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Konrad Willeit: Jugendwunsch in Griffweite (A. Wachter)

den Sonntagsmessen nehmen ältere Menschen und eine begrenzte Anzahl von Jugendlichen teil. Bars und Straßen aber sind an diesen Tagen mit Jugendlichen überfüllt. Diese Umstände erfordern den demütigen Dienst der Liebe und Barmherzigkeit, der im Herrn der Mission wurzelt. Neben den Feiern der Sakramente ist die Katechese wichtig, um den Glauben der Christen zu vertiefen und die entfernten Christen zu erreichen, die auf der Strecke geblieben sind. Ihnen muss geholfen werden, dass sie die Liebe, Barmherzigkeit und Gegenwart Christi wieder entdecken. Möge der Herr uns und unsere missionarischen Berufungen segnen.

Mit dem Verkauf von Waren des täglichen Bedarfs verdient man sich das Auslangen.

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Der Jugendwunsch in Griffweite

Konrad Willeit, Vinezentinum, Brixen

Borneo war für August Wachter das Land seiner Sehnsucht, wo er „unter Palmen die Lehre Christi verkünden“ wollte. Zunächst gilt es, neue Sprachen zu lernen und die Bedürfnisse der Menschen zu sehen.

August Wachters sehnlichster Wunsch war gewesen, in die Mission nach Borneo zu gehen. Als Student in Mill Hill hatte ihn ein Bericht seines Mitbruders Felix Westerwouldt über die junge, herausfordernde Mission bei den Dayaks in Sarawak dazu bewogen, seine Vorgesetzten zu bitten, ihn dorthin zu schicken. Sein Wunsch ging zumindest teilweise in Erfüllung; denn er sollte nicht unter den Dayaks im Süden, sondern bei den KadazanDusun in Britisch Nordborneo arbeiten.

August Wachter ist am 8. Dezember 1878 in Bludenz als fünftes von zehn

1895 tritt August Wachter vom k.u.k. Staatsgymnasium in Feldkirch in das fürstbischöfliche Knabenseminar Vinzentinum über, wie am Fuß des Jahreszeugnisses vom Juli 1896 im Katalog des Vinzentinums vermerkt ist. Kindern des Kaminkehrers Johann Josef Wachter und der Hausfrau Susanne Burtscher geboren. Nach der Volksschule in Bludenz besucht August ab 1891 das k.u.k. Staatsgymnasium in Feldkirch und von 1895 bis 1899 als interner Schüler das fürstbischöfliche Knabenseminar Vinzentinum in Brixen. Vorarlberg war damals nämlich Teil der Brixner Diözese. Nach der Matura sucht er im 1891 gegründeten St. Josefs-Missionshaus in Brixen um Aufnahme an, wo er am 15. September eintritt und Vorlesungen im Priesterseminar besucht. Im September 1900 reist August nach London, Mill Hill, um dort das Theologiestudium fortzusetzen. In Erwartung seiner Priesterweihe kehrt er am 20. November 1903 von England direkt nach Brixen ins Missionshaus zurück. Von dort schreibt er seiner Familie und lädt sie zur Feier ein.

Die Priesterweihe

„Liebe Eltern und alle daheim“, schreibt Wachter zwei Wochen vor der Weihe. „Könnt ihr euch, meine Lieben, die übergroße Freude vorstellen, die heute mein Herz erfüllt? ... Heute habt auch ihr allen Grund zur Freude… Ihr sollt aber nicht stolz sein, dass ihr einen Priester in euerer Familie habt, sondern dankbar über die große Güte Gottes, die er über euch ausgeschüttet hat.“ Dann verspricht er, 16 Kronen für zwei Hin- und Rückfahrkarten zu schicken, und schlägt vor, dass auf jeden Fall die Mutter und vielleicht der Pate zur Feier anreisen sollen. Sie sollten am Freitagabend in Bludenz den Zug nehmen, am Samstag um 7.00

Im Jahr 1899 schließt August Wachter das Humanistische Gymnasium am Vinzentinum in Brixen ab und tritt im Herbst desselben Jahres in das St. Josefs-Missionshaus ein.

Uhr früh in Innsbruck umsteigen. Sie kämen dann um 10:45 Uhr in Brixen an. Missionar Alfred Fink würde sie am Bahnhof erwarten. Dann trägt er ihnen auf, alles Nötige für die Gäste der Primizfeier vorzubereiten, die Räume im Kellergeschoß zu säubern und ein paar Flaschen Wein für die Gäste bereitzustellen. Seinen Vater bittet er, sich um die Musik in der Kirche zu kümmern.

Schließlich ist er da, der langersehnte Tag. Am Nikolaustag, 6. Dezember 1903, wird August Wachter im Dom zu Brixen von Fürstbischof Simon Aichner zum Priester geweiht. Nur seine Mutter und ihre Schwester, die Patin Wilhelmine Burtscher, konnten anreisen. Zwei Tage später, genau an seinem 25. Geburtstag, kommt der Neugeweihte in Bludenz an, wo er am 13. Dezember in der Laurentiuskirche die Primiz feiert. Wenig später begibt sich August wieder ins Missionshaus nach Brixen und erwartet seinen Missionsauftrag. Der Wunsch, nach Borneo zu gehen, erfüllt sich zwar, aber nicht sofort! Zunächst soll er die Studenten im Missionshaus in Englisch unterrichten. Anderthalb Jahre dauert dieser ungeliebte „Missionsauftrag“, von Anfang 1904 bis zu den Sommerferien 1905. Nach einigen Wochen Urlaub in Vorarlberg und seinem Abschied von der Familie, besteigt er am 27. August 1905 zusammen mit seinem künftigen Vorgesetzten Msgr. Dunn und dem holländischen Mitbruder A. Kyzer in Triest den Dampfer. Am darauffolgen-

Rechts: Der „Herrgottswinkel“ in der weitgehend im Original erhaltenen Stube des Geburtshauses von August Wachter. Viel hätte dieser heimelige Raum mit der Zirben-Vertäfelung zu erzählen über die Familie Wachter mit ihren zehn Kindern. den Tag, seinem Namenstag, beginnt die Reise nach Borneo, wo die Gruppe nach siebenwöchiger Schifffahrt und Stationen in Aden, Bombay und Singapur, in Kuching ankommt.

Auf hoher See

Wachter selbst beschreibt seine Ankunft in bewegenden Sätzen: „Wir näherten uns Borneo. Schwere Wolken entzogen die Insel unseren Blicken. Mit Spannung erwartete ich, dass ein Sonnenstrahl den Schleier lichtete und mir das Land erstrahlen ließe, nach dem ich mich so oft gesehnt, besonders während der langen Seefahrt.

Oben: In diesem Haus in Bludenz ist August Wachter zur Welt gekommen. In den 1940er Jahren haben die Nationalsozialisten Felder des Kaminkehrers Johann Josef Wachter konfisziert, um Wohnraum für Südtiroler Optanten und Nazi-Beamte zu schaffen. Im Bild: Richter Dr. Othmar Kraft, Großneffe von August Wachter, mit Cosmas Lee (Mitte), Pfarrer von St. Simon Likas in Kota Kinabalu und seinem Freund Luis.

Rechts:

Hoch über der Altstadt von Bludenz bildet die St. Laurentiuskirche mit dem markanten Zwiebelturm das weithin sichtbare Wahrzeichen der Stadt. Die St. Laurentiuskirche gehört zu den herausragenden Gotteshäusern der Region.

Oben:

Der schlichte einschiffige gotische Langhausbau stammt aus dem Jahre 1514. 1720 wurde der Hochaltar aus schwarzem Marmor errichtet. Wohl öffnete sich der Himmel, aber nur zu einem wolkenbruchartigen Regen, so dass es der Kapitän für geraten fand zu ankern, statt in den Fluss einzulaufen… „Wie steht es jetzt mit der heiligen Begeisterung, da wir uns der Mission nähern?“, fragte mich lächelnd mein guter Oberer, der stets eine väterliche Sorge um mich jungen Missionar an den Tag gelegt hatte. „Es geschah einmal in solcher Begeisterung,“ fuhr er fort, „dass sich einer unserer Mitbrüder bei der Ankunft auf den Boden warf und die Erde als den Boden heiliger Arbeit und heiligen Kampfes küsste.“ Ich erwiderte lachend, dass es damals wohl nicht so schauerlich geregnet haben müsse und dass ich mit dem Niederfallen doch noch warten wolle, bis es trocken geworden sei und ich mich ein wenig umgesehen hätte. Bald darauf zerteilten sich die Wolken und gaben den Ausblick frei. Ich sah einen bedeutenden Hügelzug und ziemlich aufstrebende Berge, die ich in Erinnerung an die Heimat willkommen hieß. Langsam und mit Hilfe der Flut arbeitete sich unser Dampfer den Strom hinauf. Die Ufer glichen einem herrlichen Garten – hohe, schlanke Palmen und andere breitkronige Bäume erhoben sich über das Blättergewirr, das sich an ihren Fluss schmiegt. Welchen Gegensatz dazu bilden die Hütten der Eingeborenen, die auf Pfählen ruhen, armselig, mit halb zerstörtem Blätterdach, Vogelnestern vergleichbar, nur nicht so reinlich.

Während das Schiff an diesem Panorama vorüberglitt, tauchten auch alte, liebe Bilder vor meinem Geiste auf, denn immer näher rückte die Verwirklichung des Wunsches meiner Jugend, unter Palmen die Lehre Christi zu verkünden. Ich brachte eine kräftige Gesundheit mit, guten Willen und etwas Geld, das mir gute Menschen gegeben… Meine Gedanken, Pläne und Luftschlösser wurden manchmal unterbrochen, denn immer neue Szenen und Schönheiten zeigten sich dem Auge; zu langsam ging das Schiff für mein Verlangen, zu schnell für meine Neugierde. Am Landeplatze stand inmitten der gaffenden Menge der Chinesen und Malayen der Hochw. Herr Anton Haidegger. Es war ganz überflüssig, dass er schon von weitem seinen chinesischen Regenschirm (von dem er unzertrennlich ist) schwang; denn er

überragte um Kopflänge seine Umgebung.

Wieder an Land

Die aufwändigen Begrüßungszeremonien nimmt Wachter gelassen zur Kenntnis. Was ihn aber auf Anhieb beeindruckt, ist das Werk, das Missionar Haidegger inzwischen aufgebaut hat. „Nicht weniger als 200 christliche Kinder hat er zu ernähren und dabei darf er nicht rauben und stehlen, sondern muss sich mit Betteln begnügen“, stellt er bewundernd fest. Ein Omen für sein Wirken in Nordborneo! (Vgl. St. Josefs-Missionsbote Nr.4, JG 1906, S.62)

Missionar Vinzenz Halder aus Navis, der bereits in Sarawak im Einsatz war, berichtet im selben Heft des Missionsboten: er sei von Kanowit nach Sibu gereist, wo er Alois Hopfgartner getroffen habe und von dort per Schiff nach Kuching, „wo ich den eben angekommenen Missionar Wachter traf, den ich um Neuigkeiten aus Tirol förmlich brandschatzte. Bald darauf begleitete ich Hochw. Wachter an seinen Bestimmungsort am Singhiberge. Die Gegend dort ist recht anmutig; in drei fruchtbaren Terrassen baut sich der Berg auf, von denen jede ein ausgedehntes Dorf trägt“. Wachter sollte dort zunächst die malaysische Sprache lernen.

Im Februar 1906 findet in Kuching ein Regionalkapitel statt. Dabei wird beschlossen, Valentin Weber nach Jesselton zu schicken und auch den jungen Missionar aus Vorarlberg, der als unternehmungslustig, kerngesund und energiegeladen gilt, in die schwierige Mission Britisch Nordborneo zu versetzen. In Penampang, etwa 20 km südöstlich von Jesselton Zentrum, soll er seinem Mitbruder und Landsmann Franz Xaver Duxneuner, einem gebürtigen Kufsteiner, zur Hand gehen. Dieser müht sich bereits seit zwölf Jahren, die Mission unter den Volksstämmen der Kadazan-Dusun aufzubauen. „Es war gerade die Zeit der Hitze und Dürre, als ich in Jesselton landete und meinen Weg nach Penampang antrat. …“, schreibt August Wachter im Novemberboten von 1906. Über sein Wirken in Penampang mehr ein andermal.

Straßen gab es damals in Borneo noch keine. Die Flüsse dienten als Wasserstraßen, an deren Ufern die Menschen wohnten. Zu Fuß auf Dschungelpfaden oder im wackeligen Boot waren die Missionare jahrzehntelang unterwegs, um die Menschen aufzusuchen.

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