniger Parteipolitik im Rücken. Das Paradebeispiel ist gerade „Fridays for Future“. Schaut so die Zukunft der Politik aus?

FRIDAYS FOR FUTURE. So breit, wie gesagt wird, ist die Bewegung gar nicht.

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Ja. Man muss da nur bisschen aufpassen, da „Fridays for Future“ ja trotzdem primär vom oberen und mittleren Gesellschaftsteil unterstützt wird. So breit, wie gesagt wird, ist die Bewegung gar nicht. Trotzdem ist es einfach eine zeitgemäße Form von Beteiligung. Aktuell, oft online und ohne Bindung, sogenanntes adhoc-Engagement. Da fragen Jugendliche nicht ob sie Kassier in der JVP werden wollen, sondern ob sie Lust haben beim Transparent malen und Organisieren zu helfen. Das ist eine Stärke der Bewegungen. Die Aktivistinnen und Aktivisten müssen diese recht neue Form von politischem Engagement allerdings auf junge Art institutionalisieren und das sehe ich noch nicht. Könnte die Bewegung an dem scheitern? Scheitern ist ein schwieriger Begriff, weil sie ja durchaus Dinge bewirkt. Die Diskussion ist momentan nichtsdestotrotz in der Gesellschaft und wird bearbeitet. Wenn aber jetzt keine echte politische Bewegung entsteht, dann haftet an „Fridays for Future“ einfach ein Ablaufdatum. Danke für das Interview! Danke für das Interesse! Conclusio Die Jugend sei nicht unbedingt politikverdrossen, sondern habe die Art verändert, wie sie Politik lebe und leben wollen würde. Sie fühle sich von den meisten Politikern weder Ernst genommen, noch vertreten. Ihr Engagement stecke sie daher lieber in adhoc-Bewegungen. Als Bindeglied zwischen Jugend und Parteien gelten seit jeher ihre Jugendorganisationen. Aber wie geht es denen eigentlich in Niederösterreich und genauer in St. Pölten? Über die nächsten Seiten verteilt, kommen die Sozialistische Jugend (SJ), die Junge Volkspartei (JVP), der Ring Freiheitlicher Jugend (RFJ), die JUNOS, die Grüne Jugend und JETZT/NOW in eigenen, kleinen Geschichten zu Wort.


DIE ZUKUNFT DER POLITIK: SCHNELL UND OHNE BINDUNG

SJ –HERBERTS HERKULESAUFGABE Die Sozialistische Jugend (SJ) hadert mit schrumpfenden Mitgliederzahlen und Strukturmängeln in der Landeshauptstadt. Herbert Hollaus möchte ihr wieder auf die Beine helfen.

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uf zum letzten Gefecht!“, ruft Herbert Hollaus durch den Saal. Ein gutes dutzend junger Männer und Frauen – die Hälfte von ihnen stehen an der Grenze zur Volljährigkeit – heben ihre Fäuste und stimmen begeistert mit ein. Während des Refrains der Internationalen wirken die Mitglieder der SJ textsicherer als beim Vers davor. Sie konnten die Saaltechnik nicht zum Laufen bringen, also musste einer von ihnen schnell seinen mobilen Verstärker aus dem Auto holen. Heute schallen die Bluetooth-Boxen lauter als der Gesang der Genossen. Herbert Hollaus, der neue Vorsitzende im Bezirk, möchte das ändern. Die oben genannte Textzeile der Internationalen könnte nicht treffender für die Situation der SJ sein. Es geht darum, ob sie in St. Pölten existiert oder nicht. „Liebe Genossen, ich sag es wie es ist – das ist kein guter Ausgangspunkt für mich als Vorsitzender. Im letzten Jahr ist alles etwas eingeschlafen“, gesteht Hollaus in seiner Antrittsrede Mitte Februar. Es fehle an Strukturarbeit, um neue Mitglieder anzuwerben und alte zu behalten. Das ehemalige Hauptquartier ist Geschichte und wurde gezwungenermaßen gegen einige sterile Kellerräume in der Innenstadt eingetauscht – dort machten ihnen vor allem das Rauchverbot und die Wohnungen darüber zu schaffen. Dazu komme noch, dass die erste Generation der Organisation aus der SJ „herausgewachsen“ ist. Kurz gesagt: Die Stadtgruppe hat ihren Glanz verloren. Sie ist einstweilen auf Eis gelegt. Als neue Spitze des Bezirks liegt es am 22-jährigen Jugendgemeinderat aus HofstettenGrünau sich etwas einfallen zu lassen. Freundschaft neu Im Konferenzraum mit den dicken, purpurnen Vorhängen wirken die Anwesenden etwas verloren. Der Parteifotograf hat sie im Raum verteilt, um ihn voller aussehen zu lassen. Auf den Fotos für die Website funktioniert das. Hollaus hält immer noch seine Rede und mittlerweile klingt er optimistischer. Filmabende, Partys und Verteilaktionen. Damit wolle er neue Mitglieder anwerben. Nach seiner Ansprache kommt Hollaus vom Rednerpult und übergibt Blumen an die scheidende Bezirksvorsitzende Corinna Jost. Dann gibt es Jause und Bier für alle. Im Interview dazwischen erzählt er von Chancen. Zum Beispiel der Chance, die er in Türkis-Blau sieht, um junge

„Demonstriert am Samstag“ – das ist ja kompletter Schwachsinn. Demos müssen weh tun! HERBERT HOLLAUS, VORSITZENDER SJ

WACHKÜSSEN. Herbert Hollaus, der junge Mann, der die SJ aufbauen will.

Menschen wieder für Politik zu interessieren. Ein bisschen Regierungskritik fehlt heutzutage selten bei roten Funktionären. In der Sozialistischen Jugend war sie schon Usus, als die Mutterpartei selbst noch in einer Koalition war. „Ich bin ‚leider‘ zuversichtlich, dass Jugendliche kommen werden, weil es ihnen irgendwann reichen wird, wie diese Regierung arbeitet“, sagt Hollaus. Ihm sei aber auch bewusst, dass nur wegen Türkis-Blau nicht sofort jeder wieder ein rotes Parteibuch haben wird. Es muss weh tun Ein paar Monate später zieht er Bezirks-Bilanz. Es ist mittlerweile Mai, die Pläne für die Wiederbelebung der Stadtgruppe stehen und Hollaus zählt auf, was sie bereits veranstaltet haben: Mario-Kart-Rennen im SJ-Raum, Geburtstagspartys und ein Get-Together im Cinema Paradiso nach der letzten „Fridays for Future“-Demo. Letztere verteidigt er – stangeln hin oder her: „Ich kenne die Diskussion um die Anwesenheitspflicht in der Schule, aber wenn jemand sagt ‚demonstriert bitte am Samstag‘, dann ist das ja kompletter Schwachsinn. Demos müssen weh tun!“ Ist die SJ nun in der Krise oder im Umbruch? Die Antwort darauf ist dieselbe, wie auf die berühmte Frage, ob das Glas halb leer oder halb voll ist. Ansichtssache. Hollaus jedenfalls glaubt, dass mit dem richtigen Team und genug Passion seine Vorstellungen in naher Zukunft Realität werden können. Das Fundament ist gelegt, gebaut werden muss noch. Für heute wird aber einmal auf seine Wahl angestoßen.

Infos | noe.neu.sjoe.at

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MFG URBAN J V P – S T A D T, L A N D , P O T T E N B R U N N In einer knallroten Stadt hat es die JVP nicht leicht. Im nördlichsten Zipfel St. Pöltens aber liegt eine kleine, schwarze Hochburg.

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iederösterreich und eine starke JVP gehören zusammen wie St. Pölten und der Titel Kulturhauptstadt. Scherz beiseite – die ÖVP-Jugendpartei im Bundesland erfreut sich schon lange guter Gesundheit. Ihre Mitgliedszahlen bleiben überwiegend konstant oder sinken zumindest nicht mehr, als die der anderen Parteien, und die Volkspartei hält ihre Absolute im Landtag. Hier kann kaum einer klagen. Karl Prochaska muss da wohl ein wenig widersprechen. Als Obmann der Stadtgruppe St. Pölten sitzt er „im gallischen Dorf“ Niederösterreichs. Die Landeshauptstadt ist noch roter als das Land schwarz. Prochaska & Co. schränkt das ein. Große Kampagnen können sie nicht fahren und den Ton gebe meistens die SPÖ an. Bei dem Gegenwind sei so richtig glänzen schwierig. „Unser Hauptziel ist deswegen, präsent zu sein und mit Veranstaltungen und Flyern zu zeigen, dass es eine Alternative gibt, die sich genauso Gedanken um die Stadt macht.“ Sonnwendfeuer und Erdäpfelkirtag Mittlerweile ist Prochaska seit acht Jahren aktives JVPMitglied. So ein Jubiläum feiert er lieber beim Sonnwendfeuer als am Erdäpfelkirtag. „Das ist nämlich am Donnerstag und da ist die Arbeitswoche schon fast vorbei, nach dem Kirtag habe ich sie noch vor mir“, sagt Prochaska und lacht. Neben ihm sitzt Thomas Brunner und tut es ihm gleich. Seit Jänner ist er Bezirksobmann der JVP St. Pölten, also für Stadt und Land gleichermaßen verantwortlich. Er hat sogar die Facebook-Seiten der JVP in den beiden Bezirken vereint. Das bedeutet weniger Arbeit für mehr Traffic. Damit wirkt auch die Stadtgruppe aktiver, als sie es im urbanen Gebiet ist.

KARL. Christlich-sozial oder christlich-neoliberal? Man solle nicht auf die alten Werte der Partei vergessen.

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THOMAS. Der Klimakrise entkomme niemand, auch die JVP nicht. „Fridays for Future“ sieht er kritisch. Samstag wäre ihm lieber.

Die Ausnahme in der Ausnahme Die Stärke der Jungen Volkspartei liegt am Land. Dort ist sie historisch gefestigt und zum fixen Teil vieler Dörfer geworden. Für St. Pölten gelte das nun einmal nicht, vor allem nicht für den Süden der Stadt. „Also beim Schwaighof machen wir nicht viele Meter“, gesteht Prochaska. Nördlich davon wacht eine schwarze Hochburg, auf die Verlass sei. Jenseits der S33 beginnt das Land, und auch wenn die Schnellstraße es von St. Pölten trennt, die nächsten paar Kilometer gehören zur Stadt. Die Rede ist von Pottenbrunn, sozusagen die stadteigene Ausnahme in der Ausnahme. Hier kennt man den Nachbarn noch, geht zur Freiwilligen Feuerwehr und ist Ministrant. Auch Vizebürgermeister Matthias Adl lebt etwas außerhalb davon. „Wenn ich Leute brauch, die etwas konkret machen, dann bin ich allein aufgrund der breiten Aufstellung am besten beraten, dort anzurufen“, sagt Prochaska. In Pottenbrunn halten die Mitgliederzahlen seit Generationen ziemlich jeder Erschütterung stand. Das liegt daran, dass es hier schon eine eigene JVP gab, bevor sie Teil der Stadtgruppe wurde. Demnach ist die Junge Volkspartei fest verankert. Sie organisiert den Radwandertag und das Sonnwendfeuer, ihre Mitglieder kommen zu jeder größeren Veranstaltung im Ort. Zusammenfassend: Den Norden St. Pöltens verteidigt die JVP mit Leichtigkeit. Ob sie jenseits davon ihre Macht ausbauen kann? Die nächste große Chance auf Aufmerksamkeit für die Junge Volkspartei steht bei den Gemeinderatswahlen 2021 an. Sie könnte aber mit der FJ um den heißen zweiten Platz ringen müssen. Infos | jvpnoe.at


DIE ZUKUNFT DER POLITIK: SCHNELL UND OHNE BINDUNG

N O W – J E T Z T N O C H N I C H T, A B E R B A L D ! Die Liste rund um Peter Pilz baut ihre Landesparteien von unten auf. Dazu gehört auch die zukünftige Jugendorganisation „NOW“. Ein Blick in die wahrscheinliche Zukunft.

S

andra Gaupmann sei schon zu ihrer Schulzeit „auffällig“ gewesen. Eine schlechte Betragensnote gehörte für sie dazu. Brav sitzen und nicken widerstrebe ihr immer noch, nicht nur damals in der Klasse. „Deswegen möchte ich, dass unsere Landesjugendorganisation einmal die Schüler zum Aufstehen bewegt“, sagt Gaupmann. Die Niederösterreicherin, Ende vierzig, plant und baut die Landesstruktur der Liste JETZT auf. Dazu gehört auch „NOW“, die Jugendpartei. Eine Arbeitsgruppe hat ihren anglisierten Namen unlängst erarbeitet, nun geht es darum, den Claim mit Leben zu erfüllen und quasi von der leeren Worthülse hin zur Jugendpartei zu erwecken. Noch stecken die niederösterreichischen Ableger aber mit-

ten im Aufbau. Der gehe auch „eher „schleppend voran“, wie Gaupmann zugibt. Eine kleine Partei mitten im Europawahlkampf gleichzeitig auch auf Bundes- und Landesebene zu strukturieren, das ist wohl so energieaufwendig und langwierig, wie es klingt. Trotzdem soll NOW nach den Plänen der Altvorderen noch dieses Jahr auf Bundesebene starten und spätestens 2020 dann samt der Mutterpartei auch in allen Bundesländern vertreten sein. Gaupmann, auf den plakativen neuen Namen der geplanten Jugendorganisation von „JETZT – Liste Pilz“ angesprochen, beschreibt diesen als „spritzig, moderner und jünger“. Ob er diesen Worten tatäschlich gerecht werden kann oder NOW nur „dienstjung“ bleibt – es wird sich bald zeigen.

Unsere Landesjugendorganisation soll einmal die Schüler zum Aufstehen bewegen! SANDRA GAUPMANN

Infos | partei.jetzt/bundeslaender/niederoesterreich

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MFG URBAN FJ – B L A U E S R I N G E N Im Bund koalierte bis vor Kurzem die FPÖ mit der ÖVP, gemeinsam regierten sie die Republik. Der niederösterreichische Ableger hingegen kämpft mit Problemen sowie deren Freiheitliche Jugend (FJ).

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asserbälle, Gratiseis und blaue Goodies. Die Freiheitliche Jugend (FJ) geht diesen Sommer wieder auf Bädertour. Land auf und ab will die kleine Tochterorganisation der FPÖ so mit den jungen Menschen Niederösterreichs ins Gespräch kommen und sie an eines erinnern: „Hallo, es gibt uns.“ Alexander Murlasits, er ist Obmann der FJ im Land, hat sich dieses Konzept von seinen Kollegen aus Wien abgeschaut. Mit der Idee erlebe die FJ ein Mitgliederhoch – allerdings gemessen an einem überschaubaren Maßstab. Die Freiheitliche Jugend im Land kämpft gegen große Konkurrenz. Mit der JVP steht ihr eine erfahrene Konservative gegenüber, in St. Pölten waltet die SPÖ dank einer unwahrscheinlich hohen Absoluten. Mit Gruppen in Melk und Amstetten habe die FJ im Mostviertel mittlerweile Fuß gefasst, eine flächendeckende Alternative am Land könne sie noch nicht bieten. „Bei der Jugend ist das noch nicht der Fall. So ehrlich muss man sein“, sagt Murlasits. Erreichen möchte er das mit Themen wie Mobilität, leistbarem Wohnen und Sicherheit. Abseits von See und Freibad kommuniziert die Jugendpartei über das Internet. Auf den Social-Media-Kanälen funktioniert das, nur leidet die Homepage der Bundes-FJ unter kleinen Mangelerscheinungen. Besucher der Website finden dort ein Feld mit dem Wort „Bundesländer“, das zu einer interaktiven der Republik führt. Nach einem Klick auf „Niederösterreich“ verrät die Suchmaschine: Die Seite ist nicht bekannt. Das liegt daran, dass sie auf die alte Domain der Freiheitlichen Jugend führt. Sie wurde aktualisiert und um ein „R“ beraubt. Es stand für „Ring“, wie in Ring Freiheitlicher Jugend. „Der Name war einfach komplett veraltet. Wer sagt denn heute noch

ES GIBT UNS! Neben seiner Funktion als Landesobmann der FJ ist Alexander Murlasits auch ihr Bundesobmann-Stellvertreter.

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SICHERHEIT. Wie der Rest der FPÖ St. Pölten pocht Jennifer Köhler auf einen Sicherheitsgipfel.

Ring für eine Vereinigung?“, so Murlasits. Vor zwei Jahren habe der Bund den Namen intern diskutiert und geändert. Nach außen wurde das seines Wissens nach leider nicht kommuniziert. Stichwort „veraltet“. Diesen Begriff will Murlasits ablegen. Anfang des Jahres wählte die FJ zu seiner Beruhigung fünf statt zuvor zwei Frauen in den Landesvorstand.

Die Heimatpartei Eine von ihnen ist Jennifer Köhler. Als junge Frau trat sie zuerst der FPÖ bei, dann der FJ. Im Bezirk St. Pölten ist sie heute deren Obfrau. „Hier fühle ich mich zuhause“, sagt sie. Mit Schwerpunkten wie „Sicherheit für Frauen“ und „Familienwerte“ spricht ihr die FPÖ aus der Seele. Im Interview zuvor erklärte Alexander Murlasits, dass jeder Bezirk seine eigene Veranstaltung habe, auf die er sich konzentrieren würde. In St. Pölten nimmt das Trachtenclubbing diesen Platz ein. Köhler beschreibt es als „ein nettes Zusammensitzen im Herbst bei Schlager und den neuesten Radiohits.“ Das Konzept: Wer in Tracht kommt, wird mit verbilligtem Eintritt belohnt. Jedes Jahr veranstaltet es die FJ und jedes Jahr gibt es ein kleines Problem. „Wenn man wen zum Arbeiten braucht, dann ist das meistens schwer“, so Köhler, „aber das Interesse ist immer da.“ Eine große Bezirksgruppe seien sie nicht. Das läge daran, dass die FJ in der Stadt erst seit Juli 2017 wieder existiert. Zuvor musste sie pausieren. Auf ihrer FacebookSeite reposten sie Beiträge der Parteiorganisationen mit höherem Platz in der Hierarchie. Sie scheinen etwas zu klein und können ihre Pinnwand noch nicht mit eigenen Inhalten füllen. In der roten Hochburg sei das schwierig. Die Freiheitlichen können Impulse setzen, aber schwer umsetzen. „Egal wie wir abstimmen“, sagt Köhler. Auf die Frage, ob sie an einen blauen Vize-Bürgermeister 2021 glaube, überkommt sie am Ende des Gesprächs ein Anfall harten Realismus: „Die SPÖ macht ihre Arbeit gut und kommt bei den Bürgern an. Das wird schwer.“ Infos | fj-noe.at


DIE ZUKUNFT DER POLITIK: SCHNELL UND OHNE BINDUNG

G R Ü N E J U G E N D – T R A U M A - B E WÄ LT I G U N G Aus der Asche der „Jungen Grünen“ entstand die „Grüne Jugend“ – auch in Niederösterreich – und baut auf, was verloren war.

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ie reden nicht gerne darüber, relevant ist das Thema trotzdem. Im Frühling 2017 erkannte die Mutterpartei den Jungen Grünen den Status als offizielle Jugendorganisation ab. Ein Teil der Mitglieder verließ daraufhin die politische Heimat, der Rest blieb. Kurz darauf riefen die übrigen parteitreuen Jungpolitiker im Land gemeinsam mit einigen Neueinsteigern die heutige Grüne Jugend ins Leben. Sie bauten eine neue Struktur auf „und seitdem geht es bergauf“, sagt Stephan Bartosch. Gemeinsam mit Laura Ozlberger verwaltet er den Landesvorstand. Sie sind Landesprecher und Landessprecherin. Der Grünen Jugend gehe es „gar nicht so schlecht“, sagt Ozlberger. Bei der Nationalratswahl schaffte die Mutterpartei die 4%-Hürde nicht, in Niederösterreich sitzen die Grünen hingegen im Landtag. Das bedeutet mehr Möglichkeiten für die Grüne Jugend. Sie planen Schulschlussaktionen, Flyer zu öffentlichem Verkehr und Umweltschutz sowie einen Radwandertag im Waldviertel. Zusätzlich soll eine Bezirksgruppe in St. Pölten kommen, genügend Leute und Aktivistinnen habe man hier bereits.

NEUBEGINN. Laura und Stephan bauen die Grüne Jugend in NÖ auf. Rund 10 Bezirksgruppen seien schon aktiv.

Wir hätten gerne noch mehr über die Grüne Jugend im Land geschrieben. Leider wurden ein paar Stunden nach dem Interview mehr als zwei Drittel davon zurückgenommen und ins Off gestellt. Am professionellen Umgang mit Journalisten muss die Grüne Jugend noch arbeiten. Infos | www.facebook.com/gruenejugendnoe

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MFG URBAN JUNOS – FRISCH, FRANK UND FREI Die JUNOS bauen ihre Landesorganisationen auf. Wie die Mutterpartei setzen sie dabei auf unkonventionelle Herangehensweisen.

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hristoph Müller ist ein JUNO wie aus dem Buche. Er studiert Wirtschaft, trägt moderne, legere Kleidung und kann neoliberale Inhalte in jugendfreundlicher Verpackung servieren. Seine oft unkonventionellen Ideen untermalt er mit Redewendungen, die an Strolz-Rhetorik erinnern. Als Landesvorsitzender baut Müller die JUNOS in Niederösterreich auf. Keine leichte Aufgabe. Der NEOS-Ableger muss erst wachsen und sich im Land richtig etablieren. Der Mutterpartei geht es ähnlich. Seit letztem Jahr sitzt sie im Landtag, bei der St. Pöltner Gemeinderatswahl 2016 verfehlten die NEOS trotzdem ihren Einzug und landesweit kamen sie auf keinen vollen Prozentpunkt. Laut Müller läge das am Zielpublikum. NEOS werden überwiegend von jungen, urbanen Akademikern oder ebensolchen Familien gewählt und die bilden in Nieder­ österreich nicht unbedingt die Mehrheit. Wenn sie punkten, dann im Speckgürtel. Jetzt mag mancher meinen, die NEOS und ihre Jugendorganisation würden im Land ihr Wählerpotenzial nicht ausschöpfen können. „Das sehe ich anders. Es wächst gerade eine Generation heran, für die es normal ist, dass die NEOS am Stimmzettel stehen“, sagt Müller. Die hätten keine Hemmschwelle mehr ihr Kreuz dort zu machen – vorausgesetzt die Partei besteht solange. Interne Kritik Und vorausgesetzt sie kann ihre Inhalte im Land vermitteln. Auf den Social-Media-Kanälen sind die jungen NEOS vertreten, eine eigene Homepage sei nicht notwendig, meint Müller. Für ihn sind niederösterreichische Themen online besser bei der Bundes-JUNOS-Seite aufgehoben. Das klingt zuerst einmal etwas unkonventionell. „Ich glaube, dass wir so mehr Leute erreichen. Der Traffic auf der JUNOS-Seite ist viel höher, als er es bei uns sein würde. Wir könnten unsere Kanäle so nicht bespielen“, sagt Müller. Das läge an Mängeln in der Fläche, nicht fehlenden Inhalten. Auch die manchmal leise pinke Stimme im Land sei ihr geschuldet. „Das ist interne Kritik, die ich höre. Ich glaube, dass wir lauter sein könnten und lauter sein sollten. Deswegen ist das ein Ziel für meine Amtszeit, aber aktuell fehlt noch der letzte Schritt dafür.“ Das Pfostenprinzip

Ich sträube mich gegen dieses Prinzip der Funktionärstraube, das in Niederösterreich existiert. CHRISTOPH MÜLLER, LANDESVORSITZENDER JUNOS

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LIBERAL. Für Christoph Müller ist Eigenverantwortung ein Grundsatz, nach dem er lebe – auf allen Ebenen.

Dieser „letzte Schritt“ sei über kurz oder lang die breitere Aufstellung der JUNOS – nur möchte Müller keine typischen Bezirksstellen. Die JUNOS wären nicht die JUNOS, wenn ihre Ansicht kein relatives Unikum im Land wäre. Sie wollen weg von dem „Jedem Pfosten einen Posten“-Prinzip. Ja, auch die Pinken hätten ihren ursprünglichen Charakter als Bürgerinitiative nach und nach verloren, aber klassisch institutionalisierte Bezirksstellen mit Schriftführer und Vorstand seien nicht zeitgemäß. „Das Thema ist bei uns heiß diskutiert. Uns ist es lieber ein paar Jugendliche organisieren mit uns Events, als dass sie in den Parteivorstand gehen. Ich sträube mich einfach gegen dieses Netz, gegen dieses Prinzip der Funktionärstraube, das in Niederösterreich existiert“, sagt Müller. Die institutionalisierte Bezirksstelle sei schlichtweg „überholt“. Trotzdem: Wenn ein paar Jugendliche in St. Pölten eine gründen, dann störe ihn das ebenso wenig. Ein paar JUNOS gäbe es in der Stadt. In der NEOSphäre, dem St. Pöltner Hauptquartier mit den pinken Ziegeln, veranstalten sie „Politisch Programmatische Nachmittage“, ein kreativer Name für Diskussionsabende, oder Rhetorik-Trainings für die VWA. Dass sich NEOS und JUNOS das Parteigebäude teilen, liegt in erster Linie wohl an fehlenden finanziellen Mitteln, aber passt auch ins Parteikonzept. Die Mutterpartei scheint so frisch und unkonventionell in ihren Ideen, dass sie sich kaum von der Jugendpartei abhebt. Was sie darüber hinaus beide teilen, ist der neoliberale Pinselstrich – auch wenn ihn manch einer auf den ersten Blick nicht erkennen mag. Infos | freiheit.junos.at/niederoesterreich


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Wohnsitz/Beschäftigung Österreich.Nicht kumulierbar mit anderen Finanzierungsangeboten. **4 Jahre Fiat Garantie (2Bonitätskriterien, Jahre Neuwagemäß deren Optional und gegen erweiterbar auf bis zugültig 200.000 km. Barzahlungspreis exkl. MwSt. undgültig exkl. NoVA.: Wohnsitz/Beschäftigung ininSymbolfotos. Österreich.Nicht kumulierbar mit anderen Finanzierungsangeboten. **4 € 25.496,18. Angebotspreis für das Modell Talento 296.MSC.0. Nicht für Flottenkalkulationen Wohnsitz/Beschäftigung in Österreich.Nicht kumulierbar mit anderen Finanzierungsangeboten. **4 Jahre Fiat Garantie (2 Jahre Neuwa*bis zu €Bedingungen. 6.000,Preisvorteil Fiat TipoAufpreis Nero Connect (beinhaltet Sondermodellbonus Händlerbeteiligung, Nicht gültig für Flottenkalkulationen und bereits zugelassene Neufahrzeuge. Mitsowie Wohnsitz/Beschäftigung in Österreich.Nicht kumulierbar mit anderen Finanzierungsangeboten. **4 Jahre Fiat Garantie (2 Jahre Neuwa€ 25.496,18. 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MFG URBAN

THE INTERNET OF RULES?

Hasspostings, Urheberrecht und Datenschutz – das sind nur einige der Themen, die derzeit viele umtreiben. Wie viel Freiheit soll es im Internet geben und welche Regeln braucht es?

I

n der digitalen Welt müssen dieselben Grundprinzipien, Regeln und Gesetze gelten wie in der analogen Welt“ – mit diesen Worten begann der Vortrag von Kanzleramtsminister Gernot Blümel an den Ministerrat. Titel der dazugehörigen Aussendung: „Bundesgesetz über Sorgfalt und Ver32

antwortung im Netz – digitales Vermummungsverbot“. Auslöser waren Hasspostings auf diversen Internetplattformen, die die Regierung zur Reaktion veranlassten. „Sich in der Anonymität des Internets verstecken zu können, soll jedenfalls in Fällen, in denen Straftaten begangen werden,

nicht mehr möglich sein“, so Blümel in der Aussendung weiter. Das Internet, so der vermittelte Eindruck, ist ein Raum, in dem geltendes Recht nicht durchgesetzt werden kann. Ein anderes Beispiel für verschärfte Bestimmungen zu Inhalten im Netz ist die Urheberrechtsreform der Europäischen Union, die nach kontroversen Diskussionen beschlossen wurde. Für Aufregung sorgte dabei vor allem die Bestimmung, dass künftig Inhalte von Plattformbetreibern schon vor dem Upload auf mögliche Urheber-


TEXT: SASCHA HAROLD | FOTOS: PETERSCHREIBER-ADOBESTOCK, SASCHA HAROLD, ELIAS KALTENBERGER

FÜR DIGITALE GRUNDRECHTE. Adensamer und Hayden von epicenter.works. rechtsverstöße geprüft werden müssen (siehe Glossar Upload-Filter). Von Befürwortern wurde die Reform vor allem deshalb als notwendig erachtet, weil sie die Rechte der Kreativ- und Medienwirtschaft unzureichend geschützt sahen. Stimmt der Befund, dass Regeln in der digitalen Welt nicht gelten bzw. nicht durchgesetzt werden können? Braucht es deshalb neue Gesetze und Regeln? Grundrechte im Netz Mit einem klaren „Nein“ beantwortet das Bernhard Hayden von epicenter.works – Plattform für Grundrechtspolitik: „Es wird über das Internet gesprochen, als ob wir noch in den 90ern wären und wir keine Regulierungen hätten. Das spiegelt die Realität aber nicht wider.“ Vielmehr werde im digitalen Bereich versucht Grundrechtseingriffe umzusetzen, die analog so nicht möglich wären. Beim Urheberrecht etwa gab es auch bislang schon eine Haftung seitens Plattformen wie YouTube. Die wurde aber nicht beim Upload von Inhalten durch die Nutzer schlagend, sondern erst, wenn die Rechteinhaber entsprechende Ansprüche geltend machten. „Es hätte Möglichkeiten gegeben das derzeitige Haftungsrecht zu verbessern und existierende Lücken zu schließen“, so Hayden weiter, der die nun notwendigen Upload-Filter kritisch sieht: „Uploadfilter sind einerseits ein massiver Eingriff in die Meinungsfreiheit und führen andererseits

zu einer Verzerrung des Spielraums im Internet. Am Ende könnten einige wenige Plattformen zu Gatekeepern werden und darüber entscheiden, welcher Content gezeigt wird.“ Generell scheinen die Zeichen der Zeit auf mehr Regulierung im Netz zu stehen. Auch die Anonymität ist derzeit im Fokus und soll durch das geplante „digitale Vermummungsverbot“ zumindest eingeschränkt werden. Damit sollen Beitreiber von Internetforen dazu verpflichtet werden, die Identität der Poster festzustellen. Für Angelika Adensamer, ebenfalls epicenter.works, gleich aus mehreren Gründen keine gute Idee: „Wir sehen das digitale Vermummungsverbot sehr kritisch, weil es wieder eine Vorratsdatenspeicherung darstellt (siehe Glossar)“, so die Juristin. Es gebe bereits jetzt genügend Möglichkeiten für die Staatsanwaltanwaltschaft über den jeweiligen Internet-Provider an die Userdaten zu kommen. Diese Möglichkeiten seien aber aus gutem Grund streng geregelt und mit viel Judikatur untermauert, so Adensamer weiter. Am Ende ist der Regulierungsprozess des Internets jedenfalls noch nicht angekommen: „Es wird einen starken Kampf um Daten geben, weil sich daraus Profit schlagen lässt. Dieser Kampf ist bei weitem noch nicht ausgefochten“, analysiert Adensamer. Für fairen Wettbewerb Den neuen Regeln im Netz grundsätzlich nicht abgeneigt ist Andreas Munk. Der Webentwickler gründete vor mehr als 15 Jahren die niederösterreichische Community Newsboard.at, die mehr als 30.000 Mitglieder hatte und ist heute mit seinem Startup eTennis erfolgreicher Unternehmer. Das Thema der Anonymität war bei Newsboard aufgrund der Regionalität ein anderes. „Zu Zeiten von Newsboard.at war sicher vielen ganz recht, sich hinter einem Nicknamen verstecken zu können, trotzdem hat man sich auf Grund der Regionalität gekannt – als Betreiber ist es natürlich kein Fehler, wenn man die wahren Identitäten hinter den Accounts kennt“, so Munk. Auf die Schnelle sei ihm aber kein Fall bekannt, in dem es

G LO S S A R • Digitales Vermummungsverbot Als Reaktion auf Hass-Postings wird von der Bundesregierung derzeit ein sogenanntes digitales Vermummungsverbot diskutiert. Davon sollen Anbieter von Foren betroffen sein, die über mehr als 100.000 registrierte Nutzer verfügen oder einen Umsatz über 500.000 Euro jährlich erzielen. Die Betreiber dieser Foren sollen künftig dafür Sorge tragen, die Identität der Poster festzustellen und zu überprüfen. Erst nach erfolgter Prüfung soll es Personen möglich sein im Forum zu posten. • Upload-Filter In der Europäischen Urheberrechtsreform wird unter anderem festgehalten, dass Diensteanbieter, die große Mengen der von Nutzern hochgeladenen Inhalte öffentlich zugänglich machen (etwa YouTube oder Facebook), Haftung für die Einhaltung des Urheberrechts tragen müssen. Das soll entweder durch lizenzrechtliche Vereinbarungen mit den Rechteinhabern passieren oder durch „automatische Inhaltserkennungstechniken“ (sogenannte Upload-Filter), die hochgeladene Inhalte automatisch auf Urheberrechtsverstöße prüfen. • Vorratsdatenspeicherung Vorratsdatenspeicherung bezeichnet die präventive Speicherung von Daten für den Fall, dass sie einmal gebraucht werden können. Sie wurde vom Europäischen Gerichtshof als grundrechtswidrig und als Verletzung der Privatsphäre und des Rechts auf Datenschutz beurteilt. Der österreichische Verfassungsgerichtshof hat diese Entscheidung umgesetzt und die Vorratsdatenspeicherung in Österreich 2014 wieder abgeschafft. Einige der jetzt diskutierten Gesetzesvorhaben dürften nach jetzigem Stand im Widerspruch zu diesen Urteilen stehen.

zu Problemen aufgrund von Belästigungen oder Beschimpfungen gekommen sei. Dass neue Regeln im Netz nicht unbedingt Nachteile bringen müssen, zeigte die DSGVO, die einerseits für Privatpersonen mehr Datenschutz bringen soll, andererseits den Wettbewerb im Netz auch aus UnterMFG 06.19

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MFG URBAN nehmersicht zu regeln versucht. „Das Problem sehe ich schlussendlich in der Umsetzung. Große Unternehmen haben ausreichend Budget für umfangreiche juristische und technische Beratungen und haben dadurch auch mehr Möglichkeiten als kleine Unternehmen“, so resümiert Munk. Wo steht die Politik? Politisch wird die Debatte um neue Internet-Gesetze einerseits auf der europäischen Ebene, andererseits auf nationaler Ebene ausgehandelt. Während Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) oder Urheberrechtsreform grundsätzlich europäische Materien sind, ist das digitale Vermummungsverbot ein österreichisches Vorhaben. Markus Hippmann, der für die Grünen im St. Pöltner Gemeinderat sitzt, sieht die derzeitigen Vorhaben jedenfalls kritisch: „Gerade die UploadFilter sind in dieser Form eine Gefahr für die freie Meinungsäußerung im Internet. Regierungen könnten diese Regelung für Zensur missbrauchen.“ Auch die Klarnamen-Pflicht gehe, so Hippmann weiter, am Problem vorbei, da Ausforschungen bei strafrechtlich relevanten Postings bereits jetzt möglich seien. FPÖ-Gemeinderat Klaus Otzelberger verweist auf Anfrage an die entsprechenden Ministerien und Bundespolitiker. Der St. Pöltner SPÖ Nationalrat Robert Laimer sieht die Urheberrechtsrefom als miss-

Gerade beim Thema Upload-Filter werden die Fähigkeiten etwas überschätzt. PETER KIESEBERG

lungen: „Eine faire und angemessene Vergütung für die Kreativen ist schon längst überfällig, wird aber mit der vorliegenden Urheberrechtsreform nicht erreicht. Stattdessen wird die Art und Weise, wie wir das Internet verwenden, wie wir Inhalte finden, lesen und teilen, für immer verändert – zum Nachteil aller Nutzer“, so Laimer. Der St. Pöltner Vizebürgermeister Matthias Adl hingegen plädiert für eine differenzierte Betrachtung, Upload-Filter etwa würden vor allem große Plattformen wie YouTube oder Facebook treffen. „Es ist klar festzuhalten: Nicht-kommerzielle und kleine Plattformen (z.B. Blogs) brauchen keinen Uploadfilter. Die Kritik ist teilweise unberechtigt, denn die Nutzung von Werken zum Zwecke von Karikaturen, Parodien oder Imitationen (Pastiches) ist ausdrücklich erlaubt“, so Adl. Während also Konsens darüber herrscht, dass das Urheberrecht bewahrt werden muss und Hass-Postings abzulehnen sind, gibt es Differenzen über die Wege. Die technische Seite Die technische Machbarkeit neuer Gesetze im digitalen Bereich kön-

SPANNENDE ZEITEN. Von Simon Tjoa und Peter Kieseberg, beide FH St. Pölten, verlangt der technologische Wandel ständige Anpassung.

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nen die Experten der FH St. Pölten einschätzen. Johann Haag, Studiengangsleiter IT Security, Simon Tjoa, Studiengangsleiter Information Security und Peter Kieseberg, Leiter des Instituts für IT Sicherheitsforschung haben für das MFG versucht, Licht ins Dunkel zu bringen. Beim viel diskutierten Thema der Urheberrechtsreform sind die Ansprüche derzeit noch höher als die technischen Möglichkeiten. „Gerade beim Thema Upload-Filter werden die Fähigkeiten etwas überschätzt. Derzeit gibt es einen Anbieter, der das wirklich durchzieht und das ist Google, und selbst die schaffen es nicht so, wie die Vorstellung ist“, erläutert Kieseberg. Die Richtlinie bringt daher derzeit zwei Probleme: Die vorhandenen technischen Möglichkeiten sind einerseits nicht ausgereift genug, und befinden sich andererseits in den Händen ausgewählter großer Konzerne. Die Verwaltung großer Datenmengen, die für den automatisierten Abgleich notwendig wäre, ist für kleinere und mittlere Unternehmen zudem schon aus Speicherplatzgründen kaum möglich. Einen generellen Trend hin zu mehr Regeln im Internet wollen die ITExperten der FH St. Pölten derzeit so nicht sehen. „Es gibt ein Spannungsfeld, das in vielen Bereichen diskutiert wird. Einen Trend erkenne ich derzeit aber noch nicht“, so Haag. Tjoa ergänzt mit Blick auf die hohe Geschwindigkeit im technischen Bereich: „Es verändert sich alles sehr schnell, wenn man sich anschaut wie rasch heute Plattformen aus dem Nichts entstehen, dann ist es sehr schwer Prognosen abzugeben.“ Der Eindruck, dass der Gesetzgeber hinter technischen Neuerungen hinterherhinkt, wird durch diese Beschleunigung noch verstärkt, ist aber grundsätzlich nichts Neues. Auch die Erfindung des Autos und des Buch-


THE INTERNET OF RULES?

MIT SECURITY. Johann Haag ist Studiengangsleiter an der FH St. Pölten.

drucks machten neue Regeln notwendig – neu ist aber die Geschwindigkeit, mit der sich im Internet Dinge verändern.

Neue Geschäftsfelder? Außer Acht gelassen werden darf nicht, dass neue Auflagen und Gesetze häufig auch zur Entstehung neuer Geschäftsfelder führen. Der Datenschutzbeauftragte ist beispielsweise ein Berufsfeld, das flächendeckend so erst mit der Umsetzung der DSGVO entstanden ist. Auch bei den derzeit diskutierten Gesetzesvorhaben könnten neue Geschäftsfelder entstehen. Beim digitalen Vermummungsverbot ist es beispielsweise vorstellbar, dass sich Anbieter etablieren, die zentral Identitätsfeststellungen für andere Plattformen anbieten. Für Unternehmen und Konsumenten bringt die hohe Geschwindigkeit, mit der Änderungen passieren, ein Stück Unsicherheit. Es ist daher notwendig, laufend am neuesten Stand der Technik zu bleiben. Auch in der IT Branche stellen sich durch die wandelnde Rechtslage laufend neue Herausforderungen. Ein Beispiel ist das Löschen von Daten

und das damit zusammenhängende „Recht auf Vergessen“, das von Datenschutzaktivisten gefordert wird. „Früher wurden Systeme so gebaut, dass möglichst keine Daten verloren gehen – heute geht es aber oft um die Löschung von Daten“, erklärt Kieseberg. Was zunächst trivial erscheint, ist es beim näheren Hinsehen nicht: „Ein einfaches Beispiel: Ich schreibe ein Mail und lösche es in meinem Posteingang, gleichzeitig wurde es aber schon in hunderten Systemen archiviert – was passiert mit diesen Datensätzen?“, fragt Haag. Wie mit diesem Problem umgegangen werden soll, wird derzeit debattiert. Mit Blick auf die rasante Entwicklung des Internets alleine in den letzten zehn, 15 Jahren, lässt sich die künftige Entwicklung schwer prognostizieren. Haag resümiert abschließend: „Es gibt derzeit einen Findungsprozess, erst an dessen Ende wird man sehen, welche Regulierungen Sinn machen und welche sich überhaupt umsetzen lassen.“


MFG URBAN

IT’S THE LANGU

Sprachwissenschaftler, die in die ZIB 2 eingeladen werden, um das Wort „Bevölkerungsaustausch“ zu analysieren, ein Bundespräsident, der einen „verantwortungsvollen“ Umgang mit Sprache einmahnt, Spracherwerb als Voraussetzung für Sozialhilfe, heftige Diskussionen um gendergerechte Sprache. Sprache scheint als Thema so hoch im Kurs zu stehen wie lange nicht mehr. Wir redeten darüber mit der St. Pöltner Sprachwissenschaftlerin Christiane Pabst, die als Chefredakteurin des Österreichischen Wörterbuches auch als so etwas wie die Gralshüterin des „Österreichischen“ gilt. 36


TEXT: JOHANNES REICHL | FOTOS: PATHDOC-ADOBESTOCK.COM, MATTHIAS KÖSTLER

AGE, STUPID! Trügt der Eindruck, oder tobt aktuell ein politischer Kampf um Sprachhoheit im Sinne „Wer im Besitz der Sprache ist, bestimmt den politischen Diskurs“? Sprache kann man nicht besitzen. Sprache bildet aber Machtstrukturen gut ab. Manche möchten sich der Sprache in diesem Sinne bemächtigen, sie besetzen, indem man Wörtern neue Konnotation, also Bedeutungsinhalte, einschreibt. Was dann zum Paradoxon führt, dass sich die FPÖ als „Heimatpartei“ ebenso inszeniert wie der Grüne Werner Kogler als „Heimatschützer“, und beide doch von einem sehr unterschiedlichen Heimatbegriff auszugehen scheinen. Erleben wir einen Kampf um die Bedeutungshoheit von Wörtern? Heimat ist ein ganz gutes Beispiel. Das Wort war aufgrund der Historie und seiner Konnotation im NS-Regime fast kriminell aufgeladen und negativ besetzt, obwohl es ursprünglich eigentlich ein sehr schöner, positiver Begriff ist. Es gibt den Versuch, dem Denotat, also der rein sachlichen Beschreibung, einen anderen Zusammenhang und Kontext zu geben. Und darum geht es ganz prinzipiell beim Sprachgebrauch. Was will ich mit einem Wort ausdrücken, und wofür steht es. Das heißt, du kannst mit bestimmten Begriffen – bewusst, oft auch unbewusst – eine bestimmte Gesinnung ausdrücken. Zum Beispiel? Im Österreichischen Wörterbuch haben wir etwa Wörter wie Neger, Zigeuner, Weiber angeführt, weil sie schlichtweg vorkommen und man sie daher nachschlagen können muss. Sie sind aber als abwertend gekennzeichnet, oder als veraltet, damit man auch um den heutigen Kontext im Sprachgebrauch weiß. Das ist wichtig! Nehmen wir etwa das „Weiberl“. Auch da gibt es noch heute Leute, die sagen: „Geh, das ist ja nicht so schlimm, das hat man ja früher auch gesagt.“ Stimmt, aber das Wort hat historisch einen Wandel durchgemacht. War es im 19. Jahrhundert noch eine Zuschreibung für eine kleine Frau, so ist die heutige Bedeutung abwertend im Sinne von dümmlicher Frau. Das muss man wissen, um mit dem Begriff angemessen umzugehen. Und so verhält es sich auch bei einem Begriff wie Heimat. Das heißt, man muss beim Gebrauch eines Wortes immer den Kontext mitbetrachten. Also als Rezipient wissen, dass zum Beispiel das Wort „Bevölkerungsaustausch“ auf eine Verschwörungstheorie rechtsextremer Kreise zurückgeht? Wenn man es dann trotzdem verwendet, ist das als

Code an die eigene Klientel zu verstehen? Ja, wobei Code ist für mich zu konstruiert. Das würde heißen, dass Sprachentwicklung immer strukturiert und nach einem Plan abläuft – das tut sie aber nicht. Viele verwenden Codes ja auch ohne es zu wissen. Es geht vor allem auch um Emotion. Das muss – in anderern Zusammenhängen – nicht immer negativ sein. Werbung etwa bedient sich genau dieser Methode, indem Sprache mit einem starken Bild gekoppelt wird – das fährt dann doppelt ein. Nehmen wir zum Beispiel ein unverdächtiges Wort wie „Jesolo“: Es ist ja unglaublich, was damit an Bildern und Vorstellungen mittransportiert wird – da ist quasi die ganze Ideologie der 70er Jahre mit drin. Das passiert nicht strukturiert, da bedarf es keiner Ermächtigung, sondern die Konnotation ist eine Tatsache und das Ergebnis einer historischen, gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklung. Aber wer bestimmt, was gesagt werden darf bzw. wo sind die Grenzen des Sagbaren im Sinne politischer Korrektheit? Liegt der Bundespräsident richtig, wenn er einen „verantwortungsvollen Umgang mit Sprache“ einmahnt, oder HC Strache, wenn er meint „Ich lasse mir den Mund nicht verbieten“? Und kommt man mit „Das war eine b‘soffene G‘schicht, als ich das gesagt habe“ durch? Wenn nun schon Strache ins Gespräch kommt, möchte ich eines unbedingt anmerken. Einer Tatsache muss man sich natürlich immer bewusst sein: Sprache drückt schon Gedanken aus – ob man will oder nicht. Man kann hinterher nicht sagen: „Oje, das habe ich gesagt? Das war eine „b’soffene G’schicht“ – das denke ich ja gar nicht.“ Denn – wie bezüglich der Ibiza-Affäre ein Journalist so

KONTEXT. Sprachwissenschaftlerin Pabst betont „dass man beim Gebrauch eines Wortes immer den Kontext mitbetrachten muss.“

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Es gibt keine schöne oder schirche Sprache. Das österreichische Deutsch ist unsere Varietät des Deutschen, die zugleich auch unsere Identität ausmacht und ausdrückt. CHRISTIANE PABST

schön simpel, aber wahr formuliert hat: „Was [im Kopf] nicht drinnen ist, das kommt [aus dem Mund] auch nicht raus.“ Grundsätzlich glaube ich, dass es notwendig ist, dass wir sagen dürfen, was wir denken – im Bewusstsein, was wir damit tun. Sprache muss als Handlung begriffen werden, das heißt ich kann mit Sprache sehr wohl verletzen, herabsetzen, ausschließen etc. Und für dieses Handeln muss ich Verantwortung übernehmen. Ich kann ja auch jemandem physisch eine Watsche geben, aber dann muss ich mir eben auch der Konsequenzen bewusst sein. Und es gibt wahrlich genug Möglichkeiten, um sprachlich miteinander respektvoll umzugehen und trotzdem in der Sache hart zu argumentieren. Wobei sich der Eindruck aufdrängt, dass Politiker das gar nicht immer anstreben. Im politischen Diskurs gibt es tatsächlich viele, oft versteckte Watschen. Da fehlt es vor allem seitens der Medien an ordentlicher Reflexion, um diese Fouls zu demaskieren, und vor allem bewusst zu machen, was hinter dem Gesagten steckt. Aber da ist man als Medium oft selbst auf die Schlagzeile, die Schlagwörter aus – und die heißen nun einmal so, weil sie im übertragenen Sinne eben „schlagen“, also weh tun. Wobei Journalisten, die das einlösen, neuerdings selbst rasch zur Zielscheibe werden, wenn wir etwa an den Infight zwischen Armin Wolf und Harald Vilimsky denken. Ja, das kritische Hinterfragen wird oft als furchtbar provokant empfunden, dabei ist es doch das Kerngeschäft der Journalisten. Armin Wolf beherrscht das im Übrigen, gerade auch was seinen Umgang mit Sprache betrifft, sehr gut. Seitens der Interviewten und der Politik könnte man das ja im Grunde genommen auch positiv sehen: Mein Partner zeigt Interesse an mir und ist gut vorbereitet. Auf allzu viel Interesse, vor allem an Themen, die sie nicht selbst lanciert haben, scheinen die meisten Politiker aber gar nicht erpicht zu sein – Codewort Message-Control! Stattdessen geben sie „Antworten“ auf Fragen, die gar nicht gestellt wurden. Das ist das Business der Politik. Das möchte ich auch gar nicht anprangern. Politiker möchten in der ihnen zur Verfügung stehenden kurzen Zeit ihre Botschaft unterbringen. Es wird auch – ganz bewusst – bisweilen sprachlich 38

verletzt, bestimmte Gruppen ausgeschlossen, mit Sprache manipuliert. Aber da sind eben die Medien gefordert, dies bewusst zu machen und zu thematisieren – das wäre nämlich deren Job. Leider passiert das aber immer seltener, auch weil der sorgsame, reflexive Umgang mit Sprache generell verloren geht. Das ist aber vor allem aber auch eine Frage der Bildung, wohl insbesondere der Schule, dass die Bürger so ausgebildet werden, dass sie in der Lage sind, etwaige Manipulationen zu durchschauen – noch dazu in Zeiten von Fake News? Natürlich, aber die Tendenz geht leider in die genau andere Richtung, wenn man sich die heutigen Lehrpläne durchsieht, nämlich Utilitarismus. Lernte man früher zuerst die Theorie und ging dann zur Praxis über, wird heute verkürzt und gleich Richtung Anwendung gegangen. In der Sprachvermittlung orientiert man sich dabei fast ausschließlich an den Schwächeren, wodurch das Sprachniveau insgesamt sinkt und die so wichtige Gabe der Sprachreflexion bei allen verloren geht. Das entspricht ganz dem Zeitgeist, weil langwieriges Reflektieren im wirtschaftlichen Sinne ein Luxus ist. Alles muss schnell gehen, „nützlich“ sein – und das Inhaltliche, das Nachdenken, das Verstehen bleiben dabei auf der Strecke. Welche Rolle spielen dabei die neuen Medien? Die Social Media-Kanäle – und das will ich gar nicht pauschal verdammen – sind natürlich anfällig, weil sie ja geradezu zum Verkürzen provozieren bzw. diesem bewusst Vorschub leisten. Denken wir etwa an twitter, wo für die Botschaft nur eine bestimmte Zeichenanzahl zur Verfügung steht. Dadurch leidet aber oft der Inhalt, weil Verkürzungen in der Regel mit einer Verzerrung des Inhalts einhergehen. Wenn ich, um es bildlich darzustellen, bei einem Elefanten vorne den Rüssel abschneide und hinten den Schwanz, dann ist er zwar kleiner, aber er ist halt auch nicht mehr als Elefant erkennbar. Das passiert teils auch mit Sprache in der Kommunikation. Wie könnte man diesem Phänomen, jetzt abgesehen von der schulischen Ausbildung, entgegenwirken und sozusagen mehr Auseinandersetzung mit Sprache per se anstoßen? Was mir in Österreich – im Unterschied zu Deutschland, wo das durchaus vorkommt – zum Beispiel abgeht, sind Sendungen, die Sprache selbst zum Thema machen, und zwar für ein „normales“ Publikum. Eine Art Dancing Stars auf sprachlicher Ebene sozusagen, wo das Publikum mit sprachlichen Phänomenen konfrontiert wird, sich über Sprache Gedanken macht, wo man die Laien einfach mitnimmt. Bei uns hingegen wird Sprache oft als etwas Abgehobenes und Elitäres empfunden, das quasi in den Bereich „Hochkultur“ fällt. Was ja fast ein bisschen pervers anmutet, immerhin ist Sprache eine der ursächlichsten Fähigkeiten des


IT’S THE LANGUAGE, STUPID!

aktuelle Ausdrucksmöglichkeiten. Neu daran ist, dass man tiefer als früher einen Momentblick in seine Seele gewährt, vielleicht unbewusst auch auf das, was ich gar nicht preisgeben möchte oder was der andere gar nicht so unbedingt von mir wissen möchte. Aber so ist es nun einmal. Das ist Beleg für die Lebendigkeit von Sprache und ihrer steten Veränderung. Wir beobachten etwa aktuell das Phänomen – wenn wir jetzt WhatsApp, SMS etc. betrachten – dass zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit überhaupt Mündlichkeit in ein geschriebenes Medium überführt wird. Das gab‘s noch nie! Wir bemühen uns deshalb beim Österreichischen Wörterbuch, mittlerweile auch Chatverläufe zu analysieren und Wörter aus diesen aufzunehmen. Womit wir zu Ihrem „Hauptjob“ kommen. Sie sind ja Chefredakteurin des Österreichischen Wörterbuches. Was machen Sie da genau? Ich sammle und beschreibe Neologismen, also neue Wörter und neue Wortbedeutungen. Banal gefragt: Wo findet man die? Viele Worte kommen heute aus der IT-Branche, aus dem Prozessmanagement – das ist sozusagen das neue Ding. Auch aus der Medizin findet vieles rasch Eingang in den Sprachgebrauch, ebenso aus der Kulinarik. Nehmen wir zum Beispiel „Coffee to go“. Das verzweigt sich immer mehr – heute gibt’s auch schon das Weckerl to go etc. Das heißt, das „to go“ ist ein beliebtes Wortbildungselement, das damit aber auch die Grammatik des Deutschen an sich verändert und erweitert.

BESTSELLER. Das Österreichische Wörterbuch, das beim Österreichischen Bundesverlag erscheint, hält bei der 43. Auflage!

Menschen überhaupt und damit das Normalste der Welt. Woher kommt diese Scheu? Ich weiß es nicht. Ich konstatiere aber seit den 90er-Jahren einen sukzessiven Sprachverlust, damit einhergehend vor allem auch einen Diskursverlust. Jeder neigt dazu, sich eine fixe Meinung zu bilden – egal ob zu Anglizismen, zur Genderdebatte etc. – und steigt davon nicht mehr herunter. Es ist ein Zurückziehen aufs Individuum, in die eigene kleine Welt, nach dem Motto: „Der Rest der Welt ist mir wurscht.“ Das führt uns aber auch wieder zu den neuen Medien und die berühmten Echokammern, wo der Algorithmus mir nur mehr Informationen ausspuckt, die meinem Weltbild entsprechen. Sind also facebook, twitter & Co. schuld an der Misere? Nein. Die werden zwar aktuell gerne verteufelt und man stößt sich daran, wie schlecht die Leute sozusagen auf diesen Kanälen kommunizieren – nur „schlimm“ waren die Menschen in diesem Sinne schon immer. Das sind eben

Coffee to go ist im Österreichischen Wörterbuch – da werden Sprachpuristen aber aufheulen und das Ende des Abendlandes wähnen, oder? Natürlich werde ich von manchen Kreisen gekreuzigt, weil ich Anglizismen ins Österreichische Wörterbuch aufnehme, aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich Sprache entwickelt, dass das schlicht passiert. Sprachpuristische Tendenzen gab es aber schon immer – im 18./19. Jahrhundert bekämpfte man etwa französische Ausdrücke, jetzt sind es eben englische. Ich glaube, da schwingt auch viel Angst vor der Globalisierung mit – aber auch diese ist eine Tatsache, die sich eben in der Sprache niederschlägt. Ich würde mir da oft mehr Sachlichkeit und weniger Emotion wünschen, und man kann diese Einflüsse ja auch als Bereicherung begreifen. Das macht nun einmal die jeweilige Sprachidentität mit aus, da schlägt sich Kultur und Geschichte in der Sprache selbst nieder.

Ich glaube, dass es notwendig ist, dass wir sagen dürfen, was wir denken – im Bewusstsein, was wir damit tun. CHRISTIANE PABST

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MFG URBAN Das heißt „Österreichisch“ gibt es tatsächlich, nicht nur „Deutsch“? Es gibt ein österreichisches Deutsch, so wie es auch ein deutsches Deutsch gibt. Das merkt man am augenscheinlichsten an der Intonation, schlägt sich aber auch in der Grammatik, im Wortschatz, in der Semantik u. ä. nieder. Nehmen wir zum Beispiel das Wort Chefarzt: In Österreich versteht man darunter jenen Arzt, der in der Krankenkasse Therapien, Medikamente etc. bewilligt. In Deutschland meint man damit unseren Primar. Noch augenfälliger wird’s bei Ausdrücken wie Sackerl versus Tüte. Diesbezüglich beschleicht einen mitunter das Gefühl, dass die österreichischen Ausdrücke zusehends verdrängt werden. Was mir persönlich auf die Nerven geht, ist die Verwechslung des österreichischen Deutsch mit Dialekt – das sind nämlich zwei verschiedene Paar Schuhe. Damit einher geht auch die Unterscheidung in ein vermeintlich „schönes Hochdeutsch“, womit man das deutsche Deutsch meint, gegenüber einem nicht so schönen österreichischen Deutsch. Das ist natürlich Unsinn. Zum einen gibt es keine schöne oder schirche Sprache, zum anderen ist eben das österreichische Deutsch unsere Varietät des Deutschen, die zugleich auch unsere Identität ausmacht und ausdrückt. Wenn ich glaube, meine Sprache ist nicht „gut“, färbt das ja auch auf mein Selbstwertgefühl ab, auf die eigene Nationalität, die ich quasi als minderwertig begreife. Daher ist das Bekenntnis zu den sprachlichen Eigenheiten wichtig – das Sackerl etwa ist Teil unserer sprachlichen Varietät, warum sollte man stattdessen Tüte sagen? Sackerl ist also ein offizieller Eintrag im Wörterbuch. Wie schafft es ein Wort überhaupt ins Wörterbuch hinein? Wenn wir auf Neologismen stoßen, untersuchen wir diese über einen Zeitraum von zwei Jahren, schauen uns an, wie es um seine Frequenz bestellt ist, wie es mit der Grammatik aussieht und Ähnliches. Nimmt der Gebrauch des

HÜTERIN DES ÖSTERREICHISCHEN. Christiane Pabst ist Chefredakteurin des Österreichischen Wörterbuches.

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IT’S THE LANGUAGE, STUPID!

Sprache ist etwas, das von der Gesellschaft lebt und sich in diesem Sinne stetig verändert, also nichts Starres. CHRISTIANE PABST

Wortes innerhalb dieses Zeitraumes zu oder bleibt zumindest gleich, dann wird es ins Wörterbuch aufgenommen. Fallen umgekehrt auch Wörter wieder raus? Weil wenn nicht, mutierte das Wörterbuch ja zu einem Wälzer, den die Schüler irgendwann mit der Scheibtruhe in die Schule ziehen müssen? Nein, es gibt kaum Streichungen. Natürlich gibt es Wörter, die kaum mehr in Gebrauch sind, denken wir etwa an Base. Aber diese Wörter kommen nach wie vor in der Literatur vor, und das Wörterbuch ist ein Nachschlagewerk, wo man dann deren Bedeutung findet und die richtige Schreibweise – etwa auch für schwierige Wörter wie Fauteuil oder Chaiselongue. Damit es als Nachschlagwerk und auch für die Schule praktikabel bleibt, bemühen wir uns daher bei den Bedeutungen zu komprimieren und verzichten auf die Aufnahme von Komposita. Apfelsaft kann sich jeder selbst leicht aus Apfel und Saft herleiten. Aber interessiert – jetzt abgesehen von zwangsvergatterten Schülern – überhaupt noch irgendjemanden so ein Nachschlagewerk in Zeiten von Autokorrektur und Internet? Tatsächlich ist die Auflage, wir arbeiten mittlerweile an der 44., unvorstellbar hoch und nach wie vor im Steigen begriffen. Das Bedürfnis nach einem Österreichischen Wörterbuch und damit auch am sprachlichen und kulturellen Wandel ist also ungebrochen. Auch, weil Sprache in diesem Sinne ein jeweiliges Abbild der Wirklichkeit ist? Sprache ist, wenn schon nicht den biologischen Begriff Organismus zu strapazieren, so doch etwas, das von der Gesellschaft lebt und sich in diesem Sinne stetig verändert, also nichts Starres. Das heißt dort, wo zum Beispiel viele Sprachen gesprochen werden, kommt es zu Interferenzen, also Überlagerungen und gegenseitigen Einflüssen. Aus Sicht des Sprachwissenschaftlers ist das übrigens weder positiv noch negativ, sondern es ist einfach so. Gerade in Österreich können wir übrigens aktuell ein sehr spannendes Phänomen beobachten. Während im Osten, im Großraum Wien, nämliche viele Sprachinterferenzen bestehen und dies dementsprechend Auswirkungen auf Wortschatz, Grammatik etc. hat, erleben wir im Westen eine Renaissance des Dialekts, was auch mit Ausdruck sprachlichen Selbstbewusstseins ist. Diese Gleichzeitigkeit verschiedener Phänomene auf einem so kleinen Raum ist bemerkenswert – auch das macht das österreichische Deutsch aus.


MFG ADVERTORIAL

FOTO: WERKSTATT FÜR MACHERINNEN/ZVG

DIE MACHERIN Die ehemalige ATC-Managerin Petra Meyer möchte mit besonderen Beauty-Produkten auch anderen Frauen zeigen, wie sie ihr Leben unabhängig gestalten können. „Ich habe beschlossen, mich in der zweiten Hälfte meines Lebens, auf meine Interessen, mein Können, meine beruflichen Erfahrungen, meine Talente und meine Herzensangelegenheit zu konzentrieren.“ Sagt Petra Meyer, Marketing-Fachfrau, Ex-Managerin eines großen Handels­ unternehmens, Mutter eines Maturanten. Und orientiert sich neu, nach 25 Jahren beruflicher Erfahrungen und 14 Jahren als Geschäftsführerin eines Betriebes, in dem sie großteils Männer als Mitarbeiter dirigierte.

die ihr Unabhängigkeit verschafft, durch Zufall und trotz zunächst heftiger Zweifel, wie sie betont. „Ich war sauer auf die Vorher-Nachher-Fotos der Kosmetikmarke Juchheim, glaubte nicht an den dort gezeigten Wow-Effekt“, erzählt Petra Meyer, äußerte dies auch, wurde zum Firmensitz nach Düsseldorf geladen, ließ sich davon überzeugen, dass die Firma und ihre Produkte „sauber“ sind, Falten reduzieren, Cellulite verschwinden lassen und ein jüngeres Aussehen garantieren „und dass dies die Gelegenheit ist, mir meinen Herzenswunsch zu erfüllen — Frauen in ihre finanzielle Unabhängigkeit zu führen.“

Jetzt möchte Petra Meyer Frauen „in ihre finanzielle Freiheit „Go for it!“ und Verantwortung führen“, mit der „Werkstatt für Macheappelliert Petra Meyer bündelte ihr gesamtes Wissen, machte sich rinnen“. Die Rolle der Frau in der Gesellschaft war der alleinPetra Meyer sattelfest in den neuen Medien und allen Formen des Vererziehenden Mutter eines fast 19-jährigen Sohnes schon immer ein Anliegen: „Ich weiß, vor welchen Aufgaben Frauen heute triebs und gründete die „Werkstatt für Macherinnen“: „Frauen können stehen, wie viel Zeit aufzuwenden ist, um Kindern den maximalen Input hier mit perfekten Produkten zum Taschengeldtarif ihr Konto ohne jeglifür deren Zukunft mit auf den Weg zu geben und wie viel Geld notwen- che Verpflichtung neben- oder hauptberuflich auffüllen“, so Petra Meyer. dig ist, um auch nur ein halbwegs sorgloses Familienleben zu führen.“ Zu sehen ist ihr Tun auf Facebook unter „Frau Meyer – Werkstatt für MaDer „Mann als Geldquelle“ kam für Petra Meyer nie in Frage, „Abhängig- cherinnen“, auf Instagram unter „Frau_Meyer_Macherin“ und auf ihrer keiten, egal in welche Richtungen, sind mir generell wenig sympathisch.“ Homepage macherinnen.or.at „Go for it! Mein Tipp an alle Frauen die Jetzt hat die ehemalige ATC-Geschäftsführerin eine Betätigung gefunden, Interesse an Beauty und Business haben“, wirbt die „Macherin“.

NÖGKK informiert: e-Medikation bietet Überblick über die Medikamente eines Patienten

F

ür viele ist es schwer, die Übersicht über ihre Medikamente zu behalten – und bei einer Fülle von Wirkstoffen kann es außerdem zu unangenehmen Wechselwirkungen kommen. Jetzt wird vieles einfacher: Mit der e-Medikation haben Ärzte, Spitäler und Apotheken in NÖ erstmals im Regelfall alle Medikamente eines Patienten auf einen Blick. Im Rahmen dieser Teilanwendung der Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) werden ärztlich verordnete und weitere in der Apotheke gekaufte Medikamente ein Jahr lang gespeichert und sind auch für den Patienten jederzeit mit Bürgerkarte oder Handysignatur einsehbar. „Mit der Bereitstellung von technischen Hilfsmitteln im Hintergrund gelingt es uns, die Patientensicherheit massiv zu stärken und die Gesundheitsdienstleister bei ihrer wichtigen Arbeit zu unterstützen“, sagt NÖGKK-Obmann Gerhard Hutter. Der Zugangsschlüssel ist die e-card: Damit können Ärzte die Liste der ausgegebe-

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meine e-medikation. meine entscheidung. Marianne Leiterbauer, Pensionistin:

Auf den Rezepten befindet sich in Zunen Medikamente einsehen und erhalten „Leider hab ich früher etwas zu gut gelebt und jetzt hab ich einen leichten Zucker und muss mit dem Essen kunft Code für die e-Medikation, der soaufpassen. eine bessere Entscheidungsgrundlage Mein Zucker ist gut eingestellt und dafür nehme ichein regelmäßig Medikamente. Dass ich alles aufin einen Blick habe, und dabei Therapie. unterstützt mich nun e-Medie e-Medikation. Die ist praktisch und sicher.“ der Apotheke gescannt wird. Neu ist, dass für Diagnostik In der dikation werden auch jene Medikamente Patienten die e-card in der Apotheke steGesundheitsakte. können, um so auch rezeptaufgelistet, die ein Patient vonMeine einemelektronische an- cken lassen Meineoder Entscheidung! freie Medikamente zu vermerken deren Arzt verschrieben bekommen Mehr Information: zu lassen. 050 124 4411 oder elga.gv.at sich selbst in der Apotheke besorgt hat. ELGA-Serviceline Damit gelingt es, neben Wechselwirkungen auch Doppelverordnungen zu verhindern.

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09.05.2019 15:59:41


MFG ADVERTORIAL

JO A SO A RINGELSPÜ … sion. Der St. Pöltner Zeltfest-King Franky Edlin­ ger (der mittlerweile im ganzen europäischen Raum erfolgreich unterwegs ist) wird in St. Pölten erstmals seine neue „Almhütte, die eine dreiviertel Million Euro gekostet hat“ präsen­ tieren – ein Riesenfestzelt deluxe, ausgestattet von der heimischen Tischlerei Krumböck, mit nicht weniger als zehn Bars inside. Dort wird man mit Klassikern wie Grillhendl, Koteletts, Pommes und – selbstredend und v. a. – dem ge­ diegenen Hopfensaft verwöhnt, das Sortiment wird aufgrund verschiedener Bar-Betreiber aber zudem eine spannende Vielfalt bieten. Außerdem verspricht Franky „dass heuer jeden Tag eine andere Musikformation aufspielen wird!“ Kurzum: Dem traditionellen Schunkeln und Gröhlen steht nichts im Wege!

63 Jahre ist das St. Pöltner Volksfest mittlerweile alt – eine St. Pöltner Institution, die im Unterschied zu vielen anderen Formaten nicht irgendwann in den ewigen Jagdgründen des Unterhaltungshimmels verschwunden ist, sondern über Jahrzehnte dem Zeitgeist trotzt und sich nach wie vor größter Beliebtheit freut. Heuer von 7. bis 16. Juni am Gelände des VAZ St. Pölten. Auch in einer digitalen Welt, deren Unterhal­ tung zunehmend ins Worldwideweb abwan­ dert, ist das Bedürfnis nach realen blinkenden Lichtern, weitem Ausblick vom Riesenrad, der Duft nach Grillhendl und Zuckerwatte, der Kick beim Panic nach wie vor kein Auslaufmodell. Noch immer leuchten die Kinderaugen beim Ringelspiel, und im Festzelt verströmt das Schunkeln zur Volksmusik bei einem gedie­ genen Krügerl (oder mehr) ein Gefühl von Ge­ selligkeit. KINDER AN DIE MACHT Selbstredend ist das Volksfest aber auch immer mit der Zeit gegangen, und so dreht man auch im Jahr 2019 an manch‘ Schraube, um die alt­ ehrwürdige Institution up to date zu halten, oder, wie es Organisationschef Michael Bachel vom städtischen Veranstaltungsservice formu­ liert „den Kundenbedürfnissen und Trends nachzukommen.“ Dies geschieht heuer allen voran mit einem Fo­ kus auf jene Zielgruppe, die am meisten für das Leuchten in den Augen zugänglich ist und für die das Volksfest nicht nur reine Unterhaltung, 42

sondern vor allem auch noch eine gehörige Portion Magie atmet: Die Kinder! An drei Nachmittagen (8., 11., 14. Juni) werden Animateure – der Zeit gemäß die Eisprinzessin und Spiderman – durchs Volksfest ziehen und aus Luftballons Skulpturen basteln. Es gibt ein begehbares Geisterhaus und einen eigenen Kids-Corner mit Boccia, Basteln, Malen, Kas­ perltheater uvm., am traditionellen KinderNachmittag (11. Juni) fahren Kinder wieder zu reduzierten Preisen und last but not least be­ ehrt Ronald McDonald am 10. Juni das Volks­ fest, was so viel heißt wie Kinderanimation und Action pur! AUF DA ALM DA GIBT’S KA SÜND Neue Wege, die aber fast schon wie ein back to the roots wirken, geht man auch bei der Gas­ tro insofern, weil es so etwas wie eine Fokus­ sierung auf das traditionelle Volksfest geben wird. Während Frankys Showzelt mit DJs und Pop/Rock der Vergangenheit angehört und in die Nachbarschaft (nämlich das La Boom, das an den Wochenenden eigens zur Volksfestzeit DJs engagiert) abwandert, gibt es nur mehr das Festzelt – dieses freilich in einer extended Ver­

Ebendort – die Münchner Wiesn lässt grüßen – möchte man heuer verstärkt auch Firmen­ packages anbieten, weshalb der 13. Juni zum „Firmentag“ ausgerufen wird, denn ganz ehr­ lich: Teambuidling am Volksfest, das hat neben Spaß v. a. definitiv auch das Potential von posi­ tiven Nachhaltigkeitseffekten auf das Firmen­ klima! Draußen, im Bacchushain werden wiederum verschiedene Vereine und Wirte für ein ab­ wechslungsreiches Angebot sorgen, und auf der Bacchushain-Bühne garantieren zahlreiche local hero Bands beste Stimmung! Und über all dem Treiben – manches neu, manches wiederbelebt – wird sich das altehr­ würdige Riesenrad drehen und mit den Augen der Kinder um die Wette leuchten! In diesem Sinne: Fahrchips kaufen, einsteigen, aussteigen!

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MFG URBAN STADTPLANER JENS DE BUCK

EVOLUTION STATT REVOLUTION Es ist gern formulierter Stehsatz der Stadtvorderen, wenn es um St. Pölten und Verkehr geht: „Noch sind wir relativ gut dran, wenn wir uns die Verkehrsnachrichten im Radio mit Staus in Salzburg, Linz, Graz und Wien anhören – St. Pölten kommt nicht vor.“ Die Betonung liegt freilich auf „noch“, denn der Verkehr ist auch in der niederösterreichischen Kapitale unübersehbar im Steigen begriffen. Wie man damit umgeht, darüber sprachen wir mit Stadtplaner Jens de Buck.

G

erade in den letzten Wochen hat die Stadt verkehrstechnisch drei bemerkenswerte Maßnahmen auf den Weg gebracht. So erließ der Magistrat eine neue Stellplatzverordnung, die Kremser Landstraße wird zur Lebensraumachse umgestaltet und ein neuer durchgehender Radweg von der Innenstadt bis nach Spratzern errichtet. Alles Maßnahmen, die freilich nicht ad hoc getroffen werden, sondern in ihrer Grundausrichtung im Generalverkehrskonzept zugrunde gelegt sind, das 2014 seine in die Jahre gekommene Vorgängerversion abgelöst hatte. Darin bekennt sich die Stadt zu Zielsetzungen wie „mehr Lebensqualität durch weniger Kfz-Verkehr; die Angebotsqualität im öffentlichen Verkehr (ÖV) verbessern; den Radverkehr fördern; attraktive Fußwege im städtischen Bereich schaffen; den öffentlichen Raum aufwerten; eine zukunftsweisende Mobilität in neuen Stadtteilen; die Abhängigkeit vom privaten Pkw verringern“ Wieviel Stellplätze braucht es? Was das mit der Stellplatzverordnung zu tun hat, die vorsieht, dass Bauträger von mehr als vier Wohneinheiten fortan in gut an den öffentlichen 44

Verkehr angebundenen Zentrumszonen nur mehr einen, statt bisher vorgeschrieben, zumindest 1,5 Stellplätze pro Wohnung zur Verfügung stellen müssen? Wohl weniger – wenn auch politisch so verkauft – mit dem Wunsch, dadurch den Wohnraum leistbarer zu machen, denn ob die Rechnung „weniger vorgeschriebene Stellplätze = geringere Errichtungskosten = billigerer Wohnraum“ aufgeht in dem Sinne, dass die Bauträger diese Ersparnis an die Kunden weitergeben, darf ob mangelnder gesetzlicher Verpflichtungen dazu zumindest bezweifelt werden (ganz abgesehen davon, dass die Bauträger auch nach wie vor mehr Plätze errichten können, um den PKW-affinen Mietern ein Platzerl für das Zweitauto zu garantieren, was letztlich Angebot und Nachfrage regeln wird). Worum es tatsächlich geht, ist in besagten dicht verbauten Stadtarealen mit guter Öffi-Anbindung, derer man fünf definiert hat (auch ein zukünftiges wie die Glanzstadt) auf

Sicht den sogenannten motorisierten Individualverkehr (MIV) zu reduzieren und die Bürger vom Zufußgehen, Radfahren oder Öffi-Fahren als bessere Alternativen zu überzeugen, zumal „St. Pölten nach wie vor extrem MIV-lastig ist“, wie de Buck erklärt. Die Erhebungen zum Generalverkehrskonzept 2014 zeigten, dass über 56% des Verkehrs dem motorisierten Individualverkehr zuzurechnen sind und dass in über 50% der Fälle der PKW auch für kurze Fahrten unter drei Kilometer genutzt wird, anstelle die Öffis zu nutzen oder sich auf den Drahtesel zu schwingen. Die Stellplatzverordnung ist ein erster, wenn auch gemäßigter Schritt, denn die Studienautoren hielten auch Reduktionen auf bis zu 20% von den derzeit gültigen Bestimmungen durchaus für denkbar. „Wir bekennen uns zum Mobilitätswandel, aber wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass Theorie und Praxis oft noch auseinanderklaffen“, meint de Buck pragmatisch

Der Mobilitätswandel ist vielfach noch nicht im Bewusstsein der Basis angekommen. Es endet oft am eigenen Gartenzaun. JENS DE BUCK


TEXT: JOHANNES REICHL | FOTOS: MATTHIAS KÖSTLER, MAGISTRAT ST. PÖLTEN/ZVG, OLN

MASTERMIND. Gemeinsam mit Alexander Schmidbauer versucht der Leiter der St. Pöltner Stadtplanung Jens de Buck dem zunehmenden Verkehr Herr zu werden und die Stadt verkehrstechnisch zukunftsfit zu machen. Grundlage dafür bildet das Generalverkehrskonzept 2014. und outet sich als gemäßigter Erneuerer. Das Phänomen, und genau darauf zielt die Verordnung auf Sicht ab, dass etwa junge Menschen zusehends auf den Privat-PKW „verzichten, wenn die Öffis gut sind“, bahne sich zwar auch in St. Pölten in Zentrumslagen an, sei aber eben noch nicht Mainstream. „Mein Sohn etwa studiert in Wien und wohnt in St. Pölten – der würde im Traum nicht draufkommen, das Auto zu nehmen, weil er mit Rad und Öffis super über die Runden kommt.“ Zwischen Ideal und Realismus Kurzum, die Geschwindigkeit des Mobilitätswandels scheint auch eine Generationenfrage und des damit einhergehenden gesellschaftlichen Wandels zu sein. Während für die Älteren das Auto nämlich nach wie vor vielfach

Ausdruck des eigenen Status ist, finden es Junge gerade umgekehrt hipp, just auf selbiges zu verzichten und auf Rad, Öffis und die eigenen Beine zu vertrauen. Und bedarf es doch einmal eines fahrbaren Untersatzes, wird dieser gemietet – Stichwort Carsharing, das, wenn auch schleppend, auch in St. Pölten zumindest schon als Angebot vorhanden ist. Der Verkehrsplaner muss mit diesen teils widersprüchlichen Gegebenheiten nolens volens arbeiten. Er weiß um das wissenschafliche Ideal, muss dieses jedoch mit den Ansprüchen der Realität kompatibel gestalten, damit die Bürger nicht auf die Barrikaden steigen. „Verkehrsplanung ist zukunftsgewandt, das heißt ich möchte den Verkehr zukunftsfit gestalten. Grenzwertig ist das insofern, weil ich aus einer autofixierten Gegenwart he-

raus eigentlich genau diese Fixierung zurückdrängen möchte. Schreibe ich umgekehrt aber die gegenwärtigen Gegebenheiten einfach nur fort, wird der Wandel nicht stattfinden.“ Wem gehört der Raum? Überspitzt formuliert könnte man schließen: Der Wandel muss (und wird) gewissen Nutzern auch weh tun bzw. kollidiert er mit eigenen Vorstellungen, weshalb es für die Verkehrspolitik vor allem „Mutes, eines langen Atems und auch guter Nerven braucht“, wie de Buck überzeugt ist. Gerade etwa das Thema „Stellplatz“ bringt die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis „schön“ zum Vorschein und offenbart auch eine weitverbreitete Heiliger Florian Mentalität: „Oh heiliger St. Florian verschon‘ mein Haus, zünd andre an!“ MFG 06.19

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MFG URBAN Die im Generalverkehrskonzept vorgesehenen Lebensraum-Achsen, die Richtung Innenstadt führend den Verkehr beruhigen sollen, klingen für viele nämlich wunderbar, solange … ja, solange sie nicht selbst auf etwas verzichten müssen. „Wir haben das in Wagram mit der Purkersdorferstraße erlebt, ebenso in der Eichendorffstraße, wo wir die Anrainer direkt miteinbezogen haben. Alle haben gesagt, ja, das ist wunderbar, aber am Schluss des Beteiligungsprozesses lautete der Grundtenor ‚Macht was ihr wollt, aber es darf kein Stellplatz fallen!‘“ Damit waren die großen Würfe auch schon wieder Geschichte, die Stadt konnte nur Standardlösungen umsetzen. „Der Mobilitätswandel ist eben vielfach noch nicht im Denken der Basis angekommen. Dieser endet oft am eigenen Gartenzaun“, resümiert de Buck trocken. Bürgerbeteiligung sei zwar wichtig, es dürfe dabei aber nicht das große Ganze aus den Augen verloren werden, ein – was wohl auch als Tipp für bzw. Wunsch an die Politik gemeint ist – „Gießkannenprinzip, wo ich alle gleich bedienen will und alles freistelle, wird keine nachhaltigen Veränderungen bringen!“ Kremser Landstraße Solche können freilich durchaus auch in St. Pölten gelingen, wenn man das gesamte Grätzel – also auch Bauträger, Unternehmer etc. – miteinbindet, wie im Fall der Lebensraum-Achse Kremser Landstraße geschehen. Diese wird nämlich zwischen Bahnhof und Landesklinikum umgesetzt und soll „attraktive Raumlösungen, breitere Gehsteige, Sitzmöglichkeiten, hochwertige Begrünung, sichere Radfahrwege und eine Bevorzugung des Öffentlichen Verkehrs bringen.“ Umsetzungen, die freilich ihren „Preis“ haben – eine Parkspur fällt komplett weg „einfach weil Raum nicht vermehrbar ist. Man muss sich entscheiden, was man möchte.“ In dem Fall vor allem, dass der motorisierte Individualverkehr möglichst auf die benachbarte „Hauptachse“ verlagert wird, also auf die Praterstraße. Wobei man seitens der Stadtplanung auch hier mo46

VORHER-NACHHER. In der Kremser Landstraße wird die erste Lebensraum-Achse umgesetzt – das Ziel: weniger motorisierter Individualverkehr und eine Aufwertung des Raumes.

derat vorgeht. „Die Empfehlung der Experten wäre überhaupt ein völliges Hinausdrängen des Individualverkehrs gewesen zugunsten einer eigenen Busspur.“ So weit ist man dann doch nicht gegangen. Gerade aber aufgrund des guten Öffi-Netzes in dem Streckenabschnitt traut man sich über die Reduzierung der Stellplätze drüber. „Wir haben in der Kremser Landstraße einen Takt des LUP von 3 Minuten!“ Öffis – wohin geht die Reise? Gerade dem Öffentlichen Verkehr kommt klarerweise in allen Verkehrsfragen und Fragen der Entlastung größte Bedeutung zu. Die generelle Entwicklung beurteilt de Buck in der

Tendenz gut „aber es ist ganz klar noch viel Luft nach oben!“ So hat man allein beim innerstädtischen LUP die Besucherzahlen auf „fünf Millionen pro Jahr gesteigert, was super ist, aber wir sind – abgesehen von den Stoßzeiten – noch weit davon entfernt, dass die Busse sozusagen den ganzen Tag über voll sind.“ Das wäre freilich das Ziel, um noch mehr Bürger zum Umsteigen zu animieren, weshalb – da gibt sich de Buck keinen Illusionen hin – „wir das Netz noch weiter ausbauen und die Takte noch weiter verkürzen müssen. Ein Takt von 30 Minuten auf den Hauptachsen wird langfristig nicht ausreichen.“ Gelingen soll dies auf Sicht v. a. „durch eine noch stärkere Überlagerung von Linien.“ In


EVOLUTION STATT REVOLUTION

weniger dicht besiedelten Gebieten, wo es bereits Zusatzangebote wie Anrufsammeltaxi und Whili gibt, wird es hingegen v. a. auch noch stärkerer Bewusstseinsbildung bedürfen „einfach weil in diesen Gebieten die Leute gewohnheitsmäßig ins Auto steigen und das öffentliche Verkehrsmittel gar nicht am Radar haben.“ Dass ein – wie immer wieder politisch diskutiert – 365 Euro-Jahresticket ebenfalls den Umstieg aufs Öffi fördern würde, steht für de Buck außer Zweifel. „Wien ist diesbezüglich ja bestes Vorzeigeprojekt – die haben die Nutzerzahlen verdoppelt“, wobei er sogar noch einen Schritt weitergehen würde und sich ein Österreich-ÖffiTicket nach dem Vorbild der Schweiz wünscht. „Dort sind die Züge bis in die letzten Winkel des Landes voll! Ich wäre der erste, der so etwas löst.“ Ein 365 Euro-Öffi-Ticket für die Stadt sei letztlich eine politische Frage, „ob es mir das wert ist. Den Umstieg aufs Öffi fördert es definitiv. Es muss dabei aber auch der Blick auf die Finanzierung und Finanzierbarkeit gerichtet werden, ein derartiges System muss letztlich für die Kostenträger der öffentlichen Hand leistbar sein.“ Weniger förderlich beurteilt er hingegen die bisweilen aufpoppende Diskussion um alternative öffentliche Verkehrsmittel, von der Schwebe- bis zur Straßenbahn. „Solange wir Busse haben, die zeitweise mit zehn und nicht 50 Fahrgästen unterwegs sind, sind diese Ideen absurd. St. Pölten ist für derartige Verkehrsmittel schlicht zu klein, das wird vielleicht ab 150.000 Einwohnern plus überlegenswert.“ Alles auf Schiene? Viel wichtiger wäre, dass man auch den innerstädtischen Bahnverkehr verbessert. Dies ist nur bedingt passiert. Zwar wurde seitens der ÖBB der Takt auf der Nord-Süd Achse, also aus dem Traisental kommend, auf 30 Minuten verkürzt „zugleich hat man aber innerstädtsche Haltestellen gestrichen.“ Das heißt als ergänzendes Verkehrsmittel in der Stadt fällt die Bahn mehr oder weniger flach. Argumentiert wurde dies laut de Buck „mit der schlechten Nutzung der Haltestellen“,

womit man freilich bei einem HenneEi-Dilemma landet: Denn vielleicht war die Auslastung ja nur deshalb so schlecht, weil das Angebot nicht attraktiv war. „Wenn man straßenbahnähnlich mehrere Haltestellen hätte mit einem, wie nun erst eingeführten, kürzeren Takt sowie attraktive Zuggarnituren, würde das Angebot auch verstärkt angenommen“, ist de Buck überzeugt und ergänzt: „Immerhin wohnen entlang des St. Pöltner Streckenteils mehr Leute als im gesamten Traisental zusammengenommen!“ Auch der schon Jahrzehnte geforderte und prinzipiell bereits beschlossene zweigleisige Ausbau bzw. die Elektrifizierung der Zugverbinung nach Krems verzögert sich „weil das Projekt vom Bund rückgestellt wurde.“ Für diesen Abschnitt gibt es aber Hoffnung auf Hilfe aus einer ganz anderen Ecke: der Kultur. Bekommt St. Pölten nämlich den Zuschlag als europäische Kulturhauptstadt, wird man um eine attraktive Öffi-Verbindung in die Donaustadt, die ebenso Teil der „Kulturhauptstadtregion“ sein wird, bis spätestens 2024 wohl nicht mehr umhinkommen. Das Anrainer-Pendler Dilemma Entlastung für den zunehmenden Verkehr, den insbesondere auch Pendlerströme mit auslösen, ist aus dieser Ecke also bis auf Weiteres nicht zu erwarten. Auch neue Park & Ride-Anlagen, wie etwa von den Grünen gefordert, hält de Buck – zumindest unter

den aktuellen Voraussetzungen – für kein probates Mittel. „Wir haben in den 90er-Jahren eine in der Porschestraße und 2002 eine in der Nähe des Traisenparks umgesetzt – der Erfolg war überschaubar.“ Freilich möglicherweise auch aufgrund der damals nicht idealen Anbindung sowie geringen Taktfrequenz des Stadtbusses. Stadtplaner Jens de Buck verortet das Grundproblem aber ohnedies ganz woanders, nämlich in einer Komfortzonen-Mentalität. „Solange ich als Pendler mehr oder weniger bis vor die Haustüre meines Arbeitgebers fahren und dort gratis parken kann, werde ich nicht aufs Öffi umsteigen.“ Da sei noch eher der aktuelle Ansatz des Landes zielführender, die Leute gleich in der Region mittels sinnvollen Parkangeboten bei den Abfahrtsbahnhöfen abzufangen oder mittels Park & Drive Anlagen wenigstens zur Bildung von Fahrgemeinschaften zu animieren. „Aber sobald ich im Auto sitze, steige ich nicht mehr aus.“ Vor allem nicht, wenn ich – was für die indigene Bevölkerung nicht minder zutrifft – „ein Angebot an freien, kostenlosen Parkplätzen als gottgegeben und quasi als persönliches Recht erachte.“ Was es nicht ist, wobei gerade das PendlerAnrainer-Tandem jenes ist, das am stärksten um freie Plätze buhlt. Insbesondere rund um große Arbeitgeber klagen die Anrainer über „fremde“ Verparkung und fordern den „Rauswurf“ der Pendler. Ein möglicher Lösungsansatz, auf

WA H L D E S V E R K E H R S M I T T E L S ( 2 01 2 / 2 0 2 5 + ) St. PöltnerInnen Erhebung 2012

Ziel 2025+

Erhebung 2012

Ziel 2025+

zu Fuß

16

17

5

5

Fahrrad

11

15

1

1

ÖV

17

20

28

34

Summe

44

52

34

40

als FahrerIn

48

40

59

52

als MitfahrerIn

5

8

7

8

Summe

56

48

66

60

Weganteil (%)

Umweltverbund

MIV

PendlerInnen

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MFG URBAN Basis von Studien etwa für die Räume um die Innenstadt herum empfohlen, wäre die Schaffung sogenannter Grüner Zonen. Dort würde Parken wie in der Innenstadt nicht mehr gratis sein, sondern „zum Beispiel einen Tagestarif von drei Euro kosten“, mit dem Ziel, dass manch Pendler dann lieber aufs Öffi umsteigt oder in den nicht ausgelasteten Parkgaragen parkt „die attraktive Angebote haben.“ Die Krux bislang ist freilich, dass bei einer Grünen Zone auch die Anrainer einen Obolus leisten müssten, weil es aus rechtlichen Gründen keinen Unterschied geben darf. De Buck rechnet „mit zirka 60 bis 80 Euro für das Jahrespickerl.“ Dazu sind die Anrainer, weil die Politik diese Frage bislang freistellt und nicht einfach verordnet, aber (noch) nicht bereit. „Ich sehe das Thema wertfrei. Die Möglichkeiten sind auf dem Tisch. Irgendwann, wenn der Leidensdruck vielleicht zu groß wird und man lieber einen Beitrag leistet, als sich täglich über die Verparkung vor der Haustüre zu ärgern, kann die Grüne Zone kommen.“ Dann würde vielleicht auch wieder der Park & Ride Ansatz als gleichzeitige Maßnahme Sinn machen „denn wenn der Parkplatz etwas kostet, dann erzeuge ich einen sanften Druck zum Umstieg aufs Öffi und lass mein Auto, so ich nicht ohnedies öffentlich anreisen kann, am Stadtrand und fahre dann mit dem Öffi weiter. Einzelmaßnahmen hingegen funktionieren nicht“, so de Buck.

VORRANG. Den Stadtplanern Jens de Buck und Alexander Schmidbauer ist der Radverkehr ein besonderes Anliegen. Das Budget dafür (200.000 Euro/Jahr) hat noch Luft nach oben. Gewinner und Verlierer In diesem Sinne wird auch mit der S34, von deren Notwendigkeit de Buck überzeugt ist, nicht das Optimum herausgeholt, „weil ich im selben Atemzug die B20 zurückbauen und entlasten müsste, etwa durch Umsetzung einer – wie von Experten empfohlen – Busspur für eine Schnellbuslinie, um dort den Verkehr und damit die problematische Situation für die Anrainer zu entlasten.“ Das aktuelle, quasi rechtlich vorgegebene Prozedere sieht aber einen Schritt nach dem anderen vor, zuerst S34, dann Neuplanung B20, womit wichtige Potenziale verloren gingen. Dabei wäre mit Fan-

W E G L Ä N G E N / V E R K E H R S M I TT E L ( 2 01 2 ) 3% 4%

11% 10%

28%

16%

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< 1km

15%

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1 - 2 km

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3% 3%

6%

3 - 5 km

1%

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2%

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5 - 10 km 10 - 15 km 15 - 25 km > 25 km

zu Fuß

Fahrrad

MIV als Mitfahrer

öffentliche Verkerhsmittel

MIV als Fahrer

tasie einiges möglich „immerhin, was man sich heute gar nicht mehr vorstellen kann, war die Mariazellerstraße bis in die 60er-Jahre hinein zweispurig mit links und rechts begrünten Radwegen.“ Heute donnern hingegen auf vier Spuren etwa 30.000-35.000 Autos täglich über die Haupttangenziale. Weshalb de Buck auch eine Weiterführung der S34 bzw. des Außenringes rund um die Stadt in Form der Westtangente „in angemessener ortsverträglicher Ausbaustufe“ bis nach Viehofen, ja in weiterer Folge bis Herzogenburg-Süd für unumgänglich hält, „mit all ihren Vor- und Nachteilen, denn es ist klar, dass eine derartige Straße mehr Verkehr nach sich zieht, einen massiven Eingriff ins Landschaftsbild darstellt und für manche Anrainer eine neue Lärm- und Emissionsbeeinträchtigung mit sich bringt. Aber“, und dieses aber betont er, „wenn ich möchte, dass St. Pölten als Stadt funktions- und lebensfähig bleibt, dass sie weiter wächst und neue Arbeitsplätze geschaffen werden, dann komme ich um eine Entlastung der Nord-Süd-Verbindung nicht umhin.“ Dass dieses Ansinnen – die langjährigen Kämpfe rund um die S34 sind klarer Beleg dafür – nicht ohne Widerstand von statten gehen wird, dessen ist sich de Buck auch bewusst und räumt ein: „Von den gesamtstäd-


EVOLUTION STATT REVOLUTION

tischen Vorteilen werden nicht alle gleich profitieren können.“ Vorrang Radfahrer Selbst bei seinem größten Herzensthema, dem Radfahren, ist das so. „Wenn ich im verbauten Gebiet neue Radwege schaffe, so bedeutet das, dass Raum für andere Funktionen, also etwa für Stellflächen, wegfällt“, erklärt de Buck die Logik. Ein Bewusstsein für die Sinnhaftigkeit derartiger Maßnahmen muss in einer autoaffinen Gesellschaft erst mühsam geschaffen werden, zugleich muss die Politik auch den Willen aufbringen, quasi das eine Fortbewegungsmittel dem anderen vorzuziehen. „Aktuell hat die Auto-Lobby noch den größeren Widerhall“, schmunzelt de Buck, der sich aber freut, dass zumindest das Budget für Radwege von 120.000 auf 200.000 aufgestockt worden ist. „Im Vergleich zu den Ausgaben in den motorisierten Individualverkehr ist das aber relativ wenig!“ (Die S34 allein ist mit 196 Millionen Euro ver-

Verkehrsplanung, noch dazu in einen demokratischen Prozess eingebettet, ist ein schweres Medium. JENS DE BUCK

anschlagt, Anm.) Dabei seien Investitionen in den Radverkehr die günstigste Variante bei gleichzeitig höchstem verkehrsberuhigenden Output – vom gesundheitlichen Aspekt einmal ganz abgesehen. „Städte wie Amsterdam, Hamburg, Münster, Kopenhagen oder Freiburg haben es vorexerziert, dort sind die Folgewirkungen immens!“, verweist er auf Erfolgsmodelle. In St. Pölten werden derweil, aber immerhin, kleinere Brötchen gebacken. Jüngstes Beispiel ist etwa der Beschluss, einen durchgehenden Radweg von der Innenstadt über den Alpenbahnhof und Kollerberg bis Spratzern umzusetzen. Und auch die Aktion nextbike, im Zuge derer man sich ein Rad ausborgen kann, wird immer besser angenommen. „Im Vorjahr hatten wir schon über 16.000 Ausleihen und

wiederholt ein Plus von 10%“, dies nicht zuletzt, weil die Stadt die Aktion aktiv fördert „und die Kosten für die erste halbe Stunde übernimmt.“ Mit offensichtlichem Erfolg. 89% der nextbike-User nutzen das Fahrrad unter einer halben Stunde, fahren also dank Sponsorings komplett gratis. Verkehrsplanung ist eben, wie das Beispiel zeigt, ein Weg der kleinen Schritte. Frustriert ob der Tatsache, dass die Planung zwar idealtypisch oft wüsste, was das Beste ist, aber dies sozusagen in den Niederungen der Wirklichkeit, wenn schon nicht scheitert, so doch gehörig abgebremst wird, ist de Buck trozdem nicht. „Verkehrsplanung, noch dazu in einen demokratischen Prozess eingebettet, ist eben ein schweres Medium. Eher Evolution denn Revolution.“

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SHORTCUT KULTUR

FOTOS: KHOSRORK-ADOBESTOCK, NANCY HOROWITZ, BEATE STEINER

KOLUMNE THOMAS FRÖHLICH

WAS BIN ICH? Fast schon lustig: Übe ich etwa in linksgrünen Kreisen Kritik an einer angeblich friedlichen Religionsauslegung, deren Jünger sich gerne und regelmäßig mit Macheten, Lastwägen oder Schusswaffen an „Ungläubigen“ austoben (was aber nach gutmenschelnder Diktion ausschließlich „bedauerliche Einzelfälle“ seien – im Gegensatz zum Scheißkerl von Christchurch), darf ich mich als Rassist oder gleich als Nazi bezeichnen lassen. Gebe ich auf der politisch anderen Uferseite zu, im Klimawandel eine Tatsache zu sehen und keine freimaurerisch-kommunistische Erfindung zur Untergrabung unseres Wirtschaftslebens, mutiere ich zum gehirngewaschenen Systemtrottel. Halte ich weiters das ministeriell organisierte Rasen auf Autobahnen für Schwachsinn, werde ich umgehend als autofahrerfeindliche GrünIn (!) gebrandmarkt. Stehe ich mit meinen Alt-68er-Haberern im Lieblingsbeisl beim proletarischen Bier und schlage vor, unsere staatsbürgerliche VollkaskoMentalität einmal zu hinterfragen und den Begriff „Eigenverantwortung“ in unser Leben zurückzuholen, zeiht man mich des stumpfen Neoliberalismus (und das tut nun echt weh!). Liebe Leute, eine Bitte: Verlasst doch gelegentlich eure virtuellen Echokammern, mentalen Komfortzonen und ideologischen Realitätstunnel! Geht raus, atmet tief durch und erinnert euch daran, dass Denken ein individueller Akt sein kann und keine faktenfernen Einbläuer braucht. Einen wunderschönen Sommer wünscht euch jedenfalls euer linksextremer, rechtsradikaler, nazikommunistischer Grünkolumnist Thomas Fröhlich!

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WENN ICH EINMAL REICH WÄR …

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as war das für ein Aufschrei, als die Operettensparte im damaligen Stadttheater in die ewigen Jagdgründe geschickt wurde. Der Liebe der treuen Fans zum Genre konnte dies freilich nichts anhaben – sie gründeten kurzerhand die „Operettenfreunde“ und versorgten sich fortan selbst mit dem künstlerischen „Objekt“ der Begierde – mit großem Erfolg. Auch heuer lädt man unter dem Motto „That´s Entertainment“ am 4. und 5. Juni im Kulturhaus Wagram wieder zur „Musical- und Operettenrevue“. Die wartet

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nicht nur mit Klassikern wie „Wenn ich einmal reich wär“ oder „Edelweiß“ auf, sondern auch mit Topbesetzung: Neben Intendant Jörg Schneider himself (Wiener Staatsoper, im Bild), singen zudem Kammersänger Wolfgang Bankl (Wiener Staatsoper) sowie Petra Halper-König und Rebecca Nelsen von der Wiener Volksoper. Das Ballett St. Pölten und das Orchester Wolfgang Ortner unter der Leitung von Lorenz C. Aichner sind ebenfalls fixer Bestandteil wie der Kinderchor Kinderstimmbänder. www.oeticket.com

STADT-WANDERUNGEN

uf St. Pölten konzentrierte sich das Architektur-Netzwerk ORTE bei den Architekturtagen 2019, „nicht zuletzt wegen der aktuellen Bemühungen, 2024 als Europäische Kulturhauptstadt zu fungieren“, so ORTEGeschäftsführerin Heidrun Schlögl. Und so durchstreiften Interessierte mit Fachleuten die Stadt, erfuhren über die Potenziale historischer Bausubstanz, über die Zukunftstauglichkeit modernen Städtebaus, aber auch über städtebauliche Altlasten. Wie zum Beispiel die leerstehenden Gewerbeflächen am Neugebäudeplatz, die jedoch dank neuer Eigentürmer nach 30 Jahren endlich wiederbelebt werden könnten. Weniger erfreulich zeigt sich für Stadt-

planer Jens de Buck die Situation hinter den Löwatürmen: „Verdichteter Wohnbau im urbanen Bereich ist notwendig, aber das scheint mir schon zu sehr verdichtet.“ Planer und Baumanager Norbert Steiner pflichtet bei: „Die Quantität übersteigt derzeit die Qualität bei den Neubauten in St. Pölten.“


MFG ADVERTORIAL

SIND WIEDER IM GARTEN Für zwei Tage verwandelt sich der großzügige Vorplatz von Museum Niederösterreich und Festspielhaus St. Pölten im Herzen des Kulturbezirks in eine bunte ChilloutOase. Dann heißt es wieder „Sind im Garten“. An beiden Tagen gilt es in entspannter Atmosphäre bei lauschiger Musik Kulinarik oder ein Gläschen Gin zu genießen. Minigolf im Museumsgarten, Kinderschminkstationen, Spielestationen, der Museum Niederösterreich Fotobulli und ein Karikaturist unterhalten Jung und Alt. Das Houserunning an der Fassade des Festspielhauses sowie Zorbing Balls zum Turnen über dem Wasser sorgen für jede Menge Action. Der Freitag startet ab 16 Uhr mit DJ Manshee & DJ Schmodar und künstlerischen Darbietungen der Tanz- und Chor-Communities des Festspielhauses. Der Chor 50 plus singt zum Thema „Garteln“ und der Weltchor nennt seine Performance „Querbeet“. Um 19:30 Uhr findet im Großen Saal die Europa-Premiere von „ab [intra]“ der Sydney Dance Company statt. Das Einführungsgespräch sowie die Premierenfeier mit den Tänzerinnen und Tänzern werden aus feierlichem Anlass vor das Festspielhaus verlegt. Am Samstag startet das Familienprogramm des Museums Niederösterreich um 10 Uhr mit Forschungs- und Kreativstationen. Ein interaktiver Stationen-Parcours lädt Besucherinnen und Besucher dazu

ein, bisher unentdeckte Winkel des Festspielhauses zu erkunden. Die Straßentheatergruppe Belle Etage macht den Vorplatz zur Bühne. Um 14 Uhr sorgt ein Breakdance-Act der B-Girls feat. B-Boys für Action. Höhepunkt des zweiten Abends ist die Livemusik-Karaoke-Band „Limuka“ mit den Ausnahmemusikern Christoph Richter, Harry Stöckl, Martin Scheer, Stephan Eder und Gerald Schaffhauser im Museumsgarten.

7. Juni 2019, ab 16 Uhr 8. Juni 2019, ab 10 Uhr Vorplatz Festspielhaus und Museum NÖ sowie indoor. Der Eintritt ins Museum und ins Festspielhaus (Ausnahme Sydney Dance Company) sowie die Teilnahme am Rahmenprogramm sind frei!

2019 jazz im hof 15.16.17. AUGUST

BAROCKGARTEN IM STADTMUSEUM BEGINN JEWEILS 19:30 / BEI SCHLECHTWETTER: FREIRAUM ST. PÖLTEN Vorverkaufsbeginn: 20. Juni 2019 Tickets und „Jazz-Pass“ erhältlich in der Buchhandlung Schubert St. Pölten oder über www.oeticket.com Info: jazzimhof@gmx.at / www.stpoelten.gv.at / Tel: 02741-3332601


MFG KULTUR

HIPPIES, PUNKS ODER SMARTPHONE-JUNKIES Manche suchen sie in der Ewigkeit, einige missbrauchten sie schamlos, wieder andere machten sie zum eigenen Stil – die Jugend. Die derzeitige Sonderausstellung im Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich stellt sie in den Fokus – und zwar mutig und engagiert. Die Schau „Meine Jugend – Deine Jugend“ wurde von Jugendlichen kuratiert und läuft interaktiv ab. MFG traf einige der jungen Ausstellungsmacher.

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as ist Jugend, welche sprachlichen Codes verwenden Jugendliche zu unterschiedlichen Zeiten, welche Jugendgruppen lassen sich in der Historie ausmachen oder wie war das erste Mal, etwa in den 50er-Jahren oder heute? Das sind einige der Fragen, die den einzelnen Kapiteln, die sich im Sonderausstellungsraum öffnen und die Besucher auffordern, Sticker, je nach Altersgruppe in verschiedenen Farben, zu picken. Das macht Spaß und sorgte schon am Eröffnungstag für eine wahre Pickerlflut auf den Museumswänden. „Schon in der Konzepterstellung hat es Workshops mit Jugendlichen gegeben“, erzählt Andrea Thuile, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Haus der Geschichte, „dort wurde gefragt, was für die Jugendlichen wichtig ist. Wir haben uns 52


TEXT: ANDREAS REICHEBNER | FOTOS: DANIEL HINTERRAMSKOGLER, FLORIAN MÜLLER

einander näherbringen, das gegenseitige Interesse aktivieren, das offenbarten schon die ersten Besuchstage. „Es ist schon eine Ausstellung, die ein bisschen aus dem Rahmen fällt. Es ist nicht die typische Schau eines historischen Museums, in gewissem Sinn ein Experiment. Aber bis jetzt haben wir nur positive Erfahrungen damit gemacht, vor allem mit dem interaktiven Ansatz. Der regt zu vielen Diskussionen an, lässt einen Austausch entstehen.“

JUNGE KURATOREN. Alina, Birgit und Elena, die viel zur Schau beigetragen haben, im Gespräch mit MFG-Redakteur Andi Reichebner.

bemüht, diese Schwerpunkte in der Ausstellung, die nicht chronologisch ist, zu setzen. Es gibt gewisse Aspekte, wie Mode oder politisches Engagement, die etwa in der Jugend der 50er-Jahre und heute eine Rolle spielen. Unsere Aufgabe war es, die jugendlichen Kuratoren zu begleiten.“ Wie die 18-jährige Kuratorin Elena Müller aus Ebersdorf, die von ihrer Geschichtelehrerin auf dieses Projekt aufmerksam gemacht wurde: „Wir haben im Gymnasium ein Projekt über die Jugend nach dem ersten Weltkrieg gemacht, dabei sind wir mit dem Haus der Geschichte in Kontakt gekommen.“ Ihr Vater selbst positionierte sich in seiner Jugend bei verschiedenen Gruppen. „Er hat einiges durchgemacht, von langen Haaren bis hin zu Gothic mit überlangem, schwarzem Mantel. Meine Mutter war ein Freigeist.“ In welcher Jugendgruppe oder Zeit würde sich Elena gerne sehen? „Ich fühle mich schon ein bisserl der Hippie-Bewegung verbunden, vor allem mit der Ernährungsweise. Ich höre viel Musik von damals.“ Gibt es heute noch richtige Jugendgruppen? Sind heute noch so klar definierte Jugendgruppen, wie die Hippies, Mods, Punks oder die 50er-Halbstarken zu orten? „Ich habe das Gefühl, dass es das nicht mehr so ausgeprägt gibt. Junge Leute tun sich heute zusammen, wenn sie ähnliche Werte oder Gedanken vertreten. Sie werden nicht zusammengehalten durch Äußerlichkeiten wie Kleidung und Make-up“, meint Birgit Schuster aus St. Pölten. Auch Niklas Zimmer (17) aus St. Pölten denkt so: „Es geht um das, wer man ist und nicht wie man ausschaut.“ Dem kann sich Alina Schmidt (18) ebenso anschließen. Die Beschäftigung mit dem Thema Jugend und der Ausstellung selbst hat sie neugierig gemacht, „wie meine Eltern all die Dinge erlebt haben, die wir jetzt auch erleben. Da habe ich jetzt intensiv nachgefragt.“ Dass ihre Eltern nun mehr erzählen über die Inhalte, die von den einzelnen Stickerstationen in der Schau aufgeworfen werden, interessiert Birgit brennend. Die Ausstellung im Museum NÖ dürfte auch die verschiedenen Generationen

Hasis Parka Auch zu den Objekten ist man über persönliche Ebenen gekommen, nicht über die zurzeit so gehypten sozialen Medien. Da ist etwa der Parka von St. Pöltens Edel-Mod Dietmar Haslinger zu sehen oder ein Moped, das in den 50er-Jahren aus vielen verschiedenen Teilen zusammengeschnipselt wurde. „Interessant ist, dass von den 120 Objekten zwei Drittel aus der NÖ Landessammlung stammen, normal sind es drei bis vier“, weiß Florian Müller von der Öffentlichkeitsarbeit des Museums NÖ. „Die Ausstellung lebt ganz stark von den persönlichen Geschichten, deshalb sind immer wieder Zitate und Gegenstimmen dargestellt, kleine Geschichten, Interviews zu lesen und zu hören. Jugend ist so ein breiter Begriff, den kann man gar nicht anders darstellen als über individuelle Blickwinkel“, so Andrea Thuile. Was ist den jungen Ausstellungsmachern wichtig, was gefällt ihnen? „Dass man selber Teil der Ausstellung sein kann, seine Meinung preisgeben kann, wie es einem früher ergangen ist“, erzählt Alina engagiert. Für Birgit ist essentiell, „dass den Besuchern bewusst ist, dass die Ausstellung nicht über Jugendliche, sondern Jugendliche sie mitgestaltet haben. Dass die Besucher auch mitwirken können. Dass die Ausstellung noch lange nicht fertig ist, sondern durch all die Menschen, die kommen, wirklich vollendet wird und zu Dialogen anregen soll.“ Immer noch die gleichen Dinge, die Jugendliche bewegen Niklas sieht diese Ausstellung als Beweis dafür, „dass die Generationen gar nicht so verschieden sind. Es haben sich zwar die Medien und die Technologie, Stichwort Smartphone, tiefgehend verändert, aber es sind immer noch die

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message!

8. - 22. Juni 2019

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Samstag, 8. Juni, 19.30 Uhr, Franziskanerkirche Amor y locura Los Temperamentos

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Freitag, 21. Juni, 19.30 Uhr, Ehemalige Synagoge Flash Bach Deborah Nemtanu

Donnerstag, 13. Juni, 19.30 Uhr, Stadtmuseum-Barockgarten B-A-C-H Dieter Ilg, Rainer Böhm, Patrice Héral Samstag, 15. Juni, 19.30 Uhr, Ehemalige Synagoge Bleu nuit Jean-Louis Matinier, Kevin Seddiki Sonntag, 16. Juni, 18.30 Uhr, Ehemaliges Sommerrefektorium Engel und Teufel Christoph Urbanetz, David Bergmüller Donnerstag, 20. Juni, 19.30 Uhr, Ehemalige Synagoge Donde son estas serranas? Music from the acoustic neighborhood

Midsummer Night Ein Barockfest unter Sternen, musikalischen Überraschungen Ab 21.30 Uhr im Garten der Musik- und Kunstschule St Pölten

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Samstag, 22. Juni, 19.30 Uhr, Franziskanerkirche Tragicommedia Accentus Austria, Leitung: Thomas Wimmer

HIPPIES, PUNKS ODER SMARTPHONE-JUNKIES

INTERAKTIV. Bei der Sonderausstellung ist mitmachen erwünscht, wie PR-Mann Florian Müller vom Landesmuseum hier zeigt.

gleichen Dinge, die uns bewegen, wie etwa Politik, Freundschaft, Liebe. Für jede Generation ist etwas dabei.“ Elena sieht den Fokus in der Stellung der Jugend von heute: „Mir ist es am wichtigsten, dass man sieht, dass der Jugend ruhig zugehört werden kann. Das ist oft nicht der Fall, vor allem jetzt, weil scheinbar früher alles besser war. Dass man sieht, mit Hilfe von Jugendlichen kann Tolles entstehen. Auch heute wie damals machen sich Jugendliche viele Gedanken über verschiedenste Themen. Wichtig ist, dass der Jugend zugehört wird. Ich hab noch nie eine Ausstellung über Jugend gesehen, bin froh, dass es hier so etwas gibt. Bin dankbar dafür, dass ich mitmachen durfte.“ Zu Beginn der Ausstellungskonzeption waren großteils Gymnasiasten bei den Diskussionen dabei, später entstand der Dialog auch mit HTL-Schülern, der Landjugend, mit dem moslemischen Verein Wiener Neustadt, mit Jugendlichen mit Migrationshintergrund. „Wir haben uns bemüht, keine Blase entstehen zu lassen. Ich hoffe, dass es uns auch gelungen ist, verschiedene Stimmen zu Wort kommen zu lassen, dass die verschiedenen Perspektiven der Generationen, Geschlechter und der Stadt-Land-Kontrast auch sichtbar werden“, so Thuile. Warum sollte man eigentlich die Ausstellung besuchen? „Weil es keine klassische Ausstellung ist. Meiner Meinung nach hat sie viele verschiedene Facetten. Es wird nicht nur präsentiert, man muss sie selber erfahren. Manche wollen vielleicht nur vor einem Objekt stehen und lesen, was das ist, andere wollen sich vielleicht ein Leben zusammenwürfeln“, ist Elena begeistert von der Schau und Niklas bringt es auf den Punkt: „Es ist gescheit, wenn man sich Zeit für die Ausstellung nimmt, denn wenn man langsam durchgeht, kann man viel erfahren, vielleicht auch über sich selbst.“

Vorverkaufsstellen (Abos / Einzelkarten) und Kontakt Buchhandlung Schubert Wiener Straße 6, 3100 St. Pölten, Tel. 02742 353189

Ö-Ticket Online kaufen bei: www.oeticket.com

Magistrat der LH St. Pölten / Fachbereich Kultur u. Bildung Prandtauerstraße 2, 3100 St. Pölten Tel. 02742 333-2601 oder -2602, office@barockfestival.at

www.barockfestival.at

MEINE JUGEND – DEINE JUGEND Eine Generation schreibt Geschichte – Sonderausstellung im Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich, noch bis 19. Jänner 2020, Dienstag bis Sonntag und Feiertags, 9.00 – 17.00 Uhr


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AUF ZU DEN STERNEN!

BABYLON

19. Juni bis 3. August 2019 – Schauspiel von Feridun Zaimoglu & Günter Senkel Mit dem Auftragswerk BABYLON entführt uns Intendant Alexander Hauer in die Mystik längst vergangener Tage voller Prunk, Wohlstand und der Sehnsucht nach Höherem. Das erfolgreiche Autorenteam lässt die sinnlichen Götter- und Geschichtenwelten des Zweistromlandes wiederauferstehen, die zum Spiegel der Gegenwart werden.

FLY ME TO THE MOON

10. Juli bis 14. August 2019 – Musikrevue von Rita Sereinig und Alexander Hauer 50 Jahre nach der ersten Mondlandung katapultiert uns die diesjährige Musikrevue „Fly me to the moon“ mit mehr als 40 mitreißenden Rock- und Pop-Hits in das Weltall, das voll ungeahnter Überraschungen steckt. Come fly with me, Final Countdown, Schieß mich doch zum Mond!, Dreamer sind nur ein paar Beispiele für die Musikauswahl! Bestes Entertainment!

Depositphotos

Daniela Matejschek

Daniela Matejschek

Die Sommerspiele Melk 2019 – Heuer strebt man bei den Sommerspielen Melk gleich drei Mal gen Himmel.

ROBERTA RAKETE – AUF INTERGALAKTISCHER MISSION

28. Juli & 2. August 2019 – Musikrevue für Kinder ab 4 Jahren Roberta ist ein neugieriges Mädchen mit einer unstillbaren Sehnsucht nach den Weiten des Alls. Mit ihrer Rakete begibt sie sich auf eine Reise ins Universum, wo sie spannende intergalaktische Abenteuer erwarten. Beliebte Kinderlieder und Popsongs laden bei dieser Musikrevue für Kinder zum Mitsingen ein.

Infos & Karten unter www.sommerspielemelk.at

programm 07-09

...wir machen euch den Hof! 04.07. Seniorenfloor Wochenteiler 12.07.

Sounddrop

26.07. vegane Weltreise 27.07. HousefriedensBruch BBQ 14.08.

roman Müller live

23.08. STp City Festival live 29.08. Seniorenfloor Wochenteiler 30.08. Sounddrop 06.09. vegane Weltreise 14.09.

die puppenwerkstatt FUHRMANNSGASSE 15 / STP facebook.com/fuhrmannshof

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MFG SOMMERTHEATERGUIDE 2019

Es ist die stillste Zeit im Jahr – also jetzt in Sachen Kulturangebot. Von wegen! Auch wenn das Gros der heimischen Theaterbühnen und Konzerthäuser über die Sommermonate die Pforten schließt, müssen Fans der schönen Musen nicht auf ihr Quantum Unterhaltung verzichten. Denn wo eine Eingangstür zugeht, geht sozusagen eine Festivaltüre auf, und so dürfen wir uns auch diesen Sommer wieder auf zahlreiche hochkarätige Sommerfestivals freuen, die das kunstsinnige Herz mit Theater, Oper, Operette, Lesungen bis hin zu feinsten Jazzklängen verwöhnen. Allein das Theaterfest Niederösterreich zählt 20 Spielorte! Die Besucher haben also die – absolut schöne – Qual der Wahl. MFG präsentiert eine kleine feine Auswahl an Highlights und wünscht schon jetzt allen einen wolkenlosen Himmel und vergnügliche Stunden. 29. Juni – 3. August

1. August – 29. September

NESTROY-SPIELE SCHWECHAT

OPER & KONZERTE KIRCHSTETTEN

Ein skurriles Panoptikum ur-wienerischer Typen und scheinbar lebendig gewordener Deix’scher Figuren zeigt Nestroy in seiner großartigen, von Karl Kraus wiederentdeckten Spießersatire „Wohnung zu vermieten“ im Schlosshof Rothmühle in Schwechat-Rannersdorf. Einfach sensationell witzig!

Den Festival-Auftakt im Schloss Kirchstetten im Weinviertel macht Rossinis flotter Opernhit „L´Italiana in Algeri“ (1. – 17. 8.), gefolgt von Symphonic Rock 3.0 (22. 8.), Klassik unter Sternen IX (24. 8.), Kammermusik: gehört-erzählt (19. – 22. 9.) und herbstKLANG (27. – 29. 9.).

www.nestroy.at

www.schloss-kirchstetten.at

19. Juni – 14. August

SOMMERSPIELE MELK Das Auftragswerk BABYLON des Autorenteams Feridun Zaimoglu und Günter Senkel befasst sich mit der Mystik längst vergangener Tage voller Prunk, Wohlstand und der Sehnsucht nach Höherem. 50 Jahre nach der ersten Mondlandung katapultiert uns die diesjährige Musikrevue „FLY ME TO THE MOON“ mit mehr als 40 mitreißenden Rock- und Pop-Hits in das Weltall, das voll ungeahnter Überraschungen steckt. www.sommerspielemelk.at

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Fotos: Nestroy-Spiele/zVg, Shutterstock, Daniela Matejschek, Barockfestival/zVg, Ennevi – Courtesy of Fondazione Arena di Verona, Veranstaltungsservice St. Pölten, zVg/Oper im Steinbruch

DER SOMMER KANN KOMMEN!


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8. Juni – 22. Juni

BAROCKFESTIVAL ST. PÖLTEN Leave a Message lautet das diesjährige Motto beim Barockfestival – und eine solche hinterlassen einmal mehr großartige Künstler wie etwa Los Temperamentos, Accentus Austria, Geigerin Deborah Nemtanu, Akkordeonist Jean-Louis Matinier, Lautenist Lee Santana. Zwei Wochen lang werden an besonderen Orten wie Ehemalige Synagoge, Franziskaner Kirche, Barockhof des Stadtmuseums u. a. barocke Klänge sowie ihre neuzeitlichen Interpretationen erklingen. www.barockfestival.at

22. Juni – 7. September

ARENA DI VERONA – OPERA FESTIVAL Zum mittlerweile 97. Mal lädt Europas berühmtes­ tes Opernfestival zum unvergleichlichen Operngenuss in die weltberühmte Arena di Verona. Insgesamt stehen mit Aida, La Traviata, Il Trovatore, Carmen und Tosca gleich fünf Blockbuster der Opernliteratur am Programm, allesamt wieder in legendären Insze­nierungen mit berühmten Sängern, dem grandiosen Orche­ster sowie Chor und Ballett der Arena di Verona. www.arena.it

4. Juli – 11. August

SOMMERFESTIVAL Von Sri Lanka bis zur USA und zurück zur heimischen Küche ist auch heuer am Rathausplatz St. Pölten wieder alles dabei, was das Schlemmerherz begehrt. Geboten werden zudem wieder musikalische Leckerbissen rund um Austro Pop, Jazz, Blues & Country und vieles mehr. www.st-poelten.gv.at

Festival 8.9. – 6.10.2019 Musica Sacra

St. Pölten, Herzogenburg, Lilienfeld 8.9., 18.00 Uhr – Dom zu St. Pölten

»Elias« Domkantorei St. Pölten, L’Orfeo Barockorchester

14.9., 19.30 Uhr – Stiftskirche Herzogenburg

»From Silent Night« Private Musicke, Pierre Pitzl

10. Juli – 17. August

15.9., 18.00 Uhr – Dom zu St. Pölten

OPER IM STEINBRUCH

»Songs of Exile«

Diese Saison steht mit Mozarts „Die Zauberflöte“ eine der bekanntesten und beliebtesten Opern auf dem Spielplan. Die einzigartige Felslandschaft des Steinbruchs St. Margarethen bietet eine spektakuläre und zugleich märchenhafte Kulisse für Mozarts Parabel auf die Liebe und die Vernunft.

Nagash Ensemble, Armenien

22.9., 16.00 Uhr – Stiftskirche Lilienfeld

»Menschen, Engel und der siebte Himmel« Choralschola der Wiener Hofburgkapelle

29.9., 18.00 Uhr – Dom zu St. Pölten

»Sounds of Africa«

Cape Town Opera Chorus

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FREUNDE DER KULTUR ST. PÖLTEN

WENN EINER EINE REISE TUT ...

6. SEPTEMBER

Preview der Ausstellung „Schöne neue Welt“ NOEDOK

... dann kann er was erzählen. Und zwar reales Reisen,nicht virtuelles, mit echten und unvergesslichen Eindrücken, wie sie die Freunde der Kultur immer wieder sammeln.

14. SEPTEMBER

Probenbesuch „Die dumme Augustine“ Landestheater Niederösterreich

Die Elbphilharmonie in Hamburg ist das neue Objekt der Begierde unter Kulturfreunden – eines, das den meisten, so sie nicht schon Monate, ja mittlerweile Jahre zuvor ihr Ticket gekauft haben, bis auf weiteres verwährt bleibt. Umso bemerkenswerter war es, dass den Freun­ den der Kultur St. Pölten vergönnt war, „ihre“ Tonkünstler Niederösterreich in die Hansestadt und in den neuen Musentempel zu begleiten, denn auch das ist eine Sensation: Die Tonkünst­ ler Niederösterreich gaben ihr erstes Konzert in der Elbphilharmonie. Und was für eines! Unter dem Dirigat ihres Chefdirigenten Yutaka Sado spielten die Musiker ein schlicht­ weg phantastisches Konzert. Am Programm Tschaikowskys Klavierkonzert Nr. 1 sowie Mahlers 5. Symphonie. Nach dem Verklingen der letzten Töne riss es die Zuschauer im aus­

verkauften großen Saal der Elbphilharmonie von den Sitzen und sie bedankten sich enthu­ siastisch mit Standing Ovations beim nieder­ österreichischen Orchester. Insbesondere für die mitgereisten 150 Kulturbegeisterten aus St. Pölten und Umgebung war dies natürlich ein besonders euphorischer Moment, der uns alle emotional sehr berührte und ja – auch mit Stolz erfüllte.

Bevor wir aber in die Ferne schweifen, freuen wir uns bereits am 7. und 8. Juni auf „Sind im Garten“ im Kulturbezirk, wo das Festspielhaus und das Museum Niederösterreich bei freiem Eintritt ein buntes Programm gestalten und wo wir gemeinsam unser Sommerfest feiern wol­

MITGLIED WERDEN und die zahlreichen Vereinsvorteile (Exklusivveranstaltungen, Previews, Künstlertreffen, Exkursionen, Ermäßigungen uvm.) genießen. Anmeldung und Infos unter T +43 2742 90 80 90-941, F +43 2742 90 80 94, freunde@kultur-stp.at

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Museum Niederösterreich

6. OKTOBER

Cinderella – Les Ballets de Monte-Carlo. Jean-Christophe Maillot . Tonkünstler Festspielhaus St. Pölten

Größtes Lob gebührt an dieser Stelle unserer Ulli Roth vom Festspielhaus für die großartige Idee sowie die Organisation der Fahrt, ebenso möchte ich an dieser Stelle auch Claudia Wall­ ner dankend vor den Vorhang bitten, die eben­ falls tatkräftig mitgeholfen hat. Diese einmalige Aktion wurde ja auch von der Administration der NÖ Landesregierung wahrgenommen, beim Empfang im West Inn Hotel in der Elb­ philharmonie wäre bei der Begrüßung die Begeisterung unseres Stammpublikums und unserer Mitglieder im Kulturverein erwähnens­ wert. Ein unvergesslicher Moment! Dabei „arbeiten“ wir bereits an unserem näch­ sten Ausflug, und wieder werden wir ein kultu­ relles Aushängeschild der Landeshauptstadt in die Ferne begleiten: Diesmal geht es, gemein­ sam mit den Abonnentinnen und Abonnenten des Landestheaters, nach Leipzig, wo das Landestheater Niederösterreich ein Gastspiel gibt und wir neben der Vorstellung selbstver­ ständlich auch die berühmte Stadt besichtigen werden.

Kultur verbindet: Präsident Lothar Fiedler mit Chefdirigent Yutaka Sado in der Elphi.

24. SEPTEMBER

Erzählte Geschichte „Kriegsausbruch“

12. OKTOBER

Alles für‘n Hugo Bühne im Hof

21. NOVEMBER

„Der Parasit“ von Friedrich Schiller Landestheater Niederösterreich

28. NOVEMBER

Ausstellungseröffnung: „Aonogahara – Österreichische Kriegsgefangene in Japan“ NÖ Landesbibliothek

6. DEZEMBER

Polly Adlers XMAS Special Bühne im Hof

len, um bei hoffentlich lauen Sommertempera­ turen die Saison ausklingen zu lassen. In diesem Sinne freue ich mich schon auf ge­ meinsame „Reisen“ in die Nähe und in die Ferne voller Eindrücke und Freude, Ihr

Lothar Fiedler

(Präsident Freunde der Kultur St. Pölten)

INFORMATIONEN

www.freundederkultur-stp.at, Tel.: 0 2742 90 80 90-941


sommer festival mit gourmetmeile

04.07.–11.08.2019 Rathausplatz St. Pölten täglich ab 16.00 Uhr

Musik | Kino | Kulinarik | Mode


SHORTCUT SZENE

FOTOS: LUEKCE_EELNOVIVA-ADOBESTOCK, TENWITT-ADOBESTOCK, ZVG

KOLUMNE THOMAS WINKELMÜLLER

BLUT IN MEINEN OHREN Ich habe meinen Geschichtslehrer nie ausstehen können. Das hat einerseits an seiner zynischen Art gelegen und andererseits daran, dass er mir das Fach „unmaturier­ bar“ gemacht hat. Stoff? Alle paar Stunden mal im Schnelldurchlauf. Tests? Wenn wir wollen. Überra­ schung: Die Mehrheit hat gerne darauf verzichtet und ich möchte mich da gar nicht ausschließen. Wenn ein pubertierender Mensch die Entscheidung zwischen mehr Freizeit oder weniger hat, liegt die Antwort auf der Hand. Dafür ha­ ben wir in den Stunden über Gott und die Welt gesprochen. Meis­ tens relativ schulferne Inhalte. Tomatenanbau, Apfelbäume und – Überraschung – Politik. Letztere hat mich schon damals interes­ siert. Die gegenseitige Abneigung zwischen meinem Lehrer und mir hat aber jegliche Bereicherung meinerseits erfolgreich verhindert. Rückblickend schätze ich seine lehrstoffeinschränkende Entschei­ dung allerdings durchaus. Er hat gesehen was in meiner und vielen anderen St. Pöltner Schu­ len fehlt: Gesellschaftspolitische Bildung als verpflichtendes Fach. In manchen Schulen steht dieses Thema schon im Stundenplan der Jugendlichen, in ein paar zur frei­ willigen Auswahl und in der Josef­ straße gar nicht. Und dann höre ich immer wieder Lehrer darüber jammern, wie uninteressiert und wahlfaul junge Menschen nicht seien. Dabei rinnt mir das Blut aus den Ohren. Erstens stimmt das so überhaupt nicht und zweitens: Ha­ wara, bringts es ihnen halt einmal näher, ihr Schwammerl. Heute verstehe ich, welche Lü­ cke mein Geschichtslehrer füllen wollte. Maturieren konnte ich trotz­ dem nicht.

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AUFBRECHEN

nd the winner is … wird es am 4. Juni ab 19 Uhr im St. Pöltner FREI:RAUM heißen, wenn die Gewinner des vom NÖ Kulturforum ausgeschriebenen Jugendkultur-Wettbewerbs „Aufbrechen“ bekannt gegeben werden und ihre Arbeiten live präsentieren. Kulturforum-Obmann Ewald Sacher zeigt sich v. a. von der regen Teilnahme positiv überrascht: „Wir hatten insgesamt 85 Einreichungen für den Wettbewerb, das ist sensationell!“ Was er nicht minder über die Qualität der diversen Beiträge urteilt „die vom

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großartigen Talent der jungen Leute und ihrer Kreativität zeugen.“ Ausgeschrieben war in den Kategorien Bildende Kunst, Musik und Literatur „wobei nicht nur Einzelkünstler, sondern auch Gruppen eingereicht haben, wie etwa eine ganze Schulklasse ein Kurzfilmprojekt.“ Marianne Plaimer, welche das Projekt federführend umsetzte, „hat jedenfalls ganze Arbeit geleistet“, dankt Sacher. Der Sieger der jeweiligen Kagetorie bekommt 1.000 Euro, der zweite 750 Euro und der Drittplatzierte 500 Euro!

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addle-Tennis“ (im Bild Top-Spieler Christoph Krenn) steckt hierzulande als „Padel-Tennis“ noch in den Kinderschuhen. In St. Pölten gibt es aber nun erstmals zwei Courts, dank Stefan Korntheuer. Der Präsident des UETV St. Pölten 1872 kam nämlich während des USA-Urlaubs beim Spazieren über den Venice Beach in L. A. aus dem Staunen nicht heraus: Ein Paddle-Court neben dem anderen! „Die spielen da meine zwei Sportarten gleich auf einmal“, schwirrte es dem begeisterten Squash- und TennisSpieler durch den Kopf, so dass er in der Bimbo-Binder-Promenade 29 (Ratzersdorfer See) nun zwei Padel-Courts

bauen hat lassen, die er als Obmann des Union Freizeit & Gesundheitsklubs NÖ (UFG) führt. Zwei weitere sollen folgen. Diese können stundenweise (ab 10 Euro) gemietet werden, online über die Homepage des UFG. Auch günstige Schnupperstunden wird es geben!


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TEXT: JOHANNES REICHL | FOTOS: MATTHIAS KÖSTLER

RISE LIKE A PHÖNIX „Rise like a Phönix“ meint Hannes „Hennes“ Beitl schmunzelnd über sein „Comeback“, als wir uns im EMMI treffen, und spielt damit auf die Abwicklung des EGON-Konkurses an, „aus dem ich mit zwei blauen Augen davon gekommen bin.“

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s ist ja kein Geheimnis, dass die letzten Monate eine ordentliche troubletime waren“, räumt er unumwunden ein und fügt hinzu, dass es „zugleich eine sehr lehrreiche Zeit war. Ich bin das ja 100 mal durchgegangen: Ich bin zwar seit 10 Jahren selbständig, aber im Hinblick auf die Führung eines Lokals, die wirtschaftliche Funktion des Geschäftsführers, den regelmäßigen Betrieb, Mitarbeiterführung etc. war ich definitiv überfordert – mir hat schlicht die gastronomische Expertise für die Fülle an Aufgabenbereichen gefehlt.“ Hennes, der Veranstalter, wollte seine Ideen in ein fixes Lokal gießen, „mein Konzept, etwa Richtung vegane Kost gehen, komplett rauchfrei, die Förderung der Subkultur etc. hat

aber nicht funktioniert. Ich wollte ein Nischenprodukt in einem zu großen Lokal etablieren, da haben die Relationen nicht gestimmt – für dieses Angebot haben wir zu wenig Nachfrage gespürt. “ Fuhrmannshof still alive Für die diversen kleinen, feinen Kulturschienen, die der Verein Fuhrmannshof umgesetzt hat, gab es aber sehr wohl Klientel, weshalb sich Hennes freut „dass meine Bemühungen gefruchtet haben, dass der Verein Fuhrmannshof jedenfalls diesen Sommer noch seine geplanten Veranstaltungen im Hof durchführen darf.“ Insgesamt sind über zehn Events geplant, wenn man auch manches For-

Lokal möchte ich keines mehr betreiben. Chapeau, Chapeau vor jedem, der das schafft. HANNES „HENNES“ BEITL

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VEREIN FUHRMANNSHOF. Das EGON ist Geschichte, der Verein bleibt aber aktiv.

mat, wie etwa „Lesestoff & Schnaps“ – das seine Wiege ursprünglich im EGON hatte, mittlerweile aber notgedrungen woanders eine neue Bleibe gefunden hat – schmerzlich vermissen wird. Aber Hennes verspricht trotzdem abwechslungsreiches Kulturprogramm, manches von ihm selbst programmiert „wie etwa der Auftritt von Roman Müller am 14. August“ anderes von Kollegen und Freunden „wie etwa Mine‘s Sounddrop, der Seniorenfloor-Wochenteiler etc.“ Ob der Verein Fuhrmannshof dann auch unter den neuen Lokalbetreibern seine Aktivitäten im Hof weiterführen wird können, steht in den Sternen – der Wunsch wäre bei Hennes jedenfalls da, wie herauszuhören ist. „Im nächsten Jahr ist etwa ja wieder Fußball EM – da war der Fuhrmannshof schon immer ein cooler Rahmen.“ Hennes selbst zieht es nach dem gescheiterten Ausflug in die Gastroszene übrigens eher in den sicheren Hafen eines soliden Angestelltenverhältnisses. Als Veranstalter wird er der Szene aber vorerst jedenfalls erhalten bleiben, etwa als Organisator „seines“ Beislfestes. Dann wird Hennes wieder diverse Lokale der Stadt bespielen, betreiben möchte er aber keines mehr „weil ich jetzt weiß, was das heißt. Chapeau, Chapeau vor jedem, der das schafft!“



MFG SZENE

TROCKENES OUTBACK ODER FRUCHTBARE OASEN? Seit dem Ende des legendären Allentsteiger Kulturzentrums „Avalon“ vor 14 Jahren hat sich die jugendliche Musikszene im Norden Niederösterreichs zersplittert. Was hat sich seitdem getan und was bietet die Region Musikern und Fans subkultureller Musik heute?

„Ah, aus dem Waldviertel seid ihr? Spannend! Aber… wo tritt man da so auf?“

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olche und ähnlich ratlos-erstaunte Reaktionen bekommen Bands und Einzelmusiker aus dieser Region nicht selten zu hören. Zumindest, wenn sie für Auftritte in die urbanen Zentren fahren und in verrauchten, biergeschwängerten Backstage-Bereichen mit (groß-)städtischen Musikerkollegen Palaver führen. Vor allem was subkulturelle Spielarten von Musikgenres angeht, entsteht im Osten Österreichs schnell der Eindruck, jedeR zweiteR Band/Künst64

ler käme aus Wien. Und wer nach nahen Konzertangeboten sucht, brauche sich außerhalb der Bundeshauptstadt, oder zumindest am tiefen Land in der Regel gar nicht erst umzusehen. Dass es eine ungleiche Verteilung von Lokalen, Zentren, Musikern, Künstlern und Publikum zugunsten von Städten gibt, liegt in der Natur der Sache. Und dennoch ist der Blick mancher Großstädter – ob Besucher oder Musiker – auf das vermeintliche „Outback“ in den rustikalsten Flecken des Landes verzerrt. Zumindest, wenn es um das Waldviertel geht. Doch das war nicht immer so… Die „Arena Wien des Waldviertels“ Allentsteig. Nur wenige Kilometer ent-

fernt vom bekannten Heeresübungsplatz befindet sich das ehemalige Kino des Ortes. Jene Gemäuer beheimateten von 1992 bis 2005 das Aushängeschild der Jugend- und Musikkultur im ruralen Österreich. Ein Zentrum, das sich weit über die Grenzen (Nieder-)Österreichs hinaus einen Namen machte und von Zeitzeugen als „Arena Wien des Waldviertels“ bezeichnet wurde: das Avalon. Federführend aufgebaut wurden die Location durch Christian Rabl, Willie Lehner und dem Verein Avalon, der sich um das Jahr 2000 etwa 60 aktiver Mitarbeiter und 2.200 Vereinsmitglieder erfreute. Das Avalon war nicht nur durch einen bemerkenswerten Veranstaltungssaal samt Bühne erheblichen Größenausmaßes gesegnet. „Wir hatten die Möglichkeit, Kino zu spielen, mit einer großen Live-Bühne Konzerte zu machen. Mit dem Badesee, dem Jugenddorf und einem kleinen Stück Wiese plus Lagerfeuer konnten wir noch andere Bereiche abdecken.


TEXT: JOHANNES MAYERHOFER | FOTOS: JOHANNES MAYERHOFER, THOMAS WIESER, PETER RICHTER, TAMARA BARTL FOTOGRAFIE

kurzzeitig auch gelang. Der Pachtvertrag für das Gelände wurde von der Gemeinde Heidenreichstein aber letztlich nicht verlängert. Die Schließung des Avalon Exil, des letzten AvalonRefugiums in Krems im Jahre 2009, besiegelte das Ende des Avalon-Vereins in Niederösterreich.

Wie etwa Lesungen bei Lagerfeuer an manchen Nachmittagen“, berichtet Christian Rabl. Soweit der gute Ruf des Avalon Allentsteig als Hort der Jugendkultur reichte, von sofern kamen auch Bands wie Publikum, was den Veranstaltungsort zu viel mehr als nur einem Ankerpunkt einer lokalen Szene machte. Unter den Acts fanden sich namhafte Gruppen wie die nordirische Rockband Therapy?, das österreichische Duo Attwenger und ja: Sogar die Sportfreunde Stiller verschlug es 1998 nach Allentsteig, 2008 dann nochmal ins Avalon Exil, einem Ableger in Krems an der Donau. Der Umstand, dass der Verein Avalon – ein Projekt, das mit anarchistisch-rebellischem Spirit betrieben wurde – den Landeskulturpreis 2000 des ansonsten stockkonservativen Mutterlandes Niederösterreich erhielt, unterstrich auf geradezu ironische Art und Weise seine Bedeutung. Mit langfristiger Unterstützung und Wertschätzung durch die Politik war es das dann aber auch schon gewesen. „2001 wurden unsere Förderungen dann deutlich gekürzt“, heißt es von Vereinsseite. Hinzu kamen mediale Berichte über angeblichen Drogenmissbrauch bei Veranstaltungen – besonders kurios etwa der Fund „einer Nadel“, den die

örtliche Polizei nicht bestätigen konnte –, starke Einschränkungen der zugelassenen Besucherzahlen und erhöhte Sicherheitsauflagen durch die Bezirkshauptmannschaft Zwettl. Das Ergebnis: Planungsunsicherheit, erhöhte Kosten, nervliche Zermürbung aufseiten des Avalon-Teams. 2005 war dann Schluss, Allentsteig war Geschichte. Zwar versuchten Chris Rabl und sein Team im Jahr darauf im Heidenreichsteiner Erlebnispark „Anderswelt“ ein Re-Opening zu organisieren, was

Das „schrottigste“ Open-Air-Festival Österreichs Auch wenn das Avalon der mit Abstand wichtigste sub-, jugend- und musikkulturelle Pfeiler der Region Waldviertel war, so war es eben nur ein Pfeiler. Was die Belebung der Rockmusik im nördlichen Niederösterreich angeht, haben Peter Richter und der 1994 vom begeisterten Heavy-MetalFan Alexander Miloczki ins Leben gerufene Musikförderungsverein „Free Eagles“ einiges geleistet. Nach einer Reihe von Rockparties ging mit „Rock am Schrott“ im Sommer 2005 erstmals eines der veranstaltungstechnisch kuriosesten Open-Air-Feste Österreichs über die Bühne. Der Name lässt sich leicht herleiten, denn zum Zwecke des Events wurde der Schrottplatz in Irnfritz (Bezirk Horn) kurzerhand zum Festivalgelände umfunktioniert. Gespielt wurde also zwischen Bergen von Elektroschrott und anderen Abfällen. Wie so viele herausragende Projekte wurde auch diese besondere FestivalVeranstaltung durch eine Mischung aus Leidenschaft und guten Kontakten

LEGENDÄR. Das Avalon in Allentsteig, Ankerpunkt einer internationalen Musik- und Kulturszene im Waldviertel, schloss vor 14 Jahren seine Tore.

MFG 06.19

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MFG SZENE möglich. „Wir hatten das Glück Gottfried Stark, den Betreiber des Recyclingparks, schon längere Zeit zu kennen. Er hält viel auf Rockmusik und hat uns den Platz zur Verfügung gestellt“, erzählt Richter. So originell der Eindruck des Festgeländes, so professionell gingen Richter und sein 40 bis 50 Köpfe umfassendes Vereinsteam bei der Organisation vor. „Also g’schaut haben wir schon immer auf alles. Von den Getränken und der Verpflegung, bis hin zu vernünftiger bühnen-, sound- und lichttechnischen Ausstattung. Thomas Dvorak und seine Firma Event-Styling haben das immer für uns gemacht“, so der ehemalige „Rock am Schrott“-Initiator. Nur sechs Jahre nach dem Ende des Avalon, segnete jedoch auch Rock am Schrott das Zeitliche. Die Gründe: Horrender Aufwand und am Ende des Tages oft rote Zahlen. „Man muss beispielsweise eine Reihe von Auflagen erfüllen, Sicherheitsvorkehrungen, Absprachen mit der Feuerwehr und so weiter. Und finanziell kamen wir letztlich in den roten Bereich. Und dazu kommt noch, dass wir meistens nur Pech mit dem Wetter hatten und es ziemlich verregnet war“, so Richter. Beim Ansehen diverser Videos des Festivals, welche auf Youtube zu finden sind, fällt außerdem ein Kuriosum auf: Dem professionellen und teuren Setting des Festes stand in der Regel ein Line-Up aus völlig unbekannten Bands

gegenüber. Ihnen eine vernünftige Bühne zu bieten war das hehre Motiv des Vereins. „Aber es ist halt schwer, eine Masse an Publikum zusammen zu bekommen, wenn es sich um kleine Bands handelt“, resümiert der 52-Jährige. Hand aufs Herz: Wer hat jemals schon von den Gruppen Mississippi Queen oder EMEX gehört? Aufgegeben haben Richter und die „Free Eagles“ allerdings nicht, denn Rock am Schrott war weder der Anfang noch das Ende. „Wir sind dann wieder zu unseren kleineren Rockpartys übergegangen, wie wir sie schon seit 1994 immer wieder geschmissen haben. Die finden einmal jährlich im Meierhof in Raabs an der Taya statt und auch da gibt’s stets Live-Bands“, erzählt Richter, dessen Herz eigentlich eher für Austro-Pop der Marke Ostbahn Kurti schlägt. Sein Verein veranstalte immer wieder auch AustroPop-Veranstaltungen, da sähe auch die Abendkasse meist wesentlich besser aus. „Mit dem Geld, das wir da einnehmen, finanzieren wir dann die Rock-Shows wo gerade einmal die Hälfte an Publikum auftaucht.“ „Kulturstadt“ Krems mit prekärer Subkultur Krems a. d. Donau wird eher als „Tor zur Wachau“, denn als südlichste Stadt des Waldviertels gesehen. Aber abseits der geografischen Verortung brüstet sich die Stadt vor allem mit

ROCK AM SCHROTT. Einige Crew-Mitglieder des Vereins „Free Eagles“ am Schrottplatz Irnfritz, dem Gelände des „Rock am Schrott“-Festivals.

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einem: dem Titel als „Kulturstadt“. „Das gilt vielleicht für die etablierten Kultureinrichtungen, wie die Kremser Kunstmeile. Was aber Subkultur im Musikbereich angeht, da gibt es noch einiges an Aufholbedarf“, befindet Thomas Wieser im Gespräch mit dem MFG-Magazin. Er ist der Obmann des Kremser Jazzkellers, welcher unscheinbar inmitten der ehrwürdigmärchenhaften Kremser Altstadt liegt. So unscheinbar, dass selbst Kremser, die inmitten des Stadtzentrums wohnen, bestenfalls von ihm gehört haben, aber nicht in der Lage sind, Ortsunkundigen den Weg zu weisen. Wieser, der dem Kulturbeirat der Stadt angehört, betont zwar, dass der lokale Politik- und Kulturbetrieb nichts gegen eine lebendige Subkultur habe. Allerdings fehle es diesbezüglich noch ein wenig an Erfahrungswerten und Hintergrundwissen. Seit dem Ende des Avalon Exil im Jahre 2009 ist der Jazzkeller das letzte Lokal, welches in Krems eine Bühne für Live-Shows im kleinen Rahmen bietet. Doch die Geschichte „vom Kölla“ (wie er von seinen treuen Besuchern gerne lapidar betitelt wird) reicht viel weiter zurück: Dieses Jahr feiert der Jazzkeller seinen 51. Geburtstag. „Wir sind kein kommerzielles, sondern ein Vereinslokal des 1. Kremser Jazzvereines. Als solches haben wir einen besonderen Anspruch, was das Programm und die Vielfalt angeht“, erklärt der 41-Jährige. Doch das ist nicht das einzige Unterscheidungsmerkmal zu konventionellen Fortgeh-Spelunken. Das Jazzkeller-Team hält nicht viel von einer allzu strikten Trennung zwischen Anbietern und Nachfragern. Oder weniger ökonomisch gefachsimpelt: Die Besucher können das Programm teilweise mitgestalten. So etwa beim sogenannten „Styleclash“. Egal ob Elektro, Hip Hop oder klangoriginelle Experimental-Musik: Die Besucher können sich für je eine halbe Stunde selbst als DJ austoben. So blumig all die Schilderungen auch klingen mögen, grenzt es doch an ein Wunder, dass der Jazzkeller Krems als Hort alternativen Fortgeh- und Musikerlebnisses heute überhaupt noch existiert. So wurde die jüngste Ver-


TROCKENES OUTBACK ODER FRUCHTBARE OASEN?

gangenheit durch einen Gerichtsstreit mit einer Anrainerin überschattet, welcher sich ab 2011 seine Bahnen brach. Der Grund: Eine behauptete Lärmbelästigung und Belästigung durch Bassvibrationen, die aber nie über der menschlichen Wahrnehmungsschwelle gemessen werden konnte. Sämtliche Drehungen und Wendungen dieser mehrjährigen JustizOdysee nachzuzeichnen wäre ebenso überflüssig wie verwirrend. Als die Klägerin letztendlich auszog, fand der Rechtsstreit im Dezember 2018 ein (für den Jazzkeller) gutes Ende. Wieser dazu zusammenfassend: „Wir haben zwar vor Gericht verloren. Aber dadurch, dass die Frau die Wohnung aufgegeben hat, hat diese Niederlage für uns praktisch keine Auswirkungen.“ Trotz aller Querelen habe er stets ein gewisses Verständnis für die Klägerin gehabt: „Sie wollte ihre Lebenssituation verbessern. Aber leider wurden die Mieter vor dem Einzug unzureichend über unsere Existenz aufgeklärt.“ Der Umzug der Frau habe nach Wiesers Informationsstand übrigens nichts mit dem Gerichtsstreit zu tun gehabt. Ein Mosaik an Musik-Oasen im Norden „Im Vergleich zu Städten wie Wien, Linz oder Graz gibt es im Waldviertel nur wenig Angebot alternativer Musik. Der große Vorteil hier am Land ist aber der Zusammenhalt. Es ist wie eine Familie“, erzählt Jürgen Mischke dem MFG-Magazin. Will man etwas über die Underground-Musikerszene des Waldviertels wissen, zählt er wohl zu den besten Gesprächspartnern. Band­ erfahrung kann er zur Genüge vorweisen, spielte bereits in einer Vielzahl von Gruppen. Momentan ist er Sänger in einer der beständigsten und best-

JAZZKELLER KREMS. Die Bühne des Kremser Subkultur-Lokals wurde auch schon von späteren Überfliegern wie Bilderbuch (s. o.) bespielt. vernetztesten Metal-Bands der nördlichen Hemisphäre Niederösterreichs: Adamon aus Großwolfgers. Mischke singt außerdem auch bei Keltrop und spielt Gitarre bei Sign of Decay. Bei Konzerten seiner Bands, die in weiter entfernten Städten und Regionen stattfinden, habe er in Vergangenheit bereits Busse organisiert, die treue Fan Base sei also meist live dabei. „Oft habe ich erlebt, dass Wiener Bands in Wien kein Publikum haben, was sehr schade ist. Woran das liegt, weiß ich auch nicht genau. Vielleicht gibt es dafür dann doch zu viel Auswahl“, mutmaßt Mischke. Große Stücke gibt Jürgen vor allem auf das Lokal „Rock On Schindler“. Das Lokal liegt im lauschigen Ort Gerweis, etwa auf halber Strecke zwischen Zwettl und Waidhofen an der Thaya. Jürgen ist nicht nur als Musiker aktiv, sondern nutzt auch das „Rock On“, um selbst Veranstaltungen auf die Beine zu stellen. Wer sich das „Rock On Schind-

„Der große Vorteil hier am Land ist der Zusammenhalt. Es ist wie eine Familie.“ JÜRGEN MISCHKE

ler“ als klassische ländliche Absteige vorstellt, bei dem sich maximal zwei dutzend Leute zu Konzerten irgendwelcher No-Name-Bands treffen, der irrt gewaltig. Volles Haus verzeichnete man schon des Öfteren. So etwa bei der Live-Show der notorisch-ordinären Wiener Partie Die Hinichn (bekannt für Klassiker wie „Die M*schi von der Uschi“). Ein jährlicher Pflichttermin für Mischke ist zweifelsohne der zweitägige „Metal Outbreak“. Wie der Name schon verrät, steht hier Schwermetall auf der musikalischen Speisekarte. Dabei ist bemerkenswert, welch spektakuläre Entwicklung das Fest seit seinem Debut im Jahr 2012 hingelegt hat. Fanden die ersten beiden Events noch in einem alten Getreidespeicher nahe des unscheinbaren Ortes Brunn am Walde (Bezirk Krems-Land) statt, wechselte man bald in die deutlich größere und angemessenere Margithalle in Heidenreichstein. Ausreichend Platz, professionelle Technik und Line-Ups, welche schon namhafte ausländische Bands wie die melancholische „Letzte Instanz“ und eine Vielzahl ambitionierter Bands aus sämtlichen Bereichen der härteren Rockmusik umfassten, MFG 06.19

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MFG SZENE machten das Metal Outbreak in den letzten Jahren zu einer Event-Institution des Waldviertels. Andernorts blühen Keimzellen für Livemusik-Events gerade erst auf. Wie etwa in der Fun Fabrik in der Gemeinde Brand. Die wurde Anfang 2014 durch Daniel Glaser und Mutter Manuela Steurer ins Leben gestartet. Wie auch an anderen Orten im Waldviertel findet man hier eine kamote, direkte Nachbarschaft aus Bierstadl und angeschlossener Diskothek. In den ersten Jahren des Bestehens waren Rock, Alternative Rock oder Metal Fremdworte in der Fun Fabrik. „ Ich war früher, vor zehn Jahren, immer in Lokalen unterwegs die mehr Alternativ, Metal und Rock gespielt haben und das hat mir jetzt schon sehr gefehlt, weil es im Gmünder Bezirk kein Lokal mit dieser Musikrichtung gibt“, kritisiert Denise Binder, die sich unter anderem um Werbung und Marketing kümmert. Nachdem man dieser Lücke schon im Mai 2018 mit einer eigenen „Hellparty“ Abhilfe verschaffte, stieg

LOCAL HEROES. Die Waldviertler Bands Keltrop (live) und Sign of Decay mit Sänger Jürgen Mischke (vorne mittig).

im April 2019 schließlich die erste Live-Show mit den Bands Adamon, Magmabay und Teufelskreis. „Das wollen wir nun alle zwei Monate fortführen. Wenn Bedarf herrscht, dann auch öfter“, schaut Binder ambitioniert in die Zukunft. Über die junge Musikszene im Waldviertel als „Brachland“ zu sprechen, wäre zweifellos eine krasse Fehleinschätzung. An vielen Ecken der Region gibt es Vereine, Lokale und Bands, welche die lokale Szene am Leben erhalten. Nicht isoliert, nicht jeder für sich, sondern gemeinsam. Dieses Mosaik an Musik-Oasen ist sehr bunt, hat viele Gesichter: Von subkulturellen Vereinslokalen, über Open-Air-Festivals bis hin zu „gewöhnlichen“ Diskotheken,

Basislogo-Anwendungen (Abfallend+Sat die durch Live-Programm ihrem Pu4c, 2c, 1c Positiv:

blikum mehr Abwechslung und Musikern eine Auftrittsmöglichkeit bieten wollen. Und dass dieser Text nicht annähernd den Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, zeigt: Das Aushängeschild „Avalon“ ist zwar Geschichte, das musikalische Potential des Waldviertels ist aber geblieben.

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MFG FESTIVALGUIDE 2019

ICH BIN DANN MAL FORT Sommerzeit ist – na eh kloa – FESTIVALZEIT! Und die diversen Veranstalter unserer wirklich allerallerliebsten Sommerbeschäftigung lassen sich auch heuer wieder nicht lumpen, ganz im Gegenteil! Seit aufgrund sinkender CD Verkäufe vor allem das Live-Geschäft für Künstler noch bedeutungsvoller geworden ist, dürfen sich die Besucher auch hierzulande auf ein gediegenes The Best of The Best freuen. Wobei jedes Festival bemüht ist, seine ureigenste Handschrift zu finden, was auch mit Bravour gelingt, wie diese kleine feine Auswahl all over Austria eindrucksvoll beweist. Und zwar nicht nur im Hinblick auf das jeweilige Musikgenre, sondern auch die jeweilige „Aufmachung“, das jeweils spezifische Angebot und die dadurch ureigensten, typischen Vibes. Das versteht man freilich nur, wenn man es selbst erlebt. In diesem Sinne: Nix wie hin! 5. Juli – 11. August

15. – 17. August

POOLBAR-FESTIVAL

FREQUENCY FESTIVAL

Das poolbar begeistert jährlich ca. 25.000 Besucher mit Alternativ- und Popkultur. Heuer mit dabei: Kodaline, Triggerfinger, Xavier Rudd, Camo & Krooked, Ed Rush u. a. Highlight ist zudem das „poolbar auf der Wiese“ Open Air am 11. Juli, mit Bilderbuch und Blood Red Shoes als Headliner.

Die Karawane zieht wieder nach St. Pölten und bringt das größte Festival in die Stadt. Die Festival-Pässe sind bereits ausverkauft, nun gilt es noch die letzten Tagestickets zu ergattern, denn das Line Up ist wieder großes Kino: Sunrise Avenue, Macklemore, Swedish House Mafia, Twenty One Pilots uvm.

Feldkirch | www.poolbar.at

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7. – 9. Juni

CONQUER THE LAKE

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KLANGkarussell Möwe wankelmut & more

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Klagenfurt | ww.conquerthelake.com

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JAZZFEST.WIEN Debüts, Glamour und ausverkaufte Konzerte erwarten die Besucher beim JazzFest.Wien auf diversen Bühnen, von der Staatsoper über Porgy & Bess und Reigen bis hin zum Rathausplatz. Und was für welche: Gilberto Gil, José James, Chilly Gonzales, Snarky Puppy, Sarah McCoy, Jamison Ross uvm. Wien | www.jazzfest.wien 70

Fotos: MGMT, Hendrik Schneider, Heimo Spindler, zVg

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Conquer the Lake ist ein digitales Festival mit Musik, sportlichen Aktivitäten und digitalen Challenges kombiniert mit legendären Events & Parties. Am Wörthersee erlebst du live Klangkarussell, MÖWE, Wankelmut, Wild Culture uvm.! Festival-Pass ab 38,50€ bei allen oeticket-VVK-Stellen & oeticket.com!


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MFG SPORT

„ES IST MIR EIN HERZENSANLIEGEN, ETWAS ZURÜCKZUGEBEN!“

Mit Petra Schwarz hat der niederösterreichische Tennisverband (NÖTV) erstmals eine Frau an der Spitze. Die Eventmanagerin will vorrangig die Jungen fördern und mithelfen, den ÖTV wieder zu einer Einheit zu formen.

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ückblende, Juli vor 25 Jahren: Petra Schwarz und Judith Wiesner gewinnen im Fed-Cup-Viertelfinale ihre Einzel gegen Australien und ziehen mit ihren Teamkolleginnen Silvia Plischke und der 18-jährigen Babsi Schett ins Halbfinale ein. Wiesner erreicht danach in Pörtschach das Finale und triumphiert im August beim WTA-Turnier in Schenectady (USA). Schwarz zog zuvor beim Grand-SlamTurnier in Paris ins Viertelfinale ein, wo sie Lokalmatadorin Mary Pierce gegenüberstand. „Ein trotz der bitteren Niederlage unvergessliches Erlebnis am Court Suzanne Lenglen“, sagt Schwarz heute. Im Jänner darauf warf die WTA-Weltrangliste Schwarz auf Platz 51 aus. 1995 schafften es mit Barbara Paulus, Judith Wiesner, Petra Schwarz, Sandra Dopfer, Karin Gschwendt und Barbara Schett sechs Österreicherinnen in die Top 100! Bei den Herren rangierte in diesem Jahr Thomas Muster zumeist auf Platz 3 72

und Gilbert Schaller drang in die Top 20 vor. Aktuell ist keine Österreicherin unter den Top 200 und außer Dominic Thiem kein Österreicher in den Top 100. Wir treffen Schwarz im St. Pöltner Büro der Bestzeit GmbH, mit der sie gemeinsam mit ihrem Mann im Brotberuf Großevents wie Ironman 70.3 oder das Spartan Race in St. Pölten organisiert. „Ja, das Damentennis ist momentan ein bisschen mickrig“, seufzt sie eingangs, zeigt als neue Präsidentin des NÖTV aber gleich Flagge. „Ich bin selbst ein klassisches Verbandskind gewesen. Meine Tennisausbildung wurde zu einem Großteil vom Verband bezahlt. Es ist mir ein Herzensanliegen, nun etwas zurück zu geben und mein Know-how einfließen zu lassen“, so Schwarz. Nach ihrer aktiven Karriere hat Schwarz für den österreichischen Verband (ÖTV) u. a. den U14-Kader betreut und zwei Jahre das NÖTV-

Kadertraining in St. Pölten geleitet. Bis sie zum zweiten Mal Mama geworden ist. Nina und Sandra (beide im Leis­ tungssport) haben mittlerweile den Führerschein und ihre Mama jetzt genug Zeit, als erste Frau überhaupt den zweitgrößten niederösterreichischen Sportverband mit 470 Vereinen und rund 43.700 Mitgliedern zu führen. „Ob Mann oder Frau ist aber völlig egal“, weiß Schwarz, „wichtig ist die Kompetenz und ich darf behaupten, dass ich das völlig unabhängig mache, also nicht zu beeinflussen bin.“ In den letzten zehn bis 15 Jahren seien einige Fehler gemacht worden: „Nun gibt es wieder einige gute Projekte“, weiß Schwarz, „wir haben hier in Niederösterreich vor allem bei den Mädels eine gute, junge Generation.“ Darunter beispielsweise Liel Marlies Rothensteiner (14), Österreichs „Nachwuchsspielerin des Jahres“ 2018, oder Alexandra Zimmer, die beide dem ÖTV-U14-Nachwuchskader angehören; bzw. auch Alexandras Bruder Florian, der im aktuellen ÖTV-U12-Nachwuchskader steht. „Hilfe! Mein Kind will Tennisprofi werden“ Eines der ersten Projekte, an dem Schwarz mitgewirkt hat, war ein Kids-Training mit Ex-Profi Andi

WELTKLASSE. Schwarz beim Turnier in Neudörfl in den 90ern.


TEXT: THOMAS SCHÖPF | FOTOS: ELIAS KALTENBERGER, ARCHIV PETRA SCHWARZ/ZVG

KOLUMNE ROUL STARKA

IBIZ ... UFF!

bara Paulus, Barbara Schett und Judith Wiesner.

Haider-Maurer mit anschließendem Infoabend („Hilfe! Mein Kind will Tennisprofi werden“) für die betroffenen Eltern mit BORGL-Leiter Erich Pils. Dabei standen neben Schwarz auch Haider-Maurers Eltern sowie Karin Thiem (Mutter von Dominik) für Fragen zur Verfügung. „Ein gewisser Aufwand in punkto Zeit und Geld ist unvermeidbar“, erklärt Schwarz, „meine Eltern sind mit mir täglich eineinhalb Stunden auf der Tangente gestaut und am Wochenende sind wir zu Trainings nach Tschechien und in die Slowakei zu den besten Sparringspartnern gefahren.“ Die Sparrings in Niederösterreich organisiert mit Barbara Schwartz ebenfalls eine ehemalige Top-50-Spielerin. Headquarter ist die Südstadt. „Wir versuchen aber immer in ganz Niederösterreich kostengünstige Hallenplätze zu finden und bieten dort Trainings an“, so Schwarz. Christian Kohl hat sie als Jugendwart neu in den Vorstand mitgebracht. Martin Bartosch organisiert das Kids-Training. Ein besonderes Anliegen ist Schwarz der „Westen“. Amstetten wird als Trainingszentrum in die Verbandsstruktur eingegliedert. Die bes­ten Kinder dort bekommen Förderungen vom Verband und brauchen nicht nach St. Pölten oder in die Südstadt zu pendeln. Aktuell werden vom NÖTV bis zu 35 Jugendspieler (10 bis 16 Jahre) und

25 Kids (8 bis 9 Jahre) unterstützt. Für die Individualförderung gilt: Je älter die Kinder, desto wichtiger ist ihre Ranglistenplatzierung; bei den Jungen laut Schwarz „die individuelle Beurteilung und der allgemeine Ausbildungsstatus.“ Next Dominik Thiem Bereits vor zwei Jahren hat das Projekt „Niederösterreichs next Dominik Thiem“ begonnen. Zwölf Kids (bis zwölf Jahre alt) können zwei Mal die Woche in der Tennisakademie von Günter Bresnik bei Wolfgang Thiem (Vater von Dominik) trainieren. Dieses Projekt will Schwarz auf St. Pölten ausweiten, damit auch hier vier Kinder trainieren können: „Natürlich in Abstimmung mit Wolfgang und Günter.“ Wie es mit dem österreichischen Tennis generell weitergehen wird, wird auch der nächste Strategie-Workshop des ÖTV mit externen Firmen als Mediatoren beeinflussen. Derzeit wird der Verband nach dem Rücktritt von Werner Klausner mit der Juristin Christina Toth von einer Interimspräsidentin geführt. „Viele Statuten sind zu schwammig formuliert, was natürlich auch zu Missverständnissen und Streitereien führen kann“, gibt Schwarz zu, „da gehört einiges neu ausgearbeitet und wieder an einem Strang gezogen, so wie bei uns im niederösterreichischen Verband.“

MFG 06.19

FOTO: LJUPCO SMOKOVSKI-ADOBESTOCK

LEGENDÄR. Österreichs vielleicht bestes Fed-Cup-Quartett aller Zeiten: Petra Schwarz, Bar-

Es hieß, wir werden uns noch wun­ dern, was alles geht. Nun haben wir gesehen und gehört, was alles geht. Jetzt könnte ich meine Ko­ lumne mit Wortwitzen und Gehäs­ sigkeiten zupflastern. Das macht uns lachen, ändert aber nichts am Krebsgeschwür. Im Gegenteil, die angsterfüllten Menschen wandern weiter zur Angst, zum Rechtspo­ pulismus, und der Krebs wird grö­ ßer und größer. Nicht die Symp­ tome, das Geschwür müssen wir behandeln. Wir müssen diese zitternden Kin­ der, die ihre Angst nicht anders als mit ihrem blauäugigen Kreuzerl bei Wahlen manifestieren können, an der Hand nehmen und mit ihnen in unseren Sonnenpark gehen. In den Sonnenpark am Spratzerner Kirchenweg und in den Sonnen­ park unserer Herzen. Bei den täg­ lichen Diskussionen am Arbeits­ platz, am Rathausplatz, unter den blühenden Kastanienbäumen der Handel-Mazzetti-Straße, an un­ seren Seen. Das Wasser der Ge­ duld muss spritzen im City-Splash. Bitte nicht von oben herab hämisch grinsen, sondern an der Hand neh­ men und bei einem kühlenden Eis reden und reden lassen! Angst hat keine Chance gegen Pistazien-Ha­ selnuss. Erdbeer-Zitrone verzeiht alles und öffnet den ursprüng­ lichen Glauben an die Liebe und an die Menschheit. Das Gleiche gilt natürlich für un­ sere sozialen Medien. Ich weiß, es ist jetzt so verlockend, wild um sich zu stampfen und zu dröhnen. Doch müssen wir unsere Mei­ nungsblasen aufstechen, unsere verlorenen Kinder wieder einfan­ gen, sie mitspielen und mitreden (!) lassen. Ein glücklicher Mensch kann nicht rechts wählen, das geht physikalisch nicht.

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MFG KRITIKEN ZUM HÖREN Manshee | mikeSnare | Thomas Fröhlich | Dr. Schramek | Rob.STP | Dr. Ray B. (von links nach rechts)

CASSIA

Klanglich erinnern die Songs auf „Replica“ an die spritzigen süchtig machenden Momente der frühen Vampire Weekend, durchzogen von Ska- und Afrobeat-Einflüssen. Lockere Gitarrenklänge, eine malerische Stimmlage und allgemein gute Stimmung, vor allem aber tanzbarer Indie-Rock mit jeder Menge Leichtigkeit, der sofort im Ohr hängen bleibt und die Sonne scheinen lässt. Nun sollte nur mehr das Wetter mitspielen …

EGYPT STATION II PAUL MCCARTNEY

OPAQUE COUCHÉ

MEAT BEAT MANIFESTO

Die britischen, seit den späten 80ern rollenden Elektronik-Urgesteine MBM rumpeln mit einem neuen Longplayer heran! Ihren Erkennungsmarken bleibt das Duo Dangers&Stevens auf „Opaque Couché“ (eine Referenz an die gleichnamige hässlichste Farbe, Pantone 448C) treu: Atmosphärische, elektronische Sounds gekuschelt in Beats, Bass und Voiceschnipsel – wunderbares Kopfhörerkino, aber nix fürs Hitradio.

OFF COURSE

DOSSA & LOCUZZED

SEASONS IN THE SUN SPELL

Wieder da! Die ExStrawberry SwitchbladePop-Elfe Rose McDowall nahm 1993 mit dem Industrial-Krawallbruder Boyd Rice ein Album mit Coverversions auf den Spuren von Nancy Sinatra und Lee Hazelwood auf. Frühlingshafte Pop-Hymnen treffen auf melancholische Twang-Gitarren und neblige Synthie-Schwaden. Das Thema aus „Rosemary’s Baby“ beendet ein seltsam betörendes Melodien-Bouquet.

THE CONTRACT INTRA

Sir Paul ist und bleibt ein Phänomen: Der berühmteste Songwriter aller Zeiten zählt bald 77 Lenze und knallte zuletzt mit Egypt Station ein freshes Meisterwerk wie ein Junger hin samt Nr. 1 in den USA! Und weil ihm offensichtlich um ein paar zunächst unberücksichtigte Songs leid war, hat er diese nun in der Explorer‘s Edition nachgereicht (samt einigen Live-Tracks) und diese sind ... noch fresher! Höret „Get Enough“ und staunet!

„Schau nicht weit fort, hör Drum & Bass vom Ort.“ Benni und René aka Dossa & Locuzzed aus STP haben, seit sie 2016 beim Englischen Flaggschiff Label Viper gesigned wurden, einen unprätentiösen, kontinuierlichen Aufstieg hingelegt. Bestechend ist, wie unbestechlich die Jungs in ihrem Stil sind! In Kürze erscheint das Debut Album der beiden Funksoulbrothers – „Off Course“ ist die erste Single davon. „Check it out yo!“

ZUM SCHAUEN

ZUM SPIELEN

ZUM LESEN

Manshee | C. Schuhmacher

Christoph Schipp

H. Fahrngruber | M. Müllner

MA – SIE SIEHT ALLES

DAYS GONE

Mit The Contract liefert das Linzer Trio Intra rund um Sängerin und Bassistin Bianca Ortner sein erstes Full-Length-Album ab. Und dieses kracht so richtig. Zu hören bekommt man Stoner Rock mit Anleihen verschiedener anderer Genres. Die kraftvollen Gitarrenriffs und harten Drums bilden eine solide Basis für den eingängigen Gesang. Und neben all der Härte und dem Druck findet sich auch das eine oder andere Stückchen Pop.

WELTMACHT CHINA

TATE TAYLOR

SIE BEND STUDIO

RAIMUND LÖW, KERSTIN WITT-LÖW

Sue Ann bietet Maggie und ihren jugendlichen Freunden ihren Keller als Partylocation an. Doch es gibt klare Regeln im Haus: Keine Kraftausdrücke! Die oberen Stockwerke sind tabu! Bald entpuppt sich die vermeintliche Gastfreundschaft Sues als obsessive Gier nach Gesellschaft und der scheinbare Teenager-Traum verwandelt sich zum grauenvollen Albtraum ...

Days Gone ist alles andere als ein standardmäßiger ZombieShooter, sondern ein vielseitiges Survival-Game gepaart mit knallharter Action. Trotz einiger Bugs, macht Days Gone vieles richtig. Eine wunderschöne Spielwelt, die vielen dynamischen Spiel-Elemente, die starke Erzählung und eine gelungene Bike-Simulation – hier greift alles nahtlos ineinander.

Unaufhaltsam kehrt China in rasantem Tempo als neue Supermacht auf die Weltbühne zurück, die Hegemonie der westlichen Welt geht zu Ende. Der ehemalige ChinaKorrespondent des ORF recherchierte jahrelang vor Ort und vermittelt hochinteressante Eindrücke der immensen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umwälzungen im „Reich der Mitte“.

THE DEAD DON‘T DIE

RAGE 2

HALTUNG

JIM JARMUSH

AVALANCHE STUDIOS

REINHOLD MITTERLEHNER

Irgendwas stimmt nicht im kleinen Städtchen Centerville. Die Sonne will nicht untergehen, die Uhren sind kaputt und die Handys bald ebenso. Die beiden Polizisten Ronnie (Adam Driver) und Cliff (Bill Murray) drehen ihre Runden und stoßen bald auf Unmengen an Zombies, aber auch auf Stars wie Tilda Swinton, Iggy Pop, RZA, Selena Gomez und Tom Waits.

Der Trend zu Open-WorldSpielen geht weiter und da ist Rage 2 keine Ausnahme: die Welt ist groß, aber leblos. Die größte Stärke ist schlicht die Action. Die Waffen machen Spaß, das Gunplay stimmt. Ein postapokalyptisches Abenteuer, das immer wieder durch Materialiensuche und umständlich komplexe und langwierige Charakterentwicklung gebremst wird.

Dass die Abrechnung eines Politaussteigers derart durch die Decke geht und Lesungen in Buchläden überfüllt sind, das spricht wohl für das Interesse an der Person des abgetretenen Vizekanzlers, aber auch für die bewegten Zeiten, in denen Mitterlehners Lebensweg und sein politisches Ende so aus der Zeit der „Message Control“ gefallen wirken.

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FOTOS: ZVG

REPLICA


MFG VERANSTALTUNGEN HIGHLIGHT VAZ St. Pölten

TANZ IN DEN SOMMER

Foto: zVg/NXP

26. JUNI Im Juni wird zum bereits fünften Mal zu TANZ IN DEN SOMMER ins VAZ St. Pölten geladen. Für die musikalische Umrahmung sorgen die Seniorenball-erprobten KUSCHEL­ ROCKER, die ein alle Tanzrichtungen abdeckendes Repertoire zum Besten geben und selbstverständlich auch für Publikumswünsche offen sind. Die schwungvolle Eröffnung besorgen Niederösterreichs Seniorinnen und Senioren mit Tanzmeister Chris Lachmuth von der Tanzschule Chris. Beste Kulinarik bietet in gewohnt guter Qualität Paradegastronom Wolfgang Wutzl. Ein vergnügliches Muss für alle, die gerne das Tanzbein schwingen!

KONSTANTIN WECKER

SOULSHAKE

REALRAUM /// SYMPOSIUM

MIDSUMMER NIGHT

20. JULI Konstantin Wecker und die klassische Musik. Für viele gehören Violine, Bratsche und Cello seit jeher zum Münchner Liedermacher wie dessen Klavier und seine Stimme. Bei „Weltenbrand“ steht Wecker gleich mit einem ganzen Orcheser, nämlich dem Kammerorchester der Bayrischen Philharmonie auf der Bühne. Gänsehaut!

9. JUNI Die Veranstaltungsreihe „Soulshake“ feiert ihr zweijähriges Jubiläum im Warehouse und wartet mit einem feinen Line-Up aus DnD, Goa und Tek-Artists auf. Mit dabei sind u.a. DJ Soulshake, Frixon, ProGress, Rxter, Spacecake und Ssence. Als Specials gibt es zudem gratis Eis um Mitternacht, eine Happy Hour und Stoffbänder!

14.-15. JUNI LAMES veranstaltet in Koproduktion mit dem Büro St. Pölten 2024 das zweitägige REALRAUM-Symposium zu Wissenstransfer und Vernetzung für Kulturschaffende. Neue Räume des Wissensaustauschs zwischen freien Kulturschaffenden sollen eröffnet und bestehende Räume anhand Best-Practice-Beispielen kennengelernt werden.

21. JUNI Ein Barockfest unter Sternen mit vielen musikalischen Überraschungen verspricht die „Midsummer Night“, die erstmals im Rahmen des diesjährigen Barockfestivals Premiere feiert. Beginn ist um 21.30 Uhr nach dem Konzert von „Flash Bach“ (in der ehem. Synagoge) im Garten der Musik- und Kunstschule St Pölten. Eintritt frei!

WAREHOUSE

| PARTY

GRAFENEGGER SOMMER

INGEBORG FLACHMANN PREIS

22. JUNI – 10. AUGUST Wiener Walzer? Latin Sound? Musical und Filmmusik? Oder doch lieber Bach mit Brass? Das Tonkünstler-Orchester und andere Spitzenensembles präsentieren mit Solistinnen wie Aude Extrémo, Pumeza Matshikiza oder Alexandre Duhamel wieder spannende Sommerkonzerte mitten in der Natur im Schlosspark Grafenegg.

26. JUNI Dem plumpen Plagiat in Klagenfurt zum Trotz schwingen sich beim IngeborgFlachmann-Preis (dem niedrigst dotierten Literaturpreis Österreichs!) elf Literaturschaffende mit ihren Texten auf die Bühne des Beislkinos. Texte – ob Persönliches, Tragisches, Lustiges oder Befremdliches – können bis 13.6. unter lesestoffstp@ gmail.com eingereicht werden

GRAFENEGG

| KONZERTE

CINEMA PARADISO

OLDTIMER- & TEILEMARKT

6. JULI – 2. AUGUST Heuer erklingen französische Gesänge im Kaiserhof des Stifts Klosterneuburg: Hoffmann, Dichter und Sinnbild des glücklosen Genies, erwartet Stella, die Primadonna und seine jüngste Liebe. Von der Muse in eine Fantasiewelt entführt, durchlebt er ein Bacchanal zwischen Realität und Traum, getragen von sinnlich-betörenden Klängen.

3. AUGUST Der Oldtimer- und Teilemarkt bietet für Suchende seit mittlerweile über 30 Jahren die Chance, das heiß begehrte Stück zu ergattern, und ist zu einer der größten Veranstaltungen seiner Art geworden. Es warten Autos, Motorräder, Nutzfahrzeuge, Teile, Zubehör, Automobilia, Literatur, Bekleidung etc. aus allen Epochen. Und das bei freiem Eintritt!

| OPER

VAZ ST. PÖLTEN

| SYMPOSIUM

| FEST

SÜDPARK

VAZ ST. PÖLTEN

KONZERTE | EVENTS | MESSEN | KONGRESSE

| LITERATUR

LES CONTES D‘HOFFMANN

STIFT KLOSTERNEUBURG

SONNENPARK U.A.

SA 05.10. // 20:00

THE CHIPPENDALES FR 18.10. // 19:30

INSIEME – DIE ITALIENISCHE NACHT FR 01.11. // 14:00

Fotocredit: Andreas Weihs

| KONZERT

DONAUBÜHNE TULLN

CONNI – DAS SCHUL-MUSICAL FR 15.11. // 19:30

ALBERT HAMMOND Tickets im VAZ St. Pölten, ticket@nxp.at, www.vaz.at, 02742/71 400 in allen Raiffeisenbanken, Geschäftsstellen von www.oeticket.com und unter www.noen.at/ticketshop

| MARKT

MFG 06.19

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MFG

AUSSENSICHT

VON OBRITZBERG NACH IBIZA. WAS MAN DARF UND WAS NICHT. „Sag‘ ma, Sie waren nicht angeschnallt.“

„Wir sollten Strache für seine Selbstentblößung dankbar sein!“

Es ist jetzt schon etliche Jahre her – die Unterführung gab es damals noch ebensowenig wie die Umfahrungsstraße –, da bin ich, sagen wir, bei dunkelgelb über die B1-Eisenbahnkreuzung in Prinzersdorf gefahren. Die freundlichen Polizisten, die auf der anderen Seite der Querung daraufhin aus dem Streifenwagen stiegen und mich zur Seite winkten, waren der Ansicht, dass es eventuell doch schon hellrot gewesen sein könnte und ich das besser nicht getan hätte. In der folgenden Diskussion zeigte ich mich (ehrlich) reuig – und statt der vorgesehenen hohen Strafe sprach einer der Beamten einen Satz, der mir bis heute im Kopf ist: „Na ja, sag’ma, Sie waren nicht angeschnallt.“ Ich zahlte die 21 Euro, und das war’s. Das war ein bewusstes Wegschauen eines Beamten zu meinen Gunsten – aber ich hatte meine Lektion gelernt. Jetzt ist das natürlich eine ganz andere Ebene davon, als Beamter die Regeln zu biegen, als in der Angelegenheit von Obritzberg-Rust oder wenn zwei Illuminierte auf einer schönen Insel die halbe Republik ans Ausland verscherbeln wollen. Aber ich denke oft an diese Begebenheit zurück, wenn die Rede davon ist, das Korruptionsstrafrecht zu verschärfen. Klar, es gibt Fälle von Amtsmissbrauch, geheimer Parteifinanzierung, blankem Stimmenkauf oder Bestechung, denen ein Riegel vorgeschoben gehört. Gut, dass da vieles weitergegangen ist – und totale Transparenz von öffentlichen und Parteikassen wäre hoch an der Zeit. Aber es scheint mir doch, gerade in der Kommunalpolitik, wo vielerorts Laien das Regiment führen, die Gefahr zu bestehen, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Gerade Straftaten wie Untreue – also der Missbrauch von Mitteln, die anderen, etwa der Gemeinde gehören – spielen sich häufig in einer Grauzone ab: Was ist noch politische (Fehl-)Entscheidung, etwa für ein Kreditgeschäft, was bereits kriminell? Von Auftragsvergaben mit ihren Fallstricken ganz zu schweigen. Jetzt kann man sagen: Gut, wenn es um Steuergeld geht, muss alle Strenge herrschen. Aber andere Entscheidungen kann man durchaus dem Wähler zur Beurteilung überlassen. Es ist ein schmaler Grat. 76

JAKOB WINTER

Aufgewachsen in St. Pölten, emigriert nach Wien, Redakteur beim „profil“.

Es ist eine bewährte Strategie: Wer selbst im Morast steckt, bewirft eben auch alle anderen mit Dreck – damit am Ende keiner mehr sauber bleibt. Nach dem Skandal um das Ibiza-Video setzte der gefallene FPÖ-Chef HeinzChristian Strache auf dieses Konzept. Zu leugnen gab es ohnehin nichts, denn das im Sommer 2017 aufgenommene Video sprach für sich: Strache wollte bekanntlich Staatsaufträge freihändig an eine vermeintliche russische Oligarchentochter vergeben und erwartete sich im Gegenzug Parteispenden an die FPÖ. Strache musste zurücktreten, in einer persönlichen Erklärung bezeichnete er seine Aussagen als „dumm“ und „inakzeptabel“. Doch gleich im nächsten Satz behauptete er, solche machtlüsternen „Gedankenspiele“ wären „keinem Politiker fremd“. Straches Botschaft: Die anderen sind mindestens genauso schlimm. Der Rundumschlag mag angesichts Straches misslicher Lage verständlich sein, doch er ist falsch. Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat Recht, wenn er in Bezug auf das Ibiza-Video sagt: „So sind wir nicht.“ Ich möchte ergänzen: So sind die meisten Politiker nicht. Strache hat zwar das Vertrauen in die Politik weiter ramponiert – und doch sollten wir ihm für seine Selbstentblößung dankbar sein. Denn der Ex-Vizekanzler erwähnt in dem Video auch, dass die FPÖ mutmaßlich illegale Parteispenden über Vereinskonstruktionen lukriert. In der Folge tauchten im Umfeld der FPÖ gleich mehrere GeheimVereine auf, die in den vergangenen Jahren Spenden über mehrere hunderttausend Euro annahmen Für redliche Parteien bietet sich nun eine einmalige Gelegenheit: Sie könnten die Causa zum Anlass nehmen, um per Gesetz die Transparenz der Parteifinanzen zu erhöhen. Zur Erinnerung: Der Rechnungshof hat derzeit keine Möglichkeit, die Finanzströme der Parteien eigenständig zu prüfen, die Strafen für illegale Spendenannahmen sind lächerlich niedrig und es gibt keine Begrenzung von privaten Wahlkampfspenden, obwohl wir uns im internationalen Vergleich eine sehr hohe öffentliche Parteienfinanzierung leisten. Der Handlungsbedarf ist offensichtlich – Ibiza sei Dank.

FOTOS: LUIZA PUIU, SEBASTIAN REICH

GEORG RENNER

Der Wilhelmsburger arbeitet als Journalist bei der „Kleinen Zeitung“.


J E TZ T N E U

É APPLE S O R R E ID C W O ST R O N G B

TROCKEN IM GESCHMACK

M SAFT E D T I M HIGER C S I E L F ROT ÄPFEL


REICH(L)EBNERS PANOPTIKUM

DIE ZEHN GEBOTE. Und Gottfried stieg herab vom freiheitlichen Landtagsklub und verkündigte „Die zehn Gebote der Zuwanderung“. Da rollte der Donner und Blitze zuckten übers Firmament und Gott rief zornig „IBIZA!“ Da verstand Gottfried und ging auch zu seinen Glaubensbrüdern, auf dass auch sie die Gebote vernahmen, denn ihnen taten sie not. Und Gott sah, dass es gut war …

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Landesgalerie Niederösterreich

FRANZ HAUER

SELFMADEMAN UND KUNSTSAMMLER DER GEGENWART

RENATE BERTLMANN

HIER RUHT MEINE ZÄRTLICHKEIT

ICH BIN ALLES ZUGLEICH

SELBSTDARSTELLUNG VON SCHIELE BIS HEUTE

HEINZ CIBULKA

BIN ICH SCHON EIN BILD?

SEHNSUCHTSRÄUME

BERÜHRTE NATUR UND BESETZTE LANDSCHAFTEN

lgnoe.at

Landesgalerie Niederösterreich, Foto: Faruk Pinjo

Ausstellungen 2019


Handel-Mazzetti Straße weitere Bauabschnitte in Planung

HWB-ref=19.5 kWh/m²a, fGEE 0,79

Ihre en rbung Bewe wir gerne en nehm stenlos ko gen! entge

Wohnung frei:

Leobersdorfer Bahnnstraße 13, 3100 St. Pölten 1 Zimmer, inkl. Kochnische, Bad/WC Größe: 36,54 m², mtl.: € 365 inkl. BK HWB-ref=53 kWh/m²a

ReDie Der Reinigungsdienst der Wohnungsgenossenschaft St.Pölten Verlässlich, genau, gründlich

Allgemeine gemeinnützige WOHNUNGSGENOSSENSCHAFT

Tel.: 02742/77288-0

Josefstraße 70/72 3100 St.Pölten

wohnungsberatung@wohnungsgen.at

e.Gen.m.b.H. in St.Pölten

www.wohnungsgen.at

BESTE QUALITÄT, BESTE LAGEN: Die Wohnungsgenossenschaft St. Pölten schafft in ganz NÖ zukunftsweisende Wohnprojekte.


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