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Ich weiß nicht, vielleicht geht es Ihnen ja wie mir, aber ich habe gerade einen Wahlkampf-Overload, zumal „Wahlkampf“ zum Dauerzustand geworden ist und sich allmählich zu einem Konflikt um alles, was wir bislang für gesichert hielten – Demokratie, Toleranz, Zusammenhalt – auswächst. Die Zuseher, vulgo Bürger, werden darob immer fahriger, unversöhnlicher und gehässiger. Dabei, ich gestehe, war der Klick auf diverse Medienkanäle die letzten Monate so etwas wie mein allmorgendlicher Adrenalin-Kick: Wie geht’s weiter bei meinen zwei Lieblingsreality-Soaps? Die tragik-komische, bisweilen skurril anmutende österreichische Provinzposse „Die Bundesregierung“ sowie der actiongeladene, testosterontriefende Blockbuster „TRUMP – Make America Bad Again“. Mittlerweile ist meine Schaulust aber Ernüchterung bis Bestürzung gewichen. Nach Folge 150 bei „Die Bundesregierung“ macht das Warten auf ein vermeintliches „Happy End“ nicht mehr wirklich Spaß, zumal in der Zwischenzeit die Produktionskosten für Österreich derart aus dem Ruder laufen, dass die Serie ohnedies bald wieder abgesetzt und durch eine neue, bei weitem brutalere ersetzt werden könnte. Und „Trump – Make America Bad Again“ hält zwar, was der Drehbuchautor versprochen hat, dass dies aber in derartiger Skrupellosigkeit passiert, hat die Realsatire rasch ins Horror-Surreale abdriften lassen, was Unbehagen und Zukunftsangst erzeugt. Dass viele Seher beider „Formate“ zudem völlig unreflektiert in den Ruf nach „Disruption“ einstimmen und dabei übersehen, dass sie selbst bald davon betroffen sein könnten, trägt auch nicht zur Beruhigung bei. Unterhaltsam ist das alles nicht mehr, auch wenn – das ist das Fatale und mit Schuld an der Misere – viele Medien (seit dem Internet um ein Vielfaches beschleunigt) die Inszenierung, nein Pervertierung von Politik als Show noch stärker auf die Spitze treiben als es weiland Neil Postman bereits für das Fernsehzeitalter prophezeit hatte. Es ist eine regelrechte Industrie rund um das „Produkt“ Politik als
quoten-, also gewinnbringendes Entertainment entstanden. Zig Duelle, Elefantenrunden, Einzelportraits, danach Analysen, Talksendungen, Sondersendungen mit Experten jeglicher Art. Jede kleine Pimperlwahl wird mittlerweile zum Event aufgeblasen. Die Burgenlandwahl österreichweit im ORF? Echt jetzt? Was kommt als nächstes – die Gemeinderatswahl von Gramatneusiedl? Statt der erhofften Transparenz und Orientierung, werden wir von der Überfülle erschlagen, eingelullt. Die substanzielle Information wird zugemüllt, Politiker mutieren im vermeintlich notwendigen Perfektions- und Inszenierungszwang, entsprechen zu müssen und ja keine Fehler zu machen, zu floskeldreschenden Automaten, die jegliche Authentizität verlieren. Man sehnt sich nach einer Pause – aber das Karussell dreht sich munter weiter, und schon steht die nächste „Soap“ vor der Tür: „Die Gemeinderatswahl“. Offiziell wählt St. Pölten zwar erst im Jänner 26 (auch Spätherbst wäre dem Fristenlauf gemäß möglich), aber wer den „Pilot“ im letzten Gemeinderat am 24.02.2025 mit verfolgt hat, weiß – wir sind schon mittendrin statt nur dabei im Wahlkampf. Und auch hier ist keine Kuschelsoap zu erwarten, sondern eher ein trister Film noir in scharfem Schwarz-weiß. Denn hörte man den Mandataren zu, so konnte man den Eindruck gewinnen, dass die regierende SPÖ in den Augen der Opposition alles falsch gemacht hat, und umgekehrt die Opposition in den Augen der SPÖ ausschließlich St. Pölten schlecht reden möchte. Beides ist Blödsinn. Im Zuge der Sitzungen fielen „Nettigkeiten“ wie Lügner, Angstmache, Phrasendrescher, anarchistisch, für Blöd halten, tiefstes Niveau ... Die politischen Drehbuchschreiber argumentieren dann immer gerne, dass man eben „spitz formulieren“ müsse. Nur – muss man nicht! Tatsächlich wünschen wir uns eine staubtrockene Dokuserie, mit sachlichen Debatten, Konstruktivität, gegenseitigem Respekt und leiseren Tönen, was im übrigen auch für die Zuseher zutrifft. Aber mir ist schon klar, da sind wir jetzt mittendrin in Fantasy.
Offenlegung nach §25 Medien-Gesetz: Medieninhaber (Verleger): NXP Veranstaltungsbetriebs GmbH, MFG - Das Magazin, Kelsengasse 9, 3100 St. Pölten. Unternehmensgegenstand: Freizeitwirtschaft, Tourismus und Veranstaltungen. Herausgeber/GF: Bernard und René Voak, in Kooperation mit dem Kulturverein MFG. Grundlegende Blattlinie: Das fast unabhängige Magazin zur Förderung der Urbankultur in Niederösterreich. Redaktionsanschrift: MFG – Das Magazin, Kelsengasse 9, 3100 St. Pölten; Telefon: 02742/71400-330; Internet: www.dasmfg.at, Email: office@dasmfg.at Chefredakteur: Johannes Reichl Chefredakteur-Stv.: Michael Müllner Chefin vom Dienst: Anne-Sophie Müllner Redaktionsteam: Thomas Fröhlich, Sascha Harold, Johannes Mayerhofer, Michael Müllner, Andreas Reichebner, Thomas Schöpf, Beate Steiner, Thomas Winkelmüller Kolumnisten: Thomas Fröhlich, Michael Müllner, Tina Reichl, Roul Starka, Beate Steiner, Thomas Winkelmüller Kritiker: Helmuth Fahrngruber, Thomas Fröhlich, David Meixner, Michael Müllner, Clemens Schumacher, Manuel Pernsteiner, Maximilian Reichl, Christoph Schipp, Robert Stefan, Thomas Winkelmüller Karikatur: Andreas Reichebner Bildredaktion: Anja Benedetter, Matthias Köstler Cover: Adobe Stock Art Director & Layout: a.Kito Korrektur: Anne-Sophie Müllner Hersteller: Walstead NP Druck GmbH Herstellungs- und Verlagsort: St. Pölten Verlagspostamt: 3100 St. Pölten, P.b.b. Alle Rechte, auch die Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 und 2. Urheberrechtsgesetz, sind vorbehalten. Alle Angaben ohne Gewähr. Für den Inhalt bezahlter Beiträge ist der Medieninhaber nicht verantwortlich.
3 Editorial
6 In was für einer Stadt leben wir
7 Shortcut Urban
8 Bitte warten, auf Kindergarten
12 Florian Krumböck – Weil Politik ihm einfach Spaß macht
18 (K)ein Büro für Integration?
20 In der Warteschleife
24 Energiebewegung
26 Alle guten Geister
MFG
30 Bettina Sax – Back in the hood
36 Wort für Wort auf neuen Wegen
39 Gut schwitz!
40 Am Würstlstand
42 Shortcut Kultur
44 Der Zoo im Museum
48 Der Nicht-Sesshafte
52 Shortcut Szene
54 All the young dudes
60 Studienguide
62 Neuer Nährboden entsteht
65 SKN-“KIWI“ Elijah Just nimmt Meistertitel und WM ins Visier
66 Kritiken
67 Veranstaltungen
68 Außensicht
70 Karikatur
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in der der nächste St. Pöltner Traditionsbetrieb bzw. dessen Nachfolger die Segel streicht. Kurz vor Drucklegung flatterte von der Walstead-Leykam Druckerei, situiert im Pressehaus, die Information ein, dass der Vorstand „mit den Arbeitnehmervertretern am Standort St. Pölten in Beratungsgespräche getreten ist, um den Betrieb an diesem Standort zu schließen.“ Damit geht eine lange Geschichte zu Ende. Die Gründung des Pressehauses geht bis ins Jahr 1874 zurück, ab 1876 war man in St. Pölten situiert. 100 Jahre später, 1976, wurde das Pressehaus in der Gutenbergstraße eröffnet. 2018 verkaufte das Pressehaus schließlich seine Drucksparte an die Walstead, die sich nun aus St. Pölten zurückzieht, wie Geschäftsführer Maximilian Luger bestätigt: „Die Schließung ist spätestens zum Jahresende avisiert.“ Davon betroffen sind direkt am Standort ca. 70 MitarbeiterInnen. „Bedauerlicherweise wird es Kündigungen geben“, so Luger, „für einige unserer Mitarbeiter“ werde es aber die Möglichkeit geben, an anderen Walstead-Leykam Standorten unterzukommen. Aktuelle Geschäftszahlen wollte Luger nicht nennen, als Gründe für die Schließung führt man „grundlegende Veränderungen in der Druckindustrie in Europa in den letzten Jahren, darunter Marktveränderungen, steigende Kostenbelastungen und infolgedessen eine mangelnde Rentabilität“ an.
in der die Bertha von Suttner Privatuniversität vor einem Neustart steht. Gegründet wurde sie 2017 von der Stadt und dem Österreichischen Arbeitskreis für Gruppentherapie und Gruppendynamik (kurz ÖAGG). Um ihre Zahlungsunfähigkeit zu verhindern, schießt die Stadt jährlich Geld nach, stolze 1,2 Millionen Euro im Vorjahr. Im September 2024 präsentierte das Rathaus überraschend einen neuen Partner, die Eigentümer der bereits etablierten Sigmund-Freud-Universität kaufen sich um 300.000 Euro zur Hälfte in die Suttneruni ein und wollen mit ihrem Knowhow die Studierendenzahlen steigern und den jährlichen Zuschussbedarf senken. Schon damals stand aber fest: Bis zur Erreichung einer schwarzen Null zahlt die Stadt anfallende Verluste als „Altlast“ weiterhin alleine. Im Jänner folgte nun der nächste Plot-Twist. Aus der angekündigten Fortsetzung der fachlichen Zusammenarbeit mit dem ÖAGG wird nichts, dafür verlangt der ÖAGG eine Ablöse von 250.000 Euro. Bleiben 50.000 Euro für eine halbe Uni, fast ein Geschäft, möchte man ironisch anmerken. Im Gemeinderat übte ÖVP-Mandatarin Susanne Binder-Novak heftige Kritik und sprach von unerklärlichen Samthandschuhen, mit denen die Stadt den ÖAGG aus seiner Pflicht entlässt, während die Steuerzahler Jahr für Jahr mehr zuschießen, als ursprünglich vom Rathaus budgetiert. Zeit für einen Sesselkreis!
in der einige Parteien zum Halali auf „St. Beton“ und den regen Wohnungsbau blasen, sich die Immobilien-Goldgräberstimmung der letzten Jahre aber ohnedies dem Ende zuneigen dürfte. Nachdem die SIGNA-Turbulenzen auch in St. Pölten für gehörig Seegang gesorgt hatten (WWE-Gründe, Rossmarkthöfe), Nachfolge-Besitzer SÜBA anstelle eines Baubeginns der „Rossmarkthöfe“ zuletzt mit der Insolvenz einer SÜBATochter auffiel, meldete nun auch 6B47 Insolvenz an. 6B47 setzt das Wohnbauprojekt „Steingötterhof“ am ehemaligen Metro-Areal um, das im Vorfeld ein besonderes Objekt der (Spekulations?)Begierde gewesen war. Pressesprecherin Katharina Rathammer betont, „dass die AG und nicht die österreichische Projektgesellschaft, kurz 6B47 Austria, zu der auch das Projekt Steingötterhof zählt, nach heutigem Stand von der Insolvenz betroffen ist.“ Bei „nach heutigem Stand“ wird man freilich hellhörig, ebenso wie bei Formulierungen wie „Derzeit sind weder die bereits bestehende Wohnanlage noch die unbebauten Baufelder 2 und 3 vom Konkurs betroffen.“ Zu sehr hat die SIGNA-Pleite samt anschließendem Domino-Effekt das Vertrauen in die Branche erschüttert. Der Wohnungsverkauf gehe ungehindert weiter, die brachliegenden Baufelder 2 und 3 werden abgestoßen. „Es läuft eine strukturierte Ausschreibung und es gibt bereits Interessenten.“ Derzeit.
Die Gemeindeaufsicht des Landes NÖ hat die Stadt St. Pölten – eine Art Frühwarnsystem – aufgefordert, einen Konsolidierungspfad für die nächsten Jahre vorzulegen, nachdem ein kumulierter Finanzbedarf von rund 213 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren errechnet wurde. Die ÖVP sieht sich bestätigt: „Die SPÖ hat sich in den letzten Jahren in teuren Prestigeprojekten verloren – vom Windfänger am Europaplatz über den Millionen-Veranstaltungssaal ‚Himmel‘ bis hin zum umstrittenen Flederhaus. Die jetzige
Krise ist hausgemacht.“ Der Bürgermeister dahingegen ortet „künstliche Aufregung und politische Inszenierung.“ Ein Konsolidierungs-Weg sei bereits eingeleitet, man könne auf Rücklagen zurückgreifen. „Der Grund für diese Situation jetzt ist vor allem den niedrigen Ertragsanteilen vom Bund sowie den hohen Umlagenzahlungen an das Land geschuldet.“ Wie auch immer man den Spin dreht, eines ist klar: Die Stadt muss sparen. Wo und wie, das wird wohl den kommenden Wahlkampf mitprägen – und unsere nächste Ausgabe.
Heuer werden die Arbeiten am Grünen Loop – der Neugestaltung des Promenadenrings – im Abschnitt Schulgasse bis Lederergasse fortgesetzt, wofür die Stadt 2,5 Millionen Euro budgetiert. Über das vom VCÖ ausgezeichnete Projekt gehen die Meinungen sowohl in der Bevölkerung als auch in der Politik auseinander. Während SPÖ und die Grünen von einer Attraktivierung der Innenstadt, insbesondere auch der Aufenthaltsqualität für die Wohnbevölkerung sprechen und sich zu „mehr Platz für Menschen statt motorisiertem Individualverkehr“ be-
kennen, klaffen für ÖVP und FPÖ Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander und sie orten eher eine Hürde für die Erreichbarkeit der City und damit, zumal Parkplätze wegfallen, ein Risiko für den dort situierten stationären Handel.
Ich will ja gar keine Kolumnen mehr schreiben, weil der ganze Irrsinn, über den ich mich heute aufrege, mit hoher Gefahr morgen schon eine lächerliche Lappalie sein wird. Zählt das schon als Optimismus? Dass es mich morgen schon nicht mehr aufregen wird, dass ich im Eiscafé im Traisenpark 6,70 Euro für einen kleinen Apfelsaft-Gespritzt zahle? Und ich Depp gebe noch zwei Euro Trinkgeld, weil zwei Kugerl Eis, zwei Cappuccino, ein kleines Getränk, da simma nicht so. Und dann schau ich auf die Rechnung und denk mir: Moment, das muss ein Fehler sein. Nein, das stimmt schon so, erklärt man mir ohne mit der Wimper zu zucken. Sogar noch ein bisserl regungsloser, als der ServierRoboter beim XXXLutz-Restaurant. Um auf andere Gedanken zu kommen, schau ich den Livestream der Gemeinderatssitzung vom 24. Februar nach. Warum viele Menschen in diesem Land mit „der Politik“ ein Problem haben? Dort liefert die bürgernahe Micky-Maus-Ebene ein paar Antworten. Eigentlich geht es um die Frage, welche Aufgaben unsere Stadtverwaltung erfüllen soll und wie das finanziert wird. Die einen meinen aber, die allein regierende SPÖ würde das Geld der zukünftigen Generationen mit beiden Händen für „Prestigeprojekte“ rausschmeißen. Die anderen meinen, die Opposition würde die Stadt ja nur schlechtreden wollen. Tatsächlich geht es also um den mangelnden Respekt vor den anderen, die genauso gewählt sind, wie man selbst. Das wirkt schon auch herablassend, präpotent, kindisch, beleidigt. Immerhin, jetzt bin ich aufgewärmt und wage mutig einen Blick auf die Niederungen der Weltpolitik.
Die Landespolitik versprach allen Zweijährigen einen Kindergartenplatz, doch viele Gemeinden kamen mit dem Bauen nicht nach. Auch in St. Pölten blieb für 60 Kinder zuletzt nur ein Platz auf der Warteliste. Warum ist das so?
Anfang des Jahres 2025 sorgte eine gemeinsame Reportage von ORF NÖ und profil für Aufsehen. Ein halbes Jahr lang hatten die beiden Medien in einer Recherche-Kooperation alle 573 Gemeinden in NÖ befragt, wie der Ausbau der Kindergärten läuft. Hintergrund der Anfrage war das Versprechen von ÖVP-Landes-
hauptfrau Johanna Mikl-Leitner aus dem Landtagswahlkampf, „Niederösterreich zum Kinderösterreich und zum Familienösterreich zu machen.“ Da Eltern nur bis zum zweiten Geburtstag des Kindes in Karenz gehen können, der früheste Kindergarten-Eintritt bislang aber erst mit zweieinhalb Jahren möglich war, setze man sich das Ziel, diese „Be-
treuungslücke“ zu schließen, indem man einen Kindergartenplatz für alle Zweijährigen ab dem September 2024 versprach.
Halten mussten dieses Versprechen dann die Gemeinden, die für Ausbau und Betrieb der Kindergärten zuständig sind, dafür aber finanzielle Unterstützung vom Land erhalten. Rund 30 bis 40 Prozent der Baukosten würden die Gemeinden vom Land gefördert bekommen, bis 2027 würden so im Rahmen der Kindergartenoffensive zusätzlich 750 Millionen Euro vom Land zur Verfügung gestellt. Umso ernüchternder war dann das Ergebnis der Recherche: 330 der 573 befragten Gemeinden gaben keine Antwort. Aus den Rückmeldungen der anderen Gemeinden zeichneten die Journalisten ein aktuelles Lagebild. Insbesondere die finanzielle Situation der Gemeinden macht Ausbau und Betrieb schwierig, teilweise gibt es auch zu wenig qualifiziertes Personal, um in den Gruppen zu arbeiten. Im Ergebnis zählten die Journalisten mindestens 217 Kinder, die im September 2024 entgegen der Ankündigung keinen Kindergartenplatz erhalten hatten. „Allein 143 Kinder davon entfallen auf die Stadt GroßEnzersdorf und die Landeshauptstadt St. Pölten“, führte das profil unter anderem aus.
St. Pöltens ÖVP-Klubobmann Florian Krumböck griff die Berichterstattung auf und warf daraufhin St. Pöltens SPÖ-Bürgermeister Matthias Stadler vor, dass er die Anliegen der Familien und Forderungen der Volkspartei jahrelang ignoriert habe. Die Opposition habe
schon vor Jahren gewarnt, dass es zu wenige Kindergartenplätze gäbe, die Rathaus-Mehrheit habe sich aber lieber mit Resolutionen ans Land und Showpolitik beschäftigt, anstatt im eigenen Wirkungsbereich den Ausbau neuer Plätze voranzutreiben. Vorwürfe, die von den Verantwortlichen zurückgewiesen wurden, nicht zuletzt unter Hinweis auf den laufenden Ausbau der Kindergärten sowie auf kleinere Gruppen, durch veränderte Betreuungsschlüssel.
Baustellen & Betreuungsschlüssel
Wirft man einen genaueren Blick auf die Situation rund um die Kindergärten in St. Pölten, so zeigt sich tatsächlich ein massiver Umbruch. Im Rahmen der Kindergartenoffensive werden im Stadtgebiet derzeit 25 neue Kindergartengruppen errichtet. Zusätzlich werden fünf Tagesbetreuungseinrichtungen errichtet, das sind spezielle Gruppen, die sich an die Jüngsten richten, also Kinder unter zwei Jahren. Im Februar wurde in der Ludwig-StöhrStraße ein neuer Kindergarten mit vier Kindergartengruppen und einer Tagesbetreuungsgruppe in Betrieb genommen. Bis September 2025 folgen laut Andreas Schmidt, dem Leiter des zuständigen Geschäftsbereichs im St. Pöltner Rathaus, zusätzlich dreizehn weitere Kindergartengruppen und zwei Tagesbetreuungs-Gruppen im Stadtgebiet.
AUSBAU. 25 Kindergartengruppen und fünf Tagesbetreuungsgruppen werden bis zum Start des nächsten Kindergartenjahres fertiggestellt.
Doch wie kam es dazu, dass im September 2024 nicht alle Zweijährigen einen Platz im Kindergarten bekommen haben? Andreas Schmidt führt zwei wesentliche Punkte an. Einerseits sei das Zeitfenster zwischen der politischen Ankündigung des Vorhabens, für alle Zweijährigen einen Platz anzubieten, und dem Starttermin sehr kurz gewesen. Wie jedes größere Bauvorhaben braucht auch der Aus- und Neubau von Kindergärten Zeit. Viele Projekte würden aber in den nächsten Monaten fertig werden, was zu einer deutlichen Entspannung der Lage führen wird. Andererseits haben Änderungen im NÖ Kindergartengesetz zu einer Reduzierung der
Für September 2025 ist man im Rathaus optimistisch, dass alle Zweijährigen einen Platz bekommen werden.
gesetzlichen Höchstzahlen geführt, weshalb im September 2024 durch diesen neuen Betreuungsschlüssel rund 180 Kindergartenplätze weniger verfügbar waren. Weniger Kinder in den Gruppen bedeutet zwar eine bessere Betreuungsqualität, aber natürlich auch, dass man weniger Kinder im bereits bestehenden räumlichen Angebot unterbringt. Dass rund 180 Kinder im September 2024 auf der Warteliste standen, möchte Schmidt auch relativieren. Dabei sind auch Kinder, die zwar einen Kindergartenplatz bekommen hätten, deren Eltern aber auf einen Platz in einem anderen „Wunschkindergarten“ warten würden. Tatsächlich seien es laut Schmidt rund 60 Zweijährige gewesen, für die man im September 2024 keinen Platz hatte: „Hätten wir das Thema der weggefallenen Plätze durch den geänderten Betreuungs-
„ICH
Im September 2024 fehlten laut Recherchen von ORF und profil in ganz NÖ mindestens 217 Kindergartenplätze für Zweijährige. Von den 537 Gemeinden im Bundesland wollten 330 keine Zahlen herausrücken. Das zeigt wieder einmal das Grundproblem der mangelnden Transparenz, wenn Mächtige auf Informationen sitzen, die sie nicht mit der Öffentlichkeit teilen wollen. Oft gar nicht, weil es einen Skandal zu verschleiern gilt, sondern schlicht um sich einer kritischen Auseinandersetzung mit der Realität zu entziehen. Dabei lohnt es sich, die eigene Leistung gerade auch dann seinen Bürgerinnen und Bürgern darzulegen, wenn es schwierig wird. Wenn die St. Pöltner Stadtverwaltung im September 2024 für sechzig Zweijährige keinen Kindergartenplatz hatte, dann ist das natürlich ärgerlich, aber auch eine Chance zu erklären, warum das so war. Spätestens in diesem Herbst lässt sich dann auch anhand aktueller Zahlen zeigen, ob man adäquate Ausbaupläne auch korrekt umgesetzt hat. Das größere Problem haben wir also in jenen Amtsstuben, in denen man sich hinter dem Amtsgeheimnis versteckt, den Bürgerinnen und Bürgern die lange Nase zeigt. Loosdorf? Prinzersdorf? Pyhra? Kirchberg an der Pielach? Warum habt ihr die Anfrage von ORF und profil unbeantwortet gelassen? Während etwa Lilienfeld, Melk, Tulln oder Traismauer nicht nur geantwortet haben, sondern auch für alle Kinder einen Kindergartenplatz anbieten konnten.
Von zehn Bewerbungen sind nach einem Jahr noch fünf bis sechs Personen im Dienst. Einige kommen drauf, dass sie für diesen anspruchsvollen Job nicht geeignet sind.
schlüssel nicht gehabt, wären wohl alle untergekommen.“ Für den September 2025 ist er optimistisch, dass alle einen Platz bekommen werden, wenngleich auch in manchen Stadtteilen nicht immer garantiert werden kann, dass jedes Kind im Wunschkindergarten der Eltern unterkommt.
Zukunftsblick & Förderbedarf
Woher weiß man eigentlich, wo Kindergartenplätze in Zukunft gebraucht werden? Entscheidend ist dafür die Bedarfserhebung, die auf Wunsch der Gemeinde vom Amt der NÖ Landesregierung durchgeführt wird. Dabei werden die Geburtenzahlen der letzten fünf Jahre betrachtet, der Zuzug in die Gemeinde sowie auch die lokale Wohnbautätigkeit. So versucht man bestmöglich abzuschätzen, wo im Stadtgebiet wie viele Kindergartenplätze in den kommenden Jahren gebraucht werden. Im Rahmen der aktuellen Kindergartenoffensive ergab diese Bedarfserhebung für das St. Pöltner Stadtgebiet den Bedarf von 25 Kindergartengruppen sowie fünf Tagesbetreuungseinheiten, die nun eben in den kommenden Monaten fertiggestellt werden.
Doch auch wenn diese Gebäude schon bald von Kindern bespielt werden, bleiben die Herausforderungen der Offensive aktuell. Das Land trägt die Personalkosten für diplomierte Pädagoginnen und Pädagogen. Die Gemeinden tragen die Kosten für das Betreuungspersonal. In einer Regelgruppe waren früher 25 Kinder, nun sind es 22. Betreut werden diese von einer Pädagogin und einer Betreuerin, fast immer sind es in diesem Berufsfeld Frauen. In den Kleinkindgruppen wurde die Anzahl der Kinder auf 15 reduziert, zugleich arbeiten dort aber nun neben der Pädagogin auch zwei Be-
treuerinnen, statt früher nur einer. Dieser Mehrbedarf an Personal stellt viele Gemeinden vor Probleme. In St. Pölten ist Andreas Schmidt noch positiv gestimmt, diese Aufgabe zu schaffen, auch wenn der Personalbedarf sehr groß ist. Man habe in St. Pölten schon frühzeitig begonnen, das Personal aufzustocken und die Mitarbeiterinnen auch zu binden. Der Auswahlprozess sei jedenfalls schwieriger geworden. Früher waren die Bewerberinnen fast immer auch gut qualifiziert, aber „heute müssen wir schon sehr genau hinschauen, wen wir überhaupt aufnehmen können“, so Schmidt. Von zehn Bewerbungen sind nach einem Jahr noch fünf bis sechs Personen im Dienst. Einige Bewerberinnen würden draufkommen, dass sie für diesen anspruchsvollen Job nicht geeignet sind.
Der Blick auf die Kindergärten ist jedenfalls ein lohnender Blick in die unmittelbare Zukunft. So leiten die Stadtverantwortlichen aus der Entwicklung der Kindergartenzahlen auch Rückschlüsse auf den Bedarf bei den öffentlichen Volksschulen ab. Nicht nur was die Anzahl der Kinder betrifft, sondern auch, was nötig ist, um diese gut zu betreuen und zu bilden. In den letzten Jahren bemerkt Abteilungsleiter Schmidt zunehmend Bedarf an Unterstützungsangeboten für Familien mit Kindern, die einen heilpädagogischintegrativen Bedarf haben. In den Kindergärten gibt es eigene Gruppen, in denen diese Kinder von mehr Personal intensiver betreut werden können. In diesem Zusammenhang wurden von der Stadt auch Ansuchen um Genehmigung und Errichtung von weiteren drei heilpädagogisch-integrativen Gruppen an das Land gestellt, um diesen Familien einen guten Start ins Bildungsleben ihrer Kinder zu ermöglichen.
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FLORIAN KRUMBÖCK
Es ist der 12. Februar 2025, 14:15 Uhr. Ganz Österreich wartet gespannt, ob die Koalitionsverhandlungen zwischen Herbert Kickls FPÖ und Christian Stockers ÖVP jede Minute scheitern werden. Doch noch ist es nicht so weit. Wir treffen VP-Stadtrat Florian Krumböck im Spitzencafé, trinken Kaffee und Holunder-Leitung.
Mit 33 Jahren ist Krumböck gerade noch jung genug für die JVP, für St. Pöltner Verhältnisse ist er aber bereits ein alter Bekannter in der Stadtpolitik. Vom Pressesprecher wechselte er vor einigen Jahren in die Funktionärsrolle. Er war kurzzeitig Bundesrat, heute ist er Landtagsabgeordneter und sitzt als Klubobmann im St. Pöltner Gemeinderat. Zuletzt brachte er sich unübersehbar für den nahenden Gemeinderatswahlkampf in Stellung.
Bis vor Kurzem war laut ÖVP mit Herbert Kickl kein Staat zu machen, heute verhandelt man um ihn zum Kanzler zu machen. Wie geht sich das aus?
Herbert Kickl hat wie zuvor Karl Nehammer vom Bundespräsidenten den Auftrag, eine Regierung zu bilden und dafür eine Mehrheit im Nationalrat zu finden. Es ist in der DNA unserer Partei, dass wir als ÖVP die Republik mitgestalten möchten. Aber wir werfen unsere Grundsätze nicht über Bord: ein
klares Bekenntnis zum Rechtsstaat, zu internationalen Kooperationen zur Gleichstellung und zum Minderheitenschutz – das muss natürlich außer Streit gestellt sein. Daran können die Gespräche auch platzen. In die Bewertung muss man auch aufnehmen, dass die Koalitionsverhandlungen von ÖVP, SPÖ und Neos zuvor gescheitert sind.
Aber wie geht es Ihnen persönlich, wenn Sie an Verhandlungen von FPÖ und ÖVP denken? Ich glaube, die Leute haben die Nase voll von der Art und Weise, wie gerade versucht wird auf Bundesebene Politik zu machen. Es darf nicht darum gehen, wer welches Büro bezieht, sondern was darin passiert. Dass es so aussieht, als würden diese Verhandlungen an Mi-
nisterposten scheitern und nicht an inhaltlichen Unterschieden, ärgert mich auch. Wir müssen generell weg von Machtpolitik und hin zu Sachpolitik. Es gilt Ideen zu bewerten und am Ende muss es egal sein, wer die Idee aufgebracht hat.
Ist das nicht auch mit ein Grund dafür, dass die Menschen den Glauben an Politik verlieren?
Und wenn dem so ist, was leiten Sie als Politiker daraus ab? Ja, das ist sicher auch ein Grund. Ich versuche darum, das ganze anders zu leben. Ich will nicht nur über etwas reden, sondern nehme mir vor, auch entsprechend zu handeln. Und das wünsche ich mir generell für die Gremien, in denen ich mitarbeite. Als politischer Vertreter der Stadt St. Pölten geht es darum zu schauen, dass Beschlüsse am Ende des Tages der Republik, dem Land und allen voran der Stadt nützen. Und es ist wichtig, dass wir den Fokus auf die richtigen Inhalte legen, damit das Vertrauen der Menschen in die Politik wächst. Die Themen liegen auf der Hand. Die Arbeitsmarktpolitik muss sicherstellen, dass man sich
darf nicht darum gehen, wer welches Büro bezieht, sondern was darin
durch Arbeit ein glückliches Leben leisten kann. Integration und Migration bewegen Menschen extrem und man sieht die Überforderung, unabhängig von jeder Ideologie. Auch die Themen Klima- und Umweltschutz kann man nicht wegleugnen.
Auf Landesebene regiert die ÖVP schon mit der FPÖ. Gibt es den oft behaupteten Unter-
schied zwischen Landes- und Bundesebene überhaupt?
Der Klubobmann der FPÖ im NÖ-Landtag, Reinhard Teufel, sitzt als engster Vertrauter von Herbert Kickl mit ihm beim Bundespräsidenten. Es braucht jedenfalls auf jeder Ebene als Voraussetzung die richtigen Personen, damit eine Zusammenarbeit gelingt. Auf Landesebene haben wir
als ÖVP ein Arbeitsübereinkommen mit der FPÖ und das arbeiten wir unaufgeregt ab, das ist eine professionelle Partnerschaft. Auf Landesund insbesondere auf Bundesebene treten grundsätzliche Fragen stärker zu Tage. Ein Vorteil der Gemeindearbeit, wo Kategorien wie links oder rechts eine kleinere Rolle spielen.
14:50 Uhr. Krumböcks Handy brummt. Kurzer Blick, dann bestätigt er unsere fragenden Blicke: „Die Koalitionsverhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP sind gescheitert.“ Der Mandatar scheint erleichtert. Im ÖVP-Landtagsklub ist Florian Krumböck Sprecher für die Themenbereiche Jugend und Verkehr. Zudem vertritt er die Anliegen der Region St. Pölten und Umgebung. Für viele zählt er zu den großen Talenten der Volkspartei: redegewandt, zugänglich, thematisch breit aufgestellt. Durch sein Engagement in der Jungen Volkspartei kam er schon im Alter von 15 Jahren in Berührung mit kommunalpolitischen Themen. Als Pressesprecher des ÖVP-Klubs im St. Pöltner Rathaus lernte er Oppositionsarbeit. Zudem war er Parteiangestellter und Sprecher von Landesrat Ludwig Schleritzko. 2021 wechselte er in die Funktionärsrolle und vertrat NÖ als Mitglied im Bundesrat, der Länderkammer des Parlaments in Wien. In seiner Fraktion gilt er als einer, der auch mal kritisch nach Innen reflektiert.
Sie kennen Bundes-, Landesund Gemeindepolitik aus eigener Erfahrung. Welche Ziele haben Sie aktuell? Was meine persönlichen Ziele betrifft, gilt: Nichts anstreben, aber auch nicht nein sagen, wenn man eine Chance bekommt. Es stimmt halt: Politik macht mir einfach viel Spaß. Ich darf die Stadt St. Pölten auf verschiedenen Ebenen vertreten, bin ständig im Austausch mit Menschen, die Dinge unterschiedlich sehen. Das macht einfach Spaß und man hat Freude, wenn man etwas bewegen kann. Ich denke dabei etwa daran, als ich dabei war, als
wir ein erstes Projekt für „Junges Wohnen“ angestoßen haben oder an Erfolge beim Ausbau des Angebots für Nachtzüge nach St. Pölten. Mit Innenminister Gerhard Karner konnte ich erreichen, dass das geplante Sicherheitszentrum am Eisberg eine Schießanlage erhält, die keinen Lärm für Anrainer erzeugt. Das entlastet die Leute im Süden, die derzeit von Schusslärm geplagt sind. Einen positiven Unterschied in der Stadt zu machen bereitet Freude.
Weniger Freude macht einem wohl die Tätigkeit als Oppositionspolitiker im St. Pöltner Gemeinderat. Die SPÖ zeigt bei jeder Sitzung, dass sie eine absolute Mehrheit hat. Ist das nicht frustrierend? Überhaupt nicht, weil der Druck der ÖVP-Fraktion sehr wohl etwas bringt, auch wenn die Mehrheitsfraktion das niemals zugeben würde. Ein Beispiel: Es ist sicher auch unsere Arbeit gewesen, dass es heute deutlich mehr Angebot beim LUP-Bus gibt. Aber meiner Meinung nach müsste sich grundsätzlich ändern, wie Politik in der Stadt St. Pölten funktioniert. Es geht sich schon mathematisch nicht aus, dass die 25 Gemeinderäte der SPÖ immer Recht haben und die anderen 17 Gemeinderäte der Opposition nie. Und da sind wir wieder bei meinem Bemühen um ehrliche Sachpolitik.
Wie kann sich das grundsätzlich ändern?
Es ist eine zutiefst persönliche Frage, wie man Politik machen möchte. Wie man im St. Pöltner Rathaus Politik machen möchte, liegt nun mal ganz stark daran, wie Matthias Stadler Politik anlegt. Es gibt in der SPÖ-Fraktion im Rathaus genug Kolleginnen und Kollegen, mit denen man vernünftig reden und zusammenarbeiten kann. Als Bürgermeister könnte Matthias Stadler mehr Gemeinsames zulassen, wenn man nicht immer nur den eigenen Willen durchsetzen möchte – er wird aber seine Gründe haben, warum er dies derzeit nicht tut.
Ist das Brechen der roten Absoluten somit ein Wahlziel? Mehr Mitsprache würde der Stadt guttun. Es scheitert aber nicht an der absoluten Mehrheit, wenn gute Ideen nicht umgesetzt werden. Man kann auch mal Ideen von anderen zulassen und aufgreifen. Als ÖVP schrecken wir jedenfalls nicht davor zurück, klar zu sagen, was uns nicht passt. Wir stehen für eine gute Kontrollarbeit, aber auch für gute Vorschläge zur Verbesserung. Aber genau das ist das Problem, dass Kontrollarbeit immer persönlich genommen wird. An der Sache entlang kann man ruhig auch mal pointiert diskutieren, ohne dass der andere Kritik persönlich nimmt.
Spätestens im Jänner 2026 wird der Gemeinderat neu gewählt. Weil es eine schöne Analogie ist: Wir sitzen hier im Spitzencafé – schon ein Hinweis auf den Spitzenkandidaten der ÖVP?
Es freut mich persönlich, wenn die Arbeit auffällt und man dann für solche Aufgaben genannt wird. Aber dazu ist noch nichts entschieden. Wir handhaben das wie bei den letzten Wahlgängen und schauen uns anhand der Zahlen aus Umfragen an, mit wem an der Spitze wir die besten Chancen haben oder anders gesagt, wen die St. Pöltner am liebsten als Spitzenkandidaten sehen würden. Es sind ja mehr Leute im Gespräch, was auch für uns spricht. Geplant ist, dass der Stadtparteivorstand nominiert und ein Stadtparteitag dann bestätigt.
Matthias Adl war bei der letzten Gemeinderatswahl im Jahr 2021 der Spitzenkandidat, seither ist er Vizebürgermeister. Florian Krumböck übernahm die Funktion des Klubobmanns. Wann St. Pöltens Bür-
germeister Matthias Stadler die Gemeinderatswahl ansetzt, steht noch nicht fest, die letzten Male wurden diese jedoch um ein paar Monate vorgezogen, was einen Wahltermin noch im Jahr 2025 denkbar macht. Krumböck bringt sich mit Angriffen gegen die Stadt-SPÖ in Position.
Sie haben unlängst die Themen Integration und Migration als große Problemfelder aufbereitet und wollen diese in den Fokus der Stadtpolitik rücken. Ist das der populistische Versuch, die FPÖ rechts zu überholen? Sie fordern etwa eine Integrationsvereinbarung, obwohl es eine solche auf Bundesebene schon gibt, wollen Sozialhilfeempfänger zu gemeinnütziger Arbeit verpflichten und das städtische Büro für Diversität abschaffen.
Bis wir mit dem Ausbau der Infrastruktur nachgezogen haben, würden wir einen Baustopp für Großprojekte im Wohnbau durchsetzen.
FLORIAN KRUMBÖCK, LANDTAGSABGEORDNETER ÖVP NÖ
Viele der jüngsten Forderungen haben wir schon vor längerem gestellt, sie wurden aber nicht aufgegriffen. Ich wollte damit klarmachen, wofür wir als Volkspartei stehen. Auch wenn es gesetzliche Grundlagen gibt, etwa für die gemeinnützige Arbeit, so muss es die Gemeinde auch umsetzen. Da gibt es erfolgreiche Beispiele in unserem Bundesland, wo diese Verpflichtungen funktionieren und zum Gelingen von Integration beitragen. Was wollen wir konkret? Lehrerinnen und Lehrer sollen mit Problemen von Kindern in der Schule nicht weiter alleingelassen werden, sondern viel besser durch Sozialarbeiter unterstützt werden, natürlich in Kooperation mit der Schulverwaltung und dem Jugendamt. Ich denke da etwa an junge Mädchen, die sich runterhungern, um das Einsetzen ihrer ersten Monatsblutung hinauszuzögern. Das sind Probleme, die wir lösen müssen. Oder bei den Jüngsten, da möchten wir, dass die Schulverwaltung schon früh genug die Eltern anschreibt und sie einlädt, den Sprachstand der Kinder testen zu lassen. Damit man rechtzeitig un-
terstützen kann, wenn Förderbedarf besteht. Und ja, wir hätten genug Ideen, um die Mittel besser einzusetzen, die wir derzeit für das Büro für Diversität ausgeben – ohne dass es eine klare Zielsetzung gibt, was dort erreicht werden soll.
Neben dem Integrationsthema setzen sie auch auf Kritik an der Stadtentwicklung. Lange Zeit sehnte man sich in St. Pölten nach Zuzug, nun scheint es manchen zu viel Wachstum zu geben. Wird die ÖVP wieder gegen „Sankt Beton“ antreten? Es ist ganz einfach, die Entwicklung der Infrastruktur hat nicht mit der Entwicklung der Bevölkerungszahl Schritt gehalten. Es wurde zu wenig investiert, auch in soziale Infrastruktur etwa bei Kindergärten. Das rächt sich und die Wachstumsschmerzen kann man nicht weiter leugnen. Wir möchten diesen rasanten Wachstumskurs entschleunigen. St. Beton war ein Slogan, mehr Lebensqualität als Ziel – und das bleibt.
Kann man den „Pulleffekt“ der Hauptstadtwerdung abdrehen?
Es braucht dringend eine Überarbeitung des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts (ISEK), das aktuelle Konzept stammt aus 2014. Das tatsächliche Wachstum war viel stärker, als es damals angenommen wurde. Zugleich hinken wir beim Ausbau der Infrastruktur hintennach, das ist der Vorwurf an die Verantwortlichen. Bis wir mit machbaren Plänen für den Ausbau der Infrastruktur und die Entwicklung der Stadt nachgezogen haben, würden wir über die städtische Raumordnung einen Baustopp für Großprojekte im Wohnbau durchsetzen – andere Gemeinden in NÖ haben das auch schon durchgezogen.
Ein Baustopp soll verhindern, dass Private auf ihren Gründen weiteren Wohnraum errichten?
Je schneller wir uns auf einen Plan für die Entwicklung der Stadt einigen, desto weniger Eingriffe in mögliche Projekte braucht es. Aber so, wie es in den letzten Jahren gelaufen ist, kann es nicht weitergehen.
Apropos Baustopp. Wie stehen Sie zum Bauvorhaben des REWE-Konzerns, der im Süden der Stadt ein riesiges Zentrallager errichten möchte? 10.000 Bürger haben gegen dieses Projekt unterschrieben. Wir finden es schade, dass auf dieser extrem wertvollen Industriefläche ein großes Logistikprojekt umgesetzt wird. Darum haben wir vorgeschlagen zu prüfen, ob nicht die Betriebsflächen von Kika/Leiner eine gute Alternative für den REWEKonzern wären. Generell wünschen wir uns mehr Anstrengungen, um Produktionsbetriebe anzulocken. Dafür bräuchte es eine klare Strategie, wohin die Stadt wachsen soll. Gerade bei großen Ansiedelungen sollte man als Hauptstadtregion agieren und auch über Gemeindegrenzen hinweg zusammenarbeiten.
Auch die geplante S 34 ist ein umstrittenes Stadtentwicklungsprojekt. Soll die Schnellstraße gebaut werden?
Ein wichtiger Schritt wäre, dass man im Rathaus damit aufhört, es den Leuten noch schwerer zu machen, in die Innenstadt zu kommen.
FLORIAN KRUMBÖCK, LANDTAGSABGEORDNETER ÖVP NÖ
Florian Krumböck ist am 10. September 1991 in St. Pölten geboren. Nach dem BORG studierte er an der FH St. Pölten. Mit 15 Jahren begann er sich als Schülervertreter politisch zu engagieren. Seit 2016 sitzt er für die ÖVP im St. Pöltner Gemeinderat, seit 2021 ist er Klubobmann seiner Fraktion. Seit 2023 vertritt er die Stadt auch als Abgeordneter zum NÖ Landtag.
Der Bürgermeister ist jedenfalls seit langem säumig, Ersatzflächen für die Landwirte aufzutreiben – für uns eine Grundvoraussetzung. Wir sind auch überzeugt, dass eine Redimensionierung des bestehenden und bereits gesetzlich beschlossenen Bauvorhabens äußerst sinnvoll ist. Dabei soll der Flächenverbrauch so weit als möglich reduziert werden. Es ist aber eine Tatsache, dass wir auch aufgrund des Stadtwachstums diese Umfahrungsstraße brauchen –jedoch in einer schlankeren Variante als ursprünglich geplant.
Österreichweit kämpfen Gemeinden mit einer angespann-
ten Budgetsituation. Die Stadtfinanzen sollen auch in Ihrem Wahlkampf eine Rolle spielen? Der Schuldenstand der Stadt beträgt 170 Millionen Euro, das entspricht rund 70 Prozent der gesamten jährlichen Einnahmen. Heuer kommen 13 Millionen Euro dazu, bis 2029 nochmals 46 Millionen. Der Schuldenstand ist einfach zu hoch, so bleiben uns keine freien Mittel für eine kluge Stadtentwicklung. Was uns vor diesem Hintergrund massiv stört: In dieser Stadt hält keine einzige Planung. Egal, welches Projekt im Gemeinderat beschlossen wird, die Endabrechnung fällt immer um ein Eck teurer aus und es müssen weitere Mittel beschlossen werden. Egal ob der sinnlose Windfänger am Europaplatz oder die Überdachung des Karmeliterhofes, für Prestigeprojekte des Bürgermeisters wird Geld ausgegeben, das wir nicht haben. Dazu kommt der Umstand, dass die Minderheitenrechte nicht ausreichen und wir als Opposition etwa keine Prüfaufträge an den Stadtrechnungshof erteilen können. Auch bei den ausgelagerten Gesellschaften der Stadt wird oft auf die nötige Prüfkompetenz verzichtet und somit das wichtige Kontrollrecht untergraben.
Ein Dauerbrenner ist die Innenstadt. Was läuft denn falsch und was kann das Rathaus dafür? Wir zeichnen gerne folgendes Bild. Die Innenstadt ist das Herz unserer Stadt. Aber sie hat Herzrhythmusstörungen, die vom Rathaus ignoriert beziehungsweise teilweise sogar herbeigeführt werden. Wir glauben, es braucht rasch einen Herzschrittmacher. Bevor es zum Infarkt kommt. Was das Rathaus tun kann, liegt auf der Hand. Wir könnten mal die Auswertung der Mobilfunkdaten anschauen, um ein
besseres Bild zu habe. Der Leerstand insbesondere bei Shop-Flächen ist ein großes Problem, darum braucht es Kreativität, um dem Strukturwandel im Handel etwas entgegenzusetzen. Es ist zu wenig, wenn man im Rathaus mit den Schultern zuckt und auf die erfolgreiche Gastronomie verweist. Zur lebendigen Innenstadt gehören auch funktionierende Handelsflächen. Wir haben im Gemeinderat zwölf konkrete Punkte eingebracht, die allesamt von der SPÖ niedergestimmt wurden. Da ging es etwa um einen Bringdienst für Einkäufe, ein einheitliches Tarifsystem, ein modernes Park-Leitsystem, bessere Informationsangebote. Es kann doch nicht sein, dass bei diesen zwölf Ideen keine einzige Maßnahme dabei war, die es wert wäre, sich als Mehrheitsfraktion damit zu beschäftigen? Ein wichtiger Schritt wäre auch, dass man im Rathaus damit aufhört, es den Leuten noch schwerer zu machen, in die Innenstadt zu kommen. Da landen wir dann zwangsläufig bei der Diskussion um Parkflächen. Der Wegfall der Stellplätze ist natürlich spürbar für die Betriebe. Und beim autofreien Domplatz muss man festhalten, dass sich die Stadtregierung über einen Gemeinderatsbeschluss hinwegsetzt, da eigentlich Ersatzflächen für die wegfallenden Stellplätze am Domplatz vorgesehen waren, doch diese fehlen bis heute.
17:00 Uhr. Als wir unser Gespräch begannen, stand eine blauschwarze Bundesregierung im Raum, nun sind die Verhandlungen gescheitert. So schnell geht es in der Politik, wie Krumböck weiß. Schon einmal blickte er um 7 Uhr in der Früh auf sein Handy – und war wenige Minuten später designierter Bundesrat. Wie hat er gesagt: Nichts anstreben, aber auch nicht ‚nein‘ sagen.
Unser Land braucht Frauen, die ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen. Verändern wir die finanzielle Zukunft von Frauen!
„Statt dem Büro für Diversität brauchen wir ein Büro für gelungene Integration“, forderte im Jänner Stadtrat Florian Krumböck via Aussendung und sorgte damit beim angesprochenen Team einigermaßen für Verwunderung, wurde die Stadteinrichtung doch dereinst u. a. genau deshalb gegründet und legt einen Hauptfokus der Arbeit auf Integration und Dialog.
BÜRO FÜR DIVERSITÄT. Setzen sich unter anderem für gelebte Integration und Dialog in der Stadt ein: Martina Eigelsreiter, Julia Höllmüller und Nadine Lojka (v.l.n.r.).
Auf die Kritik angesprochen, stellt die Leiterin des Büros für Diversität Martina Eigelsreiter das Selbstverständnis der Einrichtung wie folgt dar: „Städte sind für alle da! Städte, die sich um Menschen anderer Herkunft bemühen, setzen Angebote, die nicht nur für Deutschsprachige sind, es gibt Veranstaltungen, bei denen unterschiedliche Kulturen gefeiert werden und Netzwerke für neu zugezogene Menschen. St. Pölten hat als multikulturelle und -religiöse Stadt (an)
erkannt, dass es hier etwas zu tun gibt, und hat 2012 mit dem Büro für Diversität eine Anlaufstelle für Menschen geschaffen, die neu in der Stadt sind. Mit dem Ziel, die Lebens- und Zukunftsperspektiven der in St. Pölten lebenden Menschen zu verbessern, setzt das Büro für Diversität viele verschiedene Maßnahmen und Projekte um.“
Diesbezüglich verweist sie etwa auf das seit 2016 bestehende Diversity Café St. Pölten „als Begegnungsraum für zwischenmenschlichen
Mit Stand 2024 wies St. Pölten eine Gesamtbevölkerung von 59.770 Personen auf, davon 46.052 (77%) Österreicher und 13.718 (23%) Nicht-Österreicher.
Die Gruppe der Nicht-Österreicher bilden 4.392 EU-Bürger, 2.072 Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien, 1.397 Türken, 3.195 Menschen aus Asien (davon als größte Gruppen 1.525 Syrer und 836 Afghanen), 1.744 Bürger aus der ehemaligen UDSSR (davon als größte Gruppen 734 Russen und 830 Ukrainer), 341 Afrikaner, 197 Amerikaner, 6 Personen aus Australien und Ozeanien, 259 Sonstiges (staatenlos/ungeklärt/unbekannt). Quelle: Statistischer Jahresbericht St. Pölten
Alt-Alevitische Glaubensgemeinschaft, Alt-Katholische Kirche, Bahá’i Religionsgemeinschaft, Evangelische Kirche, Freie Christengemeinde – Pfingstgemeinde, Islamische Glaubensgemeinschaft, Alevitische Glaubensgemeinschaft, Islamische-Schiitische Glaubensgemeinschaft, Katholische Kirche, Kirche der Siebenten-Tags-Adventisten, Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, Neuapostolische Kirche, Rumänisch-orthodoxe Kirche, Serbisch-orthodoxen Kirche.
Austausch, auch jenen zwischen den Kulturen“, das im Vorjahr mit dem Monika-Vyslouzil-Preis ausgezeichnet wurde, 2020 von „Respekt.net“ zum „Ort des Respekts“ gekürt wurde und bereits 2021 den Österreichischen Verwaltungspreis erhielt.
Ein anderes vom Büro unterstütztes Integrations-Modul sind die Schulworkshops „Flucht & Migration – Integration durch Vereine und Sport“ von Damir Dukić. Der Handballtrainer der Sportunion St. Pölten, dereinst selbst in Folge des Balkankrieges nach Österreich geflüchtet, hat am eigenen Leib die positive Relevanz von Sport-Vereinen als Vehikel der Kontaktanbahnung, Integration in die Gemeinschaft sowie des schnelleren Spracherwerbs kennengelernt. Seine Erfahrungen und Gedanken zum Thema Migration und Sprache gibt er im Rahmen von Schul-Vorträgen weiter.
Dem Wunsch Krumböcks im Gemeinderat, man möge doch lieber Deutschkurse denn Kurdischkurse anbieten, hält man entgegen, dass man zwei Mal pro Woche jeweils für drei Stunden mit Unterstützung von Ehrenamtlichen Zuwanderinnen und Zuwanderern Deutschkurse anbietet. „Die Kurse sind auf lokale Bedürfnisse ausgerichtet, bedarfsorientiert und flexibel“, so Eigelsreiter. Zudem führt man für Kinder und Jugendliche mit Sprachschwierigkeiten den Feriendeutschkurs „Deutsch für mich“ durch „zur Überbrückung und Vorbereitung auf das nächste Schuljahr.“
Interreligiöser Dialog
Ein ganz klarer Fokus auf Integration und friedliches Zusammenleben liegt nicht zuletzt dem 2015 gegründeten „Interreligiösen Dialog“ zugrunde, für den im Vorjahr ein gemeinsames Wertebekenntnis ausformuliert wurde: „Wir teilen die Überzeugung, dass vor jeder Zuordnung zu einer Religion jeder Mensch ein Mensch ist, mit besonderem Wert und besonderer Würde, unabhängig von Nationalität, Alter, Geschlecht und Religion. Als Mit-
glieder der Interreligiösen Dialogplattform der Landeshauptstadt St. Pölten bekennen wir uns zur Gewaltfreiheit. Nicht in unserem Namen und nicht im Namen unserer Religion können und dürfen religiöse Argumente zur Rechtfertigung von Gewalt missbraucht werden. Wenn Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlicher Religionen zusammenkommen, so treffen auch unterschiedliche Welt- und Lebensdeutungen aufeinander. Wir bemühen uns, Gemeinsamkeiten und Verbindendes zu sehen und Trennendes nicht zu verbergen, sondern in aller Offenheit anzusprechen und auszuhalten. Wir bekennen uns zu einem ehrlichen Dialog in Respekt voreinander. Dazu bekennen wir uns.“ Insgesamt beteiligen sich 14 Glaubensgemeinschaften am Interreligiösen Dialog.
Als weitere Initiativen des Büros für Diversität führt Eigelsreiter den „Iftar-Empfang“ an, im Zuge dessen der Bürgermeister anlässlich des Fastenmonats Ramadan Vertreterinnen und Vertreter muslimischer Vereine mit Frauen- und Jugendbeauftragten sowie die muslimischen Religionsgemeinschaften ins Rathaus einlädt, die von den verschiedenen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich geführte „Wärmestube im Saal der Begegnung“ oder auch das mit Jänner diesen Jahres gestartete Integrationsprojekt „Singende Friedenstaube“, im Zuge dessen Menschen unterschiedlicher Religionen in Begegnungsworkshops zusammen kommen.
Das ist nicht nichts. Tatsächlich sind die Herausforderungen im Integrationsbereich aber nicht weniger geworden, weshalb wohl insgesamt eher an eine finanzielle und personelle Aufwertung des Büros für Diversität denn seine Liquidierung gedacht werden müsste. Insbesondere unter dem Aspekt, dass es auch weitere wichtige gesellschaftliche Themenfelder bearbeitet, die nicht vernachlässigt werden dürfen: Menschen mit Behinderung, Gleichberechtigung der Frauen, sexuelle Orientierung.
Tatort Innenstadt, Ecke Fuhrmannsgasse – Steinergasse. Ein alter weißer Mann (nicht nur metaphorisch – weißer Schnauzbart, weißes Haupthaar, gelbe Daunenjacke) drischt auf den Parkautomaten ein, schreit, flucht: „Depperter Kasten, i wer glei ganz narrisch …“ Der Mann hinter ihm will helfen, greift zum Ausgabeschlitz, kriegt vom Tobenden ansatzlos einen Schlag in die Magengrube: „Verschwind‘, sonst passiert was!“ Der Mann ohne Manieren schafft es schließlich, das Parkticket aus dem Schlitz zu fummeln, geht zu seinem dunklen SUV, weiterhin lautstark brüllend: „Sowas Blödes …“
Die Szene erinnert an Joachim Ringelnatz‘ Satz: „Die Leute sagen immer: Die Zeiten werden schlimmer. Die Zeiten bleiben immer. Die Leute werden schlimmer.“ Allüberall. Brutalität, Respektlosigkeit, Dummheit, Geringschätzung. Despoten global und Möchtegern-Despoten in den Straßen von St. Pölten. Oder etwas subtiler im Netz. Da sucht in einer heimischen Facebook-Gruppe ein Mann eine „süße“ Maus. Und viele, viele, vor allem weibliche Menschen, wünschen ihm dabei viel Glück. „Indianer“ und „Neger“ haben die Claqueurinnen zwar sicher aus ihrem Wortschatz gestrichen, aber Maus als Synonym für Frau, das finden sie putzig. Sprache schafft ja, wie wir wissen, Realität, erzeugt Bilder im Kopf. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der suchende Mann sich als Mäuserich sieht – eher schon als Kater oder Löwe. Alles klar mit dem Bild im Kopf? Schwaches Mausi – starkes Raubtier. Die Zeiten bleiben immer, die Machos sterben nicht aus. Und Frauen klatschen Beifall.
MÜLLSKANDAL? Greenpeace hat Falschdeponierung aufgedeckt, der DeponieBetreiber spricht von „haltlosen Vorwürfen.“
Die kika/Leiner Pleite, das leerstehende Leiner-Stammhaus am Rathausplatz, das unter dem klingenden Namen „Rossmarkthöfe“ firmiert sowie vermeintliche Ungereimtheiten und Geruchsbelästigung bei der Mülldeponie am Ziegelofen halten seit geraumer Zeit die Stadt in Atem. MFG hat sich nach dem Status quo erkundigt.
Von einem „Deponie-Skandal in St. Pölten“ sprach Greenpeace in einer Aussendung im Dezember. Auf der Mülldeponie am Ziegelofen, die von der Zöchling Abfallverwertungs GmbH betrieben wird, sei es zur Ablagerung großer Mengen unbehandelter Rest- und Sperrmüll-Abfälle gekommen. Die NGO hat entsprechendes Videound Fotomaterial angefertigt und
den zuständigen Behörden übergeben. Beim Land Niederösterreich reagierte man damals und schloss die Deponie, um Material zu sichten und auszuwerten. Bis Redaktionsschluss war das Ergebnis dieser Auswertungen noch nicht bekannt, mögliche Konsequenzen für den Betreiber hängen von diesen Untersuchungsergebnissen ab. Als Grund gab die Firma Zöchling das hohe
Müllaufkommen nach dem Hochwasser im September an, aufgrund eines Logistikfehlers sei es dazu gekommen, dass einzelne Fuhren an falscher Stelle zwischengelagert wurden.
Im Jänner legte Greenpeace dann noch einmal nach: historische Luftund Satellitenbilder würden belegen, dass es bereits in der Vergangenheit Verdachtsfälle für Falschdeponie-
rungen gegeben habe. „Die Aufnahmen aus der Luft geben Hinweise darauf, dass die Falschdeponierung bereits deutlich länger zurückgeht und ein deutlich größeres Ausmaß hat als bisher angenommen“, so Stefan Stadler, Sprecher des Investigativ-Teams bei Greenpeace in Österreich. Bei Zöchling weist man die Vorwürfe als „haltlos und rein spekulativ“ zurück. „Die erhobenen Anschuldigungen beruhen rein auf Spekulationen und Vermutungen. Wir verwehren uns entschieden dagegen und erwarten uns, dass die Ergebnisse der behördlichen Untersuchungen abgewartet werden, bevor haltlose Vorwürfe nicht nur die Existenz des Unternehmens, sondern die gesamte Entsorgungsinfrastruktur in Ostösterreich gefährden“, heißt es aus dem Unternehmen.
Privatisierung 2019
Bis 2019 wurde die Deponie am Ziegelofen noch von der Stadt St. Pölten betrieben und dann an die Firma Zöchling verkauft. Der Verkauf ging mit einer Vergrößerung und intensivierter Nutzung der Deponie einher. Ziemlich zeitgleich wurde Geruchsbelästigung in der Nachbarschaft zum Thema. Im Sommer 2022 gründete sich deshalb der Verein „Landeshauptstadt-Luft“, um dagegen anzukämpfen und Bewusstsein bei der Politik zu schaffen. „Wie die jüngste Presseaussendung von Greenpeace schlüssig darlegt, begann die intensive Nutzung der Deponie bereits im Oktober 2019, nur 4 Monate nach dem Verkauf. Ein Gutteil der bis dahin gepflanzten Deponie-Begrünung, welche auf natürliche Weise Mief zurückhält, wurde entfernt. Insbesondere seit 2023 wurden in kurzer Zeit große Materialmengen deponiert. Unsere Geruchsprotokolle passen exakt zu dem von Greenpeace gezeigten zeitlichen Verlauf“, führt Vereinsobmann Wilhelm Maurer aus.
Den „großflächigen Umbau“ der Deponie im Jahr 2019, den auch Greenpeace als Kritikpunkt anführt, begründet man bei Zöchling mit betriebswirtschaftlichen Notwendig-
keiten. In einer Aussendung hält das Unternehmen außerdem fest, dass man sich mit dem Kauf der Deponie zur Sicherung, Rekultivierung und Nachsorge verpflichtet habe. Vonseiten der Stadt begrüßt man die Kontrollen, Bürgermeister Matthias Stadler lässt wissen, dass man schon lange eine Aufklärung der Situation vor Ort durch die zuständige Landesbehörde fordere. Mit Bereitstellung entsprechender Flächen habe die Stadt außerdem bereits vor längerem die Grundlage für den Bau einer Halle samt Abluftanlage geschaffen. Vonseiten der Firma Zöchling bestätigt man, dass im Februar 2023 vereinbart wurde, ein entsprechendes Genehmigungsprojekt zu erstellen und einzureichen. Das Verfahren läuft derzeit beim Land, zur Dauer könne aktuell keine Auskunft gegeben werden. Auch darüber, wie lange die Errichtung der Halle im Anschluss an einen positiven Bescheid dauert, kann aktuell noch keine Auskunft gegeben werden. Es kann also noch dauern, bis sich die Luftqualität im Westen St. Pöltens verbessert. „Je nach Ausmaß der notwendigen Sanierungen dürften uns Anrainern aber mittelfristig
VISION UND WIRKLICHKEIT. SIGNA versprach mit den „Rossmarkthöfen“(u.) ein Eldorado, SÜBA übernahm das Projekt, die Realität (r.) sieht bislang trist aus.
Monate, wenn nicht sogar Jahre mit üblem Mief bevorstehen“, befürchtet Landeshauptstadt-Luft Vereinsvorstand Maurer. Die Frage, ob der Verkauf der Deponie 2019 angesichts der nunmehrigen Probleme ein Fehler war, bleibt vonseiten der Stadt unbeantwortet.
Baustelle Rossmarkthöfe
Ein neues Stadtquartier am Rathausplatz. Das war der damalige Plan der -Gruppe, die auf dem Areal des ehemaligen Leiner-Möbelhauses u. a. Wohnungen und ein Hotel errichten wollte. Schnell zur Hand attraktive Renderings, die von mondänem Großstadtflair träumen ließen – passiert ist bis heute nichts, stattdessen verströmt der leerstehende Bunker insbesondere auf der Rückseite den Charme aufgelassener Fabrikshallen. 2022 übernahm der Bauträger SÜBA AG das
Wir ALLE sind ratlos und zutiefst traurig, wie kann ein solches Imperium so zunichte gemacht werden!?
Projekt, vor einem Jahr wurde auf Nachfrage noch von einer „zeitnahen Umsetzung“ gesprochen, und auch die Stadt St. Pölten bestätigte, dass man in engem Austausch mit dem Bauträger stehe. Allein, ein Jahr ist ins Land gezogen, nichts ist weitergegangen, die Zukunft scheint vage. Auch seitens der Stadt hält man auf Anfrage fest, dass es „leider keine Neuigkeiten“ gäbe.
Zu allem Überfluss meldete ein Tochterunternehmen der SÜBA AG Ende Dezember Konkurs an. Betroffen sind davon 14 Dienstnehmer sowie 110 Gläubiger. Das Unternehmen teilt auf Anfrage mit, dass das Insolvenzverfahren „keinen direkten Einfluss auf die weiteren SÜBA-Projekte – so auch die Rossmarkthöfe – habe, deren Planung fortgesetzt wird.” Zum Stand der Planungen gibt es allerdings keine Informationen und das Unternehmen hält nur allgemein fest: „Grundsätzlich gehen wir optimistisch in dieses Jahr: Durch das Auslaufen der KIMVerordnung und die eingeläutete schrittweise Senkung des Leitzinses stehen die Vorzeichen für eine bevorstehende positive Wende in der Immobilien- und Baubranche aktuell wieder gut.” Angesichts unübersehbaren jahrelangen Stillstands auf der „Baustelle“ beruhigt diese Aussage nicht wirklich.
Ein Ende mit Schrecken Erst vor knapp einem Jahr widmete sich MFG den Entwicklungen bei kika/Leiner. Das Traditions-Möbelhaus mit Sitz in St. Pölten hatte bereits 2023 ein Sanierungsverfahren beantragt. Filialschließungen und Entlassungen im Logistikbereich waren die Folge. Bis September 2025 sollte die Sanierung, so der Plan damals, abgeschlossen sein. Auf MFG-Anfrage hieß es seitens des Unternehmens im Frühjahr 2024: „Die Ergebnisse bewegen sich innerhalb des vorgelegten Sa-
nierungsplanes. Die Geschäftsleitung ist mit dem Wiederaufbau von kika/Leiner zufrieden.“ Gereicht hat das alles nicht – mit 15. November 2024 hat das Unternehmen beim Landesgericht St. Pölten Insolvenz angemeldet und schließt damit endgültig.
Aktuell läuft das Konkursverfahren, insgesamt mehr als 1.300 Arbeitsplätze gehen durch die Pleite verloren, 924 Gläubiger aber auch zahlreiche Kunden, die bereits Anzahlungen geleistet haben, sind davon betroffen. Mit Ende Jänner haben die letzten verbliebenen Filialen geschlossen. Das Land Niederösterreich und das AMS NÖ haben noch im Dezember die Einrichtung einer Arbeitsstiftung beschlossen, um bis zu 300 Teilnehmern bei der Suche nach neuen beruflichen Perspektiven zu unterstützen. Man gehe seitens des AMS davon aus, dass einige Mitarbeiter den direkten Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt schaffen, für alle anderen soll die Stiftung Umstiegsmöglichkeiten eröffnen. Es ist der Schlusspunkt
einer Abwärtsspirale, die ihren Anfang bereits 2018 mit dem Verkauf an die südafrikanische Steinhoff International Holdings nahm. Nach mehreren Weiterverkäufen, an den Signa-Konzern sowie anschließend die Grazer Supernova Invest GmbH sowie stetem Stellenabbau ist seit Ende letzten Jahres klar: die gemeinsame Geschichte von Leiner und der Stadt St. Pölten ist zu Ende. Die Leiner-kika Belegschaft erinnerte in der Auslage des ehemaligen LeinerStammhauses am Rathausplatz mit einem Gedicht an den legendären Gründer und bessere Zeiten. „Wir ALLE sind ratlos und zutiefst traurig, wie kann ein solches Imperium so zunichte gemacht werden!? … Herr Leiner war noch ein Mann mit Handschlagqualität, ein Mensch mit großem Herz und großer Spendebereitschaft. Es war uns eine EHRE, ein Teil der damaligen Leiner Philosophie zu sein. Wir suchten damals einen Job und fanden eine große Familie und Freunde! Vielen Dank und auf Wiedersehen! Ihre ehemalige Belegschaft von kika und Leiner.“
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Auch wenn Klima- und Ökologiethemen in den diversen Regierungsverhandlungen zuletzt nicht gerade ganz oben auf der Prioritätenliste standen, sind gewisse eingeleitete Entwicklungen unwiderruflich im Vormarsch – wie etwa das Modell von Energiegemeinschaften, das nun auch die heimische Raiffeisenbank aufgreift.
Der Grundgedanke von Energiegemeinschaften, die insbesondere auf erneuerbare Energien wie Strom aus Photovoltaik, Windkraft oder Kleinkraftwerken aufbauen, wurde zuletzt etwa im Rahmen des „KlimaTisch on Tour“ der Klimakoordinationsstelle des Magistrats wie folgt umrissen: „Energie sauber und nachhaltig im Ort produzieren und vor Ort verbrauchen: Das ist das Ziel einer Energiegemeinschaft. Konkret: Ein Haushalt bzw. ein Betrieb in St. Pöl-
ENERGIEWENDE. Präsentierten die neue Energiegemeinschaft „Impuls 2.0“: Sebastian Leopold, Abteilungsleiter Transformation & Innovation, und GD Michael Höllerer (beide RLB Wien-NÖ) sowie Raiffeisen St. Pölten Geschäftsleiter Thomas Schauer.
ten besitzt oder errichtet eine Photovoltaik-Anlage und nutzt einen Teil des Stroms selbst. Kommt es zu einem ‚Überschuss‘ wird die Energie nicht einfach ins überregionale Netz eingespeist, sondern mit den Nachbar:innen geteilt.“
Tatsächlich gibt es, wie Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf im Rahmen des Raiffeisen EnergieSparTages ausführte, in Nie-
derösterreich mittlerweile „1.000 Energiegemeinschaften mit mehr als 30.000 Mitgliedern, das entspricht einem Drittel von ganz Österreich!“ Ein wachsender, relevanter Booster für die angepeilte Energiewende des Bundeslandes Niederösterreich, „das 40 Prozent des österreichweiten Ausbaus der erneuerbaren Energie im Bereich der Photovoltaik und Windkraft stemmt! Gleichzei-
tig haben wir 37 Prozent der Treibhausgasemissionen gesenkt bei einer Steigerung des Wirtschaftswachstums in ähnlicher Höhe. Das zeigt, dass Umweltschutz und nachhaltiges Wirtschaften kein Widerspruch sind“, so der Landeshauptfrau-Stellvertreter, der deshalb auch an eine künftige Regierung appelliert „Unterstützungen nicht abzuwürgen und vor allem konstant zu fördern – diese Verlässlichkeit brauchen unsere Betriebe.“
Auch die Stadt St. Pölten setzt auf die Zukunftsträchtigkeit von Energiegemeinschaften und hat bereits Ende des Vorjahres zwei Vereine gegründet, die in einem ersten Schritt zunächst für die eigenen Betriebe relevant sind. In einem zweiten Schritt
rollt man aktuell ein Modell der Bürgerbeteiligung aus.
Im Rahmen des Energiespartages präsentierte auch die Raiffeisenbank Region St. Pölten ihre neue Energiegemeinschaft „Impuls 2.0“, an der sich Bürger ab sofort beteiligen können. Ebenso hat man mit AURI einen eigenen Stromtarif aus 100% Ökostrom hochgezogen. „Werden die jetzt Stromverkäufer“, fragte Vorstandsdirektor Thomas Schauer rhetorisch und skizzierte die Hintergründe des Engagements.
„Tatsächlich landen wir bei unseren Kundengesprächen, etwa im Hinblick auf Wohnraumbeschaffung, immer wieder auch bei Fragen zur Energie und den Kosten dafür, sind zudem häufig Finanzie-
rungspartner bei der Umrüstung auf erneuerbare Systeme.“ Für ein Unternehmen, das in den letzten Jahren ein klares Bekenntnis zum Umweltschutz abgelegt hat, etwa eine Gemeinwohlbilanz vorlegt und den Raiffeisen-Corner nach ökologischen Gesichtspunkten umgesetzt hat, scheint der (nächste) Schritt zur Energiegemeinschaft naheliegend „zumal wir selbst eine Genossenschaft sind – damit kennen wir uns aus!“, betont Schauer, der von der Zukunftsträchtigkeit und Nachhaltigkeit des Ansatzes überzeugt ist.
„Mit Impuls 2.0 starten wir als Raiffeisenbank Region St. Pölten ein wegweisendes Projekt für die Region: Lokale Energie, gemeinsam erzeugt, fair verteilt und nachhaltig genutzt. Als Mitglied der Bürgerenergie-Gemeinschaft Impuls 2.0 wird man zum Teil einer Energiebewegung, die echte Veränderung schafft mit Strom aus der Region für die Region!“ In Niederösterreich gibt es 1.000 Energiegemeinschaften mit mehr als 30.000 Mitgliedern – ein Drittel Österreichs!
Wie ist die Idee eines „Forum Klimahauptstadt St. Pölten“ entstanden?
Als „Klimahauptstadt 2024“ hatten wir uns selbst ein Ablaufdatum gesetzt, um strikt aus der zivilgesellschaftlichen Rolle heraus Bewusstsein dafür zu schaffen, dass St. Pölten zu einer Modellstadt im Sinne unseres Leitbildes werden kann. Unserem Verständnis nach hat diese zurückliegende Bewusstseinsbildung Früchte getragen: Das Thema Klimaschutz ist im Rathaus angekommen und wird ernst genommen; wir haben eine kompetent besetzte Klimakoordinationsstelle und die Stadtplanung arbeitet mit inzwischen sichtbarem Erfolg an einem Alltag der kurzen Wege. Im Dezember haben wir uns dann zusammengesetzt und aufgrund der ermutigenden Zwischenergebnisse beschlossen, fortan mit der Einladung zur verstärkten Zusammenarbeit auf St. Pöltens Politik und Wirtschaft zuzugehen.
Aber dumm gefragt: Was ist an einem Forum Klimahauptstadt jetzt großartig anders als an einem Netzwerk Klimahauptstadt?
Der große Unterschied findet ja mit der Neuausrichtung im wirklichen Leben statt, weil Klimahauptstadt 2024 eben die Vernetzungsplattform der Initiativen war, während mit „Forum Klimahauptstadt“ neben den Initiativen nun auch alle guten
Das Initiativnetzwerk „Klimahauptstadt 2024“ rührte die letzten Jahre in klimarelevanten Fragen gehörig um.
Anfang des Jahres wurde es unter dem Motto „Reiner Tisch“ in ein „Forum Klimahauptstadt St. Pölten“ überführt. Was dies genau bedeutet, darüber sprachen wir mit Initiativen-Sprecher Dieter Schmidradler.
Geister von Politik, Wirtschaft und Institutionen eingeladen sind, gemeinsam an der Klimahauptstadt zu arbeiten. Beim „Reinen Tisch“ war
• Alpenverein St. Pölten
• Bauwende 3100
• Bodenschutz St. Pölten
• Exit Green
• Extinction Rebellion NÖ
• Fridays For Future St. Pölten
• Gemeinwohl Ökonomie
• Grünstattgrau
• Klimavolksbegehren
• Landrettung.at
• Lebenswertes Traisental
• Metamorphosis 2050
• Naturfreunde St. Pölten
• Nein zur Spange Wörth
• NÖ Berg- und Naturwacht
• Radlobby St. Pölten
• Stopp S34
• Umwelt Lebenswert Obergrafendorf
• Verkehrswende.at
• ZUUM
erstmals etwa die Stadtverwaltung mit dabei. Die Arbeitsweise ist dabei dieselbe, die Außenwahrnehmung hoffentlich aber eine andere, weil damit verschiedene Blickwinkel vertreten sind und wir das gemeinsame Ziel noch glaubwürdiger in den Mittelpunkt rücken können.
Hegt man nicht die Befürchtung, dass durch das neue Format ein Jahr vor der Wahl die Initiativen quasi an die Leine genommen und ihre Protestaktionen eingehegt werden sollen?
Nein, da haben wir keine Angst. Es ändert sich ja nichts an dem, wofür wir eintreten – das steht ja alles weiterhin Schwarz auf Weiß auf der Website nachzulesen, und es ist auch im Forum nicht beabsichtigt, das Ziel – gemeinsam an einer Klimahauptstadt im beworbenen Sinne zu arbeiten – irgendwie aufzuweichen.
Im Verhältnis zur Stadt stehen aber gemeinsamen Zielen teils fundamentale Auffassungsunterschiede entgegen, wenn man etwa an S34, REWE Zentrallager, Polizei-Sicherheitszentrum oder
zuletzt ÖAMTC-Hubschrauberlandeplatz denkt. Sind da nicht Konflikte vorprogrammiert?
Es sind dieselben Konflikte wie vorher. Wir werden diese aber nicht am gemeinsamen Tisch des Forums austragen, weil wir als Forum weiterhin zu 100 % auf unseren verschriftlichten Positionen und Zielsetzungen der Klimahauptstadt 2024 aufbauen. Es hatten ja auch niemals alle Initiativen deckungsgleiche Positionen, und nicht alle beteiligten Initiativen können/wollen/dürfen so klare Kante zeigen, wie wir das gemeinsam über das Klimahauptstadt 2024Netzwerk gemacht haben.
Den Initiativen wird ja bisweilen vorgeworfen, dass sie bei
Moderatorin Elisabeth Prochaska, Martin Gruber-Dorninger und David Obergruber (KlimaK der Stadt St. Pölten), Hermann Fahrnberger (Landrettung St. Pölten), Dieter Schmidradler (Klimahauptstadt 2024), Maria Zögernitz (Radlobby St. Pölten), Hannes Lischka (Gemeinwohl-Ökonomie)
jedem größeren Projekt a priori dagegen sind, damit aber – gäbe man dem immer nach – eine Fortentwicklung der Stadt in Sachen Kommunalabgaben, Wohnraum, Betriebsansiedlungen etc. nicht möglich wäre. Prallen da einfach zu unterschiedliche Ansätze von „Entwicklung“ aufeinander? Wer wirft das vor? Es gibt glücklicherweise rechtsstaatliche Grundsätze, die von Initiativen eingemahnt werden, und auch subjektive nachbarschaftliche Interessen, die zu wahren sind. Mit der Ungewiss
heit, ob in 500 Jahren der Mensch auf seinem Heimatplaneten weiter überlebensfähig sein wird, kann die Richtung, die Altvordere eingeschlagen haben, schlichtweg nicht mehr so weitergeführt werden. Auch mit Hinblick auf die Reduktionsziele gemäß Klimapfades gibt es aus der Zeit gefallene Projekte, die mit einer zukunftsgewandten Weiterentwicklung unserer Gesellschaft unvereinbar sind. In diesem Sinn ist es auch in gesamtgesellschaftlicher Hinsicht entscheidend, dass sich Initiativen weiterhin engagieren und ihre Möglichkeiten bündeln.
„Vor ein paar Jahren wäre es nicht denkbar gewesen, dass wir hier gemeinsam am Tisch sitzen!“, betonte Martin GruberDorninger von der Klimakoordinationsstelle (KlimaK) der Stadt im Zuge des „Reinen Tisch“. Tatsächlich wurde das InitiativNetzwerk „Klimahauptstadt 2024“ bislang eher in der Rolle des zivilgesellschaftlichen Gegenparts und Kritikers der städtischen Klimapolitik wahrgenommen denn als Partner. GruberDorninger stellte klar, „dass wir als Klimakoordinationsstelle Teil der Verwaltung sind und nicht für die Politik sprechen.“ Zugleich brach er eine Lanze für die Stadt(politik). „Da gibt es auch das ‚andere Gesicht‘ der Stadt, die offen ist für Ideen, für Petitionen –wie zuletzt etwa beim Bodenschutz – Gesprächsbereitschaft zeigt, Energiethemen vorantreibt“. Vieles –und das schimmerte als prinzipiell angestrebte Stoßrichtung des neuen Forums durch – könne eben nur im gemeinsamen Bemühen, wenn alle, wie es InitiativenSprecher Dieter Schmidradler bildlich formulierte „möglichst am selben Ende eines Stranges ziehen“, gelingen. Bewegung, auch dank steten zivilgesellschaftlichen Triggerns, attestierte auch Maria Zögernitz von der Radlobby. So wurde im neuen Mobilitätsplan außer Streit gestellt, das bestehende „Flickwerk“ im Radverkehr zu einem durchgängigen Netz auszubauen. Zudem sei,
wie die Mobilitätserhebung 2024 nahelegt, eine echte Verkehrswende eingeleitet. Nicht nur, dass der Anteil des Fahrradverkehrs von 11 % auf 18 % gestiegen ist, konnte –was Zögernitz als „Quadratur des Kreises“ bezeichnete – trotz eines Bevölkerungswachstums von 7 % gleichzeitig die Kilometerleistung im Verkehr um 17 % gesenkt werden. „An diesem Klimapfad müssen wir gemeinsam festhalten!“, forderte sie. GruberDorninger führte auch die Etablierung der KlimaK per se sowie St. Pöltens Teilnahme am Programm „Klimapionierstadt“ als konkrete Ausflüsse einer seriösen Klimapolitik an. „Der Klimazug in der Verwaltung ist ins Rollen gekommen.“ So wurden im Rahmen einer Strukturreform zuletzt die Agenden des Referats Umweltschutz und der KlimaK in einem gemeinsamen Geschäftsbereich „Nachhaltigkeit, Umwelt und Energiewirtschaft“ zusammengeführt. Im Bereich nachhaltige Energie gebe es zahlreiche Aktivitäten der Stadt: Von der energietechnischen Gebäudesanierung über den massiven Ausbau von Photovoltaik auf städtischen Gebäuden bis hin zum aktuellen Hochziehen einer Bürgerenergiegemeinschaft „Dadurch wird das Netz entlastet, erneuerbare Energie gefördert, CO2 gespart und die BürgerInnen können sich zudem Geld ersparen“, erläuterte dazu KlimaKKollege David Obergruber.
GruberDorninger verwies zudem, nachdem die Fernwärme zuletzt aufgrund des hochwasserbedingten Ausfalls der Müllverbrennungsanlage Dürnrohr wieder vermehrt auf Gas zurückgreifen musste, auf eine in Auftrag gegebene Studie zur Wärmespeicherung von Klärschlamm. Auf Nachfrage präzisiert Thomas Kainz vom städtischen Medienservice: „Es geht darum, wirtschaftlich, ökologisch und technisch zu überprüfen, ob – und wie es in St. Pölten möglich wäre, mit PVÜberstrom Wärmepumpen zu betreiben, die Klärschlamm trocknen, um diesen in weiterer Folge im Winter zu verbrennen und die Abwärme in die Fernwärme einzuspeisen. Durch eine Monoverbrennung würde außerdem Phosphor entstehen, der anschließend als Dünger genutzt werden kann.“
Der Pressesprecher führt als weitere Aktivitäten unter dem Prozess Klimapionierstadt „auch die Stadtklimaanalyse, das Energieraumplanungskonzept, die Teilnahme am Energieeffizienzprogramm e5, den KlimaTisch, die in Erarbeitung befindliche CO2Bilanzierung etc. an.“ Zudem lerne man durch den fruchtbaren Austausch zwischen den Klimapionierstädten voneinander. Wie meinte GruberDorninger beim „Reinen Tisch“: „Der Zug ist gut ins Rollen gekommen und wir werden uns auch nicht so schnell aufhalten lassen!“
*[haleandhearty]
WAS UNS IN ST. PÖLTEN SO FIT MACHT?
DasswirGesundheitbreitersehen:Sportstättenund SporteventsfürdieKondition.KulturundMiteinanderfür den Geist. Und nicht zuletzt: über moderne Abwassertechnik HygienebisinjedenWinkelderStadt. rundum
24 Jahre war Bettina Sax sozusagen von Wien verschluckt, wo sie als Bankerin Karriere machte. Nun kehrt sie als Vorstandsdirektorin der Sparkasse Niederösterreich Mitte West in ihre Heimatregion zurück. Wir plauderten mit ihr über Frauen in Spitzenjobs, die Rolle regionaler Banken in einer globalisierten Welt, warum sie die Bankenabgabe für reinsten Populismus hält und wo sich überall der Wandel der Zeit im Bankensektor niederschlägt.
Läuft Ihre Bestellung eigentlich unter dem Motto „Das Imperium schlägt zurück“– die neue Raiffeisen-Vorstandsdirektorin wechselte ja von der Sparkasse zu Raiffeisen, Sie nun umgekehrt von der Raiffeisenlandesbank zur Sparkasse. (lacht) Nein, da besteht kein Zusammenhang, Ich wurde im Zuge eines Headhuntingprozesses von Deloitte im Auftrag der Sparkasse ausgewählt – das lief alles sehr transparent und positiv unpolitisch ab.
Sie haben sich gegenüber rund 40 anderen BewerberInnen durchgesetzt, sind die zweite Vorstandsdirektorin einer St. Pöltner Bank. Haben wir damit endlich die gläserne Karrieredecke für Frauen durchstoßen? Also ich habe als Arbeitnehmerin und als Mama einer dreijährigen Tochter immer Unterstützung seitens meines Arbeitgebers erfahren, wurde auch hier in der Sparkasse gut aufgenommen. In meinem vorigen Job habe ich über viele Jahre österreichische Großunternehmen mit
meinem Team betreut – da fand sich in der Vorstands- bzw. Geschäftsführerebene keine einzige Frau, von „Decke durchstoßen“ sind wir also noch weit entfernt. Dass sich so wenige Frauen an der Spitze finden, liegt aber nicht allein an den Unternehmen, das ist vor allem nach wie vor ein Systemproblem, eines der persönlichen Einstellung sowie allen voran eines der gesellschaftlichen Akzeptanz.
Weil wir noch immer klassischen Rollenmustern verhaftet sind?
Als ich, auch im Bekanntenkreis, meine Karriereentscheidung kundgetan habe, kamen sofort Fragen wie: Warum tust du dir das an? Wie bringst du das als Mutter unter einen Hut? Hast du da kein schlechtes Gewissen? Mein Mann wurde noch nie mit derlei Fragen konfrontiert! Viele Frauen haben da einen weniger breiten Rücken als ich, denken sich dann, wenn sie das ständig hören, vielleicht lass ich es doch lieber bleiben. Es wird ein schlechtes Gewissen suggeriert und die Entscheidung Kind oder
Karriere: Bin ich gut genug als Mutter? Hat mein Kind wirklich in ausreichendem Maße meine Aufmerksamkeit? Das macht schon Druck.
Wobei Kind UND Karriere – jetzt geschlechtsneutral gesprochen – durchaus machbar sind. Du musst einfach gut organisiert sein. Mein Mann und ich haben einen komplett durchgetakteten Betreuungskalender: Wann geh ich früher nachhause. Wann hol ich unsere Tochter ab. Wann ist er dran. Wann brauchen wir zusätzlich die Oma zur Betreuung etc. Und da reden wir noch gar nicht vom Haushalt, der gemacht werden muss. Möglich ist dies nur in einer gleichberechtigten Partnerschaft auf Augenhöhe. Das ist aber, da sind wir wieder beim gesellschaftlichen Dilemma, nicht immer der Fall. Nehmen wir häufige Gedankengänge wie „Die Frau könnte eh – Vollzeit – arbeiten gehen, aber das, was sie dann verdient, geht ja sowieso für die Kinderbetreuung drauf, da ist es besser, sie bleibt gleich zuhause.“ Was dies mit der finanziellen Unabhängigkeit der
Am meisten reizt mich für die Bevölkerung vor Ort zu wirken. Die regionale Ebene wird in Zeiten der Globalisierung immer wichtiger!
ZUKUNFT. Einen Schlüssel für Wohlstand sieht Sax in Bildung, die sie auch über die Sparkasse fördert.
Frau, v. a. im Alter macht, wird in der Familie einfach nicht fair besprochen.
Das heißt auf die Idee, dass der Mann derjenige ist, der zuhause bleibt, kommt man erst gar nicht, ganz abgesehen von der Diskrepanz in Sachen finanzieller Gleichstellung. Eine Schieflage, die wir ja auch bei der Karenz beobachten können, wo Österreich mit 16 % Väterkarenz Schlusslicht in Europa ist – andere Länder haben Quoten jenseits der 70 %. Der Beginn des weiblichen Karriereknicks? Sicher. Österreich hinkt diesbezüglich im internationalen Vergleich gehörig nach, wenngleich sehr wohl ein Prozess im Gange ist. Aber man muss gute Rahmenbedingungen für die Kinderbetreuung schaffen seitens der Politik, nicht eine Zurück zum Herd-Prämie, wie aktuell herumschwirrt. Und man muss bei der Bildung ansetzen, auch bei den Rollenbildern. Tatsächlich zeigen Mädls bei uns, wie zahlreiche Studien bele-
gen, nach wie vor weniger auf, wenn es um die Karriere geht, trauen sich schlicht weniger zu. Viele denken sich, meine 110 % reichen nicht aus, während überspitzt formuliert männliche Kollegen oft mit nur 40 % voll Überzeugung sagen: „Na, sicher kann ich das!“ Diesbezüglich möchte ich auch bei uns im Haus Kolleginnen animieren und fördern, um mehr Frauen in Führungspositionen zu bekommen.
Als Vorstandsdirektorin können Sie darauf jetzt Einfluss nehmen. Was hat Sie eigentlich motiviert, den Job in St. Pölten anzunehmen? Sie waren zuvor bei Raiffeisen NiederösterreichWien als Abteilungsleiterin des Kommerzsektors ja eine große Nummer, haben Gelder von zwei Milliarden Euro verwaltet. Ich wollte aber nie nur eine reine Spezialistin sein und einen Job, in dem ich Gestaltungsspielraum habe. Der Wechsel auf die regionale Ebene war tatsächlich ein langgehegter Wunsch. Zum einen aufgrund der Bandbreite und Buntheit – ich habe kleine Institute ebenso kennengelernt wie große, kann mich in den Privatkunden im Traisental ebenso hineinversetzen wie in den Großindustriellen. Andererseits durchaus auch geographisch. Ich bin ja hier in der Region, im Bezirk Lilienfeld aufgewachsen. Am meisten reizt mich aber, wie es bereits im Gründungsgedanken der Sparkasse festgeschrieben ist, tatsächlich für die Bevölkerung, die Gesellschaft hier vor Ort zu wirken, zumal diese regionale Ebene in Zeiten der Globalisierung immer wichtiger wird.
Inwiefern?
Nehmen wir als aktuelles Beispiel die Aktivitäten von Trump, über den manche mitunter lächeln – nur, lustig ist das gar nicht. Wenn etwa,
wie angedroht, Zölle kommen, dann hat das ja nicht nur Auswirkungen auf irgendwelche Großkonzerne, sondern diese haben Zulieferer, und diese ihrerseits wieder Zulieferer und immer so weiter, bis du bei unseren heimischen Betrieben landest. Daher ist es umso wichtiger, dass du auf regionaler Ebene gut aufgestellt bist, eine Bank hast, die dich und die Situation vor Ort kennt, die individuell auf deine Bedürfnisse eingeht und auf kurzem Weg gemeinsam Lösungen findet – Großbanken können diese Flexibilität oftmals nicht erfüllen. Ebenso schlägt sich die Globalisierung in jedem Kundensegment nieder. Wenn etwa Russland den Ukrainekrieg vom Zaun bricht, hat dies unmittelbare Auswirkungen auf uns hier vor Ort, wie wir etwa angesichts gestiegener Energiekosten leidvoll erfahren mussten. Da ist es wichtig, dass wir als regionale Bank unsere KundInnen etwa bei der Umrüstung auf alternative Energiesysteme unterstützen und sie so in die Lage versetzen, von der globalen Lage unabhängiger zu werden, resilienter.
Resilienz – ein Stichwort, das auch im Nachgang der Banken- und Finanzkrise 2007/2008 häufig fiel. Wie steht die Bankenbranche heute da?
Die in Reaktion auf die Finanzkrise eingeführten Regularien haben die Branche insgesamt sicher widerstandsfähiger und stabiler gemacht. Die Institute verfügen über höhere Liquidität und mehr Eigenkapital. Ich möchte nicht wissen, wie es bei manchen heute aussehen würde, wenn es diese Vorgaben nicht gegeben hätte.
Möglicherweise so wie in der Wirtschaft insgesamt, die in der Krise steckt. Als Bank seid ihr direkt am Wirtschaftspuls. Ist es
Im Grunde genommen ist es wohl ein bisschen wie „Nachhausekommen“. Seit fast 25 Jahren lebt Bettina Sax in Wien, aufgewachsen ist sie aber hier in the hood, im Bezirk Lilienfeld. Die ersten Jahre in Eschenau „wo die Großeltern einen Bauernhof auf Selbstversorger-Basis hatten“, danach viele Jahre in Traisen und vor dem „Verschwinden nach Wien“ in Hohenberg. „Ich hab mich dieser Region immer verbunden gefühlt, hatte hier eine schöne Kindheit mit viel Bezug zur Natur.“ Noch heute erinnert sie sich gern an Spaziergänge und dem Leben am Bauernhof mit der Großmutter zurück „auf denen sie mir jedes Blumerl und Viecherl erklärt hat – das erdet.“ Mit der Stadt kommt sie dann erstmals mit dem Besuch der HAK St. Pölten intensiver in Kontakt. Eine neue Facette, die sie nicht minder missen möchte, „wie mir überhaupt diese Mischung aus ländlich und urban immer gefallen hat.“ Weshalb sie aktuell mit ihrem Mann ein Haus in der Region sucht. „Ich wünsche mir auch für unsere dreijährige Tochter ein Aufwachsen in diesem Lebensumfeld mit viel Natur.“
Sax selbst wird nach der Matura von der Metropole Wien verschluckt und über zwei Jahrzehnte nicht mehr losgelassen. An der FH des bfi Wien studiert sie berufsbegleitend Bankund Finanzwirtschaft, danach landet sie über die Stationen Unicredit Bank Austria und Investkredit Bank schließlich bei der Raiffeisen Landesbank Niederösterreich-Wien, wo sie 2016 zur damals jüngsten Abteilungsleiterin im KommerzkundInnenBereich avanciert. Big business ist angesagt: „In meiner Abteilung wurden rund 2 Milliarden Euro an Finanzierungsvolumen gemangt!“ Kleine Brötchen wird sie freilich auch bei der Sparkasse Niederösterreich Mitte West mit ihren 440 MitarbeiterInnen und einer Bilanzsumme
Ich wollte nie nur eine reine Spezialistin werden, deshalb hat mich das Bunte hier gereizt.
BETTINA SAX
von rund 3,5 Milliarden Euro nicht backen, dafür aber abwechslungsreichere. „Ich wollte ja nie nur eine reine Spezialistin werden, deshalb hat mich das Regionale gereizt, das Bunte hier, der direkte Kontakt mit vielen verschiedenen Kundinnen und Kunden. Das entspricht mehr meinem Naturell.“
Diese Bandbreite schlägt sich auch in ihren Hobbys nieder. Sax liebt Mountainbiken und Schifahren, „wobei dafür aktuell kaum Zeit bleibt, weil ich jede freie Sekunde meiner Familie widme.“ Ganz frischer Beleg dafür ist ein Bild im Büro „das ich erst letztes Wochenende mit meiner kleinen Tochter gemalt habe!“, wie sie mit einem Glänzen in den
Augen herzeigt. Malen ist dabei eine weitere Leidenschaft, „ich folge da aber keinem bestimmten Stil!“ Was man von ihren Lesegewohnheiten nicht behaupten kann – die sind einschlägig. „Ich liebe Fantasyromane! Ich habe zum Beispiel alle 10 Bände von ‚Game Of Thrones‘ gelesen, jeder Teil gut 1.000 Seiten stark.“ Dass Autor George R. R. Martin die Leser nach dem Marathon mit einem offenen Schluss zurückgelassen hat, „ist eine Gemeinheit“, lacht sie. Wiedergutmachung könnte vielleicht eine Reise zu den Schauplätzen der Geschichte bringen, denn Reisen ist ein weiteres ihrer Faible. USA, Kanada, Vietnam, Thailand, China, und und und – gefühlt war sie schon überall, wobei auf der Bucket-List noch einiges steht, ganz oben etwa „eine Fahrt mit der transsibirischen Eisenbahn, was aktuell aber eher suboptimal ist.“ Jetzt steht aber ohnedies einmal eine ganz neue Lebensreise an, die sie mitten nach St. Pölten führt, in die Welt der Sparkasse „Und darauf freu ich mich riesig!“
tatsächlich so schlimm, wie diverse Pleiten nahelegen?
Das muss man relativieren. Ich bin jetzt über 20 Jahre im Bankgeschäft tätig, habe große und kleine Betriebe kennengelernt, und eines hat sich ganz eindeutig herauskristallisiert: Jene, die ihre Hausaufgaben gemacht haben, sind solide aufgestellt und kommen meist gut durch Krisenzeiten. Da trennt sich dann, so brutal das klingt, die Spreu vom Weizen. Dennoch schwächen natürlich erhöhte Energiekosten, Inflation, gestiegene Arbeitskosten und – ein Thema, das alle betrifft – der Mangel an gut ausgebildetem Personal die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen. Da ist mehr den je umsichtige Politik gefragt, eine die über eine Regierungsperiode hinausdenkt.
Für unsere KundInnen sind dies aber Herausforderungen, die man – auch mit Unterstützung der Hausbank – in den meisten Fällen lösen kann. Jene aber, die schon zuvor Probleme hatten und sich zum Beispiel ausschließlich auf Coronaförderungen verlassen haben, sind nach deren Auslaufen rasch wieder in Schieflage geraten.
Die Banken machten dahingegen zuletzt Gewinne, weshalb manche Politker eine Bankenabgabe als Solidaritätsbeitrag fordern und das Bild der „bösen Banken“, wie wir es aus der Finanzkrise kennen, suggerieren. Zurecht oder Populismus?
Tatsächlich glaube ich, dass wir dieses negative Image aus der Bankenkrise 2007/2008 nie wieder ganz los geworden sind. Der Ruf nach einer Bankenabgabe ist dabei meiner Meinung nach Populismus, der leider von vielen Medien unhinterfragt weiterverbreitet wird und ein völlig verzerrtes Bild zeichnet. In der jahrelangen Nullzinsphase musste der Bankensektor etwa für jeden Euro, der bei der Europäischen Zentralbank geparkt wurde, 0,5% Strafzinsen zahlen – das waren Hunderte Millionen Euro! Darüber wurde aber komischerweise nirgends be-
richtet. Ebenso wenig darüber, wie viel die Banken alljährlich an Steuern abführen – alleine bei einem regionalen Institut wie unserem waren das in den letzten drei Jahren über 24 Millionen Euro!
Warum agitieren manche Politiker dann in diese Richtung?
Ich glaube, es ist der verzweifelte Versuch, irgendwie Liquidität aufzustellen, um Budgetlöcher zu stopfen, ohne sich aber der Konsequenzen dieser Forderung ehrlich bewusst zu sein. Gerade ein solides Finanzsystem ist eine DER tragenden Grundsäulen einer gesunden Wirtschaft – wenn man in einer Situation wie der aktuellen just hier das System schwächt, schwächt man die Gesamtwirtschaft – darüber kann ich wirklich nur den Kopf schütteln. Eine gesunde Wirtschaft ist bitteschön die Basis unseres Wohlstandes. Es wäre dahingegen zielführender, wenn die Politik auf Basis fundierter Daten wirtschaftlich nachhaltig und substanziell agierte, wenn sie anstatt des kurzfristigen persönlichen Machterhalts die langfristige Entwicklung für die Gesamtgesellschaft im Blick behielte.
Was würde Ihrer Ansicht nach denn konkret nottun, um den Wirtschaftsstandort wieder auf Vordermann zu bringen?
Allen voran Investitionen in Bildung, Bildung, Bildung! Nur so werden wir konkurrenzfähig bleiben. Dringend notwendig wäre zudem Deregulierung. Wir administrieren uns in Österreich mittlerweile wirklich zu Tode. Dadurch entsteht im internationalen Wettbewerb – und in einem solchen, beinharten, befinden wir uns – ein enormer Wettbewerbsnachteil.
Außerdem müssen wir vom Gießkannen-Prinzip wegkommen. Der Grundgedanke verschiedenster Maßnahmen ist ja oft richtig, wenn wir etwa an die Corona-Förderungen denken, aber oft fehlt die Treffsicherheit.
Manche würden in diesem Kontext wohl auch die KIM Regelung zur Kreditvergabe anführen, weil viele – etwa potenzielle Häuslbauer – keine Finanzierung mehr zustande bringen. In diesem Bereich wurden zuletzt Lockerungen beschlossen, wobei auch hier die Stoßrichtung prinzipiell richtig ist und sich auch mit unserem Grundanliegen deckt, dass unsere KundInnen finanziell auf gesunden Beinen stehen sollen. Wir werden sicher niemandem etwas anbieten, von dem wir wissen, dass er es sich am Ende des Tages nicht leisten kann. Die finanzielle Gesundheit aller unserer KundInnen hat Priorität. Aber man könnte die Verordnungen flexibler ausgestalten. Nehmen wir beispielsweise die vorgeschriebene Schuldendienst-
Der Ruf nach einer Bankenabgabe ist meiner Meinung nach Populismus, der leider von vielen Medien unhinterfragt weiterverbreitet wird.
BETTINA SAX
quote von 40%, das heißt man darf nicht mehr als 40% seines Einkommens für die Kredittilgung verwenden. Diese könnte man durchaus nach Einkommen abstufen, denn es macht einen grundlegenden Unterschied, ob ich die 40% von einem Familieneinkommen von z. B. 5.000 Euro stemmen muss oder aber von plakativ 10.000 Euro.
Weil Sie zuvor Bildung angesprochen haben. Unlängst ist mir vor der HAK ein Bus mit dem Claim „FLiP2Go“ aufgefallen, was hat es damit auf sich? Das ist eines meiner Lieblingsprojekte im Zuge unseres gesamtgesellschaftlichen Engagements hier in der Region – wir sponsern ja jährlich rund 900.000 Euro, unterstützen zahlreiche Vereine, Kulturund Freizeitbetriebe, Sozialeinrichtungen, Blaulichtorganisationen, wie etwa zuletzt beim Hochwasser – und eben auch Schulen. Bildung ist mir wirklich ein großes Anliegen! Deshalb begleiten wir zum Beispiel seit zwei Jahren in St. Pölten den „Business HAK“-Schulzweig von der 1. bis zur 5. Schulstufe. Da geht’s nicht darum, irgendwelche Finanzprodukte an den Mann/die Frau zu bringen, sondern wirklich um die Schulung wirtschaftlichen und finanziellen Denkens. Das passiert etwa im Zuge von Fachvor-
trägen, Wien-Fahrten, interaktiven Spielen wie im Fall des erwähnten Busses. Ein weiteres Instrument, das wir dafür einsetzen, ist Enomania, ein spannendes Rollenspiel, mit dem wir ein Verständnis für die Mechanismen einer Volkswirtschaft vermitteln. Wichtig ist bei alledem, dass Wirtschaft nicht als trockene Materie wahrgenommen wird, sondern das durchaus Spaß machen kann und soll!
Auch für Frauen möchte ich in Sachen Finanzbildung mehr Angebote seitens unseres Institutes schaffen. Nicht im Rahmen schöner Events für gestandene Unternehmerinnen, die diesen Support ohnedies nicht mehr brauchen, sondern ich denke da an alle Frauen in unserem Marktgebiet, Hausfrauen, Teilzeitarbeitende, pflegende Angehörige etc., denen wir die Relevanz von Vorsorge, von Finanzplanung näherbringen möchten, damit sie unabhängiger und resilienter werden und im Alter keine bösen Überraschungen erleben.
Apropos böse Überraschung:
Eine solche war für manche die bevorstehende Schließung der Sparkassenfiliale in Wagram. Überraschend kommt diese nicht –wir haben diesen Schritt ja schon im Herbst vorigen Jahres kommuniziert. Wir sperren auch nicht einfach nur eine Filiale zu, sondern investieren parallel in einen komplett neuen Standort Mühlbach Ost, der am 22. März eröffnen wird. Und auch wenn dieser Schritt schmerzhaft ist, er ist schlicht wirtschaftlicher Notwendigkeit geschuldet. Die Kosten für Standorte werden sukzessive mehr: Technik, Energie, Personal. Dieser Aufwand steht in vielen Fällen aber in keiner Relation mehr zur tatsächlichen Frequenz. Corona war diesbezüglich sicher ein Brandbeschleuniger, weil viele gesehen haben, dass sie über Internetbanking
ohnedies die meisten Geschäfte von zuhause aus abwickeln können –unser George spielt diesbezüglich ja wirklich alle Stückerln.
An jeder Ecke eine vollausgestattete Bankfiliale gehört offensichtlich der Vergangenheit an. Was wird im analogen Bereich dennoch wichtig sein?
Dass wir an neuralgischen Punkten mit guter Erreichbarkeit präsent sind und ein umfassendes Angebot stellen. Der neue Standort Mühlbach Ost ist das beste Beispiel dafür – wir realisieren dort das Bankgeschäft der neuesten Generation, bieten etwa auf Kundenwunsch erstmals eine Selbstbedienungs-Safeanlage an. Zudem spielt der Wohlfühlfaktor, das Ambiente eine ganz entscheidende Rolle, auch im Hinblick auf diskrete Beratungsmöglichkeiten. Das wird unser neuer Standard für weitere Filialen, die wir erneuern wollen.
Mit dem Schließen der Filiale verschwindet aber auch der Bankomat – ein ebenfalls häufig heiß diskutiertes Thema, vor allem im ländlichen Raum. Es geht hier glaub ich auch viel um Psychologie, was ich durchaus nachvollziehen kann. Ich selbst bin etwa einen Teil meines Lebens in Eschenau aufgewachsen, damals gab es noch einige Wirtshäuser, wo sich die Leute getroffen haben – heute kein einziges mehr. Da ist oft ein Gefühl des Verlustes, in kleineren Gemeinden oft der Gedanke „Jetzt nehmen sie uns auch noch den Bankomaten weg.“ Aber auch hier klaffen häufig die tatsächliche Nutzung und die Wirtschaftlichkeit auseinander. Im Grunde genommen ist das heute auch eine politische Frage: Begreife ich einen Bankomaten als notwendige Infrastruktureinrichtung, dann muss man sich seitens der öffentlichen Hand überlegen, wie man einen Betrieb stützen kann. Aber prinzipiell ist der Wandel nicht aufzuhalten, dem können wir uns nicht verschließen – nicht als Einzelperson, nicht als Unternehmen.
Laut aktueller PIAAC-Studie können 29 Prozent der Erwachsenen in Österreich nicht – oder nicht ausreichend – lesen und schreiben. Von diesen etwa 1,7 Millionen Menschen leben rund 200.000 in Niederösterreich.
Echte Hilfe bietet hier die Basisbildung vom BhW NÖ.
Heute liebt er es, Geschichten zu schreiben oder autobiografische Erzählungen über seine Eltern zu verfassen. In seinem früheren Beruf als Handwerker aber musste Karl (60) über lange Zeit hinweg mit einer ausgeprägten Lese- und Schreibschwäche leben –und Wege finden, um trotzdem gut durch den Arbeitstag zu kommen. „Ich habe mir einen eigenen Notizblock angelegt, mit wichtigen Begriffen, die ich dann während der
MÖGLICHKEITEN BIETEN. „Menschen zu helfen und ihnen für ihren weiteren Weg Möglichkeiten zu bieten, damit sie besser durchs Leben kommen – das macht meinen Job so interessant.“ Tobias Hauzeneder-Mörth, Projektleiter Basisbildung NÖ
Arbeit abschreiben konnte“, erzählt uns der engagierte Frühpensionist. „Die ganzen Jahre haben meine Kollegen und Chefs nie gemerkt, wie schwer ich mir mit der Rechtschreibung tue.“ 2007 findet er über eine persönliche Empfehlung zur BhW Basisbildung: Bis heute besucht er die Kurse – und freut sich über die laufende Verbesserung seiner Fähigkeiten.
Bildungsauftrag mit Herz und Verstand
Seit über 20 Jahren hilft die BhW Basisbildung mit Sitz in der St. Pöltner Linzer Straße Erwachsenen, die Schwierigkeiten mit dem Lesen, Schreiben und Rechnen haben, mit maßgeschneiderten Kursen. Auch Unterstützung für Grundkenntnisse in Englisch oder mit dem PC wird geboten. Die Kurse sind für die Teilnehmenden kostenfrei – und werden sowohl von Österreicher:innen mit Deutsch als Erstsprache als auch von Menschen mit Migrationshintergrund besucht. Männer und Frauen sind dabei etwa gleich oft vertreten.
Eine der Frauen ist Naomi (31): Eine ausgeprägte Lernschwäche ist während der Schulzeit ihr ständiger Begleiter. 2016 entschließt sie sich,
es anzugehen – und ihre Kompetenzen zu verbessern. In Lesen und Schreiben genauso wie in Mathe und Englisch, denn: „Es ist so aufgebaut, dass ich, wenn ich möchte, all das in einem Kurs mit drin habe. Ich kann mir dann aussuchen, wo ich aktuell auffrischen oder verbessern möchte. Und Elisabeth oder Barbara helfen mir immer, wenn ich nicht weiter weiß.“
Elisabeth und Barbara zählen zu den rund zehn engagierten Lernbegleiter:innen, die die Erwachsenenkurse gestalten – im BhWHaus in der St. Pöltner Linzer Straße sowie an mehreren Standorten in ganz Niederösterreich. Sie sind es, die Menschen wie Naomi und Karl Woche für Woche dabei unterstützen, echte Fortschritte zu machen.
Zeile für Zeile zum Fortschritt „Letztens habe ich nicht nur etwas geschrieben, sondern es danach auch noch auf Englisch übersetzt“, strahlt Naomi. „Natürlich unter anderem mit Übersetzungsseiten im Internet, wie andere auch – aber alleine, dass ich jetzt weiß, wie ich solche Tools finden und nützen kann, zählt so viel!“ Damit bringt es die lebensfrohe Frau, die mittlerweile auch beruflich gut angekommen ist, auf den
Es ist ein Zeichen von Stärke und Willenskraft, sich als Erwachsener in einen Kurs zu setzen und Neues zu lernen.
TOBIAS HAUZENEDER-MÖRTH, PROJEKTLEITUNG BASISBILDUNG NÖ
Punkt: Die Basisbildung setzt an den eigentlichen Kompetenzen an – und beeinflusst damit automatisch auch zahlreiche weitere Lebensbereiche und Eigenschaften positiv. Wie etwa das Selbstbewusstsein, den Orientierungssinn oder die Kreativität.
Das unterstreicht Therese Reinel, BhW-Geschäftsführerin und Expertin der Basisbildung: „Lesen und schreiben oder auch rechnen zu können“, erklärt sie, „kommt natürlich eine hohe Bedeutung zu, um sich im Alltag zurechtzufinden, gesellschaftlich teilzuhaben – und selbstständig Entscheidungen treffen zu können.“
Anstrengende Alltagsstrategien
Michael Lindenhofer ist seit rund 20 Jahren, beinahe also wirklich vom Start weg, als Lernbegleiter an Bord des BhW. „Bei den österreichischen Kurs-Teilnehmenden kennen wir die Tendenz, dass sie meist sehr lange mit ihrer Schreibschwäche durchs Leben gehen“, erzählt er. „Dafür entwickeln sie Strategien, wie etwa, dass sie in manchen Situationen immer jemanden als Begleitung mithaben, oder dass sie Hilfsmittel einsetzen.“ So wie Karl sein heimliches selbstgemachtes Taschen-Wörterbuch. „Wenn sie mit 20 oder auch erst mit 50 doch zu uns kommen, hat das meist einen der folgenden Gründe“, erläutert Michael: „Entweder möchten oder müssen sie den Führerschein machen. Oder sie bekommen Kinder und wollen sie, vor allem auch in der Schule, unterstützen können.“
Analphabetismus?
Das Schlagwort „Analphabet“ ist schnell mal herausposaunt. Was aber steckt wirklich dahinter? „Primärer Analphabetismus bedeutet, dass die Person nie lesen und schreiben gelernt hat“, erklärt Michael. „Das erleben wir, wenn, dann bei Menschen mit Deutsch als Zweitsprache. Funktionaler Analphabetismus wiederum bedeutet, dass die Menschen sehr wohl in der Schule waren und die Techniken des Lesens und Schreibens einmal unterrichtet
Ich habe früher oft – und vergeblich –an öffentlichen Stellen gesagt, dass ich mir einen Rechtschreib-Kurs wünsche.
KARL, KURSTEILNEHMER BASISBILDUNG
WIE RADFAHREN. „Lesen und Schreiben ist eine Fähigkeit, die wir permanent trainieren müssen, um sie nicht zu verlernen. Das ist nicht wie Radfahren.“ Michael Lindenhofer, Projektleiter-Stellvertreter und Lernbegleiter
bekommen haben. Allerdings haben sie es nicht in dem Ausmaß gelernt, um es in ihrem Leben wirklich anwenden zu können. Es fällt ihnen extrem schwer, Wörter überhaupt zu lesen.“ Die Lese- und Schreibkompetenzen sind somit zu gering zur Bewältigung des Alltags: Dinge wie Formulare auszufüllen sind nicht bewältigbar. Darum entwickeln die Menschen, wie schon gesagt, individuelle Lösungen – wie, zu Terminen eine eingeweihte Vertrauensperson mitzubringen. Oder sich Texte von Handy-Apps vorlesen zu lassen. Im Gegensatz zu funktionalen Analphabet:innen haben dagegen Personen mit Lese- und Schreibschwäche die Technik des Lesens an sich normalerweise drauf: Sie können Sätze zusammenlauten – und Wörter meist eher problemlos lesen. „Aber weil sie diese Technik nicht richtig verinnerlicht haben“, so Michael, „brauchen sie viel Energie fürs Lesen selbst. Die Sinnerfassung
bleibt auf der Strecke. Das ist dann noch einmal eine andere Ebene.“ Dass sie trotzdem in den allermeisten Fällen in Österreich durchs Schulsystem kommen, ist dabei kein Widerspruch: „Manche wurden damals sozusagen ‚durchgeschleust‘“, fährt er fort, „und viele können während der Schule so gut lesen und schreiben, wie es notwendig ist. Danach verlernen sie es aber quasi wie-
Unsere Interview-Partner:innen Naomi und Karl haben bereits Geschichten publiziert, nachzulesen in der Buch-Reihe „schriftlos heißt nicht sprachlos“ – herausgegeben von der Zentralen Beratungsstelle für Basisbildung und Alphabetisierung mit dem Institut für Bildungsentwicklung Linz, mit Texten von Teilnehmenden der Basisbildung.
KOLUMNE TINA REICHL
DIE
„MAMA? Weißt du wo mein Hoodie ist?“, hör ich den Teenager aus dem Zimmer rufen.
Unser Gehirn ist ein unglaubliches Organ, das ständig Informationen speichert und verarbeitet. Doch inmitten dieses immerwährenden Informationsflusses ist es entscheidend, dass wir nicht alles behalten. Mein persönliches Nudelsiebhirn leistet hier großartige Arbeit. Gestern erst hab ich einen Film gesehen, der mir nach 10 Minuten irgendwie bekannt vorkam. Dann die Erkenntnis: Den kenn ich doch schon, der war großartig! Früher hätt ich hier sofort abgedreht, aber heute danke ich meinem Hirn, dass ich das alles noch einmal entdecken kann! Ebenso bei Büchern: Als ich „Herr der Ringe“ zu Ende gelesen hatte, rannen mir Tränen über die Wangen, weil mir bewusst wurde, dass ich dieses großartige Buch jetzt weglegen muss. Das ist jetzt alles kein Problem mehr. Ich kann Bücher immer wieder lesen, ich Glückspilz! Ähnlich geht’s mir beim Anhören einer Oper! Ich bin immer wieder erstaunt, wie schlecht ich mir die Inhalte merke! Die Basics weiß ich zwar meistens noch, zum Beispiel: Missglückte Dreiecksbeziehung – zwei Tote. Aber die näheren Umstände und Melodien verblüffen mich immer wieder aufs Neue. Und offensichtlich habe ich diese wundervolle Gabe des Vergessens weitervererbt! Mein Sohn kann sich hier doppelt glücklich schätzen, denn auch mein Mann trägt dieses Gen dominant in sich!
„MAMA!“, dringt die Stimme meines Sohnes wieder laut an mein Ohr! Upps! Jetzt hab ich ganz vergessen zu suchen!
Lesen und schreiben zu können fördert immer auch die gesellschaftliche Teilhabe und persönlichen Möglichkeiten.
THERESE REINEL, GESCHÄFTSFÜHRUNG BHW NÖ
Lernbegleiter:innen wie Barbara Dorrer unterstützen erwachsene Menschen im wöchentlichen Kurs dabei, lesen und schreiben neu zu lernen und nachhaltig zu verbessern.
der. Weil sie es im Beruf kaum oder gar nicht brauchen und darum auch nicht anwenden.“ In der Not wird dann jeweils zum Hilfsmittel nach Wahl gegriffen.
Lebensverändernde Kurse
Therese Reinel bestätigt: „Menschen mit fehlender oder nicht ausreichender Schreib- und Lesekompetenz sind tatsächlich sehr geschickt darin, das im täglichen Leben zu verbergen und zu umschiffen.“ Der Grund für diese Anstrengungen? „Unglücklicherweise ist die Scham wegen der fehlenden oder unzureichenden Kompetenz im Erwachsenenalter oft sehr groß“, bedauert Tobias Hauzeneder-Mörth, Projektleiter der Basisbildung, „sodass sich viele lange oder gar nicht trauen, sich bei uns zu melden.“
Dabei ist der Schritt zur Basisbildung vielmehr der Beweis von großer Courage und einem bewundernswerten Lern- und Arbeitswillen. Das betonen auch Naomi und
Karl: „Einfach anrufen und sich beraten lassen – es kostet nichts außer Zeit!“ Außerdem, streichen sie unisono heraus, geht es beim BhW wertschätzend und menschlich zu: vom ersten Anruf übers Erstgespräch bis hin zum Kurs, mit guter Stimmung in der Gruppe. „Wenn die Angst trotzdem sehr groß ist, hilft es auch, anfangs einen vertrauten Menschen mitzunehmen“, macht Naomi lächelnd Mut zur nachhaltigen Veränderung.
BHW NIEDERÖSTERREICH GMBH
Basisbildung
E-Mail: basisbildung@bhw-n.eu
Telefon: 02742 311 337
Handynummer mit der Möglichkeit, eine Sprachnachricht via WhatsApp zu senden: 069916112601 www.bhw-n.eu
Sechs Leute gehen sich aus in der Reihe, rutschts zam a bissl!“ Die letzten Minuten vor Aufgussbeginn werden die freien Plätze in der Blocksauna auf der Terrasse knapp. Jede halbe Stunde wird hier von Stammgästen ein Aufguss organisiert, ab dem späteren Nachmittag ist die Sauna so gut wie immer voll. Von verschiedenen Düften, die entweder von den Saunawarten bereitgestellt oder von Gästen selbst mitgebracht werden, bis zu fallweiser musikalischer Untermalung wird hier einiges geboten. Den ersten Aufguss heute übernimmt Fiona, die seit etwa einem Jahr in die Sauna geht und seit einem halben Jahr regelmäßig Aufgüsse übernimmt. „Ich bin von Montag bis Samstag da. Das hier ist meine Ruheoase“, erzählt sie.
Nach einer kurzen Begrüßung und einer Erklärung, welche Düfte heute dabei sind, wird aufgegossen. Das Publikum ist bunt gemischt, viele Stammgäste sind dabei, aber auch Personen, die das Angebot in St. Pölten zum ersten Mal nutzen. In
meist drei Runden wird aufgegossen. Wem es danach auf der Terrasse nicht kühl genug ist, für den steht ein Kaltwasserbecken zur Erfrischung bereit. Pro Saison besuchen die Sauna etwa 37.000 Personen. Neben der Blocksauna auf der Dachterrasse steht im ersten Obergeschoss eine zweite finnische Sauna bereit, in der, um eine Viertelstunde versetzt, ebenfalls halbstündig aufgegossen wird. 2018 wurde die neue Saunacity nach Renovierung und Ausbau in den Obergeschossen der Aquacity eröffnet. Neben den zwei finnischen Saunen komplettieren eine Biosauna, ein Kräuterbad, ein Dampfbad, eine Infrarotkabine und ein Warmwasserbecken das Angebot.
Die Stammgäste, die teils seit Jahren hierherkommen, machen die besondere Atomsphäre in der Saunacity aus. Werner war etwa schon vor der Renovierung Gast und ist seit dem 18. Lebensjahr regelmäßiger Saunageher und leidenschaftlicher „Aufgießer“. In sein Hobby investiert er viel – Düfte und Fächer, das
In der Saunacity St. Pölten kommen Freunde des gepflegten Schwitzens auf ihre Kosten. MFG hat sich zum Lokalaugenschein aufgemacht.
alles kostet Geld. Das sei es wert, weil er sich und die Leute gerne verwöhne, meint er. Auch Ludwig ist seit über 10 Jahren Stammgast und Aufgießer, neben dem Spaß an der Tätigkeit gefällt ihm in der St. Pöltner Saunacity auch der soziale Aspekt. Gut besucht sind auch die Aufgüsse von Sascha, der als professioneller Saunameister in Gmünd arbeitet und hier ebenfalls mehrmals pro Woche mit Musik und teils einstudierter Choreografie aufgießt. Die gestiegenen Energiepreise der letzten Jahre waren dabei eine Herausforderung: „Wir hatten, bezogen auf die gesamte Aquacity, bei den Stromkosten im Vergleich 2019 zu 2023 eine Steigerung von 160 Prozent und bei Fernwärme eine Steigerung von 90 Prozent“, erläutert Martin Fuchs, Leiter der Bäderverwaltung. Nachdem die gesamte Aquacity – Saunacity und Schwimmhalle – als kommunale Badeanstalt St. Pöltens geführt werden, sind die Preise, verglichen mit anderen Einrichtungen, moderat – auch wenn sie 2024 erhöht wurden. Eine Tageskarte kostet knapp 24 Euro, außerdem gibt es eine Vierstundenkarte und – für Vielgeher – Karten mit 1.000, .2000 oder 3.000 Minuten Guthaben. Auch Abendkarte, Monatskarte und Jahreskarte gibt es. Das Angebot wird jedenfalls angenommen. Von Stammgästen wurde sogar eine Petition ins Leben gerufen, in der eine Erweiterung der Saunalandschaft gefordert wird. Auch wenn diese Erweiterung aktuell nicht geplant sei, so Fuchs.
HERRENGASSEN-STELLDICHEIN. Daniela Pottendorfer mit Kundin Angelika Szabo (unten) und mit „Nachbarin“ Maxi Maringer (rechts).
Kalter, eisiger Wind bläst durch die Herrengasse. Wenige Leute sind in der Fußgängerzone unterwegs, jetzt, am späteren Nachmittag in den Semesterferien. An der Ecke zur Domgasse sind allerdings viele muntere Stimmen zu hören: Unter der Markise und rund um den ehemaligen Highlander-Würstlstand drängt sich eine bunte Schar Stadtspaziergänger, wärmt die Finger an duftendem Kräutertee, stärkendem Punsch, aromatischem Kaffee. Einige Damen sind schon aufgewärmt und zu Prosecco gewechselt, verkosten dazu Schmankerl, die Daniela Pottendorfer vorbereitet hat.
Die ehemalige Wirtin vom s‘Zimmer auf dem Rathausplatz hat den Standort gewechselt. Warum aber Würstlstand statt Wirtshaus? „Ich habe jetzt kein Problem mehr mit Mitarbeitern und mit der Suche nach Mitarbeitern – jetzt kann ich ruhig schlafen“, sagt die Gastronomin. Und: „Hier bei mir triffst du immer jemanden, stellst dich dazu, kannst beim Essen plaudern und Kontakte knüpfen. Ich wünsch‘ mir, dass Danis Imbiss zum Treffpunkt in der Innenstadt wird.“ Schaut gut aus, dass dieser Wunsch sich erfüllt. Die Gästeschar vorm Würstlstand ist bunt gemischt: Radfahrer, die
Wirtin Daniela Pottendorfer möchte den Imbiss in der Herrengasse zum Innenstadt-Treffpunkt machen.
sich in voller Montur neben ihrem Radl stärken können, Gastronomen, die mit der Kollegin fachsimpeln, ältere Herren und jüngere Darlings, Familien mit Kindern, durstige Stadtbesucher und Nachbarinnen, jeder plaudert mit jedem. Galeristin Maxi Maringer, zum Beispiel, hat erst mittags mit ihrer Mutter bei Dani gespeist und zeigt jetzt ein Bild des jungen Künstlers Rudolf Fitz, das in der MaringerAuslage hängt – ein bunter Imbissstand vor dunklem Hintergrund, quasi ein Willkommensgruß für die neue Nachbarin.
Konditor Karl Bachinger wärmt sich am Ingwertee. Er weiß, dass die Gastro eine harte Partie ist, und er ist überzeugt: „Der Würstlstand von Dani ist eine Bereicherung, sie verbessert die Stimmung in der Innenstadt.“ Die ehemalige Wirtin Ul-
rike Pemmer stimmt zu: „Ich bleib‘ gern stehen bei der Dani, da treff‘ ich immer jemanden zum Plaudern, da ist es immer gesellig. Ich bin da, weil ich die Dani gern mag, sie ist freundlich und lustig. Und sie kann gut kochen.“ Was die Neo-Würstlstand-Betreiberin täglich beweist. Sie serviert auch selbstgemachte Speisen gegen den kleinen Hunger, etwa Tagesteller wie Chili oder Suppen. „Sehr beliebt sind meine Feuerflecken aus Roggenmehl und bei den Damen die Bosna.“
Theresia und Johannes Berger bleiben stehen, bestellen Getränke. Das Ehepaar hat einen Rundgang durch die Stadt gemacht und beschlossen: „Trink ma an Gspritzten bei der Dani.“ Nicht zum ersten Mal. Die Bergers sind angetan von der guten Qualität der Würstl. Die kommen von einem regionalen
DAS SCHMECKT. Leonie beißt sichtlich erfreut in den frisch zubereiteten Hotdog vor „Danis Imbiss“.
Fleischhauer. „Brot und Wein beziehe ich ebenfalls aus der Region, Bio-Tee vom Nachbarn um die Ecke“, betont Daniela Pottendorfer. Für den kleinen Hunger der Jüngeren gibt’s eigene Kinderwürstl, die sich Leonie und Christoph Stricker nicht entgehen lassen. Auch Veganer müssen nicht hungern am Imbissstand – Dani wärmt fleischfreie
NEUBEGINN. Viele Freunde und Gäste haben den Stand von Daniela schon zur Anlaufstelle in der City erkoren. Demnächst kommt die neue Aufschrift „Danis Imbiss“.
Würstl. Geöffnet ist täglich außer Sonntag und Feiertag von 10 Uhr bis mindestens 19 Uhr. Das sind viele Arbeitsstunden, da kommen ja noch einkaufen und kochen dazu.
Daniela Pottendorfer: „Ich arbeite gern, werde unterstützt von Freunden. Ich steh‘ um 5 Uhr auf, ab 6 Uhr läuft der Tagesplan, ab Mittag geht es dann so richtig los.“ Mit tratschen und trinken und genießen am Treffpunkt Würstlstand.
Es sind nur noch 87.840 Minuten bis zur Wiedereröffnung unseres SUNDECKS!
KOLUMNE THOMAS FRÖHLICH
„Der Tag ist nur der weiße Schatten der Nacht.“ Diese bemerkenswerte Aussage tätigt eine tuberkulosekranke Gräfin in der famosen TV-Serie „Davos 1917“, einer mitreißenden Mischung aus Agententhriller, Melodram und Geschichtsstunde. Ein Europa am Abgrund, zerrissen von Krieg, Hass und nicht verhandelbaren Interessen. Nicht, dass diese Situation 1:1 auf unsere Tage übertragbar wäre – aber es ist kein Zufall, dass der venezianische Theaterregisseur Ezio Toffolutti, der auch regelmäßig in Österreich, etwa in Salzburg oder Reichenau, inszeniert, vor Kurzem in einem Gespräch meinte: „Wir sind die letzten Venezianer.“ Eine Stadt, die von Mietwucher, Massentourismus und – wie bei uns – falscher Zuwanderung in den Untergang getrieben werden könnte. „Wir sind die letzten Europäer“, meinte ein Weiterer am Tisch – und ich muss ihm rechtgeben. Eine abgehobene Union, der die Europäer und Europa als geistig-mentales Territorium wurscht sind, eine galoppierende (Radikal-)Islamisierung (man sehe sich nur in STP um), damit verbunden rasant wachsender Antisemitismus, der von einer völlig heruntergekommenen Antifa nicht nur geduldet, sondern auch unterstützt wird (eine Partie, die ansonsten hinter jedem Würstelstand Heerscharen an Nazis imaginiert), und die Unwilligkeit, miteinander zu reden, da auf nahezu allen Seiten Denkverbote jegliches eigenständige Denken überlagern. Wie schön ist’s da, in die Nacht hinaus zu treten, die grellen Dummheiten des Tages zu vergessen und den dunklen Tanz auf dem Vulkan zu wagen.
Gute Nacht, Europa! Morgen ist leider auch ein Tag.
Nach einem Ausflug auf die „Tangente“ kehren Perpetuum ab 14. März auf die Bühne des ehemaligen FORUM Kinos zurück. Diesmal knöpft man sich Georg Büchners „Leonce & Lena“ vor, mit dem Regisseur Georg Wandel schon rund 20 Jahre schwanger geht „vielleicht gerade, weil es eine so einfache Geschichte ist, die daher viele Möglichkeiten der Inszenierungen zulässt.“
In seiner möchte Wandl vor allem „die komödiantische Seite viel stärker betonen“ und liefert ein „Update“, „weil ich die Tatsache, dass
Dsich in diesem Stück auch zwei Generationen gegenüberstehen, dadurch betone, dass der ‚alte Hofstaat‘ fast 1:1 bei Büchners Originaltext bleibt, während die Jungen teilweise so reden, wie 17-jährige es heute tun.“
Apropos Junge: Während, um kurz ins Sportfach zu wechseln, Teams wie Manchester City den Generationswechsel versemmelt haben, ist dieser – wir switchen back – Perpetuum gelungen, so dass wir uns auf eine feine Mischung aus alten Perpetuum-Haudegen und -innen sowie the next generation freuen dürfen!
„ICH BIN EIN ÖSTERREICHER!“
ie Ehemalige Synagoge widmet ab 11. April ihre nächste Wechselausstellung auf der oberen Frauenempore dem Fotografen Kurt Bardos unter dem Titel „Ich bin ein Österreicher!“ Bardos, 1914 in Brünn in eine altösterreichisch-bürgerliche jüdische Familie geboren, studierte zwar Medizin, seine wahre Berufung galt aber der Fotografie. 1941 nach Theresienstadt verbracht, verliert sich 1944 seine Spur in Auschwitz. Kuratorin Martha Keil stellt in der Ausstellung Bardos Fotos den Familienerinnerungen gegenüber. „Die Fotos zeigen, auf welch kreative Weise Bardos die Stilmittel der Neuen Sachlichkeit für
sich interpretierte und in seine präzis komponierten Bilder übersetzte“. Neben den Bildern und Videointerviews mit Familienmitgliedern werden auch einige Objekte aus dem Familienbesitz zu sehen sein, „die erstaunlicherweise trotz der Brüche und Ortswechsel noch heute erhalten sind.“
09 MÄRZ 2025
GAUTIER CAPUÇON
Beethoven/Brahms/ Mendelssohn
... ein Weltstar am Cello
22 MÄRZ 2025
JANOSKA ENSEMBLE
Die vier Jahreszeiten im Janoska-Style ... Vivaldi reloaded
16 MAI 2025
HOFESH SHECHTER COMPANY
Theatre of Dreams ... eine „bild- und tongewaltige“ Österreich-Premiere
13/14 JUNI 2025
CIRCUS BAOBAB
Yongoyély
... mitreißende Akrobatik zum Saisonabschluss
LET‘S ROCK!
In den kommenden Wochen steht in der Bühne im Hof so manches Konzert-Schmankerl auf dem Programm. Den Anfang macht Julian le Play am Sa., 01.03., bevor es am Weltfrauentag jede Menge „FEMALE NOISE“ mit Christl, Litha und Panik Deluxe gibt (Sa., 08.03.). Sigrid Horn, Simone Kopmajer und Virginia Ernst folgen im Rahmen von „#weare Starke Stimmen – Starke Frauen“ und performen am Mi., 12.03. für die Chancengleichheit von Frauen! Alegre Corrêa & François Muleka zeigen, dass Rhythmus verbindet und schlagen eine Brücke von Brasilien nach Afrika (Fr., 14.03.).
„Burn On“ statt „Burn-Out“ lautet das Motto der Soundtherapie von und mit 5/8erl in Ehr‘n (Fr., 21.03.). Mit David Helbock wird es am Mi., 26.03. jazzig, und wenn mit Fola Dada auch noch eine preisgekrönte Stimme zum Singen anhebt, hebt man ganz von selbst ab. Und ja, Kabarett, Kleinkunst und Infotainment gibts natürlich auch noch in der Bühne, und zwar mit Tricky Nicky am Do., 06.03., Florian Aigner & Martin Moder am Do., 13.03. und Aida Loos am Sa., 22.03.!
www.buehneimhof.at
Im Haus für Natur leben über 40 heimische Tierarten, von Ameisen bis zu Zauneidechsen, vom Stör bis zum Schneiderfisch, von der Forelle bis zum Feuersalamander. Die nächste Sonderausstellung beleuchtet das Leben von Tieren der Nacht.
Nachtschwärmer, das sind nicht nur lustige Leute, die das Leben in der „schwarzen Luft“ genießen. Nachtschwärmer, das sind eigentlich nachtaktive Motten, die uns umschwärmen, wenn die Sonne bereits untergegangen ist. Viele kleine Tiere sind nachtaktiv, etwa Frösche, Regenwürmer oder Schnecken – ihnen schadet das Sonnenlicht. Andere haben sich an lichtarme Stunden angepasst, um vor ihren Fressfeinden besser geschützt zu sein. Raubtiere wie Eulen, Füchse und Katzen können allerdings Insekten, Igel und Maus auch im Dunkeln erwischen. Denn „viele Tiere und auch Pflanzen entfalten in der Dunkelheit ganz besondere Fähigkeiten“, erklärt Ronald Lintner, wissenschaftlicher Leiter vom Haus für Natur im Museum NÖ.
Dort beleuchtet die nächste Sonderausstellung das Thema „Tiere der Nacht“. Die interaktive Schau ist eine faszinierende Entdeckungsreise in eine verborgene Welt. Welche Strategien haben z. B. Igel oder Feldhamster, Fuchs oder Wildschwein, Eule oder Fledermaus entwickelt, um in der Nacht leben zu können? Die einen riechen besonders gut, andere hören exzellent oder haben besonders lichtempfindliche Augen. Oder sie können Echos orten, wie die Fledermäuse. Die einzigen aktiv fliegenden Säugetiere sind Lintner ein besonderes Anliegen: „Wir ar-
ZOO-STARS. Schneiderfische haben eine charakteristische „Naht“ an der Flanke. Die weiße Äskulapnatter Bambina lebt sein zehn Jahren im Museum.
beiten wieder mit der Koordinationsstelle für Fledermausschutz und -forschung zusammen und laden zu zwei Fledermausabenden ein.“ Am 19. und 26. August können Teilnehmer die lautlosen Jäger mit etwas Glück bei ihren nächtlichen Jagdflügen beobachten – eine Fledermaus kann in einer Nacht übrigens bis zu 1.000 Mücken fressen. Und: In St. Pölten leben nachgewiesenermaßen 19 Arten dieser Flattertiere.
Viele Tiere und auch Pflanzen entfalten in der Dunkelheit ganz besondere Fähigkeiten.
Das Museum als außerschulischer Lernort
Es wurlt rund um die Breite Föhre, beim riesigen Donaubecken und vorm beeindruckend hohen Terrarium der Äskulapnattern: Viele, viele Schüler besuchen gerade das Haus für Natur, in dem über 40 einheimische Tierarten leben. Wie viele einzelne Tiere es sind, kann niemand sagen – und daran sind die Ameisen schuld. Denn es wurlt auch im riesigen Formicarium, in dem unzählbar viele Kleine Waldameisen leben,
verteilt über zwei Stockwerke. Gefüttert werden sie mit Honigwasser, Insekten, Heimchen und wenn die Schlange mal was übriglässt, auch mit einem Stückchen Maus.
Zoo und Museum sind wichtige Einrichtungen für Schulen, sie sind die größten außerschulischen Lernorte, erklärt Ronald Lintner: „Wir haben einen Bildungsauftrag.“ Die Besucher, große und kleine, treffen hier auf ein hochmotiviertes und kompetentes Team, das mit Leidenschaft vermittelt, warum Artenschutz uns alle betrifft. „Wir wollen für die Natur begeistern, die Blicke schärfen, das ist für den Tierschutz in freier Wildbahn wichtig.“ Ein scharfer Blick kann auch fürs eigene Wohlbefinden wichtig sein, wenn man nach einem Museumsbesuch die giftige Kreuzotter nicht mehr mit der harmlosen Schlingnatter verwechselt.
Niederösterreichs
Landschaft im Museum
Im Museum leben nur Tiere, die hier auch in Wald, Wiese, Fluss und Feld zu beobachten sind, vom felsigen Gebirge bis zum flachen Marchfeld. Im obersten Stockwerk schwimmen riesige Bachforellen in ihrem artge-
NATURVERMITTLER. Ronald Lintner begeistert mit der Natur im Museum für den Tierschutz in freier Wildbahn.
recht gestalteten Aquarium mit besonderen Lampen, die Strukturen hervorheben. Eine Kältemaschine sorgt für Wohlfühltemperaturen.
Im Mittelgebirge teilen sich 15 Schneiderfische ein 5.000-Liter-Becken mit Elritzen, Bachschmerlen und Gründlingen. Die farbenprächtigen Karpfenfische sind erst vor Kurzem hierher ins Haus für Natur in St. Pölten übersiedelt – St. Pölten ist Mitglied in der OZO, der österreichischen Zoo-Organisation, es herrscht reger Austausch mit anderen Zoos. „Der Austausch ist für die Tierpfleger immer auch eine Fortbildungsfahrt. Da wird über die spezielle Haltung der Jungtiere und ihr Futter informiert – die bekommen quasi ihren CV mit“, erklärt Ronald Lintner und wandert weiter zum Donaubecken mit einem Fassungsvermögen von 125.000 Litern Wasser. Ein Hecht teilt sich diesen Lebensraum mit seinem Futter, das sind Rotfedern, und mit Karpfen, Welsen und einem Waxdick – das ist eine riesige Störart. „Goofy ist ein richtiges Kuscheltier, er lässt sich auch von Hand füttern.“
Der Museumsteich ist sowohl von innen als auch vom Freibereich aus zu bewundern. Und er ist neben Flussbarsch, Schleien, Rotfedern, Edelkrebsen, Teichfröschen und Stockenten auch das Zuhause von 16 Europäischen Sumpfschildkrö-
Marlene Zechel ist Leiterin der zoologischen Abteilung im Haus für Natur.
Welche Tiere hier im Zoo im Museum mögen Sie besonders?
Ich war schon immer besonders fasziniert von Reptilien. Aber wenn ich mich um die Ameisen kümmere, finde ich das auch spannend. Ich lerne viel über das Sozialverhalten unserer Tiere.
Die Smaragdeidechsen haben sich gerade sehr schnell zur Öffnung ihrer Behausung geschlängelt. Erkennen die Tiere, wenn Sie mit Futter kommen?
Ja, auch die Laubfrösche und die Fische. Wir gestalten die Terrarien und Aquarien immer wieder um, damit sich die Tiere wohlfühlen und immer neue Eindrücke haben. Zum Terrarium der Smaragdeidechsen hat mich der Vogelbergsteig in der Wachau inspiriert, wo diese Eidechsenart häufig zu beobachten ist. Ein Tipp von mir, wenn es nicht geklappt hat mit einem Foto: Warten, die Eidechsen kommen immer wieder zurück.
Eine besondere Beziehung haben Sie auch zu Bambina, der weißen Äskulapnatter.
Ja, sie braucht immer noch sehr viel Zuwendung. Bambina, eine Albino mit weißer Haut und roten Augen,
Wir haben einen Bildungsauftrag.
ten, darunter Morla, mit mindestens 20 Jahren die vermutlich älteste Schildkröte im Teich.
Gelebter Artenschutz
Mit Museumstouren, Vermittlungsprogrammen wie dem „Tierischen Dienstag“ und vielen Veranstaltungen wie der Reihe „Erlebte Natur“ oder mit der Teilnahme an der
wurde 2014 geboren und hat erst nach zehn Jahren angefangen, selbstständig Mäuse zu fressen. Ich habe die gefrorenen Futtermäuse zunächst auf Körpertemperatur erwärmt, das hat nichts genutzt. Dann habe ich sie gewaschen – erfolglos. Dann gewaschen und getrocknet – wieder nix. Dann habe ich die gewaschene und getrocknete Maus mit einem Tuch abgerubbelt, mit dem ich zuerst eine lebende Maus abgerieben habe – dann war Bambina zufrieden und hat die Futtermaus gefressen. Äskulapnattern können übrigens bis zu 30 Jahre alt werden. Sie sind die größten heimischen Schlangen, sie sind ungiftig und europaweit streng geschützt.
internationalen City Nature Challenge setzt sich das Haus für Natur für Artenschutz ein. Ganz konkret auch mit der Rettung von 19 Feuersalamander-Babys, die im Museum aufgepäppelt wurden, nachdem die Mutter verstorben war. Die Tiere wurden später in der Nähe ihres Fundortes in geeigneter Umgebung wieder ausgesetzt. Und die kleinen Lurche wurden international bekannt: „Besucher aus dem gesamten deutschsprachigen Raum kamen die Babysalamander besuchen“, erinnert sich Ronald Lintner.
Die Tischlerei Melk Kulturwerkstatt wartet im Frühjahr wieder mit einer bunten Programmpalette an Musik, Kabarett, Quiz und Kinderprogramm auf. Neben beliebten Dauergästen sind auch heuer wieder neue Gesichter zu Gast im Melker Kulturwohnzimmer.
Popmusik zum Weltfrauentag
Anlässlich des internationalen Weltfrauentages steht am 7. März ein besonderer Konzertabend auf dem Programm. Daniela Flickentanz, GuGabriel, The Knutshers zeigen die Vielfalt der niederösterreichischen Musiklandschaft auf und präsentieren Songs mit viel Gefühl. Braucht es in einem Land wie Österreich überhaupt noch Satire? Und wie geht es dem Tagespresse-Anwalt eigentlich? Chefredakteur Fritz Jergitsch stellt sich am 14. März selbst diese Fragen und liest aus den besten Artikeln des österreichischen Satiremagazins.
Aus dem Bauch eines Wals
BlöZinger erzählen Geschichten aus dem Bauch heraus. Nämlich aus dem Bauch eines Wals. Wie sie dort hingekommen sind und warum das Ziel auf ihren vielen Reisen immer im Weg ist, verraten die beiden Kabarettisten am 29. März.
Besonders angenehm macht es Antonia Stabinger dem Publikum am 3. Mai. Dabei werden alle Bedürfnisse des Publikums abgedeckt und wirklich jede Schlagzeile schöngeredet. David Scheid alias „Dave“ unternimmt am 23. Mai eine multimediale Reise rund um den
Begriff „Welt-Scheibe“. Vom Ursprung des Beats und den ersten urzeitlichen Raves, über Scheiben-Welten und Disco-Kugeln, bis hin zur modernen Popmusik.
Kontakt und Karten: +43 2752 540 60 office@wachaukulturmelk.at tischlereimelk.at
Er ist ein Einzelkämpfer, gehört keiner künstlerischen Vereinigung an und übt sich in angewandter Vielseitigkeit. Nun wurde eins seiner Werke zugunsten des Europaballetts versteigert. In St. Pölten zählt er (noch) zu den Unbekannten: Andreas Kindig.
„Was kümmert es das Wasser, Was wir für Idioten sind, Es rinnt; es rinnt und rinnt.“
(A. Kindig)
Ende 2024, nach dem massiven Unwetter, das (nicht nur) halb St. Pölten unter Wasser setzte, hatte Heinz Hausmann, St. Pöltner Baumeister und Galerist, eine Idee: Auf seine Initiative fand eine Auktion statt, bei der eine beeindruckende Büste des Solotänzers Florient Cador versteigert wurde. Geschaffen wurde das Kunstwerk von Andreas Kindig. Die Büste wurde um 3.000 Euro ersteigert. Der Erlös kam einem neuen BallettSchwingboden für das Europaballett zugute. Seit dem verheerenden Hochwasser in St. Pölten war es den hundert Tänzerinnen und Tänzern ja nicht mehr möglich gewesen, in ihrer gewohnten Umgebung
zu trainieren und zu proben, da die Schwingböden durch das Wasser beschädigt worden waren und entfernt werden mussten. „Das Porträt war als Renommierprojekt gedacht“, verrät der Künstler Andreas Kindig bei einem Gespräch im Café Emmi. „Ich hab‘ Florient Cador, von dem ich wusste, dass er schon Modell gestanden hat, auf der Straße angesprochen und gefragt, ob ich ihn modellieren dürfte. Er war sofort einverstanden. Die Versteigerung zugunsten des Europaballetts war dann eine Win-win-Situation: ein Beitrag für die Erneuerung der hochwassergeschädigten Tanzböden und für mich ein weiterer Schritt an die Öffentlichkeit, nach meiner Ausstellung in Wien im Oktober letzten Jahres.“
Eine glückliche Fügung, könnte man sagen. Und das für einen Menschen, der nicht immer nur Glück
hatte. „Schon von Kind auf habe ich als Künstler gedacht, besonders, nachdem die Kindergartentante meine Zeichnungen so gelobt hat.“
In Wien als Halbperser in prekären Verhältnissen aufgewachsen, ist er mit siebzehn ausgezogen, dank der Intervention seiner mutigen Deutschprofessorin. Ein NichtSesshaftwerden prägt sein Leben bis heute, privat und künstlerisch. „Das Auge wird nie satt“ – das war der überaus passende Titel seiner Ausstellung in den Räumlichkeiten des Fotografen Robert Newald in Wien, die gemeinsam mit Reinhard Gombots vor etwa einem viertel Jahr stattfand. Und auch Kindig selbst vermeidet jeglichen künstlerischen Stillstand. „Mit vierzehn machte ich vergeblich die Aufnahmeprüfung an der ‚Graphischen‘ in Wien in der Leyserstraße. Ich war so beleidigt, ich hab’s nicht wieder probiert.“ Nach einem Schluck Kaffee erzählt er weiter: „Nach der Matura an der ‚Herbststraße‘ (HBLA für Kunstgewerbe) habe ich fast zwanzig Jahre die Hausgrafik bei ‚Manner-Schnitten‘ aufgebaut.“
Die Kunst verlor er jedoch nie aus den Augen und er versuchte sich in den verschiedensten Techniken. Für ihn sind seine Arbeiten kein Zeitvertreib, sondern immer ernsthafte künstlerische Auseinandersetzung. „Meine größte Arbeit, ‚der Gießer‘, eine lebensgroße Bronzestatue, 180 cm hoch, steht vor der Kunstgie-
Nicht von der Kunst leben zu müssen ist auch ein Stück Freiheit. ANDREAS KINDIG
BÜSTE. Porträt Florient Cador, Solotänzer Europaballett
St. Pölten; Gips, Acryl, 35 cm
ßerei Mikić, für die ich sie in Ton modelliert habe.“ Aktuell arbeitet Kindig an Holzschnitten (Druckgrafiken), aber auch Malerei und Keramik rücken mehr und mehr in seinen Fokus. „Letztens habe ich Schachfiguren entworfen, obwohl ich Schach eigentlich nicht mag. Aber die Herausforderung, diese Figuren von Grund auf neu zu gestalten, fand ich extrem spannend.“ Mit dieser Vielfältigkeit hatte er sich lange nicht an die Öffentlichkeit gewagt, obwohl er von der Qualität seiner Arbeiten überzeugt war und ist. „Die Angst, zu wenig Portfolio zu haben, zu wenig Linie in den Arbeiten, zu wenig Wiedererkennbarkeit, keine akademische Ausbildung, kein Netzwerk – all diese Bremsen halt.“ 2018 hatte er im Red Point
Schon von Kind auf habe ich als Künstler gedacht.
ANDREAS KINDIG
in St. Pölten seine erste Vernissage, 2024 in Wien seine zweite.
Man darf Kindig durchaus als Unangepassten, als Suchenden sehen, mit Scheu vor dem sich Etablieren in einer Masche oder Stilrichtung. Mit Blick aufs Kaffeegeschirr im Kaffeehaus etwa meint er: „Das Gestalten einer Teekanne ist ebenso reizvoll wie all die Entscheidungen zwischen Schwarz und Weiß im Holzschnitt, oder für Form und Farbe in der Malerei. Auch Lyrik ist eine meiner Lieben.“ Als politischen Künstler sehe er sich nicht, obgleich er „das Kritische in der Kunst“
vermisse. Denn schlussendlich sei Kunst ein Kommunikationsmittel: „Gerade Künstler sollten als Seismographen der Gesellschaft auch wahrgenommen werden.“
Der „Nachwuchskünstler“ Jahrgang 1964 habe einige Ideen und Entwürfe in der Pipeline. Seine „Dämonen“ Sucht und Depression seien inzwischen handzahm geworden, und er sehe sich auf einem guten Weg, sozial und spirituell; beides gleichermaßen „parteilos“. Zum Abschied bemerkt er noch: „Mein Traum war immer, von Kunst leben zu können; nicht davon leben zu müssen ist aber auch ein Stück Freiheit.“
Andreas Kindig kennt als NichtSesshafter viele Wege. Was wohl der richtige Weg sein dürfte.
Ein buntes Angebot an Kulturerlebnissen voller Farbe sorgt in der kalten Jahreszeit für Abwechslung und erste Frühlingsgefühle. Von Festivals, wie den Jewish Weekends oder dem Barock Festival, bis zu Konzerten sowie moderner Kunst im NÖDOK und neuen Ausstellungen im Museum NÖ und dem Museum am Dom reicht die Palette für die kommenden Monate.
MEISTERKONZERTE
In der neuen Ausstellung des NÖDOK im Stadtmuseum präsentieren zehn junge Künstler:innen aus unserem nördlichen Nachbarland unter dem Titel „Neighborhood Report“ zeitgenössische Positionen aus Malerei, Fotografie und Performance. Die Werke thematisieren Nachbarschaft und gesellschaftlichen Wandel in einer zunehmend globalisierten und gleichzeitig polarisierten Umwelt. Die Ausstellung bietet einen einzigartigen Einblick in die zeitgenössische Kunstszene Tschechiens.
Feuer bildet die Grundlage menschlicher Existenz und übt seit jeher eine Faszination aus. Die neue Jahresausstellung des Museums am Dom spürt den unterschiedlichen Bedeutungen des Feuers für das Christentum nach und zeigt außergewöhnliche sakrale Objekte, die mit Feuer hergestellt wurden. Die Bandbreite der Objekte reicht von mittelalterlichen Reliquienbehältnissen und gotischen Kelchen über barocke Goldschmiedekunst bis zu einer Jugendstil-Krippe.
29. APRIL UND 9. MAI
Die Klassik-Reihe der Landeshauptstadt holt am 29. April den Märchenerzähler Folke Tegetthoff gemeinsam mit dem Flötenund Streichquartett von Claudi Arimany in der Ehemaligen Synagoge bei „Märchen und Mozart“ auf die Bühne. Am 9. Mai folgt das Abschlusskonzert mit einem Jazz-Abend von Martin Breinschmid und Band mit der australischen Sängerin Nicki Parrott in der Bühne im Hof. Im Herbst wartet bereits die neue Saison mit zahlreichen Überraschungen von Intendant Robert Lehrbaumer.
16. BIS 18. UND 24. BIS 25. MAI
Unter dem Titel „Sepharad – das jüdische Spanien“ widmet sich das diesjährige Festivalprogramm in der Ehemaligen Synagoge einer der großen Traditionen jüdischer Musik: die der sephardischen Jüdinnen und Juden, die auf der Iberischen Halbinsel und seit ihrer Vertreibung 1492 auch rund um das Mittelmeer und im weltweiten Exil leben. Internationale Künstler:innen, wie Ana Alcaide, Timna Brauer, Sofia Labropoulou oder Imamović Damir präsentieren musikalische Highlights.
Das Festival 2025 steht im Zeichen der vier Elemente: Erde, Wasser, Feuer und Luft. Unter der künstlerischen Leitung von Alois Mühlbacher erwartet das Publikum einmal mehr ein vielseitiges Programm, das Musik, Tanz und Kunst miteinander verbindet. Zum Eröffnungskonzert konzertieren das Orchester Wiener Akademie unter Martin Haselböck mit Countertenor Bejun Mehta mit Werken von G.F. Händel im Dom auf. Alle Details zum Programm werden am 10. März präsentiert.
Die neue Sonderausstellung vom Haus der Geschichte in Kooperation mit dem Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgenforschung befasst sich mit der Kindheit und Jugend vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg in den Jahren zwischen 1938 und 1955. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen Zeitzeuginnen und Zeitzeugen unterschiedlicher Herkunft sowie deren Erinnerungsgegenstände: Sie bringen die Lebenswelten von damals auf persönliche und nachvollziehbare Weise näher.
Landestheater
8. März
Premiere 20.000 Meilen unter dem Meer (Jules Verne)
15. März Premiere Der Sturm (William Shakespeare)
26. April Premiere Siebenundfünfzig (Arman T. Riahi)
Rathaus
17. März
St. Patrick’s Day mit den Gallows Fellows
Europa Ballett
5. & 6. April Frühlingsgala
Weitere Veranstaltungen finden Sie unter events.st-poelten.at
Festspielhaus
7. März Oona Doherty
9. März
Gautier Capuçon, Sarah Jégou-Sageman, Martina Consonni
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KOLUMNE
THOMAS WINKELMÜLLER
Ich habe Ilya vor eineinhalb Jahren in der Ukraine kennengelernt. Ein großgewachsener, bärtiger Mann mit Wuschelfrisur. Wäre er ein Tier, dann vermutlich ein junger Bär. Verglichen mit einem solchen ist Ilya aber alles andere als gefährlich. Er lebt pazifistisch, töten kann er maximal in Videospielen.
Daran änderte sich auch nichts nach Beginn der russischen Vollinvasion der Ukraine. Kämpfen wollte Ilya nicht, einfach zuschauen konnte er aber ebenso wenig. Als Informatiker arbeitete er bei einem DrohnenStartup mit. Weil er gut verdiente, spendete er etwa 10.000 Euro und sein Auto für Menschen an der Front.
Die Ukraine kann es sich bei der Einberufung wehrtauglicher Männer aber schon länger nicht mehr leisten, solche Bemühungen gelten zu lassen. Also wurde auch Ilya einberufen – und entging seinem Dienst an der Front nur knapp. Seine ganze Geschichte können Sie in der Februar-Ausgabe des Monatsmagazins DATUM lesen. An dieser Stelle will ich aber auf etwas anderes hinaus.
Ilya möchte in einer Demokratie leben, aber nicht dafür kämpfen, schon gar nicht sterben. Ich verstehe ihn. Wer will das schon. Trotzdem sollten auch wir uns die Frage stellen, wofür wir unser Leben riskieren würden. Für einen Nationalstaat? Ein Haus? Eine Lebensweise?
Die Antworten auf diese Fragen sind bestimmt bei jedem andere und das ist auch gut so. Wir sollten aber damit aufhören, so zu tun, als ob wir entscheiden könnten, ob wir uns diese Frage stellen müssen oder nicht.
Rock is back in town – und wie! Copperwell haben nach sechs Jahren Bandgeschichte, „mit vielen Höhen und Tiefen und einer längeren kreativen Pause“, wie Bassist Michael verrät, endlich ihr erstes Album „By The Water“ vorgelegt. Und was für eines! Alternative Rock at its best. „Die Songs behandeln persönliche und oft introspektive Themen, die das Leben und dessen komplexe Emotionen widerspiegeln. ‚By the Water‘ ist das Resultat aus einer Zeit voll Selbstreflexion und der
kreativen Weiterentwicklung“, verrät Frontfrau Anja. Dass wieder alle in der Band so richtig Bock haben, dafür zeichnet auch Neo-Schlagzeuger Stefan verantwortlich, „weil er der Band nicht nur eine frische Dynamik verlieh, sondern auch die musikalische Ausrichtung bereicherte!“ Ebenso ist mittlerweile Album-Produzent Lincoln Hunter mit an Bord. Wie heißt es so schön im Pressetext: „Copperwell ist zurück – und sie sind hungrig nach mehr.“ Die Fans auch! Hoffentlich bald live on stage!
Kabarettist Michael Scheruga reitet wieder … also er schreibt wieder, und zwar an seinem vierten Kabarettprogramm „LARI FARI –Papperlapapp und Firlefanz“. Dafür hat er sich als Co-Autor niemand Geringeren als Fritz Schindlecker, der schon für Granden wie Lukas Resetarits oder Erwin Steinhauer die Feder zückte, sowie als Regisseurin die im Kabarett Simpl gestählte Steffi Paschke an Bord geholt. Worums gehen wird? „Um die Absurditäten der letzten Jahre“, meint Michi trocken. Das führt dann zu grundsätzlichen Fragen wie: „Muss man die Hundesteuer für seinen Dackel auch dann
bezahlen, wenn er sich jetzt aber als Katze fühlt? Ist es moralisch verwerflich, wenn man sich von einem Schönheitschirurgen sponsern lässt, der selbst abstehende Ohren hat? Schulbier statt Schulmilch?“ Tourneestart ist im September, am 12. November 2026 kommt er ins VAZ.
GUT LACHEN. Seit nunmehr 10 Jahren bringen The Ridin Dudes die frohe Botschaft des Rock‘n‘Roll unters Volk, sehr zur Freude von Mika Stokkinen und René Grohs.
Jedem Interview sein passender Soundtrack, und so läuft bei meiner Fahrt nach Ossarn David Bowies „All The Young Dudes“. In Wahrheit natürlich eine glatte Themenverfehlung, weil die „Dudes“, die ich dort besuche, vornehmlich nach dem Rhythmus des Rock’n’Roll der 50er- und 60er-Jahre reiten –und das seit zehn Jahren!
Als mir Mika Stokkinen eine Woche zuvor bei einem Fest verrät, dass The Ridin Dudes heuer ihr zehnjähriges Jubiläum feiern, kann ich es im ersten Moment gar nicht glauben, freilich mit umgekehrten Vorzeichen: Erst?! Tatsächlich wähnt man die Band
schon „ewig“ an seiner Seite, was vor allem an Mikas jahrzehntelanger Omnipräsenz in der heimischen Musikszene liegen mag, doch es ist erst zehn Jahre her, dass der Meister des R’n’R-Stromruders quasi auf ein neues Pferd setzt. „Ich machte damals eine schwierige Phase durch
– zum einen hatte ich den Eindruck, dass ich künstlerisch irgendwie anstehe, zum anderen liefs privat nicht rund: Scheidung, Frau weg, Haus weg, und das Pflegeheim, wo ich bis dahin gearbeitet hatte, sollte auch zusperren.“ Um gleich ein paar Euro ins Phrasenschwein zu werfen … jeder Niederlage wohnt bekanntlich eine neue Chance inne, und so drückte Mika die Reset-Taste und erfand sich quasi neu, um doch irgendwie der alte Vollblutmusikant zu bleiben: Den Brotberuf als Pfleger schmiss er und konzentrierte sich nun vollends auf seine Karriere als Profimusiker. Dass er die Entschei-
dung durchzog, hatte dabei wohl auch mit einem zufälligen, freilich durchaus schicksalhaften Treffen mit einem gewissen René Grohs, damals vor allem als umtriebiger Generalmanager der „Invaders“ bekannt, im Gasthof Graf zu tun. „Ich hab dort mit Steger Rudi einen Gig gespielt und bin nachher an die Bar raus, wo René stand. ‚Ah, du bist auch da‘, begrüßte ich ihn, und er meinte nur lapidar ‚ja, aber nicht wegen euch‘“, lacht Mika – worin sich René, der mit uns in Ossarn am Tisch sitzt, freilich gehörig täuschen sollte. „Mika hat mich an dem Abend gefragt, ob ich sie nicht managen möchte“, erinnert sich René, und Mika ergänzt. „Er hat nur gemeint: ‚Was muss ich da tun?‘ und dann ‚Ich überlegs mir!“ Wie die Antwort ausfiel, ist bekannt. Und so saß man alsbald mit Ron Glaser und Andreas Hadl an einem legendären Abend, der sich bis in die frühen Morgenstunden ziehen sollte, „richtiggehend aufgekratzt“ zusammen, um einen passenden Namen für die neue Band zu finden. „In den USA bist du ja überall der Dude, der Kumpel, das gefiel uns“, so René, „wobei wir einen nicht zu kurzen, aber auch nicht zu langen Namen wollten, so in der Länge wie Rolling Stones etwa“, verrät Mika und fügt schmunzelnd hinzu „weshalb die erste Idee The Rolling Dudes war.“ Weil es aber einen Brand diesen Namens bereits gab und das wohl auch irgendwie zu sehr nach Stones Plagiat klang, wurden aus den Rolling schließlich The Ridin Dudes. „Ich hatte da so ein Bild vor Augen, von einem Zug, der in einsamen Bahnhofstationen in den USA hält, oder von Reitern in der endlosen Prärie“, sinniert René, was auch erklärt, warum Mika alsbald in das neue Logo, dessen Erstentwurf ebenfalls an diesem Abend entstand, eine Lokomotive einfügte. Ob nun Zug oder Reiter, es war jedenfalls der Beginn einer neuen Reise …
Out of Gföhl
… die offiziell am 4. April 2015 in Gföhl ihren Ausgang nahm, wo
Mika, Ron und Andi erstmals als The Ridin Dudes auf der Bühne standen. René hatte bis dahin schon eine neue facebook-Seite gebastelt und einen alten klassischen amerikanischen Schulbus bestellt, auf dem das neue Logo geklatscht werden sollte. Überhaupt dürfte Mika alsbald gedämmert sein, dass man in Sachen Management mit René aufs richtige Pferd gesetzt hatte. Nicht nur, dass René die schon beim ersten Treffen vollmundig versprochenen drei Gigs als Morgengabe mit einbrachte, „kreuzte er bei einem Konzert in Krems in Latzhose und Cowboyhut auf. Nach dem Konzert ging er mit dem Hut durch. Als der erste Gast ‚nur‘ einen fünf Euro Schein hineinwarf, fixierte er ihn scharf mit den Augen und fragte streng: ‚Hats dir leicht nicht gefallen?‘ Woraufhin der ‚Ermahnte‘ den Obolus erhöhte und die anderen Gäste dem Beispiel folgten.“
Grohs trichtert den Jungs auch von Beginn an Selbstbewusstsein ein. Als die Bandmitglieder etwa zweifeln, ob sie sich beim größten Elvis Festival Europas in Bad Nauheim anmelden sollen, greift der
Die erste Namensidee war The Rolling Dudes. MIKA STOKKINEN
Manager kurzerhand zum Telefon und ruft den Veranstalter an – der, wie erwartet, abwinkt. „Ich antwortete nur: ‚Warte, ich schick dir einen Link von uns zu und garantier dir, dass du mich zurückrufst und wir bei dir spielen.“ Einige Monate später stehen „Ron Glaser & The Ridin Dudes“ tatsächlich beim European Elvis Festival auf der Bühne, Ron wird zudem beim Contest zum „besten Elvis seit Elvis“ gekürt. „Das war schon völlig irre, dass wir da gleich gewinnen“, schüttelt Mika noch heute ungläubig den Kopf.
Colonel Grohs
Rasch wird klar, dass René nicht „nur“ der Manager der Ridin Dudes ist, sondern selbst Teil der Gruppe, was auch mit einer grundlegenden Weichenstellung manifestiert wird: Die Jungs gründen gemeinsam eine eigene Firma – aus der im Übrigen mittlerweile drei geworden sind: eine für Booking & Co., eine für Merch und eine für CD-Produktionen. „Ich habe von Anfang an klargestellt, dass René volles Mitglied ist, wir also alle Einnahmen aufteilen – nicht etwa nur über Provisionen arbeiten.“ Zum Schaden der Band sollte es nicht sein – nicht nur dass René unermüdlich Gigs an Land zieht, warf René auch auf unnachahmliche Weise die Promotionmaschine an „weil du neben den
LIVE IS LIVE. Die Dudes sind die wohl umtriebigste Band der Region. Hier bei einem Konzert am Rathausplatz.
Gigs als Plattform vor allem medial stetig präsent bleiben musst.“ Dabei nahm der größte Elvis-Fan Österreichs wohl Anleihen beim legendären Manager des King, Colonel Parker. Wie dieser sorgte er dafür, dass das Dudes-Logo fortan wo überall möglich ins Gesicht sprang – auf Autos, auf Jacken, auf T-Shirts, Kühlschrankmagneten, Tassen bis hin zu KFZ-Kennzeicheneinfassungen. Als ein Neider einmal monierte „‚ihr seid ja gar keine Band mehr, sondern nur mehr eine Marke‘ war das das größte Kompliment überhaupt“, freut sich René noch heute, und auch ein stichelndes „ihr würdet euer Logo ja sogar auf Klopapier drucken“ quittierte die Band mit „he, eigentlich eine gute Idee“, lacht Mika. „Wir hatten ja auch schon ‘mal über Präservative geblödelt, so nach dem Motto ‚Ein Dude kommt selten allein.‘“, schmunzelt er und fügt trocken hinzu: „Aber eines ist klar: Die beste Vermarktung würde dir nichts helfen, wenn das Produkt Scheiße ist.“ Das Gegenteil ist der Fall – The Ridin Dudes zählen heute zu den herausragenden Vertretern ihres Genres. „Dass wir als kleine Stadtband nach nur zehn Jahren in einem Atemzug mit Legenden wie Monti Beton oder der Mojo Blues Band genannt werden, kann sich schon sehen lassen“, ist René stolz, und Mika ist überzeugt, „dass wir uns enorm weiterentwickelt haben.“
Was sich auch im Repertoire niederschlägt, „das über die Jahre im-
mer umfangreicher geworden ist“, so Mika. Mittlerweile covert man nicht „nur“ Chuck Berry, Elvis & Co., sondern schreibt auch eigene Songs. Zudem unternimmt die Band immer wieder Ausflüge in andere Genres, wenn man etwa an Programme wie „Rock’n‘Soul“ denkt, oder bürstet bekannte Pop- und Rockklassiker gegen den Strich und verwandelt sie in Rock’n’Roll Hadern im Dudesstyle. „Außerdem hat Pascal ganz neue Einflüsse eingebracht, die uns auch einem jüngeren Publikum öffnen“, freut sich Mika über die jugendliche Verstärkung. „Wobei die Musik ja durchaus eine ‚alte‘ sein kann, aber man darf eben nicht stehen bleiben – wenn ich allein an die technischen Möglichkeiten heute denke.“ Erst vor Kurzem habe ihm ein Freund einen KI generierten Song vorgespielt „der hatte Hitpotenzial, das war schon spooky.“ Sind Musiker also eine aussterbende Rasse? Da winkt Mika ab: „Das glaube ich nicht, weil dir Live-Auftritte, die Emotionen, die damit verbunden sind, keine KI nehmen kann! Live ist live!“
Licht und Schatten
Und eine Liveband sind die Dudes durch und durch, ohne Zweifel die aktivste in der gesamten Region, was ihnen mitunter den Vorwurf einbringt, „zu viel zu spielen“. In Wahrheit scheint das Gegenteil der Fall zu sein – die Leute bekommen einfach nicht genug von der Band, wenn man alleine an den bummvollen Rathausplatz kurz vor Weihnachten denkt, und das, obwohl die Dudes erst zwei Wochen zuvor in ähnlich großem Rahmen bei Weihnachten im Park aufgetreten waren.
Live-Auftritte, die Emotionen, die damit verbunden sind, kann dir keine KI nehmen! Live ist live! MIKA STOKKINEN
Die gefühlte Omnipräsenz der Band hat dabei auch mit einem interessanten Geschäftsmodell zu tun: Je nach Anlass, Location, Veranstaltung, Geldbeutel des Auftraggebers und verfügbarer Manpower agiert man nämlich, IKEA lässt grüßen, im Baukastensystem: So gibt es The Ridin Dudes im Duo, im Trio, als Quartett oder in Vollbesetzung zu fünft. Quasi eine Band, mehrere Formationen. Darüber hinaus arbeitet man immer wieder mit befreundeten Künstlern zusammen, etwa Tini Kainrath, Dennis Jale oder Peter Rapp, holt sich für Sonderformate Support von außen, z. B. für „Rock’n‘Soul“ die Pepe Schütz Allstar Horns, und hat sich auch schon den Traum vom BlockbusterAuftritt samt Symphonieorchester 2022 im VAZ erfüllt. „Ich hatte da immer die legendären Konzerte von Brian Setzer im Kopf“, schwärmt René, Mika wiederum ist vor allem der unglaubliche Aufwand in Erinnerung geblieben: „Das war schon eine Steißgeburt“, lacht er, „aber es ist schon geil, wenn hinter dir auf der Bühne auf einmal das fette Orchester loslegt – wow!“
Freilich gab es für die Band in diesen zehn Jahren nicht nur Licht, sondern auch Schatten. „Am Anfang war es generell ein Kampf. Meine neue Selbstständigkeit empfand ich zum einen zwar als Befreiung, zum anderen ging sie aber auch mit Existenzängsten einher – es war ja das erste Mal seit meinem 16. Lebensjahr, dass am Monatsende kein fixes Gehalt eintrudelte“, erinnert sich Mika. Einen schweren Schicksalsschlag bedeutete der Tod Ron Glasers. „Im August hatten wir noch einen Gig gemeinsam gespielt, im Dezember ist er gestorben. Das war schon heftig. Wir gingen zu der Zeit zwar bereits verstärkt jeder seiner eigenen Karrierewege, aber für uns stand plötzlich die Frage im Raum: ‚Wie geht’s jetzt weiter?‘, zumal auch Pascal, der zwar schon als Gitarrist bei den Elvis Shows mit an Bord war, noch nicht in seiner Rolle als Sänger der Dudes entdeckt worden war. Das hätten glaube ich nicht
Als jemand beklagte:
„Ihr seid ja gar keine Band mehr, sondern nur mehr eine Marke“, war das eigentlich das größte Kompliment überhaupt!
RENÉ GROHS
alle Bands überlebt“, ist Mika überzeugt.
Auch Corona stellte eine Riesenherausforderung dar, was René mit „Bist du deppad, das war crazy!“, quittiert. „Ich hab mich sofort stundenlang in die diversen Fördermodelle eingelesen und wir haben, weil wir ja nicht live spielen konnten, irgendwann begonnen, jeden Freitag ein Konzert live zu streamen – mit zuletzt bis zu 10.000 Viewern!“
Im Vorjahr ereilte Mika dann auch noch ein Schlaganfall. „Die ärgste Erfahrung meines Lebens!“, räumt er ein. „Es war auch das erste Mal in der Geschichte der Dudes, dass ich einen Gig nicht spielen konnte.“ Als er auf einem Video einen Substituten an seiner statt spielen sieht, „war das schon spooky.“ Auf dem linken Ohr quält den Mu-
siker seitdem ein stetes Rauschen „aber nichts, das mich umbringt“, so Mika lakonisch. Letztlich sei es ein Streif-, ein Warnschuss gewesen „heute trinken wir bei den Gigs Kamillentee und unterhalten uns, welche Medikamente wir nehmen müssen!“, lacht er selbstironisch, fügt aber demütig hinzu „Ich kenne befreundete Musiker, die es wirklich hart erwischt hat. So gesehen hatte ich noch Glück und stand nach einigen Wochen schon wieder auf der Bühne und konnte sogar die USA Reise mitmachen!“ Dafür hatte er sich im Vorfeld das O.K. seines Neurologen geholt, „der beim Blick aufs CT nur meinte: ‚Na, das Hirn eines 50-jährigen haben Sie nicht!‘ – das war mir als Rock’n’Roller klar“, witzelt Mika und amüsiert sich noch heute köstlich, dass erst im Oktober die Bewilligung auf Reha eintrudelte „da stand ich aber schon wieder seit einigen Wochen auf der Bühne und war zurück aus den USA!“
Immer wieder Elvis
Zu den USA, insbesondere zu Elvis, haben die Dudes überhaupt eine ganz besondere Verbindung. Nicht nur, dass René wohl der größte Elvis-Fan – zumindest – Österreichs ist mit einer wahnwitzigen Sammlung aus diversen Devotionalien und Ori-
ginalstücken, wandelt die Band seit jeher auf den Spuren des King und hatte mit Ron Glaser den stimmlich wohl besten Elvis-Interpreten seiner Zeit in ihren Reihen. Ein Umstand, der auch in den USA honoriert wurde, wo Ron sowie René die Ehrenbürgerschaft von Elvis Geburtsort Tupelo verliehen wurde „Eine Ehre – die mit Ausnahme der Scorpions – noch keinen anderen Europäern zuteil geworden ist.“ Außerdem durften die Jungs wie weiland Elvis selbst den Stadtschlüssel aus den Händen des Bürgermeisters entgegennehmen. In Tupelo standen die Dudes im legendären Silvermoonclub, wo Elvis seine ersten Sporen verdient hatte, auf der Bühne, und durften beim Elvis Festival Tupelo auftreten – auch das keine Selbstverständlichkeit für europäische Bands. Über die Jahre hat René dank seiner Sammelleidenschaft und steten Jagd nach Elvis Memorabilien auch freundschaftliche Bande zu einigen Wegbegleitern des King aufgebaut, etwa dessen Ex-Freundin Linda Thompson, die ehemaligen Leibwächter Dick Grob und Sam Thompson, oder auch Musiker wie Norbert Butmann oder Schlagzeuger Jerome „Stump“ Monroe. Diese lassen es sich nicht nehmen, immer wieder mal auch bei den von den Dudes organisierten Fanreisen in die
Staaten vorbeizuschauen. Sechs waren es bislang an der Zahl, auf den Spuren Elvis wandelnd steht dabei nicht nur Tupelo, sondern zumeist
auch Las Vegas und das Musik- und Elvis-Mekka schlechthin, Memphis, am Programm. Ebendort ließen es sich die Dudes nicht nehmen, im berühmten Sun Studio, wo Elvis‘ erste Platten entstanden, eine Aufnahmesession zu buchen, zudem spielten sie in der legendären Bleak Street auf „ohne gleich verscheucht zu werden“, grinst René. Und natürlich besuchte man das Allerheiligste: Graceland! Mika, der schon als Junior von seiner Großmutter mit dem Elvis-Virus infiziert worden war, „was soweit ging, dass ich früher, auch wenn man es nicht glauben mag“ – dabei lüpft er kurz den Hut und zeigt seine Glatze –„eine klassische Elvis-Dolle getragen habe“, kann sich noch gut an seinen ersten Besuch in Elvis‘ Villa erinnern: „Im ersten Moment dachte ich nur: ‚Oida, is die Bude klan‘“, lacht er. Drinnen wurde er dann aber wie alle von Ehrfurcht ergriffen. „Wir standen in der Küche. Seine Kumpels erzählten, dass er dorthin im-
mer über eine kleine Treppe vom ersten Stock runterkam – das Sonderbare war, dass sie genau wussten, wann er auftaucht, obwohl sie ihn gar nicht gehört hatten, einfach aufgrund seiner unglaublichen Aura. Und die spürst du dort auch und denkst dir, dass er jeden Moment um die Ecke schaut – da bekommst du Gänsehaut.“
Die würde vielen Elvis-Fans auch bei den Schätzen von René auflaufen, die ich in Folge noch näher unter die Lupe nehme. Stolz zeigt mir René auch die Ehrenbürgerschaftsurkunde, dann hält er aber nachdenklich inne. „Solche Auszeichnungen sind natürlich schön, weil du damit etwas in der Hand hast. Aber – auch wenns pathetisch klingt – allen voran sind wir unseren Fans dankbar, weil sie das, was wir machen – und vor allem WIE wir es machen – erst ermöglichen!“
Mika nickt zustimmend. „Ohne Fanbase ginge gar nichts! Danke Dudes!“
W E LT F R AU E N TAG S a , 8 . 3 .
Im Studienjahr 2023/2024 studierten in Österreich über 400.000 Menschen an einer Fachhochschule, Privatuniversität oder öffentlichen Universität. Und auch im kommenden Herbst werden sich wieder Tausende junge Menschen anschicken, ein Studium in Angriff zu nehmen. Dabei hat man die Qual der Wahl: Alleine die österreichischen Fachhochschulen bieten mittlerweile über 700 verschiedene Studiengänge an, das Studienangebot der Universitäten ist vielfältigst. Wohin sich also wenden, welches Studium passt zu mir und welche Berufsperspektive bietet es? Nachfolgend stellen wir einige der Top-Ausbildungsstätten unseres Landes vor.
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Am Sonnenpark St. Pölten am Spratzerner Kirchenweg, der Menschen durch interdisziplinären Kulturaustausch verbindet, ist das Bauen, ein neues Werden deutlich spürbar. Das Haus 81 steht vor der Fertigstellung. Wenn sich das Frühjahr dem Sommer zuwendet, wird mit einem Festakt eröffnet werden. Zum Kulturverein Solektiv vereint, wird der „alte Geist“ von Lames und Sonnenpark nun durchlüftet von neuen Kräften.
Eine dieser Kräfte ist Konstanze Müller, die seit einem Jahr die künstlerische Leitung des Vereines Solektiv innehat. „Der alte Geist ist nach wie vor spürbar, muss auch dableiben. Er ist die Aussaat, die Wurzeln, die nun neue Möglichkeiten eröffnen“, so Konstanze, die diesen Platz als etwas Organisches sieht, „die Häuser, der Park sind der Körper, die Seele, das Leben geben
die Menschen, zu denen ich jetzt gehör, dem Ort.“ Vom Hörensagen hat sie, die ehemalige BORG-Schülerin, damals den Sonnenpark gekannt, durch eine persönliche Begegnung mit Agnes Peschta, durch die sie den „Mythos“ Andi Fränzl näher kennenlernte, die Lust bekommen, an diesem generationenübergreifenden Ort ihren Gestaltungswillen einzusetzen. „Ich habe bei der In-
tervention vom Kollektiv Neonpink ‚Mühlbacherinnen‘ anlässlich der Tangente, erfahren, dass die künstlerische Leitung ausgeschrieben wurde“, erzählt sie – der Rest ist Teil der Geschichte des Sonnenparks. Die beginnt 1999, als das Kollektiv „La Musique et Sun (LAMES)“ auf der Suche nach neuen Proberäumen von der Stadt das damals fast undurchdringliche Park Areal samt Gebäuden – bis auf Widerruf – zur Verfügung gestellt bekommt. Das Haus 83 wurde als Proberaum und Partylocation (Schwarzer Raum) genützt, 2006 das interdisziplinäre Kunstsymposium „Parque del Sol“ installiert, 2011 mit dem Sonnenparkfest und der Sensibilisierung der Bevölkerung letztendlich 2016 erfolgreich gegen die Veräußerung des
Areals gekämpft. 2021 erweiterte sich der Sonnenpark zum Themenpark, das Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport zeichnete die Vereine LAMES/SONNENPARK, die sich später zu Solektiv verschmolzen, für ihre „herausragenden Leistungen“ mit dem Outstanding Artist Award aus. Konstanze Müller, die eine klassische Ausbildung im darstellenden Tanz und Theater hat, sich aber in der freien Szene entwickelte, sieht sich als Teil eines Kollektivs.
Community arbeitet mit Das wird bei einer Begehung der Großbaustelle gleich deutlich. Gemeinsam mit Günter Pöck, einem ehrenamtlichen Vereinsmitglied, der die Geschicke rund um den Bau leitet, sich um Gelder, Subventionsbelange kümmert, wird das Neuentstehende freudig begangen. „Das ist der Weiße Saal, dessen Räumlichkeiten nun viel lichtdurchfluteter sind und sich wundervoll dem Park öffnen. Hier werden die ´Artist in Residence`-Räume untergebracht, dort die Büros und da, als Zukunftsvision ein Multifunktionsraum mit Publikumstribüne, der die Chance auf Eigenproduktionen lässt“, erzählen beide fast unisono. Pöcks von Farb- und Putzspritzern bedeckter Pullover zeugt vom aktiv mitwirkenden und arbeitenden Community-Geist, den auch die Präsidentin Agnes Peschta und Urgestein Markus Weidmann-Krieger, der die ökologische Leitung des Parkes ausübt, tragen. „Die derzeitig aktiven
Mitglieder bereiten durch die Arbeit am Bau und bei den Veranstaltungen Möglichkeiten für Inaktive und laden Neugierige herzlich ein, Teil davon zu werden“, freut sich Konstanze Müller nun den Weg der Transformation im Team beschreiten zu können.
Konstanze möchte noch mehr die „Tore öffnen“, bestimmte Formate, wie die legendären Clubnächte, getragen vom Einfluss von Andi Fränzl, auch in die Richtung Diversität denken und auch von CoKurator:innen bespielen lassen. Was kann eine Clubnacht alles sein? Sie möchte auch jüngere Vereinsmitglieder einladen, gemeinsam unter ihrer Ägide, spezielle Events, die auf ein junges Publikum zugeschnitten sind, zu veranstalten. Das Potenzial, das die Diversität der Weiterentwicklung langjähriger CommunityMitglieder, deren Nachwuchs und neuen Vereinsmitgliedern birgt, soll genützt werden, auch um nach außen zu strahlen.
Zurzeit hat man als Verein ein Veranstaltungskontingent von zehn Tagen im Jahr zur Verfügung, das soll sich aber in der Zukunft ändern. Durch bauliche Maßnahmen wie Schallschutzmauern oder der Schallschleuse beim Schwarzen Raum soll dies beizeiten möglich sein, immer im Verbund mit einer guten Nachbarschaft. Ihren persönlichen Fokus möchte Konstanze auf darstellenden Tanz und Theater legen: „Durch seine Interdisziplinarität bietet der Ort die Möglichkeit, zukünftig auch dem Darstellenden mehr Raum zu geben.“ In Konstanzes Kopf schwirren eine Fülle von Ideen, etwa mit professionellen Künstlerinnen und Künstlern mit Behinderung und einer gehörlosen Tänzerin gemeinsam eine Kollektivaktion am Ort zu entwickeln. Auch eine lebendige Ausstellung, immersiv bis hin zu klassischen Kooperationen, schwebt ihr vor. Sie ist beseelt vom Gedanken der freien Szene, die in ihrer Unabhängigkeit und Offenheit langjährige Traditionen verändern darf. Ihr ist dabei wichtig, eine Balance zu leben, einen gemeinsamen Rahmen zu
schaffen, wo Kunst und Kultur entstehen kann.
Mit Gespür in die Zukunft gehen „Dasein in der Präsenz, mit Gespür in die Zukunft gehen“, erläutert sie, „der Verein hat so eine lange Geschichte, die auch herausfordernd ist. Ich bin herzlich und mit enormem Vertrauen aufgenommen worden, werde aber natürlich auch immer wieder gefragt, warum ich manche Dinge so mache.“ Noch mehr zusammenwachsen sollen alle bisherigen Communities wie Foodsharing, der Tauschraum, die Programmmitarbeit und jene, die sich der Natur verschrieben haben, und neue werden wachsen. „Denn ohne Community gibt es keinen Verein. Der Ort bietet so viele Möglichkeiten, neue Ideen reifen zu lassen, umzusetzen und auch Dagewesenes zu einem anderen Wesen werden zu lassen.“ Im Herbst gibt es eine Keramikausstellung , mit „Beauty in Between“ von Sophie Abraham wird kooperiert. „Internationale Künstler:innen und Vereinskünstler:innen mit nationaler Kunst in Verbindung zu bringen, dafür ist der Ort wie geschaffen. Aber das braucht Zeit und Raum, wir werden das Schritt für Schritt implementieren.“ Dazu möchte das Kollektiv Interessierte oder jene, die eine andere Perspektive darauf bekommen wollen, herzlich einladen.
KOLUMNE STARKA ROUL
Nudeln müssen im Fett schwimmen, dass man Samarin schon vor dem Essen braucht. Oberkörper nackt oder mit klassischem RippUnterleiberl und Hosenträgern. Anzugshose, in schönen Halbschuhen. Wer in Sneakers oder Schlapfen Nudeln macht, wird verspottet. Ich mache vier Arten „schbagettis“:
Gebirgsjäger: Knoblauch, Chili, Olivenöl. Irgendwer wird sagen „aglio, olio, peperoncini“, diese Person in Zukunft meiden. An etwas Geiles denken, lässig, süditalienisch schauen. Emotion: lüstern, erregt. Besteck: mit der Gabel, irgendwie. Musik: ‚Die Moldau‘ von Smetana. Hochgebirgsjäger: Viel Knoblauch, viel Chili, viel Fett, viel Salz. Diesmal aber an die Mutter denken. Weinen. Emotion: Melancholie. Besteck: mit der Gabel irgendwie oder irgendwie. Musik: ‚Aus Der Neuen Welt‘ von Antonin Dvorak, 4. Satz. Gebirgs-Partisanen: Sehr viel Knoblauch, sehr viel Chili, Speck, Salami, Nudeln. Während des Kochens Schokolade essen und Rilke-Gedichte laut lesen. Emotion: weinerliche Wut. Besteck: mit den Fingern der rechten Hand, mit der Gabel in der linken nachhelfen. Musik: ‚Winter‘ von Vivaldi. Hochgebirgs-Partisanen: Sich wochenlang nicht waschen, Kleidung nicht wechseln. Unmengen an Knoblauch, Chili, Selchspeck, Salami, Grammeln. Schmalz statt Butter, kein Öl. Ordinär und in tiefstem Dialekt fluchen, hysterisch lachen und weinen. Musik: „Bella Ciao“. Besteck: keines. Mit beiden Händen ständig stopfen. Diese Feste eines Mannes werden alleine und neben Plastikblumen zelebriert. Du wirst diese Blumen nachher küssen, glaube mir.
Holly Johnson, von der TIMES als „Eine der großen Stimmen des Pop“ gefeiert, geht anlässlich des 40-jährigen Geburtstages des ikonischen Debütalbums seiner ehemaligen Band „Frankie Goes To Hollywood“ auf große Europa-Tournee und gastiert am 27. September im VAZ.
Mit im Gepäck hat er alle großen Kulthits von „Frankie Goes To Hollywood“ wie „Relax“, „Welcome To The Pleasuredom“, „The Power Of Love“, „Two Tribes“ uvm. sowie jene seiner Solokarriere, etwa „Americanos“, „Love Train“, „Heavens Here“ oder „Atomic City“.
„Frankie Goes To Hollywood“ fegten in den 80er-Jahren mit der Veröffentlichung ihrer Debütsingle „Relax“ über die Musikszene hinweg und avancierten zu einer der einflussreichsten Bands ihrer Zeit. „Relax“ erwies sich dabei als eine der erfolgreichsten und zugleich umstrittensten Singles des Jahrzehnts.
Allein in Großbritannien verkaufte sie sich mehr als zwei Millionen Mal und gehört dort noch heute zu den 10 meistverkauften Singles aller Zeiten! Sie hielt sich 37 Wochen in den Charts – ein Rekord! Die BBC verbot das Lied damals aufgrund des wahrgenommenen sexuellen Inhalts. Nachdem auch die zweite Single „Two Tribes“ veröffentlicht wurde, schrieben die Mannen um Holly Johnson Musikgeschichte, weil sie gleichzeitig Position 1 und 2 der Charts einnahmen. „Welcome To The Pleasuredome“ brachte insgesamt drei aufeinanderfolgende Hitsingles, darunter auch The Power of Love, hervor und wurde eines der 10 meistverkauften Alben.
Holly Johnson setzte nach der „Frankie Goes To Hollywood“ Ära seine Karriere mit dem Soloalbum „Blast“ fort, das heuer ebenfalls 35 Jahre feiert und Hits wie „Love Train“, „Americanos“, „Heavens Here“ und „Atomic City“ hervorbrachte.
Umso größer ist die Freude beim Weltstar und der Kultikone der weltweiten LGBTQ+ Community mit der genialen Stimme, die Jubiläen gebührend mit seinen Fans zu feiern. „Es ist kaum zu fassen, dass es schon 40 Jahre her ist, dass ‚Welcome To The Pleasuredome‘ erstmals die Szene eroberte“, so Holly Johnson. „Es war eine unglaubliche Reise. Ich freue mich sehr, dieses Jubiläum mit einer besonderen Tour für die Fans und hoffentlich einem 40th Anniversary Box Set zu feiern.“ Und wie wir uns erst freuen!
Als Zweitliga-Kicker sein Land zur WM schießen – geht nicht, gibt‘s nicht? Doch: St. Pöltens Spieler Elijah Just hat beste Chancen, sich schon diesen März mit Neuseeland für die Endrunde 2026 in Kanada, Mexiko und den USA zu qualifizieren.
Erst gegen Kapfenberg und Vienna in St. Pölten, dann gegen Fidschi und im Erfolgsfall gegen den Sieger aus Neukaledonien gegen Tahiti (am 24. März) in Wellington. Das ist – frei nach Qualtinger – Brutalität! SKN-Offensivspieler Elijah Just könnte gut und gerne der erste WM-Endrundenteilnehmer sein, der aus St. Pölten kommt. „Deswegen bin ich vor ein paar Jahren nach Europa. Das war immer schon mein Traum“, lacht der 24-Jährige im Gespräch mit dem MFG-Magazin in der NV Arena. Und er gibt auch gerne zu: „Die Gegner hier in der 2. Liga sind stärker als die in der OzeanienQualifikation.“ Es habe ihn 2022 enorm geschmerzt, dass er mit Neu-
seeland im Play-off an Costa Rica gescheitert ist. Diesmal kommt aber ein Team aus Ozeanien fix durch und die „Kiwis“ haben beste Chancen auf ihre erste WM-EndrundenTeilnahme seit 2010.
Just hat in der Gruppenphase sowohl beim 3:0 über Tahiti, als auch beim 8:1 über Vanuatu und beim 8:0 auf Samoa je einmal getroffen und in seiner Heimat schon öfters vor über 10.000 Zuschauern gespielt. „Rugby und Cricket sind bei uns beliebter. Aber wir holen auf und die Unterstützung ist enorm“, freut sich Just. Bester Quali-Schütze ist Chris Wood von Nottingham Forest mit bislang sechs Toren für die „Kiwis“. „Er ist unser Leader! Jeder Fußballinteressierte in Neuseeland ist stolz, was Chris in der Premier League schon alles erreicht hat. Er ist eine ähnliche Legende wie Wynton Rufer“, schwärmt Just. Rufer –mit Andreas Herzog 1992/93 Deutscher Meister mit Werder Bremen und dreifacher Spieler des Jahres in Ozeanien – verfolgt die Kiwi-Spiele mit starkem Interesse, nicht zuletzt, weil auch sein Neffe Alex (vom Klub Wellington Phoenix) oft mit von der Partie ist.
Die meisten Kicker kommen aber aus diversen europäischen Ligen zu den Spielen. „Wir haben zwar weite Anreisen, aber das bist du als Neuseeländer sowieso gewöhnt. Es ist sogar ein bisschen Erholung für uns, weil wir da auch endlich wieder un-
DER ERSTE? Der Neuseeländer Elijah Just könnte der erste SKN-Spieler bei einer WM-Endrunde werden.
sere Familien sehen. Wir kommen dann frisch zurück“, lächelt Just mit Blick auf den beim Gespräch ebenfalls anwesenden SKN-Sportdirektor Christoph Freitag.
Bevor er mit den „Kiwis“ zur WM-Endrunde fliegt, will Just freilich noch mit den „Wölfen“ Meister werden. „Es wird verdammt hart“, weiß er, „aber wir sind noch im Rennen. Die Chance lebt.“ Ob er über den kommenden Sommer hinaus noch in St. Pölten bleiben wird? „Wenn wir aufsteigen, wäre das schon sehr verlockend. Aber ich bin ja nur von Horsens geliehen“, lächelt Just wieder in Richtung Freitag. Die zweite österreichische Liga sei in etwa gleich, vielleicht etwas physischer geprägt, als die zweite dänische, in der auch Horsens um den Aufstieg mitspielt. Und nach der WM 2026? „Ja“, lacht Just, „dann werden sie vielleicht etwas mehr Geld für mich verlangen.“
Manshee | mikeSnare | Thomas Fröhlich | Thomas Winkelmüller | Rob.STP | Maximilian Reichl (von links nach rechts)
Overdriver wird seinem Namen gerecht. The Hellacopters treten auf dieser Scheibe das Gaspedal auf langen Strecken durch und nehmen den Fuß selten einmal vom Anschlag. Der Sound geht an vielen Stellen deutlich in Richtung Siebzigerjahre-Rock, und die Songs sprühen vor Energie und Lebenslust. Die donnernden Gitarren und ihre mitreißende Energie machen Spaß und sind eine gute Wahl für den Extra-Kick Gute Laune.
Der walisische Sänger und Rapper kurtains gestaltet sein neues Album akustischer und elektronischer gleichermaßen. florence fields heißt es und darauf reihen sich Balladen an Club-Banger. Das melodische tonight vereint diese beiden Eigenschaften: ‚Cause if the world ends, all you gotta do is dance. Klingt etwas cringe? Ist es auch – aber es macht Spaß. kurtains kann man gemeinsam mit glaive am 29. März in Wien sehen.
Manshee | C. Schumacher
BRADY CORBET
The Brutalist erzählt die fiktive Geschichte eines erfolgreichen Architekten, der die Nazis überlebt, danach völlig mittellos in den USA landet und ganz unten wieder anfängt. Doch der Auftrag einer reichen Familie ändert sein Leben schlagartig. Mit dem Bau einer unvorstellbar monumentalen Bibliothek soll begonnen werden. Doch das ist nicht das Ende …
BONG JOON HO
Mickey Barnes (Robert Pattinson) steckt in arger Geldnot, verpflichtet sich als Expendable und wird, wie der Name schon sagt, ersetzbar. Eine dubiose Firma schickt ihn auf zahlreiche Todesmissionen und druckt ihn nach dem Scheitern einfach immer wieder neu aus. Neben Pattinson macht nicht zuletzt Mark Ruffalo als Bösewicht den Film unbedingt sehenswert.
SANTROFI
Nach fast fünf Jahren auf Tour hat die Supergroup aus Ghana endlich ein neues Album am Start: „Making Moves“ bleibt einerseits jenem musikalischen Puls treu, der Santrofi weltweit ins Scheinwerferlicht pumpte – erweitert den Afrobeat/Highlife-Sound aber um viele feine Details. Ein Motto des Albums könnte lauten: Trotz der täglichen Herausforderungen positiv gestimmt bleiben und dem Optimismus die Oberhand lassen.
Vor mehr als 30 Jahren hat SHY FX mit „The Original Nuttah“ einen der ikonischsten Jungle Tunes rausgehauen – ja, so hieß das damals, bevor sich der Begriff „Drum & Bass“ für das Genre durchsetzte. SHY FX hat es geschafft, ohne viel Lärm und Klamauk bis heute relevant zu bleiben. Mit „Risk It All“ legt der Londoner nun wieder mal einen Radio Drum & Bass Song in absoluter Perfektion vor.
Christoph Schipp
DYNASTY WARRIORS: ORIGINS
OMEGA FORCE
Der Soft-Reboot bietet eine solide Story, ein durchdachtes Gameplay und eine stimmungsvolle Atmosphäre, die neue Akzente und gleichzeitig auf bewährte Stärken setzt. Trotz dieser Stärken mangelt es leider an Abwechslung. Insgesamt ist „Dynasty Warriors: Origins“ ein gutes Spiel, das zwar einiges richtig macht, aber in puncto Vielfalt noch Potenzial nach oben hat.
FIRAXIS GAMES
„Civilization 7“ ist ein würdiger Nachfolger des schon starken Vorgängers und bringt frischen Wind in die Serie. Das Spiel strotzt vor Freiheiten und Möglichkeiten, verliert aber trotz einiger Vereinfachungen nichts von seiner Komplexität. Diese Neuerungen ermöglichen flexible Strategien und erhöhen die Spieltiefe. Insgesamt sichert sich das Spiel seinen Platz im Strategie-Olymp.
MAVERICKS
„There‘s rest for the mad on the stage or the grave“, singen Victoria Vigenser (NZ) and Lindsay Martin (AU) auf ihrem aktuellen Album. Akustischer Pop-Folk, gewürzt mit alt. country-Einsprengseln, melancholisch und harmonisch herzerwärmend. Wer an Neil Young denkt, liegt nicht ganz falsch – dennoch liefert das Duo höchst eigenständige, catchy Balladen ab. Funktioniert sehr gut als Soundtrack zum lange ersehnten Frühling.
BONEZ MC UND GZUZ
Bonez MC und Gzuz liefern mit High & Hungrig 3 ein weiteres brachiales Album, mit brutalem Straßenrap. Die Beats überzeugen mit düsteren Melodien aber auch Abwechslung, was die Hörerfahrung nicht langweilig macht. Bei den Lyrics nehmen die Künstler wie immer kein Blatt vor den Mund, was dem Werk den typischen „GangsterrapStyle“ verleiht. Alles in allem ein solides Release, jedoch bleibt Revolution aus.
ZUM LESEN
H. Fahrngruber | M. Müllner
FRANZ KAFKA
SAUL FRIEDLÄNDER
Einer der vielen Versuche, den Kosmos Franz Kafka zu erkunden: Wiewohl dessen Biografie zur Genüge erforscht, das fragmentierte Werk aus allen denkbaren Perspektiven interpretiert und die seelisch zerrissene Persönlichkeit des Schriftstellers wissenschaftlich analysiert wurde, bleiben seine Gedankenwelt und Texte für die Nachwelt doch unergründliche Rätsel.
PETER PILZ
... Sektionschefs. Kritiker meinen, der Investigativ-Autor und Ex-Politiker würde nur skandalisieren und Verschwörungstheorien spinnen, ohne Beweise zu liefern. Jedenfalls spielt diese True Crime Recherche quasi bei uns ums Eck und manche Fragen rund um den Tod des bestens vernetzten „Fürsten“ im Justizministeriums lassen einen sprachlos zurück.
VAZ St. Pölten
25. APRIL „Zwickt’s mi, i man, i tram“ – jetzt kommt die Originalband von AUSTRIA 3 – bekannt als WIR4, und hat den Spaß und die Lebensfreude des Austropop mit im Gepäck. Ihre unvergesslichen Hits wie „I am from Austria“, „Da Hofa“ oder „Jö Schau“ halten „Für immer Jung“ und erleben gerade so etwas wie eine Wiederauferstehung. WIR4, das sind Ulli Bäer, Gary Lux, Harald Fendrich und Harry Stampfer. Sie waren und sind als Produzenten, Texter, Musiker, Arrangeure oder Frontmen an vielen Liedern der modernen österreichischen Musik beteiligt. Das ist keine Austria-3-Coverband, das ist DIE Austria-3-Band.
14. MÄRZ Bundespräsident Alexander van der Bellen hat einmal gesagt: „So sind wir nicht!“ Aber wie sind wir eigentlich? Die Comedy Hirten versuchen diese Frage zu beantworten, indem sie den gesamten Jahresablauf von uns Österreicherinnen und Österreichern satirisch beleuchten. Eine kabarettistische Liebeserklärung an unser Heimatland.
VAZ ST. PÖLTEN | KABARETT
27. MÄRZ Bei der Buchpräsentation „Jenische Fragmente“ von Harald Swoboda wird Reinhard Hauser ausgewählte Passagen lesen, während der Geiger Matthias Jakisic die Lesung mit der Neuinterpretation jenischer Lieder musikalisch untermalt. In seinem Werk lässt Swoboda die Traditionen, die Kultur und den Alltag der Jenischen lebendig werden.
STADTMUSEUM | LESUNG
29. APRIL Pure Lebensfreude und herzliche Gastfreundschaft, fesselnde Erzählfreude und mitreißende irische Livemusik – all das erwartet das Publikum bei Irish Celtic. Fantastische irische Tanz-Choreografien, ein hervorragendes Stepptanz-Ensemble und jede Menge gute Laune garantieren einen ausgelassenen irischen Abend voller Lebensfreude.
VAZ ST. PÖLTEN | KONZERT
15. MÄRZ „Wir sind vom gleichen Stoff, aus dem die Träume sind“, heißt es in William Shakespeares „Der Sturm“, eines seiner poetischsten Werke. Die junge niederländische Regisseurin Anne Mulleners überträgt Shakespeares Kosmos ins Heute: Inwieweit sind Technologie und KI für uns magische und unberechenbare Mächte im digitalen Zeitalter?
LANDESTHEATER | THEATER
5. APRIL Lachen, Singen und musikalisches Tohuwabohu: Das hört man schon von weitem, wenn das Festspielhaus wieder seine Tore für das Big Bang Festival öffnet. Auch in diesem Jahr werden wieder Musik und spannende Sounds aus allen Ecken und Gängen zu hören und entdecken sein. Ein musikalisches Abenteuer für junges Publikum.
FESTSPIELHAUS | FESTIVAL
1. – 4. MAI Wie klingt eine Stadt? Das vom Brucknerhaus Linz programmierte Festival 4020 macht es hörbar und spürt zeitgenössischer Musik dort nach, wo, in den Worten Rainer Maria Rilkes, „nach stummen Gesetzen / sich die Gassen mit Gassen vernetzen / und sich Plätze fügen zu Plätzen“. Mal abstrakt, mal mitreißend tanzbar, mal virtuos, mal verspielt.
BRUCKNERHAUS LINZ | FESTIVAL
AIDA LOOS
22. MÄRZ In „Zeitloos“ präsentiert Aida Loos die greatest Witz ihrer bisherigen fünf Programme. Die erfolgreiche Kabarettistin prescht mit Karacho vor, lässt aktuelle Themen hochleben und vergangene wieder aufblühen. Es sind fein geschliffene Gedanken zu ungehobelten Begebenheiten und letztlich ein Abend voller Glamour, Gags und Grind.
IM HOF | KABARETT
27. MÄRZ Er ist der legitime Nachfolger des unvergesslichen Ali Farka Touré. Afel Bocoum kreiert eine mitreißende Mischung aus authentischem Blues und afrikanischer Musik – den Wüstenblues! Schließt man die Augen und hört Bocoums Stimme und sein Gitarrenspiel, dann ist man ganz nahe an Touré. Ein Pflichttermin für alle Blues- und Weltmusikfans.
26.04.25 // 16:00
08.07.25 // 20:00 LYNYRD SKYNYRD
im VAZ St. Pölten, ticket@nxp.at, www.vaz.at, 02742/71 400 in allen Raiffeisenbanken, Geschäftsstellen von www.oeticket.com
Der Wilhelmsburger ist freier Journalist und betreibt den Podcast „Ist das wichtig?“.
„Bevor man Geld ausgibt, muss man es erst einmal haben.“
Die Stadt ist pleite. Ok, nicht wirklich, noch ist sie immerhin in der Lage, Gehälter zu zahlen und ihre Aufgaben zu erfüllen, aber wir sind schon ein bisschen zu nahe am Abgrund, als dass es noch gemütlich wäre: Wenn St. Pölten nicht bald einen Konsolidierungsplan vorlegt, wird das Gemeindebudget bald unter Landes-Kuratel gestellt. Für eine Gemeinde dieser Größe und dieses Status‘ eine Blamage sondergleichen.
Jetzt kann man einwenden, dass es einerseits wirtschaftlich schwere Zeiten sind und dass andere um nichts besser wären: Hat nicht der Bund gerade größte Mühe, ein ähnliches Verfahren aus Brüssel abzuwenden? Suchen nicht immer mehr Gemeinden – auch das reiche Baden – gerade genauso Hilfe in ihrer Budgetmisere?
Stimmt schon: Das Geld ist da wie dort zu locker gesessen – und strukturelle Faktoren wie ein Finanzausgleich, der es gerade größeren Gemeinden schwer macht oder eine über Jahre nicht erhöhte Grundsteuer spielen eine Rolle. Aber die Frage, ob man nicht einfach hätte vorsichtiger budgetieren und sich die Stadt in dürren Jahren auf ihre wesentlichen Aufgaben beschränken hätte müssen, kann man dem Rathaus nicht ersparen. Also: Ja, man kann und muss etliche der Ausgaben der Stadt in den vergangenen Jahren hinterfragen. Ob es – bei aller Liebe zu Elementen wie dem Kinderkunstlabor – wirklich verantwortungsvolle Politik war, das Tangente-Kulturprogramm durchzuziehen, als die Wirtschaftskrise in Österreich schon in voller Blüte stand, zum Beispiel. Ob man manche Bauten – ob Promenade oder Alumnatsgarten – nicht lieber hintangestellt hätte, bis die Zahlen wieder im schwarzen Bereich sind. Ob Förderungen wie jene für erneuerbare Energien – zusätzlich zu jenen von Bund und Land – wirklich der Weisheit letzter Schluss waren, wenn sich die Stadt dadurch finanzieller Handlungsfähigkeit in der Zukunft beraubt. Und jetzt bleiben eben nur mehr harte Notmaßnahmen. Es wäre zu hoffen, dass die Budgetpolitik auch für kommende Jahre ihre Schlüsse daraus zieht: Bevor man Geld ausgibt, muss man es erst einmal haben.
Aufgewachsen in St. Pölten, emigriert nach Wien, Digitalchef beim „profil“.
„St. Pölten muss zwei Dinge vereinen, die schwer zusammenpassen.“
Es gibt zwei Dinge, die sich nicht gut vertragen: Wahlkämpfe und Sparmaßnahmen. Erinnert sei an den Nationalratswahlkampf im Vorjahr, bei dem ÖVP und Grüne jeden Sparzwang wegwischten, große Kostenstellen wie den Klimabonus munter erhöhten, nur um hinterher zerknirscht eingestehen zu müssen: „Wir haben zu viel ausgegeben.“ Ausgesprochen hat diesen Satz Magnus Brunner, Ex-Finanzminister. Also der Mann, dessen Job es eigentlich gewesen wäre, genau das zu verhindern.
Wir haben zu viel ausgegeben. Das wäre ein Satz, den nun auch Landeshauptleute und Bürgermeister in den Mund nehmen müssten.
Auch in St. Pölten. Die Gemeindeaufsicht des Landes fordert nun einen Konsolidierungspfad von der Landeshauptstadt. Wer dahinter eine Finte des schwarz-blauen Landes gegen die rote Stadt vermutet, irrt.
Ein Blick auf die größten Kostenstellen des Stadtbudgets: Ein Faktor sind die hohen Lohnabschlüsse der öffentlich Bediensteten. Dazu kommen stark steigende Umlagen für Spitäler und Pflege, die die Stadt ans Land abführen muss – dabei werden finanzkräftige Gemeinden stärker belastet. Einnahmenseitig kommt durch die Wirtschaftsflaute weniger an Ertragsanteilen herein. Ab 2023 ist im Budget auch eine Kostenexplosion im Bereich „Kultur“ erkennbar, die auf die Aktivitäten der Doch-nicht-Kulturhauptstadt zurückzuführen sind.
Nun muss St. Pölten zwei Dinge vereinen, die schwer zusammenpassen: Ein Sparpaket schnüren, ein Jahr vor der Gemeinderatswahl. Einnahmenseitig hat die Stadt wenig Möglichkeiten. Sie kann (und wird) die Gebühren anheben. Und der Bürgermeister wird beim Finanzressort auf die triste Lage der Gemeinden hinweisen. Doch große Spielräume zum Geldverteilen hat auch der Bund nicht. Daher wird es nur mit Einsparungen gehen.
Im Rathaus dürften nun alle Kostenstellen durchforstet werden. Zu erwarten ist, dass Pensionierungen nicht nachbesetzt und Bauprojekte um ein paar Jahre nach hinten verschoben werden. Ob das reicht? Wir werden es in diesem Fall noch vor der Wahl wissen.
REISE NACH NIRGENDWO. Das lustige Regierungs-Suchspiel – finde den Schuldigen! Du musst eine Regierung bilden, aber Achtung, schneller als du denkst, geht es zurück zum Start, oder schaffst du ein Comeback? Und vergiss nie: Schuld sind immer die anderen!