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Hans Hofer: Die ersten Josefs-Missionare in Neusseland
Hans Hofer, Halbenrain
Die ersten Josefs-Missionare in Neuseeland
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Die ersten katholischen Missionare Neuseelands, die mit Bischof Pompallier gekommen waren, gehörten zum Orden der Maristen. Sie gründeten im Norden unter schwierigen Bedingungen – wie ein Artikel im Missionsboten vom Juli 1898 zeigt – katholische Gemeinden und betreuten die weit zerstreut lebenden Menschen als „Wandermissionare“.
Oben:
Neuseeland besteht aus zwei Hauptinseln – die Nord- und Südinsel – sowie aus mehr als 700 kleineren Inseln. Alle sind von zahlreichen Flüssen und Bächen durchzogen. Der letzte von ihnen, Dr. James McDonald, war sein ganzes Missionarsleben lang im unwegsamen Gelände zu den dort lebenden Menschen unterwegs, um mit ihnen die heilige Messe zu lesen, ihnen die Beichte abzunehmen, sie zu trösten und sie in ihrem Glauben zu stärken. Nach ihm hätte es für diese Menschen dort keinen Hirten mehr gegeben. In seiner Not bat der Bischof von Auckland, J. E. Luck, den Gründer der Josefs-Missionare, den späteren Kardinal Vaughan, Missionare nach Neuseeland zu senden. Und so kamen am 23. Dezember 1886 die ersten beiden Mitglieder dieser Missionsgemeinschaft in Auckland an. Ihre Namen waren Johannes Becker und J. Madan. Als Dr. James McDonald 1890 starb, trat Missionar Johann Becker in seine Fußstapfen. 1856 in Westfalen geboren, floh Johann Becker als katholischer Priesterstudent während des Preußischen Kulturkampfes nach England, wurde am 8.1.1882 von Bischof Herbert Vaughan zum Priester geweiht und trat dessen Missionsgemeinschaft bei. Nach seiner Ankunft in Neuseeland lernte er die Sprache der Maori und hielt bereits drei Monate später die erste Predigt in ihrer Sprache. Allmählich wuchs er in ihre Kultur hinein. Er reiste wie sein Vorgänger mit Boot, Pferd und zu Fuß durch den weglosen Norden Neuseelands, um den Menschen die frohe Botschaft zu bringen und sie nach
einer ausgiebigen Unterweisung im katholischen Glauben zu taufen. In dieser Zeit begann er die Bibel und liturgische Texte zu übersetzen und das vorhandene Wörterbuch zu erweitern.
Einmal, so wird berichtet, durchquerte er in der Nähe des Meeres ein Moor. Plötzlich versank er und konnte sich nicht mehr befreien. Als er bereits bis zur Hüfte im Morast festsaß und die beginnende Flut den Wasserspiegel ansteigen ließ, tauchten plötzlich zwei junge Muschelsammler auf und befreiten ihn. Nach einer kurzen Erholungspause setzte er seine Reise fort.
Auf seinen Pastoralreisen übernachtete Father Becker manchmal auch in Höhlen oder in verlassenen Hütten und aß, was ihm die Maori gaben: Muscheln und andere Meeresfrüchte, getrockneten Hai, Kartoffel, Wildgemüse und Schweinefleisch. Durch seine pastorale Fürsorge gewann er das Vertrauen der Menschen und lebte mit ihnen die Liebe zu Gott und zu den Menschen.
Seine Nächstenliebe machte ihn auch zu einem bedingungslosen Pazifisten. So war es für ihn selbstverständlich, dass er sich während des „Dog Tax War“ für Frieden einsetzte. Als Father Becker erfuhr, dass die Maori seiner Pfarrgemeinde unter Hone Toia eine Streitmacht gebildet hatten und damit die Regierungssoldaten angreifen wollten, eilte er unverzüglich zu ihrem Feldlager. Beim Wachposten angekommen, erkannte er diesen als eines seiner Pfarrkinder und rieb zur Begrüßung mit ihm die Nase. Dann ging er einfach weiter direkt ins Zelt der Anführer. Diesen erklärte er eindringlich die Sinnlosigkeit eines Angriffs; denn so argumentierte er, wenn sie auch diese erste Schlacht gewännen, würde die Regierung wieder neue Truppen senden und am Ende wären sie die Verlierer. Die Häuptlinge ließen sich jedoch nicht überzeugen, sodass Father Becker ihr Lager tief enttäuscht verließ. Wahrscheinlich haben sie danach doch noch einmal über seine Worte nachgedacht, denn der Angriff blieb aus.
Missionar Johann Becker war ein stiller, in sich gekehrter Mensch, der über dieses oder andere Erlebnisse nicht gerne redete. Eine Geschichte jedoch erzählte er gerne: Einmal, als er sich gerade auf eine längere Pastoralreise vorbereitete, kam ein junger Maori zu ihm mit der Botschaft, dass
J. Becker (links) und J. Madan (rechts) sind die ersten zwei Josefs-Missionare, die 1886 nach Neuseeland kamen.
Zwei Maori Hütten in Whangaroa am Ufer der Nordinsel gelegen.
An Festtagen tragen die Maoris die Rosenkränze um den Hals gehängt.
Die Köchin des Missionars Hans Becker. sein Vater ernsthaft krank sei und nach dem Priester verlange. Father Becker ging die zwei Meilen zur Hütte des alten Bauern und fand ihn sterbenskrank auf seinem Lager liegend. Father Becker nahm ihm die Beichte ab, gab ihm die heilige Kommunion und die Krankensalbung. Dann sagte er zum alten Mann: „Toma, ich muss nun gehen und überlasse dich Gott. Bete, dann kannst du ihm gut vorbereitet begegnen. Wenn ich von meiner Reise zurückkehre, wirst du bereits tot sein.“ Leise antwortete Toma: „Hier irrst du dich, Father. Ich werde leben und nach deiner Rückkehr von dir noch einmal die heilige Kommunion bekommen. Dann erst werde ich sterben.“ Vierzehn Tage später kam Becker von seiner Reise zurück und fragte nach dem alten Toma. Er sei noch am Leben, bekam er zur Antwort. Am nächsten Tag besuchte er Toma und brachte ihm die heilige Kommunion. Toma wirkte gesund und kräftig. Er schien zu genesen, doch am gleichen Nachmittag um zwei Uhr verschied Toma. „Es ist genauso gekommen, wie er es vorausgesagt hatte. Aber die Geschichte ist noch nicht zu Ende“, sprach Becker weiter und lachte herzlich. „Der alte Toma hatte ein schriftliches Testament hinterlassen, an mich adressiert. Darin stand: Ich will meine Seele Gott überlassen, meinen Körper hinterlasse ich meinem Volk und meine Liebe dir, Father. Bitte, bezahle die Sixpence (ein Geldstück), die ich dem Tabakhändler schuldig geblieben bin, damit in der nächsten Welt nichts schief geht.“ 1915 wurde Father Becker Pfarrer in Pawarenga und so zum Lehrer für den Tiroler Missionar Andreas Zangerl. Er übergab ihm 1925 die Verantwortung für die gesamte Pfarre. Als Father Becker am 15.11.1941 starb, errichteten die Maori von Mutaraka für ihn ein Ehrengrab. Für sie war er ihr Moses, der sein Volk in die Freiheit geführt hatte. Sie nannten ihn Pa Hoane Papita.
Herr, gib uns Augen, die den Nachbarn sehen; Ohren, die ihn hören und ihn auch verstehen, wie man hilft und heilt; Füße, die nicht zögern, wenn die Hilfe eilt; Herzen, die sich freuen, wenn ein andrer lacht; einen Mund zu reden, was ihn glücklich macht. Dank für alle Gaben, hilf uns wachsam sein; zeig uns, Herr, wir haben nichts für uns allein.
aus Neuseeland